Mitarbeitergespräche - Rüdiger Hossiep - E-Book

Mitarbeitergespräche E-Book

Rüdiger Hossiep

0,0
23,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Mitarbeitergespräch gehört zu den wichtigsten Personalführungs- und Motivationswerkzeugen und wird in einer digitalisierten Arbeitswelt mit reduzierten persönlichen Kontakten noch weiter an Bedeutung gewinnen. Motivierende, wirksame und nachhaltige Mitarbeitergespräche dauern nicht länger als demotivierende Gespräche, die bestehende Probleme lediglich zementieren. Ihrer lösungsorientierten Gestaltung kommt damit eine entscheidende Bedeutung zu. Dieser Band liefert Führungskräften und Mitarbeitern wertvolle Informationen zur Hinterfragung und Verbesserung ihres Gesprächsverhaltens. Für Organisationen aller Art bietet das Buch eine tragfähige Basis, das Führungsinstrument "Mitarbeitergespräch" zu implementieren, zu relaunchen und zu optimieren. Die Autoren vermitteln gleichermaßen anschaulich wie fundiert sämtliche Essentials zum Thema Mitarbeitergespräch und eine Fülle praktisch anwendbarer Hinweise, Checklisten und konkreter Herangehensweisen, die von Gesprächsabläufen und Strukturierungen bis hin zu beispielhaften Formulierungen reichen. Auch in der 2. Auflage liefert dieses Buch keine Rezepte, sondern durchdachte, handhabbare, praxisbewährte Empfehlungen mit wissenschaftlicher Fundierung und ein Plädoyer für das maßgeschneiderte, adaptabile Mitarbeitergespräch.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rüdiger Hossiep

Jennifer Esther Zens

Wolfram Berndt

Mitarbeitergespräche

Motivierend, wirksam, nachhaltig

2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

Praxis der Personalpsychologie

Human Resource Management kompakt

Band 16

Mitarbeitergespräche

Dr. Rüdiger Hossiep, Jennifer Esther Zens, Wolfram Berndt

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Heinz Schuler, Prof. Dr. Jörg Felfe, Dr. Rüdiger Hossiep, Prof. Dr. Martin Kleinmann

Begründer der Reihe:

Prof. Dr. Heinz Schuler, Dr. Rüdiger Hossiep, Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Werner Sarges

Dr. Dipl.-Psych. Rüdiger Hossiep, geb. 1959. Studium der Psychologie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. 1994 Promotion. 1985–1990 Tätigkeit in der Wirtschaft bei der Unternehmensberatungsgesellschaft Schröder & Partner (Düsseldorf) und bei der Deutsche Bank AG (Frankfurt). Seit 1990 erneut an der Fakultät für Psychologie der RUB tätig, Leiter des „Projektteams Testentwicklung“.

Dipl.-Psych. & Dipl.-Oec. Jennifer Esther Zens (geb. Bittner), geb. 1979. Studium der Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. 2006 Tätigkeit als selbstständige Beraterin. 2007–2009 Unternehmensberaterin bei McKinsey & Company, Inc. Seit 2010 als Führungskraft im E.ON Konzern in verschiedenen HR-Funktionen tätig, seit Ende 2017 Vice President Compliance Investigations im Bereich Corporate Audit bei der E.ON SE.

Dipl.-Psych. Wolfram Berndt, geb. 1960. Studium der Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum und an der Bergischen Universität Wuppertal. Über 30 Jahre Erfahrung als Führungskraft im HR-Bereich eines global agierenden pharmazeutischen Unternehmens mit 50 000 Mitarbeitern, zuletzt als Global Head of Leadership Development & Learning. Seit 2019 als Business Coach tätig.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Copyright-Hinweis:

Das E-Book einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar.

Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG

Merkelstraße 3

37085 Göttingen

Deutschland

Tel. +49 551 999 50 0

Fax +49 551 999 50 111

[email protected]

www.hogrefe.de

Umschlagabbildung: © pixelfit – iStock.com by Getty Images

Satz: Matthias Lenke, Weimar

Format: EPUB

2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2020

© 2008 und 2020 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-3002-7; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-3002-8)

ISBN 978-3-8017-3002-4

http://doi.org/10.1026/03002-000

Nutzungsbedingungen:

Der Erwerber erhält ein einfaches und nicht übertragbares Nutzungsrecht, das ihn zum privaten Gebrauch des E-Books und all der dazugehörigen Dateien berechtigt.

Der Inhalt dieses E-Books darf von dem Kunden vorbehaltlich abweichender zwingender gesetzlicher Regeln weder inhaltlich noch redaktionell verändert werden. Insbesondere darf er Urheberrechtsvermerke, Markenzeichen, digitale Wasserzeichen und andere Rechtsvorbehalte im abgerufenen Inhalt nicht entfernen.

Der Nutzer ist nicht berechtigt, das E-Book – auch nicht auszugsweise – anderen Personen zugänglich zu machen, insbesondere es weiterzuleiten, zu verleihen oder zu vermieten.

