Mitteilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin - Friedrich Wilhelm Bruckbräu - E-Book

Mitteilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin E-Book

Friedrich Wilhelm Bruckbräu

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Ein Spiegel wundersamer Liebesabenteuer der denkwürdigsten Personen unserer Zeit, in Wien, Mailand, Rom, Neapel, Madrid, Lissabon, Paris, London, Petersburg und Berlin.

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Mittheilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin

Ein Spiegel wundersamer Liebesabenteuer der denkwürdigsten Personen unserer Zeit, in Wien, Mailand, Rom, Neapel, Madrid, Lissabon, Paris, London, Petersburg und Berlin

Friedrich Wilhelm Bruckbräu

Inhaltsverzeichnis:

Mittheilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin

Erster Theil.

Vorrede.

Sagen.

Sie kommt! Sie kommt!

Rosa's Portrait.

Rosa's Herkunft und Erziehung.

Rosa's neue Triumphe.

Das Nachtmahl des Ruhms und – der Liebe.

Ueberraschung.

Die Geheimnisse des Taschenbuches.

Die Denkschrift.

Der Vorstand.

Der Jud, – gut und in der Wuth.

Demoiselle Trommler,

Die Zeitschriften der Hauptstadt.

Die Schlange im Paradiese.

Die Macht des Weines.

Des Recensenten Traum.

Die heimlichen Kabinetchen.

Die Audienz.

Die wälsche Maitresse.

Klatschereien.

Paganini's Concert.

Die Bekehrung.

Der Augenschein.

Der Plan gelingt!

Die Lösung des Räthsels.

Zweiter Theil.

Lohn des Sieges.

Verfall des deutschen Theaters.

Die unerwartete Eroberung.

Das Geheimniß.

Gerade recht.

Der erste Vater.

Der zweite Vater.

Das nothwendige Unglück.

Verrathen, aber nicht errathen.

Der Operationsplan.

Schlichter als Schriftsteller.

Man trägt den Krug so lange zum Brunnen, bis er bricht.

Der dritte Vater.

Die doppelte Ueberraschung.

Der Vertrag mit den drei Vätern.

Wie gewonnen, so zerronnen.

Der Sturm bricht los.

Rosa's Talisman gegen den Sturm.

Der Querstrich.

Berlin.

Petersburg,

London,

Paris

Madrid.

Neapel

Mittheilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin , F. W. Bruckbräu

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849605490

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Mittheilungen aus den geheimen Memoiren einer deutschen Sängerin

Erster Theil.

Vorrede.

Ich liebe die Vorreden, weil ich die Nachreden immer fürchte, die in diesem Werke vielleicht einen reichen Stoff finden werden.

Was in Rosa's geheimen Memoiren erzählt wird, mag wohl geschehen seyn, und ich habe nicht die mindeste Ursache, daran zu zweifeln; aber wann, wo und von welchen Personen dieß Alles gethan wurde, ist eine Gewissensfrage, die das Geheimniß des Beichtsiegels für sich hat, das ich niemals verletzen würde.

Wohl wissend, daß es nicht an Grüblern fehlen werde, welche die handelnden Personen mit vermeintlichem Scharfblicke in ihrer Umgebung suchen, hab' ich bei jeder Thatsache, die mir auch nur der entferntesten persönlichen Deutung fähig schien, die Gestalt der Personen so geschildert, daß diese jeder andern Person mehr gleichen, als sich selbst.

Diese Vorschrift beschränkt sich nicht blos auf die Hauptstadt, in deren Nähe ich diese Vorrede so eben niederschreibe, sondern auch auf Wien, Mailand, Rom, Neapel, Madrid, Lissabon, Paris, London, Petersburg und Berlin, aus welchen ich die interessantesten Notizen mit wahrhaft polizeilich-genauer Personalbeschreibung der Betheiligten erhalten habe.

Margaretha von Valois, Königin von Navarra, Schwester Franz I. und Tochter Carls von Orleans, Herzogs von Angoulème und Luisens v. Savoyen, geboren 1492, sohin gerade dreihundert Jahre früher, als ich, hat das bekannte Werk geschrieben: »Heptaméron, ou les Nouvelles de la Reine de Navarre,« Erzählungen im Geschmacke des Boccaz, deren Freiheit mit der damaligen Sitte übereinstimmte, und keineswegs zu falschen Schlüssen auf den Charakter der Verfasserin verleiten darf.

Da nun die Freiheit im Vortrage, nach der Meinung der besten Weltkenner, auch mit der gegenwärtigen Sitte übereinstimmt, so hoffe ich um so mehr eine eben so schonende Beurtheilung meines Charakters, als ich bei weitem ängstlicher als die schreibende Königin, bemüht war, nirgend den Anstand zu verletzen. Dieses Zeugniß werden mir auch die Leser meines jüngsten Werkes: »Die Verschwörung in München,« nicht versagen können.

Schauspieler, Sänger, Tänzer und Recensenten, die Quadratur des Zirkels, in welchem sich die Bühnenwelt dreht, werden die Wahrheit der Scenen aus ihrem Leben nicht verkennen, die ich al fresco gemalt habe, und mir darum nicht zürnen; die Schauspielerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen aber bitte ich ausdrücklich um Vergebung, wenn ich etwa im Feuer der Erzählung die Gardinen ihrer Ruhebettchen zu weit gelüstet habe; aber da sie öffentliche Personen sind, die auf der Bühne bei ganz geöffnetem Vorhange das Publikum zu ergötzen pflegen, so möchte es wohl verzeihlich seyn, wenn ich erzähle, wie sie zu Hause bei ganz geschlossenen Vorhängen spielen, indem ich diese kaum zur Hälfte öffne; denn von so schönen Augen wünsche ich nicht als ein Verräther betrachtet zu werden, der fähig seyn könnte, des Lasters der Undankbarkeit sich schuldig zu machen.

 Geschrieben auf der Insel Wörth im Würmsee,

  den 1. Januar 1829.

Der Verfasser.

Sagen.

»Selbst der heilige Augustin glaubt, daß die Vielweiberei dem Naturrechte nicht zuwider sey,« sprach der Assessor Wiese mit einem triumphirenden Seitenblicke auf seine bereits ziemlich ältelnde Ehehälfte, – »daher kann ich es auch den großen Herren, die Geld und Gut im Ueberflusse besitzen, eben nicht verargen, wenn sie sich als gute Christen an den heiligen Kirchenvater, an das Naturrecht, und an hübsche Mädchen halten; ist nun vollends einer unter ihnen so glücklich, die himmlische Sängerin Rosa sein heimliches Liebchen nennen zu dürfen, so möchte ich doch den Mann kennen, der den ersten Stein gegen ihn aufhöbe!«

»Gerade umgekehrt sollte der Ausspruch des heiligen Augustin lauten,« – erwiederte die vor einer großen Theegesellschaft durch diese Aeußerung einer scheinbaren Unzufriedenheit oder Ungenügsamkeit ihres Gatten gereitzte Frau Assessorin; »denn die Erfahrung lehret, daß die Vielmännerei mehr als die Vielweiberei von der Natur begünstiget werde, und schon Rousseau hat bemerkt: eine Frau halte die Wage zwischen zwei Männern. Was den Mann betrifft, sagt ein persischer Schriftsteller, so lebt er leichter mit zwei weiblichen Tigern, als mit zwei Frauen, daher haben auch fast alle Perser nur eine Frau, ob es ihnen gleich erlaubt ist, mehrere zu haben.«

Dabei blinzelte sie innerlich vergnügt mit ihren kleinen grauen Augen auf den Schreiber ihres Gatten, der markvoll wie eine jugendlich kräftige Eiche ihr eben die Zuckerdose bot.

»Erlaubt! Frau Assessorin, erlaubt!« – nahm der Findelhausverwalter Greif das Wort, – »in diesem Wort liegt auch schon die Erklärung des Umstandes, daß fast alle Perser nur eine Frau nehmen; denn nicht das Erlaubte, sondern das Verbotene locket. Geschähe nur immer, was erlaubt ist, so könnte ich kein Findelhausverwalter seyn.«

»Ein richtiger Schluß,« versetzte der Privatdocent Schreier; »um aber wieder auf den Ausspruch des heiligen Augustin zurückzukommen, den der belesene Herr Assessor Wiese citirt hat, so muß ich im Namen aller liebenswürdigen Frauen und Fräulein, welche diese hochverehrliche Gesellschaft mit ihrer Gegenwart schmücken, eben gegen jene Worte des alten Kirchenvaters eine feierliche Verwahrung einlegen, damit ja kein wankelmüthiger Ehegatte, durch die Heiligkeit der Quelle getäuscht, vom rechten Wege der ehelichen Pflicht abzuweichen wage.«

»Thun Sie das, thun Sie as, werthester Herr Schreier!« riefen alle Damen zugleich aus und hingen mit behaglichen Blicken an seinem Munde, aus welchem nun Wasser auf ihre Mühlen fließen sollte.

