M.A.G.I.K. (2). Das Chaos trägt Krone - Tanja Voosen - E-Book

M.A.G.I.K. (2). Das Chaos trägt Krone E-Book

Tanja Voosen

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Beschreibung

Ein magisches Zeugenschutzprogramm, eine Freundschaft wider Willen und jede Menge Chaos: Hier ist die Prinzessin los! Das Prinzessinnenchaos geht weiter! Wegen der Unruhen in ihrem Königreich muss Prinzessin Romina noch länger im Schutzprogramm von M.A.G.I.K. bleiben, für das Neles Papa arbeitet. Und obwohl sie Neles Leben ganz schön auf den Kopf stellt, ist Nele zuerst sehr froh, dass ihre neue Freundin bei ihnen bleiben kann. Aber als Romy der Theater-AG beitritt, übertreibt sie es mal wieder im Nele-blamieren. Auch Neles bester Freund Luis ist plötzlich komisch und scheint ihr irgendetwas zu verheimlichen. Tolle Freunde hat sie da! Doch als sich mysteriöse Unfälle bei den Theaterproben häufen, müssen die Freunde zusammenhalten, denn nur so finden sie heraus, wer dahintersteckt! Magisch-witzig, herrlich frech und das Gegenteil von rosa: "M.A.G.I.K." steckt voller Freundschaft und prinzessinnenhafter Fettnäpfchen. Für alle, die wissen, dass Prinzessinnen keine Krone brauchen. In der Reihe bisher erschienen: M.A.G.I.K. - Die Prinzessin ist los (Band 1) M.A.G.I.K. - Das Chaos trägt Krone (Band 2)

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Seitenzahl: 210

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M.A.G.I.K. – Die Prinzessin ist los (Band 1)

Die Zuckermeister – Der magische Pakt (Band 1)

Die Zuckermeister – Die verlorene Rezeptur (Band 2)

 

 

 

Tanja Voosen

wurde 1989 in Köln geboren und lebt heute in der Eifel. Als Autorin von Kinder- und Jugendbüchern kennt sie sich mit allerhand verzwickten und magischen Dingen aus und bringt ihre Figuren gerne in peinliche Situationen. Wenn sie beim Schreiben mal nicht weiterkommt, hat sie zum Glück noch ihren klugen Kater Tiger, der ihre Tastatur gerne als Trampolin benutzt und so ihre Ideen voranbringt. Da sie weder königliche Wurzeln noch eine geheime magische Kraft hat, stürzt sie sich lieber in lustig-langweilige Abenteuer mit ihren Freunden, trinkt gerne Kaffee oder liest ein Buch.

Sie tauscht sich gern mit ihren Leser*innen aus und ist auf Instagram unter dem Namen @tanjavoosen zu finden.

Mehr erfahrt ihr über Tanja unter www.tanja-voosen.de.

Tanja Voosen

M.A.G.I.K.

Das Chaos trägt Krone

Mit Bildern von Clara Vath

Ein Verlag in der

 

© 2021 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Text © 2021 Tanja Voosen

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.

Coverillustration: Alessia Trunfio

Logo- und Innenillustration: Clara Vath

Lektorat: Laura Held

E–Book–Herstellung:

Arena Verlag mit parsX, pagina GmbH, Tübingen

E-Book ISBN978-3-401-80965-6

 

Besuche den Arena Verlag im Netz:

www.arena-verlag.de

Für Fabian. Du bist eine der wenigen Personen, mit der ich peinliche Tänze in meinem Zimmer auf‌führen würde. Dir würde ich sogar verzeihen, wenn du meine Peinlichkeit ausnutzt, um ein großer Bühnenstar zu werden – denk nur mal an den Besuch in der Pizzeria und du-weißt- schon-was. Ich höre dich immer noch lachen.

Kapitel 1

Normalerweise sah Nele am Morgen keine Flugobjekte der anderen Art, sondern nur ihre Müslischale. Beim Betreten der Küche jedoch flatterte ihr etwas entgegen, das wie eine Mischung aus überfahrenem Hut und platt gedrücktem Kuchen aussah.

»Murksiges Makra! Duck dich!«, rief Romy aus.

Doch Nele hatte nicht mal den vor Staunen aufgerissenen Mund wieder zubekommen, da landete das Etwas mit einem Schmatzen mitten auf ihrem Kopf.

