Mami 1849 – Familienroman - Annette Mansdorf - E-Book

Mami 1849 – Familienroman E-Book

Annette Mansdorf

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Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. "Ich muß dich unbedingt sehen, Christine. Hast du heute abend Zeit?" "Kann ich einrichten. Soll ich zu dir kommen?" "Wenn es geht, wäre es einfacher, dann brauche ich keinen Babysitter." "Wenn Nele hört, daß du sie als Baby bezeichnest, wird sie wieder einen Anfall kriegen." Julia lachte. Ihre neunjährige Tochter war in dieser Hinsicht wirklich sehr empfindlich. Sie fühlte sich erwachsen. "Hört sie ja nicht. Ich koche uns etwas. Um acht?" "Okay, mach dir aber nicht so viel Mühe, ich muß sowieso abnehmen." "Schon wieder?"

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Mami –1849–

Nele muss leben!

Roman von Annette Mansdorf

»Ich muß dich unbedingt sehen, Christine. Hast du heute abend Zeit?«

»Kann ich einrichten. Soll ich zu dir kommen?«

»Wenn es geht, wäre es einfacher, dann brauche ich keinen Babysitter.«

»Wenn Nele hört, daß du sie als Baby bezeichnest, wird sie wieder einen Anfall kriegen.«

Julia lachte. Ihre neunjährige Tochter war in dieser Hinsicht wirklich sehr empfindlich. Sie fühlte sich erwachsen.

»Hört sie ja nicht. Ich koche uns etwas. Um acht?«

»Okay, mach dir aber nicht so viel Mühe, ich muß sowieso abnehmen.«

»Schon wieder?«

»Ach, hör auf. Ich weiß, davon rede ich seit zwei Jahren.«

»Denk nicht mehr daran, dann kommt es von selbst.«

»Was bei mir von selbst kommt, sind nur die Pfunde. Wenn neben mir jemand Schokolade ißt, nehme ich zu. Na ja, so ist es eben. Also, bis heute abend. Deiner Stimme nach zu schließen geht es um einen Mann.«

Julia kicherte. Sie wollte am Telefon nichts verraten. Alles war noch so neu… selbst für sie. Sie hatte Torsten ja erst vor einer Woche kennengelernt. Aber in dieser Woche hatten sie sich bereits zweimal gesehen.

Ein Kunde betrat den Laden. Julia mußte ihn selbst bedienen, die beiden Verkäuferinnen machten gerade Mittagspause. Damit nahmen sie es sehr genau.

Sie ging nach vorn. Der Laden für exklusiven Modeschmuck, als dessen Geschäftsführerin Julia arbeitete, war nicht sehr groß, aber immer gut besucht. Es gab Stammkunden und solche, die eher zufällig hereinschneiten. Der Mann war eindeutig kein Stammkunde. Er sah sich etwas verwirrt um.

»Kann ich Ihnen helfen?«

Dankbar drehte er sich zu Julia um. Seine Augen weiteten sich leicht, als er sie ansah.

Julia war solche Reaktionen gewohnt. Sie sah nach landläufiger Meinung sehr gut aus, was immer das bedeutete. Sie selbst war da kritischer, wenn sie in den Spiegel schaute. Aber wahrscheinlich gab ihr ihre Verliebtheit einen neuen Glanz.

Sie mußte nur an Torsten denken, dann strahlten ihre Augen wie von selbst.

»Das wäre wirklich sehr nett. Ich suche ein Geschenk für eine ältere Dame. Sie liebt Modeschmuck und trägt gern Ohrringe, die herunterhängen.«

»Ach ja, ich verstehe. Mag sie lieber Silber oder Gold?«

Jetzt wirkte er ein wenig verblüfft.

»Ich dachte, das ist alles Modeschmuck?«

»Ich meine, silber- oder goldfarben, um korrekt zu sein«, verbesserte sich Julia lächelnd.

Er war ein bißchen unbeholfen, aber auf eine nette Art, dachte sie.

»Oh, entschuldigen Sie, wie dumm von mir. Tja, ich glaube, lieber silberfarben. Sie hat sehr schöne graue Haare.«

»Und liebt sie Farben in ihrer Kleidung?«

»O ja, manchmal sogar ein wenig heftig für meinen Geschmack. Flippige Farben, sagt man, glaube ich.«

Das Wort »flippig« schien aus seinem Mund auch »flippig« zu sein. Als würde ein Teeny ständig »seriös« sagen.

