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"Mir nach!" Warum dieser Glaubenskurs? Weil es eine große Sehnsucht nach Veränderung des eigenen Lebens gibt. Die Bedürfnisse und Baustellen dabei sind sehr unterschiedlich. Aber sie alle verbindet, dass der Mensch selbst sein schärfster Kritiker ist. Niemand will allerdings dauerhaft mit sich unzufrieden sein. Und so gewinnen Entwicklungs- und Wachstumsprogramme für alle Lebensbereiche an Bedeutung. Dieser Kurs behandelt die geistlichen Prinzipien der Jesusnachfolge. Aber auch bei ihnen ist die Frage, was sie wirklich können? Schon Goethe resignierte: "Setz dir Perücken auf Millionen Locken, setz deinen Fuß auf Ellen hohe Socken, du bleibst doch immer, was du bist." Inzwischen ist man nicht zuletzt unter dem Druck immer komplizierterer Lebensverhältnisse wieder optimistisch: Der Mensch kann sich ändern. Und er kann es, weil er es muss. Allerdings kann niemand anders ihn, sondern immer nur er sich selbst verändern. Das soll er dann aber auch wirklich tun. "Mir nach!" hat als christlicher Glaubenskurs demgegenüber einen entscheidenden Vorteil: Denen, die Jesus folgen, steht für die Veränderung ihres Lebens nicht nur die eigene Kraft zur Verfügung. Durch Gottes Heiligen Geist werden sie zusätzlich dazu motiviert und befähigt. "Mir nach!" ist darum kein Appell an menschliche Potenziale, sondern ein Leitfaden für Glaubende, seine Kraft das Leben verändern zu lassen.
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Seitenzahl: 170
Veröffentlichungsjahr: 2023
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OStR Pfarrer i.R. M Th Andreas Gripentrog, Jahrgang 1957, war nach seinem Theologiestudium in Basel von 1980 bis 2022 als Pfarrer der evangelischen Kirche in Österreich, zuletzt in der Toleranzgemeinde Schladming tätig. Das ist eine der traditionsreichen Pfarrgemeinden, die sich nach zwei Jahrhunderten Geheimprotestantismus gleich nach dem Toleranzpatent Josephs II. 1781 neu gebildet haben. Ein Arbeitsschwerpunkt in der Schladminger Tochtergemeinde Radstadt-Altenmarkt hat zu einer besonderen Beschäftigung mit katechetischen Fragen der Glaubensunterweisung und Glaubensvertiefung geführt.
Gewidmet allen Schülerinnen und Schülern, die ich während 40 Jahren in Religion unterrichtet habe.
„MIR NACH!” ist aus der Videoserie „Spur Jesus” hervorgegangen, die während des Corona-Lockdowns 2020/21 unter dem Motto „Look up im Lockdown” in der Pfarrgemeinde Schladming/Tochtergemeinde Radstadt-Altenmarkt entstanden und auf der Homepage www.evang-radstadt.at bis zur Fertigstellung dieses Buches allgemein zugänglich war.
„MIR NACH!” Warum dieser Glaubenskurs? Weil es eine große Sehnsucht nach Veränderung des eigenen Lebens gibt. Die Bedürfnisse und „Baustellen” dabei sind sehr unterschiedlich. Aber sie alle verbindet, dass der Mensch selbst sein schärfster Kritiker ist. Niemand will allerdings dauerhaft mit sich unzufrieden sein. Und so gewinnen Entwicklungs- und Wachstumsprogramme für alle Lebensbereiche an Bedeutung.
Dieser Kurs behandelt die geistlichen Prinzipien der Jesusnachfolge. Aber auch bei ihnen ist die Frage, was sie wirklich können? Schon Goethe resignierte: „Setz dir Perücken auf Millionen Locken, setz deinen Fuß auf Ellen hohe Socken, du bleibst doch immer, was du bist.” Inzwischen ist man nicht zuletzt unter dem Druck immer komplizierterer Lebensverhältnisse wieder optimistisch: Der Mensch kann sich ändern. Und er kann es, weil er es muss. Allerdings kann niemand anders ihn, sondern immer nur er sich selbst verändern. Das soll er dann aber auch wirklich tun. „MIR NACH!” hat als christlicher Glaubenskurs demgegenüber einen entscheidenden Vorteil: Denen, die Jesus folgen, steht für die Veränderung ihres Lebens nicht nur die eigene Kraft zur Verfügung. Durch Gottes Heiligen Geist werden sie zusätzlich dazu motiviert und befähigt. „MIR NACH!” ist darum kein Appell an menschliche Potenziale, sondern ein Leitfaden für Glaubende, die Kraft des Heiligen Geistes das Leben verändern zu lassen.
