Mal aus der Reihe tanzen - Bernd Schreiber - E-Book

Mal aus der Reihe tanzen E-Book

Bernd Schreiber

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Beschreibung

Jetzt, im güldenen Herbst meines Lebens, wollte ich vor Wintereinbruch gern mal was schreiben. So Kurzgeschichten, z.B. über mein Leben, also völlig langweilige Sachen. Da kam diese Weltreise dazwischen, während der meine liebe Frau Marion zwei Reisetagebücher randvoll schrieb. "Na, dann schreib' doch wirklich mal was!", meinte sie anschließend. "Das kann doch nicht so schwer sein. Du fängst nicht bei Null an und brauchst Dir nichts auszudenken." Mein Ehrgeiz war geweckt und ich begann zu schreiben. Eine gute Geschichte braucht zwei Dinge: eine spannende Handlung und facettenreiche Charaktere. Nach kurzer Zeit merkte ich, dass es nichts Monotoneres gibt als unsere Reise. Wir haben acht Länder besucht (China, Vietnam, Singapur, Australien, Neuseeland, Argentinien, Peru und Kuba). Die spannende Handlung: "Lange Reisevorbereitungen, dann fliegen wir von A nach B. Wir erkunden die Stadt und essen abends gut. Am nächsten Tag auch. Und am dritten. Dann geht's zum Flughafen. Wir fliegen von B nach C..... ......Wir fliegen von J nach Hause." Ein stichwortartiges Tagebuch in eine Reiseerzählung zu 'prosaieren' ist schwierig, weil sich die Handlung nicht wie in einem Roman dramaturgisch aufregend entwickeln kann. Und die 'facettenreichen' Charaktere bleiben immer gleich, Marion und ich halt. Wir haben der Fairness halber diese Kurzfassung in die Buchbeschreibung genommen, damit Sie hier aufhören und sich gutes Geld samt der Lektüre von knapp 300 Seiten sparen können.............Respekt den Anderen (die es hoffentlich als lockere und humorvolle Reiseerzählung ohne Reiseführer-Ambitionen lesen)!

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Inhalt

Vorwort

Die Idee

Die Planung

Die letzten Tage...

Der Tanz beginnt

Ding Dong Hongkong: Wir sind's!

'Hà Nội' ist nicht schwäbisch

Futur in Singapur

Auf Du und Du mit einem Känguru

Hokey Pokey in Kiwiland

Django tanzt Tango

Prima Klima in Lima

Freies Kuba: Cuba Libre!

Zurück in die Reihe

Resümee

Weltreise???

Vorwort

Jetzt, im güldenen Herbst meines Lebens, wollte ich vor Wintereinbruch gern mal was schreiben. So Kurzgeschichten, z.B. über mein Leben, also völlig langweilige Sachen. Da kam diese Weltreise dazwischen, in deren Planungsphase ich keinen Kopf dafür hatte und während der Reise erst recht nicht. Anders meine liebe Frau Marion. Sie bekam von ihrer Tochter Dani ein dickes Reisetagebuch geschenkt (leer natürlich). Marion nahm es nicht nur mit und hielt darin Fakten sowie Eindrücke fest, sondern schrieb es randvoll, so dass wir in Argentinien ein zweites kaufen mussten, das ebenfalls kaum reichte.

"Na, dann schreib' doch wirklich mal was!", meinte sie anschließend. "Das kann doch nicht so schwer sein. Du fängst nicht bei null an und brauchst Dir nichts auszudenken." Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich nahm ihr Rohmaterial und begann zu schreiben.

Eine gute Geschichte braucht zwei Dinge: eine spannende Handlung und facettenreiche Charaktere. Nach kurzer Zeit merkte ich, dass es nichts Monotoneres gibt als unsere Reise. Die spannende Handlung:

"Lange Reisevorbereitungen. Dann fliegen wir von A nach B mit anschließendem Transfer zum Hotel. Wir erkunden die Umgebung und essen abends gut. Am nächsten Tag sehen wir uns zu Fuß die Stadt an. Abends finden wir ein schickes Restaurant zum Essen. Tags darauf machen wir eine Sightseeing-Tour durch die Stadt auf dem offenen Oberdeck eines Busses. Wir beschließen den Abend mit einem Besuch in dem Restaurant, wo wir gestern waren, weil's so gut war. Am nächsten Morgen geht's ab zum Flughafen. Wir fliegen von B nach C...........Wir fliegen von J nach Hause."

Wir haben der Fairness halber die Kurzfassung in den Klappentext genommen, damit Sie hier aufhören und sich gutes Geld samt der Lektüre von knapp 300 Seiten sparen können.

Ein stichwortartiges Tagebuch in eine Reiseerzählung zu 'prosaieren' ist schwierig, weil sich die Handlung nicht wie in einem Roman dramaturgisch aufregend entwickeln kann. Und die facettenreichen Charaktere bleiben immer gleich, Marion und ich halt. Wir haben im Laufe der Reise auch keinen explosiven Spannungsbogen abgründiger Emotionen zueinander aufgebaut, bei dem der Leser vor Aufregung kaum noch erwarten kann, dass es am Ende der Reise final zum großen Knall kommt. Wir sind einfach losgefahren, wieder nach Hause gekommen und das durchweg ziemlich glücklich.

Ich habe trotzdem durchgehalten und die folgende Erzählung zu Ende geschrieben, zu der Marion die Wahrheit und ich meine Sicht darauf beigetragen habe. Ich erzähle die Reise aus meiner Perspektive, weil Marion für meinen psychischen Zustand inklusive manch verquerer Zwischengedanken wirklich nicht verantwortlich ist. Sie konnte die Reise genießen, während ich bei Planung und Durchführung mit den Unbilden des täglichen Lebens sowie den Problemen zu kämpfen hatte, die ich mir meist selbst generiere; Und bei deren Lösung viel Zeit verplempere!

Wir haben in 10 Wochen acht fremde Länder besucht, aber ist es deshalb eine Weltreise? "Na klar", sagen alle drumrum, "ihr seid einmal im Kreis gereist, habt jeden Längengrad überquert und dort wieder angekommen, wo ihr losgefahren seid!" So einfach ist das aber nicht. Dann hätten Marion und ich von Berlin aus auch zum Nordpol fahren können, hätten an der Stange mit dem Wimpel, wo 'Nordpol' draufsteht, angefasst und wären einmal im Kreis gegangen. Das würde keine zehn Sekunden dauern, wir hätten jeden Längengrad gekreuzt und kein Mensch würde von einer Weltreise sprechen. Müsste eine 'richtige' Weltreise nicht eher dem Umfang der Erde entsprechen, also z.B. genau auf dem Äquator entlang? Beides ist irgendwie schwachsinnig. Aber ab wann und wie ist denn nun eine Reise eine Weltreise? Ja, haben Sie sich darüber schon mal 'nen Kopf gemacht? Nee? Aber ich! So generiere ich mir die Probleme, mit denen ich dann fertig werden muss. In unserem Fall habe ich mich nur mit großem Bedenken für 'Weltreise' entschieden, obwohl ich den Begriff völlig ungeklärt übernehme.

Eine Anmerkung: Wir haben's nicht so dicke, wie es manchmal aussieht, wenn wir von Business Class Flügen und Schickimicki-Hotels erzählen. Die Reise ist für uns das, was man einmal im Leben macht, etwas Außergewöhnliches, eben: einfach mal aus der Reihe tanzen. Die Lebensversicherung ist fällig geworden: Erst haben wir mit dem Geld das Leben versichert, jetzt genießen wir es damit und hauen's auf'n Kopp'.

Noch 'ne Anmerkung: Ich weiß, dass mein geschriebenes Wort nicht immer bestes Hochdeutsch ist, aber ich will ja erzählen und deshalb schreibe ich gern mal gesprochene Sprache mit ein bisschen Berliner Lokalkolorit.

Letzte Anmerkung: Wir waren so stolz, mit wenig Gepäck auszukommen, z.B. keine gute Kameraausrüstung mitzunehmen. Das sehen Sie auch an unseren Fotos im Buch, die alle nur mit einer Handykamera aufgenommen wurden. Wir wussten ja nicht, dass wir ein Buch - dazu noch mit Bildern - veröffentlichen würden und waren der Meinung, für Privatzwecke reicht die Handyqualität. Reicht sie ja auch, aber nicht unbedingt fürs gedruckte Buch. Es ist eine miese Bildqualität. Tut uns leeeeid!

