Mein unscheinbarer Mann oder eine Frage der Wahrnehmung - Mewes Maren - E-Book

Mein unscheinbarer Mann oder eine Frage der Wahrnehmung E-Book

Mewes Maren

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Beschreibung

Ein satirischer Roman über ein Paar, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Aber die Ehe zwischen dem zwanghaften Willy und der lebenslustigen Lisa scheint irgendwie zu funktionieren. Erst als Lisa einem alten Freund aus einer Patsche helfen will und Willy beruflich in Schwierigkeiten gerät, bekommt ihre Fassade Risse. Beide werden von ihrer Vergangenheit eingeholt und stoßen auf ein lange zurückliegendes Verbrechen. Alte und neue Freunde stehen ihnen dabei mit eigenen Perspektiven ebenso hilfreich wie unbequem zur Seite. Und sie erkennen, dass sie nicht einmal ihren Erinnerungen vertrauen können.

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Seitenzahl: 712

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhaltsverzeichnis

Willy

Bitter

Puerto Mogan

Die letzten Tage

Nachdenken

Scheunenfest 2003

Arbeitskreis 2003

Lisa

Alte Freunde

Zweischneidig

Urlaub

Heimreise

Geschäftspartner

Rechtsberatung

Verheiratet

Willy

S-Bahnhof

Lisa

Böses Erwachen

Staubige Luft

Die Karlows

Willy

Erfahrungswerte

Rituale

Wiedervorlagen

Lisa

Botschaften

Willy

Zufälle

Biergarten 2003

Paartherapie 2004

Lisa

Rotlichtmilieu

Oben und unten

Diagnosen 2004

Frauengespräch

Informelle Mitarbeit

Willy

Verspielter Kredit

Lisa

Ohr des Vorgesetzten

Der Weg des Geldes

Willy

Übersehen werden

Einzugsfete 2003

Lisa

Altstadt

Angebote

Willy

Raucherraum

Fluraufführung 2003

Zeitverschiebung

Lisa

Durcheinander

Willy

Ein Feigenblatt

Ein ungewöhnliches Gespräch

Lisa

Telefonieren

Ein Verhör

Ein fast perfekter Abend

Willy

Eine holprige Vernehmung

Kneipensuche 2003

Vertragsgestaltung

Lisa

Bewährung

Nachtragend

Willy

Ein anrüchiges Versteck

Lisa

Telefonate

Die Quadratur des Kreises

Ein offenes Gespräch

Katerfrühstück

Ein Notfall

Willy

Hintertür

Jungfernfahrt 2004

Bildbearbeitung 2004

Lisa

Oxymoron

Willy

Schlussstriche

Kellner 2004

Ergebnisoffen

Lisa

Einer von den Guten

Willy

Kluge Köpfe

Der Törn 2004

Lisa

Risiken und Nebenwirkungen

Ritual 2003

Die Krümmung der Zeit

Willy

Beweisketten

Paul Auster

Lisa

Bauchgefühle

Entscheidungsfindung

Willy

Bitter

1 Als ich die Augen öffnete, sah ich nur blasse Schemen, die träge herum waberten. Ich lag auf dem Rücken. Versuchte mich zu erinnern.

Das Denken tat weh. Das Wabern verschwand. Ich konnte etwas erkennen. Das tat auch weh. Ich schaute mich um. Das hier war jedenfalls nicht der Bahnsteig. Es war viel zu hell.

Ein Zimmer. Die Spuren an der Wand zeigten, dass hier mal ein zweites Bett gestanden hatte. Zwei Stühle, ein Fernseher, der an der Wand hing, waren neben dem Schränkchen am Bett das einzige Mobiliar.

Ein Doppelzimmer, in dem ich allein lag? War ich in einem Krankenhaus? Das Fenster war einen Spalt geöffnet. Draußen prasselte der Regen gegen die Scheibe. Meine Gedanken prasselten auch.

Eben noch befand ich mich auf dem Bahnsteig. Wurde ich dort angegriffen und niederschlagen? Nun war ich jedenfalls hier!

Hielt sich noch jemand in diesem Zimmer auf? Jemand, der sich sehr laut räuspern konnte? Tatsächlich! Neben meinem Bett stand ein älterer Mann, der mir bekannt vorkam. Mich an mein schlecht gelauntes Spiegelbild erinnerte.

Konnte es sein, dass ´Bitter´ mir einen Besuch abstattete? Nein, der hasste Krankenhäuser. Hatte mein Kopf etwas abbekommen und phantasierte nun vor sich hin? So war es wohl.

Wieder ein Räuspern. Der Mann reichte mir eine Zeitung und deutete auf einen kleinen Artikel im Regionalteil. Ich schüttelte den Kopf. Was sollte ich jetzt mit einer Zeitung?

"Lesen Sie!", sagte er bestimmt und sah mich eindringlich an. Widerwillig wandte ich mich dem Papier zu, das in seiner Hand raschelte. Es dauerte, bis ich die Buchstaben erkennen konnte und ich erfasste, dass es sich um die ´Neue Hannoversche Zeitung´ vom 20. Januar handelte. Sein Finger tippte auf einen Artikel. Ich las.

´Rätselhafter Anschlag auf Leitenden Beamten! Gestern Abend wurde Willy Olten Opfer eines Mordanschlages. Der Chef der Zweiländeranstalt für Zentrale Verwaltungsdienste für Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegt derzeit mit einem Schädeltrauma in einer Spezialklinik, deren Namen die Polizei aus Sicherheitsgründen geheim hält. Das Opfer wurde auf einem S-Bahnhof in Düsseldorf niedergeschlagen und erlitt ein Schädeltrauma. Weitere Einzelheiten gibt die Polizei derzeit nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft äußert sich zu möglichen Tätern sehr zurückhaltend. "Wir ermitteln in alle Richtungen," sagte der Oberstaatsanwalt Dr. Vorsteden. Nachforschungen der NHZ haben ergeben, dass die Ehefrau des Opfers nicht aufzufinden ist. Die NHZ fragt sich: "Besteht da ein Zusammenhang mit dem Anschlag auf ihren Mann oder hat es mit der Anstalt für zentrale Verwaltungsdienste zu tun?" Die NHZ wird weiter berichten.´

"Auf die Titelseite haben Sie es noch nicht geschafft", spöttelte der Mann neben meinem Bett. Ich sah auf. Das war auf keinen Fall Bitter, der mich da besuchte. Wir siezten uns ja nicht. Obwohl ich das auch schon mal erwogen hatte, als mir die plumpe Vertraulichkeit der Stimmen zu viel wurde.

"Wer sind Sie?" Meine Stimme klang heiser. "Hauptkommissar Hoffmann. Was ist mit Ihnen passiert?" Der Besucher sah mich fragend an. Er setzte sich auf den Stuhl und schlug die Beine übereinander. Umständlich holte er einen Notizblock und einen Stift aus seiner Brusttasche.

Ich brauchte einige Zeit, um mich zu erinnern. Was auf dem Bahnsteig geschehen war, wusste ich ja selbst nicht. Die Ereignisse vor dem Bahnhof wollte ich nicht erwähnen. Zu peinlich!

Es fiel es mir allerdings schwer, eine plausible Erklärung dafür zu finden, warum ich überhaupt dort gewesen war. So, wie er nach Lisa fragte, schien er aber zu vermuten, dass wir uns dort getroffen hatten. Vorsichtshalber klammerte ich mich an den zweifelhaften Strohhalm, den der Schlag auf den Kopf für mich bereit hielt. Gedächtnislücke!

"Sie sind gestern Abend hier ins Krankenhaus gebracht worden. Der Arzt meint, dass Ihr Schädel angeknackst ist, Schädeltrauma oder so, ohne Hirn, und dass Sie viel Glück gehabt hätten. Sie haben mir aber noch nicht erklärt, wie Sie zu dem angebrochenen Finger und den Prellungen im Gesicht gekommen sind?"

Ich tastete den Verband ab, der über den halben Kopf bis unter das Kinn ging. "Keine Ahnung. Vielleicht bin ich zu Hause gestürzt." "Sind Sie sicher?" Der Polizist glaubte mir kein Wort. "Hmh?" Er machte sich eifrig Notizen.

"Ohne Hirn?", fragte ich, als mir seine Worte wieder einfielen. Er grinste. "Na ja, keine Stelle, wo auf das Gehirn gedrückt wird oder das Gehirn anschwellen könnte. Also problemlose Heilung." Ich hoffte, das der Typ mir nur äußerlich ähnelte und dass ich selbst nicht so ein Arsch war.

Er berichtete, dass jemand den Rettungswagen gerufen hätte. Wegen einer bewusstlosen Person vor dem Bahnhof! Die Sirene und Ankunft eines Notarztes hätte mir wahrscheinlich das Leben gerettet und zwar in doppelter Hinsicht. Zunächst hatte der Rettungswagen den oder die Täter vertrieben. Als weder die Anruferin noch das beschriebene Opfer vor dem Bahnhof zu finden waren, hätten die Sanitäter auf den Bahnsteigen nachgesehen und mich gefunden. Andernfalls hätte der Blutverlust oder die Unterkühlung zum Tode führen können.

"Sie haben viel Glück gehabt!", kam er zum Ende, "Sie werden wohl morgen schon nach Hause können."

"Nach Hannover? Oder muss ich wegen der Ermittlungen noch in Düsseldorf bleiben?", meldete sich mein Denkvermögen zurück.

