M - Wie eine Masochistin - Odin Bergsjö - E-Book

M - Wie eine Masochistin E-Book

Odin Bergsjö

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Devot

 

Kühl ist das Leder der Fesseln auf der Haut.
Die Dunkelheit ist ihr inzwischen vertraut.
Bewegungslos und still steht sie da.
Die Augen verbunden, wie so oft es schon war.

Stille im Raum, kein Laut bis auf seine Schritte,
harrt sie am Kreuz, spürt seine Hand an ihrer Mitte.
Sanft doch fordernd berührt er sie dort.
Sie lässt sich auf ihn ein und ihre Lust trägt sie fort.

„Nein!“, poltert seine Stimme und er packt ihr Genick.
„Erst wenn ich es erlaube bekommst du den Kick!“
Sie schluchzt und versucht sich abzulenken.
Denn nur bei Gehorsam wird er ihr Lust schenken.

Sie kann fühlen, wie er hinter ihr steht.
Etwas berührt sanft ihren Po – sie weiß wie es weiter geht.
Die Schwänze der Peitsche treffen ihre Haut.
Der Schmerz durchzuckt sie doch sie unterdrückt jeden Laut.

Schlag für Schlag bringt er sie näher an den Abgrund.
Ihre Lust ist so groß und ihr Hintern so wund.
Doch es stört sie nicht, sie braucht den Schmerz.
Durch ihn spürt sie das Leben tief in ihrem Herz.

Nun bedecken seine Küsse sanft ihre Striemen,
es ist bald soweit und er wird sie endlich lieben.
Er lobt sie, er küsst sie und löst die Manschetten.
Er fängt sie auf und entfernt auch die Ketten.

Ketten die ihre Brüste schmerzhaft verzierten.
Ein Spiel in dem sie sich beide so gern verlieren.
Es raubt ihm fast den Verstand sie so zu sehen.
Pure Lust durchströmt ihn wenn sie beginnt zu flehen.

Er will sie belohnen und dringt sanft in sie ein.
Sie gewährt ihm den Zugang, ihre Körper werden eins.
Sie verschmelzen, die Gier aufeinander spült sie nun fort.
„Jetzt!“, haucht er ihr zu, für sie ist es das schönste Wort.

 

 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2015

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Eve Bourgeon, Odin Bergsjö

M - Wie eine Masochistin

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Die Masochistin

 Die Masochistin

Mir hat sie sich erklärt

 

Eve Bourgeon

Soisses Verlag

Autorin: Eve Bourgeon

Herausgeber: Franz von Soisses

Lektorat: Cornelia von Soisses

Copyright © 2015 

 

Soisses Verlag 

http://www.soisses.com

207 Taaffe Place, Office 3A

Brooklyn, NY11205, USA

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Werkes oder Teilen daraus, sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Trotz sorgfältigem Lektorat können sich Fehler einschleichen. Autor und Verlag sind deshalb dankbar für diesbezügliche Hinweise. Jegliche Haftung ist ausgeschlossen.

Einleitung

 

Vor einiger Zeit lernte ich eine wirklich reizende, junge Frau kennen. Eine Schönheit mit ihren dunklen Augen, ihrer sexy Figur und den langen schwarzen Haaren. Nein ich stehe nicht auf Frauen aber ich kann durchaus auch Gefallen an ihnen finden. Ihre sympathische Ausstrahlung zog mich einfach an. Wir haben uns näher kennen gelernt und irgendwann begann sie mir ihre Geschichte zu erzählen. Sie bat mich, sie aufzuschreiben und wenn ich ehrlich bin, hat sie mich unheimlich fasziniert. Noch nie vorher hatte ich eine Frau kennen gelernt, die so selbstbewusst, offen und ungezwungen über Lust und ihre Sehnsüchte gesprochen hat, wie sie. Ich nenne sie jetzt einfach mal Sarah, ob es ihr richtiger Name ist oder nicht, tut hier nichts zur Sache. Es war für mich eine komplett neue Welt, die sich mir mit ihren Erzählungen eröffnete. Fast magisch war die Faszination, die sie auf mich ausübte. So magisch, dass ich es nicht mehr aus dem Kopf bekomme.

 

Lass mich auch dich in ihre Welt entführen, die keineswegs immer die Farben des Regenbogens beinhaltet. Auch die Dunkelheit spielt hier eine große Rolle. Eine Welt voller Gefühl, vieler Sehnsüchte und jeder Menge Leidenschaft, doch auch geprägt von seelischen Abgründen und der ein oder anderen Art von Schmerz. Ich habe eine Weile gebraucht um all die Dinge, die sie mir berichtet hat, zu verarbeiten und einzuordnen. Es hat meine Gefühlswelt komplett auf den Kopf gestellt. Ich habe Dinge erfahren, von denen ich nicht wusste, dass sie so eine Wirkung haben können. Als ich ihr zuhörte und alles aufschrieb, litt ich oft mit ihr mit, ich hatte das Gefühl, sie zieht mich mit in ihre Gedanken und Empfindungen. Ihre Leidenschaft war greifbar, mir kribbelte es nicht nur einmal am ganzen Körper. Es war als entführte sie meinen Geist und ich begann von ihren Erzählungen zu träumen. Ich begann über viele Dinge nachzudenken und versuchte zu verstehen. Doch ist es wichtig, dass man immer alles versteht? Vielleicht sollten auch wir öfter loslassen und uns auf neue Dinge einlassen ohne zu viel zu werten und einzusortieren. Das blockiert nur das, was in uns ist und sich zeigen will. Loslassen, fallen lassen und sehen was passiert.

