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In Zeiten anhaltender Krisen und tiefgreifender Veränderungen sind Menschen gefordert, beruflich und privat auf belastende Situationen zu reagieren und mit ihnen umzugehen. Umso wichtiger ist es, Strategien zur Stärkung der Resilienz zu entwickeln, um die Arbeits- und Leistungsfähigkeit langfristig zu sichern. Dieses Trainingsbuch von Rudi Dobrinski ist ein wertvoller Begleiter auf dem Weg zu einem resilienten Mindset. Anhand erfolgreich erprobter Arbeitshilfen entdecken Sie Schritt für Schritt Ihre verborgenen Ressourcen, nutzen Ihre individuellen Stärken und lernen, auch in turbulenten Zeiten die Balance zu halten. Sie entwickeln die innere Kraft, alle notwendigen Veränderungen mit Zuversicht und Gelassenheit zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen. Inhalte: - Gesundheit als Basis für erfolgreiches Arbeiten und ein erfülltes Leben - Gesundheitsrisiko Stress – Volkskrankheit Nummer eins? - In zehn Trainingsschritten zur persönlichen Resilienz - Resiliente Führung schafft Innovation in stürmischen Zeiten - Mit resilientem Mindset auf zu neuen Ufern - Kraftvolle Meditationen
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Seitenzahl: 312
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
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ISBN 978-3-648-18250-5
Bestell-Nr. 12117-0001
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ISBN 978-3-648-18251-2
Bestell-Nr. 12117-0100
ePDF:
ISBN 978-3-648-18252-9
Bestell-Nr. 12117-0150
Rudi Dobrinski
Mit Resilienz durch jede Krise
1. Auflage, März 2025
© 2025 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG
Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg
www.haufe.de | [email protected]
Bildnachweis (Cover): © damircudic, iStock
Produktmanagement: Kerstin Erlich
Lektorat: Peter Böke
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Abb. 1: Die drei Fundamente der Resilienz: Optimismus, Achtsamkeit und Selbstwirksamkeit
Abb. 2 und 3: Der Stressreaktionszyklus nach Gert Kaluza (2018)
Abb. 4: Musterbruch eines belastenden Verhaltens
Abb. 5: Mein Energiefass
Abb. 6: Vier Ebenen des menschlichen Wesens
Abb. 7: Was stärkt mich – was schwächt mich?
Abb. 8: Die Biografielinie
Abb. 9: Der Musterbruch im gewohnten Verhalten
Abb. 10: Die drei Felder Grenzen setzen, achten und öffnen
Abb. 11: Das Dreieck zum Überbringen schlechter Nachrichten
Abb. 12: Das Eisberg-Modell (nach Paul Watzlawick)
Abb. 13: Einer spricht »eckig« und der andere versteht »rund«
Abb. 14: Die vier Seiten einer Nachricht (nach Friedemann Schulz von Thun)
Abb. 15: Phasen, die durch Kränkungen ausgelöst werden (Quelle: Kroschel 2008)
Abb. 16: Persönliche Grundhaltungen zu schwierigen Situationen
Abb. 17: Die drei Zustände des Ich
Abb. 18: Transaktionsanalyse (Quelle: Transaktionsanalyse nach Eric Berne, vgl. Schulze und Lohnkamp 2008 und 2010)
Abb. 19: Kommunikation durch die verschiedenen Ich-Zustände
Abb. 22: Parallele Transaktion auf Augenhöhe
Abb. 23: Transaktion aus Okay-Position mit kreuzender Antwort aus dem angepassten Kind-Ich
Abb. 24: Transaktion aus Okay-Position mit kreuzender Antwort aus dem kritischen Eltern-Ich
Abb. 25: Der Egogramm-Check
Abb. 26: Der Egogramm-Check (Blanko-Vorlage)
Abb. 27: Egogramm – meine Einschätzung mit Testergebnis
Abb. 28: Das Drama-Dreieck
Abb. 29: Okay-Positionen mit vier Grundeinstellungen
Abb. 30: Kreislauf der Konfliktbewältigung nach Karl Berkel (2011)
Abb. 31: Ein Fass voller Selbstwertgefühl
Abb. 32: Reflexion zu den eigenen Handlungsspielräumen
Abb. 33: Dein Netzwerkdiagramm
Abb. 34: Die Emotionszwiebel
Abb. 36: Sich ergänzende Grundbedürfnisse (nach Dirk Eilert)
Abb. 37: In sieben Phasen durch vier Räume der Veränderung
Abb. 38: Das Modell der vier Räume der Veränderung nach Claes F. Janssen (vgl. Diehl et al. 2021)
Abb. 39: Lernstufen und Reifegrade der Mitarbeitenden
Abb: 40: Balance zwischen Autonomie und Alignment der Mitarbeitenden
Abb. 14: Die vier Seiten einer Nachricht (nach Friedemann Schulz von Thun)
Abb. 15: Phasen, die durch Kränkungen ausgelöst werden (Quelle: Kroschel 2008)
Abb. 18: Transaktionsanalyse (Quelle: Transaktionsanalyse nach Eric Berne, vgl. Schulze und Lohnkamp 2008 und 2010)
Abb. 29: Okay-Positionen mit vier Grundeinstellungen
Abb. 31: Ein Fass voller Selbstwertgefühl
Abb. 33: Dein Netzwerkdiagramm
Abb. 35: Hierarchie emotionaler Ressourcen (Quelle: nach Dirk Eilert)
Abb. 36: Sich ergänzende Grundbedürfnisse (nach Dirk Eilert)
Besonders in den letzten Jahren, nach überstandener Pandemie und den zahlreichen Krisen und Kriegsschauplätzen, jetzt auch in der Mitte Europas, ist das Undenkbare Wirklichkeit geworden. Ein Krieg vor unserer Haustüre. Hat bereits die Pandemie die Lieferketten reißen lassen, tut der Ukraine-Krieg das Seine, um unser Bedürfnis nach Sicherheit und Verlässlichkeit bis ins Mark zu erschüttern. Als wäre es nicht schon genug, erinnern uns regelmäßige Unwetterereignisse daran, dass die Erde ernst macht und uns die Rechnung für unsere ressourcenintensive Lebensweise präsentiert. Wir sind aufgefordert, unser Tun neu zu denken, unsere Lebens- und Arbeitsweisen völlig neu zu erfinden, wenn wir auf diesem wunderbaren Planeten überleben wollen. Dazu kommt die Migrationsdebatte und der damit erforderliche Umgang mit »fremden« Kulturen. Wenn wir den Fachkräftemangel bewältigen, mit guter Arbeit unseren Lebensstandard bewahren und die gesteckten Klimaziele erreichen wollen, werden wir uns und unsere Verhaltensweisen grundlegend verändern müssen.