Seine Antwort erstaunte mich. Der Kommissar kam auch aus Hannover. Der Fall wurde also nicht von den zuständigen Düsseldorfer Behörden behandelt! Das sei zwischen den Innenministerien soweit abgeklärt worden, da ich ja in Kürze wieder in Hannover sein würde. Ich sah mein Gegenüber misstrauisch an. Der hielt mich wohl für bescheuert.

Er wechselte schnell das Thema: "Sie haben das Amt erst vor kurzem übernommen?" "Na ja, immerhin fünf Jahre", widersprach ich. "Da haben Sie sich sicher auch Feinde gemacht?" "Klar, ich musste das Amt neu organisieren und auch sonst einiges verändern." "Gab es da bestimmte Leute, denen Sie auf die Füße getreten sind oder die sich gegen Sie gestellt haben?"

"Tja, gegen mich gestellt? Darüber müsste ich nachdenken." Er nickte. "Meine Kollegen werden sich natürlich in Ihrem Amt umhören!"

Die Müdigkeit, die mein Körper signalisierte, kam mir gerade recht. "Mir fallen gleich die Augen zu." Ich klang nicht sehr überzeugend, erhielt aber unerwartete Unterstützung.

Die Tür zu meinem Zimmer öffnete sich, ohne das jemand geklopft hatte. Herein kam eine kleine, stämmige Krankenschwester mit dunklen Haaren und rundem Gesicht. "Das reicht für heute, Herr Kommissar, Herr Olten braucht Ruhe!" Ich staunte über den strengen Ton, der gar nicht zu der gemütlichen Erscheinung passte.

Mein Besucher nickte mir zu und verließ wortlos das Zimmer. Ich war alles andere als zufrieden. Statt eines Gespräches hatte es mit Lisa nur eine Prügelei gegeben. Und daran, wer sich nun in meinem Amt ´umhören´ würde, wollte ich gar nicht erst denken.

2 Erst eine Woche war seit dem Rückflug aus dem Urlaub vergangen. Ich musste an die alte Fernsehserie ´Raumschiff Orion' mit Dietmar Schönherr denken. Der musste damals die Dramatik wegen der fehlenden Spezialeffekte mit dem Spiel seiner Gesichtsmuskeln ersetzen. Und an die schöne Eva Pflug mit ihrer Domina-Erotik. Was hatten die gesagt, wenn sie eilig zurückfliegen mussten? Genau. ´Rücksturz zur Erde´! Das passte auch zu meiner Flucht von der Urlaubsinsel und der harten Landung auf dem Bahnsteig.

Unwillkürlich fuhr meine Hand an den Kopf. Der Verband war entfernt worden. Nur noch ein Pflaster klebte den kleinen Mullverband auf meinen Hinterkopf. Er musste nicht viele Haare opfern, da dort ohnehin eine kahle Stelle war. Die Pflasterstreifen waren über kreuz geklebt. Es sah so aus, als solle die Stelle markiert werden, wo ich getroffen worden war. Oder noch mal getroffen werden sollte, dachte ich, als mein Gesicht mich aus dem Spiegel anblickte.

Ich war wieder zu Hause. Saß in dem schweren, abgenutzten Sessel im Wohnzimmer. Es war unordentlich. Die Kleidungsstücke, Hemden, Socken, Hosen und Schuhe lagen oder standen, wo ich sie gestern fallen gelassen hatte. Ich zappte durch die Fernsehsender, als das Telefon klingelte. Lisa?

Ich hob ab. Nein. Es war der Polizist. Er hätte noch einige Fragen an mich. Das verstand ich gut, schließlich galt es einen Mordversuch aufzuklären. Er fasste meine Aussagen, die ich im Krankenhaus gemacht hatte, noch einmal zusammen und berichtete über den Stand der Ermittlungen. Warum er so lange dafür brauchte, war mir schleierhaft, denn die Polizei hatte nichts, aber auch gar nichts, herausgefunden.

Ich schaute durch die großen Fenster heraus auf die Terrasse und in den Garten. Die kleinen Bäume, der Kirschlorbeer und der dichte Bambus nickten bedächtig im Wind.

"Was ist denn im Urlaub geschehen?", fragte er, obwohl er die Antwort sicher bereits kannte. "Sie hat im Urlaub mit ihm geflirtet und ich bin abgereist", gab ich widerwillig zu.

Der Polizist atmete hörbar aus. "Hhm. Geht das genauer?" Der Bambus schüttelte sich unter einer heftigen Böe. Die Bäumchen reckten ihre Kronen wie große Fäuste in Richtung Wohnzimmer.

"Nein, geht es nicht!" Mein Tonfall ließ hoffentlich keinen Zweifel an den Worten zu. Er hatte mich wohl verstanden und räusperte sich. "Wie war Ihre denn Ehe so?"

"Na, eigentlich ganz gut" Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben. "Sie sind sicher, dass ihre Frau, das genau so gesehen hat?" Er glaubte mir kein Wort.

"Ich denke schon. Deshalb hat mich ihr Verhalten im Urlaub ja so überrascht." Das überzeugte mich selbst nicht.

"Hat sie sich in der Zeit vor dem Urlaub mal mit anderen getroffen? Ist sie mal über Nacht weggeblieben?"

Ich lachte leise. "Natürlich hat sie sich manchmal verabredet. Meistens mit Freundinnen, vor dem Urlaub auch mal mit Tobias. Tja, und über Nacht wegbleiben? Dazu kann ich nichts sagen, da sie an vier Tagen in ihrem Appartement in Düsseldorf lebt. Ich bin ja die ganze Woche in Hannover."

So kommen wir nicht weiter, schien sein Schweigen mir sagen zu wollen. "Wann und bei welcher Gelegenheit haben sie Ihre Frau eigentlich kennengelernt?", fragte er ein paar Sekunden später. Er dehnte also den zeitlichen Rahmen für die Untersuchung möglicher Hintergründe der Tat aus. Und zwar erheblich.

"Vor vierzehn Jahren. Wir waren mit einem gemeinsamen Bekannten und seiner Freundin in einem Restaurant", antwortete ich ebenso wahrheitsgemäß wie widerwillig.

"Hat ihre Frau sie schon einmal betrogen oder Ihnen sonst Grund zur Eifersucht gegeben?" Versuchte er mich zu provozieren? Oder warf er nur hilflos mit Fragen um sich?

Der hohe Bambus schüttelte sich wild unter einer Windböe. Die dünnen Äste und Blätter verwirrten sich ineinander. Ich wandte den Blick vom Garten ab und starrte auf das Hochzeitsfoto auf dem Sideboard. "Nein!"

"Auch nicht ganz am Anfang?" Er dachte wohl an etwas ganz bestimmtes. "Das ist doch lange her. Warum fragen Sie das?"

"Am Anfang einer Beziehung muss doch die Zukunft mit der Gegenwart und Vergangenheit zu recht kommen!", orakelte er.

"Wie meinen Sie das?" Hatte der Typ selbst ein Problem? Oder wusste er etwas?

"Na ja", brummte er verlegen, "schwierig wird es nur bei den Extremen. Wenn die Vergangenheit völlig abgelehnt wird oder wenn sie noch zu wichtig ist."

Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen. Überlegte, ob er sich mit den gleichen Fragen beschäftigte, wie ich. "Anfangs spielte die Vergangenheit eine große Rolle", antwortete ich wahrheitsgemäß.

"Gab es da einen bestimmten Mann?" "Ja, klar, ihr Ex, dieser Tobias." Warum habe ich das gesagt? Der Kommissar war clever.

"Und der wollte nichts mehr von ihr und deshalb kamen sie mit ihr zusammen?", fuhr er fort. Durch die Fenster sah ich, wie der Kirschlorbeer sich zur Seite drehte. Unter dem Wind beugte er sich beinahe bis zum Boden herunter. Fast als schaute er verlegen auf seine Wurzeln. "Nicht ganz!", brummte ich gereizt. Der muss wohl so fragen, versuchte ich mich zu beruhigen.

Er blieb hartnäckig. "Lief das denn mit diesem Tobias die ganzen Jahre über?" Die kleinen Bäume richteten sich wieder auf, als der Wind für einen Moment aussetzte. Der Bambus zitterte ein wenig nach.

"Nein, das glaube ich nicht!" Allmählich hatte ich von dem Typen die Nase voll.

Dann überspannte er den Bogen endgültig. "Haben Sie denn nicht mal kleine Anzeichen gesehen, die darauf hindeuten könnten?"

Draußen setzte der Wind aus. Die Bäume richteten sich wieder auf und der Bambus schien seine dünnen Zweige und Blätter zurück in die ursprüngliche Lage zu ordnen. Die nachfolgende leichte Brise ließ sie nur noch unschlüssig in alle Richtungen schwanken.

Mein Kragen platzte laut. "Sagen Sie mal, sind Sie bescheuert. Statt Dinge zu fragen, die etwas mit dem Fall zu tun haben, analysieren sie hier meine Beziehung. Es sollte ja wohl ausreichen, zu wissen, dass sie einen anderen hat. Was soll das Ganze also?"

Die nächste Frage des Alten klang beinahe verständnisvoll. "Interessiert Sie denn nicht, warum das alles so passiert ist?"

