SUPERSCHLAF - Richard Wiseman - E-Book

SUPERSCHLAF E-Book

Richard Wiseman

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Beschreibung

+++ Glücklich, ausgeglichen und erfrischt erwachen: das Geheimnis des Superschlafs! +++ Wie Sie vom schlechten Schläfer zum guten Schläfer – und vom guten Schläfer zum SUPERSCHLÄFER werden. • Vertiefen Sie Gelerntes und lösen Sie Probleme im Schlaf • Entfesseln Sie die kreative Kraft des Sechs-Minuten-Nickerchens • Entdecken Sie, was Ihre Träume wirklich bedeuten • Verbannen Sie Jetlag, Albträume und Schnarchen für immer aus Ihrem Leben Der Bestsellerautor und renommierte Psychologe Richard Wiseman hat selbst erforscht und alles zusammengetragen, was man über den Schlaf wissen kann und zeigt uns so die Kraft des Superschlafs. Ein Buch, das nicht nur Ihre Nächte, sondern Ihr Leben verändern wird!

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Seitenzahl: 404

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Richard Wiseman

SUPERSCHLAF

So werden aus schlechten Schläfern gute Schläfer und aus guten Schläfern Superschläfer

Aus dem Englischen von Jürgen Schröder

FISCHER E-Books

Inhalt

WidmungEinleitung AufwachenAufgabe Timing ist allesLektion 1 Hinein in die NachtDie Personifizierung von statischDer Palast der WissenschaftWie man aus Kieselsteinen Diamanten schleiftEin Hauch von Bram StokerEr durchlebt bloß eine PhaseDas Uhrwerk-UniversumIm UntergrundDer Rhythmus des LebensRhythm and BluesAufgabe Beurteilen Sie Ihren SchlafLektion 2 Wie man glücklich, gesund, wohlhabend und klug wirdLichtgekröntAm Ende der KräfteEin Unfall, der auf sein Eintreten wartetSchlafen am ArbeitsplatzSchlafen kann ich, wenn ich tot binAufstehen und sich niedergeschlagen fühlenZeit für einen TestAufgabe Was verrät Ihre Schlafstellung über Sie?Lektion 3 Das Geheimnis des SuperschlafsLeben auf den Wellen des OzeansKurzschlafSuperschlaf1) Schaffen Sie sich Ihre ganz persönliche Fledermaushöhle2) Was Sie tagsüber tun sollten3) Unmittelbar vor dem Zubettgehen4) Wie man einschläft5) Was Sie tun sollten, wenn Sie nachts aufwachenDie JüngerenRoutineEs herausschreienStufenweise EntwöhnungRückzugAusblendenSchließen Sie die TürMit den Vögeln aufstehenAufgabe Der Mund- und Nase-TestLektion 4 Über Schlafwandeln und NachtschreckenEine große Störung der NaturNur Worte, keine TatenNacht des SchreckensDie Erforschung der ParasomnieUndines FluchPositive SchwingungenAufgabe Die HalbsemesterprüfungAntwortenLektion 5 Lernen im Schlaf und Power-NapsWie man ein schlafbetriebenes Supergedächtnis entwickeltBetätigen Sie sich körperlichWie man Dinge anpacktDie Macht des NickerchensWo sollte ich ein Nickerchen machen?Wie lange sollte mein Nickerchen dauern?Wann sollte ich ein Nickerchen halten?Was kann ich tun, wenn ich ein schlechtes Gewissen beim Mittagsschlaf habe?Was kann ich tun, wenn ich mir Sorgen mache zu verschlafen?Haben Sie noch einen anderen tollen, finalen Tipp?Neuro-NickerchenAufgabe Das Traumtagebuch von SuperschlafLektion 6 Willkommen im TraumlandEin Geschenk der GötterDer König der WahrnehmerFalsches Erwachen und TraumdetektiveTraumdeutung: Ein Leitfaden für AnfängerDr. Freud anpiepsenAufgabe Freud fälschen»Ich wurde verfolgt«»Ich hatte das Gefühl zu fallen«»Ich flog durch die Luft«»Ich war völlig nackt in der Öffentlichkeit«»Ich hatte Schwierigkeiten mit einer Prüfung, einem Bewerbungsgespräch oder einer bestimmten Leistung«»Meine Zähne sind ausgefallen«Lektion 7 TraumtherapieDas geheime Leben der TräumeDer 24-Stunden-SeelenklempnerTraumtherapieIhre Traumlösung findenDie BrowniesAufgabe Experimente mit Ihren Augen und ArmenDas AugenexperimentDas ArmexperimentLektion 8 Süße TräumeÜber das KlarwerdenEinrad, Snowboard und Skateboard fahrenTräume und wie man sie steuert: Praktische ErfahrungenDream:ONDer Rebound-EffektWie man Albträume vertreibtEin TraumlebenSchluss Zeit zum SchlafengehenAnhang Donald und der Elefant in der SchuleDanksagung

Für Douglas und Cameron

EinleitungAufwachen

Wo wir dem Teufel ins Angesicht schauen, das dringende Bedürfnis nach einer Schule des Schlafens entdecken und in die Dunkelheit aufbrechen.

An jedem Tag Ihres Lebens geschieht etwas zutiefst Sonderbares. Sie schließen Ihre Augen, vergessen Ihre Umgebung und reisen wiederholt in eine phantastische Welt. In diesem Reich der Phantasie können Sie umherfliegen, Mußestunden mit Ihrem Lieblingsstar verbringen, die Erde vor einer Zombie-Apokalypse beschützen oder mit Entsetzen zuschauen, wie Ihnen alle Zähne ausfallen. Schließlich erlangen Sie das Bewusstsein wieder, öffnen Ihre Augen und führen Ihr Leben weiter, als ob nichts Merkwürdiges geschehen wäre. Das Bemerkenswerteste von allem ist vielleicht, dass es sich hier nicht bloß um ein kurzes Erlebnis handelt. Im Durchschnitt schlafen Sie ein Drittel jedes einzelnen Tages, und ein Viertel dieser Zeit verbringen Sie damit zu träumen.

Leider haben nur wenige Menschen eine Vorstellung davon, was während dieses Teils ihres Lebens geschieht. Superschlaf nimmt Sie mit auf eine Erkundungsreise durch die Wissenschaft des Schlafs und der Träume und stellt praktische Techniken vor, die Sie anwenden können, um das Maximum aus der Nacht mitzunehmen. Während unserer gemeinsamen Zeit in und mit diesem Buch werden wir herausfinden, was jede Nacht Ihres Lebens mit Ihrem Gehirn und Körper geschieht, die Geheimnisse des menschlichen Schlafzyklus aufdecken, lernen, wie wir Albträume überwinden können, entdecken, wie man sich mal so richtig ausschläft, und herausfinden, welch unglaubliche Macht Ihre Träume haben, um Ihr Leben zu verändern.

Mein Interesse für die Wissenschaft des Schlafs wurde vor ein paar Jahren geweckt, nachdem ich begonnen hatte, mein Schlafzimmer mit dem Teufel höchstpersönlich zu teilen. Unsere verborgenen Begegnungen passierten etwa einmal pro Woche und sahen immer gleich aus: Kurz nachdem ich eingeschlafen war, wachte ich schweißgebadet auf, starrte in meinem Zimmer umher und sah Satan vor meinem Kleiderschrank stehen. Manchmal fing er an, sich auf mich zuzubewegen, und manchmal schien er sich damit zu begnügen, seine Distanz zu wahren. So oder so – es war ein grauenhaftes Erlebnis. Etwa ein Jahr nach dem Beginn dieser sonderbaren Begegnungen wurde ich eingeladen, an einer öffentlichen Veranstaltung teilzunehmen, auf der verschiedene Möglichkeiten diskutiert wurden, wie die Psychologie zur Verbesserung des Lebens beitragen kann. Ich war entzückt, als ich bemerkte, dass ich das Podium mit einem hoch angesehenen Schlafexperten, Dr. Chris Idzikowski, teilen würde.