Sie ahnen, dass das Ganze keine leichte Kost wird, aber ich habe mich bemüht. Um einer Reihe von Ereignissen das Spröde zu nehmen und insgesamt die Darstellung der Fakten geschmeidiger zu gestalten, habe ich einen Flunkerfaktor von höchstens 5% verwendet. Mehr nicht! Ehrlich!

Zum Schluss eines Vorwortes kommt der Dank: Wir danken denen, die das Buch gekauft haben, die uns während der Reise weder überfallen noch versucht haben, uns zu beklauen und überhaupt allen, die uns gut und hilfsbereit gesonnen waren (sogar Benno). Unser besonderer Dank gilt aber Dani, die uns von der Planungsphase an über die ganze Zeit hinweg bis zum Redigieren dieses Buches unterstützt hat. Ich würde sie so gerne das 'Schmierfett' unserer Reise nennen, aber das ziemt sich wohl für eine junge, hübsche Dame nicht.

Lasset uns nun den Tanz beginnen und möge die Übung gelingen.

Storkow (Mark), im November 2017

Widmen tun wir das Buch auch:

UNS

1. Die Idee

Ich fliege nicht gern. Nicht, dass ich Angst hätte, aber ich bin immer froh, wenn die Maschine wieder heil auf dem Boden aufsetzt. Während eines Fluges bin ich konzentriert, sitze möglichst still, um den Flug nicht zu stören, bemerke veränderte Fluggeräusche, schaue, ob die Flugbegleiterinnen ('Stewardessen' für die Älteren) freundlich und entspannt bleiben, höre gerne die souveräne Stimme des Kapitäns, achte auf Turbulenzen und ob man sich wieder anschnallen muss. Turbulenzen sind normal und nicht schlimm, zumal, wenn man das Gefühl hat, dass sie eigentlich nur zusammen mit dem Servieren einer Mahlzeit auftreten. Insbesondere zu Beginn eines Fluges hat sich mir im Laufe der Jahre folgender Ablauf aufgedrängt: Der Flieger startet, ein geiles Gefühl, wenn der Schub einen in die Sitze drückt und die Kraft körperlich zu spüren ist. Das macht mir gar nix, weil bei genügend Geschwindigkeit fliegt der quasi von ganz allein los. Aber nach wenigen hundert Metern Höhe macht die Maschine - ich weiß nicht warum - immer so eine komische Kurve, so eine 'Is' etwa irgendwas?'-Kurve, bei der die eine Tragfläche gefühlt senkrecht in den Himmel und die andere senkrecht auf den Erdboden zeigt. Der Steigflug danach ist ruhig. Wenn die gewünschte Flughöhe erreicht ist, gehen die Anschnallzeichen aus und die Flugbegleiterinnen schließen die Vorhänge zwischen 'Business' und 'Economy', damit wohl die 'Business' das Elend in der 'Holzklasse' nicht sehen soll und außerdem den Sichtschutz zwischen dem Business- sowie dem Klo-/Küchenbereich wegen optisch geschützter Essensvorbereitungen. Wenn dann der Verpflegungswagen durch die Sitzreihen tuckelt, spätestens aber, wenn ich mir ein Getränk zuführen will, fangen die Turbulenzen an. Nicht schlimm, aber es wackelt halt und das Getränk droht überzuschwappen. Achten Sie mal darauf (nicht bei mir, sondern wenn Sie selbst fliegen)!

Ich sehe auch kaum Filme während des Fluges und höre selten Musik, weil ich dann meine Umgebung nicht verfolgen kann. Am liebsten verfolge ich das kleine Flugzeug auf dem Bildschirm vor mir, kontrolliere die Flugdaten und ob das kleine Flugzeug immer schön auf der vorgesehenen Route bleibt. Dazu einen Entspannungstrunk und ich kann den Flug schon fast relaxed genießen. Beim zweiten Entspannungstrunk schweifen meine Gedanken bereits ab und ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn man ein kleines Zusatz-Computer-Progrämmchen schreiben würde. Ich würde es "Feuer-App" nennen und wenn ich es starte, dann brennt bei den kleinen Flugzeugen auf allen Bildschirmen eine Turbine oder das Heck. Das wäre doch mal ein ganz besonderes Inflight-Entertainment und hätte zumindest für mich hohen Unterhaltungswert.

Ich bin jetzt vom Thema abgekommen, aber das wird in der Folge noch häufiger passieren. Eigentlich wollte ich erzählen, wofür es wichtig ist, dass ich nicht gern fliege. Es ist für die Entstehung der Idee zu unserer Weltreise wichtig.

Wir haben australische Freunde, Suzanne und Wilson, die ich seit 1974 kenne und die uns inzwischen schon rund 10mal besucht haben. Ich war zwar mal 'drüben', aber das war 1991 und Marion war noch nicht in 'Down Under'. Jedes Mal, wenn sie uns besuchten, kam die Aufforderung eines Gegenbesuchs. Marion und ich wollen ja auch... ...und...ja...und...vielleicht nächstes Jahr! So zog sich das über einen längeren Zeitraum hin, ich war mehr bremsiger, Marion eher beschleunigender Art. Ende 2015 wusste ich, wir mussten uns dem Thema endgültig annehmen, sonst wird es irgendwann albern. Aber die 22 Stunden Flug dahin, furchtbar, selbst mit einem kurzen Zwischenaufenthalt irgendwo in Asien wird die Flugzeit nicht kürzer. Und noch schrecklicher war, man musste die 22 Stunden wieder zurück! 44 Stunden fliegen, das war eine komplette Arbeitswoche in der Luft! Soviel Entspannungshilfen in der Zeit gehen auf die Leber!

Und dann kam mir die Idee, die ich in aller Bescheidenheit nicht genial nennen möchte, aber fast: Wenn man 22 Stunden lang wieder von Australien zurück nach Deutschland fliegt, kann man stattdessen auch 22 Stunden weiter vorwärts fliegen und müsste doch auf der anderen Seite der Kugel wieder vor'kucken'. Und so ist es fast. Wenn man dann noch diese langen Flüge in kürzere, nur ein paar Stunden dauernde Abschnitte zerhackt, wäre das ein akzeptables Vorhaben.

Ein weiterer Grund, warum ich nicht so gern fliege, ist die Enge in der Economy Class. Zwischen Frankfurt am Main und Berlin ist das kein Problem, da ist es mir egal, wo ich sitze. Für die 50 Minuten könnte ich auch im Mittelgang stehen und mich an einem Griff wie in der Straßenbahn festhalten, aber bei langen Strecken ist das anders. Der Gedanke, stundenlang in einer 4er Sitzreihe zwischen einem dicken, schwitzenden und einem dicken, schnarchenden Menschen eingepfercht zu sein und mit denen um Armlehnen zu kämpfen, nervt schon. Dazu am besten noch ein paar quengelnde Kinder drumrum. Da ist die Business Class schon anders, aber wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Das ginge allenfalls vielleicht mit Ferien- und Billigfliegern. Und ich erinnerte mich gern an eine Airline, mit der wir schon mal in einer Premium Upper Super Class - oder wie immer das hieß - zu akzeptablen Preisen ganz weit geflogen sind. Wenn es nach wie vor solche Angebote gäbe, wäre es vielleicht unter Schmerzen finanzierbar.

Die Idee der Weltreise mit verschiedenen Stationen entstand kurz vor Weihnachten 2015 und ich hatte - wie meist - noch kein Geschenk. Also verpackte ich, was ich zumindest gedanklich schon hatte, in einen Gutschein mit Schleifchen und schenkte Marion - oder auch wir uns - diese Reise zu Weihnachten. Marion war vielleicht etwas überrascht, weil wir uns gegenseitig normalerweise was im Euroraum bis 200 schenken, aber sie war sofort Feuer und Flamme. Wir wussten zwar noch nicht, wo es überall hingehen sollte, aber Eckpfeiler hatten wir. Wir wollten auf jeden Fall nach Kuba, weil Marions Eltern dort ein Jahr gelebt haben (Marion is' Ossi, ich'n Wossi, weil meine Aufzucht in beiden Teilen Deutschlands erfolgte, aber das ist wieder eine andere Geschichte) und wir es erleben wollten, bevor dort nach der Öffnung Kubas die Amerikaner in Massen einfallen. Wir wollten nach Neuseeland einfach so, weil es interessant klingt, wir wollten nach Australien wegen besagter Freunde und ich wollte Marion was von Vietnam zeigen, weil ich da schon mal war und es toll fand. Alles Weitere würde nun unserer kommenden Planung obliegen, von der unabhängig vom Detaillierungsgrad schon jetzt als Ergebnis feststand:

Einmal um die ganze Welt,

danach die Taschen ohne Geld!

