Medientraining - Juliane Hielscher - E-Book

Medientraining E-Book

Juliane Hielscher

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Beschreibung

Die Journalistin, Moderatorin und Medientrainerin Juliane Hielscher bietet in "Medientraining" tiefe Einblicke in die Arbeitsweise von Journalisten. Hielscher schildert praxisnah, wie man Kontakte und Begegnungen mit der Presse besteht und sie gewinnbringend für sich nutzen kann. Es gelingt der Autorin, das Bewusstsein für eigene Ausdrucksmöglichkeiten, Ausdruckswerkzeuge und deren unterschiedliche Wirkung zu schärfen. Sie beschreibt klar, dass es den Königsweg zum perfekten Auftritt in der Presse-Öffentlichkeit nicht gibt. Vielmehr gilt es, und dazu enthält das Buch reichlich Tipps und Hinweise, den eigenen Presseauftritt konsequent und im besten Sinne trainiert vorzubereiten.

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Medientraining

Interview, Statement, Talkshow – so gelingt der Presseauftritt

von Juliane Hielscher

Kürschners Politikkontakte

Quidquid agis,

prudenter agas

et respice finem.

(gesta romanum)

Was auch immer du tust,

tu es klug

und bedenke die Folgen.

 

Kürschners Politikkontakte

Medientraining von Juliane Hielscher2. überarbeitete Auflage

ISBN 978-3-95879-163-3

ISBN 978-3-95879-165-7 (EPUB)

Lektorat: Maren Jessen, Hamburg

Umschlaggestaltung, Layout: Kim Sen-Gupta, Frankfurt/​Main

Satz: Schröder Media GbR, Dernbach

Gesamtherstellung: medienhaus Plump, Rheinbreitbach

Titelfoto: iStock.com, Portraitfoto: Hoffotografen

Anschrift der Redaktion:

Kürschners Politikkontakte

Postfach 1560, 53585 Bad Honnef

[email protected]

Telefon: 02224 3232

Datenbank www.kuerschners.com

© 2022 by Kürschners Politikkontakte, NDV GmbH & Co KG, Rheinbreitbach Jede Verwertung auch von einzelnen Teilen des Werkes außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne die ausdrückliche Zustimmung des Verlages unzulässig; dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art und die Einspeicherung und Weiterverarbeitung in digitalen Systemen.

Inhalt

Cover

Titel

Zitat

Impressum

Medientraining, das Buch, die Autorin, das Training

Dieses Buch schreibe ich für alle, …

1. Kapitel Berichten „die Medien“ die Wahrheit über die Wirklichkeit?

2. Kapitel Wer sind eigentlich „die Medien“?

3. Kapitel „Die Medien“ – Freund oder Feind?

4. Kapitel Wie arbeiten „die Medien“?

5. Kapitel Nach welchen Kriterien werden Interviewpartner ausgewählt?

6. Kapitel Muss ich mit dem Journalisten sprechen?

7. Kapitel Kann man Interviews vorbereiten?

8. Kapitel Wie läuft ein Interview ab?

9. Kapitel Online-Interviews aus dem Homeoffice, was ist wichtig?

10. Kapitel Wie fragen Journalisten?

12. Kapitel Was sind Kernbotschaften und wie platziere ich sie?

12. Kapitel Wie gehe ich mit Ausdruck und Sprache um?

13. Kapitel Wie spreche ich vor Kamera und Mikrofon?

14. Kapitel Kann mein Körper sprechen?

15. Kapitel Gibt es Rezepte gegen Lampenfieber?

16. Kapitel Was tun gegen Falschberichte?

Internetangebote, Publikationen

Medientraining,

das Buch, die Autorin, das Training

Das Buch

Es wurde von Juliane Hielscher in „einem Rutsch“ geschrieben, klar in 16 Kapitel aufgeteilt, einfach und prägnant formuliert. Die Idee war und ist, mit besonderem Blick auf die Politikkommunikation Grundwissen für den Medienauftritt zu vermitteln, Theorie und Praxis zu erläutern, Tipps und Erfahrungen weiterzugeben. Wer es gelesen hat, nimmt Manches mit.

