Machen – nicht denken! - Richard Wiseman - E-Book
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Machen – nicht denken! E-Book

Richard Wiseman

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Beschreibung

Tun Sie es einfach: entfalten Sie jetzt Ihr volles Potential! Abnehmen? Erfolgreicher sein? Freunde finden? Egal, was Sie sich auch vorgenommen haben – eine einfache Idee genügt! Richard Wiseman stellt die üblichen Selbsthilfemethoden auf den Kopf. Basierend auf erstaunlichen wissenschaftlichen Einsichten gibt der bekannte Psychologe und Verhaltensforscher Ihrem Leben tatsächlich eine neue Richtung: einfaches physisches Handeln bewirkt tiefgreifende psychische Veränderungen. Schon auf den ersten Seiten werden Sie Dinge tun, die Sie nie für möglich gehalten haben. Viele Bücher wollen bloß Ihr Denken ändern, dieses wird Sie verändern! »Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass Richard Wiseman der interessanteste und erfindungsreichste Verhaltenspsychologe der Welt ist.« Michael Shermer, Scientific American »Wiseman hat ein bemerkenswertes Geschick, Fragen auf eine Art anzugehen, wie es noch keiner vor ihm getan hat.« Die Zeit

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Seitenzahl: 406

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Richard Wiseman

Machen, nicht denken!

Die radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert

Aus dem Englischen von Jürgen Schröder

FISCHER E-Books

Inhalt

Die in diesem Buch [...]Für Ronald und Brenda»Wenn du eine bestimmte [...]Eine kurze EinleitungZeit zum HandelnKapitel 1 Wie man glücklich wirdI. Die radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändertÜber EmotionenII. Die Prüfung einer TheorieKörper und GehirnDas Projekt der Wissenschaft der GlückgefühleIII. Der Wert von SpaßBringen Sie die Leute zum LachenKapitel 2 Attraktivität und BeziehungenI. Was ist Liebe?»Ich bin doch bloß einer von euch in einem Sack.«Liebe in FaktenAuf der Suche nach AmorII. Die Fehlzuweisung von KörperempfindungenDie Chemie der LiebeO Romeo, Romeo, wo bist du, Romeo?III. Liebe im LaborDie Macht des FüßelnsLiebenSpeeddating auf der ÜberholspurHandlesen: Ein kurzer LeitfadenWie man zu einem Happy End gelangtKapitel 3 Geistige GesundheitI. Lähmung und GefühlII. Wie man Schmerzen, Wut und Angst beseitigtDu würdest mich nicht mögen, wenn ich wütend binDie Macht der RuheDer kleine Hans und Albert B.Näher und näherDen »Panik«-Knopf drückenIII. Wie man mit Depressionen umgehtDer Reiz der ZuweisungDen Geist aktivierenKapitel 4 WillensstärkeI. Warum Belohnungen nicht funktionieren und was man dagegen tun kannWarum Belohnungen bestrafenDer Mann mit den RöntgenaugenII. Warum kleine Veränderungen eine große Wirkung habenDie Macht der VerpflichtungIII. Abnehmen, ohne es überhaupt zu versuchenMit den Augen essenGewohnheitstiereKapitel 5 Die Kunst des ÜberzeugensI. Die Probleme des Überzeugens»Als ich von den Übeln des Trinkens las, habe ich das Lesen aufgegeben.«Über Reden und HandelnWie man mangelnde Zustimmung produziertII. Warum Sagen gleichbedeutend mit Glauben istKommentar und SelbstverpflichtungIII. Die Manipulation der MassenIV. Über die Rechtfertigung von HandlungenV. Das Eingehen von Bindungen statt KonfrontationDer Puzzle-MannKapitel 6 Ein neues Selbst schaffenI. Das Problem mit der PersönlichkeitII. Wie man mehr Selbstvertrauen gewinntMachtposenIII. Warum Kleider Leute machenIV. Das neue SelbstLicht, Kamera, Handlung!Orks und ElfenV. Die Zeit zurückdrehenSchlussDr. Zomb und die Menschen mit zwei GehirnenDanksagung

Die in diesem Buch bereitgestellten Informationen dienen nur allgemeinen Informationszwecken. Keine der Informationen stellt eine professionelle Diagnose oder einen Behandlungsplan dar. Man sollte sie nicht zur Grundlage nehmen, um einen Behandlungsverlauf zu entwerfen, und sie sind auch nicht als Ersatz für eine persönliche Diagnose oder eine praktische Behandlung zu verstehen. Sie sollten nie wegen etwas, das Sie in diesem Buch gelesen haben, professionelle Ratschläge missachten oder deren Einholung verzögern. Wenn Sie irgendwelche Gesundheitsprobleme haben, rufen Sie bitte ihren Hausarzt oder eine andere qualifizierte Fachkraft im Gesundheitsdienst an oder suchen Sie eine(n) solche(n) auf. Brechen Sie nie eine Behandlung oder die Einnahme eines Medikaments ab, ohne zuerst Ihren Hausarzt, Krankenhausarzt oder Therapeuten zu befragen.

Für Ronald und Brenda

»Wenn du eine bestimmte Eigenschaft haben willst, handle so, als ob du sie schon hättest.«

Der Philosoph William James, 1884

Eine kurze Einleitung

Zeit zum Handeln

Selbsthilfegurus und Trainer von Führungskräften in Unternehmen predigen dasselbe simple Mantra: Wenn Sie Ihr Leben verbessern wollen, müssen Sie Ihr Denken ändern. Zwingen Sie sich zu positiven Gedanken, und Sie werden glücklicher werden. Stellen Sie sich Ihr Traumselbst bildhaft vor, und Sie werden größeren Erfolg genießen. Denken Sie wie ein Millionär, und Sie werden wie durch Magie reich werden. Im Prinzip klingt diese Idee zwar völlig vernünftig. In der Praxis erweist sich dieser Ansatz jedoch als erstaunlich wirkungslos, wobei die Forschung zeigt, dass Menschen Schwierigkeiten damit haben, ständig nur glückliche Gedanken zu denken, dass Angestellte die Vorstellung ihres vollkommenen Selbst kaltlässt und dass diejenigen, die von grenzenlosem Reichtum träumen, ihre Millionen eben nicht bekommen.

Vor über hundert Jahren schlug der brillante viktorianische Philosoph William James einen radikal anderen Ansatz im Hinblick auf Veränderungen vor. Seitdem haben Forscher auf der ganzen Welt Hunderte von Experimenten zu James’ Theorie durchgeführt und entdeckt, dass sie für nahezu jeden Aspekt eines Menschenlebens gilt. Am wichtigsten ist vielleicht die Tatsache, dass die Arbeit Anlass zu einer Reihe von leichten und effektiven Übungen gegeben hat, die dazu beitragen können, dass Menschen sich glücklicher fühlen, Ängste und Sorgen vermeiden, sich verlieben und danach für immer ein glückliches Leben führen, schlank bleiben, ihre Willensstärke und Zuversicht steigern und sogar die Wirkungen des Alterns verlangsamen. Diese Forschungen wurden zwar auf zahllosen wissenschaftlichen Tagungen vorgetragen und in akademischen Zeitschriften veröffentlicht, gelangten aber nur selten in die Öffentlichkeit.

In meinem früheren Buch Wie Sie in 60 Sekunden Ihr Leben verändern beschrieb ich einige dieser Übungen. Machen, nicht denken! baut auf diesem Werk auf, indem es den ersten zugänglichen und umfassenden Leitfaden zu James’ radikaler Theorie vorstellt. Es enthüllt, warum alles, was Sie gegenwärtig über ihren Geist glauben, falsch ist, zeigt, dass Veränderungen keine Herausforderung sein müssen, und beschreibt eine Reihe von leicht zu realisierenden Techniken, deren Ziel es ist, ganz verschiedene Bereiche Ihres Alltagslebens zu verbessern.

Das gesamte Buch hindurch werden Sie gebeten werden, Ihr Verhalten zu ändern. Um dieser Schlüsselbotschaft Nachdruck zu verleihen, werde ich Sie auffordern, etwas zu tun, von dem ich vermute, dass Sie es noch nie zuvor getan haben. Ich möchte, dass Sie Teile dieses Buches zerstören, während Sie es durcharbeiten. Ich vermute, dass Ihnen jetzt zwei mögliche Gedanken durch den Kopf gehen.

