Eine Mutti wird dringend gesucht - Myra Myrenburg - E-Book

Eine Mutti wird dringend gesucht E-Book

Myra Myrenburg

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Im Café Bajazzo saßen sich zwei Damen unbestimmbaren Alters an einem Fenstertisch gegenüber. Die eine trank Tee und aß Schwarzwälder Kirschtorte. Die andere trank Kaffee mit Cognac und rauchte eine Zigarette dazu. Die Teetrinkerin hieß Edith Wohlfahrt. Sie war blondgelockt, üppig und rosig, trug eine weiße Leinenbluse mit Spitzenbesatz im Dirndlstil, ein Goldkettchen mit Kreuzchen um den Hals und zwei Eheringe am Finger, die sie als Witwe auswiesen. Die Kaffeetrinkerin hatte dichtes zimtbraunes, kurz geschnittenes Haar, schmale Wangen und scharf blickende graue Augen unter stark gewölbten Brauen. Sie trug ein jägergrünes Kostüm, eine Sportarmbanduhr und ein geflochtenes Lederbändchen um den Hals, daran eine randlose Brille hing. Sie hieß Vera Schwalbe, war Kinderärztin und unverheiratet. Die beiden Damen kannten sich seit ihrer Jugend. Sie lebten zwischen Rhein und Main, telefonierten gelegentlich miteinander und trafen sich einmal jährlich im Café Bajazzo, einer Künstlerkneipe in Wiesbaden. »Schade, daß deine Nichte in festen Händen ist«, seufzte Edith, »sie würde gut zu meinem Sohn passen.« »Altersmäßig vielleicht, aber sonst – nein, ich glaube nicht. Vor sieben Jahren haben wir das schon einmal besprochen, weißt du noch?« »Ja, aber da war sie noch so jung.« »Allerdings, und dein Sohn hatte sich gerade unsterblich verliebt in eine französische Studentin namens Christine, eine reizende Person, charmant, bildschön, intelligent, nur leider nicht gesund.« »Sie hatte ein schwaches Herz, aber das wußte niemand, nicht einmal sie selbst.« »Sonst hätte sie wahrscheinlich keine drei Kinder hintereinander bekommen«, sagte Vera Schwalbe trocken und nippte an ihrem schwarzen Kaffee. Edith hatte plötzlich Tränen in den Augen.

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Mami – 2013 –

Eine Mutti wird dringend gesucht

Im Kastanienweg Nr. 1 herrscht Chaos

Myra Myrenburg

Im Café Bajazzo saßen sich zwei Damen unbestimmbaren Alters an einem Fenstertisch gegenüber. Die eine trank Tee und aß Schwarzwälder Kirschtorte. Die andere trank Kaffee mit Cognac und rauchte eine Zigarette dazu.

Die Teetrinkerin hieß Edith Wohlfahrt. Sie war blondgelockt, üppig und rosig, trug eine weiße Leinenbluse mit Spitzenbesatz im Dirndlstil, ein Goldkettchen mit Kreuzchen um den Hals und zwei Eheringe am Finger, die sie als Witwe auswiesen.

Die Kaffeetrinkerin hatte dichtes zimtbraunes, kurz geschnittenes Haar, schmale Wangen und scharf blickende graue Augen unter stark gewölbten Brauen. Sie trug ein jägergrünes Kostüm, eine Sportarmbanduhr und ein geflochtenes Lederbändchen um den Hals, daran eine randlose Brille hing. Sie hieß Vera Schwalbe, war Kinderärztin und unverheiratet.

Die beiden Damen kannten sich seit ihrer Jugend. Sie lebten zwischen Rhein und Main, telefonierten gelegentlich miteinander und trafen sich einmal jährlich im Café Bajazzo, einer Künstlerkneipe in Wiesbaden.

