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Wer Champions dauerhaft beliefert oder die typischen Erfolgsprinzipien anwendet, hat Marktgewinner-Potenzial und wird im Idealfall selbst zum Champion. Hierbei ist neben einer wirkungsvollen Vertriebstruppe unternehmensweites agiles Denken und Handeln zur optimalen, zukunftssicheren Erfolgsmaximierung des Kunden gefragt. Der Megatrend Industrie 4.0 bzw. Internet-of-Things verstärkt das Gebot für Zulieferer mit ganzheitlichen Vertriebskonzepten aufzuwarten, noch.
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Seitenzahl: 104
Thorsten KnobbeBjörn Wechsel
Wie die Digitalisierung zentrale Schnittstellen, an denen Zulieferer und Kunde zusammenkommen, neu definiert.
Anregungen aus der Befragung von 29 Welt- und Europamarktführen mit B2B- und B2B2C-Geschäftsmodellen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar
ISBN
Paperback:
978-3-7451-0076-1
Hardcover:
978-3-7451-0077-8
eBook:
978-3-7451-0078-5
© 2017 Thorsten Knobbe, Björn Wechsel
Business Insights by Haufe
Ein Imprint der Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Teile der Hauptstudien aus diesem Buch wurden in einem eigenen Artikel im Harvard Business Manager, der deutschen Ausgabe der Harvard Business Review, veröffentlicht. Die Rechte an diesem Artikel liegen bei der Harvard University Press bzw. der Manager Magazin Verlags GmbH.
Der Weg zu dieser Studie, deren Vorbereitung bereits im Jahr 2014 begann, gestaltete sich äußerst steinig. Zugegeben, unser Ansinnen war verwegen: Mehr Licht ins Dunkel der ebenso erfolgreichen wie verschwiegenen Hidden Champions (also mittelständisch geprägte Welt- und Europamarktführer) zu bringen, und dann auch noch im strategisch essenziell wichtigen Ressort Einkauf.
Die Mühe allerdings schien es uns wert, denn wir halten die Schnittstellen, an denen Kunde und Zulieferer zusammenkommen, für erfolgsentscheidend bei der Entstehung und Entwicklung von Champion-Unternehmen, die signifikant stärker als ihre Wettbewerber sind (später mehr zur Definition dieser Gruppe). Die Schnittstellenkompetenz entscheidet darüber, ob sich ein Unternehmen im erlauchten Kreis der Champions und noch verschwiegeneren, manchmal gar marktbesitzenden Hidden Champions halten oder überhaupt erst in diesen aufsteigen kann!
Über die Markt- und Vertriebsstärke sowie die exorbitant hohe Produktqualität der mittelständischen Hidden Champions ist seit den inzwischen berühmten Untersuchungen von Hermann Simon einiges bekannt. Im Vergleich wenig beleuchtet war die Beschaffungsseite. Dabei hatte auch Hermann Simon bereits erkannt, dass Hidden Champions besonders enge Beziehungen zu ihren Zulieferern pflegen und diese aktiv, bisweilen sogar geradezu autoritär in ihre eigene Produktstrategie einbinden. Die Vermutung liegt nahe, dass man als erfolgreicher Zulieferer einen Hidden Champion unter ähnlich hohen Vorgaben an Produkt- und Prozessqualität beliefern muss, wie der Hidden Champion wiederum seine Kunden.
Anders ausgedrückt: Wer noch kein Champion ist, sollte fortan Champions als Kunden gewinnen und halten, um mittel- bis langfristig selbst einer zu werden. Geschäftsbeziehungen mit Hidden Champions sind nahezu ein Garant für den eigenen Erfolg! Die erwiesene Existenz ganzer Wertschöpfungsketten aus mehreren Champions, übrigens vorwiegend deutscher Provenienz, deutet auch empirisch stark darauf hin.
Entscheidend ist dabei, dass zumindest die typischen Hidden Champions im Sinne Hermann Simons ihre Märkte klar definieren. Marktführer – wir sagen plakativer „Marktgewinner“, weil der Wettbewerb einem Wettlauf mit immer wieder neu ermittelten Etappengewinnern (z.B. Jahresbilanzen, Marktstudien von dritter Seite, etc.) gleicht – müssen nicht zwingend einen allumfassenden Weltmarkt beherrschen. Sie müssen jedoch sehr wohl klar eingrenzbare Segmente dominieren, die ihrerseits groß genug sind, um als Markt zu gelten. Die Markgewinner müssen auf dem Heimatkontinent in festgelegten Kriterien an erster Stelle, auf dem Weltmarkt unter den Top-3 stehen – klassisch nach Umsatz, jedoch gibt es Ausnahmen und weitere Kategorien.
So ist beispielsweise der Weltmarkt an Abnehmern von Steckverbindern mit seinem Jahresvolumen von etlichen Milliarden Euro durchaus groß. Jedoch ist die Anwendungs- und Technologiebreite erheblich, manche Teilsegmente stehen kaum miteinander in Berührung. Daher betrachten die Steckverbinder-Champions bestimmte Anwendungsgebiete und Kundengruppen als eigene Märkte, in denen sie jeweils eine führende Position einnehmen. Der aktuelle Marktgewinner hat also streng genommen nicht den Wettlauf um den diffusen Gesamtmarkt gewonnen, sondern um einen klar umrissenen Teilmarkt. Daher gibt es auch gleich mehrere Champions unter den Steckverbinderherstellern, je nach Betrachtungsweise zwischen drei und fünf.