 

 

Wie alles begann

Wo fange ich an mit meiner Geschichte, es gibt doch so viel zu erzählen. Ich will offen und ehrlich sein und die richtigen Worte finden. Warum ich alles erzählen will? Vielleicht ist es eine Art Therapie für mich selbst, vielleicht wünsche ich mir einfach, dass man mich versteht, wo ich es doch manches Mal selbst nicht kann. Es ist aber auch alles oft viel zu verwirrend. Ja so, wie das ganze Leben an sich mit seinen Irrungen und Wirrungen, die uns stets begleiten. Vielleicht möchte ich auch anderen Menschen, denen es ähnlich geht wie mir, die wie ich gewisse Dinge brauchen, um Situationen zu verarbeiten oder in einer Sackgasse stecken und nicht wissen, wohin mit all den Gefühlen; ja vielleicht möchte ich denen einfach zu verstehen geben, dass sie nicht allein sind. Allein mit ihrer Zerrissenheit, mit ihrem Schmerz und ihren Sehnsüchten und Träumen. Dass sie keine Angst haben und ihre Gefühle nicht verstecken müssen. Für mich ist es wichtig, dass ich mich selbst ernst nehme, mit allem, was ich bin. Ich habe zwei Seiten an und in mir, die beide ein Recht auf ihre Existenz haben. Nein, ich bin sicher keine gespaltene Persönlichkeit. Keineswegs, ich habe nur einfach eine helle und eine dunkle Seite in mir, die mich zu dem Menschen macht, der ich nun einmal bin. Ich bezeichne es einfach so, als helle und dunkle Seite, denn mir fällt dazu nichts anderes ein.

Alles fing damit an, als mich mein langjähriger Lebensgefährte und zu der Zeit auch mein Verlobter, betrog. Ich erwischte ihn mit einer anderen, jüngeren Frau in unserem gemeinsamen Schlafzimmer, in unserem Bett. Sie war wohl kaum zwanzig, schätzte ich.

Es war wie ein Schock, als ich die beiden in unserem Bett sah. Wie angewurzelt blieb ich stehen und konnte mich nicht mehr bewegen. Die große Liebe meines Lebens, wie ich dachte, fickte hier in unserem Zuhause eine andere Frau.

Sie hatten mein Hereinkommen nicht einmal bemerkt. Mein Brustkorb zog sich zusammen, mir war heiß und kalt gleichzeitig, meine Knie drohten nachzugeben und doch konnte ich nicht weg. Er hatte mich keine zwei Monate zuvor gefragt, ob ich ihn heiraten würde und den Rest meines Lebens mit ihm verbringen möchte und nun das! Wie ein Schlag ins Gesicht fühlte es sich an. Ich war gerade dreiunddreißig geworden und er hatte mir, wie so oft, seine Liebe geschworen, zuletzt keine 48 Stunden zuvor.

Ich wollte nur noch weg, mir das nicht mehr mit ansehen müssen, doch dann fiel mir mein Wohnungsschlüssel aus der Hand auf den Boden. Erschrocken zuckten die Zwei zusammen, unterbrachen ihr Liebesspiel. Thomas drehte sich um, seine kleine Schlampe ebenfalls und sie stieß ein bescheuertes »Oh mein Gott!« aus, als sie mich sah. Er starrte mich nur erschrocken an und brachte keinen Ton heraus. Da reichte es mir und ich ging auf die beiden zu. Sie schnappte sich die Bettdecke und wollte ihre Blöße bedecken, während Thomas aus dem Bett sprang und auf mich zukam. Ich stieß ihn nur beiseite und ging zu seiner kleinen Freundin.

»Oh mein Gott, was? Meinen Verlobten in unserem Bett zu ficken! Für was hältst du dich eigentlich?«, schrie ich sie an und fing an, auf sie einzuschlagen. Ich konnte nicht anders, ich wollte sie verprügeln, wollte ihr wehtun, denn in mir tat alles weh - wegen ihr! Heute und hier hatten sie alles zerstört. In diesem Moment ging meine kleine heile Welt unter, von der ich immer geträumt hatte. Außer ihm hatte ich niemanden an meiner Seite, keine Familie, keine beste Freundin, nur ihn. Und sie hatte ihn mir weggenommen. Sie schrie, während ich auf sie einschlug, ich war wie von Sinnen und konnte einfach nicht mehr aufhören.

Plötzlich packte mich Thomas an den Armen und zerrte mich von ihr weg. Er schrie mich an, dass ich aufhören solle, doch ich wollte gar nicht aufhören. So knallte ich ihm eine, als er meinen rechten Arm los lies und sich mir die Chance bot. Doch er packte mich und schüttelte mich. »Komm wieder runter und hör auf damit!«, herrschte er mich an. Doch warum? Hier ging gerade alles den Bach runter und da sollte ich mich beruhigen?

»Jennifer, bitte geh jetzt. Ich muss allein mit Sarah reden!«, rief er ihr zu, während er mich weiterhin festhielt. Sie verschwand in Windeseile aus unserem Bett, schnappte sich ihre Klamotten und ging aus dem Zimmer. Thomas sah mir traurig in die Augen und in diesem Moment konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie liefen mir unaufhörlich das Gesicht hinunter, so sehr ich es auch hasste, ihm gegenüber jetzt diese Schwäche zu zeigen, ihm meine Verletztheit zu offenbaren. Diesem Arschloch, der mich so hintergangen hatte. Wie lange schon? Wie oft? Warum? Was hat ihm gefehlt? Diese Fragen schwirrten mir durch den Kopf. Und doch stellte ich ihm keine Einzige davon, kein Ton kam über meine Lippen, nur meine salzigen Tränen rannen mir über das Gesicht.

»Sarah, es tut mir leid. Das wollte ich nicht. Es hat nichts mit dir zu tun, wie soll ich dir das erklären, ich liebe dich«, stammelte er. Seine Worte waren in diesem Moment wie ein Hohn. Es hatte nichts mit mir zu tun, ja klar. Er vögelte kurz nach unserer Verlobung eine kleine, blonde Schlampe in unserem Bett und es hat nichts mit mir zu tun. Für wie blöd hält er mich eigentlich?

»Verschwinde, du Arschloch, ich will dich nie wieder sehen! Fick dich! Hau einfach ab!«, schrie ich ihn an und wollte mich von ihm losreißen.