Das entgeltliche oder unentgeltliche Einstellen des E-Books ins Internet oder in andere Netzwerke, der Weiterverkauf und/oder jede Art der Nutzung zu kommerziellen Zwecken sind nicht zulässig.

Das Anfertigen von Vervielfältigungen, das Ausdrucken oder Speichern auf anderen Wiedergabegeräten ist nur für den persönlichen Gebrauch gestattet. Dritten darf dadurch kein Zugang ermöglicht werden.

Die Übernahme des gesamten E-Books in eine eigene Print- und/oder Online-Publikation ist nicht gestattet. Die Inhalte des E-Books dürfen nur zu privaten Zwecken und nur auszugsweise kopiert werden.

Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audiodateien.

Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in die Thematik

1.1 Begriffsklärungen

1.2 Definition

1.3 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten

1.4 Das Credo nachhaltiger Mitarbeitergespräche

1.5 Bedeutung für das Personalmanagement

1.6 Betrieblicher Nutzen

2 Modelle

2.1 Grundlagen der Kommunikation

2.1.1 Kommunikationsmodelle

2.1.2 Gesprächsstile

2.1.3 Schaffen eines positiven Gesprächsklimas

2.1.4 Im Gespräch motivieren

2.1.5 Bedeutung der Körpersprache

2.2 Feedback

3 Analyse und Maßnahmenempfehlung

3.1 Das Mitarbeitergespräch als Instrument oder als Philosophie des Umgangs miteinander

3.2 Einführung des Mitarbeitergesprächs

3.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

3.2.2 Implementierungsvoraussetzungen

3.2.3 Hinweise zum Mitarbeitergespräch im interkulturellen Kontext

3.2.4 Prozess der Einführung und Verankerung

3.3 Wirkungsweise des Mitarbeitergesprächs

4 Vorgehen und Probleme

4.1 Ablauf und Durchführung

4.1.1 Terminvereinbarung und Gesprächsvorbereitung

4.1.2 Durchführung

4.1.3 Gesprächsnachbereitung

4.2 Evaluation

4.3 Häufige Gesprächsformen

4.3.1 Das Feedbackgespräch

4.3.2 Das Beurteilungsgespräch

4.3.3 Das Personalentwicklungsgespräch

4.3.4 Das Konfliktlösungsgespräch

4.3.5 Das Rückkehrgespräch

4.3.6 Das Austritts- oder Trennungsgespräch

4.3.7 Das Mitarbeitergespräch als Bestandteil von Auswahlverfahren

4.4 Varianten der Methode und Kombinationen

4.4.1 Zielvereinbarungen

4.4.2 360°-Feedback

4.4.3 Coachinggespräche

4.4.4 Performance Management

4.4.5 Das „agile“ Mitarbeitergespräch

4.5 Probleme bei der Durchführung

4.5.1 Misslungene Kommunikation/Kommunikationsstörungen

4.5.2 Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler im Gespräch

4.5.3 Umgang mit Befürchtungen und Ängsten

4.5.4 Organisatorische Probleme

4.6 Trainingskonzepte zum Mitarbeitergespräch

5 Fallbeispiele aus der Unternehmens- und Beratungspraxis

5.1 Die Entwicklung des Mitarbeitergesprächs bei einem international tätigen Pharmaunternehmen

5.1.1 Die Ursprünge des systematischen Mitarbeitergesprächs

5.1.2 Refokussierung des Mitarbeitergesprächs: Ziele nicht aus den Augen verlieren

5.1.3 Verknüpfung von Zielen mit Elementen variabler Vergütung

5.1.4 Zu einer neuen Balance verschiedener Gesprächselemente

5.1.5 Das Mitarbeitergespräch im Kontext eines integrierten Talent-Management-Ansatzes

5.1.6 Bilanz zum Mitarbeitergespräch im Talent-Management-Prozess

5.1.7 Your Growth. Our Growth: Die neue Ära des Talent Managements

5.2 Beispieldialog: Mitarbeitergespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung

5.3 Beispieldialog: Mitarbeitergespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter mit Führungsverantwortung

6 Literaturempfehlungen

7 Literatur

8 Anhang

Checklisten: Fragen zur Vorbereitung auf das Mitarbeitergespräch

Checkliste: Vorgehen beim Kritikgespräch (Teil I)

Checkliste: Vorgehen beim Kritikgespräch (Teil II)

Checkliste: Vorgehen beim Abmahnungsgespräch

Sachregister

Karten

Ablauf des Mitarbeitergesprächs

Feedbackregeln (zum Umgang mit Rückmeldungen)

Anregungen für das Mitarbeitergespräch

10 Gebote guten Zuhörens

|1|1 Einführung in die Thematik

1.1 Begriffsklärungen

Vom multifunktionalen Beurteilungssystem über das Mitarbeitergespräch hin zum Performance Management System und wieder zurück zum Mitarbeitergespräch? So könnte man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte auf dem Feld von Führung, Mitarbeiterbeurteilung und Personalentwicklung etwas pointiert beschreiben.