Das Buch möchte Sie darüber hinaus sensibilisieren, ja geradezu auffordern für sich selbst oder Ihr Team zu überlegen, ein praktisches Medientraining zu absolvieren, um entweder für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein oder aber eigene Erfahrungen zu vertiefen. Die Autorin ist Mitglied des Bundesverbands der Medientrainer Deutschlands und steht für ein professionelles Medientraining sehr gerne zur Verfügung.

Das Training

Hinter dem Wunsch nach öffentlicher Darstellung steht oft die Absicht, das eigene Unternehmen, ein Produkt, eine Meinung unters Volk zu bringen. Doch einen gelungenen Medienauftritt hinzulegen ist gar nicht so einfach. Das sehen Sie selbst täglich in Talkshows, Reportagen und Interviews. Steht der Journalist mit Mikro oder Kamera vor der Tür, oder sind Sie zu einem Studiogespräch eingeladen, kann leider ziemlich viel, ziemlich schnell und ziemlich dramatisch schiefgehen.

– Wie verpacke ich meine Kernbotschaften?

– Was antworte ich auf unerwartete Fragen?

– Spreche ich eigentlich deutlich und verständlich?

– Wohin mit meinen Händen?

– Wie wirke ich locker und souverän?

– Und der wichtigste Punkt: Komme ich glaubwürdig und sympathisch an?

Der öffentliche Auftritt ist für jeden Menschen eine Herausforderung. Es kann Einiges zusammenkommen, was Sie ganz schön aus dem Konzept geraten lässt: der technische Apparat der Medien, selbstbewusste und geschulte Interviewer, Zeitdruck, Lampenfieber. Bei allem gilt: Es ist zwar noch kein Meister vom Himmel gefallen, aber viele sind durch Übung zum Meister geworden.

Eine gründliche inhaltliche Vorbereitung, Kenntnisse über journalistische Herangehensweise und Trockenübungen mit Statements, Vorträgen und Interviews sind eine wertvolle Hilfe.

Juliane Hielscher bietet Ihnen professionelle Unterstützung an. Die Autorin ist zertifizierte Medientrainerin und systemischer Business Coach nach ECA. Seit 2019 ist sie Vorsitzende des Berliner Presse Clubs BPC. Sie profitieren von den Erfahrungen der Autorin aus 30 Jahren journalistischer Tätigkeit mit über 2.000 Livesendungen und hunderten Bühnenveranstaltungen. Nutzen Sie dieses Wissen für sich und Ihr Team.

Weitere Informationen und Links zur Kontaktaufnahme finden Sie unter juliane-hielscher.de oder kuerschners.com

Nun wünschen wir Ihnen eine interessante Lektüre!

Kürschners Politikkontakte

Berlin, Januar 2022

Dieses Buch schreibe ich für alle,

die sich mit ihrem eigenen Auftritt in den Medien beschäftigen oder Andere auf einen solchen vorbereiten. Der Lesbarkeit halber wird das generische Maskulinum verwendet, alle Genderformen sind selbstverständlich achtungsvoll eingeschlossen.

Medien bieten die Chance, sich selbst, die eigenen Überzeugungen und Ideen und manchmal auch Kompetenzen oder Produkte und Leistungen zu präsentieren. Via Medien erreichen Sie sehr viele Menschen. Sie können diese Gelegenheit nutzen oder vermasseln. Sie erhalten das Wort und könnten dabei Ihr Gesicht verlieren.

