Tim macht das schon - Cornelia Waller - E-Book

Tim macht das schon E-Book

Cornelia Waller

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Beschreibung

Große Schriftstellerinnen wie Patricia Vandenberg, Gisela Reutling, Isabell Rohde, Susanne Svanberg und viele mehr erzählen in ergreifenden Romanen von rührenden Kinderschicksalen, von Mutterliebe und der Sehnsucht nach unbeschwertem Kinderglück, von sinnvollen Werten, die das Verhältnis zwischen den Generationen, den Charakter der Familie prägen und gefühlvoll gestalten. Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! »Hallo, Angela, sieht man dich auch wieder mal?« Angela Hoffmeister, die in Gedanken versunken über die belebte Einkaufsstraße geeilt war, blieb stehen und wandte sich um. »Du, Ina?« rief sie freudig überrascht und streckte der dunkelhaarigen jungen Frau mit dem Pagenkopf die Hand hin. »Ich denke, du wohnst nicht mehr in Hamburg?« »Tue ich auch nicht, ich bin nur zu Besuch hier. Aber ich wollte dich ohne­hin anrufen und fragen, ob wir nicht mal eine Tasse Kaffee miteinander trinken wollen«, lächelte Ina Schrader und erwiderte Angelas Händedruck fest. »Wenn du Zeit hast, können wir es gleich tun, ich habe sowieso nichts zu tun«, erwiderte Angela mit leiser Bitterkeit. »Gern, ich habe nur einen Einkaufsbummel gemacht und wollte gerade heimfahren.« Ina schob ihren Arm unter Angelas. »Gehen wir ins Café König?« Angela nickte, und sie steuerten das kleine Café an, das ganz in der Nähe lag. »Besuchst du deine Eltern?« erkundigte sich Angela. »Meine Mutter, ja, mein Vater ist vor einem Jahr gestorben. Wir wollten sie danach zu uns holen, aber sie wollte nicht, weil doch mein Bruder noch hier ist und sie seine Kinder betreut, weißt du«, erzählte Ina. »Und ihr habt noch keine Kinder?«

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Mami Bestseller – 52 –

Tim macht das schon

Aber was muß denn noch alles passieren?

Cornelia Waller

»Hallo, Angela, sieht man dich auch wieder mal?«

Angela Hoffmeister, die in Gedanken versunken über die belebte Einkaufsstraße geeilt war, blieb stehen und wandte sich um.

»Du, Ina?« rief sie freudig überrascht und streckte der dunkelhaarigen jungen Frau mit dem Pagenkopf die Hand hin. »Ich denke, du wohnst nicht mehr in Hamburg?«

»Tue ich auch nicht, ich bin nur zu Besuch hier. Aber ich wollte dich ohne­hin anrufen und fragen, ob wir nicht mal eine Tasse Kaffee miteinander trinken wollen«, lächelte Ina Schrader und erwiderte Angelas Händedruck fest.

»Wenn du Zeit hast, können wir es gleich tun, ich habe sowieso nichts zu tun«, erwiderte Angela mit leiser Bitterkeit.

»Gern, ich habe nur einen Einkaufsbummel gemacht und wollte gerade heimfahren.« Ina schob ihren Arm unter Angelas. »Gehen wir ins Café König?«

Angela nickte, und sie steuerten das kleine Café an, das ganz in der Nähe lag.

»Besuchst du deine Eltern?« erkundigte sich Angela.

»Meine Mutter, ja, mein Vater ist vor einem Jahr gestorben. Wir wollten sie danach zu uns holen, aber sie wollte nicht, weil doch mein Bruder noch hier ist und sie seine Kinder betreut, weißt du«, erzählte Ina.

»Und ihr habt noch keine Kinder?« wollte Angela wissen, denn die frühere Kollegin hatte geheiratet und hatte ihre Stellung gekündigt, als ihr Mann versetzt worden war.

Ina lächelte. »Noch nicht«, sagte sie betont.

»Aber bald?« Unwillkürlich ging Angelas Blick an der noch gertenschlanken Figur Inas herunter.

»In einem halben Jahr ist es soweit.«

»Wie schön! Ihr freut euch doch?«

»Und wie! Klaus ist ganz aus dem Häuschen und möchte mich am liebsten in Watte packen.«

Sie waren vor dem Café angelangt, fanden drinnen noch einen freien Tisch und bestellten Kaffee.

