Meine Zeit, Meine Bilder, Meine Träume - Gerhard Kühn - E-Book

Meine Zeit, Meine Bilder, Meine Träume E-Book

Gerhard Kühn

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Beschreibung

Gerhard Kühn wurde als Sohn baltendeutscher Eltern 1935 in Libau in Lettland geboren. Heute kann er mit seinen 85 Jahren auf ein ereignisreiches Leben zurückschauen. Der 2. Weltkrieg, die Zwangsumsiedlung von Lettland nach Polen, die Flucht aus Polen ins „Deutsche Reich“, seine Jahre in der DDR und die Flucht in die Bundesrepublik waren prägende Ereignisse und bleibende Erinnerungen. Im Rentenalter hatte er nun das Bedürfnis diese Zeit sowie sein weiteres Leben für seine Nachkommen und als zeitgeschichtliche Dokumente festzuhalten. Ergänzend kam der Wunsch hinzu, der Nachwelt die Werke aus seinem 2. Leben, dem als malender Künstler, zu zeigen. So ist der größte Teil dieses Buches seinen Bildern gewidmet. Seinen Stil nennt Gerhard Kühn „letters-art“, denn in allen Bildern sind Buchstaben, Worte oder Zahlen seine Motive. Er war und ist ein fleißiger Maler, ein eifriger Kleber, denn seine Werke sind vorwiegend Collagen. In den vergangenen 20 Jahren sind weit über 1000 Bilder entstanden. Wenige wurden verkauft, denn ein Großteil der Arbeiten sind dokumentarische Gegenwartskunst. Sie eignen sich nicht für das Wohnzimmer, denn Titel wie Flüchtlingswelle, Energiewende, Euro-Krise, Dieseldrama, Gold, Geld, Kapital, Corona-Krise schmücken nicht die gute Stube. Gerhard Kühn träumt und hofft auf Sammler, Galerien und Museen, die ihn für Ausstellungen entdecken. Ca. 130 Bilder sind in diesem Buch abgebildet.

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Meine Zeit, Meine Bilder, Meine Träume

1. Auflage, erschienen 11-2020

Umschlaggestaltung: Romeon Verlag

Text: Gerhard Kühn

Fotos: Gerhard Kühn

Layout: Romeon Verlag

ISBN (E-Book): 978-3-96229-855-5

www.romeon-verlag.de

Copyright © Romeon Verlag, Kaarst

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Gerhard

Kühn

Meine Zeit

Meine Bilder

Meine Träume

GK seit 1935

Mit 85 Jahren ist bald Schluss. So würde Udo Jürgens heute singen. Ich bin keine 66 mehr, habe aber nun, mit fast 86 Jahren, den Wunsch, mein langes Leben, meine ereignisreiche Zeit, meine vielen Bilder und meine großen Träume in einem Buch in Wort und Bild zu dokumentieren.

Was bleibt von mir? Es bleibt meine Familie: meine Frau, 2 Söhne, 5 Enkel. Das Leben ist fast gelebt, die Zeit ist fast vorüber, es bleiben meine über 1000 Bilder. Einige davon möchte ich in diesem Buch festhalten und zeigen. Mein langes berufliches Tun in der Werbebranche ist jetzt Staub und Asche. Ich habe kein Haus, keine Brücke gebaut, keinen Baum gepflanzt, keine große Firma gegründet, keinen Bestseller geschrieben.

Am 7. Januar 1935 wurde ich als Sohn deutscher Eltern in Libau / Lettland geboren. Die Hafenstadt an der Ostsee hatte damals ca. 100 000 Einwohner. Zu dieser Zeit, von 1918 bis 1939, war Lettland eine unabhängige parlamentarische Republik mit der Hauptstadt Riga. Die ersten Deutschen kamen Ende des 12. Jahrhunderts nach Lettland und Estland. Meine Vorfahren, das haben Familienforscher ausfindig gemacht, stammten aus Thüringen. Ein Ludwig Leonhard Kühn, geboren 1793 in Jena, wanderte um 1820 nach Riga aus. Die Deutschen waren eine Minderheit, gehörten aber zur Oberschicht und hatten großen Einfluss auf das kulturelle und politische Leben. Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Einfluss der großen Sowjetunion auf die drei kleinen Baltenländer immer stärker.

Die dort lebenden Deutschen beobachteten die Entwicklung in Berlin und im „Deutschen Reich“ mit großer Sorge. Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler durch Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Unter dem „Führer“ und der NSDAP begann die schwärzeste Zeit der deutschen Geschichte. Am 9. März 1933 wurde in ganz Deutschland die organisierte Verfolgung der Juden eingeleitet. Ca. 6,3 Millionen europäische Juden verloren ihr Leben. Später erreichte die Judenverfolgung auch die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen.

Ich hatte drei Geschwister. Meine Eltern bearbeiteten ein kleines landwirtschaftliches Gut, 3 Kilometer von Libau entfernt, das den Großeltern mütterlicherseits gehörte. Der Großvater wohnte ca. 500 Meter von den landwirtschaftlichen Gebäuden in einer Villa (siehe Foto), er konnte den „Duft“ der Stallungen nicht ertragen. Von seinen Büros in Riga und Moskau betrieb er einen Weinhandel. Die geschäftlichen Verbindungen nach Portugal brachten ihm einen Konsul-Titel ein. Er machte Reisen nach Frankreich und in die Schweiz. Den Nachkommen meines Urgroßvaters gehörten eine Druckerei und der Verlag der deutschen Zeitung in Libau. An diese Zeit bei Libau, ich war 2-3 Jahre alt, kann ich mich kaum erinnern.