»Fein. Dann kann es also gern etwas Besonderes sein. Ich muß mal sehen…«

Julia ging zu einem Ständer mit versilberten Ohrclips hinüber. Sie waren zum Teil mit farbigen Halbedelsteinen besetzt.

»Wenn Sie hier schauen? Vielleicht gefällt ihr so etwas?«

Sie nahm ein Paar Ohrringe ab und hielt es ihm hin. Der Kunde schaute nachdenklich darauf hinunter.

»Ich kann es mir so nicht so gut vorstellen. Könnten Sie sie vielleicht…«

»Ja, natürlich, obwohl ich wahrscheinlich ein anderer Typ bin.«

Sie klippte sich einen Ohrring an und hielt mit der Hand ihr langes rotblondes Haar zurück.

»Sehr schön. Sie können so etwas auch gut tragen…«

»Ich ziehe es vor, keinen Schmuck zu tragen. Oder nur ganz wenig.«

Julia sagte das fast entschuldigend.

»Das ist vielleicht nicht ungewöhnlich, wenn man in so einem Geschäft arbeitet. Oder gerade eben deswegen doch.«

»Damit haben wir wieder alle Möglichkeiten«, gab Julia lachend zurück.

Das Gespräch begann ihr Spaß zu machen.

»Wie immer im Leben. Aber Sie haben recht, pur sehen Sie sehr gut aus.«

Als wäre er zu weit gegangen, wandte er sich verlegen ab.

Julia beruhigte ihn.

»Das denke ich wohl auch. Im übrigen bin ich hier nur Geschäftsführerin, es könnte also auch Käse sein, den ich verkaufe. Obwohl ich Käse gern esse, ist es so allerdings besser.«

Wieder lachten sie beide. Schließlich, als fiele ihm ein, daß er sie nun schon lange genug aufgehalten habe, bezahlte er die Ohrclips und verabschiedete sich. Julia sah ihn fast mit Bedauern gehen. Mit ihm könnte sie sich vermutlich noch länger unterhalten. Aber möglicherweise würde er wiederkommen.

Die beiden jungen Frauen, die gleich darauf das Geschäft betraten, waren jedenfalls nicht so angenehm. Sie faßten alles an, mäkelten herum, um dann schließlich doch ein paar Kleinigkeiten zu kaufen. Julia war froh, als die Verkäuferinnen von ihrer Mittagspause zurückkehrten und sie ihnen alles überlassen konnte. Im Büro wartete genug Arbeit auf sie.

Julia mußte nicht bis acht bleiben wie die Verkäuferinnen. Sie beschäftigten vier Halbtagskräfte, die vor- beziehungsweise nachmittags kamen und ihre Tätigkeit zum Teil als Job sahen, zum Teil mit viel Liebe erledigten. Die Personaleinstellung gehörte nicht zu Julias Aufgaben, sie hätte das sowieso anders gelöst. Das wurde von der Gesamtgeschäftsführung erledigt, denn es gab einige Filialen. Die, in der sie arbeitete, war jedoch die größte.

Um halb sechs konnte Julia gehen. Ihre Kinder wurden am Nachmittag von ihrer Mutter beaufsichtigt, wobei Nele schon weitgehend auf sich selbst aufpaßte. Patrick war erst fünf, da hätte sie keine Ruhe gehabt, ihn allein in der Wohnung zu wissen. Aber das war auch nie eine Frage gewesen. Als Julia nach der Scheidung wieder arbeiten mußte, um sowohl ihr Selbstbewußtsein als auch die Haushaltskasse aufzubessern, hatte ihre Mutter gleich von selbst angeboten, ihr auf diese Weise zu helfen. Praktischerweise wohnten sie in derselben Straße.

Julia kaufte für das Abendessen ein und fuhr dann nach Hause. Sie brachte ihrer Mutter immer eine Kleinigkeit mit, mal waren es ein paar frische Blumen, mal zwei Scheiben Lachs oder ein frisches Brötchen. Einkaufen zu gehen, ohne daran zu denken, wäre ihr gar nicht möglich. Sie wußte, was sie ihrer Mutter zu verdanken hatte. Ohne sie wäre ihr Alltag gar nicht auf diese Weise zu bewältigen.

Heute hatte Julia ihr, wohl durch das Gespräch mit dem Kunden, ein Stück französischen Käse und ein Baguette gekauft. Nachdem Julia ihre Kinder begrüßt hatte, gab sie die Sachen ihrer Mutter, die zwar betonte, daß das doch nicht nötig sei, sich aber trotzdem freute.