Chris ist ein reizender Kerl, der seine lange und facettenreiche Karriere damit verbringt, die vielen Aspekte des Schlafs zu erforschen. Unter anderem sucht er nach der besten Methode zur Überwindung von Jetlag und beschäftigt sich mit der Frage, ob es möglich ist, im Schlaf einen Mord zu begehen. Nachdem die Diskussionsrunde beendet war, gingen Chris und ich noch etwas trinken, und ich packte die Gelegenheit beim Schopf und berichtete ihm von meinen regelmäßigen nächtlichen Begegnungen mit dem Teufel vor meinem Kleiderschrank. Nachdem wir all die grausigen Details durchgegangen waren, fragte ich Chris, ob ich womöglich eine Art wiederkehrenden Albtraum hätte. Er stellte ein paar einfache Fragen: Hatte ich je laut geschrien? Wie schnell schlief ich wieder ein? Setzte ich mich ruckartig im Bett auf? Dann erklärte mir Chris behutsam, dass ich keinen Albtraum erlebte, sondern ein ganz anderes Phänomen, das als »Nachtangst« bezeichnet wird. Für den Uneingeweihten mögen diese beiden Erlebnisse sehr ähnlich erscheinen. Doch Jahre der Erforschung von Schlaf und Träumen haben gezeigt, dass sie sehr wenig gemein haben. Nach dem Treffen hatte ich ein paar großartige Tipps zur Vermeidung von Nachtangst im Gepäck (mehr darüber weiter unten) und bin hocherfreut zu berichten, dass ich den Teufel seither nicht mehr gesehen habe.

Fasziniert von der Leichtigkeit, mit der Chris meine teuflischen Neigungen ausgetrieben hatte, begann ich damit, die Wissenschaft des Schlafs und des Träumens zu erforschen. Mit der Zeit entwickelte sich mein beiläufiges Interesse zu einer tiefen Faszination, und so spürte ich zunehmend undurchsichtige wissenschaftliche Aufsätze in verstaubten Zeitschriften auf und traf mich mit innovativen Schlafforschern.

Ich entdeckte, dass in den letzten sechzig Jahren eine kleine Gruppe eigenwilliger Forscher ihr Leben der Nacht gewidmet hatten und häufig lange und außerhalb der üblichen Zeiten arbeiteten, um die Geheimnisse des schlafenden Geistes aufzudecken. Diese Wissenschaftler der Nacht scheuten sich nicht vor Auseinandersetzungen und haben mehrere sonderbare Experimente durchgeführt, bei denen sie monatelang in unterirdischen Höhlen lebten, geheime Studien mit einer legendären Rockgruppe veranstalteten, Leute bei dem Versuch überwachten, Weltrekorde im Wachbleiben aufzustellen, und ganze Dörfer mit nächtlichen Botschaften bombardierten. Inspiriert von diesen Arbeiten, führte ich meine eigenen Forschungen durch und veranstaltete ein groß angelegtes Experiment mit massenhafter Beteiligung, um herauszufinden, ob Menschen ihre Träume steuern können, stellte die größte Traumdatenbank der Welt zusammen (die jetzt Millionen von Berichten enthält) und entwarf die ultimative Schlafumgebung.

Jahrhundertelang hatten die meisten Menschen zur Nacht ein »Nichts zu sehen, weitergehen«-Verhältnis. Sie nahmen an, dass der schlafende Geist untätig sei und dass die Zeit, die man im Bett verbringt, keinen wirklichen Einfluss auf das Leben hat. In jüngerer Zeit zeigte die wissenschaftliche Erforschung des Schlafs und des Träumens, dass nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte. Tatsächlich nämlich begeben Sie sich jede Nacht auf eine außergewöhnliche Reise, die einen Einfluss darauf hat, wie Sie im Wachzustand denken, empfinden und sich verhalten. Nach Jahren unermüdlicher Forschung gelang es den Schlafforschern, jede Phase dieser faszinierenden Reise aufzuzeichnen und zu zeigen, welche Teile Ihres Gehirn aktiviert werden, wenn Sie einschlafen, wie man Albträume vertreibt und was Ihre Träume wirklich über Ihre Psyche aussagen.

Diese Arbeit hat jedoch auch die Schattenseite der Nacht enthüllt. Die gesteigerte Arbeitsbelastung, eine Mediennutzung rund um die Uhr und ein permanenter Internetzugang haben in der Summe eine Welt geschaffen, die nie schläft. Die Statistiken sind erschütternd, wobei Umfragen zeigen, dass ein Drittel der Erwachsenen nicht den Schlaf bekommen, den sie brauchen, und dass die überwältigende Mehrheit der Kinder übermüdet zur Schule kommt. Im Jahr 2010 stellten britische Ärzte mehr als 15 Millionen Rezepte für Schlaftabletten aus und etwa einer von zehn Erwachsenen nimmt jetzt regelmäßig irgendeine Art von Schlafmedikamenten ein.

Diese Epidemie des Schlafentzugs hat katastrophale Auswirkungen auf unser Leben. Etwa ein Viertel der Autofahrer gestehen ein, am Lenkrad einzuschlafen, und Übermüdung ist jedes Jahr für Tausende tödlicher Autounfälle verantwortlich. Schlechte Schlafgewohnheiten senken auch die Produktivität, verhindern Lernen, zerstören Beziehungen, verkrampfen das kreative Denken und schwächen die Selbstkontrolle. Wie wir später in diesem Buch sehen werden, deutet ein Teil der jüngsten Forschungen darauf hin, dass schlechter Schlaf bei Erwachsenen auch mit Depressionen und Übergewicht verbunden ist und eine Ursache dafür sein könnte, dass Kinder einen Großteil der Symptome aufweisen, die mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verknüpft sind. Das Schlimmste von allem ist jedoch, dass sogar schon ein geringer Schlafmangel eine schädliche Wirkung auf die Gesundheit haben kann und mit einem gesteigerten Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes, Bluthochdruck und frühem Tod einhergeht.

Es muss aber nicht so sein. Bei meiner weiteren Erkundung der Schlafwissenschaft wurde mir klar, dass ein Großteil der Forschungsergebnisse für die Ausarbeitung von Techniken verwendet werden kann, um denen zu helfen, die mit der Nacht zu kämpfen haben. Außerdem können diese Techniken, die Menschen von schlechten in gute Schläfer verwandeln können, auch dazu beitragen, anderen dabei zu helfen, sich von guten zu großartigen Schläfern zu entwickeln. Bei meinen Forschungen entdeckte ich diese ›Superschläfer‹. Diese Menschen schaffen es, einzuschlafen, wann immer sie wollen, danach aufzuwachen und sich herrlich erfrischt zu fühlen, und haben zwischendrin eine Menge süßer Träume. Im Vergleich zu den meisten ist für sie die Wahrscheinlichkeit bedeutend größer, glücklich, gesund und wohlhabend zu sein. Ich glaube, dass fast jeder seinen Schlaf verbessern, das Beste aus seinen Träumen machen und dabei zu einem echten Superschläfer werden kann.

Jahrelang hat sich die Self-Development-Bewegung auf die Verbesserung des Wachlebens der Menschen konzentriert. Superschlaf deckt auf, wie jeder das Beste aus dem verbleibenden Drittel des Tages herausholen kann. Es ist an der Zeit, die Nacht zurückzufordern, Ihr Leben zu ändern, während Sie tief und fest schlafen, und aus der neuen Wissenschaft des Schlafs und des Träumens zu schöpfen. Willkommen in der Abendschule, willkommen zum Superschlaf.

AufgabeTiming ist alles

Im Verlauf dieses Buches werden Sie hin und wieder aufgefordert werden, eine Reihe von eigens entworfenen Fragebögen auszufüllen und Übungen durchzuführen. Einige davon sind so gestaltet, dass sie Spaß machen sollen, und andere haben einen ernsthafteren Aspekt.

Diese erste Aufgabe wird nur wenige Augenblicke in Anspruch nehmen und besteht im Ausfüllen des folgenden Fragebogens.[1] Denken Sie nicht zu lange über jede Frage nach, sondern kreisen Sie stattdessen einfach die Antwort ein, die Ihnen spontan richtig erscheint. Oh, und bitte ignorieren Sie die Zahlen unter jeder der möglichen Antworten (die kursiv gedruckt sind), wir werden später darauf zurückkommen. Okay, los gehts.

 

1) Wenn es Ihnen freistünde, Ihren Abend zu planen, und Sie am nächsten Tag keinerlei Verpflichtungen hätten, zu welcher Uhrzeit würden Sie dann schlafen gehen?