»Schade, daß deine Nichte in festen Händen ist«, seufzte Edith, »sie würde gut zu meinem Sohn passen.«

»Altersmäßig vielleicht, aber sonst – nein, ich glaube nicht. Vor sieben Jahren haben wir das schon einmal besprochen, weißt du noch?«

»Ja, aber da war sie noch so jung.«

»Allerdings, und dein Sohn hatte sich gerade unsterblich verliebt in eine französische Studentin namens Christine, eine reizende Person, charmant, bildschön, intelligent, nur leider nicht gesund.«

»Sie hatte ein schwaches Herz, aber das wußte niemand, nicht einmal sie selbst.«

»Sonst hätte sie wahrscheinlich keine drei Kinder hintereinander bekommen«, sagte Vera Schwalbe trocken und nippte an ihrem schwarzen Kaffee.

Edith hatte plötzlich Tränen in den Augen.

»Mein Jochen kommt heute noch nicht darüber hinweg, glaub mir, Vera! Seine junge Frau zu verlieren, war schon schlimm genug, aber mit drei kleinen Kindern allein zu stehen, das ist ein hartes Schicksal.«

»Daran gibt es keinen Zweifel, Edith. Hast du inzwischen deine Wohnung in Ingelheim aufgegeben?«

»Nein, ich pendle immer noch hin und her. Es ist auf die Dauer natürlich kein Zustand, weder für mich, noch für Jochen und die Kinder. Im ersten Jahr bin ich durchgehend bei ihnen in Leiningen gewesen, dann haben wir es mit einem Au-pair-Mädchen versucht, damit ich wenigstens ab und zu mal wieder nach Hause konnte. Aber diese Mädchen bleiben ja nicht. Sie sind wie Zugvögel.«

»Klar. Ein Haushalt mit drei kleinen Kindern ist auch nicht jedermanns Sache, Edith.«

»Bestimmt nicht! Aber ich werde demnächst achtundfünfzig, und mir wächst die Arbeit über den Kopf. Nicht zu reden von der Verantwortung! Jochen sieht das auch, aber er hat absolut keine Idee – keine Heiratspläne – nichts. Deshalb dachte ich ja an deine Nichte.«

»Cordelia? Du lieber Gott!« Vera lachte unfroh und zündete sich eine neue Zigarette an.

»Sie ist in festen Händen, ich weiß«, murmelt Edith resginiert.

»Nicht nur das! Sie hat keine klare Linie. Heute macht sie dies, morgen macht sie jenes. Alles fängt sie an, nichts bringt sie zu Ende. Mal ist es Modedesign, mal ist es Betriebswirtschaft – eine abgebrochene Schneiderlehre liegt hinter ihr, ein abgebrochenes Studium – das einzige, was sie geschafft hat, ist eine Ausbildung zur Kosmetikerin, die hat nur ein paar Monate gedauert. Danach wurde sich sofort in die Selbständigkeit gestürzt – zusammen

mit diesem Windhund, diesem Schlitzohr – na, du weißt, was ich von ihm halte.«

»Nichts«, seufzte Edith.

»Weniger als nichts«, sagte Vera grimmig, »meine Nichte ist zwar achtundzwanzig, aber genau so ein Zugvogel wie deine Au-pair-Mädchen.«

»Sie hatte etwas an sich, das mir gefiel«, murmelte Edith versonnen, »etwas Frisches – so eine offene, herzliche Art. Ich bin ihr zwar nur einmal begegnet – damals, an deinem fünfzigsten Geburtstag.«

»Du weißt, wie lange das her ist!«

»Ja, ja, wir werden alt, Vera. Ich würde mich am liebsten in meiner Wohnung in Ingelheim zur Ruhe setzen, meine Enkelkinder nur am Wochenende hüten, mal in Kur gehen, nur noch für mich kochen, eine Diät würde mir nicht schaden, im Gegensatz zu dir – du hast noch immer das gleiche Gewicht wie früher, was?«

»Ja, aber ich müßte das Rauchen aufgeben, mich mehr an der frischen Luft bewegen, die Praxis einschränken, weniger Kaffee trinken und mir den Cognac abgewöhnen. Du siehst, mir geht es nicht besser als dir.«

Vera lachte, lehnte sich zurück und winkte der Bedienung.