2. Die Planung

Selten ist etwas so einfach, wie es zunächst aussieht. Ich hatte mir die Umsetzung des Vorhabens problemlos vorgestellt. Über die Reisezeit waren wir uns einig, sie sollte Ende September beginnen und vor Weihnachten enden. Wir mussten also nur noch unsere Eckpfeiler auf einer Karte einzeichnen (s. Abb.), die sich daraus ergebende Route um einige zusätzliche Zwischenziele erweitern, die Richtung festlegen, ob es zuerst nach rechts Richtung Asien oder zunächst nach links Richtung Kuba gehen sollte, dazu die nötigen Flüge buchen, anschließend die Hotels und das war es. Pustekuchen! Die Planungsphase war von unerwarteten Herausforderungen und Querschlägen geprägt, die bis zur letzten Minute vor Reisebeginn meinen konzentrierten Einsatz erforderten.

Die Eckpfeiler unserer Route!

Der erste Querschlag war der Versuch, die Flugzeiten auf jeweils 5 bis 6 Stunden zu begrenzen. Dies scheiterte an unserem Eckpfeiler Neuseeland. Zwischen Australien und Neuseeland ist das kein Problem, aber man muss aus Neuseeland auch wieder weg. Da bietet sich Südamerika an. Nimmt man die zeitliche Wunschbegrenzung dazwischen ernst, plumpst die Maschine nach 5 bis 6 Stunden Flug einfach ins Wasser, weil viel mehr Meer dazwischen ist, als man zunächst denkt (ist auf der Karte aber genau schlecht dargestellt). Ich nehme es vorweg, es war mit 11:40 Std. letztlich der längste Flug. Die Strecke Deutschland - Kuba ergibt ein ähnliches Problem. Wenn wir nicht zu viele Zwischenstopps einlegen wollten, konnten wir das mit den kürzeren Flugzeiten vergessen.

Der zweite war kein richtiger Querschlag, sondern eher ein Dämpfer. Ich hatte mit mir einvernehmlich festgelegt, dass wir linksdrehend um die Erde kreisen würden, also zuerst nach Westen Richtung Kuba. Das war nicht bloß aus der Hüfte geschossen, sondern wohl überlegt. Bei Flügen nach Westen ist man nämlich dem Zeitzonenkater ('Jetlag' für die international Erfahrenen) nicht so stark ausgesetzt wie bei Flügen in östlicher Richtung. Die genaue Erklärung dafür habe ich ungefähr 30 Sekunden lang behalten. Folgende vereinfachte Zusammenfassung ist erinnerungsmäßig übrig geblieben: Richtung Osten fliegt man der Sonne entgegen, die ist dann immer schon da, wenn man hinkommt. Man hat also das Gefühl, immer früher als gewohnt aufzustehen. In Richtung Westen dagegen fliegt man der Sonne hinterher, der Abend z.B. zieht sich ganz lange hin. Man bleibt im Abendmodus und hat das Gefühl, einfach nur mal länger aufzubleiben. Und den meisten Menschen fällt es leichter, ausnahmsweise mal später ins Bett zu gehen als ungewohnt früh aufzustehen. Von daher wird der Zeitzonenkater bei Flügen in Richtung Westen häufig weniger stark empfunden. Wem die Erklärung zu platt ist, der soll doch selber nachlesen.

Ich trug also Marion meinen wohlbegründeten Vorschlag vor. Sie meinte, das hieße also, dass wir Ende September/Anfang Oktober in Kuba wären? Ja! Dann kam die Dämpfer-Frage: "Da ist doch Hurrikan-Saison in der Karibik, oder?" "Oha, ja!" Die Begriffe 'fliegen' und 'Hurrikan' passen für mich noch weniger zusammen als das mögliche Auftreten eines Hurrikans in Verbindung mit meinem aktuellen Aufenthaltsort. Schwupp, drehten wir die Reiserichtung nach rechts mit dem ersten Ziel Asien. Dann würden wir erst zum Schluss der Reise, Ende November Anfang Dezember, nach Kuba kommen, wenn der Wind sich gelegt hat.

Dann kam Marion mit einer Dimension, die bei mir völlig ausgeblendet war: "Wann gehen wir denn mal ins Reisebüro?" Ich und Reisebüro? Ich, der Lonesome Rider und Hippie im Geist der 60er Jahre mache keine Pauschalreise. Ich frühstücke doch nicht um 7 Uhr, um pünktlich um 8.30 Uhr mit einem Dutzend Leidensgenossen in einen für kleine Menschen konstruierten Bus zu steigen, mich einen halben Tag auf der Hinterachse eben jenes Busses durchschleudern zu lassen, um den anderen halben Tag im Zuge der generalstabsmäßig durchgeplanten und geführten Kurzausgänge dem hochgehaltenen Schirm des Fremdenführers ('Guide' für die Jüngeren) zu folgen. Nein, Django geht nicht ins Reisebüro, Django macht das auf eigene Faust.

Ich muss aber zugeben, in meiner Jugend nicht wirklich ein wilder 60er gewesen zu sein, ich war mehr so die Karaoke-Version eines Hippies. Die Haare waren mit Rücksicht auf die Eltern nicht richtig lang und meine mutigste Flower-Power-Tat war der Erwerb einer buntbestickten Hippie-Lederweste mit Peace-Zeichen. Die war richtig Anti-Establishment, groß und dick, außen aus Schafs- oder Ziegenleder und innen noch mit dem richtigen Fell. Meine Mutter verbannte die Weste nach drei Tagen in den Keller, weil sie zu stinken anfing, insbesondere das Fell bei Kontakt mit Feuchtigkeit. Wenn ich sie aus dem Keller holte, anzog und meine blassen und dünnen Oberärmchen aus den riesigen Armlöchern heraushingen, sah das weder hippie- noch rockermäßig aus. Letztlich war wohl an zwei Händen abzuzählen, wie oft ich sie anhatte, zumal sie zugegebenermaßen nur unter freiem Himmel und keinesfalls in geschlossenen Räumen einsetzbar war.

Ich bin irgendwie wieder vom Thema weg. Aber ich kriege die Kurve, denn zumindest einmal fühlte ich mich in jener Zeit in Wildwest-Manier. Mit damals Anfang 20 war es das letzte Mal, dass ich in ein Reisebüro gegangen bin und einen Pauschalurlaub gebucht habe. Dieser bestand darin, mit meiner Freundin zusammen drei Wochen lang in einem Planwagen mit einem Pferd vorne dran durch Irland zu rumpeln. Haben Sie schon mal drei Wochen lang jeden Morgen ein Pferd auf- und abends wieder abgezäumt, versucht, einem riesigen Kaltblüter ein gefühlt tonnenschweres Kummet umzuhängen oder ihn zwischen den Holzstangen eines Planwagens einzuspannen? Ich dachte, man könnte das Pferd einfach hinstellen und den Wagen von hinten an das Pferd schieben und festbinden. Aber der Wagen war so schwer, dass wir ihn auch zu zweit nicht richtig bewegen konnten. Das Kunststück war, jeden Morgen den bewegungsarmen und beratungsresistenten Gaul rückwärts zwischen die beiden Holzstangen zu schieben. Ich sage Ihnen, auf dieser Reise gab es auch viele Rückschläge, aber das steht auf einem anderen Blatt, ich will ja nicht abschweifen.

Das Thema Pauschalreise war schnell vom Tisch, weil es unwahrscheinlich war, dass es ein fertiges Angebot geben könnte, das genau unsere Wünsche zeitlicher, geografischer und finanzieller Art erfüllen würde. Das meinte Marion auch nicht, aber die Möglichkeit, in ein Reisebüro zu gehen, unsere Wünsche zu artikulieren und sich dort mit fachlicher Beratung ein gutes Angebot erstellen zu lassen. Meine Argumentation war, dass wir doch erst einmal klären müssten, in welche Länder wir wie lange fahren wollen und anschließend könnten wir doch Flüge und Hotels einfach im Internet buchen und viel mehr bräuchten wir doch nicht. "Dann fragen wir wenigstens mal Elke", sagte Marion. Elke? Welche Elke? Ach so, die Elke, die eigentlich Heike ist.