»Laß es dir schmecken, Mama. Ich bekomme heute abend Besuch von Christine, deshalb war ich sowieso einkaufen.«

»Christine kommt? Bringt sie Sarah mit?« wollte Nele sofort wissen.

»Nein, sie kommt auch erst später, mein Schatz. Du wirst sie noch begrüßen, aber dann ins Bett gehen müssen.«

»Das ist doof! Ich bin doch kein Baby mehr!«

»Ich weiß, deshalb kannst du ja auch bis neun aufbleiben und mußt nicht schon um halb acht schlafen wie Patrick.«

»Ich bin auch kein Baby.«

»Kinder, seid friedlich. Mama und Christine müssen auch mal allein miteinander sprechen können. Das brauchen Frauen«, mischte sich ihre Mutter ein.

Julia lachte. Ihre Mutter mußte das ja wissen. Sie hatte viele Freundinnen, mit denen sie sich regelmäßig am Wochenende traf.

»Ich koche euch vorher etwas Schönes. Ihr bekommt auch Spaghetti, nur eine andere Sauce, aber dann müssen wir jetzt wirklich los, damit ich es noch schaffe.«

Das versöhnte sowohl Nele als auch Patrick, die leidenschaftlich gern Spaghetti aßen. Sie verabschiedeten sich von ihrer Oma und folgten Julia auf die Straße.

Als sie die eigene Wohnung betraten, verschwanden sie gleich in ihren Zimmern, so daß Julia Zeit hatte, alles auszupacken und vorzubereiten. Während das Spaghettiwasser kochte, schnitt sie Gemüse in Streifen, denn für Christine und sie würde es eine Gemüsesauce mit Schinkenstreifen geben – zusammen mit frischem Parmesankäse schmeckte das wunderbar.

Während Julia schnippelte und rührte, lächelte sie vor sich hin. Ihre Freundin würde staunen, wenn sie ihr von Torsten erzählte. Sie hatte ihn im Einkaufszentrum kennengelernt. Julia war in Eile gewesen und hatte ihn im Vorbeigehen mit ihrer prall gefüllten Einkaufstüte gestreift. Der Henkel der Tüte war gerissen, und alle Einkäufe hatten sich über den Boden verteilt. Julia war natürlich blutrot geworden, als die Tampons neben den Äpfeln und der Margarine für jeden sichtbar auf den Fliesen lagen. Schnell hatte sie sich gebückt – und war mit Torstens Kopf zusammengestoßen, der in diesem Moment dasselbe tat. Da half nur noch eines – lachen und sich entschuldigen. Genau das hatte sie getan und dabei in die blauesten Augen geschaut, die sie je gesehen hatte.

Auch Torsten erzählte ihr später, daß er sofort fasziniert gewesen war von ihrem Lachen. Gott sei Dank hatte er ihre Verlegenheit überhaupt nicht wahrgenommen. Nachdem sie die Sachen eingesammelt und in einer anderen Tüte verstaut hatten, die Torsten ihr aus einem Geschäft geholt hatte, waren sie zusammen einen Kaffee trinken gegangen, wegen des Schocks, wie Torsten es begründete. Er wollte erst sicher sein, daß sein Dickschädel ihr keinen Schaden zugefügt hatte.

Nur zu gern war Julia mitgegangen. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Torsten war kein Mann, den man übersah. Unglaublich, daß er nicht verheiratet oder anderweitig gebunden war. Sie hatte wirklich Glück. Eine Scheidung hatte er auch hinter sich, wie er ihr beim zweiten Treffen erzählte, aber seitdem war er Single. Er arbeitete als selbständiger Makler, war erfolgreich und genoß das Leben. Seine Hobbies gefielen Julia, er segelte im Sommer, spielte Squash, las gern und ging oft ins Theater. Ein Leben wie aus dem Bilderbuch, ohne Sorgen. Julia sah sich bereits an seiner Seite das Leben genießen. Noch mußte er jedoch ihre Kinder kennenlernen – ohne Nele und Patrick lief natürlich nichts. Julia war es wichtig, daß sie ihn mochten wie er sie – aber bisher hatte sie sich noch nicht darum bemüht, die drei miteinander bekannt zu machen. Eine unbestimmte Angst hielt sie zurück, obwohl Torsten ihr versichert hatte, daß ihre Kinder ihm bestimmt gefallen würden. Nele war so kritisch – sie hatte ihren Vater abgöttisch geliebt, obwohl der nie viel Zeit für sie gehabt hatte, wie übrigens auch für Julia nicht.