Der erforderliche Wandel, die anstehenden Transformationen hin zu einer klimaneutralen Produktions- und Lebensweise betrifft mittlerweile jeden von uns, privat und beruflich. Altbewährtes muss aufgegeben und Neues erlernt werden. Das führt zu einem Gefühl der Unsicherheit und verursacht oft Stress. Für Neues fehlt einfach die Blaupause, es gibt noch kein »Meisterwissen«, um sich daran zu orientieren. Try and Error scheint das Gebot der Stunde. Laut einem Bericht vom Neujahrstag 2024 nennt der Zukunftsforscher Matthias Horx die »ineinander verzahnten Krisen der Gegenwart« eine Omnikrise. »Solche Omnikrisen sind typisch für einen Epochenübergang«, sagte der Publizist im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur in Mainz. »Alle 50 bis 100 Jahre kommt es zu einem Zerfall des ›alten Normalzustands‹ und dem Beginn von etwas Neuem, was zunächst noch unsicher erscheint.« Eine solche Periode der Verunsicherung könne »10 oder sogar 20 Jahre dauern« (vgl. Horx 2023).
Persönliche Widerstandskraft ist jetzt gefragt, von uns als Mensch, als Mitarbeitender im Unternehmen, und es erfordert eine robuste und resiliente Unternehmensführung. Je mehr sich die gesamte Gesellschaft an Lösungen beteiligt, desto schneller geht diese Zeit vorbei. Das alles gelingt nur mit veränderten Verhaltensweisen. Um ein neues, umweltbewusstes Verhalten zu erlernen, brauchen Führungskräfte und Mitarbeitende eine andere innere Haltung. Wir benötigen ein resilientes Mindset, um alle anstehenden Hürden zu bewältigen.
Doch in der agilen und stressbelasteten VUCA-Arbeitswelt von heute ist es gerade für Führungskräfte von außerordentlicher Bedeutung, zuallererst die eigene Resilienz zu stärken. Im nächsten Schritt sollten Vorgesetzte auch die Widerstandsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden fördern, damit alle am Arbeitsprozess Beteiligten motiviert, gesund und (auch) innerlich stark bleiben.
In der Führungsaufgabe geht es um die Fähigkeit, das Zutrauen in sich selbst zu haben, Herausforderungen auch unter Druck zu bewältigen und dabei aktiv Grenzen zu achten und zu ziehen. Resilienz ist kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern sie wird individuell im Laufe des Lebens entwickelt. Dabei spielt der Umgang mit eigenen Lebensereignissen eine entscheidende Rolle. Oft ist man sich gar nicht bewusst, dass man bereits über gute Bewältigungsstrategien verfügt. Die innere Widerstandsfähigkeit ist ein entscheidender Aspekt, den täglichen Balanceakt in der Führungsaufgabe gut zu meistern. Damit das gelingt, will dieses Trainingsbuch seinen Beitrag leisten.
Seien Sie herzlich willkommen zu »Mit Resilienz durch jede Krise« – einem Trainingsbuch, das Sie darin unterstützen will, Ihre Fähigkeiten zur seelischen Widerstandskraft zu entwickeln und zu festigen. Dieses Buch bietet Ihnen nicht nur Einblicke in das Konzept der Resilienz, sondern vor allem praktische Werkzeuge und Übungen, um diese Fähigkeit in Ihr eigenes Leben, besonders auch in Ihre beruflichen (Führungs‑)Aufgaben zu integrieren. Wir erkunden verschiedene Aspekte der seelischen Widerstandskraft, von der Selbstwahrnehmung und Selbstregulation bis hin zur Fähigkeit, aus Rückschlägen gestärkt hervorzugehen. Schritt für Schritt begleitet Sie dieses Trainingsbuch auf dem Weg zu einem resilienten Leben. Das ermöglicht Ihnen, auch in den schwierigsten Zeiten Ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden und zu bewahren. Lassen Sie uns gemeinsam die Kraft der Resilienz entfalten und erfahren Sie, wie es gelingt, gestärkt aus jeder Krise hervorzugehen. Ihr Weg zu innerer Stärke und positiver Job- und Lebensgestaltung beginnt jetzt.
Ein fernöstlicher Segenswunsch lautet: »Möge die Übung gelingen.« In diesem Sinne: Herzlich willkommen zu Ihrem Resilienz-Trainingsprogramm.
