Maoismus - Julia Lovell - E-Book

Maoismus E-Book

Julia Lovell

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Beschreibung

PLATZ 1 SACHBUCH-BESTENLISTE

WIE DIE WELT DEM MAO-FIEBER ERLAG

Unter der Herrschaft Xi Jinpings prägt der Maoismus bis heute die Politik Chinas. Umso wichtiger ist es, seine Geschichte zu verstehen. Revolutionär, brutaler Diktator, Pop-Ikone: Mao Zedong war eine der prägendsten Personen des 20. Jahrhunderts. Das kleine Rote Buch, bis heute knapp eine Milliarde Mal gedruckt, verbreitete sein Denken weltweit. Antikoloniale Bewegungen beriefen sich ebenso auf den Großen Vorsitzenden wie Politsekten und Terrororganisationen. Rudi Dutschke propagierte den »Langen Marsch durch die Institutionen«. Andy Warhol wählte Mao als sein erstes nichtwestliches Motiv.
In ihrem monumentalen Buch zeigt Julia Lovell, wie der Maoismus in China und zahlreichen anderen Ländern rund um den Globus zu einer so wirkmächtigen Ideologie werden konnte. Dabei verschiebt sie die Koordinaten der herkömmlichen Geschichtsschreibung. Fernab von Moskau und Washington beeinflusste Peking zur Hochzeit des Kalten Krieges den Konflikt in Vietnam, verhalf den Roten Khmer in Kambodscha an die Macht und inspirierte Guerillas in Indien und Peru.
Lovell erklärt, warum Intellektuelle in Westeuropa von einer Weltanschauung fasziniert waren, die sich an chinesische Bauern richtete. Sie folgt den Wegen revolutionärer Kämpfer aus Afrika, Südamerika und den USA. »Ein beeindruckendes, zugängliches und [...] erstaunliches Buch« (Ian Johnson, Pulitzer-Preisträger).

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Seitenzahl: 1241

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Cover

Titel

3Julia Lovell

Maoismus

Eine Weltgeschichte

Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Norbert Juraschitz

Suhrkamp

Impressum

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Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem TitelMaoism. A Global History bei The Bodley Head (London).Meinem Vater William (Bill) Lovell, 1946-2014

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2023

Der vorliegende Text folgt der deutschen Erstausgabe, 2023.

© der deutschsprachigen Ausgabe Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2023© Julia Lovell 2019

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg, unter Verwendung des Originalumschlags von Stephen Parker

eISBN 978-3-518-77546-2

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Einleitung

1 Was ist Maoismus?

1

. »Die Macht kommt aus den Gewehrläufen.«

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. »Es dauert nur noch eine sehr kurze Zeit, und in allen Provinzen Mittel-, Süd- und Nordchinas werden sich Hunderte Millionen Bauern erheben; sie werden ungestüm und unbändig sein wie ein Orkan, und keine noch so große Macht wird sie aufhalten können. […] Eine Revolution [ist] kein Gastmahl.«

3

. »Das Kriterium der Wahrheit kann nur die gesellschaftliche Praxis sein.«

4

. »Die Frauen können die Hälfte des Himmels tragen.«

5

. »Irrtümer anprangern und Fehler kritisieren.«

6

. »Der Osten ist rot, die Sonne geht auf. China hat Mao Zedong hervorgebracht. Er plant Glück für das Volk, Hurra, er ist der große Erlöser des Volkes!«

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. »Der Imperialismus ist ein Papiertiger.«

8

. »Rebellion ist berechtigt.«

9

. »Über den Widerspruch: Der Kampf der Gegensätze geht ununterbrochen vor sich.«

2 Der rote Stern

Revolution, wie sie im Buche steht

3 Die Gehirnwäsche

China und die Welt in den fünfziger Jahren

4 Weltrevolution

5 Jahre des gefährlichen Lebens

Indonesien

6 Nach Afrika

7 Maos Dominosteine?

Vietnam und Kambodscha

8 »Sie sind alt, wir sind jung, Mao Zedong«

Maoismus in den Vereinigten Staaten und in Westeuropa

9 Rote Sonne über Peru

Der Leuchtende Pfad

10 »Chinas Vorsitzender ist unser Vorsitzender«

Maoismus in Indien

11 Der Maoismus an der Macht?

Nepal

12 Maos Erben

Schluss

Anmerkungen

Dank

Zeittafel

Ausgewählte Literatur

Bildnachweise

Personenregister

Ortsregister

Sachregister

Bildteil I

Bildteil II

Fußnoten

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Peking, Herbst 1936, ein geräumiges Haus mit Innenhof, Wohnsitz der amerikanischen Journalisten Helen und Edgar Snow. Helen, Ende 20, von knabenhafter Schlankheit, mit dem Aussehen eines Hollywoodstars, setzt sich für ihr morgendliches Arbeitspensum an den Schreibtisch. Die Haustür geht auf, Edgar kommt herein. Vier Monate hat sie ihren Mann nicht gesehen. Seit Juni war er auf einer Reise zu dem kommunistischen Staat im Nordwesten Chinas und hatte in dieser Zeit kaum Kontaktmöglichkeiten. Nun »grinst er«, in der für Helen typischen prägnanten Beschreibung, »albern hinter dem graumelierten Vollbart wie die Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat«. Er tanzt, auf dem Kopf eine »graue Mütze mit einem roten Stern auf der ausgebleichten Vorderseite«, überglücklich im Zimmer herum und bestellt bei dem chinesischen Koch der beiden ein deftiges amerikanisches Frühstück mit Eiern, Kaffee und Milch.1 Seine Tasche ist voll mit Notizbüchern, verknipsten Filmen und 20000 transkribierten Wörtern Mao Zedongs. In den kommenden Monaten wird er aus dem Material ein Buch mit dem Titel Roter Stern über China zusammenstellen – einen Weltbestseller. Das Buch sollte nicht nur Snow zu einem Chronisten der kommunistischen Revolution in China und zu einem Vermittler zwischen den chinesischen Kommunisten und einem internationalen Publikum, sondern auch Mao zu einer internationalen politischen Berühmtheit machen. Es wird Mao und seine Revolution für indische Nationalisten, chinesische Intellektuelle, sowjetische Partisanen, amerikanische Präsidenten, malaiische Aufständische, Anti-Apartheid-Kämpfer, westliche Linksradikale, nepalesische Rebellen und viele andere übersetzen. Roter Stern über China ist der Beginn des globalen Maoismus.

Dschungel in Perak, British Malaya, Ende der vierziger Jahre. Soldaten der britischen Kolonialarmee (Briten, Malaien, Australier, Gur8khas) durchstöbern die Reste verlassener Lager der Kommunistischen Partei Malayas (Parti Komunis Malaya, PKM). Sie finden Dutzende Exemplare von Edgar Snows Roter Stern über China in der chinesischen Übersetzung. Im Jahr 1948 hat die von ethnischen Chinesen dominierte PKM einen Aufstand gegen die Briten begonnen, den die Kolonialmacht als »Emergency« bezeichnet. Es ist einer der ersten Entkolonialisierungsaufstände gegen die alten europäischen Imperien nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Rebellen sind inspiriert von Mao und seiner Revolution: von der Zähigkeit, mit der er seinen langwierigen Guerillakrieg führte; von der stark ideologisch geschulten Partei und Armee, die er schuf; und davon, wie er dem europäischen, amerikanischen und japanischen Imperialismus die Stirn bietet.

