Kleine Belinda, du bleibst nicht allein - Myra Myrenburg - E-Book

Kleine Belinda, du bleibst nicht allein E-Book

Myra Myrenburg

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. »Darf ich das Auto aus der Garage fahren?« fragte Marius und richtete seine Blicke beschwö-rend auf seine Mutter. Ada tat so, als habe sie nichts gehört. Bevor sie über eine Antwort überhaupt nachdachte, mußte sie sicher sein, daß weder Engelbert noch Madeleine in der Nähe waren. »Paps ist schon weg«, ließ sich Marius, der Schlaumeier vernehmen. Ada streifte ihn mit einem halb belustigten, halb beunruhigten Blick. Es gefiel ihr nicht, daß er sie durchschaute, als ob sie aus Glas wäre. Er war ihr Sohn, ihr einziges Kind, und er war gerade fünfzehn Jahre alt. An diesem Morgen im Juni trug er die marineblaue Schuluniform des Internationalen Gymnasiums für Jungen, das ein katholischer Orden in der nordafrikanischen Stadt Casablanca eingerichtet hatte. Der Unterricht begann in der Regel morgens um acht Uhr fünfzehn. Jetzt war es halb acht. Ada betrachtete ihn mit mütterlichem Stolz. Er war groß für sein Alter und etwas schlaksig. Bald würde er ihr über den Kopf wachsen. Seine Haut war sonnengebräunt, sein Haar glänzend hellbraun und ein paar Zentimeter zu lang. Aber das Schönste an ihm waren seine Augen, lichtgrau mit einem schwarzen Kreis um die Pupille. Sie waren absolut einmalig. »Bitte, Mutz, laß mich doch«, bettelte er, und als sie nicht antwortete, fügte er mit der ihm eigenen Intensität hinzu: »Du weißt doch – ich kann fahren.«

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Mami – 2042 –

Kleine Belinda, du bleibst nicht allein

Wir wollen deine Eltern sein

Myra Myrenburg

»Darf ich das Auto aus der Garage fahren?« fragte Marius und richtete seine Blicke beschwö-rend auf seine Mutter.

Ada tat so, als habe sie nichts gehört. Bevor sie über eine Antwort überhaupt nachdachte, mußte sie sicher sein, daß weder Engelbert noch Madeleine in der Nähe waren.

»Paps ist schon weg«, ließ sich Marius, der Schlaumeier vernehmen. Ada streifte ihn mit einem halb belustigten, halb beunruhigten Blick. Es gefiel ihr nicht, daß er sie durchschaute, als ob sie aus Glas wäre. Er war ihr Sohn, ihr einziges Kind, und er war gerade fünfzehn Jahre alt. An diesem Morgen im Juni trug er die marineblaue Schuluniform des Internationalen Gymnasiums für Jungen, das ein katholischer Orden in der nordafrikanischen Stadt Casablanca eingerichtet hatte. Der Unterricht begann in der Regel morgens um acht Uhr fünfzehn.

Jetzt war es halb acht.

Ada betrachtete ihn mit mütterlichem Stolz. Er war groß für sein Alter und etwas schlaksig. Bald würde er ihr über den Kopf wachsen. Seine Haut war sonnengebräunt, sein Haar glänzend hellbraun und ein paar Zentimeter zu lang. Aber das Schönste an ihm waren seine Augen, lichtgrau mit einem schwarzen Kreis um die Pupille.

Sie waren absolut einmalig.

»Bitte, Mutz, laß mich doch«, bettelte er, und als sie nicht antwortete, fügte er mit der ihm eigenen Intensität hinzu: »Du weißt doch – ich kann fahren.«

»Aber du bist erst fünfzehn«, seufzte sie, und das triumphierende Aufleuchten in seinen Augen sagte ihr, was sie selbst noch gar nicht wußte, daß sie bereits weich wurde.

»Im Oktober werde ich sechzehn«, warf er eilig ein, »dann kann ich den Führerschein machen.«

»Kannst du nicht.«

»Doch! Ich brauche nur eine Sondergenehmigung.«

»Aha. Und woher willst du die nehmen?«

Er leuchtete sie mit seinen schönen Augen an und lächelte entwaffnend.

»Du wirst das schon regeln, Mutz. Es ist nur ein Klacks.«

Er machte eine wegwerfende Handbewegung und sprang auf.

»Also, ich gehe dann jetzt runter in die Garage und fahre den Wagen raus. Okay?«

Ada knüllte ihre Serviette zusammen. Sie sagte nicht ja und nicht nein. Unklar war sie sich bewußt, daß dieses verwaschene Verhalten im Umgang mit Jugendlichen strikt abzulehnen war. Aber für eine klare Entscheidung hätte sie mehr Zeit gebraucht, und eine Ablehnung hätte sie noch dazu ausführlich begründen müssen.