Vorwort
Angeschlossen an Gott - wie Jesus
Analysiert bekommen
Wem ich gehöre
Wo ich stehe
Angewiesen auf Gott - wie Jesus
Intensiviert bekommen
Die Beziehung zu Christus
Die Abhängigkeit von Gott
Die Veränderung des Lebens
Sich selbst organisieren - wie Jesus
Kontrolliert bekommen
Gefühle
Gedanken
Geld
Sich konzentrieren - wie Jesus
Fokussiert vorwärts kommen
Zeit einteilen
Ziele setzen
Motivation erhalten
Sich begegnen - wie Jesus
Animiert zusammenkommen
Beziehungen und die Früchte des Heiligen Geistes
Katalysator Ehrlichkeit
Sich verständigen - wie Jesus
Kultiviert miteinander auskommen
Kommunikation verstehen
Konflikte lösen
Einheit bewahren
Ein Team bilden - wie Jesus
Involviert zum Zug kommen
Dienen
Stärken
Fördern
Wunder erleben - wie Jesus
Talentiert zu tun bekommen: Die Gaben des Heiligen Geistes
Das Kreuz tragen - wie Jesus
Strapaziert zurechtkommen
Probleme haben
Zweifel behalten
Trost erfahren
Vom Glauben sprechen - wie Jesus
Inspiriert rüberkommen
Die Mission
Die Methode
Der Modus
Die Zeichen der Zeit erkennen - wie Jesus
Couragiert durchkommen
Risiko und Spaß
Schwund und Schwere
Das Ziel erreichen - wie Jesus
Absolviert heimkommen
Durchhalten
Von Neuem
Überwinden
Literaturverzeichnis
Woher kommt der Titel dieses Glaubenskurses? „MIR NACH!”, das ist die Abkürzung und Zusammenfassung der Einladung des wohl größten Weltbewegers aller Zeiten. Jesus von Nazareth hat Menschen so zu sich gerufen: „Folgt mir nach!” Und zwölf Jünger haben sich von ihm rufen lassen und sind mit ihm mitgegangen. Sie haben Jesus auf diesem Weg immer besser kennengelernt und in der Lebensgemeinschaft mit ihm eine bemerkenswerte Umwandlung ihres Lebens erfahren. Später haben die Apostel die ganze damalige Welt mit dem Evangelium bewegt.
Und bis heute setzt sich dieser Impuls fort. Wer bereit ist, sich Jesus, dem Sohn Gottes, dem Christus, anzuschließen, wird von ihm berührt und verändert. Von Christus Bewegte aller Zeiten finden ihren Referenz- und Bezugspunkt in ihm, der gewissermaßen ihre neue Adresse geworden ist. Sie sind nicht mehr bei sich selbst daheim, sondern außerhalb von sich, „in Christus.” Darum gehen sie zur Selbstfindung nicht in sich, sondern aus sich heraus und sind ‚übersiedelt‘ in das Kraftfeld seines Namens. „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden” (2 Kor 5,17). Vom Neuen Testament her lässt sich diese Umgestaltung so zusammenfassen: Wachsen im Glauben, werden wie Jesus. Schon die ersten Jünger, die mit Jesus gegangen sind, sollten nicht nur an ihn glauben, sondern in seiner Nachfolge ihre Beziehung zu ihm auch vertiefen. Die Art von Jesus sollte durch die Lebensschule und Lebensgemeinschaft mit ihm auf die zwölf Apostel abfärben. Und darauf zielen nun auch die zwölf Kapitel dieses Glaubenskurses ab. „MIR NACH!” präsentiert keine Theorie der Selbstverbesserung, sondern möchte auf den lebenslangen Weg der Transformation, der Umgestaltung des Lebens nach dem Bilde Jesu führen. Um dabei vorwärts zu kommen und in Bewegung zu bleiben, sind immer wieder konkrete Schritte zu gehen und praktische Entscheidungen zu treffen. Durch „MIR NACH!” sollen immer mehr Lebensbereiche unter den Einfluss von Jesus kommen. „MIR NACH!” bedeutet dann: Jesus vor mir und ich hinter ihm, und zwar nicht nur hin und wieder, sondern immer. So geht wachsen im Glauben, werden wie Jesus.