Rudi Dobrinski
Herzlichen Dank
Es gibt sowohl im Internet als auch in Printausgaben bereits reichlich Fachwissen zu den Themen Achtsamkeit, Stressmanagement und Resilienz. Ergänzend dazu werden von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen exzellente Seminare zu diesen Themen angeboten. Meine Partnerin, Doris Stein-Dobrinski, und ich haben uns in eigener Weiterbildung inspirieren lassen und die angebotenen Methoden selbst erprobt. Dankbar bin ich für alle meine Lehrerinnen und Lehrer, die Verfasser von Artikeln im Netz und in Fachzeitschriften, für die Lehrbücher und Ausbildungsangebote zum Thema Stress und Resilienz. Deren Erkenntnisse habe ich als wertvolle Ergänzung in dieses Buch und in meine Trainings einbezogen und die Quellen entsprechend benannt. Mein Dank gilt vor allem auch meiner geliebten Frau Doris. Durch ihre Beharrlichkeit, ihr Vertrauen und ihre Unterstützung mit ihrer umfassenden Erfahrung als Trainerin wagte ich als »Ü-Fünfziger« den Sprung aus einer langjährigen Festanstellung ins freiberufliche Trainerleben.
Ganz ausdrücklich bedanken möchte ich mich bei Sylvia Kéré Wellensiek, die mit ihren Arbeiten viel dazu beitrug, dass ich mich neben einer hervorragenden Trainer- und Mediatorenausbildung zu guter Letzt zum Trainer für Resilienz, Stress- und Konfliktmanagement entwickelt habe. Ebenso möchte ich mich bei Roman Soucek, Nina Pauls und ihre Kolleginnen und Kollegen von den Universitäten Erlangen und Freiburg für ihr öffentlich gefördertes Resilire-Projekt bedanken. Danke auch an Gerd Kaluza und Jon Kabat-Zinn, Reinhard Mundt, Wolf Singer und Doris Kirch, Friedemann Schulz von Thun und viele andere Autorinnen und Autoren, von denen ich lernen durfte. Den Stressforschern Hans Selye, Frederic Vester sowie Viktor E. Frankl gebührt posthum mein Dank. Für die hervorragenden Blog-Beiträge zu Change-Prozessen und agiler Führung sei Sebastian Kindler und Andreas Diehl ebenso herzlich gedankt. Durch die Verknüpfung dieser spezialisierten Themenbereiche mit dem Thema Resilienz, verbunden mit unserer Trainingserfahrung, haben wir dieses weiterführende Trainingskonzept entwickelt.
Wir führten dieses Seminarprogramm seit vielen Jahren erfolgreich in Präsenzveranstaltungen durch. Es ist heute ein hervorragendes Lernkonzept für gesteigerte Widerstandskraft, mehr Lebens- und Arbeitsfreude sowie für stabile Resilienz. Befeuert durch die Pandemie entwickelten wir das Training auch im Live-Online-Format. Das Ergebnis war ein voller Erfolg und ermutigte mich, dieses Trainingsbuch zu verfassen. Lassen Sie sich durch die Lektüre und die Übungen ein Stück auf Ihrem Wege begleiten.
Mein ausdrücklicher Dank geht an Peter Böke für sein ausgezeichnetes Lektorat. Doch, bevor es losgeht, möchte ich einen Hinweis zum Schreibstil des Buches geben: Bewusst habe ich überwiegend das generische Maskulinum gewählt, um das leichtere Lesen zu fördern. Betonen möchte ich ausdrücklich, dass damit alle weiblichen und diversen Leserinnen und Leser gleichermaßen angesprochen, geachtet und wertgeschätzt sind. Ab jetzt spreche ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit »Du« an, um die Distanz zwischen den Buchinhalten und dir als Leserin und Leser zu verkürzen.
Tue Gutes und rede darüber
»Der Workshop war spannend, praxisnah, interaktiv – unser Trainer punktete nicht nur mit zwei Jahrzehnten Berufserfahrung, sondern verstand auch, die anspruchsvolle Materie knackig, anschaulich und humorvoll zu vermitteln. Pandemiebedingt fand der Präsenzkurs online statt und doch war schnell eine vertrauensvolle, ja familiäre Atmosphäre geschaffen, gespickt mit zahlreichen Übungen in (digitalen) Nebenräumen. Ich habe vom Training viel erwartet und noch mehr bekommen. Daher werde ich es 10/10 weiterempfehlen.«
W. v. F.
Online-Materialien zum Buch
Auf https://rudi-dobrinski.de/download/ findest du zahlreiche Übungsunterlagen und Arbeitsblätter, die du begleitend zur Lektüre dieses Buches für dein Resilienztraining nutzen kannst. Den Zugangscode zu dieser Website findest du am Buchende.
»Egal ob du denkst, du schaffst es, oder du schaffst es nicht. Du hast immer Recht!«
Henry Ford
Resilienz – eine Begriffsbestimmung
Der Begriff ResilienzResilienz, Begriffsbestimmung stammt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet die Fähigkeit eines Werkstoffs, sich verformen zu lassen und dennoch in die ursprüngliche Form zurückzufinden. Resilienz beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.
Übertragen auf den Menschen bezeichnet Resilienz die Fähigkeit, die tägliche Welle von Herausforderungen, Krisen und Veränderungen mit Stärke und mentaler Kraft zu »surfen«, sei es im Beruf oder im Privatleben. Resiliente Menschen erholen sich schnell von Rückschlägen und gehen präsent, stabil und souverän aus schwierigen Situationen hervor – sie nutzen ihre eigene Stärke, um der Welt erfolgreich zu begegnen.
Dieses Trainingsbuch will eine praktische Anleitung geben, um unsere noch unbewussten Kraftressourcen zu erforschen, zu fördern und praktisch zu nutzen. Du erfährst, was Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und Optimismus im täglichen Leben und Arbeiten bedeutet und wie du private und arbeitsbezogene Herausforderungen gut bewältigst. Mit gesteigerter Widerstandskraft trägst du aktiv zur eigenen Gesundheit bei. Darüber hinaus kannst du dich mit einer gut entwickelten Resilienz länger am aktiven Erwerbsleben beteiligen. Langjährig erworbene Kompetenzen erfahrener Mitarbeiter bleiben so dem Unternehmen länger erhalten. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist die Nutzung der spezifischen Stärken älterer Arbeitnehmer für viele Unternehmen von besonderem Interesse. Wir befinden uns derzeit in einer Phase am Arbeitsmarkt, in der die sogenannten »Babyboomer«, also die geburtenstarken Jahrgänge, das Rentenalter erreichen. Viele ältere Arbeitnehmer möchten aufgrund des Fachkräftemangels erst später den Ruhestand antreten. Wenn die Zeit gekommen ist und du es willst, kannst du dich länger am aktiven Erwerbsleben beteiligen – am besten psychisch und physisch gesund – mit persönlicher Resilienz.