»Uaaaaa!« Sie schüttelte sich. »Wie eklig! Was zur magischen Prinzessin ist das?«

Romy eilte mit einem Teller in der Hand zu ihr. »Na, ein … ähm, ein Pfannkuchen.«

Nele verzog das Gesicht, als sie das Glibberding von ihrem Kopf nahm und auf den Teller warf. »Fliegende Pfannkuchen sind aber nicht normal.«

»Ich wollte doch nur … das war keine Absicht«, stammelte Romy.

Nele hatte so viele Fragen. Was Romy so früh hier machte und wie der Pfannkuchen sich verselbstständigt hatte, aber da glitt ihr Blick an Romy vorbei und sie sah das krasse Chaos in der Küche. O nein …

Auf der Arbeitsplatte stand allerhand Zeug durcheinander: lauter Schüsseln, Küchenutensilien und Zutaten. Über den Boden zog sich eine pudrige Spur aus Mehl. Der Tisch war überladen mit Tellern voll verkohltem Toast und Tassen, in denen wer weiß was schwamm. Wie hatte Nele das nicht gleich sehen können?

Ach ja, sie war von einem fliegenden Pfannkuchen angegriffen worden!

»Das ist ein Schlachtfeld, Romy!«, sagte Nele entgeistert.

»Ich wollte nur Frühstück machen«, sagte Romy kleinlaut.

Ein unangenehmer Geruch begann sich im Raum zu verteilen.

Neles Augen schnellten zum Herd. »Die Pfanne! Da brennt was an!«

Romy wollte nach der Pfanne greifen, aber Nele hatte dieselbe Idee. Die beiden stießen zusammen, als sie zeitgleich vortraten, und Romy ließ den Teller fallen, den sie noch festgehalten hatte. Das Porzellan zerbrach, Nele fluchte und plötzlich sprühten silberne Funken durch die Luft, die ihr sehr vertraut waren.

»O nein, nein, nein«, sagte Romy. »Das ist alles meine Schuld.«

Hastig stellte Nele den Herd nun ab und schob die Pfanne auf eine der anderen Platten. Sie blickte zu Romy, die weiter von silbernen Funken umgeben war. Manche der Küchensachen in ihrer Nähe begannen zu klappern. Oje, gleich verselbstständigte sich Romys magische Fähigkeit! Nele hatte schon miterlebt, was passierte, wenn Romy in einem Gefühlswirrwarr steckte: Irgendwas bewegte sich dann stets wie von Zauberhand. Und Nele konnte echt darauf verzichten, dass gleich der Toaster oder etwas anderes abhob und Chaos anrichtete, so wie der Pfannkuchen eben.

Nele fasste Romy am Arm. »Stoooopp! Hör auf.«

Das schien zu wirken, denn auf einen Schlag erstarben die Magiefunken.

Puh, das war knapp! Nele atmete erleichtert auf. So viel Aufregung am Morgen war sie nicht gewohnt. Nicht mal seitdem Romy bei ihrem Papa und ihr lebte.

»Das nennst du also Frühstück machen, ja?«, neckte Nele sie.

»Ich wusste doch nicht, dass normales Essen zuzubereiten so schwer ist.« Romy zog eine Schnute. »In dem Buch stand, das wäre ›kinderleicht‹.«

Vorwurfsvoll deutete sie auf ein Kinderkochbuch, das auf der Arbeitsplatte lag. Nele hatte es vor Jahren von ihrem Papa geschenkt bekommen, aber sich nie so fürs Backen und Kochen begeistern können wie er. Wo hatte Romy das nur ausgekramt?

»Bitte, bitte, sei nicht böse«, schob Romy hinterher.

Bei ihrem bittenden Blick konnte Nele ihr wirklich nicht lange böse sein. Romy hatte bestimmt noch nie in ihrem Leben selbst Frühstück gemacht und ihr Bestes gegeben.

»Du hast dir Mühe gegeben, das zählt«, sagte Nele aufmunternd. »Und jetzt geben wir uns zusammen Mühe beim Aufräumen, ehe Papa von seiner Joggingrunde zurückkommt. Also ran an den Putzschwamm, Prinzessin.«

»Im Putzen bin ich bestimmt noch schlechter als im Kochen«, sagte Romy. »Vielleicht solltest du das lieber allein machen und ich schaue zum Lernen zu.«

»Haha«, machte Nele. »Netter Versuch.«

Sie holte das Putzzeug unter der Spüle raus und drückte Romy einen Schwamm in die Hand. Zusammen ging das Aufräumen und Saubermachen echt schnell.