Zu Beginn der 1970er Jahre erreichten die von den USA in den deutschsprachigen Raum einfließenden Bemühungen um systematische Instrumente zur Gesprächsführung und zur betrieblichen Mitarbeiterbeurteilung einen ersten Höhepunkt. Nahezu alle größeren Organisationen (ausdrücklich nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern Zusammenschlüsse aller Art, also auch bspw. Non-Profit-Organisationen, Verwaltungen und Verbände) hatten ihre eigenen Systematiken entwickelt. Diese wurden als Instrumente zur Lösung vielfältiger Fragen der Personalführung gesehen, wie eine optimale Personaleinsatz- und Nachfolgeplanung, eine leistungsgerechte Entgeltfindung oder eine zielgerichtete Personalentwicklung. Auch mit gehörigem zeitlichen Abstand trifft die eingangs formulierte Beschreibung – abgesehen von der Wortwahl und der Verwendung der „Modebegriffe“ – durchaus auf zahlreiche Aussagen zu aktuellen, umfassenden Konzepten des Performance Managements zu. Die Führung von Mitarbeitern wird als organisationales Kernthema seit Jahrzehnten analysiert, diskutiert sowie trainiert und auch aktuell ist die Forschung bemüht, umfassende Ansätze zu entwickeln.

Grundlegende Herausforderungen bleiben für jede Führungskräftekohorte die gleichen basalen Kernkompetenzen, die stets aufs Neue von Unternehmen und Mitarbeitern eingefordert werden. („It is like going to mass, you have to say it over and over“, wie sich ein langjährig international tätiger Personalmanager einmal äußerte.)

Nicht zuletzt befördert durch das Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes 1972, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, dass jeder Mitarbeiter1 über seine Leistungen und sein Verhalten Rückmeldung zu erhalten hat, wurde das idealtypische Modell „Mitarbeitergespräch“ schnell zu einem in deutschen Unternehmen verbreiteten Ansatz. Seit Jahrzehnten sind hierbei zahlreiche Varianten der Implementierung des Mitarbeitergesprächs (MAG) erprobt worden: Von der Einführung als reines Tool zur Beurteilung und Entwicklung von Mitarbeitern unter neuem Etikett bis hin zum umfassenden Führungsmodell inklusive damit verknüpfter Führungs- und Unternehmensgrundsätze.

|2|Fest steht: Das Mitarbeitergespräch als das Gespräch mit dem Mitarbeiter, bei dem er die Majorität der Redezeit innehat und mit dem Vorgesetzten in einem konstruktiven Dialog steht, bleibt eines der zentralen betrieblichen Instrumente und ist mit hohen Erwartungen behaftet (Kahlen, 2002; Prothmann, 2006). Das Mitarbeitergespräch gehört in der Gesamtschau zu den wichtigsten Personalführungs- und Motivationswerkzeugen aller großen Unternehmen bzw. Organisationen (vgl. Willmes, 2018). Insbesondere aus Effizienzgründen spielen Mitarbeitergespräche eine zunehmend prominentere Rolle. Sie dienen einerseits der Einschätzung und Beurteilung von Verhalten, Fertigkeiten/Fähigkeiten, Interessen, Motiven, Bestrebungen und Eigenschaften. Andererseits wird mit Mitarbeitergesprächen die Beeinflussung von Verhalten durch die dahinterliegenden Könnens- und Wollensfaktoren (skills and wills) verfolgt. Die Bedeutung des Instruments verdeutlichen auch 455.000 Fundstellen im Internet in deutscher Sprache und über 600 lieferbare deutschsprachige monografische Publikationen zu diesem Schlagwort (Quellen: Google, Amazon; Stand: Februar 2019). Kürzlich hat es das Mitarbeitergespräch sogar geschafft, ein Thema in der populären Ratgeberreihe („… für Dummies“) zu werden (Zintl, 2019).

Allerdings ist einzuräumen, dass sich das Mitarbeitergespräch in den letzten Jahren von der Schwerpunktsetzung und Facettierung her verändert hat. Lag noch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Neubergers auch heute noch lieferbarem Klassiker „Das Mitarbeitergespräch“ (neueste Auflage 2015) Mitte der 1970er Jahre lediglich ein Fokus auf der Kommunikation von Sach- und Beziehungsinhalten im betrieblichen Gespräch, so schwenkte zu Beginn der 1980er Jahre der Blick nahezu vollständig zum Thema Kommunikation. Zielvereinbarung, Leistungsmessung und Beurteilung waren häufig nur noch Randthemen. Erst Ende der 1980er fand in zahlreichen Betrieben und Institutionen eine Refokussierung auf den Dreiklang Kommunikation, Zusammenarbeit und Zielarbeit (d. h. Zielvereinbarung, Beurteilung und Leistungsmessung) statt. Ab den späten 1990er Jahren gaben Ansätze wie die Balanced Scorecard, Kompetenzmodelle und Fragen des Performance Managements neue Anstöße, auch das Mitarbeitergespräch weiterzuentwickeln und neuen, manchmal auch zeitgeistgemäßen Anforderungen anzupassen. Mittlerweile wird etwa die online-gestützte Dokumentation dieser Verfahren häufig favorisiert.