Die zierliche Pendule unter dem Glassturz auf der Anrichte zeigte viertel vor acht. Made-

leines hagere Gestalt in einem geblühmten Kleid erschien wie ein Geist hinter den gläsernen Wänden, die den inneren Wohnbereich von der Frühstücksterrasse trennten. Sie tippte mit dem Zeigefinger auf die Armbanduhr an ihrem Handgelenk und hob warnend die dünn gestrichelten Augenbrauen.

Ada nickte ihr zu, stand auf und ging hinüber in die luftigen Schlafräume. Die Vorhänge, in kühlen Blautönen gehalten, bauschten sich in der Morgenbrise.

Im Surren des Ventilators, der an der hohen Decke des großen Zimmers kreiste, ging das Geräusch des Motors unter. Die Garage lag neben dem Seiteneingang des weitläufigen Hauses, das der deutsche Boschafter Engelbert von Heskell mit seiner Familie im Diplomatenviertel von Casablanca bewohnte. Sein Amtssitz befand sich in einer anderen stadteinwärts gelegenen Gegend, die für Besucher, Antragsteller und gestrandete Existenzen leichter zu erreichen war.

Ada bürstete sich mechanisch ihr kunstvoll gelocktes dunkelbraunes Haar, besprengte sich mit einem dezenten Duftwasser und legte mit geschickter Hand ihr Tages-Make-up auf. Sie trug bereits ihre Berufskleidung: taubenblaues, wadenlanges Seidenkostüm und halbhohe dunkelblaue Sandaletten. Farblich dazu passend die beutelförmige Handtasche und das Aktenköfferchen mit ihren aufgeprägten Initialen: A. v. H. So. Fertig.

Der Tag konnte beginnen.

Irgendwo in den Tiefen des Hauses hörte man Madeleine laut lamentieren. Ihre Stimme steigerte sich zu einem schrillen Diskant.

Es ging um Marius. Wie so oft. Je älter Madeleine wurde, um so weniger Verständnis hatte sie für den heranwachsenden Jungen, dessen Kinderfrau sie einst gewesen war. Aber eigentlich hatte sie immer schon nach der Haushaltsführung getrachtet und war erst zufrieden gewesen, als Ada sie mit der Oberaufsicht über das Personal betraut hatte.

»Mit ihm wird es einmal ein böses Ende nehmen!« rief Madeleine und raufte sich die graugesträhnten Haare.

Ada beugte sich über die Brüstung des Schlafzimmerbalkons und versuchte, den Anlaß für die Aufregung irgendwie herunterzuspielen.

»Na, na, na«, sagte sie lässig, »falls es darum geht, daß Marius meinen Wagen aus der Garage gefahren hat…«

»Übernehmen Sie die Verantwortung dafür, Madame«, ergänzte Madeleine achselzuckend mit bitterem Unterton, und herausfordernd fügte sie hinzu: »Haben Sie ihm vielleicht auch erlaubt, eine Spritztour durch Ca-sablanca zu machen? Und wie wollen Sie das der Polizei erklären und dem Herrn Botschafter?«

»Unsinn. Davon kann keine Rede sein! Er sollte nur den Wagen aus der Garage fahren.«

»Das höre ich nun schon zum zweiten Mal«, ereiferte sich Madeleine, »aber Tatsache ist, daß Marius weggefahren ist, wir alle haben es gesehen, der Gärtner, der Koch, der Zeitungsjunge –«

Ada, immer noch über die Brüstung gebeugt, schrak zurück. Lieber Gott im Himmel! Dieser Bengel mit seiner Leidenschaft für alles, was Räder hatte! War es denn möglich, daß ihn ein Rausch ergriffen hatte?

Es war zehn Minuten nach acht. Wie sollte er noch pünktlich zur Schule kommen? Und sie selbst? Sie hatte um neun Uhr einen Termin mit der Baubehörde, den sie bereits im Geiste abzusagen begann.

Unten erhob sich neues Geschrei, Bremsen quietschten, ein Motor heulte auf und wurde abgewürgt.

»Ja, ja, ja, ich weiß, wie spät es ist«, hörte man eine ungeduldige junge Stimme rufen, »reg dich doch nicht immer so auf, Made-leine.«

Kein Zweifel: der Sohn des Hauses war soeben wieder eingetroffen.

Ada straffte sich. Jetzt wäre eine Standpauke fällig gewesen. Sofort an dieser Stelle. Aber zuerst mußte sie Pater Josef im Gymnasium anrufen und ihm erklären, daß sie ein Problem mit dem Auto hatte und Marius daher leider später käme.