Wir alle kommunizieren täglich. Von der Art, wie unsere Gespräche verlaufen, hängt ein großer Teil unseres Gelingens ab – das gilt für Privat- wie Berufsleben gleichermaßen. Wir alle können sprechen, uns unterhalten, argumentieren, streiten. Manchmal fallen dabei Worte, Aussagen oder Bemerkungen, die wir lieber nicht gesagt hätten. Im direkten Gespräch lässt sich vieles wieder geraderücken. In den Medien sieht die Sache schwieriger aus. Gesagt ist gesagt, gedruckt, gesendet, archiviert und der Öffentlichkeit jederzeit zugänglich. Das ist der eine Grund, weshalb sich inzwischen immer mehr Politiker, CEOs und Verbandsfunktionäre auf Interviews vorbereiten lassen. Aber es gibt noch einen weiteren. Es ist schließlich etwas gänzlich anderes, vor Mitarbeitern, fachlich Gleichgesinnten, Kunden oder Wählern zu sprechen. In dieser Rolle haben Sie vermutlich schon etliche Erfahrungen gesammelt.

Das Gespräch mit Pressevertretern folgt jedoch eigenen Regeln. Sie wissen vorab nicht genau, was man von Ihnen will. Ob man Ihnen gegenüber skeptisch oder wohlgesonnen eingestellt ist. Und Sie haben relativ wenig Einfluss darauf, in welchem Zusammenhang Sie zitiert werden. Ein Mikrofon unter der Nase, Zeitdruck, provokante Fragen und die Hightech-Atmosphäre eines Fernsehstudios haben schon manch gestandenen Manager ins Stammeln gebracht. Nervosität entsteht immer dann, wenn wir uns auf unbekanntem Terrain unsicher fühlen. Eine wirkungsvolle Maßnahme dagegen ist eine gute Vorbereitung! Wer genau weiß, was er wie sagen will, und sich mit der Arbeitsweise der Presse vertraut gemacht hat, kann dem nächsten Interview selbstbewusst und entspannt entgegensehen.

Dieses Buch können Sie chronologisch von A – Z lesen. Wenn Sie aber an bestimmten Fragen interessiert sind, finden Sie in jedem Kapitel abgeschlossene Informationseinheiten. Auf vertiefende Inhalte zu anderen Fragen wird jeweils gesondert hingewiesen.

Die folgenden Kapitel bieten Ihnen eine Fülle von Erläuterungen und Informationen. Ein echtes Live-Training, ein persönliches Medientraining ersetzen sie jedoch nicht. Theoretisches Wissen und praktische Anleitungen sind zwar die Grundvoraussetzungen, doch messbarer Erfolg kann nur durch eigenes Trainieren garantiert werden. Wie in jeder Kunst fallen auch die Medienmeister nur selten vom Himmel. Medientraining lässt sich anschaulich mit Tanzunterricht vergleichen. Wir alle wissen, wie beeindruckend es aussieht, wenn ein Paar leichtfüßig und elegant über das Parkett gleitet. Vielleicht beherrschen Sie sogar noch aus der Tanzstunde einige Schrittfolgen von Walzer und Bossa Nova. Für einen beneidenswert schwebenden Auftritt auf dem nächsten Bundespresseball reicht das aber vermutlich nicht aus.

Manches von dem, was Sie in diesem Buch finden, mag Ihnen wie Binsenweisheiten vorkommen. Umso besser. Dadurch wird es Ihnen leichter fallen, die theoretischen Tipps in die Praxis umzusetzen. In erster Linie geht es darum, Ihr Bewusstsein zu schärfen, für die eigenen Ausdrucksmöglichkeiten, die Ausdruckswerkzeuge und die unterschiedliche Wirkung die Sie damit erzielen können. Es gibt nicht den einen richtigen Königsweg zum perfekten Auftritt in der Öffentlichkeit. Der Eindruck, den Ihre Medienpräsenz hinterlässt, ist abhängig davon, wie Sie agieren und was Sie auf welche Weise sagen. Wenn wir via Journalisten mit der Welt kommunizieren, wissen wir nicht, wer der Leser, Zuschauer oder Hörer ist. Die Situation dieser Rezipienten ist unbekannt. Von ihren Sorgen, Nöten, Erfahrungen, Gefühlen und Einstellungen werden wir meist nichts erfahren. Nur die Wenigsten schreiben Leserbriefe oder nutzen die Kommentarfunktion, die viele Internetseiten inzwischen anbieten. Meist erhalten wir kein individuelles Feedback. Und selbst wenn, können wir den Eindruck, den wir erweckt haben, im Nachhinein schwerlich ändern.