Dieser aber leerte zuvor noch ein Glas Rum erster Qualität aus Batavia, um seine Rednergabe zu entflammen und sprach:

»Die Frage, ob jemals ein heiliger Augustin gelebt habe oder nicht, will ich hier gar nicht berühren, sondern mich nur auf jene Worte beschränken, sie mögen nun von ihm gesprochen, oder ihm nur in den Mund gelegt worden seyn.«

»Vor Allem muß ich Sie bitten, zu bemerken, daß es heißt: Der heilige Augustin glaubt; – er sagt es also nicht mit Bestimmtheit, er weißes nicht; glauben heißt etwas für wahr halten, es sey, daß man sichere Gründe dazu habe, oder nicht. Ein heiliger Schriftsteller, der Verfasser des Briefes an die Hebräer, – Kap. XI. V. 5. – hat gesagt: ›Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht dessen, was man hoffet und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet.‹ Da nun hier von keiner religiösen Ueberzeugung, welche vorzugsweise Glaube genannt wird, zunächst die Rede ist, so will ich auch diese Stelle der heiligen Schrift nicht näher beleuchten, sondern es bloß bei dem Dafürhalten des heiligen Augustinus bewenden lassen.«

»Wenn's der verdammte Wortfuchser nur gleich ganz bewenden ließe!« brummte ein Jägeroffizier in den schwarzbraunen Schnurrbart und rückte ungeduldig seinen Stuhl.

»Ferner,« – fuhr der Privatdocent fort, – »spricht der heilige Augustin von der Vielweiberei, und will damit den Zustand bezeichnen, da ein Mann mehrere Weiber auf gesetzlichem Wege hat, keineswegs aber unter diesem Ansdrucke Beischläferinnen verstanden wissen, die ohne Beobachtung gewisser Formen gewählt und entfernt werden. Da nun bei uns Christen die Vielweiberei nicht nur nicht erlaubt, sondern ausdrücklich verboten ist, so kann er auch unmöglich auf eine Anwendung seines Ausspruches auf unsere Zeiten, Länder und Sitten gerechnet haben, und unsere untreuen Ehemänner können mit einer solchen Schlußfolge sich nicht verantworten.«

»Weiter sagt der heilige Augustin: die Vielweiberei sey dem Naturrechte nicht zuwider. Nun aber gilt bei uns nicht das Naturrecht, sondern das positive Recht, daher ist auch diese Berufung unzuläßig. Endlich –«

»Gott Lob!« seufzte ein dicker Materialist, das heißt: kein Anhänger der Stofflehre, welcher das Daseyn der Seelen und Geister leugnet, und sie für eine blos körperliche Kraft hält, sondern ein wackerer Spezerei-, oder Gewürzhändler, die man an einigen Orten mit jenem verfänglichen Namen bezeichnet.

»Endlich bitte ich den Ausdruck: ›nicht zuwider,‹ wohl in's Auge zu fassen, worin der Begriff einer wesentlichen Nothwendigkeit, einer Bedingung des Naturrechtes durchaus nicht zu finden ist, ja selbst das Erlaubte dieser Sache noch dahingestellt zu seyn scheint.«

»Aus diesen Gründen erhellet die Unhaltbarkeit und das Unanwendbare der obigen Worte des heiligen Augustins für alle Christen, selbst wenn sie in eine Lage kämen, wo das Naturrecht in Wirkung träte, so wie für alle Nichtchristen, die unter einem positiven Gesetze leben, wenn dieses die Vielweiberei nicht ausdrücklich erlaubt.«

»Ich schmeichle mir, durch diesen Aufschluß allen lüsternen Gatten eine scheinbare Autorität entzogen zu haben, auf welche sie sich in ihren Sünden berufen hätten, und dafür von jeder anwesenden Dame einen Kuß der Erkenntlichkeit verdient zu haben.«

Sprach's und wollte sein langnasiges Antlitz den zarten Lippen eines holden Fräuleins an seiner Seite nähern, als die Frau Assessorin Wiese sogleich mit der Bemerkung dagegen protestirte, daß er auf diese Art zur Zahl jener Prediger gehören würde, welche zu sagen pflegen: »Haltet euch an meine Worte, aber nicht an meine Werke!«

»Wie so?« fragte der Privatdocent, und war einfältig genug, auf halbem Wege wieder umzukehren, indeß das Fräulein unbemerkt den Stuhl verließ, und sich unter die Menge an der offenen Saalthüre des ländlichen Gasthofes an der Heerstraße mischte, welche sehnsuchtsvoll in die Ferne schaute, ob keine Staubwolke die Ankunft der unsterblichen Sängerin Rosa verkünde.

»Weil das Austheilen von Küssen an die anwesenden Damen als ein erster Schritt zur Vielweiberei und als eine Versinnlichung derselben zu betrachten wäre,« antwortete die Frau Assessorin.

»Wie sieht denn diese himmlische Rosa aus, wie man sie immer zu nennen beliebt« fragte ein dickköpfiger Rittergutsbesitzer und legte sich bequem in den Stuhl zurück, daß die Rücklehne krachte, um die Antwort in ruhiger Empfänglichkeit aufzuhören.

»Ich kenne sie genau«, – versetzte ein redseliger Buchhandlungscommis, der kürzlich auf der Leipzigermesse war, – »ich habe sie in Leipzig singen hören.«

»Ey, was Sie sagen! Sang Sie schön, die Rosa?«

»Verstehen Sie englisch?«

»Nein!«

»O das ist Schade! Sie sang so englisch, daß ich es nur auf englisch beschreiben kann.«

»Sang sie hoch?«

»O ja, aber doch nicht so hoch wie auf dem Münster in Straßburg, wo sie ein Loblied auf die Straßburgergänseleberpasteten so rührend sang, daß die Wehmuthsthränen der Gesellschaft, die sie begleitete, in ihre Schuhe floßen, wodurch sie sich einen Catarrh zuzog, der sie verhinderte, am nämlichen Abende in drei Opern aufzutreten.«

»Das ist ja erschrecklich!«

»Ja natürlich, deßwegen erzählt ich's auch!«

»Man sagt ja, sie soll sehr schön seyn?«

»Ein wahrer Engel; wenn sie statt der Haare – Federn hätte, würde man bald die Flügel nicht vermissen. Es ist nicht möglich, ihren Reizen zu widerstehen, vor einem einzigen Strahle ihrer Augen schmelzen tausend Herzen, ja selbst alles edle Metall in den Taschen der Männer, – Gold und Silber, – Dukaten und Thaler so zusammen, daß auch nicht einmal mehr die Asche davon zurückbleibt.«

»Unglaublich!«

»Auf Ehre, Sie können sich darauf verlassen.«

»Die Triller sagt man, soll sie ja ganz vorzüglich schlagen.«

»Unvergleichlich! Man verkauft jetzt von ihr selbst erfundene Rosatrillergucker, statt der bisherigen gemeinen Operngucker, durch welche man ihre Triller von den Lippen emporsteigen, die Luft durchkräuseln und zuletzt zwischen den Soffiten verschwinden sieht.«

»Das übersteigt allen menschlichen Verstand!«

»Ganz gewiß, und deßwegen werden Sie es auch nie begreifen, bis Sie sich mit Ihren eigenen Augen davon überzeugt haben.«

»Könnten Sie mir denn keinen solchen Rosatrillergucker verschaffen? Ich bezahle Ihnen den doppelten Preis dafür.«

»Warum nicht! Das Stück kostet 10 Louisd'or.«

»Eine Spottgeld für eine so herrliche Erfindung! Wann bekomm ich ihn?«

»Heute noch, und zwar vor der Oper, damit Sie sich gleich von der Wirkung desselben überzeugen können!«

»Charmant! Sie sind mein Freund! Kellner! Champagner her! Sie müssen mit mir trinken.«

»Ich weiß diese hohe Auszeichnung zu würdigen!«

»Im Vertrauen, mein werther Freund, was ist denn so Ihre Beschäftigung, Ihre Nahrungsquelle?«