Washington, November 1950. Kalte-Kriegs-Hysterie im Außenministerium. Die Nachricht von der Intervention der Rotchinesen im Koreakrieg hat sich bestätigt und weckt die Angst vor einem weltweiten maoistischen Aufstand. Senator Joe McCarthy, »der große nationale Einschüchterer«,2 profitiert stark von der allgemeinen Angst vor einer kommunistischen Infiltration der Vereinigten Staaten und treibt zwei linksliberale Senatoren durch die Beschuldigung, sie hätten Verbindungen mit »Roten«, aus dem Amt. Für die amerikanische Führung ist der malaiische Aufstand ein Teil des Kalten Krieges und kein antikolonialistischer Kampf. Zu seiner Hauptursache wird die transnationale Subversion der Chinesen erklärt. Die Rebellion muss niedergeschlagen werden, um einen globalen Sieg des Kommunismus zu verhindern. Die »Dominotheorie«, die Überzeugung, dass die Länder Südostasiens ohne amerikanisches Eingreifen eines nach dem anderen unter kommunistische, unter chinesische Herrschaft geraten, wird geboren. Als der Koreakrieg in jenem Winter eine schlimme Wendung nimmt und etwa 7000GIs in Gefangenschaft geraten, als Wellen chinesischer Soldaten die amerikanischen Linien durchbrechen und nach Seoul vorstoßen, kursieren in den USA Gerüchte über einen neuartigen maoistischen Psychokrieg, der an den amerikanischen Kriegsgefangenen in Korea ausprobiert 9wird. Der amerikanische Journalist (und möglicherweise irgendwann auch CIA-Agent) Edward Hunter beschuldigt Mao, eine schreckliche neue Waffe gegen die Menschheit einzusetzen: »Gehirnwäsche«. CIA-Agenten, Journalisten, Verhaltensforscher, Romanschriftsteller und Filmemacher leisten während der fünfziger Jahre ihren Beitrag zu der kollektiven Wahnvorstellung eines mächtigen maoistischen Apparats zur Gedankenkontrolle. Diese panische Angst vor chinesischer »Gehirnwäsche« – basierend auf der zuvor schon existierenden Angst vor sowjetischem Psychoterror – führt zu einem exponentiellen Wachstum der »geheimen Sphäre« in den USA und dient als Rechtfertigung für einen geheimen Staat im Staate und für das gewaltige psychologische Operationsprogramm der CIA. Durch eine Serie von Initiativen mit Codenamen wie Bluebird, Artichoke oder MKUltra wird die CIA in den gesamten fünfziger und sechziger Jahren versuchen, die chinesischen und sowjetischen Techniken zur Gedankenkontrolle nachzuvollziehen, die sie für so gefährlich hält. Am Ende werden aus diesem Programm die »erweiterten Verhörtechniken« des Krieges gegen den Terror hervorgehen, der die Fundamente der US-amerikanischen Demokratie untergräbt.

Die Bronx, New York 1969. Der junge amerikanische Linksradikale Dennis O’Neil hat eine Meinungsverschiedenheit mit einem Freund. Wie viele aus seiner Generation ist O’Neil ein leidenschaftlicher Bewunderer von Mao Zedong und dessen Kulturrevolution. Sein Freund bevorzugt Trotzki. Die beiden entwickeln ein wissenschaftliches Verfahren, um zu klären, wessen politische Strategie die bessere ist. Für einen bestimmten Zeitraum wird jeder auf dem Balkon ihrer Wohnung im 15. Stock einer anderen Hanfpflanze aus den Werken seines jeweiligen Idols vorlesen. »Meine Pflanze gedieh, seine verwelkte«, berichtet O’Neil später. »Das war der Beweis.« Unterdessen findet in der Buchhandlung China Books and Periodicals in San Francisco, dem wichtigsten Outlet für Maos Wort an der West Coast, ein weiterer exzentrischer Versuch statt: Die Mitglieder der Seven Diggers, einer Gruppe selbsternannter »Ultrademokraten«, sitzen 10im Lotossitz zwischen Stapeln mit Mao-Bibeln und lesen, inspiriert von Haschischkeksen, Maos Worte über die chinesische Revolution und den Guerillakrieg. Zwei FBI-Beamte in Regenmänteln, die die Zusammenkunft überwachen, vertreiben sich die Zeit, indem sie in einer anderen Ecke des Geschäfts das Angebot chinesischer Briefmarken studieren.3

Die Experimente der CIA mit LSD, als der Geheimdienst an seinem Programm zur »Gehirnwäsche« arbeitet, spielen eine Schlüsselrolle in den drogengetriebenen Jugendrevolten der sechziger und siebziger Jahre. Ab 1969 sickert das in den Forschungslaboren der CIA massenweise produzierte LSD an die Studierenden durch, die es als Freizeitdroge verwenden. Die expandierende Drogenszene ist an der Entfesselung einer lautstarken Protestbewegung beteiligt, die sich mit der Kulturrevolution identifiziert. Maoistische Hippies wie die Vorleser auf Dennis O’Neils Balkon oder die Mitglieder der Seven Diggers sind das Ergebnis. Mao-Fieber erfasst den amerikanischen Westen. An den französischen Universitäten werden überall »Wandzeitungen« plakatiert, west-deutsche Studierende tragen Mao-Buttons, Zitate aus der Mao-Bibel werden an die Wände italienischer Hörsäle geschmiert. Maoistische Anarchisten steigen auf die Berliner Gedächtniskirche und bombardieren die Passanten mit Hunderten von Mao-Bibeln. Aber nicht nur harmlose Spinner, auch harte Jungs werden aktiv. Junge Revolutionäre reisen nach China oder Albanien, wo sie von der Volksrepublik China entwickelte und finanzierte politische und militärische Trainingszentren besuchen. Nach 1968 inspiriert der militante Maoismus der Kulturrevolution den urbanen Terrorismus der Roten Armee Fraktion in der Bundesrepublik und der Roten Brigaden in Italien beim Angriff auf die beiden fragilen Demokratien, die nach dem Faschismus um ihre Legitimität kämpfen.

Nanjing 1965. Als die Begeisterung für Maos Revolution Linke auf der ganzen Welt erfasst, besucht der peruanische Philosophieprofessor Abimael Guzmán eine Militärakademie in Nanjing. Dort könnte er Spekulationen zufolge Saloth Sar kennengelernt haben, der später 11als Pol Pot für den Völkermord in Kambodscha verantwortlich sein wird. Dieser besucht in jenem Jahr wie Guzmán Kurse im Pekinger yafeila peixun zhongxin (dem asiatisch-afrikanisch-lateinamerikanischen Trainingszentrum für Revolutionäre dieser Regionen) gleich neben den marmornen Hallen des neuen Sommerpalasts. »Wir nahmen einen Füller in die Hand, und er explodierte«, berichtete Guzmán später über einen Kurs, den er damals absolvierte, »und als wir uns auf einen Stuhl setzten, ging auch der in die Luft. Es war eine Art allgemeines Feuerwerk […], perfekt kalkuliert, um uns zu zeigen, dass man alles in die Luft sprengen kann, wenn man herausfindet wie […]. Diese Schule hat stark zu meiner Entwicklung beigetragen und mich den Vorsitzenden Mao Zedong schätzen gelehrt.«4 Im Jahr 1979 beginnt Guzmán als Führer des Leuchtenden Pfads, der Kommunistischen Partei Perus, einen maoistischen »Volkskrieg« – einen brutalen Feldzug, der in den folgenden zwei Jahrzehnten etwa 70000 Menschen das Leben kosten und in Peru einen wirtschaftlichen Schaden von etwa 18 Milliarden US-Dollar anrichten wird. Nach zwölf Jahren langwierigem Guerillakrieg verkündet Guzmán als letzte maoistische Fanfare den 26. Dezember 1992 als Termin für seine Schlussoffensive zur Eroberung der Macht – den 99. Jahrestag von Maos Geburt.5 Die Revolution, sagt er voraus, werde »eine Million Menschenleben« kosten.6 Eine andere Prophezeiung lautet, dass ein Sieg des Leuchtenden Pfads – keine unrealistische Aussicht im Peru der frühen neunziger Jahre – ein Blutbad nach sich zöge, das sogar das der Roten Khmer in den Schatten stellen würde.

Neben Pol Pot kann Guzmán in Nanjing noch einem weiteren jungen Revolutionär begegnet sein: dem hochgewachsenen und leidenschaftlichen Südrhodesier Josiah Tongogara, einen Mann mit kurz geschnittenen Haaren und tiefliegenden grünen Augen im hellbraunen, von Pockennarben gezeichneten Gesicht. Tongogara ist gewöhnlich in Gedanken über die Befreiung Südrhodesiens von der weißen Herrschaft versunken, und wenn man ihn doch einmal zum Small Talk animiert, spricht er nur von seiner Bereitschaft, »durch 12eine Kugel aus einem Gewehrlauf zu sterben« (tatsächlich wird ihn ein schlecht kalkuliertes Überholmanöver auf einer Fernstraße das Leben kosten). Wie Guzmán wird auch Tongogara in China zum überzeugten Maoisten. An der Militärakademie von Nanjing beginnt er die Chinesen »sowohl moralisch als auch in Bezug auf militärische Fähigkeiten und Strategien als Mentoren« zu verehren.7 Ende der sechziger Jahre kehrt er in das Grenzgebiet von Südrhodesien zurück, wo sich die Zimbabwe African National Liberation Army (ZANLA), der bewaffnete Arm der Zimbabwe African National Union (ZANU), auf den Guerillakrieg gegen Südrhodesien vorbereitet. Unter seiner Leitung gibt die ZANLA ihre alte, nicht mehr erfolgreiche Taktik überfallartiger Angriffe auf und beginnt einen maoistisch inspirierten langwierigen Krieg. Er übersetzt Mao in Shona: Seine Guerillakämpfer müssen sich auf das Volk stützen, wie »simba rehove riri mumvura«, wie der Fisch seine Stärke im Wasser hat. Unterdessen bilden chinesische Militärberater im nahe gelegenen Tansania Rekruten der ZANLA aus; Ende der siebziger Jahre werden 5000 Offiziersanwärter für die Offensive Sasa Tunamaliza (Jetzt bringen wir es zu Ende) ausgebildet.8 Durch den Widerstand der ZANU geschwächt, sehen sich die weißen Herrscher Südrhodesiens zu Verhandlungen gezwungen. Als Kind hatte Tongogara gelegentlich auf dem Tennisplatz für einen weißen Jungen namens Ian Smith als Balljunge gearbeitet. Im Jahr 1979 macht er als Vertreter der ZANLA bei den Friedensverhandlungen im Lancaster House in London Kaffeepausen mit demselben Smith, der inzwischen Premierminister des von einer weißen Minderheit regierten Südrhodesien geworden ist.9