Deshalb lautet der elementarste Rat, den ich geben kann:

Seien Sie sich stets darüber bewusst, was Sie und wie Sie etwas mit einem Medienvertreter besprechen.

Nur so können Sie die unangenehme Überraschung vermeiden, dass sich die Wahrnehmung der Öffentlichkeit gänzlich von dem Bild unterscheidet, das Sie selbst von sich haben. Unbefangenes Plaudern birgt etliche Gefahren. Mit ein wenig Übung und einem sorgsamen Umgang mit Pressevertretern lassen sich die Risiken allerdings erheblich mindern.

Denn wir alle sind ja gerne auch mal ein wenig einfältig. Unsere Gehirne folgen evolutionär vorgeprägten Mustern. Der Hang zu Vorurteilen gehört dazu. Jemand der groß und attraktiv ist, suggeriert uns leicht, dass er auch kompetent ist. Eine volle und tiefe Stimme verspricht uns eine selbstsichere, vertrauenswürdige Person. Zeit zum Überprüfen dieser Eindrücke nehmen wir uns selten. Der Umstand, dass wir alle zu solchen Einschätzungen neigen, birgt viele Nachteile, aber natürlich auch einen Vorteil. Wenn wir einen guten Eindruck machen, gut rüberkommen, dann gewinnen wir an Glaubwürdigkeit. Ausdrücklich möchte ich betonen, dass es nicht um Manipulation geht! Niemand lässt sich gern etwas vormachen und beim Thema Authentizität reagieren die meisten Menschen sehr sensibel. Deshalb gilt bei allem, was Sie aus diesem Buch für Ihren Medienauftritt lernen: Bleiben Sie immer Sie selbst. Und geizen Sie nicht mit Ihren guten und starken Seiten. Denn Sie wissen ja, was der Volksmund sagt:

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.

 

1. KAPITEL

Berichten „die Medien“ die Wahrheit über die Wirklichkeit?

Nicht ja, nicht nein, nicht jein!

Für jeden, der verstehen möchte, wie er in der medialen Öffentlichkeit wirkt und wie man selbst die Wirkung maßgeblich beeinflussen kann, sind einige Auskünfte zu dem Stichwort „Neuronale Informationsverarbeitung“ hilfreich. Denn alles was wir durch die Presse erfahren, schnappen wir mit unseren fünf Sinnen auf, gerade so wie im richtigen Leben.

Seit vielen Jahrhunderten schon quälen sich Philosophen aller Herren Länder mit dieser nicht fassbaren Wirklichkeit. Bislang ist ihr niemand auf die Schliche gekommen. Jüngst hat die fortschrittliche Neurobiologie der Wirklichkeit kurzerhand den Garaus beschert. Anhänger des sogenannten Konstruktivismus hatten sich bereits vor Jahrzehnten von der Realität verabschiedet. Ade Wirklichkeit, dich gibt es nicht, hat es nie gegeben und wird es nie geben. Die sich rasant entwickelnden digitalen Medien mit all ihren virtuellen Welten, Gleichzeitigkeiten und viralen Verknüpfungen sind mit Sicherheit kein probates Mittel, um ein letztes Zipfelchen von Wirklichkeit zu retten. Doch dank der Neurobiologie wissen wir vorerst, wie der Hase läuft. Sie bietet Erkenntnisse, die uns eine neue Sicht der Dinge ermöglicht. Natürlich nur so lange, bis uns andere Wissenschaftler plausiblere Erklärungen anbieten. Bis dahin geht das mit der Wirklichkeit so: Jeder Mensch hat seine eigene. Es existiert nichts objektiv Vergleichbares. Wir nehmen die Welt mit unseren Sinnesorganen wahr. Augen, Nase, Ohren, Mund und der Tastsinn stehen dafür zur Verfügung. Schon gibt es so genannte Cyberanzüge, die Körpergefühle simulieren. Auch mit Geruchs- und Bewegungskino wird seit der Jahrtausendwende experimentiert. Vor allem in Asien ist das Interesse an zusätzlichen Sinneseindrücken bei der medialen Informationsvermittlung groß.