»Sarah verzeihe mir, es wird nicht wieder vorkommen. Lass uns darüber reden. Es war ... ich weiß nicht, ich war schwach und hab nicht nachgedacht.«

»Hau ab!«

Nein, ich wollte nicht mit ihm reden, ich wollte, dass er mich loslässt. Seine Berührungen waren unerträglich, es war, als drückte es mir die Luft zum Atmen ab. Ich wollte nur, dass er verschwindet, mich loslässt, denn ich ertrug seine Nähe nicht mehr. Es war etwas in mir zerbrochen, in dem Moment, als ich die beiden zusammen sah. Zerstört, unwiderruflich. Keine Worte von ihm, keine Geste, kein Liebesgesäusel hätten dies wieder reparieren können. Das, was wir hatten, war in dem Moment gestorben. Ich stand nun wieder einmal am Abgrund, der tiefer war, als jemals zuvor. Es gab schon einige Tiefschläge in meinem Leben, doch dies war mehr, es war ein Ende von etwas, was mir alles bedeutet hatte, was mir das Wichtigste im Leben war. Auf ihn hatte ich meine Zukunft gesetzt, mit ihm wollte ich eine Familie gründen und einfach nur endlich glücklich sein.

Thomas versuchte noch eine ganze Weile vergeblich, mich umzustimmen, mit mir zu reden, mich zu beschwichtigen. Doch als er auf mich zukam, um mich zu küssen, fing er sich nur erneut eine Ohrfeige ein, sodass er dann endlich ein paar Sachen packte und ging. Wohin war mir egal. Hauptsache, er war weg und ließ mich mit meinem Schmerz und meiner Enttäuschung allein. Ja, ich war nun allein, wieder einmal und ich verstand es nicht. Ich dachte, wir wären glücklich gewesen und hätten eine gemeinsame Zukunft vor uns. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, mir war schlecht und ich konnte nicht aufhören zu weinen. Im Inneren tat mir alles weh, ich dachte, ich sterbe, vielleicht wäre es in diesem einen Moment gar nicht so übel gewesen. Gestorben an gebrochenem Herzen. Doch dies passierte nicht, nein, ich litt weiter und dachte nach, weinte und fragte mich immer und immer wieder dasselbe. Warum?

Wie in Trance holte ich mir eine Flasche Wein, trank erst ein Glas, dann noch eins und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Irgendwann war die Flasche leer und ich holte mir noch eine. Vergessen wollte ich diesen Tag, diese Szenen, die ich mit ansehen musste, diese beschissenen Fickszenen zwischen meinem Verlobten und dieser Schlampe. Doch sie hatten sich in mein Gehirn gefressen und ließen mich nicht mehr los.

Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein. Wirre Träume verfolgten mich und ließen mich mitten in der Nacht aufwachen. Ich lag auf dem Sofa und mein Schädel dröhnte. In diesem Moment sehnte ich mich das erste Mal nach etwas, was ich damals noch gar nicht richtig zuordnen konnte. Da war etwas, nur ganz vage, wie eine Sequenz, vielleicht aus einem Traum. Keine Ahnung, woher es kam, doch es manifestierte sich in mir. Ich wollte mir wehtun. Ja genau, das war es, ich wollte mir selbst Schmerz zufügen. Je mehr ich über diese Gedanken nachdachte, umso mehr erschrak ich darüber und wollte das Ganze verdrängen. Doch so einfach ließ es sich nicht verdrängen. Im Gegenteil, je mehr ich mich dagegen wehrte, umso präsenter manifestierten sie sich in meinem Kopf.

Wollte ich damit meinen seelischen Schmerz übertünchen oder war es nur der verdammte Alkohol? Ich wusste es nicht und doch lies es mich nicht mehr los. Die folgenden Tage waren für mich furchtbar. Thomas versuchte immer wieder, mit mir zu reden, doch für mich gab es nichts zu mehr zu reden. Es war aus und vorbei. Als er seine Sachen holte, versuchte er erneut, mich davon zu überzeugen, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Er würde mich lieben und es täte ihm alles so leid. Doch ich wollte davon nichts mehr hören. Mein Vertrauen war zerstört, meine Liebe zu ihm war zerstört. Hätte er vorher mit mir darüber gesprochen, wenn es etwas gab, was ihm fehlte. Dann hätten wir gemeinsam eine Lösung finden können. Wenn er das Verlangen danach gehabt hätte, sexuell etwas anderes auszuprobieren, dann wäre ich die Letzte gewesen, die sich dagegen verwehrt hätte. Aber die Nummer von ihm war für mich nicht zu ertragen. Sie und er bei uns im Schlafzimmer. Das war für mich einfach ein No-Go!

Die einsamen Abende ohne ihn fraßen mich innerlich auf. Mein Schmerz wurde nicht kleiner, denn ich vermisste ihn trotz allem und sehnte mich nach einer starken Schulter, nach jemandem, der für mich da war. Doch da war keiner mehr. Ich war kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, die einfachsten Dinge zu erledigen. Ich war einfach nur zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich weinte viel und mein Weinvorrat verringerte sich zusehends. Und dieser kleine Gedanke danach, mir wehzutun, kam immer und immer wieder. Es lies mich nicht mehr los.

Eines Abends hing ich wieder auf dem Sofa herum und versuchte, mich mit einem Buch abzulenken, was mir jedoch nicht wirklich gelingen wollte. Ich las immer wieder die gleiche Seite, weil ich einfach nicht richtig bei der Sache war. Das Fernsehprogramm war auch mehr als traurig, so ließ ich lieber Musik laufen. Irgendetwas brauchte ich, um die Stille in der Wohnung zu vertreiben.