Vor 21:00 Uhr

21:00–22:30 Uhr

22:30–00:00 Uhr

00:00–1:30 Uhr

Nach 1:30 Uhr

1

2

3

4

5

2) Wenn es Ihnen freistünde, Ihren Tag zu planen, und Sie am nächsten Tag keinerlei Verpflichtungen hätten, zu welcher Uhrzeit würden Sie dann aufstehen?

Vor 6:30 Uhr

6:30–8:00 Uhr

8:00–9:30 Uhr

9:30–11:00 Uhr

Nach 11:00 Uhr

1

2

3

4

5

3) Finden Sie es im Allgemeinen leicht, morgens aufzustehen?

Ganz bestimmt nicht

Nein

Unentschieden

Ja

Ganz bestimmt

5

4

3

2

1

4) Stellen Sie sich vor, dass Sie zwei Stunden anstrengender körperlicher Arbeit leisten müssen. Wenn es Ihnen völlig freistünde, Ihren Tag zu planen, in welchem der folgenden Zeitabschnitte würden Sie dann die Arbeit erledigen?

8:00–11:00 Uhr

11:00–13:00 Uhr

13:00–15:00 Uhr

15:00–17:00 Uhr

17:00–19:00 Uhr

1

2

5

4

5

Lektion 1Hinein in die Nacht

Wo wir herausfinden, was in jeder Nacht Ihres Lebens mit Ihrem Gehirn und Ihrem Körper geschieht, entdecken, wie wir Jetlag überwinden, und die »Neunzig-Minuten-Regel« lernen.

Willkommen zu Ihrem ersten Tag bei Superschlaf. In dieser Lektion werden wir zwei Ideen erkunden, die der gesamten Schlafwissenschaft zugrunde liegen, und dabei herausfinden, was in jeder einzelnen Nacht Ihres Lebens mit Ihrem Gehirn und Ihrem Körper geschieht. Wir beginnen mit einer Untersuchung der Elektrizität, die in diesem (und in jedem anderen) Moment Ihres Lebens durch Ihr Gehirn strömt, begegnen als Nächstes einem exzentrischen Professor aus Deutschland, der sein Leben lang versuchte, die Existenz der Telepathie zu beweisen, und verbringen schließlich die Nacht in einem modernen Schlaflabor.

Die Personifizierung von statisch

Ich möchte damit beginnen, Ihnen etwas zu sagen, das mir seit geraumer Zeit im Kopf herumgeht. Sie sind wunderbar. Da!, ich habs gesagt, und dabei bleibt es. Bevor Sie sich jetzt aber etwas darauf einbilden, muss ich aber noch etwas anderes sagen. Ich glaube, dass Ihr engster Freund ebenfalls wunderbar ist. Tatsächlich glaube ich, dass jede Person, die Sie kennen, wirklich bemerkenswert ist (außer Günther aus der Buchhaltung, der wirklich ziemlich nervig ist). Und warum sind Sie alle so unglaublich wunderbar? Weil jeder von Ihnen eines der erstaunlichsten und komplexesten Dinge im Universum besitzt. Dieses Ding hat Krankheiten geheilt, Menschen zum Mond gebracht und atemberaubende Kunstwerke geschaffen. Es gestattet Ihnen, die Welt zu sehen und Musik zu hören, bedeutsame Entscheidungen zu treffen und sich umherzubewegen, zu lachen und zu lieben. Dieses bemerkenswerte Ding befindet sich im Augenblick direkt zwischen Ihren Ohren, schnurrt leise vor sich hin und ermöglicht Ihnen, diesen Satz zu lesen. Ich meine natürlich Ihr Gehirn (wenn Sie das bis jetzt nicht kapiert haben, ziehe ich mein anfängliches Kompliment zurück).

Obwohl jeder ein Gehirn hat, sind sich die meisten Menschen nicht bewusst, dass ihr Geist auf der Grundlage von Elektrizität funktioniert.

Mal angenommen, Sie würden jemandem die Schädeldecke abnehmen, dann würden Sie einen großen Klumpen rosaroten Glibber sehen. Untersuchen Sie einen beliebigen Abschnitt dieser merkwürdigen Substanz unter einem leistungsstarken Mikroskop, und Sie werden feststellen, dass diese aus vielen winzigen Zellen besteht, die »Neuronen« genannt werden (siehe Abbildung). Jedes Neuron besteht aus drei Hauptabschnitten – 1. den »Dendriten«, fingerähnlichen Fasern, die Signale von anderen Zellen empfangen; 2. den »Axonen«, die Signale an andere Zellen weitergeben; und 3. einem »Zellkörper«, der alles steuert. Zusammengenommen, sind diese täuschend einfachen Zellen für jeden Gedanken verantwortlich, der Ihnen durch den Kopf geht, und für jedes Gefühl, das Sie erleben.

Neuronen sind kleine elektronische Nachrichtensysteme. Wenn die Dendriten ein Signal von einem benachbarten Neuron erhalten, tritt der Zellkörper in Aktion und sendet einen winzigen elektronischen Impuls an seinem Axon entlang und weiter zu den Zellen in der Umgebung. Diese elektronischen Botschaften sausen auch in eben diesem Augenblick in Ihrem Kopf herum, manchmal mit Geschwindigkeiten, die höher sind als 300 Stundenkilometer. Neurowissenschaftler sind davon überzeugt, dass es im durchschnittlichen Gehirn etwa 20 Milliarden Neuronen und mehr als 160 Billionen Verbindungen zwischen ihnen gibt. Obwohl jedes Neuron nur einen winzigen Betrag an Elektrizität erzeugt, ist ihr gesamter Output beträchtlich, wobei das durchschnittliche Gehirn genügend Energie erzeugt, um eine 20-Watt-Glühbirne zum Leuchten zu bringen.

Um die vorletzte Jahrhundertwende wussten die Wissenschaftler zwar, dass das Gehirn auf der Grundlage von Elektrizität funktioniert, fanden jedoch keine Möglichkeit, wie man die winzigen Signale messen könnte, die von den Neuronengruppen produziert werden. An diesem Punkt betritt ein äußerst sonderbarer Mann die Bühne: Dr. Hans Berger.[2]

Berger wurde 1873 in Deutschland geboren, und sein Leben veränderte sich von Grund auf, als er in engen Kontakt mit einer Kanone kam. Berger hatte sich im Alter von etwa zwanzig Jahren freiwillig für den Dienst bei der Kavallerie gemeldet. Bei den Übungen wurde er von seinem nicht ganz zuverlässigen Gaul abgeworfen und landete im Weg einer von einem Pferd gezogenen Kanone. Der Fahrer der Artillerie-Geschützgruppe vollführte eine vorbildliche Notbremsung, so dass Berger, obwohl ihn der Unfall schwer mitgenommen hatte, unverletzt blieb. Genau zum Zeitpunkt des Unfalls hatte Bergers Schwester das sonderbare Gefühl, dass ihr Bruder in Gefahr schwebte, und schickte ein Telegramm, um zu erfahren, ob es ihm gut gehe. Dies war das einzige Telegramm, das Berger je von seiner Familie erhalten hatte, und er bemühte sich vergeblich, das Erlebte als einen Zufall abzutun. Stattdessen gelangte Berger zu der Überzeugung, dass das gespenstische Ereignis ein Beweis für Telepathie war, und widmete sein Leben der Erforschung der Frage, wie Gedanken von einem Geist zum anderen reisen können.

Berger arbeitete alleine und wollte unbedingt etwas entwickeln, was er als »Gehirnspiegel« bezeichnete – ein System von Sensoren, die man auf der Kopfhaut anbringen und mit denen man die winzigen Elektrizitätsmengen messen könnte, die von den Neuronen im Innern des Schädels erzeugt werden. Bergers Experimente waren ebenso zeitaufwändig wie frustrierend, doch er schloss sich in seinem Labor ein und machte im Angesicht des Scheiterns beharrlich weiter (Tagebucheintrag, 1910: »Acht Jahre! Es immer und immer wieder versuchen.«) Der deutsche Professor sonderte sich immer mehr von seinen Kollegen ab und wurde alsbald als verwirrter Spinner angesehen. Um seinen Forschungen so viel Zeit wie möglich widmen zu können, sorgte Berger dafür, dass sein Leben so automatisiert und vorhersagbar wie möglich war, wobei einer seiner Kollegen später bemerkte, dass Berger »nie eine Abweichung von der bewährten Routine übersah … Seine Tage glichen sich wie zwei Wassertropfen. Jahr um Jahr hielt er dieselben Vorlesungen. Er war die personifizierte Starrheit.«

Nach einem Jahrzehnt voller Enttäuschungen erzielte Berger eine Reihe technischer Durchbrüche, die Erfolg versprachen (Tagebucheintrag, 1924: »Ist es möglich, dass ich den Plan verwirklichen könnte, den ich seit zwanzig Jahren gehegt habe?«). Nachdem er weitere Jahre mit der Verfeinerung seiner Erfindung zugebracht hatte, verkündete Berger schließlich, dass er in der Lage war, auf zuverlässige Weise Gehirnwellen aufzuzeichnen, und präsentierte den ersten voll funktionsfähigen Elektroenzephalographen (oder kurz »EEG-Apparat«) der Welt.