»Nun erzähle mal von dir!« bat Ina.

»Was machst du denn jetzt? Daß die Morgenpost eingegangen ist, habe ich gehört, aber…«

»Nichts aber«, fiel Angela ihr ins Wort, »seitdem liege ich auf der Straße. Du weißt ja, Stellen für Journalisten sind zur Zeit nicht gerade dick gesät, und im Zweifelsfalle nimmt man lieber einen Mann, der Weib und Kind zu versorgen hat.«

Erschrocken sah Ina sie an. »Aber du warst eine gute Journalistin, Angela, und leben mußt du schließlich auch!«

»Wer fragt danach?« Bitter verzog Angela den Mund. »Hin und wieder bringe ich einen Artikel an den Mann, aber damit verdient man sich nicht die Butter aufs Brot.«

»Und Peter? Ich meine, er ist ein gefragter Architekt, und ihr könntet doch heiraten.«

»Du kennst ihn doch. Peter liebt seine Freiheit noch immer mehr als mich, außerdem hat mir ein freundlicher Mitmensch gesteckt, daß er wieder einmal eine neue Flamme hat.«

Mitfühlend legte Ina ihre Hand auf die von Angela.

»Das tut mir leid, Angela, weiß denn dieser Dummkopf nicht, was er an dir hat? Du bist noch hübscher geworden und…«

»Keine Komplimente bitte«, unterbrach Angela sie mit einem kleinen Lächeln. »Ich bin immerhin achtundzwanzig, und es gibt jüngere.«

»Aber Peter ist über dreißig!«

»Eben deswegen«, bemerkte Angela ironisch. »Aber sei ganz beruhigt, es tut nicht mehr weh. Darüber bin ich längst hinaus. Ich sehe ihn inzwischen so wie er ist, bin nicht mehr so blind wie zu Anfang und habe auch keinerlei Ambitionen mehr, was eine Bindung betrifft. Seltsamerweise macht er mir zwischen seinen Amouren regelmäßig einen Heiratsantrag, den ich ebenso regelmäßig ablehne, weil ich mir zu gut bin, sein zwischen zwei Liebschaften angeschlagenes Selbstbewußtsein aufzupolieren.«

»Vollkommen richtig!« pflichtete Ina ihr bei. »Aber so wie du aussiehst, dürfte es dir an Verehrern doch nicht mangeln. Wenn ich nur noch an Hänschen Weise von der Sportredaktion der Morgenpost denke, du lieber Himmel, hat der dich angehimmelt!«

Angela lachte. »Hänschen ist längst unter der Haube, nachdem er endlich gemerkt hat, daß ich ihm nur freundschaftliche Gefühle entgegenbrachte. Ich bin eben hoffnungslos romantisch und warte immer noch auf die ganz große Liebe, Ina. Wahrscheinlich gibt es die gar nicht, oder man hat großes Glück, so wie du mit Klaus.«

»Zugegeben, aber was willst du nun machen? So kann es doch wirklich nicht weitergehen.«

»Ich glaube, ich nehme das Angebot meines Onkels an und gehe zu ihm. Er ist ja der einzige Verwandte, den ich noch habe, und er hat, ich glaube, ich habe es dir erzählt, eine gutgehende Arztpraxis. Er hat mir angeboten, diese Durststrecke jetzt bei ihm als Sprechstundenhilfe zu überbrücken. Zufällig bekommt eine seiner jetzigen Hilfen ein Baby und fällt für einige Monate aus. Das wäre für eine Journalistin zwar nicht gerade eine überwältigende Karriere, ich gebe es zu, aber es ist immer noch besser als nichts.«

»Trotzdem ist es ein Jammer, daß deine Talente dann brachliegen sollen«, sagte Ina mit zusammengezogenen Brauen.

»So wäre es nicht. Mein Onkel braucht mich nur halbtags, weil nachmittags eine andere Hilfe da ist, und so hätte ich immer noch Zeit genug, nebenbei etwas zu schreiben. Und nicht wie jetzt unter Druck, sondern auch mal über Dinge, die mich besonders interessieren, die ich immer schon einmal angehen wollte. Kurzgeschichten zum Beispiel«, sagte Angela eifrig.

»Na ja, so gesehen wäre es vielleicht eine ganz gute Lösung«, nickte Ina nachdenklich. Nun wollte Angela auch von ihr hören, dann kamen sie auf die Zeit zu sprechen, da sie noch Kolleginnen gewesen waren. Ehe sie sich versahen, waren zwei Stunden vergangen, und Ina war nun doch etwas erschrocken, als sie auf die Uhr sah.