»Ich habe die Geisteswerke aller Schriftsteller und Dichter von ganz Europa unter meinen Händen; es hängt von mir ab, welche Stelle ich jedem von ihnen anweisen will!«

»Ein erhabener Beruf! Da Sie ein so großer Gelehrter sind, so könnten Sie wohl auch als Erzieher adeliger Knaben wirken?«

»Als Hofmeister meinen Sie?«

»Ja!«

»Allerdings, aber diesen im gewöhnlichen Leben sehr untergeordneten Beruf würde ich nur unter den vortheilhaftesten Bedingungen annehmen.«

»Ich biete Ihnen jährlich 800 Thaler, freie Wohnung, meine Tafel und ein Reitpferd zu Ihrer Verfügung. Sind Sie damit zufrieden?«

»Da Sie selbst ein sehr verständiger und gebildeter Mann sind, – ja!«

»Also eingeschlagen! Nach den ersten drei Rollen der Rosa fahren Sie mit mir auf meine Güter.«

»Sehr wohl, ich werde meine Angelegenheiten unverzüglich in Ordnung bringen!«

»Nun möchte ich denn doch auch wissen, was denn mit den Trillern der Rosa geschieht, die in den Soffiten verschwinden.«

»Darüber kann ich Ihnen den besten Aufschluß geben,« – nahm der Jägeroffizier das Wort, der hinter den Stühlen der beiden Sprechenden die Dummheit des Rittergutsbesitzers und die Aufschneidereien des Buchhandlungscommis mit anhörte, – »in Paris fanden die Lampenanzünder nach den Opern, worin Rosa auftrat, eine Menge Triller in den Kronleuchtern des Theaters, und ein erfinderischer Juwelier kam auf den Einfall, sie zu Busennadeln und Fingerringen, in Gold gefaßt und mit Brillanten besetzt, zu verarbeiten. Ungeachtet ihres sehr hohen Preises gingen sie so reißend ab, daß am Tage ihrer Abfahrt ein reicher Lord an dem Schlage ihres Wagens knieend um einen Triller bat, weil keiner mehr aufzutreiben war, und er mit einer solchen Seltenheit dem musikalischen Conservatorium in London ein Geschenk machen wollte. Gerührt von dem Flehen des Lords und von seinem Anerbieten von hundert Pfund Sterling schlug sie ihm einen der größten und prachtvollsten Triller zum Wagenfenster hinaus, der jemals die Welt entzückte.«

»Wunderbar!«

»Wären Sie, wie ich, Zeuge der außerordentlichen Huldigungen gewesen, die man diesem Engel brachte, Sie würden an Verwunderungen erstickt seyn. Ihre Strumpfbänder wurden täglich mit einer goldenen Scheere an offener Tafel in zahllose kleine Stückchen zerschnitten, und diese für bedeutende Summen versteigert, um von ihren vornehmen Anbetern in brillanten Herzchen auf der bloßen Brust getragen zu werden. Der Champagner wurde aus den Schuhen getrunken, die sie eben trug, und hätte sie jedem, der sie um eine Locke bat, auch nur den tausendsten Theil eines Haares gegeben, so wäre sie schon längst am ganzen Leibe kahl.«

»Entsetzlich! Erlauben Sie ein Wort ins Ohr? Wie sieht's denn mit ihren Liebschaften aus? Läßt sich etwas machen?«

»Um sich vor dem Andrange der zahllosen Liebhaber Ruhe zu verschaffen, die den Palast, welchen sie bewohnte, in Schaaren förmlich belagerten, schrieb sie mit eigener Hand den Preis ihrer Gunstbezeigungen nieder und ließ diesen Tarif der Liebe an die Pforte anschlagen. Nach Inhalt desselben kostete ein gewöhnlicher Kuß auf den Mund 1000 Franken, auf die Augen 500 Franken, auf jeden andern Theil des Gesichtes 300 Franken, ein Handkuß l00 Franken, ein Kuß auf irgend einen andern Theil des Leibes unterlag einer besondern geheimen Preisbestimmung je nach dem Werthe und der Wichtigkeit des gewählten Theiles. Die unbeschränkte Miethe des Ganzen betrug für jede Stunde 20,000 Franken. Am Schlusse dieses seltsamen Tarifes las man folgende, für die Franzosen äußerst schmeichelhafte Entschuldigung:

›Da alle Franzosen in angeborener Liebenswürdigkeit miteinander wetteifern, so würde ich fürchten, sie zu beleidigen, wenn ich Einzelnen unter ihnen aus Liebe den Vorzug geben wollte, und alle zu lieben, wie sehr ich dieß auch wünsche, liegt außer dem Umfange meiner Natur. Ich betrachte mich demnach, von den unverdienten aber auch unvergeßlichen Huldigungen der Blüthe dieser großen Nation dazu verleitet, als eine Seltenheit, die, wie jeder Brillant- oder wie eine romantische Villa, einem Miether oder Käufer zu Gebote steht, und schmeichle mir, auf diesem Wege alle Interessen ausgleichen zu können.‹«

»Ein verfluchter Einfall!«

»Aber sehr einträglich.«

»Das läßt sich denken!«

»Durch Gesang und Liebe hat sie sich ein außerordentlich großes Vermögen erworben.«

»Von mir bekommt sie, außer dem Eintrittspreise für einen Sperrsitz nichts; diese Person ist mir zu theuer«.

»Mir auch.«

Plötzlich erhob sich am äußersten Ende der Landstraße eine große Staubwolke, die immer näher heranwirbelte. Reiter waren es, gegen sechzig Studenten von der Hochschule, eine Musengarde der zehnten Muse, wie Rosa häufig genannt wurde. Diese Herren, keine geringeren Tyrannen ihrer ausgehungerten Klepper, als die Pflanzer in Amerika gegen ihre Sclaven, erschienen größtentheils in phantastischer Tracht, die kaum den Welttheil, vielweniger das Land ihrer Geburt errathen ließ. Mit verhängten Zügeln sprengten sie durch den Park heran, als ob das wilde Heer im Anzuge sey; alle Gäste stürzten aus dem wirthlichen Försterhause, um etwas von Rosa zu hören.

»In einer halben Stunde muß sie hier seyn,« – rief der Vorderste, – »wir verließen sie auf der letzten Poststation, da sie eben die Pferde wechselte.«

»Wein heraus, Rum heraus!« schrien die durstigen Altbursche, und der Chor der Brüder stimmte brüllend ein.

In langen Zügen goßen Sie die geistige Labung in die dürren Kehlen, ohne Gläser zu bedürfen, und schleuderten dann die Flaschen mit einem jubelnden: »Vivat Rosa!« gegen die Bäume, daß die Scherben wie Spreu im Winde umherstoben.

»Hol mich der Teufel,« – fing einer zu fluchen an, dem der Rum in den Kopf stieg, indem er ein kleines weißes Hündchen aus seinem Busen zog, – »ich lasse die kleine Bestie morgen rosenroth färben, weil Rosa sie geküßt hat!«

Während die Gäste mit ungestümer Neugier die Angekommenen mit Fragen über die große Sängerin unaufhörlich bestürmten, kam schon Rosa's Kourier auf schaumbedecktem Rosse an, und bald darauf sah man einen Reisewagen am äußersten Saume der langen Parkstraße einlenken, dem in einem kurzen Zwischenraume ein zweiter, mit sechs Postpferden bespannt, folgte.

Sie kommt! Sie kommt!

»Bursche fertig!« schrie der Zugführer, »sie kommt! sie kommt!« und alle Anwesenden riefen einstimmig: »sie kommt! sie kommt!«

Im ersten Wagen saßen ihr Cassier, ihr Kammerdiener und zwei Kammermädchen. Dieser Wagen fuhr vorüber, ohne anzuhalten.