Erstens könnten Sie so etwas denken wie »Neeeeeiiiiin, ich hasse den Gedanken, mein Buch auseinanderzureißen!« Genau das ist natürlich die Pointe der Übung. Bitten Sie jemanden, sein Verhalten zu ändern, und er wird rasch eine lange Liste von Gründen vorbringen, warum er auch weiterhin auf dieselbe gewohnte Weise handeln sollte. Diese Einstellung mag zwar verständlich sein (schließlich schlagen Verhaltensweisen in unserem Geist rasch Wurzeln und fühlen sich schon bald wie alte Freunde an), aber sie stellt vielleicht das größte Hindernis für Veränderungen dar. Die wirkungsvollste Methode, dieses Problem zu überwinden, besteht einfach darin, etwas zu tun, das Sie noch nie zuvor getan haben. Etwas, bei dem Sie sich ziemlich unbehaglich fühlen, das jedoch harmlos ist. Wie etwa ein Buch zu zerstören.

Zweitens, wenn Sie dies auf einem E-Book-Lesegerät lesen, dann werden Sie bemerken, dass Sie die Übung offenkundig gar nicht ausführen können. Das ist ganz in Ordnung. Finden Sie einfach ein Selbsthilfebuch, das Sie dazu ermutigt, Ihr Denken zu ändern, und zerstören sie stattdessen dieses. Nein, das war nur ein Scherz. Besuchen Sie aber bitte www.RipItUp.biz, laden Sie ein Exemplar des »Rip-It-Up-Arbeitsbuches« herunter und drucken Sie es aus. Dieses Arbeitsbuch enthält alles, was Sie brauchen werden, um sich an den interaktiven Übungen zu beteiligen.

Um den Ball ins Rollen zu bringen, beginnen wir mit einem kleinen Akt radikaler Veränderung. Die folgende Seite enthält ein Bild des »Regelbuchs«. Bitte reißen Sie jetzt gleich die Seite raus, zerreißen Sie das Regelbuch in vier Teile und formen Sie jeden der Teile zu einer Papierkugel. Das war hoffentlich nicht zu schmerzhaft, und Sie haben gespürt, wie sich in Ihrem Geist eine kleine, aber wirkliche Veränderung vollzog. Ich hoffe, dass Sie Gefallen an der Übung gefunden haben, weil ich Sie durch das ganze Buch hindurch bitten werde, viele andere Formen Ihres Verhaltens zu ändern und jedes Mal bedeutendere und größere Änderungen in Ihren Gedanken und Gefühlen zu erleben.

Es ist Zeit, einen neuen Ansatz im Hinblick auf Veränderungen zu verfolgen. Einen Ansatz, der in der Wissenschaft verankert ist, das herkömmliche Denken umkippt und das Fundament für die leichtesten, schnellsten und effektivsten Verfahren zur Veränderung Ihres Lebens legt.

Setzen Sie sich also gerade hin, atmen Sie tief ein und bereiten Sie sich aufs Rausreißen vor.

Kapitel 1Wie man glücklich wird

Worin wir dem bezaubernden Genie William James begegnen, die Welt vom Kopf auf die Füße stellen, erfahren, wie wir nach Belieben gute Laune erzeugen, und die Spaßfabrik besuchen.

 

»Im Anfang war die Tat.«

Johann Wolfgang von Goethe, Faust

I. Die radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert

Das erste psychologische Laborexperiment der Welt wurde 1879 von dem deutschen Psychologen Professor Wilhelm Wundt durchgeführt. Diese historische Untersuchung wurde in einem kleinen Zimmer an der Universität Leipzig vorgenommen und zeigt alles, was Sie darüber wissen müssen, wie sich viktorianische Wissenschaftler dem menschlichen Geist näherten.

Wundt hätte die Geburt der experimentellen Psychologie durch die Erforschung jedes beliebigen faszinierenden Themas seiner Wahl zelebrieren können. Etwa warum Menschen sich verlieben, an Gott glauben oder manchmal das Bedürfnis empfinden, sich gegenseitig zu töten. Stattdessen entschied sich der »humorlose und unermüdliche«[1] Wundt dafür, ein seltsames und eigenartiges Experiment mit einer kleinen Messingkugel durchzuführen.

Wundt und zwei seiner Studenten versammelten sich um einen kleinen Tisch und verbanden einen Zeitmesser, einen Schalter und ein sorgfältig gestaltetes Metallgestell miteinander. Dann wurde eine Messingkugel auf dem Gestell ausbalanciert, und einer von Wundts Studenten platzierte seine Hand ein paar Millimeter über dem Schalter. Sekunden später wurde die Kugel automatisch vom Gestell freigegeben, und der Zeitmesser trat in Aktion. Der Student schlug seine Hand auf den Schalter, sobald er hörte, wie die Metallkugel auf dem Tisch landete, was den Zeitmesser sofort stoppte. Indem Wundt die Anzeige auf dem Zeitmesser sorgfältig in sein Notizbuch eintrug, schuf er den ersten Datensatz der Psychologie.

Es wäre schön, wenn man sich vorstellen könnte, Wundt hätte nach etwa einem Tag des Fallenlassens von Kugeln sein Notizbuch zugeklappt, über seine Befunde berichtet und wäre zu etwas Interessanterem übergegangen. Schön, aber falsch. Tatsächlich verbrachte Wundt die nächsten fünf Jahre seines Lebens mit der Beobachtung Hunderter Menschen, die an diesem Test teilnahmen. Genauso wie Physiker versuchten, die grundlegende Beschaffenheit der Materie zu bestimmen, versuchten auch Wundt und sein Team, die grundlegenden Bausteine des Bewusstseins zu entdecken. Manche der Versuchsteilnehmer wurden gebeten, den Schalter in dem Moment zu drücken, wenn sie erstmals hörten, dass die Kugel auf dem Tisch aufschlug, während andere aufgefordert wurden, erst dann zu reagieren, wenn sie sich des Geräuschs voll bewusstgeworden waren. Im ersten Szenario wurden die Beobachter gebeten, ihre Aufmerksamkeit auf die Kugel zu konzentrieren, während sie sich im zweiten Fall stärker auf ihre eigenen Gedanken konzentrieren sollten. Wenn die Aufgaben korrekt durchgeführt wurden, würde die erste Reaktion, glaubte Wundt, einen einfachen Reflex widerspiegeln, während es bei der zweiten eher um eine bewusste Entscheidung ginge. Es überrascht vielleicht nicht, dass viele Versuchsteilnehmer anfangs Schwierigkeiten hatten, den angeblich subtilen Unterschied zwischen den beiden Bedingungen zu erkennen, und daher verlangte man von ihnen, dass sie mehr als zehntausend Versuchsdurchgänge absolvierten, bevor man zu dem eigentlichen Experiment überging.

Nachdem Wundt sorgfältig durch die gewonnene Masse von Daten fallender Kugeln hindurchgewatet war, gelangte er zu dem Schluss, dass die Reflexreaktion im Durchschnitt eine Zehntelsekunde brauchte und bei den Versuchsteilnehmern nur eine ganz schwache geistige Spur vom Geräusch der Kugel hinterließ. Im Gegensatz dazu brachte das bewusste Hören des Geräuschs eine durchschnittliche Reaktionszeit von zwei Zehntelsekunden hervor und mündete in ein weitaus deutlicheres Erleben des Kugelaufpralls.

Nachdem er das Geheimnis der Reflexreaktion gelüftet hatte, widmete Wundt den restlichen Teil seiner Laufbahn der Durchführung von Hunderten ähnlicher Untersuchungen. Sein Ansatz erwies sich als überraschend einflussreich, und nahezu jeder andere Akademiker des 19. Jahrhunderts, der sich in Sachen Geist versuchte, trat in Wundts Fußstapfen. In den psychologischen Labors ganz Europas kamen die Forscher wegen des Lärms von auf Tische fallenden Messingkugeln kaum zum Denken.

Drüben in Amerika wollte ein junger Philosoph und Psychologe namens William James davon nichts wissen.