Da waren sie, die kleinen Teelichter, die ich so gern brennen lies, wenn wir es einmal romantisch haben wollten. Mein nun Ex-Verlobter und ich. Da kam mir ein Gedanke: Ich zündete die Kerzen an und wartete, bis sich das Wachs verflüssigt hatte. Keine Ahnung, wie ich auf diese Idee kam, sie war wohl einfach plötzlich da. Ich zog meine Kleider aus und holte mir ein großes Handtuch, welches ich auf dem Sofa ausbreitete. Dann nahm ich ein Teelicht ganz vorsichtig und schloss meine Augen. Ich lag auf dem Handtuch und so fing es an. Tropfen für Tropfen lies ich auf meinen Körper rieseln. Heiße Wachstropfen trafen auf meinen Bauch und es tat so gut. Es war verrückt, es tat ein bisschen weh, aber ich entspannte bei jedem Tropfen mehr, der mich traf. Ich verringerte den Abstand der Kerze und machte weiter, ließ das Wachs auf meine Brüste laufen. Meine Nippel reagierten sofort. Was war los mit mir? Warum gefiel mir das? Nicht nur einmal verbrannte ich mir fast die Finger an dem heißen Teelicht. Und doch war da der Zwang weiterzumachen. Und ich gab nach. Ein Tropfen nach dem anderen traf meine empfindliche Haut auf dem Bauch, weiter nach unten, meine Oberschenkel und meinen Venushügel. Ich stöhnte auf, denn es fühlte sich so richtig an. Der Schmerz, das Kribbeln, die Hitze. Ich vergaß alles in diesem Moment. Wirklich alles, und der Abstand der Kerze verringerte sich noch mehr. Nach dem ersten Licht folgte das zweite und ich wurde mutiger, das flüssige Wachs traf meinen Venushügel. Meine Erregung, die ich verspürte, wuchs immer mehr. Mit meiner noch freien Hand streichelte ich meine Clit. Es machte mich so sehr an, dass ich immer heftiger an meiner empfindlichsten Stelle rieb, die mehr und mehr anschwoll. Ich drang mit meinen Fingern in mich ein uns spürte die Nässe. Mein Mut wuchs und die Tropfen des heißen Wachses näherten sich immer weiter meiner Mitte. Noch ein Stück und noch ein Tropfen. Meine Finger fickten mich schneller, während sich das Wachs auf mir verteilte. Ich stöhnte auf vor Erregung und ich war kurz davor zu kommen. Ein, nein zwei Tropfen trafen direkt meine Clit und ich kam, meine Finger zogen sich aus mir zurück, rieben meine erogenste Zone und die heißen Wellen strömten durch meinen Körper.

Später, als ich mich von dem ganzen Wachs, das nun fest auf meiner Haut klebte, befreite, war ich einerseits entspannt doch andererseits auch verwirrt über das Ganze. Was war los mit mir? Noch nie zuvor hatte ich solch eine Idee und noch mehr verwirrte es mich, dass ich es erregend fand. Es war ein lustvoller Schmerz, der mich von all dem Scheiß der vergangenen Wochen ablenken konnte. Ich wollte mehr davon. Dessen war ich mir bereits damals sicher. Dass dies der Anfang von etwas war, was mich mein weiteres Leben nicht mehr loslassen sollte, wusste ich damals noch nicht. Und dass dies einen so wichtigen Bestandteil meines Lebens einnehmen sollte, dass es mich komplett verändern würde, ahnte ich nicht. Und doch war es das Erwachen meiner dunklen Seite, die mir oft Angst machte, aber mich vielleicht auch davor bewahrt hatte, mich aufzugeben und in meinem Selbstmitleid zu versinken.

Auf dem Weg

Ein Tag nach dem anderen verging, Wochen und Monate, in denen ich nur funktionierte und versuchte, meine Pflichten im Job und zu Hause so gut es ging zu erfüllen. Von Thomas hörte ich erst einmal nichts mehr und das war auch gut so. Ich vermisste ihn und seine Nähe, doch was hätte es geändert? Es war aus und vorbei, also war es besser so, dass er mich in Ruhe ließ. Abends sinnierte ich über mein Leben und was ich bis dahin erreicht hatte. Bald würde ich vierundreißig Jahre alt, hatte einen guten Job als Zeichnerin und Designerin für Werbeplakate, Comics und Kinderbücher. Es machte mir Spaß, denn ich konnte auch öfter von zu Hause aus arbeiten, wenn ich mal komplette Ruhe zu gewissen Projekten brauchte. Die Leute in der Agentur waren locker, die beiden Chefs auch. Sie waren auch erst Ende dreißig und von ihrer Art her ziemlich leger. Ehrlich gesagt war es von Anfang an ein Traumjob für mich. Ich konnte meine kreative Ader voll und ganz ausleben. Nur wenn es einem richtig scheiße geht, ist das mit der Kreativität so eine Sache. Es läuft nicht so, wie es sollte und das machte mich selber unzufrieden. Wie ein Teufelskreis, man zieht sich selber immer weiter runter, weil nichts richtig funktioniert. Ich hatte schon immer sehr hohe Ansprüche an meine Arbeit und wollte stets perfekte Ergebnisse erzielen. Meine Chefs Mike und Knut sollten zufrieden sein mit dem, was ich ablieferte. Und natürlich auch die Kunden. Und deshalb fand ich meine Situation, in der ich mich befand, so zermürbend, dass ich einfach nur noch frustriert war. Alles, was ich erstellte, gefiel mir nicht zu hundert Prozent. Ich war nie so richtig zufrieden mit dem, was ich zu dieser Zeit entwarf.

Schon immer war ich ein Mensch, der es allen recht machen wollte und doch hatte ich oft das Gefühl zu scheitern. Heute verstehe ich warum. Denn das ist etwas, was man einfach nicht schaffen kann. Es allen recht zu machen ist unmöglich! Oft verdrängte ich meine Bedürfnisse, verbog mich quasi für andere, indem ich meine Wünsche hinten anstellte. Und vergaß manchmal, das zu tun, worauf ich Lust hatte. Nein, ich muss das korrigieren, ich vergaß es nicht, ich äußerte es nur fast nie. Da ich stets die Gedanken im Hinterkopf hatte, dass es andere nicht für guthießen, albern fanden oder mich nicht ernst genug nahmen, um auf meine Wünsche einzugehen. Deshalb versuchte ich, mich viel zu oft nach der Person zu richten, mit der ich es gerade zu tun hatte. Personen, die mir wichtig waren und denen ich gefallen wollte.