In einem geöffneten, prächtigen Landauerwagen erschien nun die erste Sängerin ihrer Zeit, die Krone der schönen Mädchen, Rosa, und wurde von einem dreimaligen donnernden Lebehoch begrüßt. Sie schlug sogleich den kostbarsten Reiseschleier zurück, den je eine regierende Königin getragen hat, und dankte mit bezaubernder Huld, indem sie ihr Engelantlitz wohl öfter als zwanzigmal neigte. Zu ihrer Linken saß ihre alte Tante, wahrscheinlich nur Titulartante, und zwei sehr schöne Gesellschaftsfräulein nahmen die Plätze gegenüber ein. Auf beiden Seiten des Wagens ritten als Ehrenwache die Söhne aus den adeligen Familien der Hauptstadt, Cavallerie-Offiziere und einige Dichter, die auf den Miethpferden eben so schlecht wie auf dem Pegasus saßen. Der Vorstand der ersten Stadtbühne an der Spitze des gesammten männlichen Personals der Künstler, drängte sich mit Mühe durch die gaffende Menge, trat an den Schlag des Wagens, verneigte sich dreimal, und sprach: »Verehrungswürdige große Künstlerin! Als der Vorstand der ersten Bühne dieser Hauptstadt beeile ich mich, umgeben von allen ausübenden Künstlern, Sie nach dem hohen Range Ihres bisher unerreichten Talentes in dem Augenblicke mit der Versicherung unserer unbegränzten Verehrung und Bewunderung würdig zu begrüßen, wo Sie, bedeckt mit den ewig grünenden Lorbeeren der Kunst, gepflückt in den ersten Hauptstädten der civilisirten Welt, eine Stadt mit Ihrer Gegenwart beehren wollen, welche von allen Kennern als die Wiege der Wissenschaften und schönen Künste gepriesen wird. Möge der Himmel es gnädig fügen, daß Ihnen die Huldigungen aller Herzen, die Ihnen sehnsuchtsvoll entgegen schlagen, gefallen, und Sie auf lange, vielleicht auf immer an uns binden, wenn es Sterblichen vergönnt ist, die zehnte Muse und vierte Grazie, und doch im Doppelchore die erste, in ihrer Mitte zu behalten!«

Rosa lächelte mild, wie ein Morgenstrahl der Frühlingssonne, der durch die Purpursäume zarter Wolken bricht, und sprach melodisch, wie Raphael der Erzengel, als ihn Gott zu den ersten Menschen im Paradiese sendete:

»Zu tief bewegt bin ich von der hohen Ehre dieses Empfanges, als daß es mir möglich wäre, in würdigen Worten die reiche Fülle meines innigsten Dankes zu erschöpfen. Möge es meinem guten Willen gelingen, Ihren allzugütigen Erwartungen zu entsprechen, und die schmeichelhafte Auszeichnung zu verdienen, womit Sie mich auf eine ewig unvergeßliche Weise überrascht haben. – Ich bitte um Champagner!«

Dutzendweise stürzten die Herren, während das Vivatrufen gar kein Ende nahm, in das Gastzimmer, um Champagner zu holen, und ein flotter Bursche ritt zu gleichem Zwecke mitten in den Salon hinein.

Dem stämmigen Rittergutsbesitzer gelang es, die Braut heimzuführen, nämlich der Erste zu seyn, der den gewünschten Champagner der himmlischen Rosa kredenzte.

Mit unaussprechlichem Liebreize erhob sich die große Künstlerin im Wagen, und rief: »Auf das Wohl der Hauptstadt, die mich gastlich aufnimmt, auf das Wohl Aller, die mich umgeben, denn ich trage Sie Alle als Freunde ewig in meinem Herzen!«

Nach diesen Worten, welchen ein Jubelsturm folgte, stürzte sie das Glas aus, bis auf die Nagelprobe, und gab es dem Rittergutsbesitzer zurück, der es, als habe er eine Krone erhalten, mit seltsamer Hast in die Seitentasche seines Oberrockes steckte, und die Flasche gleichfalls zu einem Kabinetsstücke bestimmt, krampfhaft mit beiden Händen faßte. »Nach der Oper,« – fuhr Rosa fort, – »hoffe ich die Ehre zu haben, Sie, werthester Herr Vorstand der ersten Stadtbühne, nebst dem ganzen Theaterpersonal, Herren und Damen, an meiner Abendtafel zu bewirthen; auch bitte ich, sämmtliche Dichter und Recensenten in meinem Namen dazu einzuladen!«

So angenehme Eröffnungen können niemals die rechte Wirkung verfehlen. Die Tafelgenossen schwenkten ihre Hüte und brachten ihr ein Lebehoch, im süßen Vorgefühle der irdischen Freuden dieses Abendes, und das reitende wilde Heer brüllte den Baß dazu.

Noch einmal verneigte sich Rosa freundlich grüßend nach allen Seiten, und wollte eben das Zeichen zur Abfahrt geben, als der Rittergutsbesitzer so kühn war, sie um die Bewilligung eines Besuches am folgenden Morgen zu bitten; Rosa gewährte nicht nur seine Bitte, sondern lud ihn auch zur Abendtafel, worüber er von unendlicher Wonne förmlich erstarrte, so daß die Flasche seinen Händen entsank, und in zahllosen Scherben die Straße bedeckte. Als wären sie kostbare Juwelen, stürzte sich die Menge darauf hin, um sich in diese eingebildete Beute zu theilen, wobei mancher Finger bluten mußte, während der Wagen, eingehüllt in eine Staubwolke, und umschwärmt von den huldigenden Reitern, den Triumphen der Kunst entgegenrollte.

Rosa's Portrait.

Rosa zählte noch nicht achtzehn Frühlinge ihres Lebens, und hatte doch schon seit zwei Jahren Deutschland, Italien, Frankreich und England zu den Füßen ihrer Schönheit und ihres Talentes gesehen. Die ersten Geister ihres Jahrhunderts zogen an ihrem Siegeswagen; Dichter, Maler, Bildhauer und Tonsetzer wetteiferten sie zu verherrlichen. Eine Sündfluth von Sonetten brach über alle Zeitschriften herein, und die eifrigsten politischen Kannegießer überschlugen die wichtigsten Artikel ihres Geschmackes, um die Kritiken der Gesangesleistungen Rosa's zu lesen.

In Busennadeln, in Ringen, auf Pfeifenköpfen und Tassen von Porzellan, auf Hals- und Taschentüchern, auf Dosen, auf den Arbeitskästchen der Damen, in Almanachen mit Goldschnitten, vor allen Bilderkramläden u.s.w. war Rosa's Bild zu finden, gemalt, in Kupfer gestochen, auf Stein gezeichnet, illuminirt, in Schattenrissen, auch als Büste aus cararischem Marmor in Lebensgröße auf den Mahagonyschränken der Vermöglichen, oder aus Gußeisen im verjüngten Maßstabe für Jedermann. Wer nur im Mindesten Anspruch auf Kunstsinn machen wollte, mußte im Besitze dieses Bildes seyn; das wunderschöne Mädchen, die wundervolle Sängerin, hatte alle Sinne verwirrt, alle Herzen bezaubert.

Ein junger, angehender Verleger kam auf den glücklichen Einfall, ein Buch herauszugeben unter dem Titel: »Rosa's Triumphe.« Er sammelte Alles, was seit Rosa's erstem Auftreten in der Kunstwelt in allen Zeitschriften des In- und Auslandes über sie erschienen war; eine Skizze ihres Lebens, ihrer Herkunft, der ersten jugendlichen Aeußerungen ihres großen Talentes, des Ganges der ferneren Ausbildung, ihrer Gewohnheiten und Neigungen, u.s.w. schloß sich unmittelbar an die Vorrede über den gegenwärtigen Stand der Gesangeskunst in Deutschland; dann folgten sämmtliche bisher erschienenen kritischen Beurtheilungen ihrer Rollen, worin sie aufgetreten war, und endlich die vorzüglichsten Gedichte, womit ihr die Dichter gehuldiget hatten; die Erzeugnisse der Dichterlinge mußten nothwendigerweise von dieser Sammlung ausgeschlossen bleiben, sollte sie nicht zu einem Foliobande anschwellen.

Von diesem Werke, das einem allgemein gefühlten Bedürfnisse entgegen kam, wurden ungeachtet zweier Nachdrücke, von literarischen Schnapphähnen versucht, in fünf Monaten 16000 Exemplare verkauft Die Hauptzierde dieses Werkes war ein höchst gelungenes Bild Rosa's als Muse des Gesanges. Der große Gewinn, welchen dieses Werk dem Verleger brachte, der für die Zusammenstellung selbst nur ein sehr geringes Honorar bezahlte, erregte in manchen von diesen Herren den bittersten Neid, zugleich aber auch den Wunsch, durch ein interessantes Gegenstück einen ähnlichen Fischzug Petri auf dem stürmischen Meere des Buchhandels zu machen, das alle andern Meere an der Menge und Stärke der Rückströmungen übertrifft.

Innerhalb vier Wochen erschien also ein elegant gedrucktes Büchlein in Duodez, unter dem lockenden Titel: »Rosa's Gardinenseufzer,« – mit einem hübschen Kupfer und einer niedlichen Vignette.