William James war ein äußerst bemerkenswerter Mensch. Er wurde 1842 in New York City geboren. Sein Vater war ein unabhängiger, wohlhabender, exzentrischer, einbeiniger Religionsphilosoph mit guten Verbindungen, der sich der Erziehung seiner fünf Kinder verschrieben hatte.[2] Infolgedessen verbrachte James einen Großteil seiner Kindheit mit Privatunterricht, dem Besuch von Europas führenden Museen und Kunstgalerien sowie der Begegnung mit Leuten wie Henry Thoreau, Alfred Tennyson und Horace Greeley. James’ älterer Bruder Henry wurde als Romanschriftsteller und seine Schwester Alice als Tagebuchautorin berühmt.

Nachdem er ursprünglich Malunterricht genommen hatte, gab James in seinen Zwanzigern die Kunst auf und schrieb sich stattdessen an der Harvard Medical School ein, um Chemie und Anatomie zu studieren. 1872 stellte Charles Eliot, ein Freund der Familie und Präsident von Harvard, James ein, um Kurse über die Physiologie von Wirbeltieren zu geben. Bald schon fühlte sich James von den Geheimnissen der menschlichen Psyche angezogen. 1875 stellte er Amerikas ersten Psychologiekurs zusammen, worüber er später bemerkte: »Die erste Vorlesung in Psychologie, die ich hörte, war die erste, die ich selbst hielt.«

James war entsetzt über das, was er als die Trivialität von Wundts Werk ansah, denn er glaubte fest daran, dass die psychologische Forschung für das Leben der Menschen relevant sein sollte. Also kehrte er Messingkugeln und Reaktionszeiten den Rücken und konzentrierte seine Aufmerksamkeit stattdessen auf eine Reihe viel interessanterer und pragmatischerer Fragen, nämlich u.a. ob es richtig sei, an Gott zu glauben, was das Leben lebenswert macht und ob es wirklich einen freien Willen gibt.

Wundt und James unterschieden sich nicht nur in ihrem Ansatz im Hinblick auf den menschlichen Geist.

Wundt war förmlich und bieder, seine Vorlesungen waren ernst und feierlich, und sein Schreibstil war glanzlos und geschwollen. James war leger und unprätentiös und spazierte auf dem Hochschulgelände häufig mit »einem Hut aus Seide, Spazierstock, Gehrock und rotkarierten Hosen« einher. Häufig würzte er seine Vorträge mit Witzen und flapsigen Anmerkungen – in einem solchen Ausmaß, dass seine Studenten ihn oft bitten mussten, ernsthafter zu sein. Außerdem war sein Schreibstil eingängig und häufig auch amüsant (»Solange auch nur ein armer Kakerlak den stechenden Schmerz unerwiderter Liebe empfindet, ist diese Welt keine moralische.«).

James und Wundt entwickelten auch vollkommen verschiedene Arbeitsmethoden. Wundt rekrutierte ein großes Team von Studenten, um seine sorgfältig kontrollierten Untersuchungen durchzuführen. An ihrem ersten Tag in Wundts Labor wurden die studentischen Neuzugänge in einer Reihe aufgestellt, und Wundt ging dann die Reihe entlang und händigte jedem eine Beschreibung der Forschungen aus, die sie durchführen sollten. Sobald die Arbeit abgeschlossen war, fungierte er als Richter und Geschworene in einer Person, wobei jeder Student, der Ergebnisse hatte, die die Theorien seines Meisters nicht unterstützten, große Gefahr lief, durchzufallen.[3] Im Gegensatz dazu liebte es James, zu freiem Denken zu ermutigen, drückte den Studenten nur ungern seine Ideen auf und beklagte einmal, dass er gerade gesehen habe, wie ein Akademikerkollege »die letzte Lackschicht auf seinen Schüler auftrug«.

Die beiden großen Denker verbargen ihre Abneigung gegeneinander kaum. James entwickelte eine poetische Wortgewandtheit, die einige Kommentatoren zu der Anmerkung veranlasste, dass er psychologische Aufsätze wie ein Romanschriftsteller schrieb, während sein Bruder Henry Romane wie ein Psychologe verfasste. Wundt blieb jedoch unbeeindruckt, und als er gebeten wurde, Stellung zu James’ Schriften zu nehmen, antwortete er: »Sie sind zwar schön, aber keine Psychologie.« Im Gegenzug beklagte sich James darüber, dass Wundt seine Theorien von einem Buch zum nächsten änderte, und erklärte: »Leider wird er nie ein Waterloo erleben … man schneide ihn in Stücke wie einen Wurm, und jedes Stück kriecht herum … er lässt sich nicht umbringen.«

Obwohl die Armee von Wundts Anhängern zahlenmäßig weit überlegen war, behauptete James doch seine Stellung. Während beinahe jeder Psychologe in Europa wie besessen immer esoterischere Variationen von Wundts klassischem Experiment mit der fallenden Kugel durchführte, spazierte James mit seinen rotkarierten Hosen weiterhin in Harvard umher und forderte seine Studenten auf, über den Sinn des Lebens nachzudenken.

James’ Beharrlichkeit trug Früchte. Schlagen Sie irgendein modernes Psychologie-Lehrbuch auf, und Sie werden Schwierigkeiten haben, auch nur eine flüchtige Erwähnung von Wundt oder seinen Messingkugeln zu finden. Im Gegensatz dazu werden James’ Ideen immer noch weithin zitiert, und er gilt als der Gründungsvater der modernen Psychologie. James’ zweibändiges Opus magnum The Principles of Psychology, das erstmals 1890 erschien, wurde vor kurzem von einem führenden Historiker als »das gebildetste, anregendste und zugleich intelligenteste Buch zur Psychologie, das je erschienen ist«, bezeichnet[4], und beide Bände gelten auch heute noch als Pflichtlektüre für Studenten der Verhaltenswissenschaft. Das Psychologie-Department von Harvard hat sein Gebäude nach James benannt, und jedes Jahr verleiht die Association for Psychological Science ihren William-James-Fellow-Preis an denjenigen Wissenschaftler, der ihrem Urteil zufolge den bedeutendsten intellektuellen Beitrag zur Psychologie geleistet hat.

James war wohl immer dann in Bestform, wenn er etwas Rätselhaftes und Tiefgründiges in Phänomenen entdeckte, die die meisten Menschen eher als selbstverständlich betrachteten. 1892 dachte er über die Bedeutung dieses Ansatzes für das Verständnis des menschlichen Geistes nach und lieferte einige Beispiele für jene Art von Erscheinungen, die seine Aufmerksamkeit in jüngster Zeit fesselten:

Warum lächeln wir, wenn wir uns freuen, und blicken nicht finster drein? Warum sind wir nicht in der Lage, zu einer Menschenmenge wie zu einem einzelnen Freund zu sprechen? Warum verdreht uns ein bestimmtes Mädchen so sehr den Kopf? Der gemeine Mann kann nur sagen: »Natürlich lächeln wir, natürlich klopft unser Herz beim Anblick der Menschenmenge, natürlich lieben wir das Mädchen, diese schöne Seele, die in diese vollkommene Gestalt gekleidet und so offensichtlich und schamlos für alle Ewigkeit zum Lieben gemacht ist!«[5]

Genau diese Art des Denkens führte James dazu, seine umstrittenste Theorie zu entwickeln und unser Verständnis des menschlichen Geistes völlig umzukrempeln.

Über Emotionen

Gegen Ende der 1880er Jahre wandte James seine Aufmerksamkeit der Beziehung zwischen Emotionen und Verhalten zu. Dem Uneingeweihten mag dies als eine merkwürdige Themenwahl für einen auf der ganzen Welt anerkannten Philosophen und Psychologen erscheinen.

Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass bestimmte Ereignisse und Gedanken dazu führen, dass Sie sich seelisch bewegt fühlen und dass dies wiederum Ihr Verhalten beeinflusst. So gehen Sie beispielsweise spät in der Nacht eine unerwartet dunkle Straße entlang, oder Sie werden ins Büro Ihres Chefs gerufen und bekommen eine Gehaltserhöhung, oder Sie erinnern sich plötzlich an die Zeit, als Sie fünf Jahre alt waren und die Treppe hinunterfielen. Diese Reize führen dann dazu, dass Sie bestimmte Gefühle erleben. Die dunkle Straße erzeugt in Ihnen wahrscheinlich Angst, die Gehaltserhöhung führt dazu, dass Sie sich glücklich fühlen, und die Erinnerung an den Treppensturz macht sie unsicher. Schließlich beeinflussen diese Emotionen dann Ihr Verhalten. Angstgefühle können Sie zum Schwitzen bringen, Glücksgefühle können Sie zum Lächeln bringen, und Unsicherheit kann Sie zum Weinen bringen. Aus dieser Perspektive ist die Verbindung zwischen Ihren Gefühlen und Ihrem Verhalten genauso geradlinig wie wenig überraschend. Rätsel gelöst, Fall abgeschlossen.