»Hach, ich vermisse Schaumbäder mit Pfefferminzrosenessenz«, sagte Romy, als sie die Schaumblasen auf dem Putzwasser betrachtete. »Meine Finger schrumpeln schon, weil meine empfindliche Haut dieses normale Wasser nicht gewohnt ist.«

»Klar«, sagte Nele. »Euer Wasser kommt sicher nur aus magischen Seen und wird in Mondlichtnächten abgeschöpft, nachdem glitzernde Einhörner darin gebadet haben.«

Romy rümpfte die Nase und pustete sich die Schaumbläschen von den Fingern und absichtlich in Neles Richtung.

»Na warte.« Nele warf ihren Schwamm nach Romy, die laut quiekte.

Die Prinzessin holte zum Gegenschlag aus und spritzte Nele Putzwasser entgegen. Nele griff sich die Spülbürste, während Romy blitzschnell ein Küchentuch vom Haken riss. Die beiden jagten einander damit um den Tisch, bis sie nicht mehr konnten, und begannen zu lachen.

»Na, ihr seid ja gut drauf«, ertönte die Stimme von Neles Papa. Er war an der Tür erschienen und zog gerade seine Sportjacke aus. »Seid ihr etwa am Putzen?«

Romy und Nele tauschten einen Blick.

»Jap. Putzen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen«, sagte Nele.

»Genau. Das machen normale Mädchen so«, sagte Romy eifrig.

Neles Papa trat vor und fischte einen Teigklumpen aus Neles Haar. »Soso. Und das ist irgendeine moderne Haarkur, nehme ich mal an?«, zog er sie auf.

»Ja, klar«, erwiderte Nele. »Fehlt noch die Marmeladenmaske im Gesicht.«

Er ließ den Blick durch die Küche schweifen. »Verstehe schon. Alles ganz normal.«

Nele packte Romys Hand. »Normaler als normal. Wir machen uns dann mal für die Schule fertig, sind spät dran. Kannst du uns bitte ein Brot schmieren?«

»Na klar«, antwortete er und zwinkerte. »Mit extra viel Liebe.«

Sie nickte nur. In Wahrheit hatte sie in letzter Zeit genug »extra Liebe« von ihrem Papa gekriegt. Seitdem Romy nämlich wegen des Erpresserbriefes der Finster-Geschwister einfach verschwunden war und Neles Papa fast M.A.G.I.K. auf den Plan hatte rufen müssen, benahm er sich wie eine Klette. Ständig hielt er sich da auf, wo Romy war, und da Nele im selben Haus lebte, litt auch sie darunter. Und dann war da noch die Sache mit der Schule – er fuhr sie hin und wollte sie am liebsten bis auf den Pausenhof begleiten, um sicherzugehen, dass Romy keinen Quatsch anstellte.

Was kam als Nächstes? Dass Nele ihm Bericht aus der Schule erstattete?

Prinzessin nähert sich dem Klo, over and out!

Prinzessin hat geniest, Agent Wolf, Sir!

Oben im Bad setzte Nele sich auf den Rand der Wanne, nachdem sie sich angezogen, gekämmt und die Zähne geputzt hatte. Bei ihr ging das Fertigmachen viel schneller als bei Romy. Die achtete immer auf jedes winzige Detail.

»Kannst du die Frisur heute nicht lassen?«, quengelte Nele.

»Ich geh doch nicht wie ein Strohkopf zur Schule«, erwiderte Romy. Seelenruhig flocht sie sich zwei aufwendige Zöpfe, die sie anschließend im Spiegel begutachtete.

»Wenn du bald fertig bist, kann ich dir noch unsere Überraschung zeigen«, verkündete Nele, in der Hoffnung, Romy würde endlich mal hinne machen.

»Eine Überraschung?«, fragte Romy neugierig.

»O ja! Die haben wir schon letzte Woche geplant. Es war echt viel Arbeit, Papa dazu zu überreden. Ich musste ’ne richtige Rede halten, um ihn zu überzeugen.«

»Oh«, machte Romy betreten.