Wenn ich heute darüber nachdenke, war ich noch nie jemand, der gern die Führung übernahm. Aufgrund einiger Dinge, die in meinem Leben passierten, musste ich es jedoch. Zumindest musste ich die Führung für mein Leben übernehmen! Ich war gezwungen zu lernen, mit beiden Beinen im Leben zu stehen und ich lernte es, eine gewisse Stärke auszustrahlen, um das zu erreichen, was mir wichtig war. Was blieb mir anderes übrig, nachdem ich mit meiner Familie gebrochen hatte, weil ich die ständige Kritik nicht mehr ertragen konnte, die sie mir zukommen ließen. Dauernd wurden mir irgendwelche Fehler vorgehalten. Statt aufmunternder Worte hagelte es selbst für Kleinigkeiten immer wieder Vorwürfe. Nichts konnte ich ihnen recht machen.

Um daran nicht gänzlich zu zerbrechen, verließ ich mein Zuhause bei meiner Mutter bei der erstbesten Gelegenheit, die sich mir bot. Wir wohnten nur zu zweit, denn meine Schwester hatte bereits eine eigene Familie. Und da ja sowieso nur sie, die um einiges älter war als ich, diejenige war, die in höchsten Tönen gelobt wurde und in den Augen meiner Mutter schon immer alles richtig gemacht hatte, war ich mir sicher, dass mich keiner wirklich vermissen würde.

Damals war ich gerade achtzehn geworden. Ich wollte nur weg und lieber auf eigenen Füßen stehen, als mich weiterhin von ihr bevormunden zu lassen. Dass dies nicht so einfach war, war mir schon in irgendeiner Weise klar, doch es lief nicht so, wie ich gehofft hatte. Als ich mich das erste Mal richtig verliebte, war ich zu allem bereit und zog nach nur kurzer Zeit mit ihm zusammen. Doch es kam, wie so oft, wir scheiterten. Vielleicht weil wir einfach zu verschieden waren oder weil ich meine neu gewonnene Freiheit nicht wieder gänzlich aufgeben wollte. Mein damaliger Freund war verdammt eifersüchtig auf jeden und alles. Nun stand ich ganz allein da. Und doch hatte ich den Willen zu kämpfen, ja ich wollte es allen beweisen. Ich wollte zeigen, dass ich niemanden brauchte. Dass ich gut genug war und mein eigenes Leben führen konnte.

Meine Ausbildung absolvierte ich mit Bravour und darüber war ich sehr glücklich, denn es machte mich stolz, stärkte mein angeknackstes Selbstbewusstsein. Es war etwas, was ich ganz allein hinbekommen hatte, ohne dass mir jemand zur Seite stand. Mein einziger Halt in dieser Zeit waren die Gedanken an meinen Vater, den ich nie kennenlernen konnte, da er viel zu früh starb. Ich war noch ein Baby und konnte mich nicht an ihn erinnern. Ich hatte lediglich zwei Schwarz-Weiß-Fotos von ihm. Und eins ist sicher, er sah richtig gut aus. Seine strahlenden Augen, sein Lächeln - ich hatte immer das Gefühl, als würde er irgendwann auftauchen und wäre gar nicht tot. Es machte mich oft traurig, wenn ich an ihn dachte. Traurig, weil ich ihn nicht kennenlernen konnte, ich wollte doch so viel von ihm wissen. Traurig, weil ich mir oft vorstellte, dass er mich vielleicht so geliebt hätte, wie ich war. Ohne Wenn und Aber, ohne ständig alles zu verbieten, was ich wollte und mich dauernd zu kritisieren, wie es meine Mutter tat. Ich wünschte mir immer, dass ich die Gelegenheit gehabt hätte, Zeit mit ihm zu verbringen, nur er und ich. Damals war ich oft neidisch auf meine Schwester, denn sie hatte Zeit mit ihm, sie konnte einige Jahre mit ihm verbringen. Sicher war es für sie auch sehr schwer, ihren Vater zu verlieren, aber sie hatte wenigstens die Erinnerungen an ihn. Erinnerungen, die ich nie haben würde. Trotz allem war ich mir immer sicher, dass er mich sehen konnte, von wo auch immer und vielleicht auch ab und an stolz auf mich war. Nach so etwas sehnte ich mich mein Leben lang. Das banale Bedürfnis, dass jemand stolz auf mich ist. Schon verrückt, dass mich etwas, was ich nicht kannte, so sehr beschäftigte. Doch irgendwie war es etwas Elementares für mich und es ist mir heute noch wichtig. Ich denke einfach, dass es Dinge gibt, die einen Menschen so stark prägen, dass sie dich dein Leben lang verfolgen.

Was ich auch lernte, war, dass ich mich im Job durchsetzen konnte und eine gewisse Stärke nach außen hin an den Tag legte. Einige dachten sogar, ich sei arrogant, da ich selbstbeherrscht und oft auch ziemlich wortkarg war.

Ich war nie der Typ, der sich auf Lästereien und Getratsche einließ. Lieber ging ich meiner Arbeit nach und bewahrte die für mich wichtige Distanz. Denn so bietet man die geringste Angriffsfläche, um selber ins Visier von irgendwelchem Gerede zu kommen. Ich wollte nie arrogant wirken, doch konnte ich so meine Unsicherheit verbergen, die mein ganzes Leben durchzog. Denn die wollte ich niemandem zeigen. Ergo musste ich einen Weg für mich finden, dass man sie nicht bemerkte.