»Du lieber Himmel, jetzt haben wir uns aber verplaudert! Meine Mutter wird denken, ich sei unter die Räder gekommen.«

Sie zahlten eilig und verließen das Café, verabschiedeten sich draußen herzlich und versprachen einander, nun wenigstens brieflich wieder regere Verbindung zu halten.

*

Kaum war Angela in ihr Einzelzimmerappartement zurückgekommen, als das Telefon läutete. Sie stürzte zum Apparat. In letzter Zeit hoffte sie immer auf das Wunder, daß sich ein Verlag oder eine Redaktion meldete, um ihr eine neue Stellung anzubieten oder zumindest jemand, der einen Auftrag für sie hatte.

Als Peter sich meldete, war sie enttäuscht. »Ach du«, sagte sie matt und verspürte keinerlei Freude.

»Wo steckst du denn, ich habe schon ein paarmal angerufen«, sagte Peter Krämer vorwurfsvoll.

»Nachdem ich eine ganze Woche nichts von dir gehört habe, kannst du nicht erwarten, daß ich weinend neben dem Telefon sitze und auf deinen Anruf warte«, erwiderte Angela ärgerlich.

»Ich komme gleich vorbei«, erklärte Peter, was sie wiederum ärgerte, weil es ihm gar nicht in den Sinn kam, zu fragen, ob es ihr recht wäre. Doch bevor sie widersprechen konnte, hatte er schon aufgelegt.

Am liebsten hätte Angela zurückgerufen und ihm gesagt, daß sie auf sein Kommen keinerlei Wert lege. Ihre innere Beziehung zu Peter hatte im Laufe des letzten Jahres sehr gelitten, nachdem sie festgestellt hatte, daß er immer wieder anderen Frauen seine Aufmerksamkeit zugewandt hatte. Im ersten Jahr ihrer Freundschaft hatte sie das nicht gesehen und auch nicht sehen wollen, war ziemlich blind verliebt in den gutaussehenden und erfolgreichen Architekten gewesen, der sich schon jung selbständig gemacht hatte und nun ein gutgehendes Architekturbüro besaß. Peter besaß viel Charme, konnte ein blendender Unterhalter sein und hatte viel Erfolg bei Frauen. Als er ihr das erste Mal von Heirat gesprochen hatte, war sie glücklich und auch ein wenig stolz gewesen, daß er, der an jedem Finger eine haben konnte, gerade sie heiraten wollte. Aber dennoch hatte sie ihn vertröstet, denn damals hatte sie Aussicht auf einen Redakteurposten gehabt und wollte sich die nicht entgehen lassen. Sie war sehr ehrgeizig, wußte, was sie konnte und wollte etwas erreichen. Als Peters Frau wäre ihr Beruf zu kurz gekommen, das war ihr trotz aller Blindheit klargewesen. Denn so freiheitsliebend Peter für sich selbst war, so ein­engend war er ihr gegenüber.

»Wenn wir heiraten, sollst du nicht mehr arbeiten«, hatte er immer erklärt. »Das hast du dann nicht mehr nötig.« Und er hatte nie begriffen, daß auch eine Frau sich beruflich Bestätigung wünschen konnte.

Zehn Minuten später schellte es, und Angela betätigte den elektrischen Türdrücker. Automatisch warf sie dabei einen Blick in den Dielenspiegel. Wenigstens sah man ihr ihre derzeitigen Sorgen nicht an, dachte sie befriedigt, obwohl sie ein wenig schmaler geworden war. Aber sie hatte Zeit genug gehabt, sich auf ihrem winzigen Balkon zu sonnen, und der leichte Goldton stand ihr zu ihren hellbraunen Haaren mit dem aparten Rotschimmer und den grünschimmernden Augen sehr gut.

Als sie den Lift heraufkommen hörte, preßte Angela die vollen roten Lippen zusammen und krauste das zierliche Näschen. Sie gedachte nicht, Peter einen freundlichen Empfang zuteil werden zu lassen.