Tief im zentralindischen Dschungel tanzen naxalitische Guerillas in olivfarbenen Kampfanzügen und leuchtenden Saris in Reihen vor einem Foto des Vorsitzenden Mao und erklären den »uniformierten Schlägern« der Regierung den Krieg, die wegen wertvoller Bauxitvorkommen Land in der Region beschlagnahmt haben. Die bis heute aktive maoistische Bewegung in den wunderschönen, aber brutalen Dschungelgebieten führt ihre Entstehung im Jahr 1967 auf die Inspi13ration durch die chinesische Kulturrevolution zurück, als ihre Führer zusammen mit Männern wie Guzmán und Tongogara in Peking waren. Ihren maoistischen Aufstand nannte die indische Regierung 2006 die »größte innere Bedrohung für die Sicherheit des indischen Staates«.10 Während sich die Intellektuellen in Delhi streiten, ob die Aufständischen von Führern aus hohen Kasten manipulierte indigene Terroristen oder verzweifelte Aufständische mit einem berechtigten Anliegen sind, begehen die Maoisten und die Polizei abwechselnd Mordserien: In der einen Woche kommt ein Dutzend Polizisten durch maoistische Landminen ums Leben, und in der nächsten vergewaltigt und tötet die Polizei Männer und Frauen, die angeblich Kontakt zu den Maoisten hatten. Im Gegensatz zu den maoistischen Rebellen in Nepal, die im Jahr 2006 ihren bewaffneten Kampf für die Beteiligung an einer parlamentarischen Demokratie beendeten, sind deren indische Genossen Anhänger einer maoistischen reinen Lehre und weigern sich, an Wahlen teilzunehmen. Die Naxaliten gewährten Arundhati Roy, einer der bekanntesten Schriftstellerinnen und öffentlichen Intellektuellen Indiens, exklusiven Zugang und führten sie in ihren geheimen Lagern herum. Nach ihrer Rückkehr in die Literaturszene Delhis veröffentlicht sie Artikel, in denen sie die einfache, lebendige und kameradschaftliche Kultur der Bewegung preist.11 Ist Roy eine romantische Intellektuelle, die sich in ein grausames revolutionäres Ideal verliebt hat, das, falls es in Indien an die Macht käme, (um eine Äußerung Vladimir Nabokovs über frühere ausländische Bewunderer Sowjetrusslands zu paraphrasieren) genauso selbstverständlich für ihre Abschlachtung sorgen würde, »wie es Kaninchen durch Frettchen und Farmer geschieht«? Oder wirft sie ein scharfes Licht auf die Attraktivität einer anarchischen maoistischen Befreiung für eine verfolgte Unterschicht, der von einer brutalen und korrupten Regierung keine andere Möglichkeit gelassen wird?

In Chongqing, einer Metropole am Jangtse, die offiziell »Chinas glücklichste Stadt« ist, versammeln sich Tausende Zivilisten in identischen roten Hemden auf einem öffentlichen Platz, singen maois14tische Lieder und tanzen dazu: »Ohne die Kommunistische Partei würde es kein neues China geben«, »Himmel und Erde sind klein im Vergleich zum Wohlwollen der Partei«, »Die Kommunistische Partei ist wundervoll, die Kommunistische Partei ist wundervoll«.12 In der Presse erscheinen massenweise Geschichten über die wundersame Heilwirkung dieser Lobgesänge: über eine Frau, die sich beim Zuhören von einer schrecklichen Depression erholt hat; über Psychiatriepatienten, deren Symptome »plötzlich verschwanden«, als sie sich revolutionären Chören anschlossen; über Gefängnisinsassen, die durch das Singen »roter Lieder« von ihrer Kriminalität geheilt wurden.13 Studierende werden aufs Land geschickt, um von den Bauern zu lernen. Ernst blickende Parteikader tragen formlose blaue Mao-Uniformen und reisen in eine gebirgige, abgelegene Ecke Südostchinas, »um ihr Revolutionsverständnis und ihre Revolutionserfahrung« zu vertiefen und überhaupt ihre »rote Moral« zu verbessern.14 »Wir haben derzeit einige entsetzlich unzufriedene und stinkende Literaten hier«, bemerkt ein Veteran der Volksbefreiungsarmee, als Kritiker des Regimes spurlos in den Gefängnissen verschwinden. »Sie greifen den Vorsitzenden Mao an und betreiben Entmaoisierung. Wir müssen diese reaktionäre Gegenströmung bekämpfen.«15 Ein junger Mann bittet die Regierung in einer Petition, Schriftsteller zu verfolgen, die den Großen Steuermann kritisieren, und verlangt, dass Stadtviertel jeden bei der Polizei melden, der der Illoyalität gegenüber dem Vorsitzenden verdächtig ist.16

Dies ist nicht das Jahr 1966, in dem Mao auf dem Höhepunkt seines utopischen Fiebers die Kulturrevolution startete und Banden Roter Garden auf die Straßen von Chinas Städten schickte. Nicht das Jahr, in dem diese Millionen gebildeter Städter in abgelegene ländliche Gebiete verschleppten, was mindestens 1,5 Millionen Todesopfer forderte (nachdem schon der von Menschen verursachten Hungersnot der frühen sechziger Jahre 30 Millionen Chinesen zum Opfer gefallen waren). Es ist das Jahr 2011, und deshalb ertönen die genannten Lieder auch in Karaokebars, deshalb werden chinesische Mobiltelefone (jeweils 13 Millionen auf einen Schlag) mit Mao-Zi15taten bombardiert, deshalb wird Maos Botschaft über das von klassischen revolutionären Filmen dominierte Fernsehen verbreitet und deshalb hat die Regierung mit Red Microblog ein »rotes Twitter« gestartet, wo sie über ein hochmodernes Medium aus dem 21. Jahrhundert Brocken lakonischen Wissens aus den sechziger Jahren verbreitet.17 Bo Xilai, der Architekt dieser neomaoistischen Renaissance, fällt im Frühjahr 2012 wegen Korruption und weil seine Frau mutmaßlich den ehemaligen Schüler der elitären Harrow School Neil Heywood vergiftet hat, einer Säuberung zum Opfer. Doch Xi Jinping, der im November 2012 Parteisekretär wird, erbt Bos Neomaoismus und implementiert ihn auf nationaler Ebene. In den ersten Monaten nach seinem Amtsantritt initiiert er eine Website der »Massenlinie« (eines von Maos Lieblingsschlagworten) zur Bekämpfung der Korruption und Verstärkung der Verbindungen zwischen der Partei und der Basis und führt in der gesamten Staatsbürokratie die alte maoistische Praxis von »Kritik und Selbstkritik« wieder ein. Zum ersten Mal seit Maos Tod im Jahr 1976 rehabilitiert Xi Jinping maoistische Strategien in der nationalen, öffentlichen Kultur Chinas.

Diese acht Szenen, die sich von den dreißiger Jahren bis in die Gegenwart und auf Asien, Afrika, Europa sowie Nord- und Südamerika erstrecken, werfen ein Licht auf die zeitliche und geografische Ausdehnung des Maoismus, einer der wichtigsten und kompliziertesten politischen Kräfte der modernen Welt. Als potente Mischung aus parteibildender Disziplin, antikolonialer Rebellion und »permanenter Revolution«, die der säkularen Religion des Sowjetmarxismus aufgepfropft wurde, ist der Maoismus nicht nur der Schlüssel zur chinesischen Gegenwartsgeschichte, sondern auch ein wichtiger globaler Einfluss, was Aufstände, Ungehorsam und Intoleranz in den letzten 80 Jahren betrifft. Jenseits von China, insbesondere jedoch im Westen wird die globale Rolle Maos und der Einfluss seiner Ideen auf den politischen Radikalismus, wenn überhaupt, nur schwach wahrgenommen. Sie wurde durch das Ende des Kalten Krieges, den scheinbar weltweiten Sieg des neoliberalen Kapitalismus und die Wie16dergeburt des religiösen Extremismus in den Hintergrund gedrängt. Dieses Buch soll Mao und seine Ideen wieder ans Licht bringen und ein neues Verständnis des Maoismus als eines der wichtigsten Einflüsse des 20. und 21. Jahrhunderts wecken.