Puerto Mogan

3"Nicht viel los hier!" Der Mann, der mir gegenüber saß, verdrehte die Augen. Sonderlich sympathisch war er mir nicht. Auch nicht auf den zweiten Blick. Er trug einen hellen Leinenanzug unter dem das dunkle Hemd über einem kleinen Bauchansatz spannte. Aus dem offenen Kragen blinkte ein goldenes Kreuz hervor. Sein dichtes Haar war energisch nach hinten gekämmt und betonte das sonnengebräunte Gesicht.

"Irgendwoher kenne ich sie!" Er sah mich neugierig an, als wollte er feststellen, ob ich seinen vertraulichen Ton akzeptierte. Da ging es auch schon weiter. "Die habe ich vor ein paar Tagen mit einem anderen gesehen!" Ich ignorierte ihn. Er wandte seinen Blick wieder der Tanzfläche zu. So ein Blödmann, dachte ich und trank einen Schluck aus dem Bierglas, das vor mir stand. Er tat es mir nach und zwinkerte mir verschwörerisch zu, wie einem alten Kumpanen.

Kumpane? Als er sich vor zehn Minuten zu mir setzte, habe ich ihn zum ersten Mal gesehen. "Ist doch in Ordnung?", fragte er, während er sich bereits setzte. "Mhm?", war meine wenig begeisterte Antwort gewesen.

Er stellte sich mit Namen vor. Charly! Redete von seinen Geschäften. Logistik und Immobilien oder so. Ich hörte ihm kaum zu, obwohl es sich um wichtige und komplizierte Angelegenheiten handeln musste. Zumindest, wenn man seine dramatische Stimme und die ausholenden Gesten zugrunde legte. Keine Ahnung, warum er mir das erzählte!

Er sprach perfekt deutsch, nur manchmal glaubte ich aufgrund seiner Aussprache einen spanischen, manchmal auch osteuropäischen Hintergrund herauszuhören.

Auf der schummerig beleuchteten Tanzfläche waren nur zwei Paare zu sehen. Das Eine bewegte sich sparsam und vertraut, als wiegten sie sich in eine ruhige Stimmung, die zum Urlaub und einem entspannten Ausklang des Abends passte. Die beiden waren um die 60, schlank und gepflegt. Die gelassene Harmonie der beiden gefiel mir.

Mein Tischnachbar hatte aber nur Augen für das andere Paar. Genau genommen für dessen weiblichen Teil. Der männliche war auch wenig auffällig. Um die 50 Jahre, gut einen Meter und achtzig groß, braune Haare, die ein wenig gelockt waren. Er war nicht hässlich, aber auch nicht auffallend gutaussehend. Schien sich jedoch für unwiderstehlich zu halten. So, wie er seine Tanzpartnerin anlachte und übermütig mit den Hüften wackelte.

Sie trug ihr dunkles Haar offen und ein grünes Kleid, das knapp über ihren Knien endete. Ihre Hüften und ihr Po bewegten sich wie beim Tango. Das langsame Schaukeln ihres Busens wirkte allerdings ein wenig übertrieben und erinnerte an eine ´Burlesque Revue´. Sie lachte ihren Tänzer an und schien alles um sich herum vergessen zu haben. Das ging nun schon eine halbe Stunde so.

Der Mann ließ seine Hand von Ihrem Rücken herunter auf Ihren Hintern gleiten und drückte sie an sich. Sie ließ das für einem Moment zu, bevor sie ihn dann lachend von sich schob.

Charly meinte, die beiden würden gleich auf der Tanzfläche ´harmuscheln´. Ich hatte ihn wohl nicht richtig verstanden. Oder kannte das Wort nicht. Ahnte trotzdem, was er meinte. Das war natürlich übertrieben. Mein Blick wanderte unwillkürlich im Lokal umher.

Außer dem Tisch, an dem ich selbst saß, war nur noch ein weiterer besetzt. Dort spielten zwei Paare um die vierzig ein Gesellschaftsspiel. Die Frauen waren blond, ihre schmalen, sorgfältig geschminkten Gesichter ähnlich kühl und reflektierten, ebenso wie ihre weißen Blusen, das flackernde Licht der Disco-Kugel.

Ab und zu hoben sie den Kopf und schauten zu Charly herüber, der sie jedoch nicht beachtete. Das schien die Frauen nicht zu stören, denn sie prosteten sich zu und lächelten.

Die Männer waren die breitschultrige Ergänzung der Frauen. Beide trugen eine Art Uniform aus hellem Jackett, schwarzem T-Shirt und blauen Jeans. Ihre Augen schweiften gelegentlich durch die Bar und auch, ein wenig angespannt, in unsere Richtung.

Die Vier schienen eine klare Arbeitsteilung zu haben. Die Männer sagten ab und zu etwas und die Frauen lachten darüber. Es war nicht auszumachen, welcher Part der schwierigere war. Ein wenig Wettkampfatmosphäre lag über dem Tisch.

4 "Was machst Du eigentlich beruflich?", unterbrach Charly meine Gedanken und mit Blick auf meine Finger, "die Hände machst Du Dir ja wohl nicht schmutzig?"

Mir war nicht nach einer Unterhaltung. Schon gar nicht mit diesem Typen und über dieses Thema. Der Gang zur Toilette schien mir die reizvollere Alternative zu sein.

Ich erreichte sie ohne Probleme und klatschte mir dort kaltes Wasser ins Gesicht. Der Mann, der mich aus dem Spiegel anstarrte, wirkte ein wenig ratlos. Ich trocknete sein Gesicht mit zwei Papierhandtüchern ab und verließ den kleinen Raum. Ging noch mal vor den Eingang, rauchte eine Zigarette und schaute auf das große Hotel auf der anderen Straßenseite, das mit seinen Zwiebeltürmen recht exotisch wirkte. Durch die großen Fenster und Glastüren war warmes Licht zu sehen, in dem sich einzelne Gestalten wie in Zeitlupe bewegten.

Die zweite Zigarette zündete ich an der Kippe der ersten an. Warf sie aber nach wenigen Zügen in den Aschenbecher und ging zurück in die Bar.

Unter den routinierten Blicken des Barkeepers setzte ich mich an die Theke. Brandy! Er zählte die verschiedenen Marken und Sorten auf. Es hörte sich wichtig an. Ich bestellte die zuletzt genannte. Die anderen hatte ich mir sowieso nicht gemerkt. Als das Glas vor mir stand, schaute ich mich um.

Charly saß noch an seinem Platz. Die übrigen Tische waren leer. Auf der Tanzfläche nur noch leise schwingend das ältere Paar. Die anderen beiden waren weg.

Bis auf ein junges Paar, das an der Rezeption vorbei ging, war niemand in der Halle zu sehen. Das Ziehen in meinem Magen war so unspezifisch wie das, was mir durch den Kopf ging.

Ich drehte mich wieder zum Tresen und bat um ´la quenta´. Bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Charly! Er stand nun neben mir. Auch das noch!

"Senor Olten, ich soll sagen, Ihre Frau und Senor Tobias sind noch zu anderem Club. Sollen nicht warten." Der Barkeeper zuckte mit den Schultern und sah mich fragend an. Wartete er auf eine Antwort?

"Ach, Du Scheiße!" Nein, dass habe nicht ich gesagt, sondern Charly. Ich konnte ihm im Stillen nur Recht geben.

"Sind Sie das erste Mal in Puerto Mogan?" Ich wandte mich um und sah eine schlanke, dunkelhaarige Frau vor mir. Ihr Blick pendelte einen Moment lang zwischen Charly und mir hin und her, um dann gelangweilt zu ihrem Handy zu gehen. So, wie sie darauf herumdaddelte schien sie nicht wirklich an einer Antwort interessiert zu sein.

Ich nahm dem Barkeeper die Rechnung aus der Hand, zog die Brieftasche heraus und legte einen Geldschein auf den Tresen.

Charly kam meiner Antwort zu vor. Er stellte sich erst zu und dann zwischen uns. "Mein Kumpel wahrscheinlich, ich schon öfter. Darf ich mich vorstellen, Charly Schüller." Die Frau wandte sich ihm zu. Ich war plötzlich nicht mehr sicher, den richtigen Schein erwischt zu haben. Der Reaktion des Barkeepers nach, war es aber wohl genug und nicht soviel, dass ich auf Rückgeld warten sollte.

"Mein Kumpel, äh, ist etwas schüchtern, kann sich aber selbst vorstellen, nicht wahr?" Er klang wie ein Reiseleiter, der widerwillig auch die weniger interessanten Sehenswürdigkeiten erwähnt.

5 Am nächsten Abend saß ich in einer Bar, die deutlich gemütlicher war. Ihre großen Tische im Innenbereich erinnerten an einen Restaurantbetrieb oder an eine Kneipe mit Stammtischen. Die buschigen Palmen mit den breiten Blättern am Eingang und in den Ecken sorgten ebenso für kanarisches Flair, wie die in dunklem Holz gerahmten Gemälde mit kargen Felsen, blauem Himmel und türkisfarbenem Wasser.

Das Lokal war gut besucht. Die überwiegend einheimischen und männlichen Gäste musterten mich neugierig. Ich hatte das wichtigste schon gesehen, bevor ich hineingegangen war. Die winzige Außenterrasse, auf der man rauchen durfte. Das wollte ich ausgiebig Nutzen und hatte mich daher mit Zigaretten eingedeckt.

Glücklicherweise hielten sich die anderen Gäste im Innenbereich auf. Von dort drangen die Gespräche vor leiser Hintergrundmusik nur gedämpft zu mir durch.