Im Zuge meiner Vermählung mit Marion habe ich in eine recht große Familie eingeheiratet, ohne übrigens jemanden mitbringen zu können, weil ich bereits seit langer Zeit über keine Verwandten mehr verfüge (als mein Vater vor fast 20 Jahren als Letzter starb, gab mir ein lieber Freund den Rat: "Wenn es bei Dir mal soweit ist, denk' dran und mach's Licht aus."). Dieses Verwandtendefizit führte dazu, dass ich Schwierigkeiten mit der Zuordnung von Verwandtschaftsverhältnissen habe, insbesondere wenn sie mehrfach und weit verzweigt sind. So hat Marion mehrere Cousinen, eine davon ist Elke, die in einem Reisebüro arbeitet. Problem ist, dass Elke wie mein Jugendschwarm Heike aussieht (der übrigens völlig einseitig blieb), oder sagen wir mal exakter: Wenn ich mir Heikes Äußeres von damals um eine gewisse Reihe von Jahren vorwärts weiter entwickelt vorstelle, dann hat es große Ähnlichkeit mit Elke, weshalb ich eigentlich Heike statt Elke zu ihr sagen will. Verkomplizierend will es das Schicksal, dass Marions weitere Cousine die Schwester von Elke ist und - man ahnt es - Heike heißt. Aber diese Heike sieht nicht wie Heike aus, Elke sieht wie Heike aus, aber deren Schwester Heike sieht nicht wie eine Elke aus, weil ich eigentlich gar keine Elke kenne. Ich hör' jetzt auf.

Also besuchten wir Hei...äh...Elke! Sie beriet uns ausgezeichnet, vor allem, weil sie meinen Standpunkt unterstützte. Es würde Sinn machen, sich erst mal über die Flüge Klarheit zu verschaffen und dann wieder zu ihr zu kommen, wenn die konkreten Buchungen anstünden. Insbesondere bei Arrangements stünden den Reisebüros oft Kontingente zur Verfügung, die viel günstiger als direkte Einzelanfragen über das Internet sind. Z.B. könnten wir unsere Reise nach Kuba doch auf der Halbinsel Varadero mit einem mehrtägigen Bade-, Entspannungs- und Cuba-Libre-Teil als All-Inclusive-Paket beschließen. Das mit dem All-Inclusive gefiel mir sofort, weil wir uns dann in den letzten Reisetagen um nichts mehr kümmern müssten. Wir sollten Elke bei konkreten Zielen und Aufenthaltswünschen einfach fragen. Mit diesen Infos konnten wir uns nun endlich an die konkrete Planung machen.

Das 'wir' bei einer Planung ist nicht der optimale Ansatz. Wir können zwar gut zusammen vor einem PC sitzen, aber einer kann ja nur die Maus handhaben und der Mäuseführer hat in der Regel das Sagen. Leider sind Marion und ich beim Surfen im Internet kleine Alpha-Tiere und wollen jeder bestimmen, wie und wo es langgeht. "Geh' mal da hin, klick doch das mal an!". "Nein, ich schau erst mal, wo es hier hingeht oder was da passiert." "Da waren wir vorhin schon, das ist noch in dem Reiter da oben geöffnet!" "Wo bist Du denn, hier sind wir doch völlig falsch!" "Öffne das doch erst mal in einem neuen Fenster!" So'n Quatsch, die alten Fenster tun's doch auch, denke ich und gebe Marion die Maus rüber: "Na, dann mach Du doch!". Sie übernimmt, und das Ganze geht mit umgekehrten Rollen weiter. Wir einigen uns, die Route gemeinsam zu planen und dass ich anschließend allein vorlege, indem ich Angebote heraussuche, die wir zusammen besprechen.

Also sehen wir uns die Verbindungslinie zwischen Deutschland und Vietnam an. Iran, Afghanistan und selbst Pakistan kommen für uns als erste Zwischenstation aus wahrscheinlich nachvollziehbaren Gründen nicht in Frage. Aber etwas südlich darunter in den Arabischen Emiraten waren wir beide noch nicht. Dubai ist z.B. ein beliebtes Reiseziel. Von da aus könnte man nach Indien fliegen oder gleich weiter nach Thailand, China oder Malaysia. Marion reizt Indien nicht und in Bezug auf die anderen Länder ist es ihr egal. Ich votiere für Hongkong, weil ich diese englisch-chinesische Mischung gerne kennenlernen möchte. Anschließend könnten wir nach Hanoi in Vietnam fliegen und von da aus z.B. nach Sydney in Australien. Von Hanoi gibt es aber keine Direktverbindung nach Sydney, man muss z.B. einen Zwischenstopp in Kuala Lumpur oder Singapur einlegen. Na, dann bleiben wir halt gleich ein paar Tage länger in einem der Länder. Wir entschließen uns für Singapur, weil es auch schon schön nah an Sydney liegt ('nur' ein 7:45 Std. Flug!). Nach unserem mit 3-4 Wochen längsten Aufenthalt in Australien soll es dann weiter nach Neuseeland gehen. In Neuseeland haben wir uns Auckland als Start- und Zielpunkt auserkoren, so dass es im Anschluss an Neuseeland von Auckland aus irgendwo weiter nach Südamerika gehen soll. Das 'Irgendwo' schränkt sich dann bald auf Chile oder Argentinien ein, weil - wie schon erwähnt - es wegen der irren Entfernung kaum weitere Direktflüge gibt. Ich verbinde mit Chile nicht viel, Marion schon. Ihr Vater war Botschafter dort, aber nur kurz bis zu jenem schlimmen 11. September. Nein, nicht den, sondern den 11.9.1973, als Präsident Salvador Allende sich während eines Militärputsches erschoss. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Mit Argentinien verbinde ich mehr, habe feurige Tango-Tänzerinnen vor Augen, verfolge gedanklich eine Horde Gauchos, die eine Herde Rinder zusammentreibt, und bei der Vorstellung eines riesigen, saftigen Steaks läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Argentinien erhält den Zuschlag! Dass wir von dort aus Peru als nächstes Etappenziel wählen, hängt mit Machu Picchu, der legendären Ruinenstadt der Inkas, zusammen. Wenn ich die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Südamerika nennen soll, fällt mir nach den Tanga-Mädels der Copacabana gleich Machu Picchu als Zweites ein. Also würden wir von Buenos Aires nach Lima fliegen (gut 5 Stunden Dauer), in Peru die alten Inka-Behausungen besuchen und dann von Lima weiter nach Havanna auf Kuba fliegen (5,5 Std. Dauer). Das waren für mich akzeptable Flugzeiten. Von Kuba aus hätten wir dann noch schön in gut 3 Stunden nach New York fliegen können. 'Hätte, hätte, Fahrradkette!' Ging aber nicht, weil es zu der Zeit den offiziellen Linienflugverkehr zwischen Kuba und den USA noch nicht wieder gab. Der wurde natürlich erst kurz vor unserem Kubabesuch wieder eingeführt (jetzt kann man für 125 Euro von Havanna direkt nach New York fliegen). Dabei hätten wir uns gerne zusammen New York angesehen, denn Marion war noch niemals in New York. Dafür hätten wir aber zunächst nach Kanada fliegen müssen, um von dort dann in die USA einzureisen. Das war uns in Anbetracht unserer bis dahin ohnehin schon langen Reise zu viel. Demzufolge hieß es, von Kuba direkt zurück nach Deutschland.

Neben der Routen- ist natürlich die Zeitplanung wichtig. Wir haben die zeitlichen Eckpfeiler: wir wollen Ende September los (damit wir noch einen schönen Sommer haben, bevor wir abstürzen oder sonst was auf der Reise passiert), die Reisedauer soll nicht mehr als 3 Monate betragen, wir wollen vor Weihnachten zurück sein, in Australien 3 bis 4 und in Neuseeland 1 bis 2 Wochen verbringen, während der Zwischenstopps 3 bis 5 Tage sowie in Peru wegen Machu Picchu 8 bis 10 Tage weilen. Da uns Elke mit der Aussicht auf einen paradiesischen Badeurlaub zum Abschluss angepiekst hat, drehen wir die Aufenthaltsdauer in Kuba auf rd. 10 Tage herauf. 'So here are the results of the German Storkow Planning Jury:'

Abfahrt: 26.9.2016

1) China (Hongkong)

4 Tage

2) Vietnam (Hanoi)

4 Tage

3) Singapur (Singapur)

3 Tage

4) Australien

27 Tage

5) Neuseeland

10 Tage

6) Argentinien (Buenos Aires)

5 Tage

7) Peru (Lima)

8 Tage

8) Kuba

9 Tage

Ankunft: Nikolaus zu Hause 6.12.2016 (Schuhe waren alle leer, aber vorher auch ungeputzt.)

Die Planung steht!

Wir öffnen eine Flasche Sekt und begießen das einvernehmliche Ergebnis. Wir sind uns außerdem einig, dass wir alle Flüge und Hotels für den Erstaufenthalt nach dem Flug in ein neues Land vorher buchen. Und zwar die Flüge jetzt, ca. ein halbes Jahr vor Abreise, denn das soll wirklich klappen. Die Hotels können wir später buchen, da findet sich immer etwas.