Dann ging sie hinunter. Made-leine hatte sich zurückgezogen. Der Koch und der Gärtner waren verschwunden. Im Haus war es still geworden.

Vor der Garage im offenen

cremeweißen Sport-Cabriolet seiner Mutter, das wahrscheinlich jeden jugendlichen Auto-Fan in Versuchung geführt hätte, saß Marius auf dem Beifahrersitz.

»Verzeih mir«, bat er leise.

»Daß du mir so was nicht noch einmal antust«, sagte Ada so streng, wie es ihr irgend möglich war, aber Marius’ feinem Ohr entging das unterdrückte Lachen in ihrer Kehle nicht.

»Ganz bestimmt nicht, Mutz. Aber dieses Auto hat ein Eigenleben.«

»Ach, wirklich?«

»Ja, es macht sich einfach selbständig.«

»Du meinst, es fährt aus eigenem Antrieb auf und davon?«

»Genau«, erwiderte Marius todernst, und schon prustete er los, um gleich wieder innezuhalten und die Stimme zu senken.

»Du wirst doch Paps nichts davon erzählen?«

Ada antwortete nicht. Sie konzentrierte sich auf die Fahrbahn, auf den Gegenverkehr, auf die Abfahrt zum Gymnasium.

»Los, raus mit dir«, befahl sie, als sie vor dem hohen grauen Portal hielten, »ich darf hier nicht parken.«

»Bis später, Mutz.«

»Streng dich an, mein Sohn«, erwiderte Ada und gegen ihre Gewohnheit lächelte sie nicht.

Zu ihrem Termin bei der Baubehörde kam sie zu spät, aber man ließ sie vor, denn man kannte sie dort.

Ada von Heskell war nicht nur die Frau des deutschen Botschafters in Casablanca, sie war auch die Gründerin und Leiterin einer privaten Mädchenschule, die in der ganzen Region nicht ihresgleichen hatte. Für die Jungen, so hatte sie auf den diversen diplomatischen Stationen ihres Mannes festgestellt, war überall auf der Welt gesorgt, was die schulische Erziehung betraf, notfalls sogar bis zum Abitur.

Dagegen standen die Chancen für Mädchen in vielen Ländern denkbar schlecht.

Als Engelbert die deutsche Vertretung in Marokko übernahm und mit seiner Familie für längere Zeit nach Casablanca übersiedelte, hatte Ada von Heskell die Initiative ergriffen und mit Hilfe einiger europäischer und amerikanischer Eltern eine Mädchenschule gegründet. Als gelernte Pädagogin war sie bereit gewesen, die Leitung zu übernehmen und die Kriterien aufzustellen, nach denen Schülerinnen aus allen Kreisen aufgenommen werden sollten. Sie hatte sich auch um den Ankauf eines Geländes und die Baumaßnahmen gekümmert, die erforderlich waren, um ein praktisches, leicht zu vergrößerndes Schulgebäude zu errichten. Immer noch mußte angebaut werden, denn die Zahl der Schülerinnen nahm stetig zu.

Zwar teilte sich Ada mit dem Elternbeirat, zu dem auch Engelbert gehörte, in die Gesamtverantwortung, aber als designierte Schulleiterin blieb die meiste Arbeit an ihr hängen.

Es gab immer wieder Leute, die ganz erstaunt fragten, warum sie sich für eine Mädchenschule engagierte, obwohl sie doch nur einen Sohn und keine Tochter hatte.

Sie brauchte die Herausforderung, war Adas Antwort, und früher hatte sie im stillen hinzugefügt: was nicht ist, kann noch werden.

Inzwischen war sie siebenunddreißig Jahre alt, und Engelbert war siebenundvierzig. Sie hatten sich mit der leidigen Tatsache abgefunden, daß sie keine Kinder mehr bekommen würden. Ada bedauerte es immer noch. Engelbert dagegen nahm es leichter. Er hatte sich nie eine große Familie gewünscht. Mit kleinen Kindern konnte er nicht viel anfangen, und mit Jugendlichen, wie sich gerade herausstellte, noch weniger. Sein Sohn war eher ein Problem für ihn als eine Freude, was Ada bekümmerte und zuweilen auch ärgerte. Durch seine starre, unerbittliche Haltung sah sie sich gezwungen, für einen gewissen Ausgleich zu sorgen, und das führte dazu, daß sie Marius mehr durchgehen ließ, als gut für ihn war.

Aber vielleicht war das Verhältnis zwischen Vätern und heranwachsenden Söhnen generell eine probelmatische Zeit. Ada war viel zu positiv veranlagt, um sich dauernd Sorgen darüber zu machen, wie ihre beiden Männer miteinander auskamen.