Doch keine der Methoden ist marktfähig. Deshalb gelten die Geruchsmedien größtenteils als unrealistische Spielerei. Trotzdem hat der Medienkonsument auch haptische Eindrücke. Sie können beispielsweise die Druckerschwärze Ihrer Zeitung riechen und auch das Papier in den Händen fühlen. Sie könnten sie sogar essen. Doch selbst wenn sie Ihnen schmecken sollte, erlangen Sie weniger Erkenntnisse über die Welt, als wenn Sie das Gedruckte darin lesen. Zur Vorbereitung des Medientrainings konzentrieren wir uns deshalb auf das Sehen und das Hören.

Das Auge selber sieht keine Bilder. Das Ohr hört keine Töne. Beide sind, wie alle anderen Sinnesorgane auch, nur dafür entwickelt, dass sie Signale aufnehmen können. Im Fall der Medienkommunikation visuelle und akustische Signale. Diese werden in eine Art Code übersetzt und durch neuronale Verbindungen an das Gehirn geschickt. Das ist schon der ganze Job der Sinnesorgane. Die neuronalen Codes sind übrigens neutral und sogar bei allen Sinnesorganen gleich. Das Gehirn arbeitet wie eine Art elektrochemischer Apparat, der die Welt selbst nicht wahrnehmen kann. Aber es kann diese Codes wie eine Sprache verstehen, sie identifizieren, interpretieren und einem Sinnesorgan zuordnen. Aus Millionen von Informationen zimmert es sich dann eine Vorstellung der Wirklichkeit zusammen. Wir glauben dann, dass die Welt tatsächlich objektiv so ist. Aber das ist wohl ein Trugschluss. Denn das wichtigste Hilfsmittel beim Zuordnen und Verstehen der Codes ist unser Gedächtnis. Erst das Gedächtnis stiftet den Sinn, nachdem jedes Signal mit vorherigen Informationen verglichen und verknüpft worden ist. So nehmen wir alle die Wirklichkeit ganz unterschiedlich wahr. Denn in jedem Kopf sind individuelle Kombinationen von Vorerfahrungen abgespeichert. Geschlecht, Alter, Herkunft, Bildung, Gesundheitszustand, körperliche Eigenarten, familiäre Traditionen und alle Erlebnisse eines Menschen beeinflussen jeweils, wie ein Wahrnehmungssignal vom Gehirn verstanden und interpretiert wird. Und davon hängt es ab, welche Gedanken und Gefühle unser Kopf daraus bastelt.

Wahrnehmen und Verstehen ist also ein hochkomplizierter Vorgang. Wir „denken“ uns die Welt demnach eher aus einer Vielzahl von Faktoren zusammen. Ob sie wirklich so ist, wie sie uns erscheint, bleibt weiterhin die Lieblingsfrage der Philosophen. Wenn man all dies berücksichtigt, kann man von den Medienmachern nicht ernsthaft erwarten, dass sie uns die Wahrheit über die Wirklichkeit berichten – selbst wenn sie sich um eine objektiv richtige Berichterstattung bemühen.