Im Jahr 1935 errang Mao durch geschickte Manöver eine Führungsposition in der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Eine Position, die man damals mit Recht für unwichtig halten konnte. In jenem Jahr marschierten etwa 8000 erschöpfte Revolutionäre auf der Flucht vor den Umzingelungs- und Ausrottungsversuchen der regierenden Nationalen Volkspartei (Kuomintang) nach Yan’an, einer kleinen, verarmten Stadt im nordwestchinesischen Hügelland. Innerhalb von zehn Jahren jedoch, in denen China nacheinander von diversen Überschwemmungen und Hungersnöten und einer japanischen Invasion heimgesucht wurde, schwoll die Mitgliederzahl der Kommunistischen Partei auf 1,2 Millionen Menschen an und ihre Armeen erreichten eine Stärke von mehr als 900000 Mann.18 Nach weiteren vier Jahren hatten die chinesischen Kommunisten unter Führung von Mao Zedong die Nationale Volkspartei unter Chiang Kai-shek vom chinesischen Festland nach Taiwan vertrieben. Seit ihrer Gründung im Jahr 1949 hat es die Volksrepublik China irgendwie geschafft, länger zu überleben als alle anderen revolutionären Regime, die ihr in China vorangingen, und das trotz einer riesigen selbstverschuldeten Hungersnot und eines Bürgerkrieges (der Kulturrevolution), der viele Millionen Menschen das Leben kostete oder es zerstörte.

Die heutige KPCh wird vom Erbe des Maoismus zusammengehalten. Auch wenn sie das utopische Chaos des Maoismus längst aufgegeben und durch einen autoritären Kapitalismus ersetzt hat, der Wohlstand und Stabilität sehr zu schätzen weiß, hat der Große Steuermann die Politik und Gesellschaft Chinas stark geprägt. Sein sechs mal viereinhalb Meter großes Porträt hängt noch immer am Tiananmen-Platz, dem Herzen der chinesischen politischen Macht im Zentrum der Hauptstadt. In der Mitte des Platzes liegt Maos wachsbleicher, einbalsamierter Leichnam in einem Mausoleum auf17gebahrt wie eine schlafende Schönheit, die darauf wartet, dass sie der Kuss der Geschichte ins Leben zurückruft. »Maos unsichtbare Hand« (wie es in einem kürzlich erschienenen Buch heißt) ist im chinesischen Gemeinwesen nach wie vor omnipräsent: in der massiven Politisierung der Justiz; in der Priorität des Einparteienstaats gegenüber allen anderen Interessen; in der fundamentalen Intoleranz gegenüber kritischen Stimmen.19

Der Maoismus ist eine Sammlung widersprüchlicher Ideen, die sich auf mehrere wichtige Arten von früheren Ausprägungen des Marxismus unterscheiden. Als Vertreter einer nichtwestlichen, antikolonialen Agenda verkündete Mao den Linksradikalen in den Entwicklungsländern, dass der Kommunismus russischen Stils an die lokalen und nationalen Bedingungen angepasst werden sollte, also die Sowjetunion unrecht haben konnte. Im Unterschied zu Stalin empfahl er den Revolutionären, den Kampf von den Städten weit hinaus aufs Land zu tragen. Wenngleich er wie Lenin und Stalin mit militärischer Disziplin einen Einparteienstaat aufbaute, trat er (insbesondere in seinem letzten Lebensjahrzehnt) auch für eine anarchische Form von Demokratie ein. Er verkündete dem chinesischen Volk, dass »Rebellion gerechtfertigt« sei und »die Lage großartig ist, wenn großes Chaos unter dem Himmel herrscht«. Er predigte eine Doktrin des Voluntarismus, der zufolge die Chinesen (und jedes andere Volk mit der notwendigen Willenskraft) allein durch die Kühnheit des Glaubens ihr Land verändern könnten; der revolutionäre Eifer und nicht die Waffen seien der entscheidende Faktor. Die vielleicht innovativste Botschaft Maos lautete: »Frauen tragen die Hälfte des Himmels.« Zwar wurde er selbst als gewohnheitsmäßiger Schürzenjäger dieser Rhetorik keineswegs gerecht, aber keiner seiner Peers auf der ganzen Welt befürwortete eine derart egalitäre Agenda.

Geboren in einer Ära, in der das internationale System China mit Verachtung begegnete, stellte Mao das praktische und theoretische Werkzeug bereit, um aus einem gespaltenen und gescheiterten Reich eine trotzige Weltmacht zu formen. Er schuf eine Sprache, die Intellektuelle und Bauern, Männer und Frauen verstehen konnten; ein 18System für Propaganda und Bewusstseinskontrolle, das einmal »als einer der ehrgeizigsten Versuche zur Manipulation des Menschen in der Geschichte« bezeichnet wurde, und eine disziplinierte Armee. Auch sammelte er eine Schar ungewöhnlich begabter und skrupelloser Genossen um sich. Seine Ideen weckten außerordentlich leidenschaftliche Reaktionen. Millionen schlossen politische Zweckehen und verließen ihre Kinder, um ihr Leben einem utopischen Experiment zu widmen. Die Kinder wiederum denunzierten, demütigten und töteten (in Extremfällen) ihre Eltern in den sechziger und siebziger Jahren im Namen des Großen Steuermanns.

Im ersten Kapitel meines Buches untersuche ich Definitionen von Maoismus, einem Begriff, der seit mehreren Jahrzehnten sowohl positiv als auch negativ benutzt wird. Er bezeichnet ein breites Spektrum politischen Verhaltens, das von anarchischer Massendemokratie bis zu machiavellistischer Brutalität gegen politische Feinde reicht. Die Begriffe »Maoist« und »Maoismus« kamen durch US-amerikanische Analysen über China in den allgemeinen Sprachgebrauch, die im Kalten Krieg mit dem Ziel erstellt wurden, »Rotchina« als Inbegriff einer ausländischen Bedrohung zu kategorisieren und zu stereotypisieren. Nach Maos Tod wurden sie Schlagworte, um all das abzuwerten, was völlig undifferenziert als repressiver Wahn empfunden wurde, unter dem China zwischen 1949 und 1976 gelitten hatte. In diesem Buch wird der Begriff Maoismus nicht in dieser versteinerten Form verstanden. Er wird vielmehr als Oberbegriff für ein breites Spektrum von Theorie und Praxis benutzt, das Mao und seinem Einfluss in den vergangenen 80 Jahren zugeschrieben wird. Mit anderen Worten, der Ausdruck ist nur dann nützlich, wenn wir akzeptieren, dass die Ideen und Erfahrungen, für die er steht, lebendig und veränderlich sind und dass sie sowohl zu Maos Lebzeiten als auch danach und sowohl in China selbst als auch außerhalb Chinas richtig und falsch übersetzt worden sind.

Da die Volksrepublik heute erstmals seit der Mao-Ära wieder globale Ambitionen zeigt, wird es immer dringlicher, das politische Erbe zu verstehen, das das Land vereinigt. Doch es besteht auch die drin19gende Notwendigkeit, die Macht und Anziehungskraft des Maoismus außerhalb Chinas zu analysieren, wo er in revolutionären Bewegungen, die sich auf Maos Theorie des Klassenkampfs und des Guerillakrieges stützen, ein langes Nachleben genießt. Der Maoismus beinhaltet Ideen, die sich als ausgesprochen widerstands- und reisefähig erwiesen und in kulturell und geografisch weit von China entfernten Gebieten Wurzeln geschlagen haben: in den Teeplantagen Nordindiens, den Sierras der Anden, dem 5. Arrondissement von Paris, den Feldern Tansanias, den Reisplantagen Kambodschas und den Reihenhäusern in Brixton. Mein Buch ist eine Geschichte sowohl der chinesischen Bewegung als auch ihres globalen Erbes: Es analysiert die ambivalente Geschichte des Maoismus und seine immer noch bestehende Anziehungskraft auf machthungrige Träumer und besitzlose Rebellen auf der ganzen Welt.

