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Roland Baader: „...Entlarver aller Spielarten des Sozialismus und Kollektivismus“ (Frankfurter Allgemeine) „...einer der brillantesten klassisch-liberalen Nationalökonomen der Gegenwart“ (Westfalenblatt) „...einer der profiliertesten Liberalen unserer Zeit“ (Schweizerzeit) „...der wahrscheinlich bedeutendste klassisch-liberale Autor im deutschsprachigen Raum“ (eigentümlich frei) „...einer der letzten liberalen Denker in Deutschland“ (DeutschlandBrief) „...der Doyen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie in Deutschland“ (smart investor) „...der einzige deutsche Ökonom, der ein wahrer Austrian ist“ (SOLO, Santa Clara, USA) „...der mutige Gladiator, der den Hetzern frontal entgegentritt“ (Professor Hans F. Sennholz, USA) „...der vermutlich beliebteste zeitgenössische Freiheitsautor im deutschsprachigen Raum“ (Stichwortgeber für die Politik) 364 Seiten, Taschenbuch
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Seitenzahl: 479
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Für Lou
LICHTSCHLAG NR. 5
eigentümlich frei: individualistisch. kapitalistisch. libertär.
Internet: www.ef-magazin.de
Zweite unveränderte Auflage 2014.
(Erste Auflage 2007.)
Zum Geleit von Jörg Guido Hülsmann
Vorwort von André F. Lichtschlag
1. Christlicher Glaube und Liberalismus: unvereinbar?
2. Der Dekalog als Verfassung der Freiheit
3. Die Krankheit zum Tode
4. Von den vier Säulen des Sozialismus
5. Ökonomie als Hure der Politik
6. Staatliches Gesundheitswesen: Ein Kriegsmodell
7. Hans F. Sennholz: Ein großer „Österreicher“
8. Trotzkismus – nicht nur à la française
9. Rotgrüne Raubritter
10. Andersherum, Chef
11. Die entscheidenden Reformen will niemand
12. Ein Staatsbegräbnis für Freiheit und Wohlstand
13. Voodoo-Ökonomie
14. Hexenjagd der Anti-Tabak-Hysteriker
15. Ende des Wohlstands
16. Geld oder Gold?
17. Blutvergiftung
18. Manifest für eine „natürliche Ordnung“
19. Die totale Antidiskriminierung
20. Drachensaat. Auf dem Weg zur Gesinnungsdiktatur
21. Wird Deutschland wieder totalitär?
22. Lord Acton – Katholik und Liberaler
23. Die Sünderin
24. Entzieht Leviathan das Mastfutter!
25. Christen und Liberale
26. Stählerne Fesseln der Hörigkeit
27. Der Fragebogen
28. Das Meer und die Diebe
29. Zwang funktioniert niemals
30. Wir werden wieder das Beten lernen
31. Menetekel für den geistigen Tod
32. Die wahre Macht des Kapitals
33. Auch Leben ist gefährlich
34. Münte, Marx und Murks
35. Die Entsorgung Europas
36. Kapitäne der Marktwirtschaft
37. Hans im Glück
38. Profit: Segen oder Fluch?
39. Das Geld der Knechtschaft und das Geld der Freiheit
40. Der Bürger – Ein Nachruf
41. Staatsbankrott und Konkursverschleppung
42. Lebt das Monster Deflation?
43. Das Konsum-Märchen
44. Der Weg aus der Knechtschaft
45. Mit der Wahrheit schwindet auch die Freiheit
46. Erziehung zum Massentier
47. Der blinde Fleck der Eliten
48. Ein Geld für freie Bürger
49. Gesundheitsreform: Es geht um Macht und Abzocke
50. Markt oder Tod
51. Das nahende Ende der Papiergeldzeit
52. Zeitenwende
53. Die papierne Illusion
54. Warum wir Freiheit lernen müssen
55. Geld, Moral, Zivilisation
Quellen
Deutschland war nie eine Wiege der Freiheit, aber heute geht es uns besonders schlecht. Die gierigen, faulen, unverschämten und eingebildeten Diener des Staates überwachen, enteignen und gängeln uns ohne Unterlaß. Dabei nimmt das Tempo der Entmündigungen immer weiter zu. Seit kurzem sind unsere Bankkonten dem Staat ein offenes Buch, und bald werden wir wohl keine einzige Zahlung mehr vornehmen dürfen, die sich nicht unter seiner direkten Aufsicht vollzieht. Derselbe Staat will nun auch unsere privaten Computer nach Belieben durchforsten, und er will uns auch unsere Kleinkinder entreißen, um sie möglichst früh zu vereinheitlichen.
Das sind harte Worte. Und doch sind sie wahr. Wie konnte es nur soweit kommen, kaum sechzig Jahre nach der totalitären Katastrophe unter Hitler? Unsere politischen Führungskräfte beteuern ohne Unterlaß die Notwendigkeit des „nie wieder“. Aber was genau soll nie wieder geschehen? Daß sie einen Krieg verlieren? Dieser Fehler ist ihnen in der Tat seit 1945 nicht mehr unterlaufen, denn immer, wenn es für sie gefährlich werden könnte, stecken sie sicherheitshalber die Köpfe in den Sand. Alle anderen Fehler, die ehemals in den nationalen Sozialismus führten, haben dagegen wieder frohe Urstände gefeiert. Wir glauben, ach so viel gelernt zu haben, da wir heute die Theorie von der Herrenrasse ablehnen, den Holocaust betrauern und vom Sozialismus nicht mehr viel schwärmen. Aber auf den allmächtigen Staat wollen wir nicht verzichten. Jeder schaut auf seine persönlichen politischen Anliegen und schielt gleich darauf sehnsüchtig zum Staat. Der kann es richten, der soll es auch richten – das ist das Credo unserer Zeit, trotz aller historischen Erfahrung und aller Wissenschaft. So viel Unbelehrbarkeit führt früher oder später zum nächsten Hitler, nur wird es eben kein brauner Hitler sein, sondern einer in den modischen Farben unserer Zeit.
Viele Normalbürger spüren, daß mit dem Staat etwas faul ist, aber staatskritische Gedanken werden in den Medien, in den Schulen und an den Universitäten nur selten thematisiert. Die Staatskritik spielt bei uns die Rolle des Pausenclowns – sie ist der Dampfablasser für den Mann auf der Straße. Grundsätzliche Kritik am Staat wird hingegen kaum ernsthaft debattiert oder gar in die Praxis umgesetzt. Wie auch? Fast alle Intellektuellen sind im Staatsdienst, fast alle politischen Köpfe beziehen ihr Einkommen vom gleichen Staat, und die Medien stehen unter Staatsaufsicht und müssen um ihre Lizenzen bangen.
In dieser Lage ist jeder unabhängige Kopf ein Geschenk des Himmels, so auch der Autor der folgenden Seiten. Roland Baader ist der produktivste Publizist unter den deutschen Liberalen – sehr zu meiner Freude, denn ich stimme ihm fast immer völlig zu. Er ist ein Denker, der unprätentiös schreibt und auf die Kraft des Arguments vertraut. Er ist ein mutiger Autor, der sich dem offiziellen Sachverstand mit großer Kompetenz entgegenstellt. Das betrifft insbesondere seine Ablehnung unseres gegenwärtigen Währungssystems. Baader verweist darauf, daß unser künstliches Papiergeld bzw. elektronisches Geld ohne jede ökonomische Notwendigkeit eingeführt wurde und im wesentlichen nur der ungerechtfertigten Bereicherung des Staates dient. Aber darüber hinaus entfaltet es auch eine perverse Eigendynamik, die die Funktionsweise der Finanzmärkte beeinträchtigt und letztlich zur Zerstörung der gesamten Marktwirtschaft führt.
Mit dieser Argumentation liegt Baader völlig richtig. Es stimmt natürlich, daß unter den universitären Fachleuten kaum jemand seiner Meinung ist, aber das liegt vor allem daran, daß praktisch niemand mit solchen Ansichten zum Professor einer staatlichen Universität ernannt wird. Nicht zuletzt deshalb brauchen wir Baader, heute mehr denn je.
Jörg Guido Hülsmann
Professor für Nationalökonomie, Angers, Frankreich
für die Liberale Akademie Berlin
September 2007
Mit bislang 13 Büchern und über 200 Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften ist Roland Baader der herausragende und meistgelesene Freiheitsdenker Deutschlands. Viele Leser seiner Bücher vermissen die Lektüre der übrigen Publikationen aus Baaders Feder, weil sie nicht wissen, wo diese erscheinen oder weil sie die entsprechenden Medien nicht abonniert haben. Dem Wunsch dieser vielen Interessierten, wenigstens eine Auswahl aus diesen Schriften zur Hand zu haben, will vorliegendes Büchlein nachkommen.
Eine Umfrage unter unseren Abonnenten hat ergeben, daß Roland Baader mit Abstand der beliebteste Autor der Zeitschrift „eigentümlich frei“ ist. Deshalb haben wir in enger Abstimmung mit Roland Baader ein Schwergewicht der Auswahl auf jene Beiträge gelegt, die er für unser Magazin geschrieben hat. Zugleich zeigen die Texte – trotz der auf 55 begrenzten Zahl – die ungeheure Vielfalt der Themen, derer sich Baader annimmt. Als roter Faden ziehen sich durch alle seine Schriften jene drei Phänomene, die sein Freiburger Lehrer Friedrich August von Hayek als die drei tragenden Säulen erfolgreicher Gesellschaften beschrieben hat, nämlich der Schutz des Eigentums, der hohe Wert der Familie und die positive Einstellung zum Wettbewerb. Diese drei Werte sind zugleich eng mit dem Wert der Freiheit und der Zivilisation verknüpft.