Fast alle Journalisten wissen um die Macht der Bilder. Das Verständnis von Informationen hängt nämlich ausgesprochen stark von ihrer Visualisierung ab. Der britische Sozialpsychologe Michael Argyle fand schon im vergangenen Jahrhundert heraus, wie das Zusammenspiel von Wahrnehmung und Verstehen funktioniert. In einer Studie untersuchte er den Wirkungsgrad von sinnlichen Reizen bei sprechenden Menschen. Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Wirkung hängt zu ca. 93 % von den nonverbalen Verhaltensweisen ab. Wenn wir einem Menschen zuhören, unterscheidet unser Gehirn nicht zwischen einer realen Begegnung und einer virtuellen. Ein Fernsehinterview wird auf die gleiche Weise verarbeitet wie ein persönliches Gespräch im direkten Kontakt.

Es ist so wichtig, in den Medien gute Gefühle zu erzeugen.

Eine gängige These lautet: Zu ungefähr 55 % ist unser Gehirn mit dem beschäftigt, was wir mit unseren Augen sehen. Gestalt, Körperhaltung, Kleidung, Aussehen, Blick sowie Mimik und Gestik werden erfasst und verarbeitet. Zu etwa 38 % interessiert sich unser Gehirn für die akustischen Signale, die unsere Ohren empfangen. Die Art des Sprechens, die Tonlage, der Tonfall, Tempo und Stimmqualität werden registriert und bewertet. Und dann bleibt beim Zuhören noch ein kleiner Rest von ca. 7 % Aufmerksamkeit übrig, den unser Kopf den Inhalten widmet.

Ob Sie das beruhigend oder erschreckend finden, müssen Sie selbst entscheiden. Jedenfalls bildet das menschliche Gehirn mit ungefähr dieser Gewichtung ein Urteil über den Gesprächspartner. Dabei kann sich unser Gehirn schnell langweilen. Eine monotone Sprechweise oder ein ausdrucksarmes Gesicht wirken einschläfernd. Um bei der Flut von Interviews, die täglich im TV oder im Internet zu sehen sind, nicht unterzugehen, bedarf es also einer gewissen Signalwirkung. Gleiches gilt für jedes Gespräch. Folglich auch für Interviews mit dem Zeitungsreporter, die nicht aufgezeichnet und gesendet werden. Denn auch die Gehirne von Journalisten verarbeiten Wahrnehmungssignale wie oben beschrieben. Die Eindrücke, die Sie verbal und vor allem nonverbal beim Journalisten hinterlassen, werden mit Sicherheit beeinflussen, wie er über Sie berichtet. Denn bei allem Bemühen um Objektivität und Neutralität bleiben Journalisten Menschen, die sich von diesem Mechanismus ihres Oberstübchens nicht befreien können. Wir Menschen tragen alle zu fast 99,9 % den gleichen genetischen Code in uns. Reizaufnahme und Verarbeitung funktionieren deshalb bei uns allen nahezu identisch. Auch die Schlüsse, die unser Gehirn aus den Signalen zieht, ähneln sich. Nur deshalb ist es möglich, dass Menschen einander überhaupt verstehen. Dass wir zu ähnlichen Einschätzungen und Meinungen gelangen.

Nur beim Gewichten, Bewerten und Interpretieren von Signalen arbeitet jedes Gehirn individuell. Denn hier kommen die gesamte Erfahrungswelt eines jeden, die Bildung und auch die jeweilige momentane Verfassung ins Spiel. Hier geht es um Gefühle. Deshalb können wir Kommunikation heute nicht mehr ohne die dazugehörigen Emotionen betrachten. Das gilt insbesondere für Medienkommunikation, weil Bilder und Schlagworte hier einen besonderen Platz einnehmen.

Konzentrieren Sie sich beim nächsten Nachrichtenschauen im Fernsehen auf Ihre Empfindungen. Sie „mögen“ bestimmte Moderatoren, andere „mögen“ Sie nicht. Ihnen „gefallen“ einige Gesichter oder Stimmen. Sie „finden“ einen Politiker glaubwürdig oder eben nicht. Sie haben „Lust“ weiterzuschauen oder Sie können jemanden „nicht aushalten“.