Das Kupfer stellte ein elegantes Bett vor, dessen Gardinen so weit geschlossen waren, daß man nur vier Füße gewahrte, wovon zwei auf den Fersen, und zwei auf den Spitzen der Zehen ruhten. Die Vignette zeigte eine vom Winde entblätterte Rose, und jedes der vielen in der Luft umherflatternden Blätter den Namen eines beglückten Anbeters, wenigstens der öffentlichen Meinung nach. Wer den Geschmack der Weltkinder auch nur beiläufig kennt, wird es mir auf's Wort glauben, daß die Pressen Tag und Nacht ächzen mußten, um die Nachfrage befriedigen zu können, besonders weil die Polizeibehörden, ohne Subscribenten, Pränumeranten, Zahler oder Borger zu sein, dennoch die stärksten Abnehmer waren. Um diese unwillkommene Klasse von Lesern zu entfernen, ließ der Verleger einen andern Titel zum Werke drucken: »Die Wege des Fleisches, ein Erbauungsbuch für alle Stände,« – und nun ging das Büchlein wieder reißend ab, ohne in der Benennung der Wahrheit etwas zu vergeben, und ohne die Aufmerksamkeit der Wächter für öffentliche Sittlichkeit zu reizen.

Natürlich fand dieser Verleger noch besser seine Rechnung bei diesem Unternehmen, als der erste; die scandaleusen Histörchen; welche in diesem Büchlein ohne alle Schonung der Namen aufgetischt waren, ergötzten nicht bloß die Mittelsorte der gewöhnlichen Leser, sondern selbst in den vornehmen Salons, worin Müßiggang und Klatschsucht im thätigsten Einklange wirken, machte man sich ein besonderes Vergnügen, ein wichtiges Geschäft daraus, Rosas Abentheuer zu besprechen, und die Damen überboten sich einander in der Geschicklichkeit, die Scenen noch deutlicher auszumalen, und mit drastischen Zusätzen ihrer eigenen Erfindungskraft zu bereichern.

Tausende in der Hauptstadt, die nun Zeugen werden sollten von Rosa's Triumphen, hatten dieß Büchlein gelesen; der Fürst, die Hofherren und Hofdamen, der ganze Adel, die Offiziere, die Beamten, die leselustige Bürgerklasse, und fast in jeder Bedientenstube, auf den Tischen der lüsternen Kammermädchen, u.s.w. waren Rosa's Gardinenseufzer zu finden, obgleich sie noch Keiner von allen Genannten gehört hatte. Man kann sich denken, mit welcher gespannten Neugier die ganze Hauptstadt der längst ersehnten Ankunft der großen Künstlerin entgegen sah, von der sie so viel gehört und gelesen.

Die Dichter hatten bereits Huldigungssonette vorräthig, die Recensenten bogenlange Kritiken über Rollen in Stücken, in welchen Rosa wie sie vorläufig vermutheten, auf der ersten Stadtbühne vielleicht auftreten würde. Die lüsternen Herrchen, alt und jung, zählten ihre Dukaten, wie einst König David seine Soldaten, was ihm, wie wir aus dem alten Testamente wissen, nicht gut anschlug, und bauten Luftschlösser auf Geld und gute Worte, verführt von dem bereits erwähnten Tarif der Liebe, welcher am Schlusse von Rosa's Gardinenseufzern mit einer annähernden Berechnung seines zweijährigen Ertrages, der auf 237,452 fl. 45 kr. veranschlagt war, den würdigen Schlußstein des Ganzen bildete.

Rechnungsverständige mögen es zwar auffallend finden, daß dieser Ertrag nicht aus einer runden Summe bestehe, da doch der Tarif für die Gunstbezeugungen nur Ansätze in runden Summen enthalte, wie wir schon früher gelesen haben; allein der boshafte Verfasser hatte bei der Berechnung die zufälligen Auslagen für Briefe, die Trinkgelder für überbrachte Summen, die Provision für Wechsel, die sie vor der Verfallzeit verkaufte, und den Verlust bei nicht vollwichtigen Goldstücken mit so gewissenhafter Genauigkeit in Abzug gebracht, daß man sich versucht fühlte, auf die Wahrheit seiner Angaben zu schwören; denn gerade durch das bestimmteste Detail läßt sich der Uneingeweihte in die Ränke der Verläumdung am leichtesten bethören.

Der hohen Preise wegen stand Mancher zwischen seinen Wünschen und seinen Dukaten wie Herkules am Scheidewege; er machte sich von der Waare ganz außerordentliche Begriffe, weil der Preis dafür zu solchen Erwartungen berechtigte, wie es im gewöhnlichen Verkehre zu gehen pflegt, wo man gleichfalls in den meisten Fällen von der Höhe des Preises auf die Güte der Waare schließt, obgleich so manche Täuschung geeignet wäre, das Aufgeben einer solchen Ansicht zu erleichtern. Die Franzosen besitzen ein Sprichwort, welches das ökonomische Deutschland mit den Worten frei übersetzt hat: »In der Nacht sind alle Kühe schwarz.« Diesen Spruch steckte nun dieser und jener in den Mund, gleichsam als einen Talisman gegen die peinliche Lust, an den Zauberköder dieser neuen Armide zu beißen.

Man konnte mit aller Gewißheit prophezeihen, daß jeder Herkules und jeder Scheideweg wie Nebelgebilde vor den Strahlen des nahenden Gestirnes verschwinden würde, da schon der Ruf allein von Rosa's Schönheit hinreichend war, zu so großen Opfern geneigt zu machen, wie der Tarif sie als Bedingung feststellte; denn die Wirklichkeit übertraf selbst die kühnste Phantasie.

Rosa besaß von den dreimal neun Reizen, welche ein spanischer Dichter zur weiblichen Schönheit für erforderlich hält, sechs und zwanzig, und die wahren Kenner unter meinen verehrten Lesern werden sich an meinen Geschmack anschließen, wenn ich ihnen gestehe, daß blaue Augen zu schwarzen Haaren mich reizender dünken, als schwarze Augen zu schwarzen Haaren.

Jener spanische Dichter will nämlich an einer schönen Dame folgende 27 Schönheiten finden:

drei weiße: die Haut, die Zähne und die Hände;

drei schwarze: die Augen, die Augenwimpern und die Augenbraunen;

drei rothe: die Lippen, die Wangen und die Nägel;

drei lange: den Leib, die Haare und die Hände;

drei kurze: die Zähne, die Ohren und die Beine;

drei große: den Busen, die Stirne und den Raum zwischen den beiden Augenbraunen;

drei schmale: die Taille, die Hände und die Füße;

drei dicke: die Arme, die Schenkel und das Dickbein;

drei dünne: die Finger, die Haare und die Lippen.

Alle diese Reize vereinte Rosa in dem schönsten Ebenmaße, mit Ausnahme der Farbe der Augen, ein Umstand; den ich gerade für die Krone ihrer übrigen Reize halte.

Seidenweiche Haare, mit dem Glanzgefieder des Raben wetteifernd, floßen in üppiger Fülle den Rücken hinunter; auf dem schlanken, zarten Halse, dessen blendende Weiße den Schwanenflaum beschämte, ruhte das Engelsköpfchen, das wunderschöne Antlitz mit dem feinen griechischen Profile; Amoretten wiegten sich in den Grübchen der rosenumhauchten Wangen, und die zauberischen Lippen schienen aus dem letzten Kusse gebildet zu sein, welchen Venus von dem Munde des Adonis sog, bevor ihm der vom eifersüchtigen Mars entsendete wilde Eber die tödtliche Hüftwunde schlug. Mit dem matten Schimmer der Perlen kann ich Rosa's Zähne nicht vergleichen, welche wie weiße Rosen im Morgenthaue zwischen den von Frühstrahlen der Sonne gerötheten Hecken, funkelten.

Wie soll ich nun Rosa's Busen schildern, wenn schon ihre Zähne mich um Worte verlegen machten?

Um nicht aus Schwäche des Pinsels hinter der Wahrheit zu bleiben, muß ich gleichwohl mit fremden Federn mich schmücken.