Ein weiterer Schwerpunkt in Baaders Arbeiten liegt auf dem Geld. Er ist – wie viele seiner Mitstreiter unter den Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie (vor allem in den USA) – der Überzeugung, daß Freiheit, Zivilisation und Frieden nur bewahrt werden können, wenn in einem Land echtes Geld (Gold) in Umlauf ist – und nicht das vom Staat und seiner Zentralbank beliebig vermehrbare und beliebig mißbrauchbare fiat money (deckungsloses Papiergeld). Mit dem papierenen Falschgeld führt jedes Staatswesen – auch die Demokratie – letztlich in Verarmung, Inflation, Zusammenbruch, Diktatur und Totalitarismus.
Roland Baaders Schreibstil ist geprägt von wortgewaltiger, feuriger Überzeugungskraft. Als Begründung zitiert er gerne einen Satz von Rabelais aus dem 16. Jahrhundert: „Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entfacht werden müssen. Und da die meisten Menschen“, so Baader, „hinsichtlich ökonomischer und sozialphilosophischer Kenntnisse Kinder“ seien, versuche er seit vielen Jahren „nichts anderes, als bei diesen Kindern die Feuer der Freiheit zu entfachen“.
Roland Baader schaut zunehmend skeptisch auf die real existierende Welt der Neo- und „Sozialsozialisten“, wie er sie nennt. Eine Welt, die für ihn „am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise“ steht. Eine Welt, unter der Roland Baader nicht zuletzt auch stark leidet. Wer Roland Baader persönlich kennenlernen durfte, der muss, so hat es einmal Carlos A. Gebauer sehr treffend ausgedrückt, „für diesen genialen, nachdenklichen, freundlichen Herrn, krank geworden von der Arbeit an den bemerkenswertesten Büchern zur Lage unserer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft, alle Instinkte der Mitmenschlichkeit verspüren.“
Es ist mir eine große Ehre, dieses nun vierzehnte Buch meines Lieblingsautoren mit veröffentlichen zu dürfen. Als Titel der Artikel-Auswahl haben wir Roland Baaders Lieblingsmotto gewählt: „Markt oder Befehl“. Er wird nicht müde zu betonen, daß jede Entscheidungs- und Wahlmöglichkeit (Option), die dem freien Markt entzogen wird, als zwingender Befehl in den Händen von Politikern, Bürokraten und Funktionären landet. „Markt“ steht dabei für Friedlichkeit, Freiwilligkeit, multiple Auswahlmöglichkeiten und hohe Effizienz; „Befehl“ (Staat) steht für Zwang, Gewalt, eingeschränkte oder gar keine Wahlfreiheit und für Verschwendung.
André F. Lichtschlag
Grevenbroich
September 2007
Die meisten Liberalen (Libertären) der westlichen Welt vertreten die Exklusionsthese, welche besagt, daß im Liberalismus als einer säkularen Weltanschauung kein Platz sei für programmatische Aussagen religiöser Natur. Religion - und das ist im Abendland (und Geburtskontinent des Liberalismus) gleichzusetzen mit christlichem Glauben - sei Privatsache und stehe in keinem notwendigen Zusammenhang mit der Freiheitsidee des klassischen Liberalismus oder des modernen libertarianism. Das mag für den Liberalen als Einzelperson eine mögliche Option sein, für den Liberalismus als angestrebte gesellschaftliche Ordnung ist es das nicht.
Die fundamentalen Axiome und Prinzipien des Liberalismus - wie Individualismus (Bedeutung der einzelnen Person und deren Entscheidungsautonomie und Eigenverantwortlichkeit), Gleichheit vor dem Recht, Vertragstreue und Eigentum sowie seine elementaren Forderungen wie ‘Schade niemandem’ und ‘Wende keinen willkürlichen Zwang an’, haben ihre Wurzeln und Fundamente (nicht ausschließlich, aber schwergewichtig) in der christlichen Lehre. Und das bedeutet auch, daß der Liberalismus auf diese religiöse Grundlage angewiesen bleibt. Abstrakte Prinzipien in Form einer rationalen oder rationalisierten Deontologie der Freiheit sind in unserer „zweitbesten Welt mit zweitbesten Menschen“ (Herbert Giersch) zu anspruchsvoll, um eine freiheitliche Ordnung begründen und dauerhaft aufrechterhalten zu können. Besagte Normen und Verhaltensregeln bedürfen - neben der ratio (die sich diesbezüglich sogar manchmal als Feind erweisen kann) - der allgemeinen Verinnerlichung und tiefer Verwurzelung bei der Mehrzahl derjenigen, die eine freie Gesellschaft bilden wollen. Solche dauerhafte Verankerung kann nur Religion leisten. Christliche Grundwerte müssen deshalb in einer Art partnerschaftlicher Union der säkularisierten Weltanschauung des Liberalismus verbunden bleiben.
Der christliche Glaube sollte hierbei jedoch keineswegs nur funktional als eine Art nützliche Hilfskrücke bei der Bewahrung freier Gesellschaften gesehen werden, sondern vielmehr als Essenz der Freiheit. Persönliche Freiheit (und es gibt keine andere Freiheit!) und ihre Bedingung, die persönliche Verantwortung (und es gibt keine andere Verantwortung!), entstehen aus Pflichten-Erkenntnis. Wie aber entwickelt sich Pflichten-Erkenntnis? Immanuel Kant gibt uns die Antwort, indem er Religion charakterisiert als „Erkenntnis aller unserer Pflichten als göttliche Gebote“. Auch ist der christliche Glaube keine „Einschränkung der Freiheit“, wie dies oft zu hören ist. Der (echte) Liberale, der jede Herrschaft von Menschen über Menschen ablehnt, weil sie stets Ausbeutung, Unterdrückung, Willkür, Entwürdigung, Zwang, Entmündigung und Knebelung des freien Willens bedeutet (wobei ‘Herrschaft’ nicht mit gewachsenen Autoritäten verwechselt werden darf), kann sich durchaus der Herrschaft - besser: Autorität - des christlichen Gottes unterwerfen, weil diese nichts mit Ausbeutung, Unterdrückung, Entwürdigung, Entmündigung oder Knebelung des freien Willens zu tun hat, sondern eine Herrschaft der Liebe ist und die eigentliche Befreiung von menschlicher Willkür, und weil die Gotteskindschaft dem Menschen erst seine größte Würde und seine höchstmögliche Mündigkeit verleiht. Für die Menschenwürde und den Freiheitsanspruch des homo sapiens auf Nichtverletzung durch seinesgleichen gibt es letztlich nur eine einzige unwiderlegbare Rechtfertigung, und das ist die Gottesgeschöpflichkeit des Menschen (auch wenn sich diese meistens die scheinbar neutralere Bezeichnung ‘Naturrecht’ zulegt).
Die Realität lehrt uns oft besser als die abstrakte Theorie, daß Christentum und Freiheit aufeinander bezogen und aufeinander angewiesen sind, indem stets beide entweder miteinander bestehen oder miteinander niedergehen. Es ist kein Zufall, daß im Verlauf des 20. Jahrhunderts in allen totalitären und sozialistischen Zwangsstaaten der Erde zugleich mit der Freiheit auch die göttliche Botschaft ausgelöscht wurde. Es ist auch kein Zufall, daß in den halbsozialistischen Wohlfahrtsstaaten Europas die Kirchen leer geworden sind, sowie persönliches Mitleid und private Karitas dem „sozial“-kleptokratischen Umverteilungsbefehl des Staates gewichen sind. Und es ist ebenfalls kein Zufall, daß im relativ freiheitlichsten Land der Erde, den USA, das Christentum lebendiger geblieben ist als auf seinem angestammten Kontinent. Kollektive (oder „soziale“ oder sozialistische) Verantwortung und kollektives Mitleid kann es nicht geben. So wie der auf diesen Lügenbegriffen und auf dieser Scheinmoral basierende Sozial- und Wohlfahrtsstaat aufsteigt, so geht logischerweise die Geltung der echten, an die Einzelperson gerichteten Verhaltensimperative des christlichen Dekalogs nieder.
Leider ist dieser Zusammenhang den modernen Politpfaffen unbekannt oder fremd geworden. Theologie versteht sich heute weitgehend als Götzendienst am Sozialstaat und als Zuhälterlehre für die große Hure Wohlfahrtsdemokratie. Das kommt freilich der sozialpathologischen Befindlichkeit des kirchlichen Rumpfklientels entgegen. ‘Centesimus annus’ bildet hiervon eine leider nur sehr flügellahme Ausnahme. Viele „sozialmarktwirtschaftlich“ orientierte Christen feiern die Enzyklika von Papst Johannes Paul II. als „Durchbruch“ der katholischen Kirche zu den sozioökonomischen Ordnungsstrukturen einer freien Gesellschaft. Dabei wird gerade die päpstliche Betonung der „sozialen Zähmung“ und „solidarischen Gestaltung“ des Marktes vehement begrüßt. In Wirklichkeit ist es ein Beleg für die ökonomische Ignoranz des Klerus, daß es erst des weltweiten Zusammenbruchs der sozialistischen Staaten bedurfte, um der katholischen Kirche endlich - nach Jahrzehnten der Verteufelung ökonomischer Rationalität - eine halbherzige und mit vielen Wenn und Abers versehene Annäherung an Markt, Unternehmertum und Wettbewerb abzuringen. Noch immer haben die Herren in Rom und ihre klerikalen Stäbe in aller Welt sehr wenig von jenen Kräften begriffen, die für das materielle (und damit vielfach auch das immaterielle) Elend auf dem Globus verantwortlich sind, und von jenen Kräften des Marktes, die als einzige in der Lage sind, die Menschen aus diesem Elend zu befreien.
Gewiß, Gottes Reich ist nicht von dieser Welt, aber wenn die Kirche und ihre Vertreter gleichwohl immer weniger von Ihm und Seinem Reich - und dafür um so mehr von den irdisch-politischen Gefilden reden (und zwar zu Milliarden von Menschen), dann sollten sie sich wenigstens über die elementaren sozioökonomischen Funktionsmechanismen des irdischen Zusammenlebens kundig machen. Es steht zu befürchten, daß es erst zum (dem sozialistischen Bankrott folgenden) Anschlußkonkurs der „Sozialen Marktwirtschaft“ und des „Solidarischen Wohlfahrtsstaates“ kommen muß, bevor die Theologen wahrnehmen, daß die Nationalökonomie eine Wissenschaft ist, ohne deren (gründliche) Kenntnis man nicht ökonomische Himmelsweisheiten über den ganzen Erdkreis ausschütten sollte. Doch sei fairerweise zugestanden, daß sich die katholische Kirche um solcherlei Einsichten vermehrt zu mühen scheint. (Beim evangelischen Konkurrenten ist diesbezüglich - zumindest was die deutsche EKD anbetrifft - Hopfen und Malz schon lange verloren.)