Der Gesamtprozess beginnt mit der Bekehrung, mit der Hinwendung zu Christus, mit der Wiedergeburt, mit dem Empfang des Heiligen Geistes, also damit, dass ein Mensch zum Glauben kommt und eine Beziehung zu Jesus erhält. Dieser Glaubenskurs setzt diesen Impuls, Jesus nachzufolgen, voraus. Es gibt andere Glaubenskurse, die überhaupt erst einmal zum Glauben hinführen sollen. „MIR NACH!” richtet sich an bereits zum Glauben an Christus Gekommene, die in diesem Glauben bleiben und reifen wollen. Die Beziehung zu Christus lässt sich nur vertiefen, wenn sie auch vorhanden ist. Dass Jesusnachfolge konkret und praktisch gelebt wird, dazu soll dieses Buch anregen.
Es ist als Lese- und Lehrbuch konzipiert. „MIR NACH!” lässt sich aber auch gut kapitelweise in Kleingruppen besprechen. Am Ende jedes Kapitels stehen drei Fragen zum Nachdenken und zum Gespräch. Sie dienen der Standortbestimmung und dazu, nächste Schritte zu setzen. Ganz bewusst sind die meisten Bibelstellen ausgeschrieben, weil sie fundamental sind für den Kurs, und weil die Bereitschaft zum Nachschlagen vielleicht doch nicht allgemein vorausgesetzt werden kann. Die Zahl zwölf ist zwar die Zahl der Vollkommenheit. Einen Anspruch auf vollständige Behandlung des Themas ‚Jüngerschaft‘ erheben die zwölf Kapitel dieses Glaubenskurses aber nicht, auch wenn sie sich an der Anzahl der Jünger Jesu und chronologisch am Weg des Meisters mit seinen ‚Lehrlingen‘ orientieren.
Analysiert bekommen:Wem ich gehöreWo ich stehe
Metamorphose
„Du hast dich ja überhaupt nicht verändert.” So eröffnen wir manchmal eine Begegnung, wenn wir jemanden länger nicht gesehen haben. Aber ist das eigentlich eine gute oder eine schlechte Nachricht? Ist das ein Kompliment oder eine Beleidigung? Können wir uns darüber freuen, oder müssen wir darüber erschrecken? Umgekehrt müssen wir, weil die Zeit eben nicht stehen geblieben ist, selbst guten Bekannten auf alten, aber Gleichzeitigkeit vorgebenden Fotos erklären: „Und das bin ich.” „Was, das bist du?”
Gemessen woran ist jemand ein anderer, ein neuer Mensch? Spurwechsel ist ja noch kein Richtungswechsel, und Runderneuerung etwas anderes als Grunderneuerung. ‚Neu‘ kann Verschiedenes bedeuten: Neuartig, neuwertig, neuzeitlich, renoviert, jung, modern. Die Griechen entwarfen und erwarteten den neuen Menschen von ihrer Philosophie, die Römer von Recht und Macht, die Aufklärer durch Wissen und Vernunft, die Kommunisten von einer klassenlosen Gesellschaft, die Nationalsozialisten im ‚tausendjährigen‘ Reich. Und heutzutage verwirklicht sich der neue Mensch durch seine Freiheit und Unabhängigkeit.
Wie können wir der Mensch werden, den Gott in uns angelegt hat, und den Christus sich vorstellt? Ein Schmetterling zum Beispiel hat sein volles Potenzial dann entfalte(r)t, wenn er in einer Metamorphose, einem Gestaltwandel vom Ei zur Raupe, zur Puppe, zum Kokon, zum fertigen Falter alle seine Entwicklungsstadien durchlaufen hat.
Aber wohin sollen sich die Kinder Gottes entwickeln? Maßstab für ihre Veränderung kann nur Jesus selbst sein. Aber Jesusnachfolge ist kein Selbstläufer. Die Nachfolge Jesu kann an inneren Widerständen bei den dazu Berufenen auch scheitern. Und ein Grund dafür, dass der Glaube manchmal nicht wächst, und das Leben sich nicht verändert, ist die fehlende Verbindung mit den anderen biblischen Lebensaufgaben, die Glaubenden neben und wegen ihrer Jüngerschaft auch noch gestellt sind. Diesen Gesamtentwurf habe ich als einen fünfgliedrigen Lebenszuschnitt in meinem Buch ‚Prototyp Kirche’ 1 behandelt. Für Jesu Gefolgschaft steht dabei die Transformation nach den Prinzipien Gottes im Mittelpunkt. Zuvor lebt sie aber bereits mit der Vision zur Ehre Gottes, und in der Sozialisation der Familie Gottes. Sie tritt aber auch in Aktion, im Dienst Gottes und schließlich für die nächste Generation als Botschafter Gottes. Diese ‚Big Five of Life‘, diese großen fünf Aufträge oder Mandate Gottes beschreiben die Bestimmung des Lebens als Ganzes. Und sie bilden eine Einheit wie die fünf Finger einer Hand. Niemand lebte seine Bestimmung so eng angeschlossen an Gott wie Jesus. Und wegen dieses perfekten Anschlusses schließen sich Menschen bis heute ihm an. Darum muss auch ich analysiert bekommen, wem ich gehöre, und wo ich stehe.