»Nee, so war das nicht gemeint«, sagte Nele schnell. Sie wusste, dass Romy das schlechte Gewissen quälte, weil Neles Papa zum Helikopter mutiert war, der ständig um sie kreiste. »Ich hoffe einfach, du freust dich. Das mit Papa wird schon wieder.«

Romy lächelte. »Dann mal her mit der Überraschung!«

In Nele kribbelte es vor Vorfreude. Die Überraschung war nämlich nicht nur für Romy – na ja, schon, aber Nele hatte auch etwas davon, wenn alles gut ging. Etwas mehr Freiheit und weniger Papa-Überwachung. Zumindest draußen …

Aufgeregt lief sie die Treppe runter und raus in den Garten.

Ihr Papa wartete bereits dort mit der Überraschung.

»Sie koooommt«, sagte Nele, denn Romy war dicht hinter ihr.

Nele stellte sich neben ihren Papa. »Tadaaaa!«, rief sie und deutete auf ein nigelnagelneues Fahrrad. Es hatte einen hellen Blauton, einen Flechtkorb am Lenkrad und einen pinken Sattel mit Blümchen. Hoffentlich, hoffentlich gefiel es Romy!

Deren Augen wurden riesig und ihr klappte ganz unmanierlich der Mund auf.

»Na, was sagst du?«, fragte Nele aufgeregt.

Romys Augen füllten sich langsam mit Tränen. »Es tut mir so leid«, stieß sie hervor. »Ich … ich …«

Dann stürmte Romy ins Haus.

Kapitel 2

Romy schniefte in das Taschentuch, das Nele ihr gegeben hatte.

»Ich habe die Überraschung verdorben«, nuschelte sie.

»Gar nicht«, sagte Nele sanft. »Hauptsache, dir geht’s gleich besser.«

»Nele hat recht«, stimmte ihr Papa zu. »Jetzt atme erst mal tief durch und dann fahre ich euch gleich zur Schule und schon sieht die Welt wieder anders aus.«

Nele warf ihm einen Blick zu. Typisch Papa. Noch mal schnell daran erinnern, dass sie sonst zu spät kamen. Aber Romy liebte die »normale« Schule ja wirklich sehr und Ablenkung schadete nie. Ihr Papa lächelte noch, dann zog er sich zurück.

»Heute geht echt alles schief«, murmelte Romy.

»Mummelputztage gibt’s eben auch mal«, sagte Nele aufmunternd.

»Mummelputztage?«, wiederholte Romy.

Nele lächelte. »Als ich klein war, hat mein Papa, wenn er sich geärgert hat, ›So ein Mumpitz!‹ gesagt. Das heißt in etwa ›so was Blödes‹. Ich hab’s ihm irgendwann mal nachgeplappert, aber statt Mumpitz ›Mummelputz‹ gesagt. Darüber musste er sehr lachen und seine schlechte Laune war wie weggeblasen. Seitdem nennen wir die wirklich blöden Tage Mummelputztage. Heute ist wohl dein Mummelputztag.«

Die Erklärung entlockte auch Romy ein Lächeln. »Mummelputztage.«

»Wir hätten dich wohl besser mit … hm, einer Kürbiskutsche statt eines Fahrrads überrascht«, witzelte Nele.

Romy prustete los. »Wer baut denn eine Kutsche aus Kürbissen?«

»Die gute Fee von Cinderella. Zumindest in der Version von Disney, die ich kenne. Wir können uns den Film ja mal zusammen anschauen.«

»O ja!«, freute Romy sich. »Das muss ich unbedingt sehen.«

Ermutigt davon, dass sich Romys Stimmung gebessert hatte, wagte Nele sich vor. »Möchtest du mir erzählen, was gerade los gewesen ist?«, fragte sie behutsam.

»Euer Geschenk ist schon toll, aber ich …« Romys Wangen wurden leicht rosa, als sie stockte. »Hier fahren so viele mit dem Fahrrad zur Schule und das finde ich megakrawamkra. Bei uns gibt’s aber keine Fahrräder und deshalb … das ist mir so superpeinlich … aber ich weiß nicht, wie man damit fährt.«

Da drückte also die Krone! Jetzt verstand Nele Romy viel besser.