Freunde und Verwandte (merke die Unterscheidung), denen wir von unserer Reise erzählen, fragen fast immer als Erstes, was wir denn in der langen Zeit mit Bolero machen. Diese Frage ist ausnahmsweise kein Querschlag, der uns überraschen kann. Natürlich haben wir von Anfang an daran gedacht, was mit unserem Hund Bolero in der Zeit passiert. Bolero ist rassistisch gesehen ein Rhodesian Ridgeback, Rüde, zur Planungszeit drei Jahre alt, also im besten Hundemannesalter und gaaaaaanz lieb. Es sei denn, ein Radfahrer, Jogger oder anderer Hund kreuzt sein Blickfeld. In diesen Fällen ist seine Toleranzschwelle leider äußerst gering und er sollte nicht die freie Entscheidung darüber haben, umzusetzen, was er in dem Moment zu tun gedenkt. Also nicht unbedingt das Schoßhündchen, das man jemanden für 10 Wochen zur Aufsicht geben kann. Aber wir haben ja unser liebes Helferehepaar Flörshof für Haus und Garten, das Bolero von Anfang an gut kennt und ihn bisher immer genommen hat, wenn wir eine Woche weg waren und ihn nicht mitnehmen konnten. Aber nie mehr als eine Woche, also nicht zehn! Die beiden sagen trotzdem sofort zu, ihn für die gesamte Dauer zu nehmen. Die Freunde und Verwandten lassen aber nicht locker, es folgen weitere bohrende Anmerkungen bzgl. der langen Zeit: "Man kann einen Hund doch nicht zehn Wochen lang alleine lassen, das geht nicht! Der erkennt nach 6 bis 7 Wochen die 'Pflegeeltern' als neues Frauchen und Herrchen an und Euch nicht mehr!" Solche und ähnliche Hinweise kamen. Wir haben gegoogelt und mal solche, aber auch gegenteilige Kommentare gefunden, sinngemäß z.B.: Der Hund hat kein Zeitgefühl und ist ein Opportunist, der dem folgt, der nett zu ihm ist und ihn füttert. Wir haben das für uns Bequemere genommen und sind davon ausgegangen, dass er keinen psychischen Schaden während unserer langen Abwesenheit nimmt. Das ist ja das Schöne am Internet und dem Postfaktischen, dass man das ganze Spektrum möglicher Begründungen findet und einfach das als Argumentation nehmen kann, was der gewünschten Vorstellung entspricht und damit zu der eigenen Überzeugung beiträgt, das dem auch 'wirklich' so ist. Also ist Boleros Verbleib geklärt und wie er das letztlich mit möglichen Beeinträchtigungen überstanden hat, wird im letzten Kapitel erzählt.

Die andere Frage aus dem Umfeld erwies sich schon eher als Querschlag. "Was macht ihr denn mit euren Schlangen?" Au Schiete, an unsere Schlangen haben wir echt nicht gedacht. Nun sind es nicht wirklich unsere Schlangen, sondern meine Schlangen. Marion hat ein distanziertes Verhältnis zu Schlangen und fasst sie zu meinem Unverständnis noch nicht mal an oder hängt sie sich um den Hals. Dass sie es aber war, die mir eine Schlange geschenkt hat, hängt mit großer Liebe zusammen und ist wieder eine andere Geschichte.

Ich nenne jedenfalls vier Würgeschlangen mein, Kornnattern, also ungiftig, so 1,2 bis 1,5m lang, liebe Tiere und sie verstehen sich auch gut mit Bolero. Schlangen sind wunderbar, haltungsmäßig sehr genügsam, brauchen alle 1-2 Wochen eine tote oder lebendige Maus, müssen nicht raus und wollen nicht spielen. Ihr Pipi ist nicht flüssig, sondern kommt als Harnstein zusammen mit dem Kacki in fest gebundener Form heraus. Man kann das Paket mit einem Esslöffel elegant entsorgen und den Löffel wie unbenutzt wieder zurück...nein, das mache ich natürlich nicht. Das Einzige, was sie brauchen, ist regelmäßig frisches Wasser zum Saufen und zwecks hoher Luftfeuchtigkeit im Terrarium. Also eigentlich einfach, man müsste nur jemand finden, der Wasser nachkippt bzw. hineinsprüht sowie regelmäßig tote Mäuse hineinwirft. Der Haken ist aber, dass man mehrere Schlangen in einem Terrarium nicht zugleich füttern soll. Es kann nämlich durchaus passieren, dass sich zwei Schlangen gleichzeitig für die Maus interessieren. Wenn dann - für Ihre Imagination - mal angenommen eine von links und eine von rechts kommt und bei beiden mehr oder minder zeitgleich der instinktmäßig fest verankerte Fress- und Jagdtrieb ausgelöst wird, verbeißen sich beide blitzschnell in die Maus. Der angeborene Trieb und schief sitzende Zähne verhindern ein Loslassen der Beute. Stattdessen beginnen beide von jeweils einer Seite die Maus in sich hineinzuwürgen, eben zu schlingen. Die weitere Entwicklung und das Finale bleibt ihrem Kopfkino überlassen. Ja, es soll bei starken Größenunterschieden zwischen den Schlangen vorgekommen sein, dass die größere einfach weiter geschlungen und die kleinere mit hineingezogen hat. In solch drohenden Situationen raten Fachleute, die Maus in der Mitte mit einer Schere durchzuschneiden.

Diese kurzen Ausführungen mögen genügen, um transparent zu machen, warum ich die Schlangen nicht zusammen füttere. Die Konsequenz daraus ist aber, dass zum Füttern jede Schlange einzeln herausgenommen und in ein separates Terrarium gelegt werden muss, mit anschließendem Retour nach der Mahlzeit.

Was tun, wen dafür finden? Uns fiel keiner ein, der so schlangenaffin ist und ohne Lösung könnte das zu einem mittleren Problem führen. Aber wenn uns jemand helfen kann, dann unsere Helfer. Wir trauen uns kaum zu fragen, schließlich haben sie Bolero bereits zur Untermiete, das ist betreuungsmäßig schon nicht ohne, aber da kommt es vielleicht auf ein paar Schlangen nicht mehr an. Und richtig, nicht nur, dass sie zusagen, Frau Flörshof ist richtig begeistert. Sie fasst Schlangen unheimlich gern an und hatte früher selbst solch Ungetier wie Bartagame und einen Ochsenfrosch. Da sie sowieso häufiger nach Haus und Garten sehen würde, könnte sie bei der Gelegenheit die notwendigen Fütterungen vornehmen. Bingo, nächstes Problem gelöst!

Nein, keine Angst, wir haben uns nicht bei 'Bernds Tierleben' festgefahren. Sie werden es kaum glauben, aber es geht jetzt wirklich mit der Reiseplanung weiter.

Ich setze mich also an den PC (allein) und besuche im Internet die bekannten Reise-Plattformen dieser Welt. Ich kann es schon vorweg nehmen, dass das Angebot sowohl im Flug- als auch Hotelbereich wirklich gut ist, transparent, vernünftig handhabbar und letztlich alles verlässlich für uns geklappt hat. Natürlich findet man den ein oder anderen Webauftritt eckig und spröde, ärgert sich über vermeintlich schlechte Suchfunktionen oder ist überrascht, wenn im letzten Moment kurz vor Kaufabschluss, also vor dem finalen 'Klick of no return' noch eine 10%ige Servicepauschale vom Himmel direkt in die Kostenzusammenfassung und damit ins Auge fällt. Die Unsitte der im letzten Moment auftauchenden Servicepauschale ist mir auch bei anderen Dienstleistungen bereits öfter aufgefallen. Im Fall von Flug- und Hotelbuchungen kann ich nur empfehlen, auch die Internetseiten der Fluggesellschaften und Hotels direkt zu besuchen, um ggfs. dort zu buchen und weitere Zusatzkosten zu vermeiden. Wir haben letztlich sowohl direkt als auch über Reise-Plattformen im Internet als auch über Reisebüros gebucht.