Gleichwohl markiert ‘Centesimus annus’ eine Art Revolution in der Beziehung zwischen (katholischer) Religion und (liberaler) Ökonomie, weil sie den fruchtbaren Dialog zwischen den beiden Sphären in einer bislang noch nie dagewesenen Weise eröffnet. Das wichtigste, was die Theologen bei diesem Dialog lernen sollten, ist die Einsicht in ihre eigene jahrhundertelange (und nun hoffentlich zu Ende gehende) Blindheit gegenüber der ethischen und humanen Dimension freier Menschen auf freien Märkten und das heißt auch: gegenüber der moralgenerierenden Substanz und moralpädagogischen Stringenz der Marktwirtschaft. Und das wichtigste, was die Ökonomen dabei lernen können, ist der Schöpfungsaspekt bei jener menschlichen Kreativität, die den Ausgangs- und Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Thesen bildet. Natürlich ist es weder möglich noch notwendig noch wünschenswert, daß solche Annäherung jemals zu einer Art Dekkungsgleichheit von Lehrinhalten führt, aber Erkenntnisgewinne werden beide Seiten allemal davontragen, und erstaunlich konvergierende Einsichten in das „was die Welt im Innersten zusammenhält“ ebenfalls.
Schon das erste Symposion pro-marktwirtschaftlicher Wissenschaftler, das im Frühjahr 1996 - man höre und staune! - in den Mauern des Vatikan stattfand (Thema „Gefährdung und Zerfall der Familie“), endete mit dem verblüfften Konferenzresümee des Ökonomie-Nobelpreisträgers Gary S. Becker, es sei erstaunlich, welche Ähnlichkeiten sich hinsichtlich des Verhältnisses von Familie und Ökonomie in kirchlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht (auf voneinander unabhängigen Analysewegen) ergeben hätten. Doch ist solch unvoreingenommenes Zusammenfinden vorerst leider nur bei angelsächsischen Köpfen auszumachen. Während bei uns die Drewermänner den katholischen Glauben in den Hokuspokus einer psychologisierenden Esoterik und neoheidnischen Mythologie überführen wollen, haben herausragende amerikanische Theologen wie Michael Novak und Robert A. Sirico die kraftvollen Gemeinsamkeiten der christlichen Botschaft und der marktwirtschaftlichen Gesetze erkannt und leisten mutige Aufklärungsarbeit in den Rumpelkammern der überkommenen Dogmatik (aber gottlob nicht, was die originären Glaubensinhalte angeht, sondern hinsichtlich der klerikalen Interpretation des realen Weltgeschehens). Dazu gehören auch schmerzliche Einsichten wie das Novaksche Geständnis, daß über viele Jahrhunderte hinweg der Geist des Kapitalismus viel mehr zur Beseitigung von Unterdrückung und Armut geleistet habe als der Geist des Katholizismus. Und dazu gehören auch mutige Bekenntnisse wie die des großen spanischen Ökonomen Huerta de Soto: „Religion, nicht der Staat, ist das wichtigste Medium, das uns einen Sinn für unsere Verpflichtung vermittelt, Zusagen zu halten und das Eigentum anderer zu respektieren.” (Interview mit dem ‚Austrian Economic Newsletter’, Summer 1997).
Mir scheint, daß beide, christlicher Glaube und liberale Ökonomie, noch viel voneinander lernen können, wenn sie erst einmal gelernt haben, einander ernst zu nehmen.
In ef Nr. 1 schrieb Roland Baader über die Vereinbarkeit – ja sogar enge Verwandtschaft - des christlichen Glaubens mit dem strikten Liberalismus. In ef Nr. 2 widersprach Michael Kastner dieser These vehement. In der heutigen Ausgabe gibt ef Roland Baader die Gelegenheit zu einer Duplik.
Michael Kastner macht seine Kritik an Bibel und Christentum hauptsächlich an den Jesus-Worten zum ‘Reichtum’ fest. Damit befindet er sich innerhalb des Libertarismus leider in großer Gesellschaft. Und dennoch führt gerade diese Spur vollständig in die Irre. Man muß sich vor Augen führen, daß es zur Zeit und am Ort des Wirkens Jesu keine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gab, die auch nur annähernd die Bezeichnung ‘Marktwirtschaft’ hätte beanspruchen können. Das heißt: Es gab keine Möglichkeit, auf friedlichem und zivilem Wege wohlhabend oder gar reich zu werden. Zwar kannten die Nomaden-, Hirten- und Subsistenzwirtschaften jener Zeit und jener Gegend bereits bescheidene Formen des Handels und des Tausches, aber auch damit konnte man keine Reichtümer erwerben, schon gar nicht unter den Augen und unter der Fuchtel der römischen (oder romhörigen) Statthalter, Steuereintreiber und Zöllner. Wer zur Zeit und besonders im territorialen Lebensumfeld Jesu ”reich” war (Palästina war zur Zeit Christi politisch ein römisches Klientelgebiet), konnte dies ausschließlich vermittels hoheitlicher Ausbeutung und Unterdrückung geworden sein. Reichtum war ausnahmslos das Privileg einer kleinen Feudalkaste. Es hat - das sollte man nicht vergessen - noch fast weitere zweitausend Jahre gedauert, bis Herr Jedermann auf friedliche Weise und durch persönliche Leistung reich (oder wenigstens wohlhabend) werden konnte.
Deshalb zeugt die Antwort des Herrn auf die (als raffinierte und gefährliche Falle gestellte) Frage nach der Berechtigung der Steuerzahlungen an den Kaiser nicht nur von diplomatischem Geschick, sondern auch vom revolutionären Gehalt der christlichen Lehre. Der Kirchengeschichtler Kurt Nowak spricht in diesem Zusammenhang von der ”eschatologischen Relativierung der politischen Herrschaft durch das Einbrechen der Gottesherrschaft.” Das Kaiser-Beispiel ist also gerade nicht Ausdruck eines beklagenswerten Etatismus (eine Vorstellung vom ‘Staat’ im neuzeitlichen Sinne war damals ohnehin nicht existent), sondern steht als Beleg für eine tiefgreifende Revolte. Dem Kaiser als sakrosankter Herrschergestalt wird hier nämlich Gott als Gegenpart gegenübergestellt. Außerdem wäre damals, fast zweitausend Jahre vor der Überwindung des Feudalismus und der Monarchie, ein Satz wie ”Gebt dem Kaiser nichts, weil alles euch selber gehört”, überhaupt nicht verstanden worden; niemand hätte mit einem derartigen Utopismus etwas anfangen können. Jesus hätte bei einer solchen - weit mehr als eineinhalb Jahrtausende vor John Locke gegebenen Antwort - genausogut Chinesisch reden können.
Auch die anderen Beispiele, die sich um den Begriff ‘Reichtum’ und ‘Reiche’ ranken, taugen nicht als Beleg für die vermeintliche Reichtumsfeindlichkeit der Bibel, denn stets sind sie (vom ”reichen Jüngling” bis zur Gemahnung ”Sorget euch nicht...” an die Jünger) nur auf die unmittelbare Nachfolge Jesu gerichtet und dienen im übrigen nur der Warnung vor der maßlosen Überschätzung irdischer Reichtümer über die ewigen Schätze des Glaubensreichtums.
Will man also der Frage nachgehen, ob das Christentum in seinen biblischen Quellen tatsächlich ”illiberal, lebensfeindlich und zutiefst antikapitalistisch” sei - wie Michael Kastner schreibt -, so muß man eine andere Spur aufnehmen und sich den beiden Haupt- und Schlüsselbegriffen des Liberalismus zuwenden: dem Eigentum und dem Vertrag. Nehmen wir uns unter diesem Aspekt einmal die Zehn Gebote – oder jedenfalls den überwiegenden Teil dieser Gebote - vor (Nummernangaben nach katholischer Festlegung, vgl. John Dyke, s. Anmerkung):
Das 6. Gebot ‘Du sollst nicht töten’ ist das in Verbotsform gefaßte Spiegelbild des John Lockeschen ‘unveräußerlichen Rechts auf Leben’. Es ist die komprimierte Form eines weitergefaßten Sinngehalts, nämlich des Verbots, jemanden zu verletzen, jemandem Gewalt anzutun oder ihn ungerechtem Zwang auszusetzen (sei es durch Individuen, durch Gruppen oder durch das Gesamt-Kollektiv). Das 7. Gebot ‘Du sollst nicht ehebrechen’ gemahnt daran (wie auch das neunte), daß Verträge gehalten werden müssen. ”Die historische Verknüpfung zwischen dem biblischen Gedanken bindender Versprechen und der westlichen Idee bindender Verträge”, schreibt Gary North, ”ist offensichtlich genug.” (s. Anmerkung.) Das 8. Gebot ‘Du sollst nicht stehlen’ spiegelt das Recht auf unantastbares Privateigentum. Es verbietet - in breiterer Ausführung - alles, was unseren eigenen materiellen Besitz (oder den unserer Nachbarn) in irgendeiner Weise beeinträchtigen würde. Dieser Schluß ist zwingend, denn etwas, das niemandem gehört, kann auch nicht gestohlen werden. Das 9. Gebot verbietet das Lügen. Die Grundidee des freien Marktes impliziert die Annahme, daß die am freien Tausch beteiligten Partner sich nicht gegenseitig betrügen. Das, was der Liberalismus ‘Harmonie der Interessen’ in einer freien Ordnung nennt, hängt wesentlich von der freiwilligen Befolgung dieses Gebotes ab. Das 10. Gebot ‘Du sollst nicht begehren...” bedeutet, daß es bereits eine schwere Verfehlung ist, darüber nachzudenken, wie man anderen etwas wegnehmen könnte. Das Gebot ist eine Art Zusammenfassung der Gebote 6 bis 9 und gibt ihnen ein zusätzliches Gewicht im Sinne der Unantastbarkeit der Person und ihres Eigentums. Dieses Neidverbot gilt natürlich nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Gruppen oder Regierungen.