Im vorliegenden Band der Reihe „Praxis der Personalpsychologie“ werden Grundlagen und aktuelle Anwendungsbeispiele des Mitarbeitergesprächs vorgestellt. Die Analyse und Darstellung fokussiert hierbei besonders darauf, welche Faktoren, Kompetenzen und Fähigkeiten beim Vorgesetzten und Mitarbeiter entscheidend für ein glaubwürdiges, zielorientiertes und damit nachhaltiges Mitarbeitergespräch (als die „Königsdisziplin positiver Führung“, wie Kienbaum es bereits 2003 in einer Kolumne im Handelsblatt bezeichnet hat) sind.

|3|1.2 Definition

Bei der Sichtung klassischer Standardwerke zur Allgemeinen Psychologie (Wirtz, 2017), zur Managementlehre oder dem Personalmanagement (Berthel & Becker, 2017), zur Organisations- und Personalpsychologie (Schuler & Moser, 2019), zur Sozialpsychologie (Jonas, Stroebe & Hewstone, 2014) oder auch zum Thema Führung (Blessin & Wick, 2017) fällt auf, dass der Begriff „Mitarbeitergespräch“ häufig nicht expliziert wird, einen vergleichsweise minimalen Raum in den Lehrbüchern einnimmt oder sogar als solcher in den Stichwortverzeichnissen gar nicht enthalten ist.

Demgegenüber findet sich in der sonstigen wissenschaftlichen und vor allem der eher populären Literatur eine vielseitige Verwendung des Begriffs. Von „dem Mitarbeitergespräch“ zu sprechen, ist allerdings kaum möglich, da es sich nicht um eine eindeutig definierte, fest abgrenzbare Gesprächsform handelt. Das Mitarbeitergespräch hat viele Gesichter und wahrscheinlich noch mehr Bezeichnungen, unter denen es in wissenschaftlichen Publikationen, Lehrbüchern, Ratgebern oder in firmeninternen Veröffentlichungen adressiert wird (siehe dazu die Übersicht in Tabelle 1 auf Seite 4; vgl. auch Braig & Wille, 2012).

Wissenschaftsfokussierte Wirtschaftspsychologen haben eigene (Kurz-)Definitionen entwickelt; exemplarisch seien Fiege, Muck und Schuler (2014) genannt: „Unter dem Begriff Mitarbeitergespräch verstehen wir … ein institutionalisiertes Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter mit spezifischer Zielsetzung, das aufgrund eines formalen Anlasses fest terminiert wird, ein größeres Zeitbudget erfordert und von beiden Seiten ausreichend vorbereitet werden kann“ (S. 767).

Auch wenn keine allgemeingültige und verbindliche Definition existiert, finden sich verschiedene Elemente als gemeinsame Basis stets wieder. Hierzu gehört vor allem die Abgrenzung des Mitarbeitergesprächs vom aktuellen Tagesgeschäft, der Hinweis auf Planung und Vorbereitung des Gesprächs, die Festlegung bestimmter Inhalte, wie etwa Zielvereinbarungen, Personalentwicklung und Beurteilung sowie Feedback (Winkler & Hofbauer, 2010). Das Mitarbeitergespräch leitet seine Bezeichnung von der Forderung ab, dass der Mitarbeiter in diesem Gespräch den überwiegenden Redeanteil haben sollte. Jedoch dürfte nach aller praktischen Erfahrung der Redeanteil des hierarchisch höheren Gesprächspartners im Durchschnitt bei etwa 70 % liegen, im Einzelfall sogar noch deutlich höher. Sarges (1995) führt aus, dass insbesondere Führungskräfte den Nutzen des Hörens für das Sprechen unterschätzen. Generell ist als Voraussetzung für eine sinnvolle Durchführung von Mitarbeitergesprächen eine funktionierende Gesprächskultur zu nennen.

|4|Tabelle 1: Begriffsvielfalt rund um das Mitarbeitergespräch

Abmahnungsgespräch

Anerkennungsgespräch

Antrittsgespräch

Aufklärungsgespräch

Aufwärtsbeurteilung

Austrittsgespräch

Belobigungsgespräch

Beratungsgespräch

Beurteilungsgespräch

Bewerbungsgespräch

Coachinggespräch

Commitment-Dialog

Delegationsgespräch

Diagnosegespräch

Disziplinargespräch

Einführungsgespräch

Entwicklungsgespräch

Konfliktgespräch

Konfliktlösungsgespräch

Kontaktgespräch

Kontrollgespräch

Kritikgespräch

Kündigungsgespräch

Laufbahngespräch

Lehrgespräch

Maßnahmengespräch

Mitarbeiterführungsgespräch

Motivationsgespräch

Performance Dialogue

Personalentwicklungsgespräch

Planungsgespräch

Potenzialgespräch

Präventionsgespräch

Probezeitablaufgespräch

Ermahnungsgespräch

Ernennungsgespräch

Fachgespräch

Feedbackgespräch

Fehlzeitengespräch

Fördergespräch

Führungsdialog

Gehaltsgespräch

Halbjahresgespräch

Informationsgespräch

Interview

Jahresabschlussgespräch

Jahresgespräch

Januargespräch

Klimagespräch

Kompetenzbasiertes Interview

Kompetenzdialog

Problemlösungsgespräch

Qualifizierungsgespräch

Quartalsgespräch

Reanimationsgespräch

Rückkehrgespräch

Sachgespräch

Schlechte-Nachricht-Gespräch

Standortbestimmung

Suchtgespräch

Tadelgespräch

Tantiemegespräch

Trennungsgespräch

Unterweisungsgespräch

Vorgesetztengespräch

Zielabgleichgespräch

Zielerreichungsgespräch

Zielvereinbarungsgespräch

Der vorliegenden Publikation liegt folgende Definition vom Mitarbeitergespräch bzw. von Mitarbeitergesprächen zugrunde (vgl. Hossiep, Bittner & Berndt, 2008):

