Mein Leben als Sohn - Philip Roth - E-Book

Mein Leben als Sohn E-Book

Philip Roth

4,7

Beschreibung

»Er war nicht irgendein Vater, er war der Vater, mit allem, was es an einem Vater zu hassen gibt, und allem, was es an einem Vater zu lieben gibt.« Wie sehr er seinen Vater geliebt und gehaßt hat, das erzählt Philip Roth meisterhaft in diesem Roman. »Mein Leben als Sohn« ist ein Buch, das jeden betrifft, denn es geht um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, um das Altwerden in unserer Gesellschaft, um Abhängigkeit und vor allem um die Liebe, wenn sie am schwersten ist.

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Hanser E-Book

Philip Roth

Mein Leben als Sohn

Eine wahre Geschichte

Aus dem Amerikanischen von Jörg Trobitius

Carl Hanser Verlag

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Patrimony bei Simon and Schuster, New York

© 1991 by Philip Roth

ISBN 978-3-446-25130-4

Alle Rechte dieser Ausgabe:

© 1992/2015 Carl Hanser Verlag München Wien

Umschlag: © Peter-Andreas Hassiepen

Satz: Fotosatz Reinhard Amann, Aichstetten

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele andere Informationen finden Sie unter www.hanser-literaturverlage.de

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Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Inhalt

1 Nun, was hältst du davon?

2 Mama, Mama, wo bist du, Mama?

3 Wird ein Zombie aus mir werden?

4 Ich muß wieder anfangen zu leben

5 Vielleicht kann Ingrid sich auf Dauer um mich kümmern

6 Sie haben gefightet, weil sie Fighter waren, und sie haben gefightet, weil sie Juden waren

Für unsere Familie, die Lebenden und die Toten

1 Nun, was hältst du davon?

Als mein Vater sechsundachtzig Jahre alt wurde, hatte er auf dem rechten Auge die Sehkraft fast völlig eingebüßt; doch er erfreute sich für einen Mann seines Alters einer phänomenalen Gesundheit, als er auf einmal Beschwerden entwickelte, die der Arzt in Florida fälschlich als Facialisparese diagnostizierte, eine Virusinfektion, die eine normalerweise vorübergehende Lähmung einer Gesichtshälfte verursacht.

Die Lähmung trat ganz unvermittelt auf, und zwar nachdem er am Vortag von New Jersey nach West Palm Beach geflogen war, wo er die Wintermonate in einer gemeinsam gemieteten Wohnung mit Lilian Beloff verbringen wollte, einer siebzigjährigen pensionierten Buchhalterin, die in Elizabeth das Apartment über ihm bewohnte und mit der er ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter im Jahre 1981 eine Beziehung eingegangen war. Am Flughafen von West Palm hatte er sich so fit gefühlt, daß er nicht einmal einen Gepäckträger bemüht (dem er, nebenbei bemerkt, ein Trinkgeld hätte geben müssen) und seine eigenen Koffer ganz allein von der Gepäckausgabe bis hinaus zum Taxistand getragen hatte. Am nächsten Morgen sah er dann im Badezimmerspiegel, daß eine Hälfte seines Gesichts nicht mehr die seine war. Was am Vortage seine eigenen Züge gewesen waren, hatte jetzt mit niemandem mehr Ähnlichkeit – das untere Lid des rechten Auges war herabgesackt, so daß das Innere des Lids zu sehen war, die Wange hing auf dieser Seite schlaff und leblos herunter, als hätte sich der Knochen darunter vom Fleisch gelöst, und die Lippen waren nicht mehr gerade, sondern zogen sich diagonal über das Gesicht herab.

Mit der Hand schob er die rechte Wange zurück an die Stelle, wo sie sich am Vorabend befunden hatte, hielt sie dort fest und zählte bis zehn. Das tat er mehrere Male an jenem Morgen – und jeden folgenden Tag doch wenn er losließ, blieb sie nicht oben. Er versuchte, sich einzureden, er habe falsch im Bett gelegen, seine Haut sei einfach vom Schlaf gefurcht, doch in Wirklichkeit glaubte er, er habe einen Schlaganfall erlitten. Anfang der vierziger Jahre hatte ein Schlaganfall seinen Vater zum Krüppel gemacht, und als er selbst ein alter Mann geworden war, sagte er mehrmals zu mir: »Ich will nicht so sterben wie er. Ich will nicht so daliegen. Das ist meine schlimmste Befürchtung.« Er erzählte, wie er frühmorgens auf dem Weg zum Büro in der Innenstadt und abends auf dem Heimweg seinen Vater im Krankenhaus besucht hatte. Zweimal am Tag zündete er eine Zigarette an und steckte sie seinem Vater in den Mund, und des Abends saß er neben dem Bett und las ihm aus der jiddischen Zeitung vor. Unbeweglich und hilflos und nur mit seinen Zigaretten als Trost siechte Sender Roth fast ein Jahr lang dahin, und bis ihm eines späten Abends im Jahre 1942 ein zweiter Schlaganfall den Rest gab, saß mein Vater zweimal täglich bei ihm und sah zu, wie er starb.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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