Verhalten und Emotionen

 

Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass Emotionen Verhalten verursachen:

 

Angstgefühle → Schwitzen

 

Glücksgefühle → Lächeln

 

Unsicherheit → Weinen

James’ frühere Erfahrungen mit scheinbar geradlinigen psychologischen Phänomenen brachten ihm jedoch deutlich zu Bewusstsein, dass die herkömmliche Weisheit häufig zutiefst irreführend sein kann. Betrachten wir beispielsweise James’ Arbeiten zum Gedächtnis. Jahrelang hatten Lehnstuhl-Philosophen behauptet, dass das Gedächtnis im Prinzip wie ein Muskel funktioniere, und geglaubt, dass es umso stärker werde, je mehr man es beanspruche. James fragte sich, ob das wirklich stimmte.[6] Um das herauszufinden, brachte er acht Tage damit zu, die Zeit zu stoppen, die er brauchte, um sich die ersten 158 Zeilen von Victor Hugos Gedicht »Satyr« einzuprägen, und stellte fest, dass diese Aufgabe ihn im Schnitt fünfzig Sekunden pro Zeile kostete. Um seinen Gedächtnismuskel weiter zu trainieren, verwendete er in den nächsten dreißig Tagen täglich 20 Minuten darauf, das ganze erste Buch von Miltons Das verlorene Paradies auswendig zu lernen. Wenn die Theorie, die besagt, »je mehr man es benutzt, umso stärker wird es«, richtig wäre, mutmaßte James, müsste er in der Lage sein, zu »Satyr« zurückzukehren und sich die nächsten 158 Zeilen in kürzerer Zeit als zuvor einzuprägen. Doch als er versuchte, den weiteren Teil des Gedichts zu lernen, stellte er fest, dass er mehr Zeit dafür brauchte als zuvor. Die »Gedächtnis als Muskel«-Hypothese war falsch.

James wollte erforschen, ob es eine Alternative zur Emotionstheorie des gesunden Menschenverstands gäbe, und begann seine intellektuelle Suche, indem er darüber nachdachte, wie wir erkennen, wie sich andere Menschen fühlen.

Sehen Sie sich das Foto unten an und versuchen Sie herauszufinden, wie sich die beiden Personen auf dem Foto fühlen.

Tun Sie nun dasselbe mit den Personen auf dem folgenden Foto.

Die meisten Leute finden diese Übung leicht. Nahezu jedermann nimmt an, dass das Paar auf dem ersten Foto vergnügt ist und wahrscheinlich Glücksgefühle mit einem Hauch erotischer Anziehung erlebt. Das zweite Foto löst eine ganz andere Reaktion aus, wobei die meisten Leute zu dem Schluss gelangen, dass die Gruppe wohl besorgt und ängstlich ist und zumindest einer von ihnen eine beruhigende Pause braucht.

Diese einfache Übung beruht auf einem Experiment, das erstmals von dem legendären Naturforscher Charles Darwin Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurde. Darwin veröffentlichte zweiundzwanzig Bücher zu Lebzeiten, darunter das bahnbrechende Werk Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl und den weniger bekannten Band Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer mit Beobachtungen über ihre Lebensweise. 1872 veröffentlichte Darwin einen bahnbrechenden Text über Emotionen mit dem Titel Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren und beschrieb, wie er die erste psychologische Untersuchung von Emotionen durchführte.[7]

Ein französischer Arzt namens Guillaume Benjamin-Amand Duchenne hatte zuvor den Gesichtsmuskeln einer Versuchsperson schmerzhafte Elektroschocks verabreicht, um die Anatomie des Gesichts zu erforschen. Als Darwin Fotos von Duchennes Arbeiten sah, fiel ihm auf, wie leicht er Emotionen mit dem Gesichtsausdruck der Versuchsperson verband. Fasziniert zeigte Darwin einige der Fotografien seinen Freunden und bat sie zu sagen, welche Emotion die Versuchsperson anscheinend erlebte. Darwins Freunde verbanden ebenfalls zuverlässig und mühelos bestimmte Gesichtsausdrücke mit bestimmten Emotionen, was zeigte, dass die Fähigkeit, anhand des Verständnisses des Gesichtsausdrucks zu erkennen, wie andere sich fühlen, irgendwie in unser Gehirn eingebaut ist.

James las von Darwins Experiment und benutzte es als Grundlage für seine neue Emotionstheorie. Darwin hatte gezeigt, dass Menschen äußerst geschickt darin sind, anhand des Gesichtsausdrucks zu erkennen, wie sich eine andere Person fühlt. James stellte sich die Frage, ob genau derselbe Mechanismus vielleicht auch erklären könnte, wie man selbst Emotionen erlebt. Er stellte die These auf, dass man, genau wie man den Gesichtsausdruck anderer Personen betrachtet und herausfindet, wie sie sich fühlen, seine eigenen Ausdrucksbewegungen verfolgen und dann entscheiden könnte, welche Emotion man wohl erleben sollte.

Ursprünglich behauptete James, dass jede Emotion gänzlich darauf zurückgeht, dass Menschen ihr eigenes Verhalten beobachten. Aus dieser Perspektive betrachtet, lächeln Menschen nie, weil sie glücklich sind, sondern fühlen sich vielmehr glücklich, weil sie lächeln (oder um James’ poetischere Art der Erläuterung seiner radikalen Hypothese zu gebrauchen: »Man läuft nicht vor einem Bären davon, weil man Angst vor ihm hat, sondern bekommt Angst vor dem Bären, weil man vor ihm davonläuft.«). James trifft eine klare Unterscheidung zwischen dem instinktiven physischen Verhalten unseres Körpers angesichts eines Reizes – ob es sich nun darum handelt, dass wir unsere Hände vor einer Flamme zurückziehen, über einen Witz lächeln oder beim Anblick eines gereizten Bären augenblicklich eine Kehrtwendung machen – und wie unser Gehirn diese Bewegung beobachtet und einen Sekundenbruchteil später eine Emotion hervorbringt. Sie sehen den Bären, Ihr Körper verhält sich so, dass Sie anfangen zu laufen, und Ihr Gehirn entscheidet »Ich hab’ Angst«. Modernere Versionen von James’ Theorie verstehen die Beziehung zwischen Emotionen und Verhalten als eine des Gebens und Nehmens und legen beispielsweise nahe, dass Menschen sowohl lächeln, weil sie glücklich sind, als auch glücklicher werden, wenn sie lächeln.

James überprüfte seine Theorie nie ausdrücklich, weil er das Experimentieren sowohl langweilig als auch intellektuell undankbar fand. (»Der Gedanke an eine Psychologie der Messinstrumente und algebraischen Formeln erfüllt mich mit Entsetzen.«) Er war jedoch ein begeisterter Pragmatiker und verlor keine Zeit, die potentiellen praktischen Implikationen seiner Idee zu erforschen.

Die Vorstellung, dass das Verhalten Emotionen verursacht, legt nahe, dass Menschen in der Lage sein sollten, jedes beliebige erwünschte Gefühl einfach dadurch zu erzeugen, dass sie sich so verhalten, als ob sie dieses Gefühl erlebten. Oder wie James es bekanntlich formulierte: »Wenn du eine bestimmte Eigenschaft haben willst, handle so, als ob du sie schon hättest.« Diese einfache, aber wirkmächtige Aussage bezeichne ich als das Als-ob-Prinzip (siehe Schaubild).