Der Gewinner übrigens muss nicht einmal zwingend den größten Umsatz erreichen. Die Kenngröße der Marge kann, zumindest wenn man Hermann Simons Preisbetrachtungen mit einbezieht, deutlich wichtiger sein. Demnach können in einem definierten Weltmarkt beispielsweise zwei Anbieter als Hidden Champions diesen Markt dominieren. Daher mag ein Unternehmen vielleicht in punkto umsatzseitigem Marktanteil nur an Nummer zwei stehen, jedoch der klare Marktgewinner in punkto Marge pro Produkt und damit langfristig besser aufgestellt sein.
Schließlich sehen sich auch manche Technologieführer als Champions und sind für uns in diesem Sinne durchaus Marktgewinner. Sie konzentrieren sich auf eine spezielle technologische Lösung, die vielleicht keine weite Verbreitung in viele Anwendungsbereiche findet, jedoch für ganz bestimmte Anwendungen oder für Kunden mit sehr bestimmten Ansprüchen an Qualität und Funktionalität auf der ganzen Welt unabdingbar ist.
Insoweit vertreten wir in diesem Buch eine relativ weit gefasste Definition des Marktgewinners. Ein Marktgewinner sollte in punkto Marktanteil nach Stückzahl oder Umsatz, in punkto Marge oder in punkto Technologie in seinem definierten Markt unter mindestens drei Wettbewerbern führend sein. Ob er bei der breiten Öffentlichkeit einen relativ geringen oder hohen Bekanntheitsgrad genießt, ist für uns eher sekundär.
Viel wichtiger ist uns, dass Inhaber und Führungskräfte, die mit ihren Unternehmen durch die Bedienung von Champion-Unternehmen, also auch Marktgewinnern in unserem Sinne, selbst zum Markgewinner werden wollen, ihren Markt klar definieren. Im Extremfall kann ihr Markt nur aus wenigen A-Kunden bestehen. Dieser Fokus wäre natürlich riskant, aber womöglich in der Etablierungsphase der Schlüssel zum Erfolg. Da gerade mittelständische Champion-Kunden relativ stabil sind und sich langfristig orientieren, kann man auf ebenso langfristige Geschäftsbeziehungen hoffen, wenn man die Regeln einhält. Dazu mehr in den folgenden Kapiteln.
Gern hätten wir unsere Betrachtungen mit den Führungskräften der von uns analysierten Unternehmen eingehend diskutiert. Doch leider war es schon kaum möglich, überhaupt eine kritische Anzahl an teilnehmenden Firmen zu finden. Unter den teilnehmenden Firmen herrschte auch nicht unbedingt Offenheit. Teils beantworteten Führungskräfte unseren Bogen sogar ohne Wissen des Topmanagements. An weiterführende Gespräche in belastbarer Zahl ist unter solchen Bedingungen nicht zu denken.
Die von uns kontaktierten Unternehmen machten also dem notorischen Ruf der Hidden Champions alle Ehre. So wurde auf unsere Anfragen zur Teilnahme an der vorliegenden Studie in den seltensten Fällen auch nur reagiert, geschweige denn ein positives Signal gesendet. Viele Champions sind weiterhin äußerst verschlossen. Sie möchten nicht im Rampenlicht stehen und geben höchst ungern Auskunft über ihre Abläufe oder auch nur ihre grundsätzliche Haltung gegenüber Geschäftsmodellen. Selbst wenn einige Unternehmen oder ihre Marken durch entsprechende Publikationen inzwischen doch einen gewissen Bekanntheitsgrad genießen, scheinen deren Protagonisten davon eher unbeeindruckt und sehen auch keine daraus entspringende weitere Verpflichtung zur Öffnung. Sie erweisen sich jenseits ihrer direkten und nachgewiesen intensiven Kunden- und Lieferantenbeziehungen als nicht kooperativ. Sie sind und bleiben in diesem Sinne Hidden Champions.
Umso mehr sind wir den Unternehmen und ihren Fach- und Führungskräften, die diese Untersuchung unterstützt haben, zu außerordentlichem Dank verpflichtet. Ihre Beiträge sind von größtem Wert, weil sie einen einmaligen Blick hinter die Kulissen und damit belastbare Ansätze zur weiteren Verbesserung vieler Vertriebs-, Projekt- und Serviceorganisationen ermöglichen. Auch Beschaffungsorganisationen erhalten mit dieser Studie zumindest Anhaltspunkte und Kategorien, um sich mit ihren Standeskollegen zu vergleichen. Schließlich ist mit den Erkenntnissen die anhaltende Wucht der Digitalisierung besser zu kanalisieren, ja sie kann und sollte nun noch stärker zum eigenen Vorteil genutzt werden.