Marino sagt im 8ten Gesange des Adone, der den Titel: »i trastulli,« führt, von der Liebesgöttin in der 78ten Stanze:

»Vedeansi accese entro la guancie belle

Dolci fiamme di rose e di rubini,

E nel ben sen per entro un mar di latte

Tremolando nutar due poma intatte.«1

Mit Recht mögen sich Viele wundern, daß ich als ein armer Dichter verborgene Schönheiten zu schildern wage, deren Anschauung nach Rosa's Tarif der Liebe nur dem Golde vergönnt war. Obgleich ich nun geradezu mit einer Berufung auf die freilich nicht sehr glaubwürdige Angabe des Büchleins: »Rosa's Gardinenseufzer« das aufgeschlagen vor mir liegt, und woraus ich gelegenheitlich einige Mittheilungen mir erlauben werde, antworten könnte, so will ich doch auch meinen Lesern und Leserinnen die Gewissensfrage ans Herz legen: »ob es denn so ganz undenkbar sey, daß ein Dichter und zugleich weit verzweigter Recensent bisweilen allerlei Reize von Bühnenengeln wenigstens beschauen dürfe, deren Enthüllung andern Menschenkindern nur in dem Falle gestattet ist, wenn ihre Finger vergoldet sind? Näher kann ich mich nicht ausdrücken, weil ich es für eine Sünde halte, aus der Schule zu schwatzen.«

Nicht minder kühn als jener Jüngling zu Sais, dessen That Schiller warnend besang, fühlte ich wohl den Muth in mir, nun auch den Schleier vom Heiligthume zu reißen, an dem die Schwingen der Phantasie mich jetzt vorübertragen. Doch ferne sey es von mir, mit roher Hand der Ahnung vorzugreifen, und an das himmlische Asyl der Liebe ein irdisches Winkelmaaß zu legen; Phantasiearme mögen Salomons hohes Lied als Leitfaden nachlesen.

Rosa's Füßchen hielten die Mitte zwischen den kleinsten Pariser- und Chinesen-Damenfüßen; die seinen zierlichen Waden schienen die beiden untersten Stufen einer Jakobsleiter zu sein, die zum Himmel führet; ihre ganze Gestalt glich der Venus zu Knidus, jenem unsterblichen Meisterstücke des Praxiteles, der in der 104ten Olympiade mit seinem Ruhme ganz Griechenland erfüllte.

Die höchste aller Schönheiten Rosa's, so wie aller Damen, die Augen, hab' ich dem letzten Pinselstriche an meinem Portraite der gefeierten Sängerin vorbehalten. Als Gott den ersten Menschen gemacht hatte, hauchte er ihm eine unsterbliche Seele ein; da schlug er die Augen auf, und darum glaube ich, daß die Seele in den Augen thront.

So viel ich noch aus der Jugendzeit meines verwahrloßten Studiums der Botanik mich erinnere, von welcher ich nur jene Blumen kennen lernen wollte, womit die Dichter ihre Schöpfungen schmücken, haben wir in Deutschland 16 verschiedene Arten von Vergißmeinnicht.

Denken Sie sich nun in Rosa's blauen Augen die wechselnde Anmuth der 16 einzelnen Arten in einen Strahlenpunkt verschmolzen, und diese beiden Gestirne am Himmel der Liebe, von Petrarca an seiner Laura einst unerreichbar besungen, von dem bezaubernden Liebreize eines überaus gebildeten Geistes beseelt, so werden Sie leicht begreifen, daß sie überall Siegerin seyn mußte, wohin ihre magischen Blicke drangen.

Bevor ich nun die Heldin dieses Werkes selbstthätig in die Lesewelt einführe, muß ich nun auch noch ihr Inneres berühren, das heißt, um nicht von Uebelwollenden mißverstanden zu werden, ihren Charakter, ihr Gemüth. Zu diesem Zwecke muß ich die Geduld meiner verehrten Leser und Leserinnen noch auf einige Augenblicke in Anspruch nehmen, mit dem Versprechen einer spätern, gewiß genügenden Vergütung dieses freundlichen Opfers.

Fußnoten

1 »Man sah auf den schönen Wangen süße Flammen von Rosen und Rubinen glühen, und im Busen, in eine Milchmeere, zwei unberührte Aepfel zitternd schwimmen.«

Rosa's Herkunft und Erziehung.

An den rebenumgürteten Gestaden des gewaltigen Rheinstromes, dieses uralten Zeugen deutscher Redlichkeit, zwischen Venedig und Hamburg, lebte in einem unbedeutenden Städtchen ein Cantor mit Weib und Kindern, der sich vom Ertrage seines Amtes und einiger Unterrichtsstunden im Singen und Clavierspielen lange Zeit fast kümmerlich nährte.

Dieser Mann hatte in seiner Jugend Gelegenheit, mit einem römischen Prälaten ganz Italien zu durchreisen, und in den berühmtesten Städten längere Zeit zu verweilen. Dort entwickelten sich seine großen Talente für Musik und Gesang, und die Gönnerschaft jenes vornehmen Geistlichen verhalf ihm zur unentgeldlichen Ausbildung durch die größten Meister der damaligen Zeit.

Die unwiderstehliche Sehnsucht nach seinem Vaterlande führte ihn nach Deutschland zurück.

Vergebens hatte man ihm in verschiedenen Städten Italiens sehr einträgliche und ehrenvolle Posten angeboten; er zog es vor, lieber auf deutschem Grund und Boden einem ungewissen Schicksale entgegen zu gehen, wie es denn eine ausgemachte Sache ist, daß nicht leicht ein Volk so sehr an der väterlichen Scholle klebe, als das deutsche, obgleich es eben so richtig ist, daß in keinem Lande der Eingeborene verhältnißmäßig so wenig gelte, als gerade in Deutschland, das lange genug die eigenen Zeisige darben ließ, um aufdringliche Kuckucke des Auslandes zu füttern.

Das alte Sprichwort vom Propheten, der in seinem Vaterlande nicht geachtet werde, bewährte sich auch bald nach der Heimkehr des jungen Mannes in seiner Vaterstadt.

Wagner, – so hieß er junge Mann, – betrat seine Geburtsstadt mit der festen Ueberzeugung, daß ihm die Cantorstelle gar nicht entgehen könne, da er seiner großen Ueberlegenheit in allen Anforderungen dieses Amtes sich sehr wohl bewußt war.

Der alte Cantor lag auf dem Siechbette, und ein junger Mensch, der sich um die Hand seiner Tochter beworben hatte, vertrat seine Stelle, ohne den mitwirkende Musikfreunden des Städtchens und der ganzen Gemeinde entsprechen zu können. Allein am Sitze der Regierung lebte ein leiblicher Bruder des alten Cantors, der durch Geldvorschüsse sich verschiedene einflußreiche Personen verbindlich zu machen wußte, und daher kam es, daß die löbliche Regierung zu verfügen beliebte: der junge Mensch sollte des alten Cantors Stellvertreter, und nach dessen Tode der Nachfolger und zugleich Eidam des Verlebten werden.

Vergebens stellte Wagner unterthänigst vor, daß er ein Landeskind und in diesem Städtchen geboren sey, während der Andere dem Auslande angehöre; vergebens berief er sich auf höhere Kenntnisse, und bat um eine parteilose Prüfung durch Sachverständige, oder wenigstens um die Erlaubniß, seine Fertigkeit im Orgelspiele zeigen zu dürfen, wär's auch nur ein einziges Mal; die Entschließung lautete: »daß man es bei der bereits getroffenen Fürsorge bewenden, jedoch bei einer andern schicklichen Gelegenheit auf die unterthänigste Bitte des Wagner nach Zeit und Umständen den möglichsten Bedacht nehmen lassen wolle.«

Mit schmerzlichen Thränen des gekränkten Selbstgefühles las Wagner diese Abwesung in einer verborgenen Ecke des Bürgermeisterhauses, wo er sie geholt hatte, als er die Frau Bürgermeisterin plötzlich jämmerlich wehklagen hörte.

Schreiber und Mägde flogen sogleich als dienstbare Geister herbei, auch zwei Rathsherren mit ihrem Ehegemahle, die eben eine vorbereitende vertrauliche Unterredung gepflogen hatten, um sich nach der Ursache des Hülferufens der Frau Bürgermeisterin zu erkundigen.

Joli, das Schooßhündchen der gebietenden Frau Bürgermeisterin, lag in Zuckungen auf dem Boden, verdrehte die Aeuglein, und streckte seine vier Füßchen wie Hasenläufe von sich.

Niemand wußte zu helfen, und den beiden Rathsherrn fiel, wie fast immer, kein guter Rath ein.

Zum Glücke ging eben der Thierarzt auf der Straße vorüber, der sogleich als Retter in der Noth in das Haus des Jammers gerufen wurde. Dieser aber schüttelte bedenklich den Kopf und äußerte, »daß hier keine Hülfe mehr zu hoffen, vielmehr das leidende Hündchen je eher je lieber aus der Welt zu schaffen sey, da dieser Zustand sehr leicht in die Hundswuth übergehen könne.«

Er entfernte sich mit der Zusicherung, sogleich den Wasenmeister zu senden.