Leider reagierte die Wissenschaftsgemeinde etwas engstirnig auf Bergers Erfindung. Aufgrund der Überzeugung, dass es unmöglich sei, solche winzigen Beträge elektrischer Aktivität mit Hilfe von Sensoren, die auf der Kopfhaut angebracht waren, festzustellen, nahmen viele von Bergers Kollegen an, dass seine Befunde entweder auf Fehler oder gar Betrug zurückzuführen waren. Nachdem Berger 1938 der akademischen Welt den Rücken kehrte und in den Ruhestand trat, verschlechterte sich seine Gesundheit rapide, und er begann an schweren Depressionen zu leiden. Der eigenbrötlerische Vermesser des Geistes nahm sich schließlich 1941 das Leben, indem er sich im Krankenhaus erhängte.

Berger hat niemals die Existenz der Telepathie bewiesen. Stattdessen hinterließ er ein weit erstaunlicheres und handfesteres Vermächtnis. Gelehrte auf der ganzen Welt erkannten schließlich, dass er einen echten Durchbruch erzielt hatte, und begannen damit, seine bemerkenswerte Erfindung genauer in Augenschein zu nehmen. Einer der ersten in der Schlange war der Wall-Street-Magnat und exzentrische Forscher Alfred Lee Loomis.

Der Palast der Wissenschaft

Loomis wurde 1887 geboren und war sowohl ein unglaublich erfolgreicher Investmentbanker als auch der letzte der großen Hobbywissenschaftler.[3] Als Kind war Loomis fasziniert von Rätseln, Schach und Zauberei. Als junger Mann entwickelte er dann eine Leidenschaft für die Naturwissenschaft und knüpfte schließlich ein enges Arbeitsverhältnis mit einem bekannten Experimentalphysiker von der Johns-Hopkins-Universität namens Robert Wood. Das Ganze war zwar eine eigenartige, aber produktive Zusammenarbeit. Als Wood einmal einen großen »Spektrographen« (ein Gerät, das dazu entworfen war, Strahlung in ein Spektrum zu trennen) in seiner Scheune baute, stellte er jedoch fest, dass die 13 Meter lange Röhre des Instruments oft nicht funktionierte, weil sich darin allerhand Spinnennetze ansammelten. Wood und Loomis dachten sich schließlich eine verrückte, aber äußerst effektive Lösung für das Problem aus. Immer wenn der Spektrograph blockiert wurde, setzte das unerschrockene Duo eine Katze an einem Ende in die Röhre hinein und platzierte etwas Futter am anderen Ende. Während die Katze sich auf das Futter zubewegte, wirkte ihr Fell wie ein großer Staubwedel und beseitigte so die Spinnweben.[4]

Loomis genoss seine Zeit in der Scheune sehr und beschloss schließlich, sein eigenes privates Forschungsinstitut aufzubauen. In den 1920er Jahren kaufte er ein großes Herrenhaus im Staat New York und machte sich daran, seinen »Palast der Wissenschaft« einzurichten. Im Verlauf des nächsten Jahrzehnts stattete er sein Herrenhaus mit modernster Technologie aus und fungierte als Gastgeber für einige der bekanntesten Wissenschaftler der Welt, darunter Niels Bohr, Guglielmo Marconi und Albert Einstein. Loomis machte mehrere bedeutsame wissenschaftliche und technische Entdeckungen; unter anderem spielte er eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Radars, erfand eine neue Methode zur Messung der Mündungsgeschwindigkeit von Gewehren und trug zur Schaffung bodengesteuerter Anflugsysteme für Flugzeuge bei.

Mitte der 1930er Jahre hörte Loomis von Hans Bergers bemerkenswerter Erfindung und fragte sich, ob sie wohl zur Untersuchung des Schlafs eingesetzt werden könnte. Er konstruierte seinen eigenen EEG-Apparat und lud Besucher über Nacht in seinen Palast ein, um ihr Gehirn zu überwachen. Innerhalb eines Jahres entdeckte Loomis, dass das menschliche Gehirn während des Schlafs nicht untätig ist, sondern stattdessen eine kleine Anzahl unterschiedlicher Wellentypen hervorbringt. Zusätzliche Arbeiten zeigten, dass diese Wellen die ganze Nacht über in einem äußerst gut vorhersagbaren Muster auftreten (an späterer Stelle in dieser Lektion werden wir mehr über dieses Muster erfahren). Und obwohl die Bestimmung dieser verschiedenen Schlafphasen ein bemerkenswerter Schritt vorwärts war, blieb doch ein letztes Rätsel bestehen. Der letzte Teil des Puzzles ließ sich erst zwanzig Jahre später einfügen und war das Ergebnis eines der wichtigsten Experimente des 20. Jahrhunderts.

Was ist in einer Welle?

Die Gehirnwellen, die von den EEG-Maschinen aufgezeichnet werden, weisen zwei Hauptmerkmale auf: eine Amplitude und eine Frequenz. Beide Merkmale sind in der Abbildung unten dargestellt (siehe Abbildung).

Die Amplitude (1) ist schlicht und einfach der maximale Betrag an Energie, den die Welle hat, und die Frequenz (2) entspricht der Anzahl, wie oft sich die Welle pro Sekunde wiederholt. Die Frequenz wird üblicherweise in Einheiten gemessen, die mit Hertz oder kurz »Hz« bezeichnet werden. Um den Unterschied zwischen Amplitude und Frequenz zu verstehen, ist es nützlich, ein kleines Lied zu singen. Singen Sie bitte »Laaaa« mit tiefer Stimme. Sie haben gerade eine Note mit niedriger Frequenz erzeugt, die ungefähr so wie die obere Linie in der folgenden Abbildung aussehen würde.

Singen Sie jetzt noch einmal »Laaaa«, aber dieses Mal in einer viel höheren Stimmlage. Wenn Sie jetzt die Frequenz Ihrer Stimme abbilden würden, dann sähen Sie etwas, das der unteren Linie in der oberen Abbildung ähnlich wäre.

Versuchen Sie schließlich, noch zwei weitere »Laaaa’s zu erzeugen. Achten Sie darauf, dass die beiden Laute zwar dieselbe Tonhöhe haben, aber der eine viel lauter ist als der andere. So ändern Sie die Amplitude der Welle, und nicht die Frequenz, und daher würde die leisere Note so aussehen wie die obere Linie in der nächsten Abbildung, wohingegen die lautere wie die untere Linie aussähe.

Für Hirnwellen gilt dasselbe. Jede Hirnwelle kann danach klassifiziert werden, wie »laut« oder »leise« und wie »tief« oder wie »hoch« sie ist. Im Prinzip könnten sich so Millionen verschiedener Arten von Wellen ergeben. Tatsächlich aber produziert Ihr schlafendes und träumendes Gehirn nur eine Handvoll unterschiedlicher Wellen. Wenn Sie beispielsweise hellwach sind, erzeugt Ihr Gehirn sogenannte »Betawellen«. Jede einzelne Sekunde werden etwa zwölf bis dreißig dieser Wellen produziert, und deshalb erscheinen sie auf einem Elektronenenzephalogramm (EEG) als sich schnell verändernde Wellenlinien.

Wenn Sie sich entspannen, verlangsamt sich die Frequenz dieser Wellen schlagartig, bis nur noch ungefähr acht Wellen pro Sekunde auftreten. Die resultierende Wellenform wird als »Alphawelle« oder »Bergerwelle« (zu Ehren von Hans Berger benannt) bezeichnet. Im Schlaf werden diese Wellen dann noch langsamer. Später werden wir uns jede der Wellenformen, die mit den verschiedenen Schlafphasen verbunden sind, genauer ansehen.