Das Mitarbeitergespräch ist ein zentrales Führungsinstrument, das in Form eines Dialoges Führungskraft und Mitarbeiter auf einer Ebene zusammenbringt. Es umfasst alle institutionalisierten oder formalisierten Personalführungsgespräche, die der Vorgesetzte mit einem Mitarbeiter in Wahrnehmung seiner Führungsaufgabe gestaltet, wobei eine beiderseitige Vorbereitung auf das Gespräch zugrunde liegt. Grundpfeiler des Gesprächs sind unter der Führungsperspektive auch die Thematisierung der Zusammenarbeit und die |5|Ermutigung zu Rückmeldungen über das Führungsverhalten. Die Inhalte von Mitarbeitergesprächen sind vielgestaltig und können abhängig vom Gesprächsanlass variieren. Bestandteile sind häufig eine umfassende Bilanzierung, die Verständigung über Ziele und die Besprechung der weiteren Entwicklung des Mitarbeiters.

Es existiert eine Reihe von Beweggründen für die Einführung von Mitarbeitergesprächen. Besonders häufig verfolgte Ziele im Zusammenhang mit dem Mitarbeitergespräch sind:

Entwicklung einer tragfähigen, langfristig angelegten, vertrauensvollen Zusammenarbeit

Definition und Vereinbarung von klaren Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

Identifizierung von Verbesserungsmöglichkeiten und Beseitigung von Hindernissen für die volle Leistungsentfaltung

Vereinbarung von individuellen Zielen und regelmäßige Überprüfung der Zielvereinbarungen und Zielerreichung

Gegenseitiges Geben und Empfangen von Feedback

Klärung von gegenseitigen Erwartungen

Offenlegung nicht nur von gemeinsamem Verständnis, sondern auch von Auffassungsunterschieden

Abgleich von Fähigkeiten und Einstellungen mit Aufgaben und Erwartungen

Klärung individueller Entwicklungsperspektiven

Vereinbarung von Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen

1.3 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten

Ein Konzept, das häufig in einem Zuge mit dem Mitarbeitergespräch genannt wird, ist die Leistungs- bzw. Mitarbeiterbeurteilung (vgl. z. B. Schuler & Görlich, 2018). Das Mitarbeitergespräch, entstanden als Reaktion auf die Nachteile der klassischen Leistungsbeurteilung, ist gegenüber dieser folgendermaßen abzugrenzen: Während bei Mitarbeitergesprächen der Fokus auf Kommunikation, Motivation und Entwicklung der Mitarbeiter sowie dem Kontakt zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem liegt, sind Beurteilungssysteme eher auf die vergleichende Datengewinnung und die Kontrolle der Mitarbeiter ausgelegt (vgl. Breisig, 2005). In Tabelle 2 werden beide Systeme einander gegenübergestellt. Ein zentraler Unterschied liegt in der Gerichtetheit der Kommunikation. Bei Leistungsbeurteilungen (siehe Lohaus & Schuler, 2014) findet Kommunikation von oben nach unten statt, während beim Mitarbeitergespräch primär ein partnerschaftlicher Dialog angestrebt wird.

|6|Tabelle 2: Abgrenzung zwischen Mitarbeitergespräch und Leistungsbeurteilung (vgl. Kiefer, 1996)

Mitarbeitergespräch

Leistungsbeurteilung

Ausgangspunkt

Zielvereinbarung

Stellenbeschreibung bzw. Tätigkeitsbeschreibung

Mittelpunkt

Aufgabe

Person

Schwerpunkt

Personalführung

Personalplatzierung bzw. Personalauswahl

Standpunkt

Vorgesetzter ↔ Mitarbeiter

Vorgesetzter → Mitarbeiter

Bereits vor 25 Jahren benennt Knebel (1994) in diesem Kontext Hauptkritikpunkte an formalisierten Beurteilungssystemen. Sie seien häufig zu kompliziert und aufwendig in der Handhabung und immer wieder würde statt den tatsächlichen Leistungen und dem Verhalten eines Mitarbeiters bewusst oder unbewusst Sympathie als Beurteilungsgrundlage herangezogen. Zudem würde durch die starke Formalisierung vieler Beurteilungssysteme mit umfassenden Bögen, die auszufüllen sind, die Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter erschwert. Langfristig habe sich in der Praxis gezeigt, dass die Rolle der Ergebnisse von betrieblichen Beurteilungsprozessen im Rahmen von Besetzungsentscheidungen oder Personalentwicklungsmaßnahmen vergleichsweise marginal ist. Berührungspunkte des MAGs zu benachbarten Konzepten wie z. B. dem 360°-Feedback werden in Abschnitt 4.4 thematisiert.