ResilienzResilienz, persönlicher Nutzen bezeichnet die Fähigkeit, positiv mit schwierigen Situationen umzugehen. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie schnell man sich von Rückschlägen erholen und diese überwinden kann. Im Arbeitskontext umfasst resilientes Verhalten folgende Aspekte:
Die Bewältigung von emotionalem Stress und hoher Arbeitsbelastung.
Die Fähigkeit, schwierige Erfahrungen positiv umzudeuten.
Die Übernahme von Verantwortung, ohne in der Opferrolle zu verharren.
Die Bewältigung selbst großer Herausforderungen durch eine umfassende, strukturierte Planung.
Die Fähigkeit, durch individuelle Beharrlichkeit und innere Stärke realistische Ziele fokussiert umzusetzen.
Dieses Trainingsbuchmöchte Denkanstöße geben und dazu motivieren, die eigene Widerstandskraft und Resilienz in allen Lebensbereichen zu stärken. Mithilfe von Übungen, die teilweise speziell für dieses Buch entwickelt wurden, erfährst du, wie du deine Widerstandskraft langfristig stärkst:
Du stärkst deine Widerstandsfähigkeit, indem du durch achtsame und klarere Selbstwahrnehmung deine Ressourcen erkennst, dich selbst aktiv führst, Akzeptanz übst, wo es nötig ist, und dir nur realistische Ziele setzt.
Im Umgang mit stressigen Situationen kannst du souveräner und gelassener werden.
Du erkennst deine Handlungsspielräume und lernst, diese zu besetzen.
Du ziehst dich zurück, wo deine Energie zu verpuffen droht.
Du kennst deine eigenen Grenzen und holst dir rechtzeitig Unterstützung, wenn du allein nicht weiterkommst.
Du lernst, Nein zu sagen, Grenzen zu ziehen und ein Stoppschild zu setzen.
Du erhältst Gelegenheit, dich mit dir selbst und deinen Emotionen zu beschäftigen.
Mithilfe von Reflexionsübungen lernst du, schwierige Erfahrungen positiv umzudeuten, destruktive Denkmuster wahrzunehmen und durch andere, konstruktive Gedanken zu ersetzen.
Du erfährst, wie du dich gegen Stress wappnen und gestärkt aus belastenden Situationen hervorgehen kannst.
Resilienz, Faktoren eines resilienten UnternehmensUnternehmen stehen heute vor großen Herausforderungen. Der internationale Wettbewerbsdruck, schnelle Marktbewegungen und die ständige Produktweiterentwicklung stellen nur einige davon dar. Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, sind schnelle Informationsflüsse und eine effiziente Kommunikation unerlässlich. Hinzu kommt, dass die Anzahl guter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der demografischen Entwicklung zurückgeht, wodurch der sogenannte War of Talents auf dem Arbeitsmarkt tobt.
Hohe Anforderungen (z. B. kurze Innovationszyklen, schnell wechselnde Technologien oder fehlendes Personal) prägen die moderne Arbeitswelt, gefährden aber zugleich die psychische Gesundheit von Menschen aller Altersgruppen. Aufgrund von Stress und Burnout ist ein zunehmender Krankenstand zu verzeichnen. Um das Wissen und das Engagement erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und zu nutzen, ist ein positives Arbeitsumfeld mit einer vertrauensvollen Geschäftsführung sowie eine wertschätzende Unternehmenskultur von großer Bedeutung. Resiliente Unternehmen verfügen über ein solides Fundament, das es ihnen ermöglicht, Phasen von Umbrüchen oder schwächerer Konjunktur nicht nur durchzustehen, sondern auch als gute Gelegenheit zu nutzen. Folgende Aspekte sind entscheidend für eine gelungene Burnout-Prävention bei Mitarbeitenden und damit für die Stärkung der Widerstandskraft des Unternehmens:
fachliche Kompetenz auf allen Ebenen
die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am richtigen Platz
solide Finanzierung und neutrale, fachliche Kontrolle
die Kenntnis und Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse
klare Rollen und Verantwortlichkeiten
gelebte Unternehmenswerte
offene Informationspolitik
wertschätzende Kommunikation
konstruktiver Umgang mit Kritik und Fehlern
Widerstandsfähige Mitarbeitende in resilienten Unternehmen können auch in schwierigen Situationen auf alle Ressourcen zugreifen. Gegenseitiger Respekt und Empathie machen ebenso den Unterschied wie die innere Ausrichtung aufs Gelingen und auf das Unternehmensziel. Hinzu kommt ein konstruktiver Umgang mit Fehlern und Rückschlägen. Resiliente Teams arbeiten gezielt und bewusst an ihrer Krisenkompetenz und ziehen genau daraus ihren Impact, ihre Wirksamkeit.
Resilienz, drei Fundamente der ResilienzAchtsamkeitOptimismusSelbstwirksamkeitBei all den beschriebenen Herausforderungen ist es im beruflichen Umfeld trotz hoher Arbeitsbelastung möglich, ein Gefühl der Sicherheit zu empfinden. Indem wir eine persönliche Resilienz ausbilden, tragen wir in der täglichen Führungsarbeit maßgeblich zu einem konstruktiven Lernverhalten im Team bei. Man lernt, mit unterschiedlichen Persönlichkeiten im Team umzugehen. Die Rollen und Aufgaben der Führung und der Mitarbeitenden sind eindeutig zu definieren und einzunehmen. Dies schafft Klarheit, Sicherheit und somit Resilienz.