Gleich bei der ersten Flugbuchung ignoriere ich unsere selbst gesetzten Vorgaben. Es gibt zwar Billigflieger nach rechts Richtung Hongkong, aber die kennt Bernd nicht und dann fremdelt er. Er ist auch noch nie mit 'Emirates' geflogen, aber von denen hat er viel Gutes über den Service gehört und die stehen auch auf dem Leibchen einer seiner Lieblings-Fußballmannschaften. Außerdem bieten die einen Sondertarif für Paare an und es soll ein Airbus A380 auf der Strecke eingesetzt werden, mit dem ich schon mal gerne fliegen möchte. Ich durchlaufe den natürlichen Prozess des Abbaus kognitiver Dissonanzen (hoch gestochen für 'schön reden') und argumentiere mit mir selbst, dass ein sehr angenehmer und komfortabler Flug als Erstetappe doch genau der richtige Einstieg in eine sicher anstrengende Reise wäre. Gerade Asien mit seinen riesigen Metropolen würde uns bestimmt psychisch und vor allem physisch fordern. So laufen Entscheidungsprozesse: der Business-Flug mit 'Emirates' war sauteuer, aber - ich nehme es vorweg - schöööööön!

Bei den anderen Flügen habe ich mich an unsere Vorgaben gehalten und versucht, einen günstigen Direktflug in der Business Class zu buchen. Manchmal war ich dabei hin- und hergerissen: Sollte ich nur nach dem Preis gehen oder auch nach der Sicherheit? Es gibt eine Sicherheitsrangfolge von 60 Fluggesellschaften (JACDEC), die man sich für jedes Jahr im Internet ansehen kann. Wen soll ich davon nehmen, die auf den ersten oder die auf den letzten Plätzen? "Na, die auf den ersten Plätzen natürlich, das sind doch die sichersten", sagen fast alle. "Moment", sage ich, "auch wenn von denen bisher noch nie eine abgestürzt ist, kann das doch heißen, dass da statistisch gesehen einfach mal demnächst eine dran ist, während die auf den Schlussplätzen es schon hinter sich haben, also in nächster Zeit sicher sind." Tja, menschliche Logik muss ja nicht immer gleich sein. Aber natürlich sollten die Bewertungen in jedem Fall gut sein.

Ein Beispiel der Unsicherheit war der Flug von Singapur nach Sydney, der dauert rd. 7,5 Std. und der Favorit bei den Angeboten als Direktflug lag bei unglaublichen 100 Euro! Wir hatten die Gesellschaft vorher noch nie gehört! Und der Name klang so nach Scooter wie Auto-Scooter, so Gas geben und bumm krach ineinanderfahren, durchgeschüttelt werden und weiterfahren. Andererseits, wenn die Maschinen von denen reihenweise Probleme hätten und runterfallen würden, hätte man davon gehört. Mich beruhigte, dass es die Tochtergesellschaft einer bekannten Airline mit gutem Ruf war. Als wir dann noch feststellten, dass die Tochter mit Boeing 787 'Dreamlinern' fliegt und damit eine der modernsten Flotten der Welt zu jenem Zeitpunkt hat, sind wir überzeugt. Zumal es auch eine Business Class für 'horrende' 350 Euro gibt, schlagen wir zu und buchen für zusammen rd. 700 Euro diesen Flug.

Ungefähr vier Monate vor Abreise haben wir die Flüge in trockenen Tüchern, wobei sich bald herausstellt, dass ein, zwei Tücher noch nass waren, aber dazu später.

Ungefähr 8 bis 12 Wochen vor Abreise beginnen wir mit den Hotelbuchungen. "Na", werden Sie vielleicht sagen, erst die Flüge, jetzt die Hotels, da fehlt nur noch die Vollpension und ein paar Sightseeing-Touren und dann ist die Pauschalreise komplett, halt nur wesentlich aufwändiger was Zeit, Organisation und Kosten betrifft. Nein, nein, so ist es nicht! Wir buchen nur die 'Ankunftshotels' in einem Land. Wenn ich schon fliegen muss und dann noch so lange, komme ich am Ziel bestimmt nicht erfrischt an. Das Letzte, worauf ich dann Lust habe, ist anzufangen, nach einer geeigneten Unterkunft zu suchen. Also buchen wir immer das erste Hotel in einem neuen Land vor, um bei Ankunft auf der sicheren Seite zu sein. Zugegebenermaßen ist es meist auch das letzte Hotel in dem Land, weil wir oft nur 3 bis 5 Tage bleiben. Es macht keinen Sinn, in diesem Zeitraum das Hotel nochmal zu wechseln. Wir müssen weiter zugeben, dass wir teilweise auch den Transfer vom Flughafen zum Hotel und retour sowie die Leihautos für Australien und Neuseeland vorher reserviert haben. Aber in den beiden Ländern haben wir uns wirklich erst zeitnah vor Ort ein Hotelzimmer gesucht! Dadurch und wegen anderer Eigenarten zeichnen wir uns als richtige Abenteurer aus.

Wenn es kein anderer macht, muss ich es wieder selbst machen! 'Innovativ-Bernd' hat darüber nachgedacht, was einen Abenteurer auszeichnet und eine Unterteilung in 4 Kategorien erarbeitet. Ein Abenteurer hat Mut und wagt etwas auf eigene Faust, obwohl der Ausgang der Unternehmung ungewiss ist. Er stürzt sich ins Ungewisse, muss seine Ängste im Griff haben und in der Lage sein, lauernde Gefahren und ihre Konsequenzen richtig einzuschätzen. Wenn es dann anders kommt und das Schicksal unerwartet auf einen eindrischt, kann es zu psychischen/physischen Schäden und viel Leid führen. Ein Beispiel dafür ist, wenn man auf einem Flughafen die Ankunftshalle betritt und es ist kein bestellter Fahrer weit und breit mit unserem Namensschild zu sehen. Dann steht man einsam, verlassen und hilflos mit seinen Koffern rum. Ich nehme es vorweg. Das ist uns in Havanna passiert. Mann, war ich aufgeregt, wurde blass, obwohl mein Blutdruck wahrscheinlich am Anschlag war. Organisierte natürlich trotzdem noch alles, indem ich auf die Taschen aufpasste und Marion durch die Halle auf die Suche nach unserem Namensschild schickte. Sie kam unverrichteter Dinge zurück. Ich versuchte, die Transferfirma, bei der wir vorher gebucht hatten, telefonisch zu erreichen, regte mich zusätzlich auf, dass ich keinen erreichte und nur auf den Anrufbeantworter sprechen konnte. Dort lud ich meinen gesamten Ärger ab und bat nicht, sondern forderte, dass man mich sofort zurückrufen solle. Es rief niemals jemand zurück. Später, als wir wieder in Deutschland waren, hörte ich zu Hause auf unserem Anrufbeantworter meine eigene, ärgerliche Stimme. Ich hatte zu Hause angerufen, ohne es zu merken. Bevor die dramatische Situation vor Ort aber weiter eskalierte und mir noch nachhaltig Leid widerfuhr, sagte Marion: "Mein Gott, dann nehmen wir eben eine von den vielen Taxen, die draußen rumstehen." Diese unerwartete Lösung erdete mich wieder. Wie es ausging, lesen Sie später.

Hier zeigt sich aber spätestens, dass wir richtige Abenteurer sind. Nun gut, vielleicht nicht so richtig wie manche andere. Wir würden nicht unbedingt allein eine Wüste oder die Antarktis durchqueren, auf den Mount Everest klettern, eine Weltumsegelung machen oder nachts durch Berlin Kreuzberg gehen. Die so etwas machen, würde ich die wahren Abenteurer der ersten Kategorie nennen. Wir gehören aber auch nicht in die letzte Kategorie 4 der Pseudoabenteurer, die an durchorganisierten Gruppenreisen teilnehmen. Wer unterwegs fortwährend von einer Reisebetreuung umgeben ist, unternimmt kein eigenverantwortliches Wagnis und unterstellt sich dem - aus Sicht des Reiseveranstalters auch verständlichen - Anspruch, dass alle möglichen Gefahren von ihm durch die Reiseleitung abgewendet werden und er in allen 'Events' entsprechend abgesichert ist. Darüber hinaus kann er noch Versicherungen für alles Mögliche abschließen (uii, da fällt mir ein, was ist eigentlich mit unserer Reiseversicherung?). Dieser Tourist ist kein wahrer Abenteurer, sondern erlebt Pseudoabenteuer. Statt des selbstverantwortlichen Wagens lässt er sich 'be-abenteuern' (ist nicht von mir, sondern von einem weisen Professor).

Und wir mit unserer Reise liegen dazwischen. Jedenfalls so ungefähr, wären da nicht noch vor uns die meist jungen Menschen, die mit ganz anderen Ansprüchen, nämlich wesentlich geringeren in Bezug auf Planung, Lebensstil, Sicherheit und Komfort unterwegs sind. Die mit 300 Euro zwei Jahre durch Südamerika trampen, mit Badelatschen durch den Himalaya streifen, sich beim Kitesurfen nach Kalifornien wehen lassen oder in den 70er Jahren einen alten VW-Bus gekauft haben und nach Indien gefahren sind. Sie gehören zur Kategorie 2, für die gilt:

Wir sind jung und sagen:

"Was kostet die Welt, wir reisen auch ohne Geld!"