Der globale Maoismus ist bis heute eine der noch nicht erzählten oder missverstandenen Geschichten des 20. und des 21. Jahrhunderts. Man vergleiche nur die Vielzahl von Büchern über Hitler und Stalin und über die internationalen Folgen ihrer Herrschaft mit dem Mangel an Studien über das Erbe des Maoismus und dessen Folgen rund um den Erdball. Warum betrachten wir den Maoismus nicht global? Warum ist dieses Buch nicht schon geschrieben worden?20

Seit den achtziger Jahren haben die Leser der europäischen Sprachen, die (wie insbesondere das Englische) die internationalen Publikationen dominieren, in Form der Memoiren von Opfern der Kulturrevolution Zugang zu Dutzenden von Augenzeugenberichten. Diese enthalten ein glaubwürdiges Narrativ des Schreckens, berichten von Gewalt und Verfolgung wegen Maos Missbrauch seines Personenkults und von stumpfsinniger Fremdenfeindlichkeit. Der dramatische Gegensatz zwischen dem dysfunktionalen, katastrophalen China dieser Werke und dem heutigen China, einem Land mit einem funktionalen Staatsaufbau und einem pragmatischen Konsumdenken, lässt vermuten, dass der Maoismus auf den Müllhaufen der Geschichte verbannt worden ist. Kitsch verstärkt das Gefühl der 20Distanz noch. Obwohl viele westliche Leser Mao heute mit Stalin oder Hitler gleichsetzen, was die Destruktivität seiner Politik betrifft, kaufen Chinatouristen immer noch in rotes Vinyl gebundene Mao-Bibeln und Feuerzeuge, die mit einem Mao-Bild bedruckt sind und die maoistische Hymne »Der Osten ist rot« spielen. Demgegenüber würden Besucher des heutigen Deutschland nicht im Traum daran denken, Exemplare von Hitlers Mein Kampf zu erstehen oder modische Wecker zu kaufen, die etwa Mitglieder der Hitlerjugend beim Hitlergruß zeigen. Bücher für britische Kinder machen ganz unbekümmert schlechte Witze wie: Wer war die mächtigste Katze in China? Antwort: Der große Vorsitzende Miau. Auch hier wäre ein analoger Witz mit Stalin oder Hitler völlig undenkbar.

All dies lässt vermuten, dass Mao in westlichen Augen radikal in »die Vergangenheit« verbannt ist, und zwar ohne Risiko, dass er oder seine Erben je ein Comeback schaffen könnten. Zu viel wirkt heute am Kommunismus völlig fremd und veraltet. Dies gilt insbesondere für den Kommunismus der sechziger und siebziger Jahre, als der Maoismus seine Hochphase erlebte und nicht zuletzt für seine doktrinäre Sprache und seine Akronyme bekannt war (etwa MLPD, KBW, KPD/ML, KABD usw., um nur eine Handvoll west-deutscher maoistischer Grüppchen aus jener Zeit zu nennen). Tatsächlich jedoch sind viele Tragödien von Unterentwicklung und Konflikt, die auch heute noch Afrika, Asien, Lateinamerika und den Nahen Osten quälen, Überbleibsel von Konflikten, an denen die Supermächte des Kalten Krieges: die USA, die UdSSR und das maoistische China, einst beteiligt waren. Und es war die maoistische Ideologie, die den Kalten Krieg in jenen Regionen mitprägte.

Es ist freilich nicht nur unserer Unaufmerksamkeit zu verdanken, dass der globale Maoismus in Vergessenheit geriet. Mit dafür verantwortlich ist auch, dass das erfolgreiche China nach der Mao-Ära ein ganz bestimmtes Narrativ seiner eigenen Vergangenheit kommunizierte. Im Jahr 1978 verkündete Maos Nachfolger Deng Xiaoping der Welt, China werde »niemals nach Hegemonie streben«, und in fast allen seither erfolgten PR-Kampagnen stellte sich China als Opfer dar 21und keineswegs als in der internationalen Politik aktiver Akteur oder Aggressor. In den letzten zehn Jahren, seit es zur Supermacht aufgestiegen ist, vertreten seine Führer die Theorie von seinem »friedlichen Aufstieg« und betonen, seine neue Stärke und sein neu gewonnener Einfluss seien eher internationaler Harmonie als einem militanten Nationalismus förderlich. Die Geschichtsschreibung ist ein wichtiger ergänzender Bestandteil dieses Narrativs: Die chinesische Regierungspropaganda wiederholt unablässig, dass sich China nie in die Angelegenheiten anderer Staaten eingemischt habe. Auf diese Weise wird die Vorstellung von einem tugendhaft neutralen China mit den Aktionen des aggressiven Westens kontrastiert. Dass China zwischen 1839 und 1945 tatsächlich zum Opfer imperialistischer Nationen wurde, weckt Sympathie mit dieser Ansicht.

Die neuste Kampagne der KPCh für globalen Einfluss ist der »Chinesische Traum«, der den Gedanken eines starken, erfolgreichen China international vermarkten soll. Das Manifest der Kampagne hat den Umfang eines Buches und macht die Aussage, dass China »Frieden und Harmonie traditionell einen hohen Wert beimisst und niemals versucht, andere auszurauben oder Einflusssphären aufzubauen«.21 Bei den Recherchen für mein erstes Buch, das von Chinas obsessiven Bemühungen um einen Literaturnobelpreis handelt, stieß ich, in Dokumenten und Interviews, immer wieder auf die rigorose Verleugnung der Tatsache, dass China in den Jahren 1949 bis 1976 irgendwelche Kontakte mit der Außenwelt gehabt hatte. Nach der allgemeinen Auffassung der neunziger und nuller Jahre hatte die Volksrepublik ihren ersten großen Auftritt in der internationalen Politik erst 1978, als Deng Xiaoping an die Macht kam. In der Mao-Ära gab es laut dieser Version der Geschichte keine Außenpolitik: China war durch die internationale Gemeinschaft von dieser isoliert.

Angesichts dieser Umstände widerstrebt es China, näher zu beleuchten, dass es in der Mao-Ära die Führung der Weltrevolution für sich reklamierte und damals nicht nur Ideologie in Gestalt von Millionen Mao-Bibeln lieferte, sondern für Aufstände auf der ganzen Welt, insbesondere jedoch in den Entwicklungsländern, auch härtere 22revolutionäre Währungen wie Geld, Waffen und Schulungen bereitstellte. Natürlich ist die Geschichte der Interventionen der CIA oder des KGB in anderen Ländern keineswegs erbaulicher, doch sie ist immerhin besser bekannt. Ein führender chinesischer Diplomatie-Historiker räumt ein, wie peinlich dieser Aspekt der Vergangenheit den heutigen Machthabern Chinas ist: »Die KPCh von heute will nicht, dass man über diese Geschichte spricht. […] Ihre Einmischung in anderen Ländern war wirklich exzessiv.«22 Angesichts der Intensität, mit der sich die heutige Volksrepublik nach globalem Einfluss sehnt, entbehrt es nicht der Ironie, dass sie die Periode, in der China womöglich die größte internationale Softpower in ihrer gesamten geschriebenen Geschichte besaß, heute aus dem Gedächtnis zu tilgen sucht. Die Behandlung des Themas durch die Partei ist ein gutes Beispiel für die Widersprüche der heutigen chinesischen Politik. Der gegenwärtige Einparteienstaat, der seine Legitimation und seine politische Stabilität Mao verdankt, kämpft verzweifelt um sein internationales »Gesicht«. Da jedoch die Geschichte und das Erbe der Mao-Ära und insbesondere die der Kulturrevolution (des wichtigsten Motors des globalen Maoismus) ausgesprochen instabil waren und da die heutige KPCh politische und wirtschaftliche Stabilität höher bewertet als jedes andere politische Ziel, kann sich diese KPCh nicht zu dem globalen Einfluss (etwa durch die maoistischen Bewegungen in Indien oder Nepal) bekennen, der in dieser Ära seinen Ursprung hat.

Weil diese Fragen im heutigen China so heikel sind, ist viel historisches Material nicht zugänglich. In einer bis dahin beispiellosen Aktion öffnete das chinesische Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten im Jahr 2003 für Forscher die Archive der Jahre 1949-1965. Nie zuvor hatte eine kommunistische Regierung Dokumente ihre Herrschaft betreffend freigegeben, solange sie an der Macht war. Doch diese teilweise Öffnung erstreckte sich nicht auf die wichtigsten Jahre der Kulturrevolution, und der größte Teil des Materials wurde 2012/13 bei einer »Aktualisierung« der IT-Systeme wieder als geheim klassifiziert. Jedenfalls waren die beiden wichtigsten Organisationen für den Export von Theorie und Praxis der chinesischen Revolution 23die Abteilung für internationale Verbindungen der KPCh (chinesische Abkürzung: zhonglianbu) und der Militärische Geheimdienst. Die Verbindungsabteilung war für die Beziehungen zu anderen Parteien zuständig und deshalb auch für ehrgeizige kommunistische Gruppen etwa in Burma, Kambodscha, Malaysia, Frankreich, der Bundesrepublik, Peru und anderswo (die für ihre Regierungen jeweils Bedrohungen unterschiedlichen Ausmaßes darstellten). Innerhalb Chinas war und ist die Organisation so geheim, dass ihr genauer Standort in der Zeit von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren offenbar bis heute nicht allgemein bekannt ist. Selbstverständlich besteht keinerlei Aussicht, dass eine der beiden Organisationen ihre Archive öffnet, solange die KPCh an der Macht ist. Aus diesem Grund ist der Maoismus ein schwieriges Forschungsgebiet: Es gibt kein einheitliches Archiv für das Thema, und die Primärquellen sind auf Reden, Telegramme, Sitzungsprotokolle (von denen viele ebenfalls bis heute geheim sind) sowie auf Memoiren und Zeitzeugeninterviews in einer Vielzahl von Sprachen verteilt. Seit Xi Jinping, der Sohn von Xi Zhongxun, einem Revolutionsführer der ersten Generation, an die Macht kam, ist das Thema in China noch heikler geworden. Da Xi einen Großteil seines politischen Prestiges der Verklärung der Revolution verdankt, ist es der Führung heute wichtiger denn je, sämtliche peinlichen Details aus der Mao-Ära in der Versenkung verschwinden zu lassen, insbesondere wenn diese zu der chinesischen Doktrin der Nichteinmischung in ausländische Angelegenheiten im Widerspruch stehen.