»Das muss dir nicht peinlich sein«, antwortete sie. »Ehe wir das Rad gekauft haben, hat Papa noch zu mir gesagt, dass er sich nicht sicher ist, ob du fahren kannst. Aber ich fand die Vorstellung so cool, dass wir zusammen rumradeln können, und … jeder hat doch etwas, das er noch nicht gelernt hat.«

»Ach ja?«, horchte Romy auf. »Was kannst du denn nicht?«

Neles Magen knurrte in diesem Moment sehr laut. »Ähm, ohne Frühstück denken? Aber dir Fahrradfahren beibringen kann ich! Das wird bestimmt spaßig.«

Als Neles Magen noch mal grummelte, musste Romy laut kichern.

»Ich kann das mit den Pfannkuchen ja noch mal probieren«, sagte sie.

Nele schmunzelte. »Das wäre doch ein Deal: Du machst mir irgendwann leckere Pfannkuchen und ich bringe dir Fahrradfahren bei. Königlicher Handschlag drauf?«

»Königlicher Handschlag!«, stimmte Romy mit ein.

Die beiden gaben sich die Hand.

Neles Papa kam mit zwei Brotdosen zurück. »Na, wie sieht’s aus? Frühstück to go und eine Fahrt zur Schule? Seid ihr bereit?«

»Nur, wenn du uns an der Ecke der Schule rauslässt«, meinte Nele.

Er zwinkerte. »Na, das überlege ich mir noch. Ich hab gestern extra darüber nachgedacht, wie ich euch heute so richtig schön blamieren kann.«

Nele stöhnte. »Schnell, Romy, lass uns zum Auto flüchten.«

Wenig später ließ Neles Papa sie an der Ecke der Schule raus. Er wartete noch, bis sie beide am Tor waren, Nele winkte verhalten und dann fuhr er weiter.

O Mann! Hoffentlich hörte dieser Beobachtungsmodus bald auf.

»Morgen, Romy!«, rief Eva aus der Parallelklasse.

»Hallo, Romy«, rief ein älteres Mädchen im Vorbeigehen. »Coole Frisur.«

»Wunderschönen guten Morgen!«, sagte Romy und strahlte. »Danke.«

»Roooomy!«, trällerte ihre Klassenkameradin Carolin und winkte.

»Komm zu uns«, schob Nina hinterher. »Wir brauchen deine Hilfe bei einer wichtigen Frage. Es geht um einen modischen Notfall.«

»Gerne!«, antwortete Romy fröhlich. »Bis gleich, Nele.«

Wie fast jeden Morgen trennten sich die beiden. Nele steuerte die Bank bei der Tischtennisplatte an. Die war so was wie der Stammplatz von Luis und ihr und ihr bester Freund saß auch bereits dort und war, typisch für ihn, in einen Comic vertieft.

»Hey«, begrüßte sie Luis und setzte sich neben ihn.

Er sah von seinem Comicheft auf. »Hey. Läuft die Romy-Show noch?«

Nele lehnte sich zurück und grinste. »Jup.« Anfangs war sie sich neben ihrer Tarncousine unsichtbar vorgekommen, aber inzwischen freute sie sich, dass Romy so gut klarkam. Sie hatte sich super eingewöhnt und blamierte Nele nicht mehr ständig.

Luis hielt Nele eine Tüte mit sauren Gummibärchen hin und sie nahm eine Handvoll. Dann griff er selbst noch einmal hinein.

»Und wie war es gestern noch mit Elias und den anderen?«, fragte sie.

»Super«, antwortete Luis. »Wir haben ewig so ein Comicquiz gespielt. Am Ende lag ich nur ganz knapp hinter Elias, weil er eine Antwort mehr als ich kannte.«

»Ich wüsste keine einzige«, meinte Nele erheitert. »Dann lieber Uno.«

Luis zog eine Grimasse. »Ne. Da ziehst du mich immer ab.«

Bis zum Klingeln blätterten die beiden noch zusammen in Luis’ Comic.

Romy hatte sich wieder von den anderen gelöst und quetschte sich zwischen die beiden, als sie sich in die Menschentraube zum Haupteingang einreihten.

»Schule ist das Schönste!«, sagte Romy glücklich. »Findet ihr nicht?«

»Ich würde ja sagen Comics«, meinte Luis.

»Nein«, sagte Nele. »Fußball.«

Romy rümpfte die Nase. »Hmpf! Ihr Banausen!«

Wegen der komischen Beleidigung begannen Nele und Luis zu lachen.