»Mir noch einen Mokka, bitte, und für meine Freundin…«

»Ein Stück Bienenstich«, ergänzte Edith ohne zu zögern.

*

An den Wänden hingen gerahmte Drucke aus bekannten Bilderbüchern, ein Fries aus Tierfotos und jede Menge Kindermalerei, Buntstiftzeichnungen, Wasserfarbkleckserei, auf eine Pinnwand geheftet.

Delia sah sich um, streifte die Garderobenständer in einer Nische neben der Tür mit einem prüfenden Blick und wandte sich ab. Sie schlang ihren knöchellangen rehbraunen Wildledermantel fester um die Knie, setzte sich auf eine Stuhlkante, spreizte die rechte Hand und fragte sich, wieviel der kleine Brillant an ihrem Ringfinger wert sein mochte. Ein Geschenk von Guido, letztes Jahr zu Weihnachten, als die Welt noch in Ordnung war. Alles in trockenen Tüchern, wie er es ausdrückte, händereibend, augenzwinkernd, verschmitzt, in bester Laune.

Damals hätte sie nicht im Traum daran gedacht, daß sie sechs Monate später um einen Kredit betteln würde, ausgerechnet bei Tante Vera! Aber bei wem sonst?

Guido, wenn man ihm glauben wollte, hatte alle seine verfügbaren Quellen bereits angezapft, und Delia, obwohl sie doch wirklich viele Leute kannte, war niemand eingefallen, der in Frage kam. Niemand, außer ihrer Tante, Frau Dr. Vera Schwalbe, Kinderärztin mit gutgehender Praxis in einer Taunusgemeinde, von Frankfurt aus über die Autobahn leicht erreichbar.

Delia hatte sie vorgestern angerufen und die Lage grob umrissen. Man konnte nicht behaupten, daß Tante Vera sonderlich überrascht gewesen wäre, als sie von dem ›kleinen Problem‹ erfuhr, von dem ›vorübergehenden Engpaß‹, in dem sich das junge Unternehmen ›Beauty Studio‹ bereits kurz nach seiner Gründung befand. Leider hatte ihre Stimme eher grimmig geklungen als freundlich, aber – und darin mußte man Guido recht geben: dies war nicht der Zeitpunkt, um empfindlich zu reagieren.

Delia starrte auf die große Uhr in Form einer Sonnenblume, die über der Tür des Wartezimmers hing, sah die Zeiger unendlich langsam vorrücken und dachte: Sie läßt mich absichtlich schmoren.

Schon die Tatsache, daß Tante Vera sie nicht zu sich nach Hause, sondern in ihre Praxis bestellt hatte, um das heikle Gespräch zu führen, war kein gutes Zeichen gewesen.

Delia preßte die Lippen zusammen, grub in der Manteltasche nach dem silbernen Glücksbringer in Form eines vierblättrigen Kleeblatts und versuchte, an etwas Schönes zu denken.

Plötzlich wurden Türen geöffnet, Schritte erklangen, und eine barsche Stimme sagte: »Herein mit dir!«

Tante Vera stand hinter einem grün lackierten Schreibtisch. Sie trug einen weißen Baumwollanzug und weiße Birkenstock-Sandaletten, zeigte auf einen Stuhl und sagte: »Setz dich, Cordelia.«

Dann verschränkte sie die Hände hinter dem Rücken, ging ein paar Schritte auf und ab, blieb stehen und griff nach einem mit Zahlen bedeckten Papier.