*

»Das kommt ja gar nicht in Frage«, erklärte Engelbert von Heskell eine Woche nach dem sechzehnten Geburtstag seines Sohnes, als er mit seiner Frau im Nobelrestaurant Oase saß und auf eine alte Freundin der Familie wartete.

»Aber warum denn nicht?« fragte Ada so harmlos erstaunt wie möglich. Sie war nun einmal nicht der naive Frauentyp, auch wenn sie sich manchmal aus strategischen Gründen diesen Anstrich gab.

Engelbert, der sie leider viel zu gut kannte, ging denn auch nicht darauf ein.

»Ada, ich bitte dich«, schnarrte er, »ein Sechzehnjähriger braucht keinen Führerschein. Bestenfalls braucht er vielleicht in absehbarer Zeit Fahrstunden und theoretischen Unterricht. Darüber läßt sich reden. Aber eine Sondergenehmigung für einen Auto-Führerschein, damit er deinen und meinen Wagen zu Schrott fahren kann? Wer hat dich auf diese unmögliche Idee gebracht?«

Ada spielte mit der Pfeffermühle, die zwischen ihnen auf dem dunkelrot gedeckten Tisch stand und blickte sich verstohlen um, ob jemand nahe genug saß, um mitzuhören. Aber noch war die Oase nur spärlich besetzt.

»Engelbert«, sagte sie eindringlich und beugte sich vor, »glaub mir, so abwegig ist die Idee gar nicht. Unser Junge kann fahren. Wäre es da nicht besser, ihn mit den nötigen Papieren auszustatten?«

»Er kann fahren?« wiederholte Engelbert und beugte sich ebenfalls vor, »unser Tausendsassa! Er kann auch den Satz des Pythagoras und andere Lehrsätze der Geometrie! Er kann jetzt schon die mathematischen Formeln der Oberstufe! Nur wenn er sie anwenden soll, fallen sie ihm nicht ein! So, wie die deutsche Sprachlehre, die er auch perfekt beherrscht, nur leider läßt sie ihn gerade dann im Stich, wenn er einen Klassenaufsatz schreiben soll.«

Ada lächelte tapfer, wie immer, wenn sie zwischen die Fronten geriet, die ihr Mann und ihr Sohn bildeten, und die sich unglücklicherweise seit dem letzten Halbjahreszeugnis verhärtet hatten.

Angesichts der schwachen Noten, die Marius mit nach Hause gebracht hatte, war es schwer, ihn zu verteidigen. Dennoch stand fest, er beherrschte sein gesamtes Pensum. Er war hochbegabt und in den meisten Fächern seinen Klassenkameraden weit voraus. Niemand konnte das besser beurteilen als seine Mutter, die Lehrerin.

Was ihm fehlte, war Disziplin und Sitzfleisch. Aber wer hat das schon in diesem Alter, dachte Ada. Sie wandte sich ihrem verstimmten Ehemann zu und sagte mit freundlicher Gelassenheit: »Pater Josef hat vorgeschlagen, Marius eine Klasse überspringen zu lassen.«

Engelbert starrte seine Frau an.

»Das ist nicht dein Ernst!«

»Doch, doch. Frag ihn selbst, wenn du mir nicht glaubst.«

»Bei dem Zeugnis? Mit diesem Notendurchschnitt?«

»Pater Josef geht davon aus, daß Marius nicht genügend gefordert wird.«

»Und du glaubst das auch?«

»Ja. Es könnte sein.«

»Ich verstehe diese Welt nicht mehr«, stieß Engelbert von Heskell ächzend hervor, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

So saß er noch, als eine kleine Person durch die Tischreihen getrippelt kam, winkend und lachend. Traute Marschall, besser bekannt als Tante Traute, der gute Geist des internationalen Kindergartens. Niemand wußte, wie lange sie schon im Lande war, länger jedenfalls als die meisten zur Zeit ansässsigen Europäer. Sie war eine Frau unbestimmbaren Alters, die am liebsten Trachten trug und auch heute mit einem keck sitzenden Tirolerhütchen auf dem Kopf erschienen war. Sie hatte ein rundes Apfelgesicht mit unzähligen Lachfältchen um die brombeerfarbenen Augen und ein sonniges Lächeln für jeden, dem sie begegnete.

Ada atmete auf, als sie Traute sah. Auch Engelbert ließ die Arme sinken, und seine Züge entspannten sich. Mindestens einmal im Monat waren sie miteinander verabredet, und zu allen offiziellen Einladungen der Botschaft erhielt Traute ein Kärtchen oder einen Anruf.