Wir beide gehören zur Kategorie 3, für die gilt:

Wir sind alt und fragen:

"Was kostet die Reise, wie hoch sind die Preise?"

Wir gehören zu denen, die es schon gern ein wenig bequem und gemütlich haben, gern gut essen und trinken sowie einem gewissen Wohlfühl- und Genussfaktor frönen. Wir übernehmen auch gern die Absicherung unserer Reise in Bezug auf Weg, Transport und Aufenthalt von Kategorie 4, aber die Entscheidung, wo, wann oder was wir besichtigen, besuchen oder zu uns nehmen, soll uns selbst vorbehalten bleiben. Wir wollen während dieser Zeit den Tagesablauf zwanglos frei bestimmen können. Wir haben vor, die neuen Eindrücke der fremden Kulturen auf uns zukommen zu lassen, in die Geschehnisse 'einzutauchen' und die damit verbundenen Erlebnisse bewusst gemeinsam aufzunehmen. Einfach anderes Leben erleben und wirken lassen. Punkt! Viel mehr eigentlich nicht. Wir mögen ja in die Nähe von Kulturbanausen gehören, aber der Wissens-Zufuhr-Durst in Bezug auf jede Art von verbauten oder naturbelassenen, alten Steinen ist bei uns eher gering ausgeprägt. Mir fällt auch vor der Reise gar nichts Besonderes ein, wenn ich darüber nachdachte, was man wohl an Bauten oder Sehenswürdigkeiten gesehen haben muss: Hongkong: Hochhäuser, Vietnam: Niente, Singapur: antiseptische Hochhäuser, Australien: okay, Oper und Ayers Rock, Neuseeland: okay, Schafe, Argentinien: Niente, Peru: okay, Machu Picchu, Kuba: Oldtimer? Ein Graus für alle geografisch, architektonisch, historisch und ethnologisch Interessierten. Aber so isses!

Die Hotels suchen wir gemeinsam aus. Bei den Reservierungen so weit im Voraus ist darauf zu achten, dass man trotzdem die Möglichkeit der Stornierung bis einen Tag vor Anreise hat. Dies ist selbst bei den meisten Hotels, die Schnäppchenpreise anbieten, möglich. Insgesamt verlaufen die Buchungen im Internet mal direkt und mal über Buchungsplattformen weitgehend problemlos, nur in Kuba haben wir Schwierigkeiten, geeignete Hotels zu finden. Es gibt ein paar, die liegen zwischen 400 und 500 Euros pro Nacht und ein paar im 2-Sterne Bereich, die etwas sehr rustikal wirken. Wer hilft? Elke natürlich. Sie besorgt uns ein geeignetes Hotel in Havanna und dieses schnuckelige 'All-Inclusive-Itsy-Bitsy-Teeny-Weeny-Strand-Bikini'-Hotel auf der Halbinsel Varadero in Kuba.

Wir öffnen ein Fläschchen Sekt und stoßen darauf an. Wir fühlen uns bereit!

Wären da nicht noch die Fragen der Impfungen, Visa, Internationaler Führerschein, Reiseversicherung, Krankenversicherung sowie Hin-und Rückfahrt zwischen unserer Heimatstadt in Brandenburg und Frankfurt am Main. Rollen wir das Feld von hinten auf! 'Unser' Storkow (Mark) kennt man nicht unbedingt, es liegt 60 km südöstlich von Berlin und es gibt keinen Direktflug von Storkow nach Hongkong, selbst mit einem Zwischenstopp nicht. Aber von Berlin aus gibt es einen. Warum ich trotzdem den Flug nach Hongkong von Frankfurt am Main gewählt habe (und den zurück von Kuba auch wieder nach Frankfurt) ist mir im Nachhinein selbst nicht klar. Irgendwie ist in mir verankert, dass die großen internationalen Flüge vom Rhein-Main-Airport losgehen. Außerdem habe ich dort sehr lange gelebt (also nicht auf dem Airport, aber im Rhein-Main-Gebiet) und eine Reihe von Freunden dort, die wir vor dem Abflug noch mal besuchen können. Und wirklich, Volker, ein langjähriger Arbeitskollege, lädt uns zu sich ein, am Vortag der eigentlichen Abreise zu ihm zu kommen, dort zu übernachten sowie uns am nächsten Tag zum Flughafen zu fahren. Das wäre natürlich super, am Abflugterminal vorgefahren zu werden. Und Volker wohnt mehr oder weniger in Sichtweite zum Flughafen. Dann würden wir mit dem ICE von Berlin nach Frankfurt fahren (ein Flug weniger für mich) und hätten eine entspannte Anreise ohne erkennbaren Zeitdruck. Wenn wir zum Schluss aus Kuba nach Frankfurt zurückkommen würden, hätten wir am Ende der Reise keine Lust, nochmal auf die Bahn umzusteigen. Dann sollte es so schnell wie möglich nach Hause gehen. Wenn ich bis dahin alle Fliegerei überlebt hätte, würde mir der kleine Hopser-Flug leicht fallen. Diesen 08/15 Inlandsflug kann ich auch später noch buchen.

Nächstes Thema ist die Krankenversicherung. Wir sind beide privatversichert. Beide rufen wir bei der jeweiligen Versicherung an. Bei mir ist es problemlos. "Reichen Sie ggfs. anfallende Arztrechnungen bei uns ein, egal wo Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen." Gut! Bei Marion gilt die weltweite Krankenversicherung auch, aber nur für sechs Wochen. Sie muss deshalb eine gesonderte - finanziell aber überschaubare - Versicherung für den gesamten Reisezeitraum abschließen. Man denke nie zu früh, dass ein Thema schon erledigt ist. Im Zuge der weiteren inhaltlichen Vorbereitungen haben wir uns mit den einzelnen Ländern beschäftigt. In dem Zusammenhang habe ich gerne die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes für die einzelnen Länder gelesen. Die Informationen auf deren Homepage sind aktuell, prägnant und decken die wichtigsten Themen ab. Bezüglich Kuba war dort zu lesen, dass für die Dauer des Aufenthaltes ein gültiger Krankenversicherungsschutz nachzuweisen ist, wobei deutsche, gesetzliche Krankenversicherungen nicht anerkannt werden. Na toll. Aber wenigstens private, das passt bei uns. Aber um etwas nachzuweisen, muss man einen Nachweis haben und den am besten, so hieß es, natürlich auf Spanisch. Also wieder jeweils angerufen, um die Bestätigungen zu erhalten. Haben wir dann schließlich auch, zumindest auf Englisch, würde auch gehen, meinte man. Vorweggenommen, es ging. Es ging vor allem deshalb, weil sich kein Schwein bei der Einreise oder sonst wann in Kuba darum gekümmert hat, ob wir krankenversichert sind. Nachzutragen ist noch, dass man bei Ankunft dort auch kostenpflichtig eine Krankenversicherung für den Zeitraum abschließen kann, falls man keine hat und sich jemand dafür interessiert.

Krankenversicherung, Reiseversicherung, alles Sachen, die mich als Abenteurer natürlich nicht wirklich interessieren können. Aber wenn sich nun einer von uns eine Woche vor Abreise ein Bein bricht, der Blinddarm sich ernsthaft meldet oder die Oma stirbt, dann ist eine Reiserücktrittsversicherung nicht schlecht, zumal unsere Vorabinvestitionen in Flüge sowie teilweise nicht stornierbare Hotelzimmer erheblich sind. Ich gehe aber guter Dinge an das Thema, weil ich im Hinterkopf weiß, dass ich eine solche für mich bisher sinnlose Versicherung seit x Jahren habe und jedes Jahr fein Prämien dafür zahle. Ich finde sogar die Unterlagen. Beim ersten Blick hinein stelle ich fest, dass bis auf Namen und Geburtsdatum wenig stimmt. Adresse, Telefonnr., Beruf und Familienstand sind falsch. Okay, das kann man ja aktualisieren. Dann versuche ich herauszubekommen, was, wie, wann und wo versichert ist.