Wie man aus Kieselsteinen Diamanten schleift

Eugene Aserinsky hatte 1951 ein schweres Jahr.[5] Im Alter von dreißig Jahren kämpfte er darum, den Lebensunterhalt für seine Frau und seinen Sohn zu bestreiten. Seine gesamte Familie lebte damals in einer winzigen Wohnung in Chicago, die mit einem einzigen Kerosinofen beheizt wurde. Aserinskys Laufbahn hatte bis dahin einen seltsamen Weg genommen. Nachdem er in der Schule ausgezeichnete Leistungen erbracht hatte, war er von einem College zum anderen gewechselt und hatte alles Mögliche studiert – von Spanisch bis Zahnmedizin, jedoch ohne bestimmte Richtung oder Ziel. Er brach die Ausbildung ohne Abschluss ab und fand eine Beschäftigung bei der Armee im Umgang mit hochexplosiven Stoffen. So bekam er sein Leben in den Griff und entschloss sich nach einiger Zeit dazu, noch mal ans College zurückzukehren. Damals besaß die Universität von Chicago den Ruf, Studenten mit ungewöhnlichem Hintergrund zum Studium zuzulassen, und der unkonventionelle Aserinsky wurde schließlich in das Graduiertenprogramm für Physiologie eingeschrieben.

Bei seiner Ankunft musste er wenig erfreut feststellen, dass der einzig verfügbare wissenschaftliche Betreuer ein berüchtigter und exzentrischer Professor namens Nathaniel Kleitman war. Der in Russland geborene Kleitman hatte sein Leben der Erforschung der Schlafwissenschaft verschrieben. Allein im Jahr 1939 hatte er mehr als 1000 wissenschaftliche Aufsätze zu dem Thema rezensiert und die damalige Bibel der Schlafforschung geschrieben, Sleep and Wakefulness as Alternating Phases in the Cycle of Existence (Schlaf und Wachsein als alternierende Phasen im Lebenszyklus). Kleitman hatte sich einen beachtlichen Ruf erworben, auch unter schwierigsten Bedingungen als sein eigenes Versuchskaninchen zu fungieren. In einer Untersuchungsreihe hatte er beispielsweise den Einfluss des Sonnenlichts auf den Schlaf erforscht, indem er einen Monat lang in einer großen Felsenkammer in den Tiefen der Mammuthöhle im Bundesstaat Kentucky verbracht, auf einem U-Boot gelebt und sich jenseits des nördlichen Polarkreises nahezu ununterbrochen dem Sonnenlicht ausgesetzt hatte. Diese Belastungsproben scheinen allerdings nur geringe Langzeitschäden verursacht zu haben, da Kleitman erst 1999 im reifen Alter von 104 Jahren starb.

Kleitman traf sich also mit Aserinsky und schlug ihm vor, die Art und Weise zu untersuchen, wie Babys beim Einschlafen blinzeln. Aserinsky empfand die endlose Beobachtung von Babys als »in etwa so aufregend wie warme Milch«, und nachdem er monatelang versucht hatte, aus diesen »Forschungskieseln Diamanten zu schleifen«, entschied er sich, das Ganze sein zu lassen und wandte seine Aufmerksamkeit der Gehirnaktivität und den Augenbewegungen schlafender Erwachsener zu. Damals war die vorherrschende Meinung unter den Wissenschaftlern, dass diese Augenbewegungen bedeutungslose Ereignisse wären, die unregelmäßig die ganze Nacht hindurch stattfanden. Da Aserinsky aber nie der gängigen Meinung folgte, holte er einen alten EEG-Apparat aus dem Keller des Instituts in sein Büro und begann mit der Arbeit. Er beschloss, zunächst einmal die Gehirnaktivität und die Augenbewegungen von Menschen während einer ganzen Nacht gleichzeitig zu messen. Dieses ehrgeizige Ziel reizte die damals existierende Technik bis an ihre Grenzen aus, da es erforderte, dass sein veralteter EEG-Apparat mehrere Stunden lang reibungslos funktionierte. Aserinsky entschied sich dafür, einen ersten Test der Apparatur bei der Beobachtung seines Sohnes vorzunehmen.

So kam es, dass sich der achtjährige Armond Aserinsky in einer kalten Dezembernacht des Jahres 1951 in einem Laborbett wiederfand; sein Kopf vollständig von Sensoren bedeckt. Einige der Sensoren maßen seine Hirnaktivität, und andere überwachten die Muskeln rund um seine Augen. All diese Informationen wurden an den EEG-Apparat in das Zimmer nebenan weitergeleitet, in dem Aserinsky Senior saß und beobachtete, wie mehrere Messschreiber die Aktivität auf einer langen Rolle Millimeterpapier aufzeichneten. Und das war kein geringes Unterfangen: Eine einzige Nacht lieferte über achthundert Meter Millimeterpapier. Während die Nacht Minute um Minute fortschritt, kämpfte Aserinsky Senior darum, den veralteten EEG-Apparat am Laufen zu halten – ohne zu ahnen, dass er gerade dabei war, sich seinen Platz in der Geschichte zu sichern.

Einige Stunden nach Beginn des Experiments sah Aserinsky Senior zu seiner Überraschung, dass die Messschreiber plötzlich draufloskritzelten. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass Armonds Gehirn und Augenmuskeln hoch aktiv waren. Aserinsky Senior nahm an, dass sein Sohn aufgewacht sei, und ging deshalb auf den Flur, um zu sehen, was geschehen war. Doch als er die Tür zum Labor öffnete, stellte Aserinsky Senior erstaunt fest, dass sein Sohn tief und fest schlief. Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass dieses ziemlich merkwürdige Muster keine einmalige Angelegenheit war, denn er konnte ähnliche Ausbrüche von Hirnaktivität und Augenbewegungen die ganze Nacht hindurch beobachten.

Am nächsten Morgen versuchte Aserinsky, die Ursache dieser rätselhaften Aktivität festzustellen. Zuerst nahm er an, dass der alte EEG-Apparat defekt war, und begann mit der mühseligen Arbeit, die endlosen Anschlüsse, Skalenscheiben und Röhren zu überprüfen. Als er dabei keinen Fehler finden konnte, teilte er seine Ergebnisse seinem Kollegen Kleitman mit. Kleitman war anfangs sehr skeptisch und witterte womöglich gar Betrug. Deshalb bat er einen seiner Studenten, die Prozedur noch einmal durchzuführen, diesmal allerdings mit Kleitmans Tochter als Versuchsperson. Als sich dasselbe Datenmuster ergab, dämmerte es Aserinsky, dass er etwas Großem auf der Spur war, und er bezeichnete das merkwürdige Phänomen als »rapid eye movement« (schnelle Augenbewegung) oder kurz als »REM« (Aserinsky dachte ursprünglich darüber nach, es »jerky eye movement«, also zu Deutsch »ruckartige Augenbewegung« zu nennen, sorgte sich jedoch über die negativen Nebenbedeutungen des Wortes »jerk«, das im Deutschen »Trottel« bedeutet). Fasziniert beschlossen Aserinsky und Kleitman nun herauszufinden, was im schlafenden Geist von Menschen vor sich ging, wenn das EEG diese sonderbaren nächtlichen Muster produzierte.

Aserinsky ließ eine Gruppe von zwanzig Freiwilligen ins Labor kommen. Er weckte sie immer dann auf, wenn sie in den REM-Zustand eintraten, und stellte ihnen Fragen. Er beschrieb seine Ergebnisse in einem inzwischen als Klassiker geltenden Aufsatz[6] und hielt darin fest, dass die überwältigende Mehrheit der Versuchspersonen über einen Traum berichtet hatte.