In der Nachfolge Jesu weitet sich die Frage: Wer bin ich? zu der Frage: Wessen bin ich? Wem gehöre ich? Und wenn ich durch Jesus erlöst und sein Eigentum geworden bin, stellt sie sich zugespitzt: Gehöre ich ihm so, dass er mir auch zeigen darf, wo es langgeht? Bin ich bereit, den Entwickler meiner Jesusnachfolge ihren Zweck und ihr Ziel vorgeben und bestimmen zu lassen? Ich weiß, wann ich geboren bin. Aber ich muss auch wissen, wozu ich geboren und vor allem wiedergeboren bin. Der Apostel Paulus erklärt: Es ist alles durch Christus, zu ihm und für ihn geschaffen (Kol 1,16). Lebensveränderung beginnt also nicht mit meinen Wünschen und Vorstellungen, sondern mit Gottes Absichten. Ich wachse im Glauben und werde wie Jesus, wenn ich für Gott da bin und mich auf diese Bestimmung meines Lebens einlasse.
Ich frage mich also zuerst: Wem gehört mein Herz? Feststellen kann ich das an der Menge meiner Sorgen. Je mehr Sorgen ich im Herzen habe, desto weniger Platz habe ich für Gott. Aber zuerst Gottes Liebe gehört mein Herz. Darum mache ich mir neu bewusst, wie sehr er mich schon immer liebt. Und ich erkenne es nicht nur, sondern empfinde es jetzt auch. Gott freut sich an mir, wie er sich an allem freut, das für ihn da ist. Und ich erwidere seine Freude und frage weiter: Wem gehört meine Zeit? Gottes Gemeinde, seiner Familie, gehört meine Zeit! Ihr ewiger Bestand macht sie zu meiner Priorität. Denn „die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen” (Mt 16,18). Die christliche Gemeinde ist Gottes Zuhause für mein geistliches Leben. Und sie ist der Übungsplatz für die Liebe und die Gemeinschaft. Außerdem kennzeichnet sie mich als Kind Gottes und hilft mir, auch in schwierigen Zeiten am Glauben festzuhalten. „In seiner Liebe hat Gott uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens” (Eph 1,5). Zu diesen zwei nach innen wirkenden kommen die beiden nach außen wirkenden Mandate Gottes mit den Fragen: Wem gehört meine Kraft? Wem gehört mein Blick? Gottes Kampf gegen das Böse in der Welt gehört meine Kraft! Dazu leiste ich meinen Beitrag und übernehme einen Dienst in meiner Gemeinde. „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen” (Eph 2,10). Zu diesen guten Werken gehört schließlich auch die Weitergabe der frohen Botschaft. Und mit Evangelisation beginnt das ganze System wieder von vorn und entwickelt sich zu einem Kreislauf, aber nur wenn ich begriffen habe: Gottferne gehören in meinen Blick! Mich soll kümmern, was Gott kümmert: Das Verlorene: „Wenn ich nur meinen Lauf vollende und das Amt ausrichte, das ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes” (Apg 20,24). Genau in der Mitte dieses Quintetts und im Zentrum dieses Glaubenskurses steht aber die Bestimmung, die die Frage beantwortet: Wem gehört mein Weg? Und wenn er mir vorangeht, ist klar: Gottes Sohn gehört mein Weg! Er bestimmt ihn, damit er mich auf ihm verändern kann. „Die Gott ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes” (Röm 8,29). „Und wir werden verklärt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist” (2 Kor 3,18). Es geht also nicht darum, selber Gott zu sein, wie Adam und Eva es selbstherrlich wollten. Wie Gott zu sein, Display, Bildschirm zu sein für seine Herrlichkeit, steht im Mittelpunkt der Jesusnachfolge. Gott hat sein Wesen in seinem Sohn offenbart. Und seine Art soll nun auch mich kennzeichnen. So wie Jesus war, soll ich immer mehr werden. Darum ist er aber an meinem Dabeisein und Unterwegssein mehr interessiert als an meinem Wohlsein und Glücklichsein. Und weil sich mein Leben viel mehr durch Schwierigkeiten als durch Erfolge weiterentwickelt, beschreibt die Bibel die Jesusnachfolge offen und ehrlich nicht als Spaziergang, sondern als Kreuzweg. Ich soll ja nicht nur älter, sondern auch reifer werden und unabhängiger von meinen Wünschen und Launen.