Stand das Thema Digitalisierung während der Konzeptionsphase unserer Untersuchung noch nicht im Fokus, erkannten wir mit fortschreitender Planung dessen Relevanz. Nahezu zeitgleich mit unseren Aktivitäten kam die Digitalisierung nämlich in Fahrt, und diese Entwicklung drohte uns fast zu überholen. Daher haben wir unsere Befunde in den Kontext einer weiter fortschreitenden Digitalisierung gesetzt und versucht, daraus die Zukunftsfähigkeit der ermittelten Erfolgskonzepte abzuleiten. Tatsächlich sind nicht alle Hidden Champions gleich gut gerüstet, und so gibt es selbst für Welt- und Europamarktführer in naher Zukunft an der digitalen Front noch einiges zu tun.
Beispiele können wir allerdings nur auf inhaltlicher Ebene konkret beschreiben, denn wir mussten den teilnehmenden Firmen und ihren Akteuren die absolute Anonymität versprechen (und tun dies gern). Namen werden also nicht genannt. Gleichwohl finden Sie am Ende unseres Buchs eine Kurzbeschreibung der befragten Unternehmen, um Ihnen eine Idee von den Branchen und Größenordnungen zu geben, jedoch keine weiter ausdetaillierten Kennzahlen oder eben Namensnennungen. Allerdings genügt die Kurzvorstellung zum Verständnis unserer Untersuchung völlig.
Noch einmal also ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmer!
Champions und insbesondere Hidden Champions haben ihren Ruf bestätigt, äußerst anspruchsvolle Geschäftspartner zu sein. Und: Champions setzen Trends. Wer Champions dauerhaft beliefert oder aber die typischen Erfolgsprinzipien anwendet, hat Marktgewinner-Potenzial und wird im Idealfall selbst zum Champion. Hierbei ist über eine wirkungsvolle Vertriebstruppe hinaus unternehmensweites agiles Denken und Handeln zur optimalen, zukunftssicheren Positionierung und schlussendlichen Erfolgsmaximierung des Kunden gefragt. Der Megatrend Industrie 4.0/Internet-of-Things (IoT) verstärkt das Gebot für Zulieferer, mit ganzheitlichen Vertriebskonzepten aufzuwarten.
Sind heute neben der höchsten Produktqualität und der kundenspezifischen Funktionalität vor allem Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Flexibilität und explizit die Kompetenz der zuliefererseitigen Ansprechpartner die erfolgsentscheidenden Parameter, so wird sich zukünftig das Innovationsmarketing dazu gesellen. Denn Einkäufer agieren oft nach Vorgabe und sind nur begrenzt offen für neue Einflüsse. Champions fordern absolut kundenorientiertes Mitdenken und Agieren, was Absatzchancen eröffnet, aber die Eigendynamik des Zulieferers bremsen kann. Daher wird dessen Rolle als vorausdenkender Lösungsanbieter schwieriger und doch wichtiger. Essenziell bleibt dabei ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die in Champion-Kreisen unabdingbare Hochqualität wird somit als Bündel von Gegebenheiten und Maßnahmen gesehen, welches weit über die bloße Produktqualität hinausgeht.
Die daher zu modifizierenden Vermarktungsansätze werden den gesamten Prozess der Kundenbedienung beeinflussen und in Teilen ändern. Bemerkenswert: Der Faktor Mensch bleibt trotz oder gerade wegen der Digitalisierung und Automatisierung überproportional wichtig. Die Marktgewinner von morgen erkennen das bereits heute und stellen sich darauf ein. Sie etablieren eine neue pro-aktive Form der Kundenexzellenz.
Wirkungsvoller Kundenkontakt findet auf vielen Ebenen statt, und dieses Phänomen ist im Vertrieb an Champions besonders ausgeprägt. Champions mögen dabei eher Macher als Manager. Daher nennen wir alle für den Kundenkontakt relevanten Führungskräfte und Mitarbeiter der Einfachheit halber
„Kundenkontakter“
und etwa nicht Vertriebs- oder Kundenbeziehungsmanager. Mit dem Begriff Kundenkontakter schließen wir Verkäufer, Vertriebler, Vertriebsingenieure, Marketing-Spezialisten, Service-Spezialisten etc. und sämtliche zugehörige Führungskräfte ein – eben alle zuliefererseitigen Akteure, die in direkter Verbindung mit dem Kunden stehen. Ebenso haben wir mit
„Einkäufer“
eine möglichst klare Beschreibung aller am Beschaffungsprozess mitwirkenden Führungskräfte und Mitarbeiter gewählt. Natürlich entscheidet selten der klassische Einkäufer allein, sondern das ganze Buying Center beeinflusst den Kauf, sofern der Zulieferer seinen Vertriebsprozess geschickt steuert und neben dem Einkauf auch andere Abteilungen anspricht. Die Anforderungen der Champions sind in jedem Fall vielfältig und betreffen über die Produkte hinaus sowohl die Beschaffenheit der Prozesse als auch die Qualifikation und Verhaltensweisen der Führungskräfte und Mitarbeiter des Zulieferers.