Dieser Aufsatz schlug ein wie eine Bombe. Ein führender Wissenschaftler verkündete gar, dass Aserinsky einen neuen Kontinent im Gehirn entdeckt hätte. Bislang waren die einzigen verfügbaren Berichte über Träume von Leuten gekommen, die versucht hatten, sich in der Früh an die Träume der letzten Nacht zu erinnern. Diese Berichte waren oft lückenhaft, unvollständig und unzuverlässig. Die Entdeckung der REM-Phasen änderte das Antlitz der Schlafwissenschaft über Nacht und gab den Forschern einen direkten Zugang zum träumenden Geist in die Hand. In der Folge begannen Wissenschaftler auf der ganzen Welt, sich mit dem Schlaf und den Träumen zu befassen. Aserinsky gehörte merkwürdigerweise nicht dazu. Stets ein unheilbar neugieriger Universalgelehrter, ging Aserinsky dazu über, die Wirkung von elektrischem Strom auf Lachse zu untersuchen, und starb 1998, als sein Auto von der Straße abkam und mit einem Baum zusammenprallte. Ironischerweise nimmt man heute an, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit am Steuer eingeschlafen war.

Aserinskys bemerkenswerte Entdeckung veränderte die Welt und öffnete einen Pfad in die bislang verborgene Welt des Träumens. Sie war auch das letzte Teil des Puzzles der Schlafwissenschaft und ermöglichte den Forschern nun, genau aufzuzeichnen, was uns Menschen in jeder Nacht ihres Lebens widerfährt. Um dieses Geschehen zu erforschen, ist es nun Zeit, ein modernes Schlafzentrum zu besuchen.

Fünf erstaunliche Tatsachen über das Träumen

Die Entdeckung der REM-Phasen versetzte Schlafforscher in die Lage, die Geheimnisse des Träumens zu erforschen. Hier finden Sie fünf ihrer merkwürdigsten Ergebnisse.

Träumen in Farbe

Das Ausmaß, in dem Menschen in ihren Träumen Farben erleben, hängt wahrscheinlich von ihrer Kindheitserfahrung ab. Eva Murzyn von der University of Dundee bat Menschen im Alter von etwa 55 Jahren, sowohl die Häufigkeit von Farben in ihren Träumen einzuschätzen als auch, wie viel sie in ihrer Kindheit Schwarzweiß-Fernsehen gesehen hatten. 25 Prozent von denen, die in ihrer Kindheit nur monochromatisches Fernsehen schauten, träumten in Schwarz und Weiß im Vergleich mit bloß 7 Prozent derjenigen, die Zugang zu Farbfernsehen hatten.[7]

Stehend durch die Nacht

Forscher haben sorgfältig das Ausmaß männlicher Erektionen bei Träumen gemessen und dies dann mit dem Inhalt der Träume verglichen.[8] Die Ergebnisse zeigen, dass Erektionen sogar bei den banalsten Träumen auftreten und nicht unbedingt ein Zeichen für ein erotisches Abenteuer sind.

Träume von Blinden

Die Erforschung der Träume blinder Menschen hat gezeigt, dass jene, die ihr Sehvermögen vor dem Alter von sieben Jahren verlieren, Träume erleben, die kaum visuelle Darstellungen enthalten, während diejenigen, die nach dem Alter von sieben Jahren erblinden, dieselbe Art visuell ausgerichteter Träume haben wie sehende Menschen. Außerdem berichten von Geburt an blinde Menschen über Träume, die häufig lebhafte Gehör-, Geschmacks-, Geruchs- und Tastempfindungen enthalten.[9]

Die Bedeutung der Impotenz

Nächtliche Erektionen können Ärzten dabei helfen, die Ursachen von Impotenz zu bestimmen. Wenn ein Patient im Schlaf keine Erektion bekommt, dann geht seine Impotenz wahrscheinlich auf ein körperliches Problem zurück, das am besten mit Medikamenten oder operativ zu behandeln ist. Wenn der Patient jedoch die ganze Nacht über problemlos einen stehen hat, dann ist die Ursache für die Impotenz sehr wahrscheinlich in der Psyche zu finden.

Wenn Sie träumen, sind Sie blind

David Foulkes von der University of Chicago lud Freiwillige in sein Schlaflabor ein, hielt ihre Augenlider mit Tesafilm geöffnet und bat sie einzuschlafen.[10] Begannen die Freiwilligen zu träumen, schlich sich Foulkes leise in das Zimmer und platzierte verschiedene Gegenstände vor ihren Augen, darunter eine Kaffeekanne aus Aluminium und eine Karte mit der etwas ironischen Aufschrift »Bitte nicht stören«. Die Freiwilligen wurden dann aufgeweckt, gebeten, über ihren Traum zu berichten, und darüber befragt, was sich ihrer Meinung nach vor ihren geöffneten Augen ereignet hatte. Die Freiwilligen sahen nichts, und die Gegenstände tauchten auch nicht in ihren Träumen auf, was darauf hindeutet, dass man blind wird, wenn man träumt.

Ein Hauch von Bram Stoker

Verbringen Sie einige Zeit in irgendeinem psychologischen Institut, und Sie werden bald lernen, die Vertreter der verschiedenen Forschungsrichtungen auseinanderzuhalten. Die Sozialpsychologen sind diejenigen, die keinen Augenkontakt halten können, die Gedächtnisforscher haben vergessen, wo ihre Büros sind, und die Experten für Überredungskunst werden darlegen, wie man am besten eine Thekenrechnung aufteilt. Egal, wie lange Sie sich dort aufhalten, werden Sie aber wahrscheinlich das seltenste aller Forscherexemplare nicht zu Gesicht bekommen, den Schlafforscher.

Diese ungewöhnliche Spezies genießt eine nächtliche und einsame Existenz. Sie kommt genau zu der Zeit in ihr Büro, wenn alle anderen nach Hause gehen, steigt ins Bett, wenn die übrige Welt aufwacht, und begegnet oft nur einer einzigen Person bei der Arbeit (und wenn alles in Ordnung ist, schläft diese Person dann auch noch).

Stevie Williams ist einer dieser Forscher. Stevie ist der Cheftechniker an der bekanntesten Schlafklinik Großbritanniens – dem Edinburgh Sleep Centre. Wir begegneten uns zum ersten Mal vor ein paar Jahren, als wir beide an einem Projekt beteiligt waren, das überprüfen sollte, ob telepathisch veranlagte Menschen von der Zukunft träumen könnten (sie konnten es nicht). Stevie ist Mitte dreißig und hat wie die meisten Schlafforscher »einen Hauch von Bram Stoker«. Obwohl er gesund aussieht, ist seine Haut dünn und blass, was vermutlich ein direktes Ergebnis seiner vampirähnlichen Existenz ist.

Stevie hatte von meinem Interesse an der Schlafforschung gehört und lud mich netterweise ein, eine Nacht in seiner Schlafklinik zu verbringen und meinen Schlaf überwachen zu lassen. Wenn man den Schlafraum betritt, hat man das Gefühl, auf der Bühne eines Theaterstücks zu sein. Auf den ersten Blick sieht alles wie in einem gewöhnlichen Schlaf- oder Hotelzimmer aus. Im tiefsten Innern hat man jedoch das merkwürdige Gefühl, dass alles nicht ganz so ist, wie es zu sein scheint. Riskiert man einen Blick hinter das Bett, entdeckt man eine endlose Anordnung von Sensoren, Gelröhren, Gummikappen und unzähligen Kabeln. Nach Auffassung des Schlafforschers des 21. Jahrhunderts ist es genau das, was man braucht, um Menschen bei ihrer Reise in die Nacht zu folgen.

Nachdem ich meinen Pyjama angezogen hatte, pappte Stevie etwa zwanzig kleine Sensoren mit einem speziellen Gel auf meine Kopfhaut, schloss ein langes Kabel an jeden dieser Sensoren an und band die Kabel in Form eines seltsam aussehenden Pferdeschwanzes zusammen. Die Anordnung sah zwar schräg aus, fühlte sich aber überraschend bequem an. Stevie bat mich, unter die Bettdecke zu kriechen, und platzierte dann den Pferdeschwanz behutsam über der Seite des Bettes. Schließlich überprüfte Stevie noch die Position der Infrarotkamera, die jede meiner Bewegungen die ganze Nacht hindurch aufzeichnen würde, und verließ das Zimmer.

Das Bett des Schlafzentrums war überaus behaglich, und nach nur wenigen Sekunden schlummerte ich ein. Im nächsten Augenblick kam Stevie zu meinem Bett zurück und weckte mich sanft auf. Ich nahm an, dass es mitten in der Nacht sei und dass etwas mit der Apparatur schief gelaufen sei. Tatsächlich war es schon sieben Uhr morgens, und ich hatte soeben den besten Schlaf seit Jahren genossen. Dann bat Stevie mich, meine Zivilklamotten anzuziehen und zu ihm ins Büro zu kommen.