Bei diesem Todesurtheil fiel die Frau Bürgermeisterin dem eben eintretenden Wagner ohnmächtig in die Arme, der sie sanft auf ein nahestehendes Ruhebett legte, und zur Kur des Hündchens schritt, die er in mancherlei Art von Geistlichen in Italien erlernt hatte, welche sich oft mit einer Menge solcher Lieblinge zu umgeben pflegen.

Sogleich goß er einen großen Krug Wasser über den vierfüßigen Patienten, wodurch er bald wieder auf die Füße kam, und vollendete noch an demselben Morgen durch den Gebrauch einiger Hausmittel die Heilung.

Die Frau Bürgermeisterin fiel ihm aus Dankbarkeit um den Hals, nannte ihn ihren Lebensretter, und bat ihn um eine Veranlassung, ihm ihre unbegrenzte Ergebenheit beweisen zu können.

Wagner machte sie mit seiner vereitelten Hoffnung bekannt, ohne zu wissen, daß sie die Haupttriebfeder der erwähnten Regierungsentschließung gewesen war.

Allein die Wonne über die Rettung des Liebchens änderte gänzlich ihre frühern Ansichten in dieser Sache; sie schob jedoch alle Schuld auf ihren Mann, dem sie wegen Verkennung und Hintansetzung eines jungen Mannes von so ausgezeichneten Talenten derb den Text zu lesen gelobte.

Wagner benützte diese glückliche Stimmung, und bat sie um ihre allvermögende Fürsprache bei ihrem Herrn Gemahle, daß er sich häuslich niederlassen, und mit Riekchen, einer armen Gärtnerstochter, die er schon seit vielen Jahren liebte, vermählen dürfe, indem er durch Privatunterricht in der Musik und im Singen, so wie durch Notenschreiben seinen Nahrungsstand hinlänglich zu begründen hoffe.

Sie versprach ihm nicht nur, diese Erlaubniß zu erwirken, sondern auch für den ersten Zugang von Unterrichtszöglingen zu sorgen, und ihm zur Aufmunterung anderer Eltern ihre eigenen drei Kinder anzuvertrauen.

Wer war froher als Wagner, der sogleich seinem lieben Riekchen die erfreuliche Nachricht brachte, daß ein sterbendes Hündchen, Namens Jali, der Gründer ihres Lebensglückes sey!

In vier Wochen waren sie Mann und Frau.

Anfangs hing freilich, wie man zu sagen pflegt, der Himmel voller Geigen; denn das neuvermählte Pärchen war genügsam, und konnte es auch seyn, weil es wenige Bedürfnisse hatte. Riekchens Vater ließ einen kleinen Anbau an sein Häuschen machen, wo dann der Schwiegersohn und die Tochter in bester Eintracht lebten; Wagners Eltern waren schon vor seiner Reise nach Italien gestorben.

So verflossen vier Jahre; schon umgaukelten drei Kinder den noch so jungen Vater, der nun oft bis tief in die Nacht hinein den Schreibtisch nicht verlassen durfte, um nur den nöthigsten Unterhalt für seine Lieben zu gewinnen.

Meistens saß dann Riekchen an ihres Mannes Seite, und spann oder strickte, oder beschäftigte sich auf eine andere Art, bis ihr vor Müdigkeit das schöne Köpfchen auf den Mutterbusen sank. Dann mußte Wagner noch gar oft bitten, und ihr die Sorge für ihre Gesundheit als eine heilige Familienpflicht darstellen, bis er sie bewog, sich schlafen zu legen.

Als aber der alte Gärtner starb, und die Gläubiger Häuschen und Garten mitleidlos an sich zogen, mußten Wagner, seine Frau und Kinder, und die alte, erwerbsunfähige Mutter Riekchens, die kleine Besitzung mit Thränen in den Augen verlassen, und eine andere Wohnung miethen.

Der Erlös aus dem Verkaufe der Gartenfrüchte wurde gar bald schmerzlich vermißt, dagegen der Miethzins nur mit der größten Anstrengung errungen, die zuletzt den armen Wagner auf das Krankenbett warf.

Das häusliche Elend stieg nun von Tag zu Tag; die Zöglinge blieben aus, nahmen auch zum Theil bei dem neuen Cantor Unterricht, weil ihre Eltern sich bei den hohen Gönnern desselben in Gunst setzen wollten. Die milden Spenden der Frau Bürgermeisterin, welche sich Anfangs des kranken dürftigen Wagner erbarmte, kamen immer seltener, und blieben endlich ganz aus.

Am Vorabende des heiligen Christtages, da ein wildes Schneegestöber an die kleinen Fenster der armseligen Wohnung schlug, in welcher kein Fünkchen Feuer die eisige Kälte milderte, fragten die lieben Kleinen unaufhörlich: »ob denn das Christkindlein heute gar nichts bringen werde?«

Riekchens Thränen fielen in ihren Schooß, während sie die Kinder entkleidete, und jedes mit einem Stückchen Brod in das Bett brachte, damit sie nicht frieren sollten. Die Mutter schlief schon; Wagner seufzte, und sprach: »Zürne mir nicht, liebes Weib! ob der Armuth, die du jetzt mit mir theilen mußt; mit Gottes Hülfe wird es schon besser gehen, wenn ich wieder gesund bin, und seine Huld wird deine Thränen trocknen!«

Nun konnte Riekchen den innern Schmerz nicht mehr beherrschen; laut schluchzend sank sie an seine Brust, mit den Worten: »Dir und den Kindern gelten meine Thränen, nicht mir!«

»Hörst Du nichts?« fragte nach einer Pause tiefer Rührung Wagner; »war mir's doch, als habe ein Reiter an der Thüre gehalten! Richtig, jetzt sprengt er wieder fort. Sieh doch, Riekchen, wer es war!«

Riekchen öffnete die Hausthüre und fand vor derselben einen Korb, den sie sogleich verwundert auf das Bett des kranken Mannes stellte, und öffnete.

Mitten unter spitzenverbrämten Windeln lag in eine kostbare Pelzdecke gehüllt ein wunderschönes Kindlein, ein Mädchen, das lächelnd die Augen zu Riekchen aufschlug.

Man kann sich das Erstaunen der beiden Leutchen denken, als sie den kleinen unerwarteten Gast in ihrer dürftigen Behausung erblickten.

Bei dem Durchsuchen d. Korbes fand sich ein parfümirtes Briefchen mit der Aufschrift:

An Herrn Wagner,

Musik- und Gesanglehrer in M**

 »Mein Herr!

Sie sind mir als ein wackerer Mann empfohlen, der mit einer braven Frau und guten Kindern, selbst in der Dürftigkeit ein glückliches Leben führt. Ihrer Erziehung vertraue ich meine Rosa an, von der ich durch Verhältnisse mich trennen muß. Die beiliegende Summe wird hinreichend seyn, für die nächsten Bedürfnisse des Kindes zu sorgen; monatlich empfangen Sie drei Louisd'or, bis die Zeit der hohen Ausbildung heranrückt, wornach die Vergütung mit der Mühe steigen wird. Sollte das Kind Talent zur Musik besitzen, so werden Sie es zu einer Sängerin bilden. Vielleicht erhalten Sie Jahre lang keinen Brief mehr von mir, eine Folge besonderer Umstände, doch für die richtige Bezahlung ist bereits Sorge getragen. Uebrigens zähle ich ganz auf Ihre Verschwiegenheit.

P.G.«

Die Summe, wovon der Brief sprach, war jedoch nicht zu finden, wie denn weder eine Münze, ein goldenes Kreuz, noch sonst etwas von edlen Metallen auf den Stand des Kindes schließen ließ, während andererseits die feine Bekleidung mit den auserlesensten Spitzen keine gemeine Abkunft bezeichnete. Wagner und seine Frau waren bald einig, den Findling zu behalten, obgleich er in ihrer gegenwärtigen mißlichen Lage eine neue Bürde auflud.

Riekchen gesellte ihrem eigenen Säugling noch die kleine Rosa bei, und ließ sie an ihrem schwanenweißen Busen sich erwärmen.