Die Lifttür öffnete sich, und schnelle Schritte näherten sich, dann stand Peter vor ihr. Er strahlte über das ganze Gesicht, in dem nicht das geringste Schuldbewußtsein zu lesen war. Obwohl Angela keineswegs klein war, überragte er sie um eine halbe Haupteslänge. Seine Figur war sportlich durchtrainiert, denn er spielte leidenschaftlich gern Tennis, Golf und Bowling, ritt auch gelegentlich. Angela hatte allerdings das Gefühl, daß er es vor allem deswegen tat, weil er eine gute Figur dabei abgab.

»Hallo, Kleines!« Er schloß sie in die Arme und küßte sie auf beide Wangen.

»Tag«, sagte Angela kühl und löste sich von ihm. Die Blumen, die er ihr jetzt hinstreckte, hatte sie längst gesehen, und sie wußte, was die Glocke geschlagen hatte. Peter brachte ihr immer Blumen, wenn der Flirt mit einer anderen Frau sein Ende gefunden hatte.

»Aha«, sagte sie nur spöttisch.

»Nicht was du denkst!« beteuerte Peter mit treuem Dackelblick. »Ich hatte wirklich unheimlich viel zu tun, Geli. Stell dir vor, ich habe den Auftrag für das neue Schulzentrum bekommen und die gesamte Konkurrenz aus dem Felde geschlagen!«

»Wahrscheinlich hast du mit der Sekretärin des Schulrats geflirtet«, erwiderte Angela trocken und ging in ihr hübsch eingerichtetes geräumiges Wohnzimmer, das mittels einer Bücherwand in einen Wohn- und einen Schlafbereich unterteilt war.

»Schlecht gelaunt?« erkundigte sich Peter, der ihr gefolgt war, sanft.

»Im Gegenteil, ich bin blendender Stimmung«, betonte Angela. »Willst du etwas trinken?« Sie ging zu ihrer kleinen Hausbar.

»Ich will nichts trinken, ich will einen Kuß!« Peter trat hinter sie und zog sie an sich. »Ich weiß, ich habe dich ein bisserl vernachlässigt, Kleines, aber nun sei doch nicht gleich so nachtragend.«

»Nachtragend? Du lieber Himmel, darüber bin ich doch längst hinaus.« Angela konnte sogar lachen, nachdem sie beschlossen hatte, Peter nicht ernst zu nehmen. »Aber du verschwendest deine Mühe, lieber Peter, ich beabsichtige nämlich, von hier fortzugehen.«

»Fortzugehen?« wiederholte Peter überrascht und ließ sie los. »Heißt das, du hast eine neue Stellung gefunden?«

»So kann man es nennen. Ich gehe zu Onkel Ernst. Er hat mir angeboten, zu ihm zu kommen.«

»Und was willst du da machen?«

»Ihm in der Praxis helfen. Von der Luft kann ich schließlich nicht länger leben, nachdem mein Konto in den letzten Wochen ziemlich geschmolzen ist.«

Betroffen sah Peter sie an. »Mein Gott, Geli, warum hast du denn nichts gesagt! Ich helfe dir natürlich aus, das ist doch klar.«

»Erstens habe ich dich nicht zu Gesicht bekommen, und zweitens bettele ich keinen um Geld an, der nicht von selbst auf die Idee kommt, daß es mir nicht gutgehen könnte«, entgegnete Angela nun doch etwas scharf.

»Heute trete ich wieder mal nur ins Fettnäpfchen!« stöhnte Peter und rollte die Augen zur Decke. »Aber du leidest an falschem Stolz, mein Kind. Schließlich kennen wir uns lange und gut genug, so daß du ruhig mal den Mund hättest aufmachen können.«

»Das ist deine Meinung, aber ich denke darüber nun mal anders.« Angela schenkte Cognac ein und reichte ihm ein Glas. »Whisky habe ich leider keinen mehr. So was kann ich mir nicht mehr leisten.«

»Danke.« Betreten nahm er ihr das Glas ab, und sie setzten sich. »Steht es wirklich schon ganz fest, daß du zu deinem Onkel gehst?«

»Bombenfest, in der nächsten Woche fahre ich zu ihm.«

»Und ich könnte dich nicht davon abhalten?«

»Und wie stellst du dir das vor?« fragte Angela spöttisch.

»Selbst auf die Gefahr hin, daß du mir wieder einen Korb gibst, Geli, aber wir könnten doch endlich heiraten.«

»Aus Mitleid vielleicht? Nee, danke«, erwiderte Angela schroff.