Hand aufs Herz. Haben Sie schon mal die Versicherungsbedingungen einer Ihrer Versicherungen gelesen? So richtig, von vorn bis hinten komplett durchgelesen, oder sagen wir mal, es zumindest versucht? Genau, ich auch nicht. Wobei, versucht habe ich es schon, aber Versicherungsbedingungen sind für mich wie 'Krieg und Frieden' von Tolstoi. Den Roman habe ich in jungen Jahren zu lesen versucht. Ich hatte aber wenig Zeit damals. Ich las immer nur kurze Abschnitte, was dazu führte, dass ich beim nächsten Mal wieder hätte von vorne anfangen müssen, weil ich die russischen Namen verquirlte und nicht mehr wusste, wer wer war. Genauso geht es mir bei Versicherungsbedingungen. Nach den ersten verschrobenen Sätzen und wenig erquicklichen Passagen blicke ich nicht mehr durch. Ich versteh's nicht, wie die maximal anrechenbaren Stornokosten aus den Ziffern X.1, X.2 und X.4 des §Y im Allgemeinen Teil I der Versicherungsbedingungen in der Version XfürU von 1896 und dem §Z des Besonderen Teils II ermittelt werden. Die wiederum ggf. nur prozentual anteilig gelten, falls eine Unterdeckung der abgeschlossenen Versicherungssumme gegenüber dem angegebenen Reisepreis besteht. Noch Fragen? Ja, aber die will ich mit einem freundlichen Versicherungs-Service-Hotline-Menschen klären, der sich 24 Stunden am Tag darauf freut, dass ich ihn anrufe. Er darf mich nur nicht ahnungslos erwischen, ich muss mir Basiswissen aneignen. Ein Service-Beratungsgespräch geht schief, wenn ein Fachmann am anderen Ende der Leitung (welch altmodische Formulierung) einem präzise und kompetent Fragen in einer spezifischen Fachsprache stellt, die er ohne Zögern oder gar Nachdenken beantwortet haben möchte, während man selbst keine blassen Schimmer hat, worüber er redet. Ich muss also wenigstens die Grundbegriffe der (Reise)-versicherungsbranche beherrschen, wie 'abzocken' und 'Betrogener'...nein, das war nur Spaß, auch Versicherungen müssen gut leben. Beim näheren Ansehen des Versicherungsgegenstandes verstehe ich eins sofort: wir sind mit unserer Reise hoffnungslos unterversichert. Wir haben eine Police mit maximal 6.000 Euro Schadenssumme abgeschlossen. Klar, dass unsere Reisekosten schon höher liegen werden. Aufgemerkt, jetzt kommt der Basiswissen-Lernteil: Man kann eine Jahresversicherung abschließen, in der sind alle Reisen eines Jahres versichert (so eine haben wir) oder man versichert eine bestimmte Reise. Was versichert man nun überhaupt bei einer Reise? Ich bin vier Hauptkomponenten begegnet: der Reiserücktritts-, Reiseabbruch-, Reisegepäck- und Reisekrankenversicherung. Die Reiserücktrittsversicherung zieht, wenn vor der Abreise etwas Gravierendes dazwischenkommt. Dann werden die zu zahlenden Stornokosten erstattet, weshalb sie auch Stornokostenversicherung heißt. Die kam für uns in Frage. Die Reiseabbruchversicherung zieht, wenn - man glaubt es kaum - die Reise vorzeitig abgebrochen werden muss. Die kam für uns auch in Frage. Eine Reisegepäckversicherung dagegen macht keinen Sinn, zumindest nicht für mich. Sie zahlen nämlich bei Verlust oder Diebstahl nicht den Neuwert, sondern nur den anteiligen Zeitwert der Dinge. Mir fielen aus meinem Kleidungsbestand sofort Pullover und Unterwäsche ein, für die ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass dafür im Ernstfall ein positiver Restwert zu ermitteln wäre. Die waren betriebswirtschaftlich gesehen schon sehr lange abgeschrieben. Die weitere Vorstellung, dass ein Dieb dann noch in meinen benutzten Unterhosen wühlt, erregt vielmehr mein Mitleid mit dem armen Kerl, der mit seinem Raub wohl eher ins Braune gegriffen hätte. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr erscheint mir ein solcher Vor- als Glücksfall. Also keine Gepäckversicherung, Marion stimmt auch zu.

Die Reisekrankenversicherung kommt auch nicht in Frage, die haben wir ja schon durch unsere private abgedeckt. Na super, wir benötigen nur 2 von 4, also nur die Hälfte der Versicherungen. 'Das kostet uns bestimmt viel billiger', am besten auch nur die Hälfte. Weit gefehlt, genau die beiden nicht Benötigten kosten am wenigsten, nur so je 20 bis 30 Euro.

Ich bin für den Anruf präpariert. Versicherungsnummer zurechtgelegt und los. Der Telefoncomputer nimmt mich in Empfang und wir beide betreten das 'Zuständigkeits-Labyrinth'. So etwas kennen Sie nicht? Doch, doch, kennen Sie! Im 'Zuständigkeits-Labyrinth' versucht ein Telefoncomputer, Ihr Anliegen durch dauerndes Fragen in die richtige Schublade zu packen. Das passiert durch: "Wenn Sie dies wollen, drücken Sie die 1, wenn Sie das wollen, drücken Sie die 2, wenn sie gar nichts wollen, legen Sie auf!" usw. Nachdem der Telefoncomputer mich sicher bis zur zuständigen Schublade geleitet hat und ich den längeren Vorstellungsprolog der Sachbearbeiterin überstanden habe, hätte ich mein Anliegen gleich vorbringen können, aber sie erwischt mich eiskalt: "Stimmen Ihre Angaben noch?", fragt sie und wir führen erst mal eine Datenaktualisierung durch. Dann trage ich ihr vor, dass ich gern meine Jahresversicherung wegen bevorstehender größerer Reise aufstocken würde. "Bei 10.000 Euro wäre aber Schluss", meint sie, "das ist pro Paar die Höchstgrenze". Wenn unsere Reise also 20.000 Euro kosten würde, wären wir grob gesprochen zur Hälfte unterversichert. Okay, dann halt bitte die Variante, bei der unsere Reise direkt einzeln versichert wird. "Gut. Dann brauche ich zuerst Ihr Reiseziel!". Das war so eine präzise Frage, für die ich in unserem Fall keine direkte Antwort weiß. Ich beginne mit "Hongkong." "Ich brauche noch...", ich unterbreche sie: "Dann Vietnam, dann Singapur, dann noch ein paar Länder, es ist eine Rundreise." "Hm, dann nennen Sie mir das Zwischenziel, das am weitesten weg liegt." Ja, bin ich hier bei 'Wer wird Millionär?' und kriege wenigstens vier Antwortmöglichkeiten zur Auswahl? Wieder eine klare Frage von ihr, ich weiß die Antwort nicht und fange natürlich an, mich gedanklich damit auseinanderzusetzen. "Könnte ich bei Google Maps mal nachrechnen und mich dann wieder melden?", denke ich mir aber nur. Und wie das ausmessen? Wie ist die Entfernung zwischen zwei Ländern definiert? Von der Mitte des einen zur Mitte des anderen Landes, oder von Hauptstadt zu Hauptstadt, oder als geringster Abstand zwischen den Grenzen zweier Länder? Oder geht das zwischen zwei Ländern vielleicht gar nicht, sondern nur zwischen Orten? Wir wussten aber doch noch gar nicht, welche Orte wir z.B. in Australien oder Neuseeland besuchen würden? Fragen über Fragen und sie wartet am anderen Ende. Jetzt werden Sie sagen, mein Gott, wie kleinkariert kommt man denn auf sowas? Ich komme auf sowas! Naja, und lasset bei Versicherungen Vorsicht walten! Wenn ich jetzt falsche Angaben mache, und der Versicherungsfall eintritt, dann heißt es bestimmt: "Sie haben damals falsche Angaben gemacht!" "Neuseeland", vermute ich ungesichert, das Gespräch muss ja irgendwie vorangehen. "Gut, außerdem benötige ich den Reisepreis", sagt sie. Wieder eine direkte einfache Frage. "Weiß ich nicht", antworte ich wahrheitsgetreu. "Wann werden Sie es denn wissen?". "Wenn wir zurück sind!" antworte ich wahrheitsgetreu. Einige Hotels würde ich noch vor Abreise buchen, andere erst unterwegs kurz vorher. Sie bräuchte aber eine Zahl. Also gebe ich ihr eine vage Zahl. Und sie gibt mir eine unvage Zahl zurück. Knapp 1.000 Euro soll die Versicherung kosten. Ich bedanke mich höflich und verspreche ihr, mich ggf. in der Sache wieder zu melden. Marion und ich beschließen, dass die Oma vergnüglich weiterlebt, wir in der Zeit einfach nicht krank werden oder sonst was dazwischen kommt und rd. 1.000 Euro einzusparen.