Damals hatte ich eine ganz kleine Wohnung, nichts Besonderes, aber es war mein Reich und ich begann, das zu tun, was ich tun wollte, nicht das, was andere mir auftrugen. Doch war ich nicht wirklich glücklich. Es war keiner da, der mir irgendetwas abnahm oder mich unterstützte. Ich war auf mich allein gestellt. Sicher nichts Neues, denn vielen Menschen geht es genauso. Doch war es für mich immer so kräftezehrend, so oft sehnte ich mich nach jemandem, der für mich da war, mich unterstützt, mir sagt, was ich tun soll. Eigentlich ein Widerspruch, denn einerseits war ich froh, selbst über mein Leben bestimmen zu können und andererseits wollte ich, dass mir jemand Entscheidungen abnahm, mich führte. Aus heutiger Sicht ging ich es komplett falsch an. Ich ließ mich auf der Suche nach dem Richtigen auf zu viele falsche Kerle ein. Typen, die mich nur rumkriegen wollten für ein bisschen Spaß im Bett. Viel zu leicht war ich zu beeindrucken von schönen Worten und Zärtlichkeiten, die nur ein Ziel verfolgten. Klar hatte ich auch meinen Spaß dabei. Ich fühlte mich begehrt und attraktiv. Ich genoss den Sex und die wilden Nächte. Sex war und ist eine tolle Sache. Die Partys, auf denen viel zu viel geraucht und getrunken wurde, waren eine nette Abwechslung. Es machte Spaß, Kerle anzumachen und sie zu verführen. Dieses Gefühl, gewollt zu werden, beflügelte mein Selbstwertgefühl. Zumindest bis zum nächsten Morgen. Manchmal wachte ich auf und bereute das Ganze, ich kam mir billig vor, denn es war nicht das, wonach ich mich wirklich sehnte. Ich sehnte mich nach einer richtigen Beziehung, welche Vertrauen, Liebe und Respekt beinhaltet. Nicht nur schnellen Sex. Auch wenn er manchmal doch richtig gut war.

Nur schnell weg, dachte ich dann. Es war nicht das Richtige und doch tat ich es immer wieder. Einfach aus dem Moment heraus. Ich hoffte, dass irgendwann der richtige Mann für mich dabei sein würde. Einer, der mich wirklich liebt. Es gab sicher auch den einen oder anderen Typen, mit dem es vielleicht gepasst hätte, doch sobald mich irgendetwas an ihm gestört hatte, habe die Geschichte beendet. Einmal verliebte ich mich in einen, der mich nicht wirklich wollte. Zumindest nicht für eine Beziehung. Das war hart und ich habe mich aus lauter Frustration anderweitig getröstet, nur um ihn zu vergessen. Es war manchmal zermürbend, also entschied ich mich irgendwann, dass es Zeit war, sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Ich hing mich mit Eifer in meinen Job, wollte wenigstens hier ein wenig Erfolg haben. Und somit entschied ich mich auf Abstinenz von Männern. Ich war der Partys überdrüssig, denn mir wurde es langweilig dabei. Also suchte ich mir ein paar Dinge, die mich auf andere Art beschäftigten. Ich begann, spanisch zu lernen und meine Wohnung zu dekorieren. Alles entwarf ich selbst und stellte es auch selbst her. Kreativ zu sein, entspannte mich und ich vergaß für eine gewisse Zeit meine Einsamkeit und die Sehnsucht nach einer Beziehung. Bis ich Thomas traf. Es war fast so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Es folgten einige glückliche Jahre mit ihm. Die ganze Zeit dachte ich, dass er der perfekte Gegenpart zu mir war. Wir liebten uns und hatten viele schöne gemeinsame Erlebnisse.

Bis zu diesem Moment, als ich ihn mit einer anderen Frau in unserem Bett erwischte. Den Rest hatte ich ja bereits erzählt.

Und nun hatten sogar die Erinnerungen an ihn einen faden Beigeschmack bekommen und ich war mir plötzlich sicher, dass es schon immer Dinge gab, die zwischen ihm und mir nicht gepasst hatten. Nur wollte ich sie vorher vielleicht nicht sehen. Aus späterer Sichtweise war er ein Egoist und ich tat mal wieder das, was ich, bevor ich ihn kannte, schon so oft getan hatte. Ich wollte es ihm recht machen und ging dabei völlig in meinem früheren Verhaltensmuster auf. Es befriedigte mich, wenn er seinen Willen bekam und glücklich war. Doch das Ende schmeckte verdammt bitter. Er warf unsere Beziehung einfach weg wie eine heiße Kartoffel. Die Fragen, die danach bei mir aufkamen, waren immer dieselben. War es meine Schuld? Hatte ich ihn gelangweilt, weil er immer das von mir bekam, was er wollte? Hätte ich anders sein sollen? Was hab ich alles falsch gemacht? Immer und immer wieder stellte ich mir diese Fragen und bekam ja doch keine Antwort.

Nun war ich wieder an einem Punkt angelangt, an dem ich mir eine starke Schulter zum Anlehnen wünschte. Jemand, der mir sagte, was ich tun sollte. Jemand, der mich einfach nur liebte und mir helfen konnte, durch diese Schlucht zu kommen. Doch in diesem Moment war ich nur allein und fühlte eine Sehnsucht, die mir Angst machte.

Die Sehnsucht nach dem Schmerz. Etwas völlig Unbekanntes für mich und doch ließ es sich nicht verdrängen. Denn das Verlangen war stärker als die Ängste und die Einsamkeit, die ich verspürte. Die Erfahrung mit dem Wachs hatte die Gier nach mehr nur verstärkt. Ich verstand mich nicht mehr und das beunruhigte mich zutiefst. Ich wünschte mir jemanden, der meine Gedanken und Ängste nachvollziehen konnte und mir erklärte, was los war. Dass ich genau diese Person bald ganz zufällig treffen sollte, ahnte ich natürlich nicht. Wie auch. Ich glaubte damals weder an Zufälle noch an Fügungen.

 

Jack

Michaela, eine meiner Arbeitskolleginnen, hatte an diesem Donnerstag, der mein Leben verändern sollte, ihren 39. Geburtstag. Auch sie war noch Single und hatte keine Lust auf eine Familienfeier, deshalb lud sie mich spontan ein, nach der Arbeit noch etwas trinken zu gehen. Nur wir beide. Sie war kein Fan von viel Trubel und wollte nie im Mittelpunkt stehen. Darauf stand sie, genau wie ich, überhaupt nicht. Sie konnte sehr lustig und unterhaltsam sein, aber eher in einer kleinen Runde, wenn die Leute alle zusammenpassten.