Die Wahrnehmung des Maoismus als ein System von Theorie und Praxis, das nur für China relevant ist, trägt ebenfalls dazu bei, dass seine Globalgeschichte nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. In vielen Gesamtdarstellungen des Kalten Krieges wird unterschätzt, wie wichtig es war, dass das maoistische China als echte Alternative zum Sowjetkommunismus auf der ganzen Welt intellektuelle und praktische Unterstützung für Aufständische leistete. In der neueren wissenschaftlichen Literatur wird der asiatische und insbesondere der chinesische Einfluss stärker zur Kenntnis genommen. In den bei24den wichtigen Werken über die Geschichte des Kalten Krieges, die Odd Arne Westad seit 2005 geschrieben hat, ist die Geschichte des Konflikts globalisiert. Mit Westad, Chen Jian, Li Danhui, Lorenz Lüthi, Sergey Radchenko, Shen Zhihua, Yang Kuisong und Yafeng Xia machte sich eine Kohorte hervorragender Historiker und Historikerinnen in- und außerhalb Chinas die zunehmende Aufhebung der Geheimhaltung zunutze, die in den nuller Jahren in der Volksrepublik stattfand, bis 2011 der Rückschritt einsetzte.23 Dennoch wird der Einfluss des maoistischen China auf die Welle des Linksradikalismus in den sechziger und siebziger Jahren in der anglophonen Geschichtsschreibung der Periode seltsam stiefmütterlich behandelt, was an einer (von Spezialisten abgesehen) allgemeineren Vernachlässigung der globalen Rolle Chinas im 20. Jahrhundert liegen mag. So gibt es zum Beispiel kein einziges englischsprachiges Buch über die Verbreitung und Wirkung der Ideen Maos in Italien oder in der Bundesrepublik. Und offenbar existiert auch keine detaillierte synoptische Geschichte des chinesischen Engagements in der Vielzahl von Unruhen und Konflikten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Asien, Afrika, Nord- und Südamerika, Europa und dem Nahen Osten ausbrachen.

Die Handlung in den Romanen John le Carrés im Fünfeck Moskau-Berlin-Prag-London-Washington vermittelt ihren anglophonen Lesern den Eindruck, die großen Krisen des Kalten Krieges hätten sich weit überwiegend in Amerika, der Sowjetunion und Europa zugetragen. Dies war jedoch in den sechziger und siebziger Jahren überhaupt nicht der Fall: In ganz Asien gerieten Regierungen ins Wanken, weil der chinesische Kommunismus zum bewaffneten Aufstand aufforderte. Europäische, amerikanische und australische Politiker beschuldigten China, »ein Programm zur Errichtung einer maoistischen Weltherrschaft zu verfolgen«, das »an Mein Kampf« erinnere, und »in Lateinamerika, Afrika und Asien […] eine weltumspannende subversive Bewegung« anzuführen. »Wenn Australien fallen sollte«, stellte ein Kommentator ebendort ganz ungerührt fest, »werden sich die Historiker nicht allzu viel Zeit nehmen, um groß über das Schicksal einer Handvoll weißer Männer nachzudenken, die 25gedacht hatten, sie könnten im Schatten des chinesischen Phallus leben.«24 Die geschraubte internationale Stimme Chinas, das in Peking publizierte Magazin Peking Review, verstärkte diese Befürchtungen in Dutzenden verschiedensprachiger Ausgaben: »Der große Vorsitzende Mao […] ist der große Führer der revolutionären Völker der Welt. […] Er erleuchtet die Herzen der revolutionären Völker der Welt und weist den Weg zum Sieg in der Revolution.«25 Internen Dokumenten zufolge verkündete Mao: »China ist nicht nur das politische Zentrum der Weltrevolution, es muss auch militärisch und technisch das Zentrum der Weltrevolution sein.«26 Westler wie Sowjets erbebten angesichts seiner entspannten Einschätzung der Auswirkungen eines möglichen Atomkriegs: »Wenn es zum Schlimmsten kommt und die Hälfte der Menschheit stirbt, wird die andere Hälfte übrig bleiben, aber der Imperialismus würde vernichtet und die ganze Welt würde sozialistisch.«27

Ohne dass man China mit in Betracht zieht, lässt sich die US-Politik in Asien während des Kalten Krieges nicht verstehen, als amerikanische Präsidenten dort Staaten aufrüsteten, um Mao in Schach zu halten. Durch die Veröffentlichung der »Pentagon Papers« im Jahr 1971 kam heraus, dass der amerikanische Krieg in Vietnam nicht geführt wurde, »um einem Freund (Südvietnam) zu helfen«, sondern »um China einzudämmen«. Eine Neubetrachtung der globalen Rolle von Maos China wirft auch auf die Dominotheorie ein neues Licht, nach deren Logik die politische und militärische Intervention der USA in Südostasien notwendig war. Aus gutem Grund sind politische Analytiker seit den siebziger Jahren enorm kritisch, was die Annahmen dieser Theorie betrifft, führte sie doch sowohl zu den Gräueltaten, die die US-Armee zwischen 1965 und 1973 in Vietnam beging, als auch zu den offenen und verdeckten Operationen, durch die gerade erst unabhängig gewordene Nationen destabilisiert und (etwa in Indonesien, Burma und Kambodscha) Diktaturen an die Macht gebracht oder unterstützt wurden. Auch intellektuell ist die Dominotheorie unbefriedigend, da sie nahelegt, die verschiedenen Staaten seien der Subversion durch Maos China hilflos ausgeliefert 26gewesen. Die verständliche moralische Empörung über die Ergebnisse der US-amerikanischen Außenpolitik unter dem Einfluss der Dominotheorie hat freilich (insbesondere seit den achtziger Jahren) zu einer gewissen Vernachlässigung des realen Einflusses geführt, den das China der Mao-Ära im Kalten Krieg in Südostasien ausübte. In diesem Buch wird dieser Themenkomplex wieder aufgegriffen und neu bearbeitet. Es vertritt die Ansicht, dass die Dominotheorie einen wahren Kern hatte: Mao und seine Mitstreiter wollten tatsächlich ihr Revolutionsmodell in Südostasien und darüber hinaus verbreiten. Fast alle Länder in der Region – Vietnam, die Philippinen, Indonesien, Malaya/Malaysia, Kambodscha und Burma – hatten starke und fähige kommunistische Bewegungen (die oft schon vor der Gründung der Volksrepublik China existiert hatten), und sie standen nach 1949 unter dem Einfluss von Maos China und wurden größtenteils von ihm materiell unterstützt. Da die Länder Südostasiens lange unter ausbeuterischen Kolonialregimen gelitten hatten, ist es keine Überraschung, dass zunächst Lenins und dann Maos heftige Angriffe auf den Imperialismus bei einigen ihrer hellsten Köpfe sehr gut ankamen. Es ist deshalb keineswegs sicher, wie viele lokale Gegner des Kommunismus in Südostasien sich den Aufständen erfolgreich widersetzt hätten, wenn ihnen nicht zunächst die Briten und dann die US-Amerikaner massive Hilfe durch Kriegsmaterial und Bodentruppen geleistet hätten.