Ich saß an einem kleinen Tisch und ging meiner Lieblingsbeschäftigung nach. Grübelte mich durch meine Gedanken. Das habe ich schon früher mit Hingabe gemacht. Kaum jemand verstand, dass ich mich dabei nicht unwohl fühlte. Es war vertrautes Terrain. Die einsamen ´Nighthawks´, denen das Schicksal übel mitspielte, faszinierten mich. Sie waren etwas besonderes.

Ich fühlte mich auch besonders. Ein Mann, der nur seine Einsamkeit mitgebracht hat. Im Film gab es dann meistens interessante Begegnungen. Dass es in der Realität nicht so war, störte mich nicht. Das Portfolio der Möglichkeiten war sowieso attraktiver als die tatsächlich eintretenden Ereignisse.

Der Verkehr ließ allmählich nach. Das gleichmäßige Rauschen der Reifen auf dem Asphalt gab mir die Ruhe, mich in meinem Kopf herumzutreiben. Das tat ich nun schon seit zwei Stunden. War aber keinem Gedanken begegnet, dem zu folgen es sich gelohnt hätte. Die, die da waren, wollten sich nur im Kreis drehen.

Inzwischen kam nur noch alle paar Minuten ein Auto vorbei. Aufmerksamkeit heischend. Als wollte es mir zeigen, dass ich an einer Straße saß.

Ich sah das leere Glas vor mir. Überlegte, ob ich betrunken war. Szenen der letzten Tage liefen in meinem Kopf ab. Der Wein vermischte sie mit alten Bildern.

Die letzten Tage? Daran wollte ich nicht denken. Ich traute dem Alkohol nicht. Er brachte die Fakten gerne durcheinander, färbte oder filterte sie. Was habe ich wirklich gesehen und gehört? Fiel mir dazu das tatsächlich Erlebte ein oder nur das, was ich dabei gedacht hatte?

"Na, und? Eine andere Erinnerung als Deine eigene hast Du nun mal nicht!", sagte jemand in meinem Kopf und breitete sie vor mir aus.

6 Wir waren seit einer Woche hier auf Gran Canaria und zum wiederholten Mal in Puerto Mogan. Diesmal schlug sich unsere mangelnde Aktivität auf die Stimmung nieder.

Vor allem Lisa war unzufrieden. Obwohl es zum großen Teil an ihr selbst lag. Sie lehnte alle Vorschläge ab, die sie mehr als einen halben Kilometer vom Hotel entfernt hätten. Als gäbe es eine unsichtbare Kette, die das nicht gestattete. So, als müsse sie das Hotel bewachen.

Vor ein paar Tagen war uns dann Tobias über den Weg gelaufen. Er war am Vortag angekommen und wohnte in einem Hotel in der Nähe. Das war nur zwei Blocks entfernt und hatte einen Stern mehr als unsere Unterkunft. Das musste wichtig sein, sonst hätte Lisa es nicht erwähnt.

Ich nahm einen großen Schluck aus dem Glas, stellte es ab und sah mir den schlanken Kelch genauer an. Ach ja! Altvertraute Gesellschaft, die mich nie im Stich gelassen, mir stets geduldig und widerspruchslos zugehört hatte. Was habe ich nicht alles hineingedacht und wieder ausgetrunken. Trinken und Rauchen. Die Unzertrennlichen.

Ich stampfte leise auf. Hatte wohl zu lange verkrampft mit übereinander geschlagenen Beinen gesessen. Jedenfalls war der rechte Fuß eingeschlafen. Die Vorwürfe kannte ich schon. Da war ich mit Lisa einig. Ich bewegte mich zu wenig, rauchte, trank zu viel Kaffee, Wein und Bier. Gute Vorsätze fasste ich nicht. Auf die war ja doch kein Verlass.

Mein Blick ging nach draußen. Es waren nur noch wenige Menschen unterwegs. Eine junge Frau in einem grünen Kleid erinnerte mich an gestern. Sie und Tobias auf der Tanzfläche. Wie oft habe ich sie so angezogen und aufgebrezelt gesehen? In den letzten paar Tagen war sie wahrscheinlich häufiger so elegant und weiblich gekleidet gewesen, als in den letzten zehn Jahren.

Im Innenraum der Bar waren nur noch wenige Gäste. Die Kellner sahen so unauffällig in meine Richtung, dass ich Bescheid wusste. Gleich würde ich der letzte Gast sein und das Personal vom Feierabend abhalten.

Ich trank noch einen Schluck Wein und stellte fest, das sich die Zahl der Straßenlaternen verdoppelt hatte. Jeweils zwei standen eng bei einander.

Es war entspannend, Dinge doppelt zu sehen. Sie waren dann lockerer und nahmen sich nicht so ernst.

Die letzten Tage

7 Wir saßen in einem Cafe an der Promenade mit einem schönen Blick auf das Meer. Es war einigermaßen nett; hanseatisch nett. Die Stimmung war so weit in Ordnung, aber auch nicht mehr. Tobias erzählte, wie es ihm zwischenzeitig ergangen war, holte recht weit aus. Vielleicht kam mir das auch nur so vor. Sie schien kein Problem damit zu haben. Im Gegenteil.

Offenbar hatte sie sich ihre gute Laune für diese zweite Urlaubswoche aufgehoben. Von der schlechten konnte nach der ersten Woche auch kaum noch etwas übrig geblieben sein. So verschwenderisch war sie damit umgegangen.

Vieles, woran sie in letzten Tagen herumgemäkelt hatte, erhielt nun positive Bewertungen. "Das Meer ist einfach toll. Und erst das Wetter. Alle sind hier entspannt und froh, dass sie hier sind."

Im Wesentlichen überließ sie es aber Tobias seine Sicht der Dinge zu erläutern. "Das ist die Nähe zum Äquator, die kann man mit seiner Seele spüren. Weil es warm ist, muss der Mensch nicht so viel denken und handeln."

Auch, wenn mich das nicht überzeugte, verzichtete ich auf einen Kommentar. Lisa war sicher schon dabei, aus dem blühenden Unsinn, den er von sich gab, einen bunten Frühlingsstrauß zu binden.

Ich musste allerdings zugeben, dass er ein guter Erzähler war. Durch seine Worte schienen Menschen, Gegenstände und Orte lebendig zu werden.

Fast eine Stunde lang sagte ich kaum etwas. Mit ihren Blicken aus den Augenwinkeln war ich schon mehr als genug in das Gespräch einbezogen. Nach einer knappen Stunde änderte sich das allerdings.

"Ich finde es echt toll hier!" Tobias schaute mich an. "Vielleicht kaufe ich mir hier ja eine Wohnung. Ich war heute bei diesem Architekturbüro.´Popular´oder wie die heißen. Hattest Du nicht mal etwas mit ´Hausverwaltung´ zu tun?"

"Nicht direkt!", wich ich aus, hatte wenig Lust, über meinen Job zu reden. Aber er ließ nicht locker, schwadronierte über den Wohnungsmarkt in Europa und im Rhein-Ruhrgebiet. Stellte auch immer wieder Fragen zu den Flüchtlingen und dem damit verbundenen Wohnraumbedarf.

Nach ein paar Minuten reichte es mir. "Ich will nicht unhöflich sein, aber wir machen hier Urlaub. Lass uns das Thema wechseln!"

Ihrer Miene nach zu urteilen bedauerte Lisa, dass ihre Blicke mich nicht töten konnten. Wie so oft, wenn sie aufgewühlt war, spielten ihre Finger mit dem Kettchen an ihrem Hals.

Ihr vorgeschobenes Kinn zeigte, dass sie zu einem Entschluss gekommen war. Sie berührte mich kurz an der Schulter. Ich sah sie erstaunt an, doch sie hatte sich bereits wieder abgewandt.

Von nun an schien sie mit Tobias allein an unserem Tisch zu sitzen. Nach einiger Zeit war ich selbst nicht mehr sicher, ob ich noch da war. Also prüfte ich nach, ob ich wirklich hier war und mir das nicht nur einbildete.

Das ist nicht so leicht, wie man vielleicht denkt. Allein kann man das nämlich nicht feststellen. Aber ich habe meine Methoden. "Que hora?", fragte ich einen Mann am Nebentisch. Er antwortete mir. Also war ich wohl da.

Zufrieden ging ich noch mal zur Toilette. Dort ließ ich mir Zeit, obwohl es ziemlich muffig roch. Der Spiegel war so angeschlagen, dass ich mich kaum erkennen konnte.

Die Rückkehr an den Tisch gelang mir ebenso unauffällig, wie vorher mein Verschwinden. Ich schaute mich um. Der Blick auf das Meer wurde nur gelegentlich durch vorbeischlendernde Touristen versperrt. Das muntere Gespräch zwischen Tobias und Lisa vermischte sich in meinen Ohren mit dem leisen Rauschen der Wellen.

So war ich überrascht, als die beiden plötzlich neben dem Tisch standen. Ich hob den Arm, um die Rechnung zu bezahlen.

Tobias lächelte. "Schon erledigt. Du bist eingeladen." "Danke!", habe ich hoffentlich gesagt.

Auf dem Rückweg sprachen die beiden darüber, eventuell gemeinsam einen Tagesausflug mit dem Segelboot zu machen. Lisa schien nichts dagegen zu haben.

Ich war nicht wenig irritiert. Schließlich hatte sie, als Herrin des Hauses Olten, ´Segeln´ bereits vor zehn Jahren zum Tabu-Thema erklärt.