Das ‘no harm’-Prinzip des strikten Liberalismus finden wir schließlich in einer nochmaligen Komprimierung aller zehn Gebote (außer dem ersten), nämlich im zweiten Gebot: ‘Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst’. Viele Anfeindungen hätte sich dieses Gebot erspart, hätten die Übersetzer der Urschrift statt der ‘Liebe’ das (wahrscheinlich zulässige) Wort ‘Achtung’ gewählt. Welcher Liberale oder Libertäre würde nicht den Inhalt des Gebots unterschreiben, daß man dem Nachbarn helfen solle (persönlich helfen solle), wenn er in Not gerät, sowie (auch und vor allem) daß man ihn achten soll wie man sich selbst achtet (was einschließt, daß wir das, was wir für uns selber vielleicht am meisten schätzen, nämlich in Freiheit unsere eigenen Ziele verfolgen zu können, auch dem Nachbarn wünschen und gewähren müssen).
Auch das 5. Gebot ‘Du sollst Vater und Mutter ehren’ ist der Aufmerksamkeit eines jeden ernsthaften Freiheitsdenkers wert, denn es impliziert, daß die Familie (und nicht das Kollektiv!) die grundlegende soziale und ökonomische Einheit der Gesellschaft sein muß. Während der gesamten Menschheitsgeschichte war die Familie die einzig taugliche Wohlfahrts-Einrichtung. Sie war es, die ihre kranken und bedürftigen Mitglieder versorgt, die Kinder erzogen und die Alten gepflegt hat - und die in Zeiten der Not zusammengehalten hat. Die Familie hat mehr für die Wohlfahrt der Menschen getan als der Staat jemals getan hat oder jemals wird tun können. Eine freie Gesellschaft kann nur eine Gesellschaft mit starken Familien-Einheiten sein, die für sich selber sorgen und das Leben ihrer Mitglieder in eigener Verantwortung gestalten.
Aus all dem wird ersichtlich, daß dem Wesen und Inhalt der christlichen Grundprinzipien auf der Ebene gesellschaftlicher Ordnung nur die freie Marktwirtschaft entsprechen und genügen kann. Nicht ohne Grund konnten und können wir feststellen, daß deren Gegenstück - der Sozialismus - immer und überall, wo er sich auf dem Globus manifestiert, ein System der Lüge ist (gegen das 9. Gebot), ein System, das angeblich den ‘Profit’ verachtet, ihn in Wahrheit aber nur den Individuen entreißen und dem Staat (sprich: den Funktionärskasten) zuschanzen will; ein System des Todes ist (gegen das 6. Gebot), dem das Ziel der utopischen Idealgesellschaft jedes Mittel heiligt – auch das Opfer beliebig vieler Menschenleben; ein System des Vertragsbruches ist (gegen das 7. Gebot), das es sich - wie die ehemalige Sowjetunion – sogar als Ruhm anrechnet, von zahllosen Verträgen keinen einzigen nicht gebrochen zu haben; ein System des Diebstahls ist (gegen das 9. Gebot), dessen ganze Existenz auf dem Prinzip beruht: Stehlen, berauben, enteignen; ein System des Neides ist (gegen das 10. Gebot), das den Neid institutionalisiert und zur klassenkämpferischen Staatsdoktrin erhebt; ein System der Nächsten -Verachtung ist (gegen das 2. Gebot), in welchem der Einzelne nichts gilt und wo sich die edelsten Gefühle der Menschen auf das Kollektiv und seine ”geliebten Führer” konzentrieren sollen; ein System der Familienzerstörung ist (gegen das 5. Gebot), dem die intakte Familie ein Greuel ist und stets als Hort des Widerstandes, der (kollektiv- und herrschaftsfeindlichen) Autonomie und der verhaßten (individuellen) Meinungsbildung gilt -kurz als Brutstätte der bürgerlichen Moral.
Nichts also ist falscher als die - auch in liberalen Kreisen – oft zu hörende Behauptung, die Bibel sei eine Art Anleitung zum Sozialismus. In Wirklichkeit ist der Appell zur persönlichen (individuellen!) Mildtätigkeit und zur freiwillig gebenden Barmherzigkeit das krasse Gegenteil zur erzwungenen und anonymen Umverteilungsmaschinerie des Sozialismus (inklusive des Samtpfotensozialismus in Form des Sozialstaats). Solange die Menschheit auf der Erde wandelt, hat es immer Arme und Elende unter den Menschen gegeben - und es wird sie immer geben. Daß ihnen freiwillig und von Person zu Person (als ”dem Nächsten”) geholfen werden sollte, wird wohl kein Liberaler - auch kein Radikalliberaler oder Anarchokapitalist von sich weisen. Genau das aber besagen die Worte Jesu unablässig: Das persönliche Mitleid zählt, die individuelle Hilfe, die freiwillige Karitas. Und das ist das Gegenteil von Umverteilungsstaat, von Sozialismus und von politischem Sozialkleptokratismus. Genau das, die freiwillige und persönliche Karitas, ist nämlich die einzig mögliche liberale Alternative zum zwingenden, freiheitsvernichtenden, anonymen und uferlosen Wohlfahrts-Kollektivismus. Daß dies von den Funktionärskasten der großen Kirchen und von den neupharisäischen Politpfaffen des sozialdemokratischen Jahrhunderts völlig anders gesehen wird, daran ist nicht die Bibel schuld, sondern die Sozialpathologie der Neuzeit, der zutiefst christentumsfeindliche Götzenkult um das Goldene Kalb des Sozialen und Kollektiven.
Außerdem: Nirgendwo in der Heiligen Schrift steht irgend etwas davon geschrieben, daß keinem etwas oder allen alles gehören sollte. Im Gegenteil ! Das Eigentum wird in doppelter Weise (”nicht stehlen” und ”nicht begehren...”) durch strenges göttliches Gebot geschützt. Kein real existierender Staat der Erde und keine geschriebene Verfassung der Menschheitsgeschichte hat jemals einen derart absoluten, unbezweifelbaren und stringenten Eigentumsschutz deklaratorisch niedergelegt. Bedenke das, Freund der Freiheit, und denke auch lange und tief über die Worte des großen Liberalen Wilhelm Röpke nach, der einmal geschrieben hat: Wie wir die Stellung des Menschen im Universum beurteilen, entscheidet letztlich darüber, ob wir glauben, daß unsere höchsten Werte im Menschen oder in der Gesellschaft verwirklicht werden können. Und unsere Entscheidung für das eine oder das andere ist auch die Wasserscheide für unser politisches Denken.
Was ist ein Punkte-Honorarsystem oder ein sogenannter EBM („Einheitlicher Bewertungsmaßstab”)?
Eine unsinnige Zerlegung zusammenhängender ärztlicher Leistungen in Tausende von Einzelpositionen. Sie dient dazu, den Medizinern die kalkulatorische Kontrolle über den Preis ihrer Leistungen aus der Hand zu nehmen, denn was die Punkte in Mark und Pfennigen wert sind, wird sporadisch zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen - also von Funktionären - ausgehandelt (in den letzten Jahren meistens „nach unten”). Außerdem lassen sich in dieses System Knebelungsmechanismen einbauen (So gibt es z.B. Kassen, die ein EKG nur bei jedem zehnten Patienten „bewerten”. Macht der Arzt mehr EKGs, so bekommt er dafür keine Punkte - also auch kein Geld).
Was ist das Sachleistungsprinzip?
Eine Methode, um den Patienten über die Preise der an ihm vollbrachten Arztleistungen vollständig im Dunkeln zu lassen. Das treibt - nicht anders als bei allen anderen Gütern und Diensten, die scheinbar „kostenlos” angeboten werden - die Nachfrage (hier nach medizinischen Diensten) ins Uferlose. Der Arzt, dessen Honorare gemäß einer Patientenumfrage um das Fünfbis Zwanzigfache höher geschätzt werden als sie in Wirklichkeit sind, läßt sich auf diese Weise bestens als Prügelknabe für die finanziellen Desaster des untauglichen Gesundheitssystems mißbrauchen. Hauptsächlich aber ist das Sachleistungsprinzip das Lebenselixier und die saftige Einkommensweide der Kassenfunktionäre. Bei der einzig sinnvollen Alternative, dem Erstattungsprinzip, bei dem der Patient die Arztrechnung bekäme und sie dann der Kasse zur Erstattung einreichen müßte, wäre der Patient selber der Kontrolleur; und zwar der einzig taugliche, denn nur er kann wissen, welche ärztlichen Leistungen an ihm vollbracht worden sind - und nicht etwa ferne Funktionäre, die sich anmaßen, Zehn- und Hunderttausende anonymer „Fälle” auf sachliche und fachliche Richtigkeit kontrollieren zu können. Zudem wäre die Kontrolle durch den Patienten kostenlos und würde Preistransparenz in den Markt der medizinischen Leistungen bringen. Das aber wäre das Aus für mehr als 90% der Schmarotzerkaste in den Kassen- und Verbandsorganisationen des Gesundheitswesens.
Was ist ein Globalbudget?