Ein konstruktiver Umgang mit Fehlern fördert eine gewinnbringende Fehlerkultur im Unternehmen. Besonders für die Stärkung der Innovationskraft wird der richtige Umgang mit Fehlern zum Erfolgsmotor resilienter Teams. Ein weiterer Resilienzfaktor im Unternehmen ist die flexible Anpassung von Ressourcen an sich ständig veränderte Anforderungen. Indem man seine eigenen Handlungsspielräume realistisch einschätzt und sich seiner eigenen Wirksamkeit bewusst ist, stärkt man nachhaltig den eigenen Selbstwert und die Teamarbeit.
Dieses Resilienz-Trainingsbuch enthält individuelle und organisatorische Instrumente zur Förderung und Nutzung der psychischen Widerstandsfähigkeit von Führungskräften und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und erschließt diese als persönliche und betriebliche Ressource. Dabei liegt der Fokus auf den drei Fundamenten der Resilienz und ihren Wechselwirkungen. Es sind Optimismus, Achtsamkeit und Selbstwirksamkeit (vgl. Soucek et al. 2017).
Abb. 1:
Die drei Fundamente der Resilienz: Optimismus, Achtsamkeit und Selbstwirksamkeit
Konkret bedeutet dies:
1. Den Optimismus stärken, auch bei hoher Arbeitsbelastung
OptimismusDu übst positives Denken und entwickelst eine optimistische Einstellung.
Du achtest auf deine Gedanken, erkennst und vermeidest potenzielle Denkfallen.
Du trainierst eine konstruktive und wertschätzende Kommunikation und förderst eine positive Fehlerkultur im Umgang mit dir und mit anderen.
2. Selbstwirksamkeit erkennen und Verantwortung übernehmen
SelbstwirksamkeitDu verlässt bewusst die Opferrolle und erkennst deine eigenen Wirkungsbereiche.
Du lernst, in schwierigen Situationen an dich selbst zu glauben.
Du reflektierst deine Erfolge nach der Bewältigung von schwierigen Herausforderungen und erkennst deine eigenen Stärken, getreu dem Motto: Gut gemacht! Denn Selbstlob stimmt!
Durch beharrliche Selbstwertschätzung baust du dich in schwierigen Situationen immer wieder selbst auf.
Du lernst, auf andere zu bauen, indem du ein tragfähiges Netzwerk in deinem privaten Umfeld, im Team und im Unternehmen aufbaust und pflegst.
3. Achtsamkeit trainieren
AchtsamkeitAchtsamkeit bedeutet, Bewertungen einfach mal beiseitezulassen.
Du lernst, auf die Selbstwirksamkeit deiner Gedanken zu achten, mit den Worten von Henry Ford: »Egal ob du denkst, du schaffst es, oder du schaffst es nicht, du hast immer Recht!«
Du erhöhst die Anzahl an Möglichkeiten und Optionen durch achtsames Denken und Handeln mit einer positiven inneren Haltung.
Du übst, deine Aufmerksamkeit von der Problemfixierung hin zur Lösungsorientierung zu lenken, denn du hast immer die Wahl.
Du wirst dir deiner Gefühle bewusst und lernst, sie zu achten.
Durch eine konsequente Ausrichtung auf neue Denk- und Handlungsmuster können schädliche, nicht mehr angemessene Gewohnheiten überwunden werden.
Achtsam und freundlich mit dir selbst und deinen Bedürfnissen umzugehen schafft Balance und steigert deine persönliche Resilienz.
GesundheitBei all den Herausforderungen des Arbeitslebens ist für die meisten Erwerbstätigen Arbeit nicht nur eine Notwendigkeit, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern, sondern auch ein bedeutsamer Teil des Lebens und eine Quelle der Bereicherung. Ein sicherer Arbeitsplatz bringt Glücksgefühle und Zufriedenheit, da er oft ein stabiles soziales Umfeld bietet und somit den positiven Selbstwert fördert. In der Corona-PandemieCorona-Pandemie, in der viele Mitarbeitende ins Home-Office gingen, wurde deutlich, dass der direkte Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen einen erheblichen sozialen Mehrwert in der Zusammenarbeit im Unternehmen darstellt. Für uns als soziale Wesen können Videokonferenzen und Telefonschalten diese persönliche Interaktion nicht vollständig ersetzen.
Neben der Arbeit gibt es auch andere Verpflichtungen wie möglicherweise Elternschaft, Haus- oder Wohnungseigentum und die Pflege von Familienangehörigen, die uns zusätzlich belasten und nicht nur die Psyche, sondern auch den gesamten Organismus beeinflussen können. Eine zu hohe Belastung kann sich negativ auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die optimistische Grundeinstellung auswirken. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts waren körperliche Belastungen wie die Arbeit der »Trümmerfrauen« und der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit die Hauptursache für gesundheitliche Probleme am Arbeitsplatz.
Mit dem technischen Fortschritt und der raschen Entwicklung der modernen Datenverarbeitung haben sich die Belastungen zunehmend von körperlicher Überarbeitung hin zu psychischem Druck und Gefühlen der Überforderung verschoben. In der heutigen Arbeitswelt haben sich Gesundheitsrisiken auf diese psychische Ebene verlagert, und »Stress« wurde für den »Normalbürger« zu einem alltäglichen Begriff. Bereits in den 1970er Jahren beschrieb der Biochemiker Frederic Vester in seinem Buch »Phänomen Stress« diese Problematik ausführlich (vgl. Vester 1970).