Eine Untersuchung der globalen Verbreitung des Maoismus macht nicht nur eine Neubetrachtung seiner Ideen aus der Sicht einer noch recht jungen ideologischen Vergangenheit erforderlich (einer ideologischen Vergangenheit, in der die Doktrinen des Kommunismus große Teile der Menschheit beherrschten und relevant für sie waren), sondern auch, sich mit ganz anderen geografischen Blickwinkeln vertraut zu machen. Viele, die in den fünfziger bis siebziger Jahren in den Entwicklungsländern aufwuchsen, betrachteten (und betrachten) das China der Mao-Ära nicht als einen hoffnungslosen Fall, sondern als eine bewundernswerte, unabhängige Alternative zu den politischen Modellen USA und UdSSR.28 China war ein Beispiel 27für ein armes Agrarland, das unter dem Ansturm des westlichen oder des japanischen Expansionismus seine Eigenständigkeit behauptete. In Nepal idealisieren heute noch viele normale Verbraucher China als wirtschaftliches Paradies und sind der Ansicht, dass es nicht trotz, sondern wegen Mao eine solche Blüte erlebt. Von Paris bis Phnom Penh, von Beijing bis Berlin, von Lima bis London, von Daressalam bis Derby stand Mao nicht nur für rhetorischen Widerstand, sondern auch für praktische Strategien, um das Empowerment verarmter, von Weltmächten marginalisierter oder dominierter Staaten zu gewährleisten, und für die Ausbildung schlecht ausgerüsteter Bauern für den Aufstand gegen staatlich finanzierte koloniale Militärapparate.

Während und nach dem Kalten Krieg übte der Maoismus eine besondere Anziehungskraft auf unterentwickelte kolonisierte oder kurz zuvor dekolonisierte Staaten wie Tansania, Nepal, Indien, Kambodscha und Indonesien aus, die, wenigstens oberflächlich gesehen, dem China vor 1949 zu gleichen schienen. Diese Anziehungskraft entstand oft ohne große materielle Hilfe der Volksrepublik – zumindest im Vergleich zu dem üppigen Budget, das die sowjetisch geförderte Kommunistische Internationale (Komintern) in den zwanziger und dreißiger Jahren zu verteilen hatte. In echter Guerillamanier eroberten Maos Ideen und Worte auch die entwickelte Welt, sickerten in die besten französischen Arrondissements und in US-amerikanische Elite-Universitäten ein. »Grabt tiefe Tunnel und lagert überall Getreide«, deklamierten linksradikale Harvard-Studierende in den siebziger Jahren. Auch in Entwicklungsländern, die, wie etwa Peru, kaum Ähnlichkeit mit dem vorrevolutionären China hatten, fasste der Maoismus Fuß. Ohne ein solides Verständnis seiner globalen Anziehungskraft und Verbreitung ist es kaum möglich, Ereignisse zu verstehen, die geografisch und chronologisch so weit auseinanderliegen wie die Malayan Emergency, die indonesischen Massaker von 1965, die kulturellen Revolutionen in Westeuropa und den USA1968, der Vietnamkrieg und der Völkermord der Roten Khmer, das Ende der weißen Herrschaft in Südrhodesien und der Aufstieg von Robert Mugabes ZANU, der Aufstand des Leuchtenden Pfads in Peru, 28der Bürgerkrieg in Nepal, der einer jahrhundertealten Monarchie ein Ende setzte, und die heute noch andauernde Rebellion im indischen Dschungel. Die durch Mao beeinflussten Konflikte und Krisen sind nicht nur wichtige historische Ereignisse; einige, wie die in Indien, Peru, Nepal und Simbabwe, dauern heute noch an.

Maos Internationalismus wäre Stoff für ein eigenes Buch, weil es uns über die Vielschichtigkeit, nicht über die Homogenität, der chinesischen Außenpolitik informieren würde. Mao kombinierte Träume von der Weltrevolution mit nationalistischem Ehrgeiz und einem chinesischen Imperialismus viel älteren Ursprungs. Er schwankte zwischen aggressiver Habgier, wenn er alte Ansprüche des chinesischen Kaiserreichs auf Teile der Sowjetunion wieder erhob, und freigiebiger Großzügigkeit gegenüber »Bruderparteien«, die er als Bestandteile einer auf China und Mao zentrierten Zivilisation betrachtete. So verschenkte er bedenkenlos chinesisch-koreanische Grenzgebiete an seinen »brüderlichen Verbündeten« Kim Il-sung und versprach bei einem Treffen mit der radikal prochinesischen KP Indiens, einer künftigen kommunistischen Regierung Indiens das gesamte Grenzgebiet zu überlassen, um das China und Indien in den sechziger Jahren einen blutigen Krieg geführt hatten.29 Maos pathetische Solidarität mit Vietnam und seine massive finanzielle Hilfe waren von einem tyrannischen Imperialismus gefärbt; zwei Jahre nach seinem Tod eskalierten die chinesisch-vietnamesischen Spannungen in einem schlimmen Grenzkrieg. Mao war zutiefst von einem altertümlichen Bezug auf das Reich der Mitte geprägt: Indem er versuchte, die Führung der Weltrevolution zu übernehmen, wollte er gleichzeitig den chinesischen Anspruch untermauern, ebendieses zu sein.30 Auch innenpolitisch spielte die Betonung von Chinas globler Mission eine wichtige Rolle. Als Hauptquartier der Weltrevolution war das Land laut Mao besonders verwundbar für Angriffe der reaktionären Welt. Er verwies ständig auf die internationale Bedrohung für die Volksrepublik, was der Mobilisierung für innerchinesische Kampagnen gegen potenzielle Feinde diente, die er als »Spione« und als »Feinde der revolutionären Massen« bezeichnete.

29Viele reale Folgen des globalen Maoismus waren unbeabsichtigt. So investierte das China der Mao-Ära viel Geld, Zeit und Kompetenz in Afrika in der Hoffnung, für Sympathie und um Anhänger für sein globales Anliegen werben zu können. Dennoch kam dort kein einziges maoistisches Regime an die Macht. Nur in Tansania und Südrhodesien, der Heimat seiner leidenschaftlichsten afrikanischen Bewunderer, griff man seine Strategie und Symbolik wenigstens bruchstückhaft auf. In Nepal, Indien und Peru dagegen waren die Investitionen der Volksrepublik dezenter: Hochglanzmagazine, Übersetzungen, Radiosendungen in der Landessprache und gelegentliche Einladungen nach China – wenig mehr. Dennoch fanden Maos Ideen in diesen Ländern leidenschaftliche Anhänger. Sie setzten seine Strategien in Kriegen um, welche die Entwicklung ihrer Länder veränderten. Die Geschichte des globalen Maoismus liefert auch ein Beispiel für den unkalkulierbaren Verlauf des bis heute andauernden chinesischen Strebens nach Softpower. Wenngleich sich der Einparteienstaat mit aller Kraft bemüht, sein globales Image selbst zu gestalten und zu kontrollieren, entwickeln sich seine Initiativen dennoch in unerwartete und unkontrollierbare Richtungen. Der Maoismus ist nämlich ein instabiles politisches Glaubensbekenntnis, das zugleich die Herrschaft einer Partei und die Führung durch die Massen, kollektiven Gehorsam und die Rebellion gegen den Staat umfasst. In seiner globalen Wirkungsgeschichte hat der Maoismus Bewegungen gedient, die bestehende Regierungen infrage stellten oder angriffen; aber in seinem Ursprungsland hat er eine allmächtige Einparteienregierung geschaffen. Er idealisiert die Bauernrevolution, gewinnt aber viele seiner Anhänger oder Sympathisanten (wie Louis Althusser, Jean-Paul Sartre, Michel Foucault, Baburam Bhattarai, Abimael Guzmán) in der gebildeten Elite und ist eine durch Bücher verbreitete Revolution. Intellektuelle globale Maoisten missbrauchen die von ihnen idealisierten »Massen« in ihren doktrinären Revolutionen häufig als Kanonenfutter und kombinieren ihr Mitgefühl mit der leidenden Unterschicht der Gesellschaft oft mit Brutalität gegen ebendiese.