»Blödsinn, was redest du denn da. Es ist ja nicht der erste Antrag, den ich dir mache, also kannst du mir das nicht unterstellen. Ich mag dich immer noch, auch wenn du heute nicht nett zu mir bist.«

»Peter«, sagte Angela ruhig, »das kannst du dir aus dem Kopf schlagen, ein für allemal, ich habe keine Lust mit einem Mann verheiratet zu sein, der ständig, mehr oder weniger intensiv, nach anderen Frauen schielt. Das ist wahrhaftig nicht, was ich mir für eine gute Ehe wünsche.«

»Mein Gott, es waren doch nur harmlose Flirts. Geliebt habe ich immer nur dich, begreife doch!« widersprach Peter heftig.

»Ich war ja auch bequem, weil ich dir nie Vorwürfe gemacht habe.«

»Vielleicht nur, weil du meine Gefühle nicht erwidert hast«, entgegnete Peter ungewöhnlich ernst. »Möglicherweise habe ich es unbewußt sogar herausfordern wollen, daß du einmal richtig explodierst und mir damit gezeigt hättest, daß dir an mir liegt.«

»Der große Psychologe, hört, hört! Muß man jemanden eifersüchtig machen, um seiner Liebe sicher zu sein? Ich finde, das ist nicht die richtige Methode. Das sollte man an anderen Dingen spüren«, sagte Angela kopfschüttelnd, aber innerlich war sie doch ein wenig betroffen. Hatte sie Peters Eskapaden vielleicht doch nur deshalb widerspruchslos hingenommen, weil die richtige Liebe fehlte? War es nicht Großmut gewesen, wie sie sich einzureden versucht hatte? Es hatte ihr zwar weh getan, wenn er mit anderen geflirtet hatte, aber vielleicht mehr aus verletzter Eitelkeit?

»Na, ich weiß nicht, aber wie dem auch sei, Geli, ich habe mir immer gut vorstellen können, mit dir verheiratet zu sein und dich eigentlich auch immer als Mutter meiner zukünftigen Kinder gesehen. Ein Wort von dir, und ich bestelle morgen das Aufgebot.«

Angela schüttelte den Kopf. »Nein, Peter, dafür ist jetzt, wenn überhaupt, einfach nicht der richtige Augenblick. Vielleicht tut uns eine räumliche Entfernung mal ganz gut? Wir können dann beide testen, wie es um uns steht.«

»Du wohl, denn ich weiß es genau«, beharrte er. »Aber du warst ja leider immer schon eine eigenwillige kleine Person, tust am Ende ja doch, was du willst.«

»Mag sein.« Sie lächelte. »Trotzdem brauchen wir ja nicht gleich den großen Punkt hinter alles zu setzen.«

»Nein, auf keinen Fall«, sagte er schnell. »Ich hoffe sehr, daß dir bewußt wird, was du an mir hast und eines Tages in meine hebend ausgebreiteten Arme sinkst.« Er grinste.

»Wenn es soweit ist, gebe ich dir Bescheid«, scherzte Angela und war froh, daß das Gespräch sich nun wieder entspannte. Sie wollte alles andere, als im Streit mit Peter auseinandergehen.

Schließlich gingen sie einträchtig miteinander essen und zwar ganz opulent, da Peter meinte, Angela sähe ziemlich verhungert aus. Es wurde noch ein ganz netter Abend, nur als Peter Anstalten machte, bei ihr die Nacht zu verbringen, schickte ihn Angela freundlich aber entschieden nach Hause.

*

»Tag, Onkel Ernst, da wäre ich also!«

Angela stand vor der Tür des gepflegten aber schon älteren Einfamilienhauses, in dem Dr. Ernst Hoffmeister wohnte und seine Praxis innehatte, und setzte ihren schweren Koffer ächzend nieder.

»Ja, Kind, ich hatte erst morgen mit dir gerechnet!« rief er überrascht, zog sie in seine Arme und küßte sie schallend auf die Wange. »Ich werde langsam auch immer zerstreuter, fürchte ich.«

»Keineswegs, Onkelchen!« Auch Angela küßte ihn herzhaft. »Ich wollte ja auch erst morgen kommen, aber da meine Koffer gepackt waren, habe ich kurz entschlossen den Abendzug genommen.«

»Na fein, dann komme erst mal herein.« Dr. Hoffmeister, der ältere Bruder von Angelas verstorbenem Vater, nahm die Koffer auf. »Du großer Gott, hast du Blei darin? Müßt ihr Weibsbilder eigentlich immer so viel Zeugs mit euch herumschleppen?« Er keuchte und zog eine Grimasse.