1.4 Das Credo nachhaltiger Mitarbeitergespräche

Erfahrene Führungskräfte und Personalpraktiker wissen, dass sich Führung primär im Dialog zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter – also insbesondere im MAG – vermittelt. Ob dabei im Ergebnis eine Konstellation entsteht, in der der Mitarbeiter seiner Führungskraft „folgt“, gibt Aufschluss über die Wirksamkeit von dessen Führungshandeln.

Bei den Überlegungen, ob förderliche oder hemmende Voraussetzungen für ein glaubwürdiges, zielorientiertes und nachhaltiges Mitarbeitergespräch gegeben sind, scheint ein Faktor entscheidend, der in der vorliegenden Literatur nur bedingt berücksichtigt wird. Er lässt sich mit folgender Frage eingrenzen: Welche Einstellungen, Werte und Eigenschaften bringen die Gesprächspartner in das Gespräch ein?

|7|

Abbildung 1: Im MAG zentral vermittelte Aspekte wirksamer Führung

Diese Elemente, deren Ausprägung durch die jeweilige Persönlichkeit bestimmt wird, sind entscheidend für die Führungsfähigkeit eines Vorgesetzten. Mitarbeiter nehmen die im Gespräch wirksam werdenden Einstellungen, Werte und Eigenschaften häufig auch unbewusst wahr. Abbildung 1 gibt einen Überblick über wesentliche Facetten der Führungsfähigkeit, die im MAG vermittelt werden und die Führungswirksamkeit eines Vorgesetzten bedingen, fördern und unterstützen.

Eine weitere – noch entscheidendere Frage lautet: Wie gut lassen sich diese Faktoren entwickeln bzw. trainieren? Was man sicherlich lernen kann, ist der Umgang mit Instrumenten wie z. B. einem Beurteilungssystem, aber auch Techniken der Gesprächsführung und das Wissen über Grundprozesse der Führung können erworben werden. Auf diese Weise ist der Wirkungsgrad des MAGs zu optimieren, sozusagen das „Feintuning“ vorzunehmen. Was hingegen kaum einer Veränderung zugänglich ist, sind die meisten Einstellungen, Überzeugungen und persönlichen Festlegungen, die den Umgang mit Strategien und Instrumenten erst wirksam machen. Einige wünschenswerte grundsätzliche Einstellungen und Werthaltungen gegenüber anderen Zeitgenossen (innerhalb und außerhalb der Arbeitswelt) sind in Abbildung 2 skizziert. Einige davon lassen sich trainieren, andere nur indirekt oder gar nicht.

|8|

Abbildung 2: Eisberg-Modell trainierbarer und weniger trainierbarer Aspekte für das Mitarbeitergespräch

Gewarnt sei vor dem sog. „kommunikativen Sonntagsanzug“, den manche Führungskräfte speziell zum Mitarbeitergespräch anlegen. Damit stellt sich die Grundfrage nach der Authentizität und Berechenbarkeit von Führungskräften überhaupt. Mitarbeiter lernen nach nur einem Durchgang des institutionalisierten Mitarbeitergesprächs, Diskrepanzen zwischen Verhaltens-Alltags- und Sonntagsanzug zu identifizieren. Ja, sie bemerken diese Unterschiede nicht nur, sondern stellen ihre Verhaltensweisen entsprechend darauf ein, sodass die „guten Absichten“ des Vorgesetzten letztlich konterkariert werden.

Der konstruktive Dialog im Mitarbeitergespräch ist an eine Reihe von Voraussetzungen gebunden. Vertrauen haben und Vertrauen geben sind dabei zentrale Begriffe. Die angesprochenen Lücken zwischen Bekundungen im Gespräch und erlebtem Führungs- (oder Mitarbeiter-)verhalten gehen unverzüglich zulasten des Kredits an Vertrauen. Zweifel an Aufrichtigkeit, Berechenbarkeit oder Ehrlichkeit der Gesprächspartner wirken nachhaltiger negativ als etwas unglückliche Formulierungen vor dem Hintergrund mangelnder rhetorischer Fähigkeiten. Wobei hier betont sein soll, dass unter Berechenbarkeit nicht berechnendes Verhalten zu verstehen ist, sondern vielmehr dem Mitarbeiter die Möglichkeit eröffnet werden soll, sich auf seine Führungskraft adäquat einzustellen und nicht zum Spielball der Launen des Vorgesetzten zu werden.

|9|Da dieser Themenkomplex von herausragender Bedeutung ist, sollen bereits im Folgenden einige plakative praxisnahe Empfehlungen für Vorgesetzte gegeben werden, die in Kapitel 2 weiter ausdifferenziert werden:

Achten Sie auf Ihr nonverbales Verhalten, angefangen mit einer angemessenen Körperhaltung bis hin zum Blickkontakt und Ihrer Mimik. Kognitiv leichter zu steuerndes nonverbales Verhalten (z. B. zugewandte Sitzhaltung) kann vielleicht noch trainiert werden, anderes basales nonverbales Verhalten kann meist sehr schlecht „überspielt“ werden (Beispiel: „Ja, ja!“ als Antwort auf eine Anregung des Mitarbeiters zusammen mit einer wegwischenden Handbewegung wird von diesem wohl kaum als Aufmunterung oder Zustimmung erlebt). Schenken Sie also der Stimmigkeit zwischen verbalen und nonverbalen Signalen Aufmerksamkeit.