8 In der folgenden Nacht ignorierte sie meine vorsichtigen Annäherungsversuche so gelangweilt, dass ich dabei einschlief.

Kaum wachte ich auf, waren die Gedanken wieder da. Die Begegnung mit Tobias! Seine Anwesenheit würde einiges verändern. Das war leider ein Problem, das sich nicht wie ein Knoten beseitigen ließ. Ein Knoten war mit seiner Lösung ja verschwunden. Nein, es würde schwierig für mich bleiben.

Nach dem Frühstück fragte ich sie. "Wollen wir heute etwas mit Tobias unternehmen?" "Und was sollen wir Deiner Meinung nach machen?" Das klang gereizt.

"Na ja, wir könnten mit dem Segelschiff raus fahren. Mit diesem auf alt gemachten Dreimaster. Die laufen in knapp zwei Stunden aus."

"Mit mir allein ist dir wohl zu langweilig. Und Du weißt genau, dass mir auf dem Boot schlecht wird." Sie blitzte mich an. "Wir haben doch gestern darüber gesprochen. Und da warst Du einverstanden", erinnerte ich.

Sie winkte ab. "So, wie ihr beide mich unter Druck gesetzt habt, war das die reinste Erpressung!"

Ich schlug ihr noch einige Alternativen vor. Eine Wanderung, den Besuch der Ausstellung über die Ureinwohner und eine Shoppingtour in der Inselhauptstadt.

"Was ist eigentlich mit Dir los? Du bist doch sonst nicht so aktiv!" Der amüsierte Ton passte nicht so recht zu ihrer abweisenden Miene. Na ja, er passte zu ihrem Verhalten in der ersten Woche, als sie sich nicht vom Hotel entfernen wollte.

Um eine Eskalation zu vermeiden, verließ ich das Zimmer und machte allein einen kurzen Spaziergang um die Hotelanlage. Hoffte, dass sich ihre Laune bis zu meiner Rückkehr bessern würde.

9 Nach ein paar Minuten fiel mir auf, wie absurd die Schönheit der Anlage inmitten dieser kargen, wüstenähnlichen Landschaft war. Die weißen, gepflegten Gebäude leuchteten in der Sonne. Der Rasen war saftig grün und die kräftigen Palmen wiegten sich entspannt gegen den Wind. Die Pflanzen wurden großzügig bewässert. Die Schläuche des Bewässerungssystems durchzogen die ganze Anlage. Trotz der erkennbaren Versuche, sie zu verstecken, waren sie gut zu sehen. Es war wie auf einer Intensivstation. Als würde ein Patient, der an eine Vielzahl von Schläuchen angeschlossen ist, künstlich ernährt.

Vielleicht musste meine Beziehung mit Lisa auch an den Tropf. Ihre Reaktion auf meine Segelanfrage erschien mir jedenfalls unangemessen aggressiv.

10 Nur eine halbe Stunde war ich unterwegs. Als ich zurück kam, war sie nicht mehr im Zimmer.

Ich legte mich aufs Bett und las in meinem Buch. Erwartete jede Minute ihre Rückkehr. Ihren Zettel entdeckte ich erst, als es zu spät war.

´Wir machen den Törn mit dem alten Segelboot. Gehen jetzt zum Hafen. Lisa´

Ich ahnte, wer mit ´wir´ gemeint war. Bedauerte ich, dass ich den Törn verpasst hatte? Nicht sehr, denn es war nur ein Tagestörn, der nicht für die Hin- und Rückfahrt zu einer anderen Insel ausreichte.

Erst das Anlaufen einer anderen Insel machte den Reiz des Segelns aus. Wasser ist ja meistens schön anzuschauen. Trotzdem war ich immer froh gewesen, wenn ich wieder festen Boden unter den Füssen hatte. War dann ebenso erleichtert, wie der Beduine, der eine Oase in der Wüste erreicht.

Bei meinem Spaziergang an der Promenade blieb ich hin und wieder stehen und schaute aufs Meer. Horchte in mich hinein. "Manchmal ist Wegsein gut fürs Dasein!" Keine Ahnung, woher der Gedanke kam.

Aber ich registrierte erleichtert, dass die beiden auf See waren. Und ich meine Ruhe hatte? Akustisch gesehen. Meine innere Ruhe? Nein, die hätte mir mehr Antworten und weniger Fragen gewünscht.

War ich eifersüchtig? Ich kannte ja die Vergangenheit der beiden. Und diese blöden Sprüche. ´Alte Scheunen brennen am besten!´ oder ´die alten Besen kennen die Ecken!´ Nein, ich war kein neuer Besen und der schicke Tobias keine alte Scheune.

11 Am späten Nachmittag kamen Lisa und Tobias von ihrem Törn zurück. Die beiden waren gutgelaunt und noch ein bisschen braungebrannter als vorher.

Er trug weite Shorts, die seinen behaarten Beinen viel Spielraum ließen und ein buntes Hawaii-Hemd.

Das eigentlich bemerkenswerte war Lisa. Sie hatte neben einem Top mit Spaghetti-Trägern ebenfalls Shorts an, sogar relativ kurze. Ihre kräftigen Schenkel glänzten in der Beleuchtung der Terrasse. Eigentlich bevorzugte sie in unseren Urlauben ja lange Hosen.

Wir gingen zu Dritt in ein spanisches Restaurant. Die beiden unterhielten sich angeregt über den Törn, die Leute an Bord, die Delfine, die sie gesehen hatten. Über alte Zeiten, einige Situationen und Ereignisse, die Sie vor mehr als zehn Jahren erlebten. Zwischendurch bekamen sie heftige Lachanfälle, deren Ursache mir verborgen blieb.

Ich überlegte, ob ich gehen sollte. Wollte aber dann doch nicht unhöflich sein. Also versuchte ich, mich an dem Gespräch zu beteiligen. Dazu musste ich natürlich ihr Thema aufgreifen.

Das war nicht besonders schwer, da ich hier vor ein paar Jahren auf einem Törn mit Heiner in eine größere Gruppe von Walen geraten war.

Ich sprach gar nicht mal so leise, wurde aber mehr oder weniger ignoriert. Sie würdigte mich keines Blickes. Er antwortete knapp, "ach interessant" oder so ähnlich, um sich wieder ihr zuzuwenden.

Eigentlich sollte ich mich ja darüber ärgern, stellte aber fest, dass es gar nicht unangenehm war. Im Gegenteil. Ich war sogar entspannter.

Die beiden auch. Es redete sich eben anders, freier, wenn kein Dritter zuhört. Mussten in einer Gruppe die richtigen Worte noch gesucht werden, flogen sie einem unter vier Augen nur so zu.

Ich hatte nun Gelegenheit, meinen Gedanken nachzuhängen. Die musste ich mir nicht erst machen. Sie waren immer da. Ich hatte sie nur häufig nicht beachtet, wenn äußere Ereignisse mich von ihnen ablenkten.

Seit einiger Zeit drehten sie sich ums älter werden. Genau genommen, um das älter sein. Das Alter? Ich hatte es unterschätzt, sonst hätte es mich nicht so überrumpeln können!

Es zeigte sich zum ersten Mal nicht, wie man vielleicht meinen sollte, beim täglichen Blick in den Spiegel. Nein! Es kam ganz plötzlich auf dem Weg zur Arbeit, der an einigen großen Schaufenstern vorbeiführte.

Ich ging mit den schwungvollen Schritten eines Mannes im besten Alter, der zu einem wichtigen Termin unterwegs war. Diesen Anblick hatte ich auch erwartet, als ich zur Seite in die spiegelnden Schaufensterflächen schaute.

Zunächst konnte ich mich nicht sehen, weil ich durch einen gebeugt und langsam daher schlurfenden alten Mann verdeckt wurde. Ich wartete also darauf, dass er endlich aus dem Bild verschwinden würde. Doch er blieb ebenfalls stehen und starrte mich an, als wollte er mich provozieren. Dann bemerkte ich, dass er genauso irritiert war wie ich.

Wahrscheinlich waren es nur wenige Sekunden. Trotzdem! Eine erstaunlich lange Zeit, um das eigene Spiegelbild zu erkennen.

Von nun an war das Alter da und weigerte sich wieder zu gehen. Erklärte lapidar, dass es sich doch schon vor Jahren angemeldet hätte und dass es nun aufgrund seiner größeren Erfahrung die Führung übernehmen würde.

Es dauerte nicht lange, bis es mein Leben so verändert hatte, dass ich ein wenig die Orientierung verlor. Die berufliche Zukunft hatte ich ja bereits hinter mir. War eigentlich auch seit vielen Jahren mit einer guten Frau zusammen und wollte keine andere mehr.

Angeblich wächst man ja mit seinen Aufgaben, an den Hindernissen, die man überwindet. Aber was war, wenn es keine mehr gab? Oder nur noch lächerlich kleine? Schrumpfte man dann? So sehr, dass das Erreichte nicht mehr galt? Oder führte überhebliche Resignation leichtfertig in Risiken?

Vielleicht! Die Ungereimtheiten in meinem Amt, die nun offenkundig wurden, deuteten darauf hin. Jedenfalls hatten sie das Potential, mich ernsthaft in Schwierigkeiten zu bringen.

War das auch in meiner Ehe mit Lisa so? Eine Beziehung zwischen zwei Menschen erreichte bekanntlich mit der Heirat ihren Höhepunkt. Die Hochzeit! Und dann? Klingt nicht in dem Wort ´Ehemann´ bereits der ´ehemalige Mann´ mit?