Verhalten und Emotion

 

Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass die Ursachenkette folgendermaßen aussieht:

 

Sie fühlen sich glücklich → Sie lächeln

 

Sie haben Angst → Sie laufen davon

 

Die Als-ob-Theorie legt nahe, dass das Gegenteil ebenfalls stimmt:

 

Sie lächeln → Sie fühlen sich glücklich

 

Sie laufen davon → Sie haben Angst

Dieser Aspekt von James’ Theorie befeuerte ihn mehr als jeder andere. In einem öffentlichen Vortrag beschrieb er die potentielle Kraft der Idee als »in Flaschen abgefüllte Blitze« und bemerkte schwärmerisch: »… der unübertroffene willentliche Pfad zum Frohsinn … besteht darin, sich fröhlich hinzusetzen, fröhlich in die Runde zu blicken und zu handeln und zu sprechen, als ob der Frohsinn bereits da wäre … Mit einem schlechten Gefühl zu ringen fesselt bloß unsere Aufmerksamkeit daran und hält es in unserem Geist fest …«[8]

James’ Theorie stieß auf kritische Reaktionen seitens mancher seiner Fachkollegen. Wilhelm Wundt verwarf die Idee rundweg, bezeichnete sie als »psychologische Scheinerklärung« und legte seine eigene Emotionstheorie vor, die behauptete, dass Emotionen ein »Gefühl« seien – was als »ein nichtanalysierbarer, einfacher Prozess« definiert wurde, »der in der Sphäre des Gemüts dem Empfinden in der Sphäre des Erkennens entspricht« (gut, dass das mal gesagt wurde). James verteidigte seine Position zwar, aber die Theorie erwies sich für viele seiner eher konventionellen Kollegen als zu radikal und wurde schnell in das Ablagefach mit der Aufschrift »Um Jahre ihrer Zeit voraus« verbannt.

Und dort lag sie dann länger als sechzig Jahre.

II. Die Prüfung einer Theorie

In den späten 1960er Jahren bereitete sich ein junger Akademiker namens James Laird auf seine Promotion in klinischer Psychologie an der University of Rochester vor.[9] In einer Unterrichtsstunde war es Lairds Aufgabe, einen Patienten zu befragen, während sein Betreuer durch einen Einwegspiegel zusah. An einem bestimmten Punkt der Befragung breitete sich ein ziemlich ungewöhnliches Lächeln auf dem Gesicht des Patienten aus. Laird war von diesem Lächeln fasziniert und fragte sich, wie der Patient sich wohl gefühlt hatte, als er diesen recht sonderbaren Gesichtsausdruck hervorbrachte.

Als Laird von der Befragung nach Hause fuhr, spielte er die Sitzung im Geiste noch einmal durch und blieb bei dem Lächeln hängen. Schließlich zwang er sich, mit seinem eigenen Gesicht denselben Ausdruck zu machen, um festzustellen, wie es sich anfühlte. Verblüfft entdeckte Laird, dass das Lächeln ihn augenblicklich glücklicher sein ließ. Fasziniert von dieser Entdeckung, versuchte er, die Stirn zu runzeln und fühlte sich plötzlich traurig. Diese wenigen ziemlich merkwürdigen Augenblicke auf seiner Fahrt nach Hause veränderten den gesamten Verlauf seines Werdegangs. Als er an jenem Abend zu Hause ankam, ging Laird schnurstracks zu seinem Bücherregal, wo er nach Informationen über die Psychologie der Gefühle suchte. Zufällig war das erste Buch, das ihm in die Hände fiel, William James’ The Principles of Psychology.

Laird las über James’ lange vergessene Theorie und erkannte, dass sie erklären könnte, warum er sich glücklicher fühlte, als er in seinem Auto lächelte. Außerdem war er verblüfft über die Feststellung, dass die Theorie in den Geschichtsbüchern stecken geblieben und nie richtig geprüft worden war. Um das zu tun, lud Laird Freiwillige zu einem Versuch in sein Labor ein, bat sie zu lächeln oder die Stirn zu runzeln und dann über ihre Gefühle zu berichten. James zufolge sollten diejenigen, die gelächelt hatten, sich bedeutend glücklicher fühlen als diejenigen, die sich ein Stirnrunzeln abgerungen hatten.

Da er jedoch fürchtete, die Versuchspersonen könnten der Verlockung erliegen, ihm zu sagen, was er hören wollte, suchte Laird nach einer Möglichkeit, Menschen zum Lächeln oder Stirnrunzeln zu bringen, ohne ihnen den wahren Sinn des Experiments zu verraten. Schließlich kam er auf eine raffinierte Rahmengeschichte.

Er sagte den Versuchspersonen, dass sie an einer Untersuchung teilnehmen würden, die die elektrische Aktivität in ihren Gesichtsmuskeln überprüfen sollte, und platzierte Elektroden zwischen die Augenbrauen der Patienten, an ihre Mundwinkel und an ihre Kiefergelenke. Dann erklärte er, dass Veränderungen ihrer Gefühle das Experiment beeinflussen könnten, und um diese mögliche Fehlerquelle auszuschließen, wurden sie daher gebeten, über ihre Gefühle beim Verlauf des Experiments zu berichten.

Die Elektroden waren zwar getürkt, aber die raffinierte Rahmengeschichte ermöglichte es Laird, die Gesichter seiner Versuchspersonen zu einem Lächeln oder einem Stirnrunzeln zu manipulieren. Um einen verärgerten Gesichtsausdruck zu erzeugen, wurden die Versuchsteilnehmer gebeten, die beiden Elektroden zwischen ihren Augenbrauen nach unten und zusammenzuziehen und diejenigen, die sich auf dem Kiefergelenk befanden, durch Zusammenbeißen der Zähne zu kontrahieren. Für den glücklichen Gesichtsausdruck wurden sie gebeten, die Elektroden an ihren Mundwinkeln relativ zu ihrem Gesicht nach hinten zu ziehen.

Nachdem sie ihr Gesicht in die gewünschte Stellung verzogen hatten, wurde den Versuchsteilnehmern eine Checkliste vorgelegt, die eine Reihe von Emotionen enthielt (wie z.B. Aggression, Angst, Freude und Reue), und dann wurden sie gebeten, das Ausmaß einzuschätzen, in dem sie jede dieser Emotionen erlebten. Die Ergebnisse waren bemerkenswert. Genau wie James zur vorletzten Jahrhundertwende vorhergesagt hatte, fühlten sich die Versuchspersonen bedeutend glücklicher, wenn sie ihr Gesicht zu einem Lächeln zwangen, und bedeutend verärgerter, wenn sie die Stirn runzelten.

Nach der Untersuchung interviewte Laird seine Versuchspersonen und fragte sie, ob sie wüssten, warum sie während der Untersuchung verschiedene Emotionen erlebt hatten. Nur ein paar brachten ihren neuentdeckten Gefühlszustand mit ihren manipulierten Ausdrucksbewegungen in Verbindung, während die Übrigen nicht in der Lage waren, den Wandel zu erklären. In einem der Interviews erklärte ein Versuchsteilnehmer, der sein Gesicht zu einem Stirnrunzeln verzerrt hatte: »Ich bin zwar in keinerlei verärgerter Stimmung, stellte aber fest, dass meine Gedanken zu Dingen wanderten, die mich ärgerten, was doch irgendwie albern ist. Ich wusste, dass ich an einem Experiment teilnahm, und ich wusste, dass ich keinerlei Grund hatte, ein solches Gefühl zu entwickeln, aber ich verlor einfach die Kontrolle.«

Machen, nicht denken!
Wie man sich augenblicklich glücklich fühlt

Um die vorletzte Jahrhundertwende revolutionierte der russische Theaterregisseur Konstantin Stanislawski das Schauspiel, indem er das Method Acting erfand. Ein wichtiger Teil seines Ansatzes besteht darin, die Schauspieler anzuhalten, echte Gefühle auf der Bühne zu erleben, indem sie ihr Verhalten steuern. Diese Technik, die häufig auch als das »magische Wenn« bezeichnet wird (»Wenn ich dieses Gefühl wirklich hätte, wie würde ich mich verhalten?«), wurde von mehreren berühmten Schauspielern übernommen, darunter Marlon Brando, Warren Beatty und Robert de Niro.

Dieselbe Technik wurde in Laborexperimenten eingesetzt, die das Als-ob-Prinzip erforschen. Stellen Sie sich vor, dass Sie an einer Untersuchung teilnehmen, die das Als-ob-Prinzip überprüfen soll. Zu Beginn der Untersuchung würden Sie gebeten werden, auf einer Skala zwischen »eins« (wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie gerade in einen offenen Abwasserkanalschacht gefallen wären) und »zehn« (wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie gerade gesehen hätten, wie dies ihrem schlimmsten Feind zustieß) einzuschätzen, wie froh sie sich fühlen.

Anschließend würde man Sie bitten zu lächeln. Wenn Sie ein glückliches Gefühl vorspielen möchten, ist jedoch mehr vonnöten, als Ihr Gesicht bloß zu einem kurzen, nicht empfundenen Lächeln zu zwingen, das im Handumdrehen wieder verschwindet. Stattdessen würden Sie gebeten werden, die folgenden Anweisungen zu befolgen.