Achten Sie als Vorgesetzter auf rollenkompatibles Verhalten: Verbrüderung mit dem Mitarbeiter, oberflächliche Äußerungen wie „Wir sitzen doch alle im gleichen Boot“ werden nicht als Souveränität und als „gute Führung“ aufgenommen, sondern lassen häufig kontraproduktive Bilder im Kopf des Mitarbeiters ablaufen („Das Problem ist nur, dass ich derjenige bin, der rudern muss!“).

Nicht in die Trickkiste greifen! Vermeiden Sie unter allen Umständen Manipulationen, wie z. B. Suggestivfragen oder falsche Versprechungen („Beim nächsten Mal sind Sie dabei.“). Auf diese simplen Tricks fallen Mitarbeiter maximal einmal herein. Für einen kurzfristigen Vorteil in der aktuellen Gesprächssituation sollten Sie nie Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufs Spiel setzen!

Verzichten Sie auf eine übertrieben ausgefeilte Rhetorik: Mut zur Klarheit und Einfachheit der Sprache. Das gilt besonders, wenn Sie es mit weniger eloquenten Mitarbeitern zu tun haben. Hier kommt rhetorisches Geschick – auch wenn Ihnen gelungene Formulierungen noch so viel Freude bereiten – nur allzu häufig als Machtdemonstration und Versuch der Einschüchterung herüber. In letzter Konsequenz führt dies dazu, dass der Mitarbeiter aufgibt, zu widersprechen, da er einen Disput mit Ihnen ja ohnehin nicht „gewinnen“ kann (das eigentliche Problem besteht dann häufig darin, dass diese „Faust in der Tasche“ vom Vorgesetzten nicht als Fingerzeig wahrgenommen und richtig zugeordnet wird).

Ein gelungener und nachhaltiger Führungsprozess auf Basis eines dialogischen Gesprächs verträgt sich keinesfalls mit manipulativen Elementen, die ohnehin über kurz oder lang aufgedeckt werden. Insgesamt ist es nicht tragfähig, das Mitarbeitergespräch als trojanisches Pferd bzw. Attrappe zu verwenden, um dem Mitarbeiter möglichst geschickt etwas „zu verkaufen“ (Motto: „Sie müssen Ihre Mitarbeiter am besten so geschickt über den Tisch ziehen, dass diese die dabei entstehende Reibungsenergie als Nestwärme empfinden!“). Da kaum etwas demotivierender wirkt als eine entlarvte Manipulation, wird anschließend eine wirksame Führung so gut wie unmöglich.

Haben Sie Mut zur Aufrichtigkeit, sprechen Sie auch unangenehme Botschaften aus. Es zeugt auch von Respekt gegenüber dem Mitarbeiter, ihn offen mit negativen Wahrheiten zu konfrontieren, anstatt darüber hinwegzugehen oder die Thematik weichzuspülen. Im Allgemeinen haben die Mitarbeiter ein recht siche|10|res Gespür dafür, wo gravierende Probleme liegen. Haben Sie Zivilcourage (Wer so agiert, kann führen!), adressieren Sie persönliche Kritik deutlich, nennen Sie die Dinge beim Namen und erarbeiten Sie gemeinsam Lösungsvorschläge!

Folgende „goldene Regeln“ sind vor dem Hintergrund paradoxer Interventionen einzuordnen und haben sozusagen Glossencharakter. Gleichwohl haben diese Regeln realitätsnahe Anklänge, sodass schon viel gewonnen ist, wenn zumindest hinreichend deutlich wird, was denn in Mitarbeitergesprächen zu unterlassen ist, z. B. das Führen des Mitarbeitergesprächs im Großraumbüro, weil wir ja allemal eine so lockere Kultur des Umgangs miteinander haben und Feedback für uns zum Alltag gehört und hier sowieso jeder von allen alles weiß.

12 goldene Regeln für Vorgesetzte: So lassen Sie jedes MAG garantiert scheitern (Vorsicht: Satire!)

Schieben Sie den Gesprächstermin möglichst lange vor sich her und verlegen Sie den Termin anschließend mehrfach: „Signal: Ich habe doch wirklich Wichtigeres zu tun“.

Wählen Sie möglichst slapstickhafte Einstiege à la: „Ich freue mich, dass Sie Zeit gefunden haben“; „Haben Sie gut hierher gefunden?“; „Lange nicht gesehen …“.

Nutzen Sie Ihre Inkompetenzkompensationskompetenz. Reden Sie möglichst viel, aber bleiben Sie hinreichend nebulös: „Wer nicht überzeugen kann, sollte wenigstens verwirren“.