Für gewöhnlich hat ein Veränderungsprozess einen Prozessanfang und ein Prozessende. Doch im 21. Jahrhundert zeichnet sich die moderne Arbeitswelt durch nicht enden wollende, permanente Veränderungen aus. Nach dem Prozessende entfällt heute häufig eine Ruhephase, in der man das Ergebnis lebt, bevor neue Veränderungen zu bewältigen sind. Offene Grenzen für Wissen und Neuentwicklungen, die Globalisierung und sich ständig verändernde Märkte, Firmenzusammenschlüsse, Umstrukturierungen und vieles mehr führen zu einem extremen Arbeitstempo und hohem Leistungsdruck. Die Abhängigkeit von technischen Entwicklungen steigt, was zu immer schnelleren Prozessen und höherer Komplexität führt. Gleichzeitig nimmt die Gestaltungsmöglichkeit des Einzelnen durch die Einführung des Silodenkens an vielen Arbeitsplätzen ab, was zu einem Verlust von Sinnhaftigkeit im Job und somit zu persönlicher Unzufriedenheit führen kann. Konkurrenzdruck und hohe persönliche Ansprüche verstärken diesen Stress zusätzlich. Im Privatleben können Anforderungen und familiäre Verpflichtungen zu einer dauerhaften Belastung für Körper, Geist und Seele führen. Daher beschäftigen sich Unternehmen zunehmend damit, wie sie die Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Motivation ihrer Führungskräfte und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern und erhalten können.
GesundheitGesundheitSelbstfürsorge bedeutet nicht nur, frei von Krankheiten zu sein. Sich um seine Gesundheit zu kümmern heißt, seine Lebensgewohnheiten zu reflektieren und ein harmonisches Gleichgewicht mit der gesamten Umgebung zu finden. Wohlbefinden und uneingeschränkte Handlungsfähigkeit gehören zum Gesundsein dazu. Körperliche Fehlfunktionen wie Schmerz und andere Einschränkungen werden eher als Krankheit verstanden.
Eine Redewendung besagt: »Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.« Wer gesund ist, kann auf all seine Potenziale und Kraftreserven zurückgreifen. Eine stabile Gesundheit hilft dabei, auch in turbulenten Zeiten leistungsfähig zu bleiben. Daher ist es gut zu wissen, wie wir unsere Gesundheit erhalten können und Belastungsfaktoren rechtzeitig erkennen und abmildern. Wer leistungsfähig bleiben möchte, sollte sich Gedanken über gesundheitsförderliche Faktoren machen. Damit ist nicht in erster Linie der Griff in die Hausapotheke gemeint, sondern achtsame Verhaltensweisen. Wenn wir beispielsweise genau wissen, was uns guttut oder was uns schadet, können wir unsere Gesundheit gezielt fördern.
Gesundheit wird als dynamischer Prozess verstanden, der eine persönliche und bewusste SelbstfürsorgeSelbstfürsorge erfordert. Jeder sollte darauf achten, die unterschiedlichen Ansprüche immer wieder auszugleichen. Diese Ansprüche stellen wir oft selbst an uns, und nicht selten geht es darum, anderen zu gefallen. Leider kümmern wir uns oft erst um unsere Gesundheit, wenn wir krank sind. Dabei definieren wir Gesundheit nicht im Sinne von Wohlbefinden, sondern als »Nicht-Kranksein«. Wir richten uns oft nach dem, was uns nicht schadet, anstatt darauf zu achten, was uns tief im Inneren guttut. Selbst bei der Auswahl unserer Lebensmittel schauen wir eher nach den enthaltenen Schadstoffen als danach, was uns guttut. Wenn wir krank werden, können medizinische Maßnahmen selbst bei optimalen Ergebnissen nur dazu führen, dass wir nicht mehr krank sind. Für unser persönliches Wohlbefinden und unsere Lebensfreude brauchen wir mehr.
Ein Ausspruch von Eugen Roth, den mein früherer Hausarzt gern bei einem »Schwätzchen« zitierte, kann uns zum Nachdenken bringen:
»Was bringt den Doktor um sein Brot? a) Gesundheit, b) der Tod. Drum hält der Arzt, auf dass er lebe, uns zwischen beiden in der Schwebe.«
Eugen Roth
Deshalb sollten wir das Heft des Handelns nicht nur Ärzten überlassen, sondern Verantwortung für uns selbst übernehmen und unsere eigene Gesundheit fördern.
GesundheitGesundheit beschreibt einen Zustand auf verschiedenen Ebenen. Sie inkludiert nicht nur den körperlichen Top-Zustand, sondern auch eine positive psychische Grundeinstellung und Zufriedenheit im sozialen Umfeld. Doch lass uns im nächsten Absatz überlegen, was geschieht, wenn individuelle Disposition, persönliche Prägung sowie erlerntes und noch nicht reflektiertes eigenes Verhalten und die entsprechenden Vorerfahrungen einen ungünstigen Verlauf einschlagen. Hier wählen wir das Beispiel eines Burnout-Syndroms, auch Erschöpfungsdepression genannt. Dazu vorab einige Zahlen.