Romy schob schmollend die Unterlippe vor. »Ihr seid blöd.«

Nele bemerkte, wie Luis die Prinzessin amüsiert musterte. Es war gar nicht so lange her, da hatte sie ihm Romys wahre Identität anvertraut, denn mit Luis konnte sie fast jedes Geheimnis teilen. Er wusste schon eine Weile über die Magische Allianz des großen internationalen Katastrophenschutzprogramms, kurz M.A.G.I.K. genannt, Bescheid. Nur von Romys Magie ahnte Luis bislang nichts.

»Oh, schaut mal!«, stieß Romy aus.

Die drei blieben beim Schwarzen Brett stehen. Nele fiel das Plakat auch direkt ins Auge. Es war der Aushang fürs Casting des kommenden Schulstücks. Vor einigen Wochen hatte der Theater-AG-Lehrer Herr Becker einen Ankündigungsflyer ausgehängt und nun ging’s wohl richtig los.

Romy war damals schon wie magisch vom Flyer angezogen worden.

»Trag doch deinen Namen in die Liste fürs Casting ein«, sagte Nele.

»Genau, wenn dir so was Spaß machen würde«, stimmte Luis zu.

Romy zögerte – auch wie damals. Da hatte sie sich nämlich den Kopf darüber zerbrochen, ob sie überhaupt bis zur Aufführung noch hier sein würde.

»Meint ihr echt, ich kann da mitmachen?«

Nele hörte an ihrer Stimme, wie aufgeregt sie bei der Überlegung wurde. Sie trat neben Romy und nickte aufmunternd. »Du bleibst doch noch eine Weile, was ich total super finde. Vielleicht ist Theater ja genau dein Ding. Probier’s einfach.«

»Habt ihr denn auch Lust dazu?«, fragte Romy unsicher.

Nele und Luis tauschten einen Blick, als würden sie dasselbe denken.

Nämlich, dass sie keine zehn Pferde auf eine Bühne kriegten!

»Ich bin ja schon beim Fußball dabei«, sagte Nele.

»Und ich muss sieben Tage die Woche Comics lesen«, meinte Luis.

Bei seiner Antwort musste Nele belustigt mit den Augen rollen.

»Oh, schade«, sagte Romy enttäuscht und ließ die Schultern hängen.

»Ich feuere dich aber beim Casting an. Direkt aus der ersten Reihe!«, meinte Nele schwungvoll. »Um nichts auf der Welt würde ich mir das entgehen lassen.«

»Ich komme auch«, sagte Luis. »Du rockst das bestimmt.«

Bestärkt durch die Antworten der beiden, atmete Romy tief durch, nahm den Stift, der an einer Kordel neben dem Aushang hing, und schrieb »Romy Mayer, 7B« in eine der wenigen freien Spalten. »Da haben sich echt viele eingetragen.«

Nele staunte selbst nicht schlecht darüber. »Hm, es ist auch das erste Mal, dass nicht das ewig gleiche Weihnachtsstück ›Die Magie der sprechenden Tannenbäume‹ aufgeführt wird. Das hängt uns allen echt zu beiden Ohren – und Augen – raus.«

»Sprechende Tannenbäume?«, wiederholte Romy entgeistert.

Tja, so was gab’s anscheinend nicht mal im magischen Königreich Marabel.

Luis räusperte sich. »Das war Pflicht für alle aus den fünften Klassen. Vorletztes Jahr mussten Nele und ich mitmachen und Wolken spielen. Superätzend.«

Romy starrte die zwei an. »Wie spielt man denn eine Wolke?«

Nele plusterte die Wangen auf und machte ein Shh-Geräusch.

Luis schnitt eine seltsame Grimasse und fügte ein Wusch-Geräusch hinzu.

Romy hielt sich eine Hand vor den Mund und kicherte.

»Schon klar. Auf dem Internat, wo du warst, gab’s so was nie«, meinte Nele.

»Ja, leider. Wir hatten bloß Pompadorische Dichtung.«

»Was soll das denn sein?«, fragte Luis neugierig.

»Das wollt ihr gar nicht wissen«, erwiderte Romy.