Beantworten Sie Fragen an den Mitarbeiter generell und unverzüglich selbst: „Der legt ja sowieso immer wieder dieselbe Platte auf“.

Lassen Sie abwechselnd den Hierarchen heraushängen und verbrüdern Sie sich mit dem Mitarbeiter: „Motto: Zuckerbrot und Peitsche“.

Lassen Sie es bei pauschalem Lob und allgemeiner Kritik bewenden: „Dann kann man Sie später auch nicht darauf festnageln“.

Schaffen Sie eine hinreichend bedrohliche Atmosphäre und erzeugen Sie Zeitdruck: „Wenn der Mitarbeiter Angst bekommt, nickt er sowieso alles ab“.

Fassen Sie die wesentlichen Teile der Ergebnisdokumentation bereits vor dem Gespräch ab: „Bei solchen Gesprächen kommt ja ohnehin nichts Neues raus“.

Lassen Sie Fakten und erzielte Ergebnisse aus der Vergangenheit völlig außen vor: „Ist eh Schnee von gestern: Neues Spiel – neues Glück“.

Reflektieren Sie nicht über förderliches Feedback; sagen Sie einfach immer, was Ihnen spontan in den Sinn kommt: „Aus der Hüfte schießen reicht fast immer“.

Wozu sich über Personalentwicklung Gedanken machen, Sie haben selbst ja auch keine Zeit für Fortbildung: „Entweder man kann’s oder man kann’s nicht“.

Karrierepläne: Wieso das denn; wer kann schon Ihren Job machen außer Ihnen selbst: „Nobody does it better …“.

|11|Wie entsteht Vertrauen?

Vertrauensvolle Zusammenarbeit wird in zahlreichen Leitlinien für Führung und Zusammenarbeit in Organisationen als essenziell beschrieben und (ein)gefordert; sogar im deutschen Arbeitsrecht nimmt der Begriff „Vertrauen“ eine prominente Rolle ein; sei es als Basis des Zusammenwirkens von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung (BetrVG, § 2(1)) oder bei einer festzustellenden „Störung“ des Vertrauens (siehe auch Kündigungsschutzgesetz, KSchG).

Nach Mayer, Davis und Schoorman (1995) ist für das Entstehen von Vertrauen die sog. Vertrauenswürdigkeit einer Person entscheidend. Diese bestimmt, in welche „Vorleistung“ ich gegenüber anderen gehe, die mich möglicherweise verletzlich oder angreifbar macht. Winkler (2012) fasst in ihrem Artikel mit dem Titel „Traust du mir – trau ich dir“ grundlegende Erkenntnisse der psychologischen Vertrauensforschung zusammen. Die Forschung nennt drei Faktoren, die beeinflussen, ob ich mein Gegenüber, die Führungskraft oder den Mitarbeiter, für vertrauenswürdig halte:

Die zugeschriebene Kompetenz des Gegenübers (Wie kompetent und handlungsfähig wird dieser erlebt? Tut er das, was nötig und richtig ist?)

Das zugeschriebene Wohlwollen des Gegenübers (Wie wohlgesonnen und unterstützend erlebe ich diesen? Sind die Interessen des Gegenübers an mir uneigennützig?)

Die zugeschriebene Integrität des Gegenübers (Wie fair, aufrichtig und konsistent verhält dieser sich? Sagt dieser die Wahrheit? Hält dieser Zusagen und Versprechen ein?)

Alle drei Faktoren beeinflussen also positiv die Bereitschaft, Vertrauen entgegenzubringen. Mit einem gestiegenen Vertrauen erhöht sich dann die Wahrscheinlichkeit, Risiken in der Beziehung (hier in der beruflichen Interaktion mit dem Gegenüber) einzugehen. Entscheidend ist aber in dem Modell auch, welche Lernerfahrungen eine Person gemacht hat: Welche Konsequenzen hatte es, ein Risiko einzugehen? So wird ein Mitarbeiter, der mit seinem bisherigen Vorgesetzten gemischte Erfahrungen bezüglich des Vertrauens gemacht hat, beim Vorgesetztenwechsel deutlich langsamer oder weniger Vertrauen zu einem neuen Vorgesetzten aufbauen. Und zwar unabhängig davon, ob der Vorgesetzte vom Mitarbeiter als wohlwollend, integer und auch als kompetent wahrgenommen wird. Weiterhin können natürlich selektive Wahrnehmung, grundsätzliches Misstrauen oder eine positive Grundhaltung und ein positives Menschenbild gegenüber anderen Personen den Aufbau der Vertrauensbereitschaft beeinflussen.

Insbesondere Führungskräfte können und sollten sich anhand des in Abbildung 3 dargestellten Modells vergegenwärtigen, wie sie durch ihre wahrgenommene Kompetenz, Integrität und Wohlwollen den Aufbau von Vertrauensbereitschaft ihrer Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten beeinflussen können (siehe auch Abschnitt 4.5.3).

|12|

Abbildung 3: Modell zum dyadischen Vertrauen nach Mayer et al. (1995)