Das alles sind Ausdrücke von emotionalen Reaktionen – produziert von Ihrem Gehirn. Der tatsächliche Wahrheitsgehalt einer Aussage und die Vertrauenswürdigkeit eines Sprechers sind damit weder bewiesen noch widerlegt. Es handelt sich lediglich um Bewertungen, die sich in Form von Gefühlen äußern. Wir alle nehmen diese Bewertungen ständig vor. Natürlich werden auch wir selbst regelmäßig auf diese Weise emotional beurteilt. Der Zeitungsreporter kann sich davon während seines Interviews mit Ihnen genauso wenig freimachen wie Sie.

Aus diesem Grund ist es so wichtig, in den Medien gute Gefühle zu erzeugen. „Gut“ meint hier ausdrücklich nicht das Vortäuschen falscher positiver Tatsachen. „Gut“ im Sinne eines „guten Eindrucks“ bezieht sich auf Eigenschaften wie Glaubwürdigkeit, Sympathie und Kompetenz. Wer es schafft, der Medienöffentlichkeit diese Facetten von sich zu zeigen, wird positiv wahrgenommen und genießt öffentliche Akzeptanz.

Forschungsergebnisse der angewandten positiven Psychologie zeigen übrigens, dass der Effekt eines negativen Auftritts oder einer einzigen negativen Zeitungsmeldung dermaßen stark ist, dass mehrere positive Meldungen nötig sind, um beim Zuschauer oder Leser wieder eine ausgeglichene Bewertung herzustellen. Andersherum geht es viel schneller. Evolutionsbedingt ist das menschliche Gehirn eher bereit, Negatives zu glauben, trotz einer positiven Vorerfahrung. Dieses eingefleischte Misstrauen hat unseren Vorfahren in unzivilisierten Zeiten das Überleben garantiert. Heute ist diese übergroße Vorsicht glücklicherweise nicht mehr in jeder Situation erforderlich. Aber unser Reaktionsmuster hinkt der Entwicklung der Welt ein wenig hinterher. Ein Grund mehr, sich angemessen zu verhalten, im richtigen Leben wie in der medialen Öffentlichkeit. Und ein Grund, sich mit den Kapiteln 12 und 13 über Stimme und Körpersprache zu befassen.

→ KAPITEL 13

→ KAPITEL 14

 

2. KAPITEL

Wer sind eigentlich „die Medien“?

Gute Frage! Schwierige Antwort!

Deutschlands Medienlandschaft ist einzigartig, vielfältig und abwechslungsreich. Sie bietet jede Menge Möglichkeiten, selbst irgendwo in den Medien aufzutauchen – aber damit auch jede Menge Gelegenheiten, sich um Kopf und Kragen zu reden.

Damit einmal klar ist, worüber wir sprechen: Schätzungsweise 70.000 Journalisten arbeiten hierzulande. Sie schreiben für ungefähr 330 Tageszeitungen mit rund 1.600 lokalen Ausgaben und 20 Wochenzeitungen. Zum Markt gehören außerdem mindestens 1.500 Zeitschriften und – man staune – ca. 3.800 Fachzeitschriften. In Deutschland buhlen an die 530 Radiostationen um die Gunst der Hörer, an die 400 Fernsehprogramme lassen sich von unseren Fernbedienungen aus anwählen. Und überall werden spannende Geschichten mit interessanten Persönlichkeiten gesucht. Denn davon lebt die Branche.

Zur Medienvielfalt gehören auch die großen und kleinen Nachrichtenagenturen und Informationsdienste überall auf der Welt, die ihre Inhalte in Wort, Bild, Ton und Video für die unterschiedlichsten Nutzungsarten anbieten. Die Deutsche Presseagentur dpa, reuter, der Evangelische Pressedienst epd und SID, der Sportinformationsdienst sind unverzichtbare Quellen der Redaktionen, nur um einige zu nennen.

„Die Medien“ sind niemand.

Komplett unübersichtlich wird es schließlich im Internet. Ungezählt und nicht zählbar die zusätzlichen Webseiten der klassischen Medien, Internetzeitungen, Internetradiokanäle, Internet-TV-Sender