Mike und Knut übergaben ihr morgens zur Begrüßung einen riesigen Blumenstrauß und spendierten zur Feier des Tages für alle zwölf Mitarbeiter Sekt. Eine sehr nette Geste, die sie jedem ihrer Angestellten zukommen lassen, wenn einer Geburtstag hat. Somit gingen gut anderthalb Stunden an diesem Arbeitstag herum, wo wir nichts taten, sondern nur plauderten und auf Michaela anstießen. Da die Termine für einige Projekte sehr knapp bemessen waren und wir diese strikt einzuhalten hatten, kamen wir an dem Tag, es war Ende August und noch richtig schön warm draußen, recht spät aus dem Büro. Zu dieser Zeit gab es unheimlich viele Aufträge und da sammelten sich bei allen Kollegen in der Agentur Unmengen an Überstunden an.

Als wir es doch kurz nach 20 Uhr endlich schafften, die Rechner herunterzufahren, waren wir zwar geschafft, aber die Aussicht auf ein wenig Entspannung in einer Bar fand ich unheimlich verlockend. Michaela erzählte mir von ihrem Verehrer, der ihr ständig Blumen nach Hause schickte. Sie lachte und meinte, bald würden ihr die Vasen ausgehen, wenn er so weitermacht. Es gibt also doch noch Kerle, die Frauen gern mit Blumen beglücken. Thomas hatte mir so gut wie nie Blumen geschenkt. Wenn, dann mal zu meinem Geburtstag oder an einem Valentinstag. Aber nicht einfach nur so mal. Und ich liebe Blumen. Es ist einfach eine schöne Art zu zeigen, dass man jemanden gern hat. Was den meisten Männern jedoch zu entgehen schien.

Wir gingen in eine kleine Bar in der Innenstadt von Stuttgart und suchten uns ein gemütliches Plätzchen in einer Ecke. Dort konnten wir uns ungestört unterhalten. Als die Bedienung erschien, bestellten wir uns beide einen leckeren, fruchtigen Cocktail. Bei diesem warmen Wetter fand ich den Drink unheimlich erfrischend und süffig.

»Und - wird das was zwischen euch beiden?«, wollte ich von Michaela wissen.

»Keine Ahnung, wir kennen uns erst seit zwei Wochen und ich bin mir einfach nicht sicher. Nach dem Fehltritt mit Frank hatte ich mir geschworen, mir erst ein wenig Zeit zu lassen und es ist ja gerade mal drei Monate her. Wobei Jörg ja doch ein ganz lieber Kerl zu sein scheint. Ein wenig ruhig und schüchtern kommt er mir vor, aber das muss ja nicht unbedingt ein Nachteil sein. Stille Wasser sind oft tief oder nicht?«

Michaela lachte laut und ich war mir sicher, dass sie Interesse an Jörg hatte. Zumindest sagte mir ihr verschmitzter Blick, dass sie ihn näher kennenlernen wollte. Und ich freute mich sehr für sie und wünschte ihr, dass er es ehrlich mit ihr meinte. Mit ihrem Ex-Freund Frank hatte sie einige negative Dinge erlebt und ich konnte sehr gut verstehen, dass sie es langsam angehen wollte. Ging mir ja nicht anders. Zu der Zeit stand mir sicher nicht der Sinn nach einem weiteren Mann, der mich verletzen konnte. Ich musste mich erst mal wieder in den Griff bekommen, meine Gefühle sortieren und die verwirrenden Gedanken irgendwie loswerden. Damit war ich beschäftigt genug. Mehr Aufregung war nicht nötig.

Wir hatten wirklich einen sehr schönen Abend, es folgten noch weitere Aperol Sprizz und unsere Stimmung war einfach nur entspannt und aufgekratzt. Wir lästerten über unsere Ex-Freunde, was das Zeug hielt. Es tat gut und ich fragte mich, warum wir beide das nicht schon öfter gemacht hatten. Wir verstanden uns super, im Büro sowieso schon von Anfang an, aber auch jetzt privat. Bisher waren wir lediglich ab und an zusammen mittagessen gegangen, aber noch nie abends aus. Doch es passte einfach recht gut zwischen ihr und mir. Ich wünschte mir schon lange eine Freundin wie sie. Es war nicht einfach, richtig gute Freunde zu finden. Das Verhältnis zu den meisten Menschen um mich herum beschränkte sich auf eine lockere Bekanntschaft. Was auch o. k. war, so musste ich mich nicht ständig erklären, wenn ich mal keine Lust hatte, mich zu melden. Und es bekam keiner groß mit, wie beschissen es mir zurzeit oft ging. Das wollte ich einfach am liebsten für mich behalten.

Doch dieser Abend mit Michaela hatte mir wirklich gutgetan. Kurz nach Mitternacht bestellten wir uns zwei Taxen, da wir in entgegengesetzter Richtung wohnten. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung und jeder stieg in sein Taxi. Geschafft aber auch entspannt wegen des schönen Abends, lies ich mich in den Sitz fallen. Ich nannte dem Taxifahrer meine Adresse und er fuhr los. Als ich in der Handtasche nach meinem Wohnungsschlüssel suchen wollte, bekam ich einen Riesenschreck. Ich hatte mein Handy in der Bar liegen lassen.

»Entschuldigen Sie, können Sie bitte noch mal umdrehen? Ich habe in der Bar etwas liegen lassen«, bat ich den Taxifahrer.