»Ich habe mir mal die Mühe gemacht, deine nicht sehr klaren Angaben zu prüfen, und ich bin zu dem Schluß gekommen, daß ihr euch total übernommen habt.«

»Ja, sicher, aber das ist nur ein momentaner Engpaß. Langfristig gesehen sind wir auf dem aufsteigenden Ast.«

»Wer hat dir denn diesen Bären aufgebunden? Guido Zirn? Der Mann mit dem untrüglichen Instinkt? Wann hat er sich denn das letzte Mal verkalkuliert? Bei dem todsicheren Projekt in Berlin? Oder war es in Bremen?«

»Irrtum! Da hat er Gewinn gemacht! Deshalb konnten wir ja in Frankfurt einsteigen! Ich weiß, du kannst ihn nicht leiden, Tante Vera, aber so, wie du ihn siehst, ist er gar nicht – sag mal, woher weißt du eigentlich, was er bis jetzt so alles gemacht hat?«

»Mein liebes Kind, bevor ich mein sauer verdientes Geld in ein Geschäft stecke, ziehe ich natürlich Erkundigungen ein. Was deinen Freund betrifft – er ist für mich nicht vertrauenswürdig. Kann sein, er ist nur ein Spinner, aber ich halte ihn eher für ein Schlitzohr.«

Delia tastete nach dem Glücksbringer in ihrer Manteltasche und befahl sich selbst: ruhig bleiben! Nur Mut! Keine Empfindlichkeiten! Es war nicht das erste Mal, daß sie Guido verteidigen mußte.

»Du schätzt ihn falsch ein«, sagte sie tapfer, »ganz falsch! Er ist von Natur aus großzügig, er denkt in anderen Kategorien als die meisten Geschäftsleute. Nicht kleckern, sondern klotzen, das ist sein Motto.«

»Soso«, sagte Tante Vera und setzte sich endlich hinter ihren Schreibtisch, »von mir aus kann er klotzen, soviel er will, aber nicht mit meinem Geld.«

»Ist das dein letztes Wort?« fragte Delia beklommen.

»Was Guido Zirn betrifft – ja.«

»Warum hast du mich dann überhaupt kommen lassen?«

»Weil du in der Klemme sitzt. Weil ich dir heraushelfen will. Wohlgemerkt – nur dir, Cordelia, dir allein!«

»Aber – wie stellst du dir das vor, Tante Vera?«

»Ganz einfach. Ich übernehme deinen Teil der Verbindlichkeiten, nämlich die überfälligen Mieten für die Geschäftsräume und für deine Wohnung. Wenn du in absehbarer Zeit mal zu Geld kommst, kannst du es mir zurückzahlen.«

Delia dachte krampfhaft nach.

»Du weißt nicht einmal, um wieviel es sich dabei handelt, stimmt’s?« hörte sie ihre Tante fragen.

»Doch, doch – nicht ganz genau, aber ungefähr – ich hatte aber gehofft – ich meine – also, wir hatten gehofft…«

»Auf einen Blankoscheck für die Zukunft? Damit ihr eure Mißwirtschaft munter weiter treiben könnt? Nein, nein, mein Kind. Was sich bis jetzt angesammelt hat, ist reichlich genug. Ich bin bereit, dir deinen Teil abzunehmen, unter einer Bedingung…«

Delia zog die Schultern zusammen und verkroch sich in ihrem Mantel. Das mußte ja kommen! Ohne Bedingung lief nichts bei Tante Vera!

»Daß du die Geschäftsververbindung mit Guido Zirn beendest. Daß du keine weiteren finanziellen Verpflichtungen mehr eingehst. Daß du dein Leben in die Hand nimmst, Ordnung in deine Angelegenheiten bringst und dir eine Arbeit suchst. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«

»O ja, ja…«

»Und? Sind wir uns einig?«

Delia umklammerte den Glücksbringer, biß sich auf die Lippen, klopfte mit dem Schuh auf den Boden und sah ihre Tante offen an.