Der Mißbrauch eines kaufmännisch-solide klingenden Ausdrucks für eine versteckte Rationierung medizinischer Leistungen und für eine raffinierte Methode, die Ärzte um ihr Honorar zu betrügen. Überschreitet die Summe der Abrechnungen aller Ärzte in einer Abrechnungsperiode den Gesamtbetrag X, so wird die X überschreitende Summe gestrichen und nach einem bestimmten Schlüssel „solidarisch” auf alle Arztpraxen „umgelegt” (das heißt: unterschlagen). Als Folge tritt das Gegenteil des beabsichtigten Zieles (Kosteneinsparung) ein. Dafür ein Beispiel: Nach der „Honorardeckelung” ab dem 1. Januar 1996 rechneten die Kassenärzte im ersten Quartal 1996 insgesamt 30 bis 40% mehr Leistungen ab als im entsprechenden Vorjahresquartal. Weil alle Ärzte durch die Deckelung Einkommenseinbußen unbekannten Ausmaßes erwarteten, wurden die Leistungen „prophylaktisch” entsprechend hochgeschraubt.
Was ist ein Praxisbudget (als vorgesehene Neuerung bei der „Gesundheitsreform 2000”)?
Dasselbe im Kleinen; mit dem Unterschied, daß es hierbei nicht zu einer Leistungsausweitung, sondern zu einer stillen Therapieverweigerung am Patienten kommt. Logischerweise wollen und können die Ärzte nicht die Arbeit, die sie leisten, auch noch aus der eigenen Tasche bezahlen. Schließlich laufen die Praxiskosten auch dann weiter, wenn kein Honorar fließt. Auch eine Arztpraxis ist ein Unternehmen und kann somit in Konkurs gehen wie jedes andere Unternehmen. Also fährt der Doktor lieber seine Arbeit und seine Praxis zurück als unabsehbare Einkommenseinbußen in Kauf zu nehmen.
Was ist ein Medikamentenbudget?
Dasselbe wie ein Globalbudget, hier jedoch auf dem Nebengleis der Medikamenten-Verschreibungen. Die Folgen, in den kurzen Worten von Dr. Thomas Kajdi: „Oma bekommt kein teures Blutdruckmittel mehr, dafür aber einen Schlaganfall mit teueren Krankenhaus, Altersheim- und Dauerpflegekosten.”
Was ist ein Hausarzt-Abonnement?
Eine mit dem wohlklingend-nostalgischen Namen ‘Hausarzt’ verbrämte Strategie der politischen Systemklempner zur schleichenden Abschaffung der freien Arztwahl und zur fortschreitenden Angebotsdrosselung (längerfristig Ruin und Ausmerzung der Spezialisten und Spezialpraxen mit der Folge eines rapiden Qualitätszerfalls der Medizin zu Lasten der Kranken).
Was ist eine Zulassungsbeschränkung oder Niederlassungsbeschränkung?
Ein schlagender Beweis dafür, wie sich die staatssozialistische Tollwut selber in den Schwanz beißt: Erst werden durch ein scheinbar „kostenloses” (steuerzahlerfinanziertes) Studium Ärzte am Fließband produziert, und dann soll der Schaden durch ein faktisches Berufsverbot „geheilt” - in Wirklichkeit und letztlich aber durch Sozialhilfe und Arbeitslosengeld für Mediziner noch verschlimmert werden.
Was ist eine Fall-Pauschale?
Ein Funktionärsspiel auf Leben und Tod. Liegen die Pauschalvergütungen (z.B. für das Legen eines Herzkatheters) zu hoch, so wächst die Gefahr unnötiger Mehrleistungen - bis hin zu Operationen an Gesunden; liegen sie zu niedrig, so besteht die Gefahr unzureichender oder gar unterlassener Behandlung. Auch Ärzte reagieren, wie alle anderen Menschen und Berufsgruppen auch, auf ökonomische Anreize der positiven wie der negativen Art. Außerdem kann die Vorstellung, daß sich Millionen von verschiedenen Krankheitsbildern und Therapievarianten zu ein paar Dutzend „Einheits-Fällen” rastern lassen, nur kranken Funktionärsgehirnen entstammen.
Was ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Ein genialer Trick der politischen Kaste, die wahren Kosten ihres falschen Gesundheitssystems zu verschleiern, und eine ebenso findige List der Gewerkschaften, ihren Mitgliederfang vermittels Tarifgeschenken auf Kosten aller Bürger zu betreiben. 1995 beliefen sich die Kosten der deutschen Unternehmen für Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Mutterschaft und Kuren auf rund 70 Milliarden DM. Als Konsumenten tragen die Bürger diese (in den Güterpreisen kalkulatorisch enthaltenen) Kosten zu nahezu hundert Prozent. Zudem fordert diese Regelung den Mißbrauch geradezu heraus, denn auch Arbeitnehmer sind - entgegen der Marxschen Theorie - keine Heiligen. Wie gewaltig die Dimension des „Krankfeierns” ist, hat das schwedische Beispiel belegt: Als 1993 ein einziger Karenztag eingeführt wurde, stieg die Volksgesundheit über Nacht um fast 25%. Als dann 1994 ab dem zweiten Krankheitstag nur noch 75% des Lohnes bezahlt werden mußten, trat eine Art Wunderheilung der schwedischen Bürger ein: Die Zahl derjenigen, die „krankheitsbedingt” nur einen Tag am Arbeitsplatz fehlten, sank von über 1,9 Millionen auf rund 34.600, die gemeldeten zweitägigen Krankheiten gingen von mehr als 1,7 Millionen auf etwa 38.300 zurück - und die dreitägigen von fast 13,2 Millionen auf nur noch 30.400.
Was ist die GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) in Deutschland?
Eine Umverteilungsmaschinerie und ein politisches Herrschaftsinstrument erster Güte, das den Begriff ‘Versicherung’ mißbräuchlich verwendet. Sie weist keines der wesentlichen Elemente einer echten Versicherung auf: weder das Äquivalenzprinzip (den stringenten Zusammenhang zwischen persönlichem Beitrag und persönlichem Nutzen), noch die freie Wahl zwischen verschiedenen Versicherungsarten und Versicherungshöhen, noch die Wahl unterschiedlicher Selbstbeteiligungen, noch die Wahl der Eigenvorsorge, noch die notwendige Preis- und Kostentransparenz eines jeden ordentlichen Versicherungsvertrages.
Was ist ein Arzt?
In den Augen der Funktionäre des staatlichen Gesundheitswesens eine besonders niederträchtige, raffgierige und vertrauensunwürdige Menschenrasse, die - anders als alle anderen Gewerbetreibenden - nur darauf aus ist, die Kassen und Beitragszahler zu schröpfen, und die man deshalb bis in die kleinsten Details ihrer Tätigkeit hinein kontrollieren muß. Wie es wirklich um diesen geschundenen Berufsstand steht, hat der große Nationalökonom Wilhelm Röpke schon 1958 mit den Worten dargelegt: „Wie steht es z.B. heute mit den Ärzten? Ihr Dasein - am meisten in den ... Wohlfahrtsstaaten - ist deshalb so aufreibend geworden, weil sie nun... in einer doppelten Abhängigkeit verstrickt sind: in die alte horizontale Marktabhängigkeit (im Verhältnis zu ihren Patienten) und in die neue vertikale Organisationsabhängigkeit (im Verhältnis zu den Krankenkassen). Daß in diesen Schraubstock just derjenige Stand eingespannt ist, von dessen überlegener Ruhe und seelischer Ausgeglichenheit Gesundheit und Leben abhängen, ist eine der größeren Tragödien unserer Zeit.” [W. Röpke: Jenseits von Angebot und Nachfrage, 1956, S. 321f.]
Was ist ein Kassenpatient?
In den Augen der Partei- und Kassenstrategen ein Wesen mit drei hervorstechenden Eigenschaften: dumm, dreist und überflüssig. Dumm, weil er (angeblich) nicht in der Lage ist, sein Vertrags- und Vertrauensverhältnis zum Arzt genauso zu handhaben, wie er es mit seinem Kfz-Mechaniker, seinem Software-Spezialisten oder seinem Rechtsanwalt tut; dreist, weil er glaubt, wenn er ständig mehr bezahlen müsse, dann dürfe er auch ständig mehr und bessere Leistungen fordern; und überflüssig, weil die Kassen- und Verbandsbürokratie hauptsächlich mit sich selber und ihren eigenen Vorschriften - sowie mit der Verwaltung und Verteilung ihrer reichen Pfründe beschäftigt ist, und weil der Patient hierbei nur stört.
Was ist eine Gesundheitsreform?
Ein politisches Scheinmanöver, das sporadisch wiederkehrt (die aktuelle „Gesundheitsreform 2000” ist die zehnte seit 1977), um (angeblich) die schlimmsten Fehlwirkungen der vorangegangenen Reformen zu heilen. Im falschen staatlichen System kann jedoch die Reform von Unsinn nur neuen und noch größeren Unsinn schaffen.
Was ist das staatliche Gesundheitswesen?
Ein Bankrottsystem, ein Machtinstrument zur totalen Politisierung des Lebens der Bürger, und - wie jeder andere sozialistische Weltverbesserungsversuch auch - ein System des Todes. Ruth Richardson, neuseeländische Finanzministerin von 1990 bis 1994, hat es kurz und präzise formuliert: „Wir wissen, daß der Staat als Unternehmer ein Bankrotteur ist, aber dennoch glauben die meisten Menschen, er könne hochwertige Gesundheits- und Bildungsdienste erzeugen.” [Policy, vol. 12/3, 1996]. Die versteckten Umverteilungssummen dieses Systems sind atemberaubend. Schon die hohen Versicherungspflichtgrenzen bedeuten eine Art zweiter progressiver Einkommensteuer, und die versicherungsfremden Leistungen (z.B. beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen und der sogenannte Solidarbeitrag für die Rentner) lagen bereits 1994 bei weit über hundert Milliarden DM.
Fazit: Wer dem Staat (der Politik, der Regierung und der Bürokratie) die Zuständigkeit für die Gesundheit der Bürger zuweist, der weist ihm letztlich die Zuständigkeit über Leben und Tod zu. Die politische Kaste und ihre willigen Schergen in den Syndikaten und Interessenverbänden des Wohlfahrtsstaates werden sich - als Wächter über die Volksgesundheit und deren Kosten - alsbald um Alkohol- und Tabakverbote „kümmern”, sodann um Sanktionen für Übergewichtige, um Sondersteuern auf Luxusgüter und „gefährliche” Güter aller Art (wie z.B. Autos), um das Verbot gefährlicher Sportarten, um die Zulassung und Zurückweisung von Medikamenten - und schließlich auch um Geburtenkontrolle und Euthanasie, um Leben und Tod.