Gott will ausdrücklich „unsere Heiligung” (1 Thess 4,3). Dieser fremd gewordene Ausdruck meint jedoch nicht, sich weltflüchtig und ichsüchtig selbst zu vervollkommnen, sondern ‚Heiligung‘ bezeichnet die bewusste Zugehörigkeit zu Gott, die den Geheiligten Jesu Stempel aufdrückt und ihnen seine Art einprägt, „damit ihr Gott immer besser kennen lernt und seinem Bild ähnlich werdet” (Kol 3,10 GNB). Heiligung ist Gottes Werk an mir und gleichzeitig Gottes Weg mit mir, den ich Schritt für Schritt mitgehe. ‚Heiligung‘ reduziert den Stress, den ich habe, wenn ich nicht weiß, wo ich hingehöre. Schon der Kirchenvater Aurelius Augustinus (354-430) hat in seinen autobiografischen „Bekenntnissen” erklärt und zu Gott gebetet: „Denn zu dir hin hast du uns geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir.”2 Die Klärung der geistlichen Zugehörigkeit mündet in eine geistliche Standortbestimmung.
Wo stehe ich geistlich gerade? Kommt es mir so vor, dass ich Gott schon einmal näher gewesen bin? Wie kann ich ihm dann wieder näher kommen und meine Beziehung zu ihm vertiefen? Je weiter weg ich von Gott bin, desto weniger bin ich das, was Gott sich gedacht hat, und desto mehr Probleme habe ich. Je näher ich Gott bin, desto mehr kann er mein Leben segnen und gebrauchen. Wie ich aus der Distanzierung von Gott herauskomme, zeigt Jesu berühmtes Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-24). Als der nach der Trennung von seinem Vater am Ende als Hirte bei den Schweinen gelandet war, ging er in sich und besann sich: „Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger” (Lk 15,17)! Womit ich in meinem Leben zufrieden bin, das werde ich nicht ändern. Und wenn meine Schuhe undicht sind, werde ich mir erst dann neue kaufen, wenn mich meine nassen Füße stören.
Um hingezogen zu sein zu Gott, muss ich wie der verlorene Sohn zunächst meine Gegenwart satt haben. Mir muss meine Entfernung von Gott leid sein. Heilsam enttäuscht muss ich aufwachen und so nicht mehr weiterleben wollen. Ich muss erkannt haben: In der Entfernung von Gott funktioniert das Leben nicht. Und dann werde ich wie der verlorene Sohn mit meiner Vergangenheit rausrücken: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir” (Lk 15,18). Wenn da also eine Distanz zu Gott besteht, hat nicht Gott sich entfernt. Ich habe mich von ihm abgewandt. Ich bin Gott so nahe, wie ich ihm nahe sein will und entschieden habe, ihm nahe zu sein. Aber wie der Heimkehrer im Gleichnis darf dann auch ich die Erfahrung machen: Gott vergibt selbst das, was ich für unverzeihlich halte. Das bedeutet: Ich kann wie der verlorene Sohn dem himmlischen Vater auch meine Zukunft anvertrauen: „Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner” (Lk 15,19)! Als Ausreißer hatte er von seinem Vater noch unverschämt sein Erbe gefordert: „Gib mir” (Lk 15,12)! Inzwischen hat sich seine Einstellung völlig verändert: „Mache aus mir”, was du dir denkst. Im Mittelpunkt seines Lebens steht nicht mehr er selbst, sondern wieder der Vater. Der nimmt ihn in seine Arme, und die beiden sind sich wieder ganz nah.