Setzen Sie sich vor einen Spiegel.

Entspannen Sie die Muskeln auf Ihrer Stirn und Ihren Wangen und lassen Sie Ihren Mund leicht offen stehen. In Wissenschaftskreisen bezeichnet man den Ausdruck, den Sie jetzt auf Ihrem Gesicht haben, als »neutral«. Er fungiert als eine leere Leinwand.

Kontrahieren Sie die Muskeln in der Nähe ihrer Mundwinkel, indem Sie sie nach hinten Richtung Ohren ziehen. Machen Sie das resultierende Lächeln so breit wie möglich und versuchen Sie sicherzustellen, dass die Bewegung der Wangen Fältchen unter Ihren Augen hervorbringen. Dehnen Sie schließlich Ihre Augenbrauenmuskeln leicht nach oben und halten Sie den so entstandenen Gesichtsausdruck etwa zwanzig Sekunden lang.

Lassen Sie den Ausdruck aus Ihrem Gesicht gleiten und überlegen Sie, wie Sie sich fühlen.

Fühlen Sie sich heiterer als vor dem Beginn der Übung? Welche Zahl würden Sie diesem neuen Gefühl auf der »Eins bis Zehn«-Kanalschacht-Skala zuordnen?

Die meisten Menschen berichten, dass sie sich bei dieser Übung glücklicher fühlten. Wie William James vor über hundert Jahren vorhergesagt hatte, haben ein paar Sekunden der Veränderung Ihres Gesichtsausdrucks einen großen Einfluss darauf, wie Sie sich fühlen.

Um das Niveau Ihres Frohsinns zu steigern, bauen Sie diese Art von Lächeln in ihren Tagesablauf ein. Eine lustige Art, sich selbst daran zu erinnern, das zu tun, ist es, zwei Selbstporträts zu zeichnen, die Sie mit einem breiten Lächeln zeigen. Eines der Porträts sollte auf ein DIN-A4-Blatt und das andere auf ein kleines quadratisches Stück Papier mit einer Seitenlänge von 5 cm gezeichnet werden. Gestalten Sie die Porträts so humorvoll und glücklich aussehend wie möglich. Stellen Sie das große Porträt irgendwo an eine auffällige Stelle in Ihrer Wohnung und stecken Sie das kleinere in Ihre Brieftasche oder Ihren Geldbeutel und nehmen Sie die beiden als Erinnerung, dass Sie lächeln wollen.

Um sicherzugehen, dass der bemerkenswerte Effekt auch echt ist, begannen andere Wissenschaftler mit dem Versuch, Lairds bahnbrechendes Ergebnis zu replizieren. Statt immer wieder getürkte Elektroden auf den Gesichtern von Menschen anzubringen, entwarf jedes Labor seine eigene Rahmengeschichte.

Inspiriert von Fotografen, die Leute zum Lächeln bringen, indem sie sie auffordern, das Wort »cheese« zu sagen, ließen Forscher an der University of Michigan ihre Versuchspersonen wiederholt einen »i«-Laut (wie in »viel«) zu bilden, um ihr Gesicht zu einem Lächeln zu zwingen, oder einen »ju«-Laut (wie in »Jute«), um einen Ausdruck hervorzubringen, der näher an Ekel liegt.[10]

Psychologen von der Washington University befestigten je ein Golftee[11] an den inneren Augenbrauenkanten ihrer Versuchspersonen und baten sie dann, eine bestimmte Grimasse zu schneiden.[12] Die Versuchspersonen der einen Gruppe sollten die Golftees in Berührung bringen, indem sie ihre Augenbrauen nach unten und zusammenzogen, wodurch sie einen unglücklichen Gesichtsausdruck hervorbrachten. Die der anderen Gruppe sollten dafür sorgen, dass sich die Golftees nicht berührten, wodurch sie einen neutraleren Ausdruck hervorbrachten.

In der vielleicht bekanntesten Untersuchung behaupteten Forscher aus Deutschland den Versuchspersonen gegenüber, dass sie eine neue Methode erforschten, wie man querschnittsgelähmten Personen das Schreiben beibringen könne.[13] Die Hälfte der Versuchsteilnehmer wurde gebeten, einen Bleistift horizontal zwischen ihren Zähnen zu halten (was ihr Gesicht zu einem Lächeln zwang), während die andere Hälfte gebeten wurde, den Bleistift zwischen den Lippen zu halten (was ihr Gesicht zu einem Stirnrunzeln verzog).

Die Versuchspersonen, die wiederholt »i« artikulierten, ihre Golftees auseinanderhielten oder einen Bleistift zwischen ihren Zähnen hatten, fühlten sich plötzlich bedeutend glücklicher. Immer wieder zeigte die Forschung, dass Lairds Ergebnisse echt waren und dass James’ Theorie richtig war. Ihr Verhalten hat einen Einfluss darauf, wie Sie sich fühlen, und daher ist es auch möglich, Gefühle nach Belieben herzustellen, wie das Als-ob-Prinzip vorhersagt.

Begeistert von den Ergebnissen, begannen die Forscher die Auswirkungen zu entdecken, die das Prinzip auf Ihren Körper und Ihr Gehirn hat.

Körper und Gehirn

Paul Ekman von der University of California hat seine Karriere dem Studium von Gesichtsausdrücken und Gefühlen gewidmet. In einem langen und erfolgreichen Berufsleben hat er den definitiven Leitfaden für Gesichtsausdrücke angefertigt (eine 500 Seiten starke Abhandlung, die zeigt, wie die dreiundvierzig Gesichtsmuskeln zusammenarbeiten, um Tausende von Ausdrucksformen hervorzubringen), Polizeibeamte auf der ganzen Welt beraten, wie man anhand des Gesichtsausdrucks herausfindet, ob jemand die Wahrheit sagt, und dazu beigetragen, die beliebte Fernsehshow Lie to Me (Lüg mich an) zu entwickeln.

Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn war Ekman fasziniert, als er erfuhr, dass die Veränderung ihres Gesichtsausdrucks Menschen dazu bringen konnte, sich entweder entspannt oder verärgert zu fühlen, und er wollte herausfinden, welchen Einfluss das Als-ob-Prinzip auf den Körper hat. Seine bemerkenswerten Ergebnisse bezeugen die Leistungsfähigkeit von James’ Theorie.

Ekman lud Freiwillige in sein Labor ein, wo er sie an eine Maschine anschloss, die kontinuierlich ihre Herzfrequenz und Hauttemperatur überwachte.[14] Dann bat er jede Versuchsperson, zwei Aufgaben auszuführen. Die erste war dazu gedacht, bei ihnen echte Ärgergefühle zu erzeugen, und bestand darin, sich ein Ereignis in ihrem Leben ins Gedächtnis zu rufen, das ihnen Ärger verursachte, und zu versuchen, dieses Ereignis so lebhaft wie möglich nachzuerleben. Bei der zweiten sollten sie nur den Gesichtsausdruck von Ärger hervorbringen (Augenbrauen herunter- und zusammenziehen, das obere Augenlid und die Oberlippe hochziehen und die Lippen zusammenpressen). Durch die Wahl verschiedener Ereignisse und Gesichtsausdrücke wurde diese Prozedur bei mehreren Emotionen wiederholt, u.a. Furcht, Traurigkeit, Glücksgefühle, Überraschung und Ekel.

Es überrascht nicht, dass die echten Gefühlserinnerungen bestimmte Muster in der Physiologie der Versuchsteilnehmer auslösten, wobei z.B. Furcht eine höhere Herzfrequenz und eine niedrigere Hauttemperatur erzeugte. Bemerkenswerterweise ergab sich genau dasselbe physiologische Muster aber auch dann, wenn die Versuchspersonen einen entsprechenden Gesichtsausdruck machten. Wenn sie einen furchtsamen Gesichtsausdruck aufsetzten, schoss ihre Herzfrequenz in die Höhe, und ihre Hauttemperatur fiel ab. Wenn sie ein Lächeln aufsetzten, fiel ihre Herzfrequenz ab, und ihre Hauttemperatur stieg an.