ErschöpfungsdepressionIn den letzten Jahren hat sich die Zahl der Krankschreibungen aufgrund von Erschöpfungssymptomen wie BurnoutBurnout vervielfacht, und der Trend zeigt weiterhin nach oben. Doch wer ist am anfälligsten für eine Burnout-Erkrankung? Ist es das vermeintliche »Weichei«, dem alles zu viel ist, oder der engagierte Leistungsträger, der Verantwortung übernimmt, hoch motiviert ist und einspringt, wenn es brennt? Es wird vermutet, dass der motivierte Leistungsträger gefährdeter ist als jemand, der auf seine Ruhepausen achtet. Laut einer Auswertung von zehn Millionen AOK-Versichertendaten sind bis zu 30 % der arbeitenden Bevölkerung von schwerer Erschöpfung betroffen. Eine neuere Studie zeigt, dass die Kosten einer Burnout-Erkrankung erheblich sein können. Zum Beispiel kann die Erkrankung von drei Lehrern bis zu einer Million Euro kosten, einschließlich Krankheitszeiten, Arzt- und Klinikbesuche, Vertretungskosten und Maßnahmen zur Wiedereingliederung. Abgesehen vom menschlichen Leid, das mit einer Erkrankung einhergeht, stellt sich die betriebswirtschaftliche Frage: Was ist kosteneffizienter – der Ausfall, die Behandlung und Wiedereingliederung eines Erkrankten oder wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen? In der Pressemitteilung Nr. 316 des Statistischen Bundesamtes vom 27. Juli 2022 fand ich diese vertiefenden Zahlen und Fakten:
Gesundheit, Krankheitskosten»[…] Im Jahr 2020 verursachten Krankheiten und Gesundheitsprobleme in Deutschland Kosten in Höhe von 431,8 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, sind die Krankheitskosten damit im Vergleich zu 2015 insgesamt um 28 % gestiegen. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Kosten haben sich von 2015 bis 2020 um 25 % auf 5 190 Euro erhöht. Bei Frauen lagen sie 2020 mit 5 690 Euro etwa um 1 000 Euro höher als bei Männern. Jedoch haben sich die Pro-Kopf-Kosten von Männern und Frauen im Zeitverlauf angeglichen.«
Obwohl die Zahlen für sich sprechen, wollen wir nun genauer betrachten, was passieren kann, wenn man es zulässt, völlig auszubrennen.
Ein BurnoutBurnout, vier Stufen einer Burnout-Erkrankung durchläuft in der Regel diese vier Stufen:
Stufe 1:
Hyperaktivität
Stufe 2:
Frustration und Sinnverlust im Job
Stufe 3:
Messbare Reduktion der Leistungsfähigkeit
Stufe 4:
Existenzielle Hoffnungslosigkeit
Lass uns nun die einzelnen Stufen bzw. Phasen genauer anschauen.
Stufe 1: Hyperaktivität
HyperaktivitätAuf der ersten Stufe des Burnout-Syndroms, der Hyperaktivitätsphase, sind Führungskräfte und Mitarbeitende hochmotiviert und konzentrieren sich hauptsächlich auf ihre Karriere und das Erreichen persönlicher Ziele. Persönlicher Erfolg vermittelt ein Gefühl von Stolz und zunächst tiefe Zufriedenheit. Es läuft im Job sehr gut – man könnte Bäume ausreißen. Mehrarbeit ist kein Problem, und private Interessen werden hintangestellt. Doch dabei vernachlässigen Betroffene oft ihre eigenen Bedürfnisse wie körperlichen Ausgleich und erfüllende Freizeitbeschäftigungen. Freunde kann man ja versetzen. Du setzt dir oft zu hohe Ziele, die unrealistisch sind und somit nicht erreicht werden können. Eine überfüllte To-do-Liste lässt sich nicht mehr bewältigen, und das Unvermögen, Nein zu sagen, führt irgendwann zu Unzufriedenheit und Frustration. Besonders in helfenden Berufen oder im Ehrenamt kann eine Burnout-Dynamik entstehen, wenn das Mitgefühl etwa zum Pflegebedürftigen in Mitleid umschlägt und die professionelle Distanz zu den zu pflegenden Mitmenschen verlorengeht. Während sich das Engagement des Einzelnen ausschließlich auf Arbeit und Leistung fokussiert, wird der Ausgleich und die eigene Erholung vernachlässigt. Wenn dann die gewünschte Anerkennung von außen ausbleibt, beispielsweise von Vorgesetzten oder Kollegen, führt dies zu reduziertem Engagement, der zweiten Stufe des Burnout-Syndroms.
Stufe 2: Frustration und Sinnverlust im Job
FrustrationSinnverlustVersetze dich für Stufe 2 des Burnout-Syndroms beispielsweise in diese Situation: Du hast jahrelang hart gearbeitet, dein Bestes gegeben, viel Zeit investiert, nicht nach mehr Gehalt gefragt und deine Freunde vernachlässigt – doch wo bleibt die Anerkennung? Du bist sicher, dass du zu den »Guten« gehörst. Du bist ein leistungsstarker Mitarbeiter und eine verlässliche Stütze für das Unternehmen. Du hast alle Aufgaben klaglos erledigt, Kompetenzen erworben und glaubst, unersetzlich zu sein. Du bist überzeugt, dass es ohne dich nicht gut weitergehen würde. Doch dann passiert Folgendes: Kein Dank, keine Anerkennung, kein höheres Gehalt. Deine Kolleginnen und Kollegen sowie die direkte Vorgesetzte haben sich daran gewöhnt, dass du immer Höchstleistungen erbringst, und wenn du am Ende deiner Kraft bist, beschleicht dich das Gefühl, nur ausgenutzt worden zu sein.
Dein ursprünglich positives Gefühl schlägt in eine negative Einstellung zum Job um. Du stumpfst ab und möchtest nichts mehr mit deinen Kolleginnen und Kollegen unternehmen. Es gibt kaum noch Freunde in deinem Leben. Du bist frustriert und innerlich hast du schon gekündigt. Es wird für dich immer schwieriger, trotz dieser negativen Einstellung noch Höchstleistungen zu erbringen. Burnout ist eine Erkrankung, die dem Krankheitsbild der Depression zugerechnet wird. Die depressive Stimmung tritt bereits kurz vor Stufe 3 auf, und der tatsächliche Abbau der Leistungsfähigkeit wird erkennbar. Jetzt könntest du noch diesem Teufelskreis entkommen, wenn dir deine Gedankenfallen bewusstwerden (Kapitel 3.2.2) und du irgendetwas anders machst. Nein zu sagen wäre ein guter Anfang.