Bedenke, Sozialmensch im sozialsozialistischen Sozialstaat, daß jede Entscheidung in deinem Leben, die deiner freien Wahl auf freien Märkten entzogen wird, im selben Atemzug zum politischen Befehl mutiert. Und wer den Umgang mit der knappsten aller Ressourcen, nämlich der Lebenszeit und dem gesundheitlichen Wohlbefinden der Menschen, dem untauglichsten aller Unternehmer, nämlich dem Staat, zuweist, der handelt in unentschuldbarer Weise verantwortungslos und selbstentmündigend. Es kann und darf im Gesundheitswesen nur eine einzige sinnvolle, effiziente und menschenwürdige Reform geben: Zurück zum Markt, zurück zum uralten Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Der Arzt muß wieder Unternehmer werden - und der Patient wieder König Kunde.
Der Innovations-, Beschäftigungs-, Kostensenkungs- und Qualitätsverbesserungsschub, den die Deregulierung des staatlichen Telefonmonopols ausgelöst hat, wäre nur ein Klacks gegen das, was eine Entstaatlichung des Gesundheitswesens bewirken würde. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß jeder Mensch sich selbst gehört - und nicht dem Staat. Auch der kranke Mensch. Die schwerste Krankheit des homo sapiens im 20. Jahrhundert war und ist seine Staatshörigkeit. Sie ist die eigentliche ‘Krankheit zum Tode’ einer jeden Zivilisation.
Meine persönlichen Stärken: Nachsicht.
Meine persönlichen Schwächen: Nachsicht.
Mein Motto: Gehe behutsam mit Deiner Seele um!
Meine Hobbys: Zigaretten und Rotwein.
Meine Vorbilder: Mein Vater.
Meine Lieblingsautoren: Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke, F. A. von Hayek, Robert Nef, Gerard Radnitzky / Rainer Maria Rilke, Edzard Schaper, Stefan Zweig.
Mein Lieblingsbuch: Mises: Der Liberalismus. Und: Goethe: Faust I.
Wen ich gerne einmal kennenlernen möchte: Einen Engel.
Was ich liebe: (Kleinstmögliche Auswahl:) Freiheit, Bücher, Flamenco-Gesang, Verdi-Arien, geistreiche Geselligkeit, Rosen (auch und besonders die im Rilke-Grabspruch, die Hölderlin’schen in „Hälfte des Lebens“ und die des Angelus Silesius), Wind (auch den Nietzsche’schen Mistral), Regen, Gemälde meiner verstorbenen Frau und von William Straube.
Was ich hasse: Politik, Neid, Arroganz, Pharisäertum; in summa: Sozialismus.
Was ich mit Staat und Politik verbinde: Ausbeutung, Unfreiheit, Anmaßung, Lüge, Korruption, Gewalt und Krieg.
Was ich mit Liberalismus verbinde: Jede(r) läßt jede(n) in Ruhe.
Was ich mit Anarchismus verbinde: Ein wenig zu viel des Guten.
Was ich mit Kapitalismus verbinde: Freiheit, Wohlstand, friedliche Gesellschaft, Zivilisation, Fortschritt, Recht und Menschenwürde.
Mit der euphorischen Adaption der Keynes’schen Lehren hat sich die Ökonomie zur Hure der Politik gemacht. Die „Zuhälter“ auf den Ökonomie-Lehrstühlen betonen nicht mehr die Wahrheit, erklären und verteidigen also nicht mehr die unumstößlichen Gesetze der Ökonomie, sondern verkünden das, was die Parteipolitiker und Regierungen am liebsten hören: Sie liefern die angeblich „wissenschaftliche“ Begründung und Legitimierung für die makabre politische Klempnerei an den komplexen Körpern der Volkswirtschaften. Wohin das letztlich führt, kann man seit rund zwei Jahrzehnten am keynesianischen Musterknaben Japan beobachten. Seit 1989 wird dort eine Nachfragestützung um jeden Preis betrieben – mit dem Ergebnis einer von 60% auf mindestens 130% des Sozialprodukts explodierten Staatsschuld, die dazuhin im erwünschten Sinne noch völlig wirkungslos geblieben ist.
Doch jetzt ist der Patient der Keynes-Klinik fertig, jetzt liegt er in der Intensivstation. Doch nicht genug des Desasters: Jetzt schlägt die Stunde der keynesianischen Leichenfledderer. Dieselben Katheder-Klempner, die zuvor bei jeder Konjunkturdelle und jeder Rezessionsgefahr, bei Zahlungsungleichgewicht oder Wechselkurs-Eskapade eine „makroökonomische Gegensteuerung“ – sprich: Vermehrung der Geldmenge, Senkung der Zinsen und Erhöhung der Staatsausgaben – empfohlen haben, stehen jetzt vor dem Koma-Patienten und diagnostizieren die Notwendigkeit einer Hochfieber-Therapie – sprich: einer massiven Inflationierung.
Als anschauliches Beispiel folgt ein Originaltext des Präsidenten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung und Professors für Nationalökonomie an der Universität München, Hans-Werner Sinn (erschienen im Handelsblatt): „Wenn die Staatsverschuldung schwierig wird, bietet sich eine expansive Geldpolitik an, um die Firmen zu Investitionen zu veranlassen. Leider ist aber auch dieser Weg [in Japan] bereits verbaut, denn die kurzfristigen Zinsen lagen in den letzten Jahren praktisch bei null. Japan steckt in der keynesianischen Liquiditätsfalle. Eine Wirtschaft, die in der Liquiditätsfalle gefangen ist, kann man nicht durch Geldpolitik beleben: Es ist unmöglich, die Nominalzinsen negativ zu machen. Jeder würde es vorziehen, sein Geld zu horten, statt es zu negativen Zinsen zu verleihen. Es gibt allerdings einen Trick, wenigstens die realen Zinsen weiter zu senken. Man muß sehen, daß sich die Wirtschaft bereits vor der Krise an einen Inflationstrend gewöhnt. Wenn die Preise laufend steigen, kann der Realzins durch eine expansive Geldpolitik unter null gedrückt werden, möglicherweise weit genug, um die Wirtschaft in einer Rezession wieder auf Trab zu bringen. Den Japanern ginge es heute besser, wenn sie eine Inflation hätten, doch wenn man erst einmal in der Liquiditätsfalle steckt, läßt sich eine Inflation kaum noch herbeiführen, jedenfalls nicht mittels Geldpolitik. Die einzige reale Möglichkeit, die Japan heute noch verbleibt, ist die Abwertung der eigenen Währung. Diese kann die japanische Notenbank jederzeit realisieren, indem sie neue Yen druckt und am Devisenmarkt für den Kauf von Dollars einsetzt... Mittelbar hilft ... [diese Abwertung], indem sie die Schaffung eines Inflationstrends ermöglicht und der Notenbank in einer temporären Rezession das Mittel eines negativen Realzinssatzes zur Belebung der Investitionen zur Verfügung stellt.“
Es mag ja sein, daß das Schwein – wenn man es lange genug vergiftet hat – nur noch geschlachtet werden kann, daß man also konkret die Sparer durch Zwangsentsparen und somit heimtükkische Enteignung zur Bezahlung der Staatsschulden zwingen muß, um den endgültigen Staatsbankrott nochmal hinausschieben zu können. Doch zeugt das vom Zynismus und von der abgrundtiefen Perversion des Keynesianismus, der, wenn er einen Staat erst ruiniert hat, nur noch durch letalen Superkeynesianismus – eine Zeit lang jedenfalls – weiterleben kann. Weil Keynes wußte (oder wenigstens ahnte), wohin seine Kurzfrist-Rezepte langfristig führen, hat er seiner Makro-Klempnerfibel den tröstenden Satz beigefügt: „Langfristig sind wir alle tot.“ Ob es ihm entgangen ist, daß die Formulierung „wir alle“ bestenfalls die Generation umfassen kann, welche den Keynes’schen Schwindel betreibt, und daß einer jeden Generation eine neue folgt, die das Desaster letztlich doch ausbaden muß? Keineswegs war Keynes so einfältig, das zu übersehen. Aber es war ihm wurscht. Sein Zynismus wird nur noch übertroffen von dem seiner gläubigen Nachfahren auf den Lehrstühlen, die es nach fünfzigjähriger Erfahrung mit den real existierenden Volkswirtschaften und ihren politischen „Lenkern“ und Medizinmännern nun wirklich besser wissen und endlich für ein Ende des Spuks plädieren müßten.
Literatur:
Hans-Werner Sinn, Kommentar im Handelsblatt, vom 13. Juni 2001.
Einzelne Branchen oder Industriezweige können – meist aus Gründen des Strukturwandels – in Krisen geraten oder gar niedergehen oder aussterben, weil bestimmte Produkte nicht mehr nachgefragt oder von anderen Gütern verdrängt werden (z. B. die Zigarre von der Zigarette) oder weil arbeitsintensive Produktionsprozesse in Billiglohnländer wandern (z. B. Bekleidungsindustrie) oder weil andernorts Rohstoffe leichter und rationeller gewonnen werden können (z. B. Kohle). Noch nie hat man aber in halbwegs marktwirtschaftlichen Ländern – außerhalb konjunktureller Einbrüche oder politisch verursachter Desaster (wie Währungszerfall u. ä.) – etwas von Dauerkrisen in solchen privatwirtschaftlichen Angebotssektoren gehört, in denen die Nachfrage permanent steigt, und in denen die Anbieter aufgrund des ortsgebundenen Bedarfs nicht „auswandern“ können.