Mein nüchterner Optimismus wagte sich vorsichtig zurück. Vielleicht sah ich das Ganze viel zu negativ. Wenn man tatsächlich mit seinen Aufgaben wächst, war doch eigentlich alles bestens. Zur Zeit konnte ich ja nicht ernsthaft über einen Mangel an Problemen klagen.

12 Tobias und Lisa waren noch in ihr Gespräch vertieft. Ich nutzte die Gelegenheit, um zur Toilette zu gehen. Als ich am Waschbecken vorbeiging, huschte im Spiegel nur ein vager Schatten vorbei. Erst als ich mich vor den Spiegel stellte, mich konzentrierte und näher heranging, erkannte ich die blassen Züge meines Gesichtes.

Nachdenklich ging ich zu unserem Tisch zurück. Niemand hatte meine Abwesenheit bemerkt. Ihre laute Stimmung dauerte an. Inwieweit meine Laune Einfluss auf die Akustik hat und die Geräusche verzerrt, habe ich noch nicht herausgefunden. Aber das Gelächter der beiden hallte unangenehm in meinen Ohren.

Unter dem Vorwand, müde zu sein, ließ ich die beiden allein. Ihrem Verhalten nach zu urteilen, hatten sie meine Abmeldung nicht mitbekommen. Vielleicht funktionierten die Ohren ja nicht so gut, wenn man lachte.

Ich ging zurück zum Hotel. Dort nutzte ich die Gelegenheit. Umfassend beraten durch den Barkeeper lernte ich einige dieser hervorragenden spanischen Brandy-Sorten kennen.

13 Am nächsten Tag wusste ich nicht mehr, wie ich ins Bett gekommen war. Ich wachte erst um die Mittagszeit auf. Das Bett neben mir war benutzt worden, aber leer. Dort lag wieder ein Zettel.

´Wir sind wandern. Du bist ja wohl zu betrunken, um mitzukommen. Lisa.´

Ich war weder überrascht, noch enttäuscht. Sie hatte recht. Ich war immer noch angeschlagen. Immerhin hatte ich nun fast den ganzen Tag Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen.

Die beiden kehrten dann auch erst am späten Nachmittag wieder zurück. Als Lisa in unserem Zimmer erschien, fragte ich sie, ob wir nicht tanzen gehen sollten. Ich hatte nämlich ein nettes Tanzlokal entdeckt, das ganz in der Nähe war.

Die Antwort, die ich von ihr erhielt, machte mich für einen Augenblick sprachlos. "Von mir aus. Aber lass uns hier im Hotel bleiben."

Wir gingen den kurzen Weg herunter in die Bar, die fast leer war. Sie nahm an einem Tisch direkt an der Tanzfläche Platz. Ich setzte mich zu ihr. Unser Bemühen ein wenig small talk zustande zu bringen, war nicht besonders erfolgreich. Sie stellte mir einige Fragen zu meinem Job. Hmh? Das hatte sie lange nicht mehr gemacht! Ich war dann auch höflich und wollte wissen, wie ihre Wanderung gewesen war.

Noch wurde leise Hintergrundmusik gespielt. Wir wussten, dass sich das, wie jeden Abend, gleich ändern würde. Richtig. Einen Moment später setzte die Musik ein. Gute alte Disco-Songs.

Na also! Wie bestellt. Sie tippte mir kurz auf die Schulter. Wollte sie nun tanzen? Ich forderte sie auf!

Die Hand in ihre Richtung ausgestreckt, bemerkte ich die Veränderung in ihren Augen. Hatte sie mich vorher direkt angesehen, ging ihr Blick nun an mir vorbei.

Als ich mich umdrehte, sah ich es auch. Tobias stand bereits vor unserem Tisch und zog sie auf die Tanzfläche.

Eine halbe Stunde später setzte sich Charly zu mir.

Nachdenken

14 Auf dem Rückflug dachte ich nach. Und am Gepäckband. Während der Taxifahrt vom Flughafen nach Hause auch. Erst recht zu Hause. Das war viel Zeit gewesen. Und dann schlief ich auch noch schlecht. Am nächsten Morgen setzte ich mich in den Zug nach Düsseldorf.

Als ich ankam, stellte ich fest, dass es noch zu früh war. Ihr Flugzeug konnte gerade erst gelandet sein. Den Zeitpunkt kannte ich. Es sollte ja ursprünglich auch mein Flug sein.

Vom Flughafen wollte ich sie nicht abholen. Tobias würde bei ihr sein. Der war sicher auf meinem Ticket geflogen. Das hätte zu der Inszenierung gepasst. Die beiden abzuholen, wäre sinnlos gewesen. In seiner Gegenwart, noch dazu bei der Masse Menschen, hätte sie mich zu leicht übersehen können.

Nein, ich musste sie treffen, um mit ihr zu reden. Allein und in ihrem Appartement wäre ein offenes Gespräch vielleicht möglich.

Ich machte mich auf den Weg zu ihr. Ging langsam und gebeugt, als schleppte ich schwere Gedanken hinter mir her. Der Spaziergang durch Derendorf weckte Erinnerungen. Die meisten hatten nichts mit Lisa zu tun. Es war die Zeit der Suche gewesen. Die Zeit der Begegnungen mit Menschen, die ebenfalls suchten. Mit einigen hatte ich für eine Weile innegehalten. Unsicher! Fragend! War das, was wir gefunden hatten, auch wirklich was wir suchten? Da wir nicht wussten, was wir suchten, gingen wir weiter. Als ich Lisa begegnet war, hatte ich meinen Weg beendet.

Inzwischen war ich beim Haus angekommen, in dem ihr Appartement lag. Ich ging ohne zu stocken vorbei. Es war noch zu früh. Wahrscheinlich war sie erst vor kurzem angekommen. Falls sie überhaupt schon da war.

Eine dunkle Limousine mit niederländischem Kennzeichen stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die kleine, silberne Figur des Raubtiers auf der Kühlerhaube schien auf dem Sprung zu sein. Die zwei Männer, die im Auto saßen, irgendwie auch. Sie waren nur undeutlich durch die spiegelnden Scheiben zu erkennen. Warteten sie auf jemanden oder auf etwas?

Jedenfalls machten sie keine Anstalten auszusteigen. Obwohl sich ihre Köpfe in meine Richtung wandten, konnte ich die Gesichter nicht erkennen. Beobachteten sie mich? Oder Lisas Haus? Vielleicht bildete ich mir das nur ein.

Kaum hatte ich das Auto passiert, schienen sie nicht mehr an mir interessiert zu sein. Der Blick, den ich zurück warf, zeigte es. Sie unterhielten sich und beachteten mich nicht weiter.

Zehn Minuten später war meine Runde um den Block beendet und ich ging wieder auf ihr Haus zu. Der Wagen mit dem gelben Nummernschild war noch da. Für die beiden Insassen schien ich nun eine Attraktion zu sein. Sie ließen mich nicht aus den Augen. Dass sie dabei so taten, als würden sie Zeitung lesen, war weniger Tarnung, als ein kaum übersehbarer Hinweis. Warum sollten zwei Männer nebeneinander im Auto sitzen und Zeitung lesen? Besonders geschickt stellten die sich jedenfalls nicht an.

Ich verlangsamte meine Schritte. Behielt die Männer im Auge. Sie redeten und gestikulierten. Der eine wollte aussteigen, der andere hielt ihn davon ab.

Meine Beine bewegten sich schneller und trugen mich wieder an Lisas Wohnung vorbei. Ich sah nach dem Auto. Der Blick der beiden Männer war wieder auf das Haus gerichtet.

Nachdenklich drehte ich noch eine Runde um den Block. Beschloss beim nächsten Mal ins Haus zu gehen und mich von den beiden Typen nicht mehr davon abhalten zu lassen.

Als ich erneut in ihre Straße einbog, sah ich auf die Uhr. Gut zwei Stunden waren seit der Landung vergangen. Das sollte reichen. Noch dreißig Meter. In diesem Augenblick erkannte ich, dass es zu spät war.

Tobias! Er stand nur noch ein paar Schritte von der Haustür entfernt. Er ging ein wenig gebeugt, als wolle er nicht gesehen werden. Sein Blick streifte an den Hauswänden entlang, suchte etwas neben den Eingängen. Die Hausnummer? Dann war er bisher noch nicht in Lisas Wohnung gewesen. Nun stand er davor.

Ich schob mich in einen Hauseingang. Wollte weder von ihm noch von den beiden Männern im Auto gesehen werden. Er schaute sich um. Nervös, als würde er verfolgt warf er noch einen Blick auf den Wagen und klingelte. Ging hinein. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.

Der Motor der Limousine wurde gestartet. Langsam rollte der Wagen an, wurde schneller, bog an der nächsten Kreuzung ab und verschwand.

Was nun? Sollte ich warten bis Tobias wieder heraus kam? Vielleicht brachte er nur etwas, das sie vergessen hatte.

Trotzdem. Sie ließ eigentlich niemanden in ihre Wohnung. In ihre Höhle! Vielleicht haben sie etwas dringendes zu besprechen, dachte ich eine halbe Stunde später. Überlegte, warum er bei ihr war. Ich wollte ja auch mit ihr reden. Warum war ich nicht hineingegangen? Wegen der zwei Typen im Auto? Oder aus einem anderen Grund?