Stufe 3: Messbare Reduktion der Leistungsfähigkeit
LeistungsfähigkeitSpätestens auf der dritten Stufe, in der die Leistungsfähigkeit merklich abfällt und Fehler sich häufen, solltest du als die direkte Führungskraft auf den betroffenen Mitarbeitenden aufmerksam werden. Anzeichen wie KonzentrationsschwächeKonzentrationsschwäche und eine unsystematische Arbeitsweiseunsystematische Arbeitsweise sind erkennbar, und aus Angst vor Fehlern werden wichtige Entscheidungen tunlichst vermieden. In dieser Phase kannst du nur noch das Nötigste erledigen. Die Ehefrau des Profifußballers und Torhüters Robert Enke berichtete, dass er in einer depressiven Phase einen sogenannten Tunnelblick hatte. Sie gründete die Robert-Enke-Stiftung für Menschen, die Hilfe bei DepressionenDepression suchen. Dieses Symptom und ein rigides Schwarz-Weiß-Denken kennzeichnen ebenfalls die dritte Stufe des Burnouts.
Es ist schwer vorstellbar, wie Mitarbeitende, die sich auf dieser Stufe befinden, mit ständigen Veränderungen oder sogar Change-Prozessen zurechtkommen sollen. Deshalb solltest du in deiner Führungsarbeit spätestens jetzt auf den Mitarbeitenden aufmerksam werden und ein persönliches Gespräch suchen. Ein konstruktives Gespräch über die Leistung oder die hohe Fehlerquote kann als Anlass dienen. Im persönlichen Austausch mit dem Mitarbeitenden besteht eine gute Möglichkeit, die wahren Hintergründe von Fehlleistungen zu erforschen und rechtzeitig zu handeln. Wenn dieser Zeitpunkt verpasst wird, kann dies dazu führen, dass der Mitarbeitende sich verzweifelt fühlt. Damit kündigt sich die Stufe 4 des Burnouts an.
Stufe 4: Existenzielle Hoffnungslosigkeit
HoffnungslosigkeitMenschen auf der vierten Stufe fühlen sich oft hilflos, verzweifelt oder im Stich gelassen. Der Blick in die Zukunft färbt sich düster. Alle Bemühungen erscheinen sinnlos, und selbst wenn sie sich ausruhen oder eine Auszeit nehmen, haben sie das Gefühl, 1.000 Stunden schlafen zu müssen, da sich ihr Energiespeicher einfach nicht mehr füllt. Sie schlafen oft gar nicht oder schlecht, und die täglichen Sorgen lassen sich einfach nicht mehr abschütteln. Sie fühlen sich morgens wie gerädert, und psychische sowie psychosomatische Symptome werden spürbar und auch von außen erkennbar. Obwohl der Betroffene körperlich gesund ist, geht einfach nichts mehr. Der Stecker ist gezogen, und das gesamte System stürzt ab. In dieser Phase besteht durchaus Suizidgefahr. Spätestens jetzt ist der Arzt gefragt, und gegebenenfalls ist eine stationäre Behandlung notwendig.
Burnout, vier Stufen einer Burnout-ErkrankungDie vier Stufen eines Burnouts entfalten eine diabolische Dynamik. Um sie zu überwinden oder ihr präventiv zu begegnen, ist es neben der Entwicklung persönlicher Resilienz ebenso angebracht, im Unternehmen auf Faktoren zu achten, die Resilienz fördern. Im nächsten Kapitel wollen wir uns genauer anschauen, wie man am besten mit persönlichem Stress umgeht.
Echter Stress oder nur viel los?
Gesundheit, Gesundheitsrisiko StressStressEine gute Gesundheit ist eine notwendige Voraussetzung, um im Arbeitsalltag ein hohes Arbeitspensum kraftvoll und souverän bewältigen zu können. Leider sieht die Realität oft anders aus. Führungskräfte und Mitarbeitende fühlen sich auf allen hierarchischen Ebenen zunehmend gestresst. Aufgrund der Komplexität von Arbeitsaufgaben, dem wachsenden Zeitdruck und einem sehr großen Workload sind sie oft nicht in der Lage, angemessen mit den Belastungen umzugehen. Laut einer Befragung der Techniker Krankenkasse empfinden inzwischen fast 60 % der Deutschen ihr gesamtes Leben als stressig, jeder Fünfte fühlt sich sogar unter Dauerstress. Sehr stark betroffen sind Beschäftigte zwischen 35 und 45 Jahren. Diese Altersgruppe schultert neben den beruflichen Anforderungen die Kindererziehung, den Haushalt und die eigene Karriere. Oft versuchen Menschen dieser Altersgruppe auch noch den Bedürfnissen der eigenen Eltern bzw. Schwiegereltern gerecht zu werden. Nach einer Studie der Techniker Krankenkasse fühlen sich in dieser Gruppe bereits acht von zehn Personen gestresst, jeder Dritte sogar ständig.
StressStress, Volkskrankheit Stress hat sich zur Volkskrankheit Nummer eins entwickelt, und das unabhängig von Ausbildung oder sozialem Status der Betroffenen. Auch wenn Stress überwiegend negativ verstanden wird, gibt es eine durchaus positive Seite von Stress, die wir im nächsten Abschnitt näher betrachten wollen.
Stress, biologischer Sinn des StressmechanismusStress ist im Grunde genommen ein uraltes Programm unserer DNA. Deshalb reagieren wir in Stresssituationen immer noch ähnlich wie unsere Vorfahren vor vielen tausend Jahren. In solchen Momenten aktiviert unser Körper das alte »Kampf oder Flucht«-Programm, was vor allem zu folgenden biochemischen Reaktionen führt:
Das Gehirn wird stärker durchblutet und aktiviert.
Der Speichelfluss nimmt ab, wodurch der Mund trocken wird.
Die Bronchien weiten sich, die Atmung wird schneller.
Die Muskelspannung erhöht sich, Reflexe werden besser.
Der Blutdruck steigt, das Herz schlägt schneller, und man beginnt zu schwitzen.
Es wird mehr Energie (Blutzucker) bereitgestellt.