Genau das aber, die permanente und sogar ständig eskalierende Krise, ereignet sich in den staatlich betriebenen Sektoren Gesundheit, Altersvorsorge und Bildung. Die Dauerkrise ist geradezu das Markenzeichen des staatlichen Gesundheitswesens und des staatlichen Rentenwesens. (Im Bildungswesen läuft der Bankrott – weil gänzlich steuerfinanziert – verschleierter ab.) Das kann auch gar nicht anders sein, denn staatliche Systeme können in der Menschenwelt, in der die ökonomischen Gesetze wie Naturgesetze herrschen, nur falsche Systeme sein. Knappheiten lassen sich durch Befehl weder vermindern noch beseitigen, Produktivität läßt sich nicht bürokratisieren, und Angebot und Nachfrage lassen sich nicht dauerhaft hoheitlich planen oder lenken.
„Außerirdische“ Güter
Politiker und Funktionäre wissen das, haben aber eine Ausrede parat: Gesundheit sei „kein Gut wie jedes andere“, Arbeit sei „kein Gut wie jedes andere“ usw., was nichts anderes heißen soll, als daß die ökonomischen Gesetze für diese Güter aus moralischen Gründen nicht gelten dürfen. Das schert die ökonomischen Gesetze aber keinen Deut; sie gelten trotzdem unverändert weiter. Und sie haben, ob das die Herzblut-Ideologen wahrhaben wollen oder nicht, auch die Moral auf ihrer Seite. Denn kaum etwas ist unmoralischer, als die Bürger (durch Knebelung der Marktkräfte) ihrer Königswürde als Konsumenten zu berauben und sie dabei auch noch – aufgrund schieren Machtkalküls – relativ oder absolut verarmen zu lassen. Vom Raub an den einen zum Zweck der Stimmenfang-Geschenke an andere (Umverteilung) ganz zu schweigen.
Obwohl die Bürger inzwischen feststellen konnten, was von dem jahrzehntelang betriebenen Schwindel zu halten ist, der besagte, Energie (Kohle/Strom) sei „kein Gut wie jedes andere“, Information (Radio/Fernsehen) ebensowenig wie Kommunikation (Post/Telefon) oder Eisenbahntransport, glauben sie das Märchen nach wie vor beim Gut Gesundheit. Das freut die politischen Kasten und Funktionäre natürlich, und um so verbissener halten diese an den verbliebenen „außerirdischen“ Gütern fest. Schließlich könnten sie alle nach Hause gehen, wenn sich einmal herumgesprochen hätte, daß sie die ökonomischen Gesetze ebensowenig verändern können wie die Erdumdrehung. Wie groß das Heer solcher „Heimgänger“ wäre, läßt sich schon an einem einzigen Beispiel demonstrieren: Den rund 160.000 niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten in der BRD stehen 180.000 Angestellte der Krankenkassen gegenüber. Und die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind fast so hoch wie der steuerpflichtige Ertrag aller niedergelassenen Ärzte (nach Abzug der Praxiskosten). Auch hinsichtlich der Ausbreitung privater Kliniken mehren sich die kritischen Stimmen, die besagen, man dürfe die Sicherheit und Gesundheit der Menschen nicht dem „privaten Profitstreben“ ausliefern. Seltsam: Wenn es um Gesundheit und Sicherheit auf den Straßen geht, würde jedermann einen von den privaten Profitkapitalisten produzierten Mercedes oder BMW (oder welche Marke auch immer) einem staatlich produzierten Trabi vorziehen. Ebenso ein privatwirtschaftlich betriebenes Kernkraftwerk in der westlichen Welt einem staatlich betriebenen nach Tschernobyl-Muster. Aus unerfindlichen Gründen soll das bei einer Operation oder einer sonstigen ärztlichen Leistung anders sein. Warum haben sich dann die Politfürsten der sozialistischen Länder des vormaligen Ostblocks bei jeder ernsthaften Erkrankung in Schweizer Privatkliniken fliegen lassen, um sich dort dem „privaten Profitstreben“ auszuliefern?!
Elendserscheinung elend bezeichnet
Der Witz, der besagt, daß der Sand in der Sahara knapp wird, wenn man dort den Sozialismus einführt, ist uralt. Gleichwohl trifft er in kürzester Form die traurige Wahrheit, die hinter allen sozialisierten Systemen steht – auch hinter dem sozialisierten Gesundheitswesen. Die unausweichlichen Folgen sind immer und überall: Rationierung, Leistungseinschränkung, Kostenexplosion, Qualitätszerfall, Mangel, Warteschlangen, Bezugsscheine, Leistungsverweigerung, Verschwendung, Korruption und Klüngel. Das unsägliche Gebilde wäre schon längst bankrott, wenn es nicht von den marktwirtschaftlichen Leistungseliten ununterbrochen subventioniert würde. So zahlen z.B. die BRD-Arbeitgeber jährlich rund 40 Milliarden Euro als Beitragsanteil in die gesetzliche Krankenversicherung. Hinzu kommen weitere 25 bis 30 Milliarden Euro an Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. (Beide Positionen müßten als zusätzliche Krankenkassenbeiträge offiziell bei den Arbeitnehmern eingezogen werden, wenn das nicht mehr auf dem „stillen“ Weg über die Arbeitgeber geschehen könnte).
Diese Folgeerscheinungen des sozialistischen Systems werden von den Funktionären natürlich umbenannt. Bei den unablässig sich jagenden „Reformen“ (die „Gesundheitsreform“ 2000 war die zehnte seit 1977) bekommen Rationierung, Qualitätszerfall, Einschränkung der freien Arztwahl etc. edel klingende Namen wie Globalbudget und Honorardeckelung, Hausarzt-Abonnement und Fallpauschale, Medikamenten-Sparliste und Planungsbereichs-Zulassung, usw. usf. (siehe meinen Beitrag „Die Krankheit zum Tode. Kleines Lexikon des staatlichen Gesundheitswesens“ in eigentümlich frei Nr.8 vom April 1999). Die neueste „Reform“, „aut idem-Regelung“ genannt, soll dem Arzt die Möglichkeit zur patienten-individuell abgestimmten Medikamentenwahl aus der Hand schlagen.
Zu Tode reformiert
Freilich: Ganz so weit fortgeschritten „reformiert“ wie der britische Gesundheits-Sozialismus ist der in der BRD noch nicht (noch nicht!). Der britische NHS (National Health Service), Vorbild aller sozialpolitischen Todesklempner, ist uns ein paar Reförmchen voraus. Nach fünfmaliger „tiefgreifender“ Umstrukturierung haben die Briten nun endlich – inmitten einer blühenden Wirtschaft – einen akuten Mangel an Intensivstations-Betten, ja sogar an Leichen-Kühlräumen. In der Krebsforschung und -behandlung sind sie Schlußlicht in Europa; die medizintechnische Ausrüstung der Spitäler ist völlig veraltet; die Hausärzte beraten wegen Überlastung nur noch im Minutentakt; und auf den Wartelisten der Krankenhäuser stehen mehr als eine Million Namen – bei Wartezeiten von bis zu zwei Jahren. Der Sozialismus führt seinen uralten Zaubertrick stets aufs Neue auf: Wo ein Gut „kostenlos“ zu haben ist (oder zu gleichbleibenden, von der individuellen Nachfrage unabhängigen Beträgen), steigen seine Kosten auf wundersame Weise ins Astronomische. Wann werden die politischen Zauberer diese Wundermethode endlich auch in allen anderen Bereichen der Ökonomie anwenden? Die Konjunktur könnte boomen. Man stelle sich nur vor, jedermann hätte – je nach Bedarf – einen Anspruch auf „kostenlose“ Autos (oder auf mehrere Wagen zum Preis von einem). Jede Familie, die sich derzeit mit einem Auto begnügt, würde dann vier oder fünf Wagen brauchen – dringend sogar, und nur die besten. Schlaraffia wäre Wirklichkeit.
Alle gegen alle
Doch bis es so weit ist, wird Krieg geführt. Das vormals vertrauensvolle Verhältnis zwischen Arzt und Patient war viel zu „kapitalistisch“ – sprich: friedlich. Hat man den Kapitalismus aus dem Gesundheitswesen endlich hinausgejagt, wird’s erst richtig lebendig: Jetzt wird der Doktor zunehmend ruppig und desinteressiert, der Patient wird dafür um so fordernder und aggressiver; Ärztekollegen – besonders Hausarzt und Facharzt – werden zu Feinden; endlich tobt der Krieg zwischen Praxis-Ärzten und Krankenhaus-Doktoren, zwischen niedergelassenen und zulassungssuchenden Medizinern, zwischen Ärzten und Kassen, zwischen Allgemeinkassen und Betriebskrankenkassen, zwischen den kassenärztlichen Verbänden und ihren Mitgliedern (Ärzten), zwischen Kassenfunktionären und Ärztefunktionären (Kassenärztliche Vereinigungen), zwischen gesetzlichen Krankenversicherungen und privaten Versicherungen, zwischen Pharmaindustrie und Gesundheitsministerium, zwischen Zahnärzten und Zahnlabors, zwischen freien Labors und Praxislabors, zwischen Kassen und Apotheken – und demnächst auch zwischen Ärzten und Apotheken. Endlich haben wir den kapitalismusfreien Krieg aller gegen alle – und daneben noch den Ausbeutungsfeldzug der planwirtschaftlichen Allianz aus Politik, Kassenfunktionären, Ärztefunktionären und Krankenhausträgern gegen den Rest der Bevölkerung – also gegen alle Ärzte und Patienten.
Und endlich kann der medizinische Berufsstand seine Menschenfreundlichkeit unter Beweis stellen. Wenn Arzt und Zahnarzt ihr Budget überschritten haben, dürfen sie nicht nur „umsonst“ arbeiten, sondern auch ihre Praxiskosten – wie Helferinnen-Gehälter, Miete, Strom und Materialien – aus der eigenen Tasche zahlen. Nichts ist motivierender für eine fruchtbare Lebensarbeit als solche karitativen Chancen. Auch die Bosse und Aktionäre der Pharmaindustrie können endlich ihre Nächstenliebe unter Beweis stellen, indem sie weiterhin Milliarden in die Forschung für Medikamente stecken, deren Verkauf zu gesetzlichen Listenpreisen satte Verluste einbringt. Und die Patienten? Die sollten sich nicht so haben, denn schließlich sind wir – wie Lord Keynes, der Lieblingsökonom aller sozialsozialistischen Politiker, betont hat – auf lange Sicht sowieso alle tot.