»Ja natürlich, das ist kein Problem. Ich muss nur kurz schauen, wo ich wenden kann.«

»Vielen Dank!«

Er fuhr zurück zur Bar und ich stieg schnell aus. Den Taxifahrer bat ich, kurz zu warten. Ich hoffte, dass mein Handy noch da war und es keiner einfach mitgenommen hatte. So ein Mist. Das hätte echt nicht sein müssen. Normalerweise achtete ich immer darauf, dass ich nichts vergaß und nun hatte ich ausgerechnet mein Handy liegengelassen. An »unserem« Tisch saß ein Mann, allein. Und er hielt etwas in der Hand. Mein Handy! Ich ging zu ihm hin und wollte schon ansetzen zu sagen, dass dies mein Handy sei, als er plötzlich aufblickte und mir direkt in die Augen sah. Mir stockte der Atem. Der Typ hatte einen Blick drauf, ich erstarrte regelrecht. Große, dunkelbraune Augen fixierten mich und die Ausstrahlung, die von ihm ausging, ließ mich alles andere vergessen. Ich bekam keinen Ton heraus. Er lächelte, aber es war etwas in seinem Blick, dem ich nicht standhalten konnte. Ich senkte meinen Blick automatisch. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich sonst weiche Knie bekomme, wenn ich ihm noch länger in die Augen schaute. Was war das denn? Mir kam es vor, als dominierte seine Anwesenheit den ganzen Raum. Es war, als würde die Bar immer kleiner werden. Dann stand er auf. Er war bestimmt einen halben Kopf größer als ich, und obwohl ich mit meinen 1,75 m sicher nicht gerade klein war, kam ich mir in diesem Moment aber so vor.

»Hallo, ich bin Jack. Kommen Sie, weil Sie etwas vergessen haben? Das hier vielleicht? Ich fragte mich schon, wer dieses niedliche, pinke Smartphone vergessen hatte«, wollte er von mir wissen und hielt mir mein Handy vor die Nase. Er grinste breit. Wieder schaute ich in seine dunklen Augen und stellte fest, dass der Typ verdammt gut aussah, nur irgendetwas an ihm schüchterte mich unheimlich ein. Seine Stimme klang dunkel, fest und leicht rauchig. Ich bekam keinen Ton heraus. Ich wollte etwas sagen, doch mir fiel nichts ein, lediglich ein Kopfnicken brachte ich zustande. Was war das?

Was hatte er an sich, was mich so verunsicherte und doch auch faszinierte?

»Darf ich nun auch Ihren Namen erfahren? Ich habe mich Ihnen vorgestellt und wüsste nun gern, mit wem ich es zu tun habe und wenn es nur eine Handyübergabe ist.«

Sein Grinsen wurde immer breiter und ich kam mir vor wie ein dummes, viel zu schüchternes Schulmädchen. Er musste meine Unsicherheit gespürt haben und schien sie amüsant zu finden.

»Äh Entschuldigung«, stotterte ich.

»Ich heiße Sarah und ja, das ist mein Handy.«

Meine Stimme kam mir viel zu leise vor, aber irgendwie wollte sie mir nicht gehorchen. Er gab mir seine Hand und sein Händedruck war kräftig und warm. Mein ganzer Arm prickelte. Was war nur los mit mir, wieso warf mich ein unbekannter Mann dermaßen aus der Bahn? Ich straffte meine Schultern und sah ihn direkt an.

»Kann ich nun bitte mein Handy haben? Danke, dass Sie es gefunden haben. Ich muss nun los, mein Taxi wartet draußen.«

Für den Moment hatte ich meine Fassung wieder gefunden. Doch noch immer hatte ich das Gefühl, neben ihm ganz klein zu sein.

»Hier bitte schön, doch eigentlich sind Sie mir etwas schuldig. Schicken Sie den Taxifahrer weg und gewähren Sie mir das Vergnügen, Ihnen einen Drink auszugeben. Bitte!«

Das »Bitte« klang jedoch nicht wie eine Bitte, sondern wie etwas, was man nicht abschlagen darf, dominant und unnachgiebig. Sein Blick, mit dem er mich taxierte, war eindeutig. Er würde kein Nein akzeptieren. Doch wollte ich Nein sagen? Ursprünglich wollte ich nach Hause, aber ich konnte ihm keinen Korb geben. Ich war ja schon froh, dass ich mein Handy wiederhatte. Es gab sicher mehr Menschen, die es lieber eingeschoben hätten, als es zurückzugeben. Und irgendetwas ging von ihm aus und fesselte mich.

»Nun ja, diese Einladung kann ich ja schlecht ausschlagen, einverstanden. Aber nur ein Drink. Es war ein langer Tag und ich bin total erledigt«, willigte ich schließlich ein.

»Prima, dann gehen Sie mal schnell den Taxifahrer wegschicken und ich bestell uns schon mal was. Darf ich Ihnen ein Glas Champagner bestellen?«

»Ja gerne, danke!«

Ich lief schnell nach draußen und gab dem Fahrer Bescheid, dass er weiterfahren konnte, bezahlte ihn und ging wieder rein. Je näher ich dem Tisch kam, desto mehr spürte ich seine Anwesenheit in diesem Raum. Genauso wie vorher schon. Ein merkwürdiger Typ, aber er schien sympathisch und es war ja nur ein Drink. Die Getränke standen bereits auf dem Tisch und er erwartete mich mit einem durchdringenden Blick. Mir lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Als ich saß, prostete er mir zu und ich trank erst mal einen Schluck. Das kühle Nass tat richtig gut.

»Was für eine glückliche Fügung, dass Sie Ihr Handy vergessen haben. Sonst wäre es mir entgangen, Ihre Bekanntschaft zu machen. Und das wäre sehr schade gewesen.«

»Danke für das Kompliment. Sind Sie denn nicht anderweitig verabredet?«

»Doch das war ich, aber ich wurde kurzfristig versetzt und darüber bin ich jetzt richtig froh. Und Ihre Verabredung wollte Sie so einfach allein nach Hause fahren lassen? Ist das nicht zu gefährlich für eine so hübsche Frau?«

Was sollte diese Frage, als ob ich nicht auf mich aufpassen könnte.

»Ich glaube, ich bin alt genug und außerdem musste meine Freundin ja auch allein nach Hause«, entgegnete ich ein wenig gereizt.

»Entschuldigung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Ich bin es nur gewohnt, Frauen nie allein nach Hause gehen zu lassen. Ich setze sie immer persönlich ab.«

Er lachte und sein Lachen steckte mich an. Dieser Kerl war seltsam, doch seine Ausstrahlung nahm mich komplett gefangen. Was musste ich auch so überzogen reagieren, er war doch nur nett.