Das Ende des Kalten Krieges mit seiner Desintegration der alten 30US-amerikanisch und sowjetisch geführten Bündnisse und der Entstehung zunehmend fluider globaler Kulturen des Reisens und der Übertragung hat die Validität von Maos Strategie und Taktik des Guerillakrieges, wenn überhaupt, eher bestätigt als infrage gestellt. Einige Fachleute behaupten, der Aufstieg des »Islamischen Staates« verdanke sich Maos Strategien für die asymmetrische Kriegführung; jedenfalls existieren Dokumente, die den Einfluss kulturrevolutionärer Ideen des »Volkskriegs« auf die Erhebungen im Nahen Osten beweisen. China gab der Palästinensischen Befreiungsorganisation (Palestine Liberation Organization, PLO) in den Worten eines zufriedenen Besuchers »alles, worum wir gebeten haben«, und schon in den achtziger Jahren vollzogen mehrere palästinensische Kämpfer den Übergang vom Maoismus zum Dschihadismus.31

Außerdem ergibt sich, wenn man den Maoismus wieder in die Globalgeschichte des 20. Jahrhunderts hineinschreibt, ein ganz anderes Narrativ als das standardmäßige, in dem die Sowjetunion den Kalten Krieg gegen den Neoliberalismus verliert. Ein Vierteljahrhundert nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Europa und dann in der UdSSR gedeiht die Kommunistische Partei Chinas offenbar immer noch. Unter ihrer Führung ist China eine ökonomische und politische Weltmacht geworden. Die KPCh – deren Praxis und Legitimation immer noch von Mao dominiert sind – hat sich mit ganz außerordentlichem Erfolg als Verfechterin der Marktwirtschaft neu erfunden, ist aber zugleich die alte, auf Geheimhaltung bedachte leninistische Organisation geblieben. Wenn die KPCh 2024 immer noch an der Macht ist, hat die kommunistische Revolution in China die 74-jährige Lebensdauer ihrer älteren sowjetischen Schwester übertroffen. Die chinesischen Führer verspüren offenbar einen nervösen Stolz angesichts dieser Aussicht: Die Ursachen des Zusammenbruchs der Sowjetunion im Jahr 1991 faszinieren frühere und heutige Mitglieder des Politbüros. Wenn die KPCh die Lebensdauer der Sowjetunion weit übertrifft, werden die Historiker vielleicht den Oktober 1949 und nicht mehr den Oktober 1917 als die entscheidende Revolution des letzten Jahrhunderts betrachten.

31Das Studium der Geschichte und der Auswirkungen des globalen Maoismus zeitigt höchst relevante Lehren für die aktuellen Probleme dieser Welt. In diesem Buch vertrete ich die Ansicht, dass eine Untersuchung des globalen Maoismus nicht nur für das Verständnis der chinesischen Geschichte, sondern auch das der linksradikalen Politik, der Politik für die Entrechteten, Unzufriedenen und Verarmten in vielen Regionen der Erde unverzichtbar ist. Im heutigen Indien rekrutiert die maoistische Bewegung der Naxaliten den größten Teil ihrer Anhänger unter den unterprivilegiertesten Mitgliedern der Gesellschaft. Der Maoismus wurde in der Ära der Dekolonisierung zu einer internationalen Kraft. In den Entwicklungsländern war seine Botschaft der antiimperialistischen Konfrontation für wirtschaftlich, politisch und kulturell unterdrückte Völker attraktiv, die den Lebensstandard des industrialisierten Westens und Würde auf der internationalen Bühne anstrebten. Obwohl der Kalte Krieg zu Ende ist, gibt es immer noch Armut und Ungleichheit. Angesichts der durch Verarmung und politisches Chaos ausgelösten Migrationskrise, mit der Europa konfrontiert ist, sind Vergangenheit und Gegenwart des globalen Maoismus eine wichtige Erinnerung an den oft aus materieller Armut und politischer Verzweiflung erwachsenden Radikalismus und seine Folgen.

Durch die Wahl Donald Trumps und den Aufstieg des Populismus in Europa haben Fragen der Souveränität eine neue Aktualität bekommen. Liegt sie in Großbritannien zum Beispiel »beim Volk« (wie der Demagoge Nigel Farage behauptet) oder beim Parlament? Was ist die Beziehung zwischen dem »Willen des Volkes« und der Elite von Spezialisten, die in der Hauptstadt Gesetze machen? Mit diesen Fragen schlägt sich der Maoismus (oft mit blutigen Folgen) herum, hin- und hergerissen zwischen »demokratischem Zentralismus« (der von Lenin befürworteten allmächtigen, geheim entscheidenden Parteiführung), der »Massenlinie (der von Mao vertretenen Ansicht, dass die Ideen der Basis die Politik der Partei bestimmen sollten) und der »Massendemokratie« der (in Wirklichkeit durch den von der Partei autorisierten Mao-Kult manipulierten) Kulturrevolution. Theore32tisch agitierten Mao und der Maoismus, um den Marginalisierten eine Stimme zu verschaffen und die unvermeidliche Verschiebung der Macht zugunsten technokratischer, hauptstädtischer Eliten zu verhindern (wenngleich die Realität eine völlig andere war). Faszinierenderweise ist das rebellische Repertoire von Leninismus und Maoismus offenbar attraktiv für die Architekten von Donald Trumps Politik. Steve Bannon sieht sich selbst als »Agitationszar«, als einen (seiner eigenen Aussage nach) Leninisten, der plant, das politische System zum Zusammenbruch zu bringen.32 Der australische Sinologe Geremie Barmé vergleicht Trump (»den großen Zerstörer«) mit Mao: wegen seines erratischen Populismus, seiner Verachtung des bürokratischen Establishments, seiner Vorliebe für kurze, derbe Statements (wenn auch nicht als international verbreitete Zitatsammlung, sondern, zumindest bis zu seiner Verbannung von der Plattform, in Gestalt frühmorgendlicher Tweets) und seiner rhetorischen Besessenheit von nationaler Autarkie.33 Im August 2017 wurde die Regierung Trump in einer für die politische Verwirrung der US-amerikanischen Alt-Right (und die Dehnbarkeit des Maoismusbegriffs) symptomatischen Entwicklung erschüttert, als ein unter Trump-Unterstützern im Nationalen Sicherheitsrat zirkulierendes paranoides Memo an die Presse durchsickerte. In dem Schreiben war von einer »Deep-State-Verschwörung« gegen den Präsidenten die Rede, die sich an der Strategie und Taktik des »maoistischen Aufstandsmodells« orientiere.34

Die Geschichte des globalen Maoismus enthält außerdem wichtige, aber bisher vernachlässigte Fälle von Radikalisierung – einem der wichtigsten Interessengebiete der heutigen Soziologie. Die analytische Literatur über das Thema konzentriert sich zu großen Teilen auf die Religion (insbesondere den Islam) und übersieht Beispiele maoistisch inspirierter politischer Gewalt und Indoktrination in Südostasien, Westeuropa und Lateinamerika. Die 2016 in Großbritannien gegen Aravindan Balakrishnan, in den siebziger Jahren Führer einer maoistischen Partei in Brixton, verhängte Gefängnisstrafe wegen Freiheitsberaubung, weil er mehrere Frauen jahrzehntelang gefangen gehalten und einer »Gehirnwäsche« unterzogen hatte, erinnert uns unange33nehm (und in unserem eigenen Kulturkreis) an die Macht solcher Indoktrination. Altgediente Radikale auf der Beobachtungsliste des FBI im Krieg gegen den Terror waren in den sechziger und siebziger Jahren Mitglieder maoistisch beeinflusster Gruppen; ihre Ablehnung des US-amerikanischen Staates war durch ihr Engagement für den Maoismus entstanden. Heute noch aktive Aufständische lernten ihre subversive Tätigkeit aus maoistischen Texten.35 Bis heute befasst sich die U.S. Army mit maoistischer Militärstrategie, die noch immer die gewaltsamen Erhebungen prägt, die die Armee in ihren Handbüchern für die Aufstandsbekämpfung behandelt. Obwohl die Radikalisierung durch eine politische Ideologie und insbesondere durch eine kommunistische Ideologie in der Welt nach dem Kalten Krieg altmodisch wirkt, verläuft sie ganz ähnlich wie die Radikalisierung durch eine Religion: Aufbau enger Beziehungen als Rekrutierungsinstrument, Verwendung einfacher, aber mit großer Selbstsicherheit verkündeter Erklärungsmuster und Ausnutzung sozioökonomischer Krisen. Tatsächlich zeichnet sich die Globalgeschichte des Maoismus, inner- und außerhalb Chinas, durch die religiösen Obertöne ihrer Führerkulte aus. In China wurde Mao als Sonne dargestellt, die das Volk erleuchtet, welches seine Verehrung und Loyalität durch Tänze demonstriert. Der peruanische Mao Abimael Guzmán (alias Gonzalo, wie sein nom de guerre lautete) erschien auf Plakaten des Leuchtenden Pfads ebenfalls in goldenem Glanz, und seine Kader zwangen die Bauern unter ihrer Herrschaft »Ay, Gonzalo« statt »Ay, Jesús« zu rufen. Sowohl die vergangenen als auch die gegenwärtigen Erscheinungsformen des globalen Maoismus werfen in Bezug auf Radikalisierung hochaktuelle Fragen auf. Welche sozioökonomischen Verhältnisse, welche Glaubenssysteme und welche Sozialstrukturen sind ein Nährboden für politische Gewalt? Was geschieht mit den radikalen Programmen, während um die Macht gekämpft und wenn diese errungen wird? Wie können Gesellschaften gesunden, die von Aufständen und Aufstandsbekämpfung heimgesucht wurden?

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