Im Ernst: Ein Blick in die Geschichte lehrt es tausendfach: Der Staat als Unternehmer oder als Befehlshaber über sozio-ökonomische Institutionen und Prozesse war und ist immer und überall ein Bankrotteur. Schlimmer noch: Wo immer die freiwilligen und friedlichen Vertragsbeziehungen zwischen Menschen durch „befohlene Verträge“ (ein Widerspruch in sich!) ersetzt werden, verwandelt sich Miteinander in Gegeneinander, ökonomische Problemlösung in Machtkalkül und friedlicher Wettbewerb in zerstörerischen Krieg. Nicht die freie Gesellschaft ist der Krieg aller gegen alle – wie Hobbes uns weismachen wollte, sondern Politik bedeutet und erzeugt stets den Krieg aller gegen alle. Das politisch erzwungene Glück der Menschen hat es nie gegeben und wird es niemals geben. Wenn es rational entwerfbar und per Dekret machbar wäre, so hätten die politischen Zampanos der Welt es längst verwirklicht – zuvörderst aus Motiven des eigenen Machtgewinns und Machterhalts. In staatlichen Zwangssystemen kann und wird es niemals dauerhaft Frieden, Zufriedenheit, Glück, effiziente Knappheitsüberwindung und breiten Wohlstand geben.
Scheinwelt-Güter
„Öffentliche Güter“ kann es in einer freien, offenen und arbeitsteiligen Großgesellschaft nur zwei geben: Das eine ist die Metaregel des Rechtsstaats, nämlich die Garantie der gleichen Rechtsregeln für alle – das heißt: die Abwesenheit jeglicher Bevorzugung oder Benachteiligung spezifischer Personen oder Personengruppen seitens des staatlichen Gewaltmonopols. Und das zweite steht in engem Zusammenhang mit dem ersten, nämlich: die Sicherung (äußere und innere Sicherheit) aller Menschen, die sich in jenem friedlichen privaten Regelwerk bewegen, welches sich unter dieser Metaregel entwickelt. Alle anderen „öffentlichen Güter“ sind Fiktionen und existieren nur als willkürlich definierte Phänomene einer politischen Scheinwelt. Und wo es sie kraft gemeinsamen freiwilligen Wollens aller Beteiligten doch geben sollte, da sollten sie gleichwohl niemals als staatsmonopolistisches Gut angeboten werden. Dagegen sprechen – nach David W. Green (s. Green: The state of welfare, in: Economic Affairs, Sept.1999, p.2) zwei prinzipielle und drei funktionelle Gründe: Die prinzipiellen Gründe: Vom Staatsmonopol angebotene „öffentliche Güter“ stehen 1) im Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip – und sind 2) Vehikel für eine gefährliche Machtkonzentration. Die funktionellen Gründe: 1) Innovationen unterbleiben und neue Problemlösungen werden nicht gefunden, weil sie nur im Wettbewerb entdeckt werden können; 2) explodierende Kosten (aus vielen Gründen, aber auch wegen des fehlenden Wettbewerbs); 3) die Bürger werden zur Verantwortungslosigkeit und zum kindlichen Verhalten erzogen.
Das alles gilt auch – und besonders – für das (angeblich öffentliche) Gut Gesundheitswesen. Wer den Umgang mit den knappsten aller menschlichen Ressourcen, nämlich der Lebenszeit und der Gesundheit, dem untauglichsten aller Unternehmer – nämlich dem Staat – zuweist, handelt in buchstäblich tödlicher Verantwortungslosigkeit.
Literatur:
Gibt es einen Weg zurück aus dieser sozialistischen Horrorwelt? Es liegen Modelle für geordnete und echte (mehr oder weniger radikale) Reformen zur Genüge vor. Da hier aus Platzgründen keine Details genannt werden können, sei der interessierte Leser auf einige Publikationen mit rationalen Lösungsvorschlägen verwiesen:
Robert Nef: „Krankenversicherung für mündige Menschen“, in: Schweizer Monatshefte, Oktober 2000 (Schwerpunktheft „Gesundheitswesen“; deshalb ebenda noch andere interessante Beiträge).
Wilhelm Hankel: Ist das deutsche Gesundheitswesen noch mit staatlichen Maßnahmen zu retten? (Broschüre, zu beziehen über die Vertragsärztliche Vereinigung Bayern e.V.) Jürg H. Sommer: Gesundheitssysteme zwischen Plan und Markt. Schattauer Verlag, Stuttgart 1999.
Ludwig-Erhard-Stiftung: Kapitel „Gesundheitswesen“ im „Ordnungspolitischen Bericht 2001“ des Stiftungs-Vorstands, in: Orientierungen Nr.88 vom Juni 2001 (Übersicht über die wissenschaftlichen Reformvorschläge).
Hans-Wolff Graf: „Die intelligente Krankenversicherung“, in: zeitreport Nr.134 vom März / April 2002, S. 9-12.
Im Schlagschatten der „Giganten“ (Mises und Hayek) gerät so mancher große Freiheitsdenker der Österreichischen Schule ein wenig aus dem Rampenlicht, das ihm eigentlich zusteht. Zumindest was sein Geburtsland Deutschland angeht, gilt dies auch für Professor Hans F. Sennholz, einen der bedeutendsten Vertreter dieser ökonomischen Tradition im 20. (und beginnenden 21.) Jahrhundert. Doch ist Mises selbst das Musterbeispiel dafür, wie sogar große und größte Figuren der politischen Ökonomie nicht ihrer wahren Bedeutung gemäß gewürdigt werden – jedenfalls nicht zu ihren Lebzeiten –, wenn der Zeitgeist mächtig in eine andere Richtung weht, oder wenn sie (wie Mises und Sennholz) ganz und gar unbeugsam gegen die Brandung des Sozialismus und Kollektivismus, des wohlfahrtsstaatlichen Etatismus und des Samtpfotensozialismus der politischen Korrektheit stehen. „A Man of Principle“ lautet denn auch zu Recht der Titel einer vor zehn Jahren erschienenen Festschrift (zum damals 70. Geburtstag) von Hans Sennholz.
Die Vita des heute 80jährigen steht dem bewegten Leben einer Romanfigur in nichts nach, außer daß diese Vita glaubwürdiger und von höchster Seriosität geprägt ist. Geboren wurde Sennholz am 3. Februar 1922 im westfälischen Örtchen Brambauer. Seinen Pilotenschein (Segelflugschein) machte er – kaum zu glauben – im zarten Alter von 13 Jahren. Mit 17 (!) wurde er zur Luftwaffe eingezogen und flog nach Kriegsausbruch Einsätze (als Jagdflieger) in Frankreich, Rußland und Nordafrika. Im Herbst 1942 über El Alamein abgeschossen, gelangte er als Kriegsgefangener in die USA. Nach Jahren als Prisoner of war kehrte er 1946 nach Deutschland zurück und vollendete sein Studium an den Universitäten von Marburg (Diplom-Volkswirt 1948) und Köln (Dr. rer. pol. 1949). Trotz langer Kriegs- und Gefangenschaftsjahre war Sennholz bei seiner Promotion noch keine 30 Jahre alt.
Der hochbegabte junge Mann mußte sich alleine durchs Leben schlagen, denn weder seine Eltern noch sein Bruder hatten den Krieg überlebt. Aber eine amerikanische Tante finanzierte ihm die erneute – diesmal freiwillige – Reise in die USA. Er arbeitete in New York und setzte daneben seine Studien an der New York University – bei Ludwig von Mises – fort. 1955 erlangte er den ersten Doktorgrad (Ph.D.), den Mises in den USA vergeben hat. Er wurde amerikanischer Staatsbürger und Mitarbeiter der Foundation for Economic Education (F.E.E.) in Irvington-on-Hudson, NY, eines freimarktwirtschaftlichen think tanks. Später wurde er langjähriger Kurator (1969-91) der F.E.E. und von 1992-97 deren Präsident.
Zuvor heiratete er Mary Homan, die – als Sekretärin des F.E.E.-Gründers Leonard Read – ebenfalls an den Mises-Seminaren teilgenommen hatte. Zu dieser (auch intellektuell) wunderbaren Verbindung schrieb Margit von Mises in ihrer Biographie Ludwig von Mises – Der Mensch und sein Werk (München 1981): „An dieser Ehe nahm ich – und nehme ich auch heute noch – besonderen Anteil. Sie ist nämlich sozusagen mein Werk. Eines Tages, kurz nachdem Hans und Mary sich kennengelernt hatten, lud ich sie zum Tee ein und sagte jedem – unter vier Augen –, wie hoch Lu [Ludwig] und ich den anderen schätzten. Auf diese so einfache Weise kamen sie sich näher. Mehr als das. Sie heirateten“.
Seine Karriere als einer der weltweit bedeutendsten Lehrer der Austrian Economics begann Hans F. Sennholz am Iona College nördlich von New York City als Assistant Professor und wurde – obwohl er nur ein Jahr dort lehrte (1954-55) von den Studenten zum „professor of the year“ erkoren. 1956 wurde er (auf Empfehlung von Mises) Professor und Dekan der Ökonomischen Fakultät am privaten und hochrenommierten Grove City College. Diese anspruchsvollen Aufgaben erfüllte er 36 Jahre lang – bis er als Präsident zur F.E.E. berufen wurde.
Die Zahl der Sennholzschen Publikationen läßt sich nur schätzen. Um die 600 müssen es sein. Da hier aus Platzgründen noch nicht einmal die vielen Bestseller genannt werden können, sei dem interessierten Leser die Sennholz-Website www.sennholz.com dringend ans Herz gelegt. Dort sind auch die praktischen Tätigkeiten des Jubilars als Unternehmensleiter,