Natürlich mußte sie jetzt wieder an Thomas denken. Es tat längst nicht mehr weh, aber angenehm war es auch nicht. Sie hatten beide versagt – ihr Eheversprechen, in guten wie in schlechten Zeiten zusammenzustehen, war hohl gewesen. Thomas hatte nur noch seinen beruflichen Erfolg im Kopf gehabt, Familie und alles, was damit zusammenhing, war ihre Sache gewesen. Damit hatte sich Julia überfordert gefühlt. Was war das für ein Leben? Sie hatte einen Ehemann und hatte doch keinen. Jedes Wochenende verbrachte sie mit den Kindern allein, weil Thomas nebenbei studierte, um weiterzukommen. Er hatte sich, weil seine Ruhe ihm heilig war, ein Zimmer genommen und kam nur zum Schlafen nach Hause. Nach und nach war es ihr unmöglich geworden, noch mit ihm intim zu sein. Sie waren sich einfach fremd geworden, und so war es auch keine große Überraschung, als Julia herausfand, daß er eine Freundin hatte.

Für Nele war die Scheidung trotzdem ein Schock gewesen. Sie hatte sogar ihrer Mutter Vorwürfe gemacht, die Julia mehr getroffen hatten als die Scheidung selbst. Langsam hatten sie sich im letzten Jahr wieder angenähert, und inzwischen hatte Nele wohl auch begriffen, daß Julia nicht allein schuld war. Ihr Vater rief nämlich höchstens einmal im Monat an und hatte nie Zeit, seine Kinder zu sehen.

Trotzdem wußte Julia nicht, wie Nele auf einen neuen Mann im Leben ihrer Mutter reagieren würde. Bei Patrick würde es einfacher sein. Er liebte seine Mutter und war noch in einem Alter, wo alles, was sie tat, für ihn Gesetz war. Na ja, es war noch genug Zeit, den Kindern von Torsten zu erzählen. Noch kannten sie sich ja selbst erst ein paar Tage. Es war ziemlich albern, da schon entfernte Hochzeitsglocken hören zu wollen.

Das Essen war vorbereitet, die Spaghetti für die Kinder kochten bereits. Julia deckte den Tisch und schaute dann nach den beiden. Nele saß auf ihrem Bett und blätterte in einer Teenie-Zeitung. Neuerdings interessierte sie sich für diese Dinge, ein bißchen früh, wie es Julia erschien. Aber sie wollte Nele auch nicht verbieten, sich solche Zeitschriften anzuschauen, sondern vertraute darauf, daß Nele mit Fragen zu ihr kam, wie sie das immer getan hatte.

»Ihr könnt gleich essen, Nele. Wasch dir bitte…«

»… die Hände, ich weiß, Mama. Du sagst immer dasselbe.«

»Entschuldige, das ist wohl die Mama-Platte.«

»Dann hat sie aber einen Sprung«, gab Nele grinsend zurück.

»Du freches kleines Monster!«

Sie lachten. Julia hätte Nele gern umarmt. Sie freute sich immer, wenn sie feststellte, daß Nele den trockenen Humor ihrer Mutter geerbt hatte. Aber Nele war mit solchen Gunstbezeugungen im Moment ein wenig empfindlich. Sie kam lieber von selbst, wenn sie Zärtlichkeit brauchte.

Patrick spielte mit seinen Grusel-Figuren. Julia kannte sie gar nicht alle beim Namen, aber Star-Trek war sein ein und alles, und diese scheußlichen Plastikdinger gehörten halt dazu.

»Gibt’s Essen?« wollte er wissen.

»Ja, gleich. Hände waschen nicht vergessen…«

»Nee, tu ich nicht.«

Julia goß die Spaghetti ab und füllte die Teller auf. Nele und Patrick schauten vergleichend von einem Teller zum anderen und setzten sich dann zufrieden hin. Julia achtete immer darauf, daß sie die gleiche Menge auffüllte, um etwaigen Diskussionen zu entgehen. Meistens schaffte Patrick gar nicht alles.

Nachdem sie noch ein bißchen erzählt hatten, waren die Kinder bereit, sich zu waschen und auszuziehen. Natürlich würden sie auf Christine warten, wie es auch Julia mit zunehmender Ungeduld tat. Sie brannte darauf, endlich von Torsten erzählen zu können.

*

»Im Grunde klingt das ja viel zu schön, um wahr zu sein, oder?«