»Aber es ist wirklich nur das Allernötigste, Onkel.«

»Ja, ja, das Lied kenne ich«, schmunzelte er.

Als Angela die gemütliche Diele betrat, atmete sie tief ein. In gewisser Weise ersetzte ihr dieses Haus das Elternhaus. Als Kind war sie meistens in den Schulferien hier gewesen, und Onkel und Tante, die unter ihrer Kinderlosigkeit sehr gelitten hatten, hatten sie immer sehr verwöhnt. Onkel Ernst in seiner derb-liebevollen Art hatte manchen Spaß mit ihr gemacht, die Tante hatte sie mit all ihrer unverbrauchten Liebe förmlich überschüttet.

»Hier ändert sich nie etwas«, stellte sie, sich umsehend, befriedigt fest.

»Warum sollte ein alter Mann wie ich auch noch viel ändern.« Dr. Hoffmeister setzte die Koffer ab. »Auspacken kannst du später. Ich wollte mir gerade etwas zum Essen machen, weil die Köhler heute frei hat. Hältst du mit?«

»Gern.« Angela folgte ihm in die Küche.

Brot, Butter, Käse und Wurst standen schon auf dem Küchentisch, und Tee war gerade fertig. So setzten sie sich der Einfachheit halber gleich hier an den Tisch und aßen. Erst als sie dabei waren, merkte Angela, daß sie doch hungriger gewesen war, als sie geglaubt hatte. Vielleicht lag es auch nur daran, daß sie nicht allein am Tisch saß, und daß die drückenden Sorgen plötzlich von ihr abfielen. Onkel Ernst war ein Mann, der schon rein äußerlich das Gefühl vermittelte, daß man bei ihm beschützt und geborgen war. Er war groß, von kräftiger Statur, und sein breitflächiges Gesicht strahlte Ruhe aus. Er betonte zwar gern sein Alter, ein wenig kokett, wie Angela meinte, aber für seine fast sechzig Jahre wirkte er noch recht vital. Angela hatte sich oft gewundert, daß er nicht wieder geheiratet hatte, denn daß es Frauen gegeben hatte, die ihn gern geheiratet hätten, wußte sie. Aber er hatte sehr an Tante Käthe gehangen.

»Was ich hatte, wußte ich, was ich kriege, weiß ich nicht«, erklärte er immer wieder, obwohl ihm das Alleinsein anfangs nicht leicht gefallen war. Aber im Laufe der Jahre hatte er sich daran gewöhnt und war darüber ein wenig schrullig geworden. Außerdem hatte er ja die gute Frau Köhler, die ihn ziemlich verwöhnte, und an deren etwas betuliche Art er sich gewöhnt hatte.

Während sie aßen, mußte Angela genau erzählen, warum ihre Zeitung eingegangen war und was ihre Versuche, eine neue Stellung zu finden, gebracht beziehungsweise leider nicht gebracht hatten.

»Na ja«, meinte er, als sie geendet hatte, »jetzt bleibst du erst mal hier, und wenn Frau Henning ihr Baby hat, werden wir weitersehen. In ein paar Monaten kann sich einiges tun. Ich freue mich jedenfalls, daß du deinem alten Onkel eine Zeitlang Gesellschaft leistest, Gelchen.«

»Ich freue mich auch, bei dir sein zu können, Onkel Ernst«, erwiderte Angela dankbar. »Ich hoffe nur, ich kann dir in deiner Praxis wirklich nützlich sein.«

»Und ob. Mir fehlt wirklich jemand. Von mir aus kannst du sofort anfangen.«

»Mache ich, Onkel.«

»Fein, dann erkläre ich dir morgen vor der Sprechstunde das Wichtigste, und alles Weitere lernst du dann bald. Ingrid, meine andere Sprechstundenhilfe, kann dich ja nachmittags auch ein bißchen einweisen, was die Instrumente anbetrifft. Aber du hast schon als Kind schnell begriffen, da mache ich mir gar keine Sorgen. Komm, und jetzt gehen wir ins Wohnzimmer und trinken noch ein Glas Wein miteinander. Oder willst du doch lieber erst auspacken?«

»Wenigstens die Kleider würde ich gern aus dem Koffer nehmen, damit sie nicht so zerdrücken.«