»O doch!«, widersprach Luis. »Ich würde gerne so viel mehr wissen! Wie ist das so, in einem magischen Königreich zur Schule zu gehen? Was gibt’s da alles und –« Als er bemerkte, was er da gesagt hatte, schlug er sich eine Hand vor den Mund. »O nein. Das hat doch keiner gehört? So was darf ich gar nicht fragen, oder?«

»Wenn du ganz nett fragst, gebe ich dir gerne mal eine Audienz«, meinte Romy.

Sie sagte das auf so eine königlich ernste Art, dass Nele und Luis schon wieder lachen mussten.

Langweilig wurde es mit einer echten Prinzessin jedenfalls nie.

Kapitel 3

Nele streckte sich ausgiebig, weil sie die letzte Stunde über ihrem Englischheft gebrütet hatte. Vom vielen Vokabelnlernen schwirrte ihr ganz schön der Kopf.

»Kannst du etwa schon alles?«, fragte sie verblüfft, als sie zu Romy sah.

Die beschäftigte sich nämlich damit, ihre Haare zu Zöpfen zu flechten.

»Selbstverständlich«, sagte Romy. »Das war ein netter Zeitvertreib.«

»Netter Zeitvertreib?«, wiederholte Nele. »Ein Kinobesuch oder ein leckerer Eisbecher ist das vielleicht, aber doch keine Englischhausaufgaben.«

»Aber dabei kann man schön kreativ sein!« Romy schob ihr Heft rüber. In schnörkeliger Schönschrift standen dort alle Vokabeln, die sie abschreiben und sich dabei einprägen sollten. Romy hatte aus den i-Punkten sogar Herzchen gemacht.

»Krass«, meinte Nele und fühlte sich prompt schlecht. Sie legte ihren Stift weg. »Ich bin zu blöd, um mir alles zu merken. Wie machst du das nur?«

Romy runzelte die Stirn. »Du bist nicht blöd. Du merkst dir vieles. All diese Strategien beim Fußball sind voll schwer, wie dieses Bananenmus zum Beispiel!«

»Das heißt Bananenflanke«, verbesserte Nele sie belustigt. Gestern Abend hatten sie auf Neles liebstem YouTube-Kanal Furioser Fußball ein Video geschaut, in dem ein Spieler genau so einen hohen Pass in den Strafraum gespielt hatte, um einem Stürmer ein Kopf‌balltor zu ermöglichen. »Mus ist was zum Essen, Romy.«

»Na, wie kommt ihr denn voran?«, fragte Neles Papa fröhlich. Er steuerte die Kaffeemaschine an und begann, frischen Kaffee zu machen. Ganz sicher wollte er mal wieder überwachen, was die zwei so trieben …

»Geht so«, sagte Nele grummelig. »Wie soll man sich denn so lange am Stück konzentrieren, wenn man die ganze Zeit nur am Küchentisch sitzt.«

»Wie würdest du deine Hausaufgaben denn sonst gerne machen?«, erkundigte er sich. »Auf einem Trapez schwingend? Oder während du mit Pizzastücken jonglierst?«

»Wenn die Pizzastücke mit Peperoni belegt sind, dann das Letzte«, sagte Nele.

Romy meldete sich nun auch zu Wort. »Nele braucht eine Pause, um ihre Lebensgeister wiederzuerwecken. In der Prinzessinnen-Akademie haben wir mittags im Blumengarten stets eine Teestunde mit Bergamotte-Erdbeer-Küchlein abgehalten«, schwärmte sie. »Fräulein Irvine hat manchmal sogar gesungen.«

»So was kann ich euch leider nicht bieten«, sagte Neles Papa amüsiert. »Aber eine Pause sei euch gegönnt. Es ist ja auch wirklich schönes Wetter heute.«

Da hatte er recht und Nele beschloss, dass das die perfekte Gelegenheit war, um Romy eine erste Lektion in Sachen Fahrradfahren zu geben. Fünf Minuten später standen die beiden mit den Rädern vorm Haus. Neles Papa stellte Romy noch den Sattel richtig ein und dann schoben die beiden die Räder die Lilienstraße hinunter, bis zum Feldweg. Hier gab’s weit und breit nur hohe Gräser und den Wald.