Da er herausfinden wollte, ob dieser Mechanismus in der menschlichen Psyche »fest verdrahtet« ist, reisten Ekman und seine Mitarbeiter um die ganze Welt und wiederholten ihre Untersuchung mit den Bewohnern einer abgelegenen Insel in Westindonesien.[15] Die Ergebnisse waren die gleichen wie die, die sie im Westen gefunden hatten, was darauf hindeutet, dass das Als-ob-Prinzip kein Produkt westlicher Kultur ist, sondern vielmehr ein tiefverwurzeltes Ergebnis unserer evolutionären Vergangenheit.

Ekmans Befunde zeigten, dass es nicht nur einen Einfluss darauf hat, wie man sich fühlt, wenn man sich so verhält, als ob man ein bestimmtes Gefühl erleben würde, sondern dass es sich auch direkt und massiv auf den Körper auswirkt.

In jüngerer Vergangenheit haben Forscher auf diesen Arbeiten aufgebaut, wobei sie modernste Technologie dazu nutzten, die Auswirkungen des Als-ob-Prinzips auf das Gehirn herauszufinden.

Könnten Sie Ihren Kopf abschneiden und die Gehirnregion untersuchen, die dem oberen Abschnitt Ihrer Wirbelsäule am nächsten ist, würden Sie zwei mandelförmige Gewebestücke auf beiden Seiten des Rückenmarks finden. Diese werden »Amygdala« genannt (nach der lateinischen Bezeichnung für »Mandel«). Sie bilden einen zwar sehr kleinen, aber aus vielen Verbindungen bestehenden Teil des Gehirns, der eine Schlüsselrolle in nahezu jeder Hinsicht ihres Alltagslebens spielt. Die Amygdala ist entscheidend für emotionale Erlebnisse, insbesondere Furcht.

Die Schlüsselrolle, die die Amygdala für die Furcht spielt, wurde kürzlich von Wissenschaftlern veranschaulicht, die eine bemerkenswerte Patientin untersuchten, die mit »SM« bezeichnet wird.[16]SM leidet an der Urbach-Wiethe-Krankheit, einer seltenen genetischen Störung, die eine Degeneration der Amygdala verursacht. Nachdem sie SM interviewt hatten, bemerkten die Wissenschaftler, dass sie mehrere Vorfälle in ihrem Leben beschrieb, bei denen sie Furcht hätte erlebt haben müssen, aber keine empfand. Bei dem vielleicht dramatischsten dieser Vorfälle hatte SM das Pech, in einem öffentlichen Park angegriffen zu werden. Ihr Angreifer hielt ein Messer an ihre Kehle und drohte, sie zu erstechen. SM sagte, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht fürchtete, sondern eine nahe gelegene Kirche bemerkte und gelassen sagte: »Wenn du mich tötest, musst du zuerst durch die Engel meines Gottes gehen.« Verwirrt ließ der Angreifer sie unvermittelt los.

Fasziniert versuchten die Wissenschaftler, SM zu erschrecken. Sie führten sie zu einem Geschäft für exotische Haustiere und baten sie, Schlangen und Spinnen zu berühren. SM zeigte keine Reaktion und musste davon abgehalten werden, die gefährlicheren anzufassen. Anschließend führten sie sie zu einem Haus, in dem es angeblich spukte, und zeigten ihr dann eine Menge von Horrorfilmszenen. Wieder nichts. Ein Beweis dafür, dass eine ordentlich funktionierende Amygdala eine Schlüsselrolle für das Erleben von Furcht spielt.

Vor einigen Jahren beschlossen Wissenschaftler, den ultimativen Test von James’ Hypothese durchzuführen, indem sie die Versuchspersonen in einen Gehirnscanner steckten und sie baten, ihr Gesicht zu einer ängstlichen Grimasse zu verzerren.[17] Im Unterschied zu den psychologischen Untersuchungen, die während der Jahrzehnte zuvor durchgeführt wurden, mussten die Versuchsteilnehmer den Versuchsleitern nicht sagen, wie sie sich fühlten. Stattdessen blickten die Forscher einfach direkt ins Gehirn der Versuchspersonen, sahen eine hochaktive Amygdala und konnten den Schluss ziehen, dass die Versuchspersonen tatsächlich echte Furcht empfanden. Dadurch bewiesen die Forscher endgültig, dass das Als-ob-Verhalten einen direkten Einfluss auf das Gehirn hat.

Das Als-ob-Prinzip wurde dazu genutzt, Glücksgefühle in Labors auf der ganzen Welt zu produzieren, und es besitzt auch die Fähigkeit, sich augenblicklich auf Körper und Gehirn von Menschen auszuwirken. Aber funktioniert der Effekt auch in der wirklichen Welt? Könnte er gar dazu verwendet werden, eine ganze Nation aufzuheitern? Es war an der Zeit, das herauszufinden.

Das Projekt der Wissenschaft der Glückgefühle

In meinem Berufsleben habe ich mehrere großangelegte Experimente durchgeführt. An diesen Untersuchungen beteiligten sich Tausende von Menschen, und es wurde dabei eine Reihe von Themen untersucht, wie z.B. die Psychologie des Lügens, wie ein Gericht von der Erscheinung des Angeklagten beeinflusst wird und ob Menschen den Unterschied zwischen billigem und teurem Wein bestimmen können (sie konnten es nicht).

Vor einigen Jahren sorgte ich dafür, dass Tausende Menschen in ganz Großbritannien an einer großangelegten Untersuchung von Glücksgefühlen teilnahmen. Psychologen haben sich alle möglichen Arten von Techniken ausgedacht, um Glücksgefühle zu fördern, und ich wollte herausfinden, welche die effektivste ist. Da weitere Untersuchungen gezeigt hatten, dass Glücksgefühle sich wie eine ansteckende Krankheit in Menschengruppen verbreiten können, wobei die Leute sich voneinander Emotionen »einfangen«[18], stellte ich mir außerdem die Frage, ob Tausende von glücklicheren Menschen als Katalysator wirken und das ganze Land aufheitern könnten!

Vor Beginn der Studie gab ich eine nationale Umfrage in Auftrag, um die Stimmung des Landes zu messen. Jedermann wurde gebeten, auf einer Sieben-Punkte-Skala einzuschätzen, wie froh er sich fühlte, wobei eine Eins »überhaupt nicht froh« bedeutete und eine Sieben »sehr froh« entsprach. Fünfundvierzig Prozent der Befragten gaben sich selbst eine Fünf, Sechs oder Sieben.

Die Studie wurde dann landesweit in den Medien angekündigt. Jede Person, die sich für eine Teilnahme interessierte, wurde gebeten, die Website des Projekts zu besuchen und einzuschätzen, wie glücklich sie sich fühlte. Mehr als 26000 Menschen antworteten. Alle Teilnehmer wurden zufällig einer Handvoll Gruppen zugewiesen und gebeten, verschiedene Übungen auszuführen, die dazu entworfen waren, sie glücklicher zu machen. Eine Reihe von Gruppen machte einige der beliebtesten »Denk dich glücklich«-Übungen, bei denen es beispielsweise darum ging, ein Gefühl von Dankbarkeit zu erzeugen oder glückliche Erinnerungen wieder zu durchleben, während die Teilnehmer einer der anderen Gruppen gebeten wurden, James’ Ratschlag zu befolgen und jeden Tag ein paar Sekunden lang zu lächeln.

Eine Woche später kehrten die Versuchsteilnehmer zur Website zurück und schätzten noch einmal ein, wie glücklich sie waren. Wenn es um die Steigerung des Glücks ging, lagen diejenigen, die ihren Gesichtsausdruck veränderten, ganz vorne. Das ist ein starker Beleg dafür, dass man mit dem Als-ob-Prinzip außerhalb des Labors Emotionen erzeugen kann und dass solche Gefühle anhaltend und stark sind.

Nach der Untersuchung führten wir eine weitere landesweite Umfrage durch. Abermals sollten die Teilnehmer anhand einer Sieben-Punkte-Skala einschätzen, wie froh sie sich fühlten, und dieses Mal platzierten sich 52 Prozent in die obere Hälfte. Unter der Annahme, dass es 60 Millionen Menschen im Land gibt, entspricht dieser siebenprozentige Anstieg etwas über 4 Millionen Menschen, die berichteten, dass sie sich nach der Untersuchung glücklicher fühlten. Ging der Zuwachs auf unser Projekt zurück? Es ist unmöglich, sich dessen sicher zu sein, aber es gab keine offensichtlichen Veränderungen anderer Faktoren, die die Stimmung des Landes beeinflusst haben könnten, wie z.B. ein plötzlicher Anstieg in der Quantität von Sonnenschein, ein Rückgang von Regen oder besonders ermutigende Nachrichten. Deshalb liegt der Gedanke nahe, dass William James dazu beitrug, eine ganze Nation aufzuheitern.