Ich hielt mich nur ungern in ihren kleine Bude auf, die so eng war, dass ich mich eingemauert fühlte. Wie im Kerker einer alten Festung. Deshalb gingen wir meistens aus, wenn ich in Düsseldorf war. Na ja, das war selten genug gewesen.

15 Das Motorengeräusch eines Autos näherte sich. Ich stellte mich wieder in einen Hauseingang. Schaute auf die Straße. Der Wagen war nur wenige Meter von mir entfernt. Fuhr im Schritttempo. Ja, das gelbe Nummernschild! Die Männer im Auto schauten wieder auf Lisas Haus. Sie wurden schneller und verschwanden erneut um die Ecke.

Ich trat auf den Bürgersteig. Ging auf ihr Haus zu. Zögerte. Blieb stehen. Tobias war nun schon über eine Stunde bei ihr. Es sah nicht so aus, als würde er bald wieder heraus kommen. Die Wand ihres Hauses starrte mich feindselig an.

Machte es Sinn, noch länger zu warten? Das im Urlaub war wohl doch keine Inszenierung gewesen. Die Vorzeichen für ein Gespräch hatten sich verändert. Zumindest für heute. Ich drehte mich um und nahm den Weg zum S-Bahnhof.

Nachdenklich betrachtete ich im Vorbeigehen die Läden und Kneipen. Vieles hatte sich kaum verändert. Trotzdem sah es anders aus. Ein wenig heruntergekommen. Schmuddeliger. Damals war es mir bedeutsamer vorgekommen.

Im Schaufenster sah ich einen Mann, der in meine Richtung schaute. Habe ich den nicht vor fünf und vor zehn Minuten schon einmal gesehen? Wollte der auch zum S-Bahnhof? Warum blieb er zur gleichen Zeit, wie ich stehen? Um an dem Handy ´herumzufummeln´, dass er dicht vor seinem Gesicht in die Höhe hielt?

Als ich mich zu ihm umdrehte, sah der Typ woanders hin. Er kam mir bekannt vor. Oder erinnerte mich an etwas. Es fiel mir nicht ein. Ich machte ein paar Schritte auf ihn zu. Das reichte. Der Mann drehte sich um und ging in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Wahrscheinlich bildete ich mir das nur ein. Aber für einen Moment glaubte ich, dem Mann bereits im Urlaub begegnet zu sein.

Während ich meinen Weg fortsetzte, schweiften meine Gedanken ab. Wieder mal zum Amt. Ich war wenig begeistert davon, dass wir seit einiger Zeit andere Behörden bei der Ausschreibung und Vergabe von Leistungen unterstützen mussten. Das Kompetenzgerangel war vorprogrammiert. Jeder wollte alles selbst entscheiden, delegierte aber großzügig die auftretenden Probleme. Meistens an uns.

Als Tobias das Architekturbüro ´Popular´ erwähnt hatte, fiel mir das Schreiben meines Amtes an diese spanische Firma mit limitierter Haftung ein. Ich wusste nur noch, dass es um Immobilien gegangen war. Wenn die Hausjuristen mir so etwas zur Unterschrift vorlegten, dann nur aus zwei Gründen. Erstens gab es Ärger und zweitens war noch kein Bevollmächtigter benannt. Mit dem Schreiben oder kurze Zeit später stellte ich dann stets eine Vollmacht für einen Juristen meines Hauses für das Gericht aus. Ich konnte mich aber nicht daran erinnern, das getan zu haben.

Wenig optimistisch hatte ich den Hotelmanager gefragt, ob ihm diese GmbH bekannt wäre. Er hatte mich wohl nicht richtig verstanden, denn er verwies mich an eine der Rezeptionistinnen.

Das stellte sich als glückliche Fügung heraus. Die Dame war nämlich sehr kooperativ gewesen. Sie erzählte mir von einem Anruf dieser S.L., die wissen wollte, ob ich in ihrem Hotel wohnen würde.

Sie hatte schon mal mit dieser Firma zu tun gehabt. Unangenehme Typen, denen man besser aus dem Wege ging. Natürlich hätte sie denen keine Auskunft gegeben.

Ich gab ihr zweihundert Euro und das Versprechen, jeden Betrag, den man ihr bieten würde, zu verdoppeln.

´Wer sie daran hindern sollte, von beiden Seiten zu kassieren´, hatte sie gegrinst. Die Frau gefiel mir. Sie schien sich sogar für Statistik zu interessieren. Das war, als ich ihr erklärte, dass die Lebenserwartung von Zeugen bei Kapitaldelikten erfahrungsgemäß geringer sei, als für den Durchschnitt der Bevölkerung.

Na ja. Sie hatte Lisa offenbar nichts verraten. Hoffentlich auch nichts von unserem Deal. ´Dein Verfolgungswahn sieht wieder mal Gespenster!´, oder so ähnlich wäre wohl ihr Kommentar gewesen. Wahrscheinlich hätte sie recht damit gehabt.

Carmen hatte wohl Wort gehalten! Hhm? Es gab leider nur die Theorie der relativen Preise, nicht die des Werts der Worte! Seit der Erfindung des Geldes mussten ja nicht mehr Güter gegeneinander getauscht werden.

Es stellte sich nicht mehr Frage, wie viel Getreide oder wie viele Schweine so viel galten wie eine Kuh. Dagegen musste der Wert einer Zusage oder eines Versprechens immer noch in jedem einzelnen Fall eingeschätzt werden. Meistens wurden sogar Worte getauscht und gewechselt, ohne dass man ihren Wert kannte!

Es wurde Zeit. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich mich beeilen musste. Die S-Bahnen fuhren um diese Zeit nicht mehr so oft. Und der nächste Zug nach Hannover fuhr in einer halben Stunde. Wenn ich den verpasste, musste ich zwei Stunden warten. Auf den Zug mit meiner Sitzplatzreservierung.

16 Ich hatte Glück. Gut vier Stunden später war ich zu Hause. War müde, aber so unruhig, dass ich nicht schlafen konnte.

Was bedeutete das Auto vor Lisas Haus? Es war ein großes, teures Auto, wie es nur Leute mit Geld oder Kriminelle fuhren. Statussymbol! Was machten Leute mit Geld in dieser Gegend. Es war kein sozialer Brennpunkt, aber Spitzenverdiener wohnten hier auch nicht. Also doch Kriminelle?

Warum standen sie vor diesem Haus? Wegen Lisa? Woher wussten sie, dass sie hier war? Sie hielt sich doch meistens in Hannover auf.

Tobias war ja auch hier. Das holländische Kennzeichen? Er lebte ja in den Niederlanden. Der Wagen fuhr weg, nach dem er das Haus betreten hatte. Wollten sie das nur kontrollieren?

Vielleicht habe ich mir den Mann ja doch nicht eingebildet. Aber aus welchem Grund sollte er mir gefolgt sein? Was hätte er denn schon erfahren? Nur, dass ich nicht mit Lisa gesprochen hatte, weil mir jemand zuvor gekommen war!

Scheunenfest 2003

17 "Den Gregor kenne ich schon seit Ewigkeiten. Der wohnt nur ein paar Häuser von meinen Eltern entfernt." Lisa war regelrecht aus dem Häuschen. Ich überlegte, ob ich etwas sagen sollte, entschied mich aber dagegen.

"Es war, als ob wir erst gestern zuletzt miteinander gesprochen hätten. Da bei ist es Monate her." Sie lachte mich an. "Na klar! Sonst hättet ihr ja nicht so lange telefoniert."

Ich beobachtete vorsichtig ihre Reaktion. Sie nickte und berichtete mir dann ausführlich. Von Gregors abenteuerlich verschlungenen beruflichen Wege, bei denen auch schon mal die Grenze der Legalität geschrammt wurde. Und von der Kreativität, mit der er seine miese Ehe durch mehr oder weniger skurrile Affären erträglich machte. Wenn Gregor ihr davon erzählt hätte, wäre sie oft aus dem Lachen gar nicht herausgekommen. So, als wäre die gemeinsame Zeit und ihre jugendliche Lebensfreude wieder da gewesen.

"Es freut mich wirklich, dass er sich wieder gemeldet hat." Sie strahlte übers ganze Gesicht. Ich versuchte auch zu lächeln. Gar nicht so einfach.

"Was hältst Du von ihm?", fragte sie erwartungsvoll. "Ich kenne ihn doch gar nicht!", versuchte ich dem drohenden Ärger zu entgehen. Doch das ließ sie nicht gelten. "Ich habe Dir doch von ihm erzählt. Also?"

Wenn ich nur besser lügen könnte, dachte ich noch. Dann hörte ich mich sagen. "Bestimmt ein interessanter Typ."

Sie wartete darauf, dass ich fortfuhr. "Das sind ja die gebrochenen Charaktere oft." Ihr Lächeln verschwand. "Was meinst Du damit?" "Na ja,, er betrügt seine Frau und macht krumme Geschäfte. Klingt nicht nach Siegertyp."

"Du kennst ihn doch gar nicht. Wie kannst Du so über ihn reden?", zischte sie aufgebracht. "Habe ich doch gesagt, dass ich ihn nicht kenne. Ich weiß doch nur, was Du mir erzählt hast." "So habe ich es aber nicht gesagt!" Ihr Gesicht war ein einziger Vorwurf. Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte ich auch dazu sagen?