»Ich könnte jetzt ja sagen, nur um es hinter mich zu bringen«, begann sie halblaut, als spräche sie zu sich selbst, »ich könnte dir alles versprechen und mich später fragen, wie ich es halten kann – aber das möchte ich nicht.«

»Aha. Deine Aufrichtigkeit in allen Ehren – aber was willst du statt dessen tun?«

»Ich muß darüber nachdenken.«

»Sehr gut. Ruf mich an, wenn du einen Entschluß gefaßt hast.«

»Mach ich, Tante Vera! Mach ich bestimmt«, versicherte Delia, stand auf, lächelte trotzig, tapfer, mit dem Mut der Verzweiflung, verabschiedete sich rasch und ging hinaus zu ihrem schnittigen kleinen Sportwagen, der im Mittagslicht auf sie wartete.

Am Fenster stand Vera Schwalbe und sah ihrer Nichte nach, kopfschüttelnd, skeptisch, aber nicht ohne Hoffnung.

Drei Tage später meldete sich Delia.

»Ich hab’s mir überlegt.«

»Du nimmst meine Bedingungen an?«

»Ja, das geht in Ordnung – obwohl – da hängt so vieles dran! Die Wohnung muß ich aufgeben – eine Verdienstmöglichkeit suchen – und alles von heute auf morgen – ich weiß nicht, wie ich das regeln soll!«

Vera Schwalbe nickte vor sich hin, blätterte in einem Kalender, der vor ihr auf dem Tisch lag, und sagte bedächtig. »Keine Sorge! Mir kommt gerade eine Idee!«

*

Leiningen. Kastanienweg eins. Ein Reiheneckhaus mit Erker im Parterre, Veranda im ersten Stock, Terrasse von der Küche aus begehbar. Unten Wohn- und Spielzimmer, oben drei Schlafzimmer, darüber im ausgebauten Dachgeschoß ein Gästezimmer, holzvertäfelt, mit eigener Dusche und Einbauschränken in den Schrägen.

»Ich bin Edith«, hatte die rundliche, blondgelockte Endfünfzigerin gesagt und herzlich die Hand ausgestreckt, »eine alte Freundin deiner Tante Vera. Wenn es dir recht ist, duzen wir uns gleich von Anfang an – alle miteinander.«

Dabei hatte sie ihren Sohn Jochen aufmunternd angesehen, der etwas steif neben ihr stand. Erneutes Händeschütteln, eine winzige Verlegenheitspause.

»Hallo, Cordelia!«

»Hallo, Jochen!«

Alles, was darauf folgte, war Delia vorgekommen wie ein Film, der vor ihren Augen ablief: die Vorstellung der Kinder, die Besichtigung des Hauses, die Begehung des dreieckigen Rasenstücks, umgeben von schmalen Blumenrabatten und Jägerzaun.

Am nächsten Tag dann die wichtigsten Wege und Ziele: Kindergarten, kleiner Supermarkt, Post, Mini-Kaufhaus, Pizzeria, Eissalon, Tankstelle, Kirche, alles fußnah. Etwas weiter weg: Einkaufszentrum, Ärztehaus, Drogeriemarkt.

Am Abend schließlich die Übergabe einer sauber getippten Liste mit den wichtigsten Telefonnummern, Adressen, Terminen.

»Freitags kommt Clara zum Saubermachen«, hatte Edith erklärt, »sie ist Italienerin, spricht perfekt Deutsch und ist absolut zuverlässig.«

»Gut zu wissen. Fein.«

»Wenn du meinst, daß du allein zurechtkommst – sonst – also, ich kann auch noch bleiben…«

»Nein, nein, es wird schon schiefgehen. Laß mich mal versuchen.«

»Andernfalls komme ich wieder. Ich bin ja nicht aus der Welt. Wir telefonieren jeden Abend, ja? Und zwischendurch, wenn dir etwas unklar ist, ruf mich an!«