Ich hatte das Gefühl, als ob mein Geist die vorangegangenen acht Stunden abgeschaltet gewesen sei. Keine Träume. Keine Aktivität. Null. Doch als Stevie mir die EEG-Graphen aus der Nacht zeigte, war klar, dass das nicht weiter von der Wahrheit entfernt hätte sein können. Als er meine Daten durchsah, stellte sich heraus: Meine EEG-Spur war nahezu identisch mit derjenigen, die Aserinsky und Kleitman vor so vielen Jahren aufgezeichnet hatten. Moderne Schlafforscher bezeichnen dieses Muster als »Schlafzyklus«. Beim Frühstück führte mich Stevie freundlicherweise durch jede Phase des Prozesses.

Er durchlebt bloß eine Phase

Wenn Sie hellwach sind, produziert Ihr Gehirn eine unregelmäßige EEG-Spur, die zwischen zwölf und dreißig Wellen pro Sekunde enthält. Bald schon, nachdem Sie ins Bett geklettert sind, verlangsamt sich die Frequenz dieser sich schnell verändernden Wellenlinien, bis es nur noch etwa acht bis zwölf Wellen pro Sekunde sind. Dieser Typ von Spur ist häufig mit Entspannung und Meditation verknüpft und wird in der Branche als »Alphaaktivität« bezeichnet.

Nach wenigen weiteren Minuten verlangsamt sich Ihre Atmung, Ihre Augen rollen von einer Seite zur anderen, und die Frequenz Ihrer Gehirnwellen wird noch langsamer. Sie treten jetzt in die Phase 1 des Schlafs ein (siehe Graph). In diese Phase treten Sie nur ein paar Mal während der Nacht ein, und jeder dieser Besuche ist sehr kurz. In dieser Phase wird Ihr Gehirn zwischen drei und sieben Wellen pro Sekunde oder, um sie bei ihrem technischen Namen zu nennen, »Thetawellen« produzieren. Wenn Sie in dieser Phase aufgeweckt werden, haben Sie wahrscheinlich das Gefühl, als hätten Sie nicht wirklich geschlafen.

Bei Ihrer ersten Begegnung mit dem Schlaf in Phase 1 bringen Sie möglicherweise die eine oder andere gelegentliche Zuckung hervor und sehen trügerische Punkte hellen Lichts oder hören ein nicht existierendes lautes Knallen (was als »hypnagoge Halluzination« bezeichnet wird). Ihre Muskeln beginnen sich zu entspannen, und wahrscheinlich werden Sie eine allgemeine »Lockerung« der Gedanken erleben. Künstler und Schriftsteller haben versucht, diese Erfahrung als Inspirationsquelle zu nutzen. Der Surrealist Salvador Dalí legte sich beispielsweise regelmäßig hin und stellte ein Glas auf den Boden. Dann legte er das eine Ende eines Löffels auf den Rand des Glases und hielt das andere zwischen seinen Fingern. Beim Hinübergleiten in die Schlafphase 1 entspannten sich Dalís Finger auf natürliche Weise und ließen den Löffel los. Das Geräusch des in das Glas klirrenden Löffels weckte ihn dann auf, und Dalí skizzierte die eigenartigen Bilder, die durch seinen Kopf schwebten. Diese Phase ist auch mit einem recht sonderbaren Phänomen verbunden, das als »hypnagoge myoklonische Zuckung« bezeichnet wird und häufig mit dem Gefühl einsetzt, dass man fällt, und dann stellen Sie plötzlich fest, dass Ihr ganzer Körper sich selbst wachgerüttelt hat. Etwa 70 Prozent aller Menschen erleben diese Zuckungen, die mit Erschöpfung oder einer unbequemen Schlafposition verbunden zu sein scheinen. Schlafforscher sind sich nicht ganz sicher, was genau diese Zuckungen verursacht, wobei manche Forscher behaupten, dass sich beim Einschlafen die Muskeln zu entspannen beginnen und das Gehirn dies irgendwie als Hinweis darauf interpretiert, dass man fällt. Manche Evolutionspsychologen mutmaßen, dass die Zuckungen sich in einer Zeit entwickelt haben könnten, als Menschen auf Bäumen einschliefen, und den Zweck hatten, das Herunterfallen zu verhindern, wenn sie wie ein Stein schliefen. Man erlebt die Schlafphase 1 während einer Dauer von nur zwei bis fünf Minuten.

Beim Hinübergleiten in die nächste Schlafphase verlangsamt sich Ihre Herzfrequenz, und Ihre Körpertemperatur sinkt. Die »Thetawellen« werden von kurzen Ausbrüchen elektrischer Aktivität begleitet, die als »Spindeln« und »K-Komplexe« bezeichnet werden. Diese scheinen eine entscheidende Rolle bei der Absperrung gegen alle äußeren (wie z.B. Lärm von der Straße) und inneren (wie z.B. leichter Hunger) Reize zu spielen, die Sie sonst aufwecken könnten. Jetzt haben Sie Phase 2 des Schlafs erreicht. Während dieser Zeit entspannen sich alle Ihre Muskeln, einschließlich jener in Ihrer Kehle, was dazu führen kann, dass Sie murmeln oder schnarchen. Ihr Gehirn kommt jetzt ebenfalls zu seiner wohlverdienten Ruhe, die Aktivität in den Hirnarealen, die mit dem Denken, Schlussfolgern, der Sprache und dem Problemlösen verknüpft sind, wird gesenkt. Wie wir in einer späteren Lektion noch sehen werden, ist diese Phase entscheidend für das Erlernen körperlicher Fähigkeiten, wie etwa der Beherrschung eines Musikinstruments, eines neuen Tanzes oder einer Sportart.

Wissenschaftler fassen die ersten beiden Schlafphasen häufig zusammen und bezeichnen sie als »leichten Schlaf«.

Nach etwa zwanzig Minuten in der Schlafphase 2 entspannen sich Gehirn und Körper besonders stark, und Sie betreten Phase 3 und Phase 4. Nun hat Ihre Gehirnaktivität ein Minimum erreicht, was sich in sehr langsamem »Deltawellen« (nur etwa eine oder zwei Wellen pro Sekunde) ausdrückt. Zusammen werden diese beiden Phasen als »Tiefschlaf« oder »Slow-Wave-Schlaf« bezeichnet. Während dieser Zeit sind Sie nahezu vollständig von der Außenwelt abgeschnitten (es sei denn, Sie riechen Brandgeruch, jemand sagt Ihren Namen, oder Sie hören ein sehr lautes Geräusch). Es ist äußerst schwierig, jemanden aufzuwecken, wenn er oder sie sich im Tiefschlaf befindet, und wenn es Ihnen doch gelingen sollte, dann fühlt sich die aufgeweckte Person wahrscheinlich einige Minuten lang benommen und orientierungslos.

Tiefschlafphasen sind für ihr psychisches und physisches Wohlbefinden unerlässlich, weil sie mit der Produktion von Wachstumshormonen verbunden sind, die an der Reparatur von beschädigtem Gewebe mitwirken. Ohne diese Phasen würden Sie aufwachen und sich müde und grantig fühlen. Diese Phasen sind auch wichtig für die Verarbeitung bedeutsamer Informationen des Tages und sind außerdem mit Schlafwandeln, Reden im Schlaf und Nachtschrecken verknüpft. Als Stevie sich meine EEG-Spur ansah, konnte er Hinweise auf meine Neigung zu Nachtschrecken erkennen. Im Tiefschlaf ist es zwar ungewöhnlich, dass Menschen sich umherbewegen, aber die Aufzeichnung der Infrarotkamera zeigte, dass ich häufig meine Hände und Arme bewegte.

Schlafforscher klassifizieren die ersten vier Phasen des Schlafs als »Nicht-REM« (oder »NREM«), weil sie nicht jene Art schneller Augenbewegungen umfassen, die mit dem Träumen verbunden sind. Aber bedeutet das, dass Ihnen in dieser Zeit nichts durch den Kopf geht? Wenn Sie aus dem NREM-Schlaf aufgeweckt werden, berichten Sie wahrscheinlich über eine Art unsystematischer, fragmentierter Gedanken. Das könnte ein einzelnes Wort oder ein Begriff sein, und es wird das deutliche Gefühl eines Handlungsstrangs fehlen, den wir gewöhnlich mit Träumen verbinden.