Zögernd kam sie auf den Anlass ihrer Frage zu sprechen. "Gregor hat mich gefragt, ob ich nicht zum Scheunenfest kommen will. Da waren wir früher oft." Mich beschlich eine böse Vorahnung. "Ich habe ihm gesagt, das ich darüber nach denke. Eigentlich habe ich ja keine Lust. Aus dem Alter bin ich langsam raus!", grübelte sie laut.

Das ´Eigentlich´ machte mir Sorgen. Zu Recht. "Aber ich habe es mir anders überlegt. Wir gehen hin und Du kannst ihn endlich kennenlernen."

Ich zögerte. "Weiß der eigentlich von uns?" Die Frage schien nicht so leicht zu beantworten zu sein. Sie schaute mich für einen Moment erstaunt an. Diesen Moment kannte ich. Er war einer dieser Augenblicke mit einem inneren Vorzeichen. Und ich ahnte, was kommen würde.

Ihre widerwillige Antwort streifte meine Frage nur ganz knapp. "Natürlich habe ich erzählt, dass ich mit Dir Segeln war. Und dass ich, falls ich käme, vielleicht jemanden mitbringen würde."

Ich war nicht sicher, ob dieser ´jemand´, mit dem sie mal segeln war, mich störte oder hoffen ließ, dass mit diesem ´jemand´ nicht ich gemeint war. Meine Lust zu diesem Scheunenfest ´mitgebracht´ zu werden hielt sich jedenfalls in Grenzen.

"Er hat mich so gebeten. Und er würde sich auch freuen, wenn ich nicht alleine käme." Sie lächelte wieder. "Meine Eltern wohnen nur ein paar Meter von der Scheune entfernt." Ihren Blick wusste ich nicht zu deuten. Aber damit war wohl klar, dass ich mit ihr fahren würde.

18 Ich saß in ihrem Auto und sah die flache, grüne Landschaft gleichförmig vorbei ziehen. Nur einzelne und kleine Gruppen von Bäumen zeigten, dass wir vorwärts kamen. Uns dem Ziel näherten.

Sie nahm mich also zum ersten Mal mit zu ihren Eltern. Die wohnten außerhalb auf einem Dorf. In Tönisvorst, westlich von Krefeld. Ein Signal, dass sie es ernst meinte? Als habe sie meine Gedanken gelesen, sagte sie: "Wir schauen nur kurz vorbei und gehen dann zur Scheune. Wenn wir zurückkommen schlafen die längst." Es hörte sich so an, als bedauere sie schon, mich mitgenommen zu haben.

Wir hielten direkt vor ihrem Elternhaus. Mit gemischten Gefühlen sah ich, dass die beiden schon vor der Tür standen. Lisas Mutter war eine attraktive Frau, nur wenig älter als ich. Ihr Vater ein untersetzter, bärbeißiger Typ um die 60.

"Das ist Willy!", sagte Lisa ohne nachzuschauen, ob ich auch schon ausgestiegen war, "und das sind meine Eltern, Annegret und Eckart." Ich schüttelte zuerst ihrer Mutter und dann ihrem Vater die Hand. "Angenehm!" Er. "Schön Sie endlich kennen zu lernen!" Sie. "Ganz meinerseits!" Ich. "Kommt doch erst mal mit rein!", lächelte Annegret und zeigte auf die geöffnete Haustür.

Lisa blickte ungeduldig auf ihre Uhr. "Wir sind schon spät dran. Wir sehen uns ja noch morgen früh." Das hörte sich an, als hätten wir noch einen dringenden Termin. Hmh? Zwanzig Uhr war für den Besuch einer großen, öffentlichen Party eigentlich nicht besonders spät.

Nach dieser kurzen Vorstellung gingen wir los in Richtung Scheune. Das war nur eine Viertelstunde Fußweg. Unterwegs hielt ich ihre Hand. Ich spürte eine gewisse Unruhe, auch bei ihr. Hier kannte sie wahrscheinlich viele Leute. Die würde ich nun kennenlernen. Und die mich.

Die riesige Halle war unübersichtlich. Sicher an die tausend Leute waren da. Die meisten saßen auf Bänken an langen Tischen. Nur wenige Plätze waren frei. Die Tanzfläche wirkte leer. Nur ein Dutzend Frauen und Männer standen oder tanzten auf der großen Fläche vor der Bühne. Auf der spielte eine relativ zivilisierte Band bekannte Disco-Songs.

Wir blieben stehen und sahen uns um. Meine Hand hatte sie bereits losgelassen, bevor wir in die Halle gingen. Als wolle sie mich trösten, legte sie kurz ihre Hand auf meine Schulter.

Ich schaute mich weiter um, drehte mich einmal um die eigene Achse. Es war tatsächlich eine große, nur schwach beleuchtete Scheune oder Reithalle. Sie war für das Fest mit geringen Mitteln provisorisch, aber nett hergerichtet worden. Wäre die Halle nicht so hoch, dann hätte es beinahe gemütlich sein können.

Überall standen oder saßen Menschen, die sich angeregt unterhielten. Die Gespräche bestanden meist aus wenigen Worten, die mit der lauten Musik konkurrieren mussten und daher durch energische Gesten unterstrichen wurden. Wären die lachenden Gesichter nicht gewesen, hätte man den Eindruck gehabt, jeder sei mit seinem Gegenüber in Streit geraten und würde ihn anbrüllen.

Einige trugen so eine Art Tracht, wie sie eher in Bayern als am Niederrhein zu erwarten war. An den Bierständen drängten sich Leute, die nicht auf die Bedienung warten wollten. Die Kellnerinnen und Kellner mit ihren langen Lederschürzen schienen sich auch nur gelegentlich für die Gäste zu interessieren. So saßen auch viele vor leeren Gläsern.

Die mit den Schürzen standen meist zu zweit oder dritt zusammen. Ihre Tabletts mit leeren oder vollen Gläsern hielten sie über ihren Köpfen oder hatten sie auf einem Tisch abgestellt. Auch auf der Tanzfläche hatten einige einen Zwischenstopp eingelegt und tanzten so gut es mit den Tabletts möglich war. Tablett-Dance, dachte ich amüsiert.

Der Eingangsbereich und die Wände waren mit bunten Girlanden, Luftballons und Plakaten geschmückt. Es erinnerte in der dämmerigen Beleuchtung ein wenig an die bunten Bilder von Erstklässlern.

19 Als ich den Rundblick beendet hatte, stand Lisa nicht mehr neben mir. Na ja. Sie würde bestimmt in wenigen Sekunden wieder auftauchen. Sicher hatte sie jemanden bemerkt, den sie kannte und war dort hin gegangen.

Es dauerte dann doch etwas länger. Nach einigen Minuten blickte ich mich systematischer und gründlicher um. Ich war stehen geblieben. Daran hielt ich mich meistens. Wenn man sich verloren hatte, am Ort bleiben, wo man zuletzt gewesen war.

Es war in der Halle mit den vielen Menschen nicht so leicht, jemanden zu finden. Am besten konnte ich noch die Tanzfläche einsehen, da sie nur wenig gefüllt war. Dort war sie aber nicht.

Ich stand noch in der Nähe des Eingangs. Kein so guter Platz. Hier stand ich im Weg. Es war ein einziges Kommen und Gehen. Hin zu den Tischen, wo die Freunde saßen, oder raus vor die Tür, um eine zu Rauchen oder durchzulüften.

Alles um mich herum war in Bewegung, nur die Zeit schien stillzustehen. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass tatsächlich auch die Zeit weitergegangen war. Wenn auch nur eine Viertelstunde! Den kleinen Ärger, der sich anmeldete, konnte ich beruhigen. Das war vielleicht nicht mal mein eigener. Vielleicht gehörte er den anderen, denen ich im Wege stand. Einige sahen mich nicht gerade freundlich an. Die meisten waren aber gut gelaunt.

Lisa kannte hier vermutlich viele Leute. Ein paar Worte hier und ein paar Worte da, konnten sich eben leicht zu einem ausgewachsenen Gespräch summieren. Ich bedauerte, dass meine Uhr keine Leuchtziffern mehr hatte, wie früher. In dem schummrigen Licht war die Zeit nur schwer abzulesen.

Weitere zwanzig Minuten später meldete sich der Ärger erneut. Das war wohl meiner. Er klopfte energisch durch meinen Gedanken. Ich schickte ihn noch einmal weg. Wusste aber, das er sich nicht weit entfernen würde. Dazu kannte ich ihn zu gut. Mit ihm würde ich schon fertig. Falls er nicht seinen großen, wütenden Bruder mit brachte.

Dann sah ich sie! An einer Stelle, auf die ich bereits mehrfach geschaut hatte. Auf der Tanzfläche direkt vor der Bühne. Sie tanzte.

Erleichtert machte ich einige Schritte in ihre Richtung, stoppte aber dann. Sie tanzte nicht allein. Ein großer, recht fleischiger Typ mit dunklen Locken stand vor ihr und tat mit kleinen Bewegungen so, als bewege er sich zur Musik. Er hatte seine lange Lederschürze nach hinten gedreht. Vermutlich, um besser tanzen zu können. Er rührte sich aber kaum von der Stelle.

Sie tanzte dagegen wirklich. Gab alles, ließ ihr Becken kreisen, wackelte mit dem Hintern, ließ ihren Busen aufreizend schwingen. Den Gedanken an die Klanginstrumente am Hals größerer Grasfresser im Voralpenland verbannte ich aus meinem Kopf.