Wer Jesus folgt, benötigt solche Annäherung immer wieder. Um auf seinem Kurs zu bleiben, muss der Kurs regelmäßig korrigiert werden. Es ist wie bei der Raumfahrt, wo nur ein paar Zentimeter Abweichung vom richtigen Kurs sich bei den großen Entfernungen und Geschwindigkeiten im Weltall schnell verhängnisvoll summieren würden. Das Problem soll gefunden werden, solange es noch klein ist. Für die Überprüfung der körperlichen Gesundheit gibt es dazu Vorsorgeuntersuchungen. Aber auch das geistliche Leben benötigt Beobachtung: „Erforscht euch selbst, ob ihr im Glauben steht; prüft euch selbst” (2 Kor 13,5)! Der Ort dafür kann eine bewusst jeden Tag für Gott reservierte, regelmäßige Zeit der Andacht und der Stille sein. Wie Nahrungsaufnahme und Körperpflege den äußeren Menschen stärken, so machen Gebet und Gottes Wort den inneren fit. Stille Zeit bedeutet persönliche Gemeinschaft mit Gott. Als Atemtechnik des Glaubens ist sie die Überlebenskunst der Glaubenden. Sie treten in Gottes Gegenwart und empfangen aus der Bibel seine Wegweisung zum Beispiel durch gute Fragen an ihre Texte: Welche Bitte kann ich äußern, welchen Irrtum vermeiden, welchem Beispiel folgen, welche Eigenschaft bearbeiten, welches Lob aussprechen, welche Lehre verstehen, welche Ermahnung befolgen, welche Sünde bekennen, welcher Einladung folgen? Durch solche fragende, auf Antwort und Anwendung bedachte meditierende und memorierende B I BELLE S E leitet Gottes Wort die ‚Lehrlinge‘ Jesu auf den richtigen Weg. Es zeigt ihnen, wenn sie ihn verlassen, führt sie auf den richtigen Weg zurück und hilft ihnen, auf ihm zu bleiben. „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nützlich zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit …” (2 Tim 3,16+17). Und auch Jesus hat gespürt, dass sich sein Tagesablauf und sein Kontakt zu seinem himmlischen Vater nicht von selbst ergeben. Auch er hat immer wieder die Stille und das Gebet gebraucht und Anschluss an die Kräfte des Himmels gesucht: „Am Morgen, noch vor Tage, stand er auf … Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.” Dabei richtete er geistlich neu aus, was offenbar sogar ihm verrutschen konnte: Seine Identität, seine Vision, seine Gewissheit, also wer er ist, wem er gefallen will, was er erreichen möchte, vor allem aber, was jetzt gerade dran ist. „Lasst uns in die nächsten Orte gehen, dass ich auch dort predige” (Mk 1,35+38). Angeschlossen an Gott - wie Jesus: „Mir nach!”
Fragen zum Nachdenken und zum Gespräch:
Was erwarte ich von diesem Glaubenskurs?
Warum beschäftige ich mich mit meinem Glauben?
Was ist mein Zugang zur Bibel?
1 Vgl. A. Gripentrog: Prototyp Kirche, Norderstedt 2020
2 Augustin: Bekenntnisse, Stuttgart 1977 1/1
Intensiviert bekommen:Die Beziehung zu ChristusDie Abhängigkeit von GottDie Veränderung des Lebens
Trapez: Ich brauche dich
Wenn die geistliche Zugehörigkeit in meinem Leben geklärt, und der geistliche Standort bestimmt ist, kann die Reise in das Land beginnen, in dem die Früchte des Glaubens wachsen. Was sind bei diesem Übergang die ersten Schritte? Als Nachfolger von Jesus habe ich mich bereits bewegt. Ich war einmal christusfern, dann christusinteressiert und schließlich christusbekehrt. Ich mag vor meiner Hinwendung zu Christus vielleicht christusgleichgültig oder sogar christusfeindlich gewesen sein, aber das ist Vergangenheit. Ich wurde christusoffen. Auch die Bezeichnung christusberührt und christusbeeinflusst und dadurch mit seiner Lehre befasst und bekannt, ist zu wenig für mich und trifft nicht mehr auf mich zu. Denn ich habe die Distanz zu Jesus aufgegeben, bin zum Glauben an ihn gekommen, habe von ihm Vergebung meiner Sünden empfangen und lebe seither christusverbunden und manchmal sogar christusbegeistert. Was meine Sozialisation betrifft, habe ich mich inzwischen vom bloßen Mitglied, über den regelmäßigen Teilnehmer, zum aktiv Mitwirkenden in meiner Gemeinde entwickelt. Dieser Übergang hat mich christusbedürftig gemacht und christusbegünstigt