III. Der Wert von Spaß

William James spekulierte nicht nur darüber, dass man sich durch Lächeln glücklicher fühlt, sondern auch, dass alle Formen des Verhaltens, einschließlich dessen, wie Menschen sich bewegen und sprechen, einen Einfluss auf ihre Gefühle hätten. Um herauszufinden, ob er recht hatte, begannen die Psychologen, den Worten neue Worte und den Taten neue Taten folgen zu lassen, also buchstäblich weiterzugehen.

Die Forschung zeigt, dass genauso, wie es nur eine ganz kleine Menge zentraler Gesichtsausdrücke gibt, es auch nur sechs grundsätzliche Arten des Gehens gibt. Stolzierer machen z.B. lange Schritte, gehen wippend und lassen ihre Arme nach vorne und hinten schwingen. Im Gegensatz dazu machen Schlurfer in der Regel kleine Schritte und haben hängende Schultern. Die Arbeiten haben außerdem gezeigt, dass Menschen jede Art des Gehens mit anderen Emotionen verbinden, wobei die »Stolzierer« als glücklich und die »Schlurfer« als traurig wahrgenommen werden.

Die Psychologin Sara Snodgrass von der Florida Atlantic University wollte herausfinden, ob eine Veränderung der Gehweise von Menschen einen Einfluss darauf hätte, wie sie sich fühlten.[19] Unter dem Vorwand, eine Untersuchung zur Auswirkung körperlicher Betätigung auf die Herzfrequenz durchzuführen, bat Snodgrass Personen, drei Minuten lang auf eine von zwei Weisen zu gehen. Die Hälfte der Versuchspersonen sollte große Schritte machen, mit den Armen schwingen und ihren Kopf hochhalten. Dagegen wurden die anderen gebeten, kurze Schritte zu machen, herumzuschlurfen und auf ihre Füße zu schauen. Nach der Inszenierung dieser wirklichkeitsnahen Version von Monty Pythons Kabinett alberner Gangarten schätzten alle ein, wie glücklich sie sich fühlten. Die Ergebnisse demonstrieren die Macht des Als-ob-Prinzips, wobei diejenigen, die gebeten wurden, große Schritte zu machen, sich bedeutend glücklicher fühlten als diejenigen, die gebeten wurden herumzuschlurfen.

Das Als-ob-Prinzip kann auch dazu beitragen, Menschen näher zusammenzubringen, unmittelbar nachdem sie sich kennengelernt haben. Sabine Koch von der Universität Heidelberg ist von dem Einfluss der Bewegung auf den Geist fasziniert, und ihre Arbeiten zur Tanzpsychologie haben ergeben, dass sich Menschen glücklicher fühlen, wenn sie sich flüssig bewegen, und unglücklicher, wenn sie abrupte und kantige Bewegungen machen.[20] Da ihr klar war, dass es nicht leicht ist, Menschen davon zu überzeugen, im Alltagsleben ihre innere Gazelle herauszukehren, wandte Koch ihre Aufmerksamkeit einem bodenständigeren Verhalten zu: dem Händeschütteln.

Koch trainierte eine Gruppe von Versuchsleitern, die Hände anderer Personen auf eine von zwei Arten zu schütteln. Einige lernten, wie man Hände geschmeidig schüttelt, während anderen gezeigt wurde, wie man abruptere Auf- und Abwärtsbewegungen macht. Dieses Starteam furchtloser Händeschüttler schüttelte dann die Hände von fast fünfzig Versuchspersonen. Nach jedem Händeschütteln fragte Koch die Versuchspersonen, wie sie sich fühlten. Die Ergebnisse waren bemerkenswert. Im Vergleich mit denjenigen, die einen zackigen Händedruck bekamen, waren diejenigen, die dem geschmeidig fließenden Händeschütteln unterzogen wurden, glücklicher, fühlten sich dem Versuchsleiter psychisch näher und schätzten ihn als liebenswerter und offener ein. Der geschmeidige Händedruck veranlasste die Versuchspersonen, sich auf eine Weise zu verhalten, die mit Glücksgefühlen verbunden ist, und das führte wiederum dazu, dass sie sich sowohl besser fühlten als auch mehr von der Person hielten, der sie gerade begegnet waren.

Machen, nicht denken!
Wie man Hände schüttelt

Sabine Kochs Arbeit lässt sich zur Erzeugung eines positiven Eindrucks nutzen. Koch trainierte Forscher, drei »geschmeidige« und drei »zackige« Formen des Händeschüttelns auszuführen, und stellte fest, dass diese verschiedenen Weisen sich auf Menschen ganz unterschiedlich auswirkten. Um eine von Kochs »geschmeidigen« Formen des Händeschüttelns zu replizieren, halten Sie die Hand einer anderen Person und bewegen Sie Ihre Hand in einer langsam fließenden Bewegung auf und ab. Im Gegensatz dazu würden Sie bei einem »zackigen« Händeschütteln Ihre Hand plötzlich nach unten bewegen, sie dort einen Sekundenbruchteil halten und sie dann wieder schnell nach oben bewegen. Zuerst werden die Bewegungen künstlich und sonderbar erscheinen; mit mehr Übung werden sie sich jedoch weitaus organischer und natürlicher anfühlen. Konzentrieren Sie sich darauf, die »geschmeidige« Handbewegung so genau wie möglich nachzubilden. Sobald Sie Vertrauen in Ihre neuen Fähigkeiten des Koch’schen Händeschüttelns gewonnen haben, setzen Sie sie im wirklichen Leben ein, um geschmeidige Handbewegungen zu erzeugen und auf diese Weise einen guten Eindruck zu machen.

Andere Arbeiten haben untersucht, ob die Worte, die Sie sagen, und die Art und Weise, wie Sie sie sagen, einen Einfluss darauf haben, wie Sie sich fühlen.

In den späten 1960er Jahren wollte der klinische Psychologe Emmett Velten eine schnelle und einfache Methode finden, um im Labor eine gute Stimmung zu erzeugen.[21] Was würde wohl geschehen, so fragte sich Velten, wenn Menschen so sprächen, als ob sie glücklich und voller Selbstvertrauen wären? Um das herauszufinden, versammelte Velten eine Gruppe Freiwilliger, ordnete die Versuchspersonen zwei Gruppen zu und gab jeder Gruppe einen Stapel Karten.

Bei der ersten Gruppe erklärte die oberste Karte im Stapel, dass die Gruppenmitglieder gleich eine Reihe von Aussagen sehen würden und jede Aussage laut vorlesen sollten. Auf der nächsten Karte stand die erste dieser Aussagen: »Der heutige Tag ist weder besser noch schlechter als irgendein anderer Tag.« Wie angewiesen, lasen die Versuchsteilnehmer die Aussage laut vor, drehten dann die Karte um und gingen zur zweiten Aussage über: »Ich fühle mich heute jedoch ziemlich gut.« Langsam, aber sicher ging die Versuchsperson alle sechzig Karten durch, wobei die Aussagen zunehmend positiv wurden.

Diejenigen in der zweiten Gruppe wurden gebeten, eine Reihe von Aussagen vorzulesen, die nicht darauf ausgerichtet waren, sie wie eine positiv gestimmte Person sprechen zu lassen, und sie verbrachten daher die Sitzung damit, verschiedene Fakten laut vorzubringen, etwa »Saturn steht manchmal in Konjunktion, jenseits der Sonne von der Erde aus, und ist unsichtbar«, »Der Orientexpress fährt zwischen Paris und Istanbul« oder »Der Hope-Diamant wurde mit der normalen Post von Südafrika nach London geschickt«.

Am Ende der Prozedur bat Velten alle Versuchsteilnehmer einzuschätzen, wie glücklich sie sich fühlten. Die Teilnehmer, die positive Aussagen über sich selbst gemacht hatten, befanden sich in einer wunderbaren Stimmung. Im Gegensatz dazu blieb die Ausgangsstimmung der Teilnehmer, die Saturn, den Orientexpress und den Hope-Diamanten thematisiert hatten, unverändert.