Romy zog noch immer eine Miene wie Sieben-Jahre-zerbrochener-Prinzessinnenspiegel-Unglück, weil sie Schoner und Helm tragen musste. »Ich hätte viel lieber ein hübsches Sonnenschirmchen als diese komischen Sachen«, jammerte sie. »Das ist voll schriekschraff und superstaubig, weil’s im Keller war.«

»Die brauchst du aber«, beharrte Nele. »So, jetzt pass auf.«

In der nächsten halben Stunde gab Nele Romy allerhand Anweisungen, von denen sie glaubte, dass sie hilfreich waren, um Sicherheit mit dem Rad zu gewinnen und erste Schritte zu schaffen. Schließlich fuhr Romy ein Stück mit dem Rad, ohne die Füße auf dem Boden absetzen zu müssen. Ganz langsam nur, aber Nele war trotzdem stolz auf sie.

»Juhu!«, rief Romy fröhlich. »Ich kann Fahrrad fahren!«

Nele lächelte. Na ja, nicht ganz … »Ja, das machst du toll«, lobte sie trotzdem.

»Das war so krawamkra!« Romy war zu Nele zurückgerollt.

»So ging’s mir am Anfang auch«, sagte Nele. »Allerdings bin ich öfter hingefallen. Ich war aber auch noch etwas kleiner als du, als ich es gelernt habe.« Bei der Erinnerung spürte Nele ein wenig Traurigkeit in sich hochkommen. »Papa hat es mir beigebracht. Meine Mutter hat Radfahren leider gar nicht gemocht.«

Romy stieg vom Rad. »Denkst du oft an die Zeit mit deiner Mama zurück?«

»Ja, schon«, murmelte Nele. Sie fuhr mit den Fingern über ihr Armband. Es war ein Geschenk ihrer Mama gewesen, mit schwarzen Perlen und einem Fußballanhänger. Bei einem Streit mit Romy war es kaputtgegangen und Romy hatte es hinterher repariert. Mit einer Handvoll bunten Perlen und einem zusätzlichen Anhänger. Nämlich einer Krone. Die war wie ein Mutspender und Nele sprach weiter. »Manchmal hat sie mich echt ent‌täuscht und das merke ich erst jetzt. Auch dass eigentlich Papa derjenige war, der mir so vieles ohne sie beigebracht hat.«

»Hey«, sagte Romy sanft und berührte Neles Arm. »Ich verstehe dich sehr gut und du darfst auch traurig sein. Aber denk dran, dein Papa und du habt etwas ganz Besonderes und das kann dir niemand nehmen. Wie eine eigene Form von Magie.«

Nele dachte darüber nach und nickte dann. »Ja, das stimmt.«

»Ich bin auch manchmal ent‌täuscht und traurig wegen meinen Eltern«, meinte Romy. »Im Palast gab’s für alles Personal und ich habe sie die meiste Zeit nicht viel gesehen. Aber immerhin hatte ich meine Schwester und meinen Bruder.«

»Deine Familie hatte aber bestimmt auch schöne gemeinsame Momente, oder?«, fragte Nele sanft, um das Gespräch in eine positivere Richtung zu lenken.

Romy musste nicht lange überlegen. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. »Einmal im Jahr, am neunzehnten Mai, gibt es das Fest der Magielichter. Abends lassen die Bewohner von Marabel Laternen zum Himmel steigen, was wunderschön anzusehen ist. Es wird gefeiert, man schenkt sich gegenseitig etwas und spricht über Dinge, für die man dankbar ist.« Ihre Stimme klang so verträumt, dass Nele in ihren Bann gezogen wurde. »Und nicht nur das, an die Laternen werden Wünsche gebunden und man sagt, der Wunsch an der Laterne, die am höchsten steigt, wird sich erfüllen. Natürlich hoffen alle darauf, dass es die eigene Laterne ist.«

»Das klingt märchenhaft«, sagte Nele begeistert.

Romy lächelte. »Vor einigen Jahren saß meine Familie noch eine Weile zusammen, nachdem meine Mutter, Ariella, Costa und ich unsere Wünsche an unsere Laternen gebunden hatten und sie zum Himmel gestiegen waren. Als alles vorbei war und es ruhiger wurde, ist mir das erste Mal aufgefallen, dass mein Vater immer derjenige war, der unsere Laternen anzündete, aber sich nie selbst etwas wünschte, indem er eine zum Himmel schickte.«

»Wirklich? Wieso hat er sich nichts gewünscht?«, fragte Nele verwundert. Einen Wunsch in den Himmel schicken, der sich vielleicht erfüllt? Da kribbelte es sie vor Aufregung bis in die Zehenspitzen hinein.