Ein Großereignis erschütterte die Deutschen in Estland und Lettland. Der Hitler-Stalin-Pakt, auch deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt genannt, wurde von den Außenministern Ribbentrop und Molotow am 23. August 1939 in Moskau unterzeichnet. Er erklärte Ostpolen, Finnland, Estland, Lettland und Litauen zur sowjetischen Interessensphäre, Westpolen und Teile Litauens zur deutschen. Das hieß nichts Gutes für die Deutschen in Lettland und Estland.

Es folgten ereignisreiche Wochen. Am 1. September besetzte die deutsche Wehrmacht den größten Teil Polens. Das war der Beginn des 2. Weltkrieges. Hitlers Propaganda sprach vom „Lebensraum im Osten“. Im Vertrag und mit geheimen Absprachen mit den Sowjets wurde die Aussiedlung großer Teile der polnischen Bevölkerung aus dem an Deutschland grenzenden Westpolen nach Ostpolen festgeschrieben. In dem freigewordenen, besetzten „Lebensraum“ wollte die deutsche Administration nun einen Teil der ca. 78 000 Baltendeutschen aus Lettland und Estland ansiedeln. Die politischen Geschehnisse waren beunruhigend.

Gewaltige Veränderungen erwarteten uns. Beängstigende Nachrichten aus Berlin und Gerüchte sorgten für Aufregung. Nach dem Ende des Blitzkrieges gegen Polen, am 28. September 1939, begann die Umsiedlung. Es hieß, wir würden mit einem Frachtschiff über die Ostsee ins „Reich“ transportiert werden. Die Umsiedler saßen auf gepackten Koffern, verkauften oder verschenkten Hab und Gut und warteten auf den Aufbruch in eine ungewisse Zukunft.

Dann, am 8. November 1939, wurde uns mitgeteilt, dass in 2 Tagen unser Schiff den Hafen von Libau verlässt. Das Unglaubliche wurde nun bittere Wahrheit.

Wir nahmen Abschied von den Zurückbleibenden, von unserem Hund Moppel und von den Großeltern, die einen Möbeltransport mit der Bahn organisiert hatten. Vor der Abreise mussten meine Eltern noch einige Formalitäten erledigen. Sie unterschrieben ein Papier, dass sie ab sofort aus dem lettischen Staatsverbund ausscheiden und somit die lettische Staatsbürgerschaft verlieren. Das Schiff war ein Bananenfrachter und beeindruckte uns Kinder sehr (siehe Foto). In den großen zweistöckigen Räumen fanden einige hundert Personen und ihr Gepäck Platz. Wir richteten uns auf den Strohsäcken so einigermaßen ein. Als die Abfahrtssignale verklungen waren und das Schiff ablegte, begann die Schiffskapelle „Nun ade, du mein lieb Heimatland“ zu spielen. Die Silhouette von Libau verschwand langsam im grauen November-Nebel.

Meine Großeltern mit meiner Mutter, 1907

Das Haus meiner Großeltern in Donnerhof, 3 Km von Libau, erbaut 1912

Mein Taufschein. Haustaufe in Donnerhof am 25. Oktober 1939

Wolfgang, Gerhard, Liselotte auf dem Deck der „Brake“, einem Bananendampfer, auf der Ostsee von Libau/ Lettland nach Stettin. 1939

Einbürgerungsurkunde. Seit 16. November 1939 Deutscher (Reichs) Bürger

Nach einer dreitägigen Fahrt bei heftigem Sturm und starkem Wellengang, erreichten wir den Hafen von Stettin. Ein Chor und eine Musikkapelle empfingen uns. Begrüßungsreden wurden gehalten, dann durften wir endlich von Bord. Ein Zug brachte uns nach Posen, einer polnischen Großstadt, ca. 270 km östlich von Berlin. In Posen wurden wir in den Messehallen wieder mit Musik und Begrüßungsreden („Heim ins Reich“) empfangen. Lange Tische waren weiß gedeckt. Es gab Kaffee und Kuchen. Wir waren überrascht über die herzliche Begrüßung und die gute Organisation.

Einige Tage verbrachten wir in einem Lager. Mein Vater und meine beiden älteren Geschwister wurden von uns getrennt. Meine Mutter kam mit mir und meiner jüngeren Schwester ins sogenannte Mukilager (Mutter und Kind). Etliche Formalitäten mussten erledigt werden, unter anderem erhielt mein Vater in einem feierlichen Akt eine Einbürgerungsurkunde (siehe Foto). Bisher hatten wir die lettische und die deutsche Staatsbürgerschaft, jetzt nur die deutsche.

Zu allen Aufregungen kam noch ein Unglück hinzu. Ich bekam erhöhtes Fieber. Der Lagerarzt stellte Scharlach fest. Im Mukilager brach Panik aus. Meine Mutter wurde beschimpft, dass sie mit ihren Kindern solch eine tückische, ansteckende Krankheit ins Lager eingeschleppt habe. Der Lagerarzt ordnete eine sofortige Einlieferung in ein Krankenhaus ein. Wegen der Wahrscheinlichkeit einer Infektion kamen auch meine Geschwister in das gleiche Krankenhaus in Quarantäne. Ein polnischer Arzt untersuchte mich. Meine Eltern waren in großer Sorge. In Posen war alles so fremd. Die Menschen, deren Sprache wir nicht verstanden, die sich uns gegenüber nicht ohne Grund, feindlich verhielten. Die Stadt und das ganze Land wurden ja erst vor einigen Wochen von der deutschen Wehrmacht besetzt. Natürlich hatten sich auch meine Geschwister angesteckt. Ich bekam noch Masern und Mittelohrenentzündung dazu, mein Bruder Diphtherie. Meine Mutter schilderte später die Zeit als die schlimmste ihres Lebens. Wir Kinder waren im Krankenhaus und meine Mutter zog in das Lager zu meinem Vater.