Nach etwa dreißig Minuten im Tiefschlaf geschieht etwas sehr Sonderbares. Ihr Gehirn und Ihr Körper durchlaufen die verschiedenen Phasen rasch in umgekehrter Richtung, bis Sie Phase 2 erreichen. Anstatt sich entspannt zu fühlen, beginnt dann Ihr Herz zu rasen, Ihre Atmung wird flach, und Ihre Augen fliegen von einer Seite zur anderen. Jetzt befinden Sie sich in der REM-Phase. Während dieser Phase blockiert Ihr Hirnstamm gänzlich Ihren Bewegungsapparat, um Sie daran zu hindern, Ihre Träume auszuagieren. Wenn man Sie jetzt aufwecken würde, würden Sie mit größter Wahrscheinlichkeit einen lebhaften Traum beschreiben. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass Ihre Geschlechtsorgane auf Hochtouren laufen, wobei Männer eine Erektion bekommen und Frauen einen gesteigerten Blutfluss zur Vagina aufweisen. Die meisten Menschen durchlaufen mit Unterbrechungen während eines Viertels der Nacht REM-Zustände, was manchmal als »paradoxer Schlaf« bezeichnet wird, weil das Gehirn fast genauso aktiv ist, als wenn Sie wach wären. Wie wir etwas später in Superschlaf herausfinden werden, spielt diese Phase eine entscheidende Rolle bei der Optimierung Ihres Gedächtnisses, hilft Ihnen, mit traumatischen Ereignissen umzugehen und Probleme aus einer neuen Perspektive zu betrachten.

Nachdem Sie Ihren ersten Traum des Abends vollendet haben, bewegen Sie sich wieder durch die einzelnen Phasen hindurch, und diese NREM-REM-NREM-Sequenz wiederholt sich die ganze Nacht hindurch immer wieder. Jeder Zyklus dauert etwa neunzig Minuten, so dass sich durchschnittlich fünf Träume pro Nacht ergeben.

Nach jedem Traum könnten Sie ein sehr kurzes »Mini-Aufwachen« erleben, bei dem Sie zwar wirklich ganz wach sind, doch nur so kurz, dass Sie sich am Morgen nicht mehr daran erinnern. Während einer typischen Nacht verbringt man etwa 50 Prozent der Zeit im leichten Schlaf, 20 Prozent im Tiefschlaf, 25 Prozent im REM-Schlaf und 5 Prozent mit kurzen Aufwachepisoden. Der Anfang der Nacht wird in der Regel vom Tiefschlaf dominiert und weist relativ kurze Träume auf. Während die Nacht voranschreitet, werden die Träume jedoch immer länger und die Tiefschlafphasen entsprechend kürzer. Tatsächlich gibt es in der zweiten Hälfte der Nacht so gut wie keinen Tiefschlaf mehr, und die REM-Phasen können jeweils bis zu vierzig Minuten dauern.

Nach dem Frühstück dankte ich Stevie dafür, dass er mit mir die Ereignisse der Nacht durchgesprochen hatte, verabschiedete mich und ging hinaus in die Morgensonne, bereit, dem Tag zu begegnen. Hinter mir schloss Stevie das Schlaflabor ab und steuerte in Richtung Bett.

Der Schlafzyklus spielt eine entscheidende Rolle, um zu verstehen, was mit Gehirn und Körper in jeder Nacht Ihres Lebens geschieht. Er ist jedoch nur ein Teil des Gesamtbilds. Um das grundlegende Wesen des Schlafs richtig einzuschätzen, ist es außerdem wichtig, dass man sich eine zweite Schlüsselidee klarmacht. Es ist nun Zeit herauszufinden, wie Sie wirklich ticken, und einem Mann zu begegnen, der die Welt veränderte, indem er ein paar Pflanzen in einen Schrank einschloss.

Das Uhrwerk-Universum

Der große französische Astronom aus dem 18. Jahrhundert Jean-Jacques d’Ortous de Mairan verbrachte einen Großteil seines Berufslebens damit, in den Himmel hinaufzustarren.[11] Im Jahre 1729 fesselte jedoch ein eher bodenständiges Phänomen Mairans Aufmerksamkeit. Jahrhundertelang hatten Philosophen beobachtet, dass Pflanzen ihre Blätter am Tage öffnen und sie in der Nacht schließen, und daraus geschlussfolgert, dass dieses merkwürdige Verhalten vom Sonnenlicht gesteuert wird. De Mairan war von ihren Argumenten nicht überzeugt und beschloss, ein einfaches Experiment durchzuführen, das Jahrhunderte gängiger Annahmen einem Härtetest unterziehen sollte.

De Mairan entschied sich dafür, sein heute klassisches Experiment mit Hilfe von Mimosa pudica durchzuführen, einer Pflanze, die für ihre schnellen und äußerst vorhersagbaren Blattbewegungen bekannt ist. Jeden Morgen öffnet und hebt Mimosa pudica ihre Blätter, und jeden Abend schließt und senkt sie sie. De Mairan folgerte daraus, dass die Pflanze, falls sie tatsächlich vom Sonnenlicht beeinflusst sein sollte, mit den Bewegungen aufhören müsse, sobald man sie in völlige Dunkelheit versetzt. Um herauszufinden, ob das der Fall war, nahm er eine der Pflanzen und schloss sie in einen stockdunklen Schrank ein. An den folgenden Tagen zündete de Mairan eine Kerze an und spähte vorsichtig hinein. Obwohl sie keinen Zugang zum Sonnenlicht hatte, blieben die Blätter der Pflanze tagsüber munter und nachts schlaff. Seine Untersuchung hatte gezeigt, dass viele der größten Philosophen der Welt einem furchtbaren Irrtum aufgesessen waren und dass nicht das Sonnenlicht für das Verhalten von Mimosa pudica verantwortlich war.

Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung arbeitete de Mairan an mehreren bedeutenden astronomischen Projekten. Unter anderem erforschte er, ob die Farben des Regenbogens in einer Beziehung zu Tonleitern standen, und versuchte, die nicht existierenden Monde der Venus zu verzeichnen. Die Folge war, dass der Astronom kein besonders großes Interesse daran hatte, seine Arbeit mit der bescheidenen Mimosa pudica zu veröffentlichen. Tatsächlich hätte der Aufsatz wohl nie das Tageslicht erblickt, hätte es nicht seinen Freund und wissenschaftlichen Kollegen, Monsieur Marchant, gegeben. Marchant nämlich war davon überzeugt, dass de Mairan einen wichtigen Durchbruch erzielt hatte, und bestand darauf, dass der Aufsatz in den Sitzungsberichten der Königlichen Akademie von Paris veröffentlicht wurde.[12] Der Artikel bestand gerade mal aus 350 Wörtern. Dennoch veränderte er die Schlafwissenschaft für immer. In den nächsten 200 Jahren führten Wissenschaftler immer komplexere Varianten von de Mairans Untersuchung durch, um die sonderbare Kraft zu entdecken, die das Öffnen und Schließen der Pflanzen steuert. Nachdem sie Tausende Pflanzen in immer lichtsicherere Schränke eingesperrt hatten, schlossen sie alle möglichen Faktoren aus, darunter Temperatur, Feuchtigkeit und das Magnetfeld der Erde. Schließlich wurde den Wissenschaftlern klar, dass die Pflanzen überhaupt nicht auf eine äußere Kraft reagierten, sondern stattdessen eine rätselhafte innere Uhr besaßen, die munter weitertickte, unabhängig davon, was in der Welt geschah. Wie ein von Meisterhand gefertigtes Uhrwerk funktionierte diese innere Uhr nach einem 24-Stunden-Zyklus und sorgte dafür, dass die Blätter der Pflanze sich tagsüber öffneten und in der Nacht schlossen.

Von der Welle ihres Erfolgs getragen, suchten die Wissenschaftler bald nach ähnlichen inneren Uhren, die sich in anderen Lebensformen verbargen. Von den einfachsten einzelligen Organismen bis zu den beeindruckendsten Säugetieren fanden sie immer wieder, wonach sie suchten. Bald schien es, als ob die gesamte Welt der Natur durch ein Uhrwerk gesteuert wurde. Nach Jahrzehnten mühseliger Arbeit gelangten die Forscher schließlich zu dem letzten Punkt auf ihrer Liste: Homo sapiens.