Der Morgen kam. Feierliches Glockengeläute rief die Gläubigen zur Kirche Riekchen wollte eben aus dem Hause zum Bürgermeister gehen, um dieses Ereigniß anzuzeigen, als der Briefträger, in diesem Augenblicke ein Bote des Himmels, ein Päckchen Geld überbrachte. Der Musikalienhändler zu R** schickte die Schreibgebühren für gelieferte Notenabschriften und ein nicht unbedeutendes Honorar für die vom Wagner herausgegebene neue Klavierschule mit der Meldung, daß ein Kammerdiener des Fürsten nach der häuslichen Lage des Verfassers im Namen Seiner Durchlaucht sich erkundigt, und höchst dessen Zufriedenheit mit dem Werke ausgedrückt habe.

Nun kehrte Frohsinn in die Herzen der Bekümmerten zurück und trug viel zu Wagners baldiger Wiedergenesung bei. Allein es verging ein Monat nach dem andern, und das versprochene Monatgeld für die kleine Rosa kam nicht an. Sie liebten die Kleine nun schon wie ihr eigenes Kind, und machten auf eine Bezahlung gar keine Rechnung mehr.

Unvermuthet kam der Fürst in den Spätstunden eines herbstlichen Sonnabends in M** an, da er eben in der Gegend jagte, stieg im Posthause ab, und ließ sich Wagners Wohnung von ferne weisen.

Unerkannt sprach er mit diesem, und gab sich für einen Musikliebhaber aus der Hauptstadt aus, der zum Vergnügen eine Ferienreise mache und die Gelegenheit seines Uebernachtens im Städtchen benützen wollte, die persönliche Bekanntschaft eines so vorzüglichen Klavierlehrers anzuknüpfen.

Die unerkünstelte Artigkeit der beiden Leutchen, das gesunde, muntere Aussehen der Kinder und die große Reinlichkeit in der dürftigen Wohnung gefielen dem Fürsten.

Wagner hatte noch einen Vorrath von hundert Exemplaren der von ihm herausgegebenen Klavierschule, welche er als einen Theil des Honorars veräußern durfte. Der Fürst bestellte sie, mit dem Bemerken, daß er seinen Bedienten schicken werde, sie zu holen, und zugleich eine solche Menge von Notenabschriften, daß Wagner auf ein volles Jahr beschäftigt wurde. Die bestellten Exemplare bezahlte er sogleich in Dukaten.

Zufällig trug Riekchen die kleine Rosa durch das Zimmer.

Kaum erblickte sie der Fürst, als seine Miene hohes Erstaunen verrieth. Von der geheimnißvollen Ankunft dieses Kindes in Wagners Hause unterrichtet, erklärte derselbe, die Verpflichtung der unbekannten Eltern selbst übernehmen zu wollen, und zugleich seine Beistimmung zur Ausbildung der kleinen Rosa für den Gesang, im Falle sie hiezu Talente besitzen würde, mit dem Versprechen, nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt die treffende Summe für die verflossene Zeit sogleich zu übersenden.

Wagner und seine Frau wußten nicht, ob sie wachten oder träumten, so sehr hatte die Freude über diesen plötzlichen Glückswechsel sie ergriffen; denn nun waren sie nicht nur gegen Mangel geschützt, sondern selbst in einer Wohlhabenheit, die längst schon ihr genügsamer Sinn als das höchste Ziel ihrer Wünsche ersehnte. Sie versicherten den Fremden ihres innigsten Dankes, als er nach einer vollen Stunde von ihnen schied.

Noch an demselben Abende brachte der Rathhausdiener einen schriftlichen Auftrag des Herrn Bürgermeisters, folgenden Inhalts:

»Auf ausdrücklichen höchsten Befehl Seiner Durchlaucht des Fürsten, welcher heute die Stadt mit Seiner Anwesenheit zu beglücken gnädigst geruhte, wird dem hiesigen Musiklehrer Wagner hiemit aufgetragen, morgen bei dem Hochamte, dem Seine Durchlaucht beiwohnen werden, auf der Orgel zu spielen; wornach sich derselbe zu achten hat.«

Der Bürgermeister.

Das Räthsel des fremden Besuchs war nun gelöset; von der großen Ehre desselben fühlten sich Wagner und Riekchen freudig durchdrungen, und nur des Fürsten auffallende Theilnahme an Rosa's Geschicke blieb ihnen vorläufig unerklärbar, obgleich sie geneigt waren, zu vermuthen, daß er vielleicht selbst der Vater dieses Kindes seyn könne.

Diese Vermuthung stützte sich jedoch auf keine Thatsache; denn der Fürst, ein hübscher Mann von fünf und vierzig Jahren, lebte mit seiner Gemahlin in der glücklichsten Ehe, so daß selbst die alten Hofdamen nicht einen Schatten ehelicher Untreue zu erspähen vermochten, so viele Mühe sie sich auch gaben, und bekanntlich haben hierin diese alten gelben Pergamenteinbände aus Amors Ehestandsbibliothek eine um so größere Gewandtheit, je öfter sie selbst in ihrer Jugend von Liebhabern verbotener Lektüre aufgeschlagen wurden. –

Der Fürst widmete sich mit ganzer Seele den Regierungsgeschäften, deren regelmäßige Besorgung ihm die heiligste Pflicht eines Regenten schien. Die Erziehung seines Erbprinzen, eines Knaben von acht Jahren, und der Erbprinzessin, eines liebenswürdigen Wesens von drei Jahren, lag ihm zunächst am Herzen. An manchen Höfen hält man die Erziehung eines Prinzen in diesem Alter für eine sehr einfache Aufgabe, welche durch die Erlernung der französischen Sprache und durch einen oberflächlichen, wissenschaftlichen Unterricht gelöset werde; unser Fürst verband jedoch mit diesem Worte einen weit umfassenderen Begriff, und glaubte, daß die Erziehung ein weiteres Feld, und auch die fortschreitende Ausbildung aller geistigen Kräfte in sich begreife, welche durch keine Volljährigkeit, und überhaupt durch keine Zahl von Ihren begränzt werde, und daß ein muthmaßlicher Regierungsnachfolger sich glücklich preisen müsse, den wohlgemeinten weisen Rath eines liebevollen Vaters so lange als möglich benützen zu können. Nach diesen Ansichten war der Erziehungsplan berechnet. Musik und Jagd füllten des Fürsten Mußestunden aus; oft dirigirte er selbst sein Kammerorchester, wenn ein Kabinetsconcert vor einer kleinen, aber auserlesenen Gesellschaft gegeben wurde.

Die Jagd durfte seine Unterthanen weder quälen noch beschädigen. Jeder Schaden, der ungeachtet der größten Vorsicht zugeführt wurde, mußte auf der Stelle vergütet werden.

Der Fürst war nicht nur gerecht ohne Ansehen der Person, sondern auch billig; daher kam es, daß er nicht bloß wohlerworbene Rechte, sondern selbst bestehende Verhältnisse nicht verletzte; wenn sie, ohne aus Unfug entstanden zu seyn, oder dahin auszuarten, auf die Schonung der Huld vertrauten. 

Dafür belohnte ihn auch die allgemeine, herzliche Liebe seines ganzen Volkes, die sich mehr in stillen Segnungen als in Adressenphrasen und Klinggedichten zu erkennen gab.

Wagner wurde dem Fürsten vom Bürgermeister vor dem Hochamte vorgestellt, und von Seiner Durchlaucht mit dem größten Wohlwollen aufgenommen.

An diesem Morgen feierte der lang verkannte und so ungerecht zurückgesetzte Wagner über alle seine Neider und Feinde den entschiedensten Triumph der Kunst durch sein herrliches Orgelspiel. Der Fürst verwendete, vom Oratorium aus, keinen Augenblick die Augen von der Emporkirche, und versicherte seine Umgebung, daß er selbst auf seinen weiten Reisen nie einen so trefflichen Organisten gehört habe, und daß es ihm sehr auffallend sey, unter den Vorschlägen zur Besetzung erledigter Cantorsstellen niemals Wagners Namen gelesen zu haben.

Nach dem Hochamte überhäufte der Fürst denselben mit Lobsprüchen in Gegenwart aller obrigkeitlichen Vorstände des Städtchens, und versprach, indem er in den Wagen stieg, unverzüglich für ihn zu sorgen.

Die Hauptstadt lag nur vier Poststunden von dem Städtchen entfernt; am andern Morgen hielt schon ein Kammerreiter Seiner Durchlaucht vor Wagners Wohnung, und überbrachte ihm ein in den gnädigsten Ausdrücken verfaßtes Patent als erster Hoforganist an der Residenzkirche mit einem lebenslänglichen, anständigen Gehalte.

Nun war sein Glück gemacht. Er bezog bald darauf eine freie Wohnung in der fürstlichen Residenz, und gründete dort eine Singschule, aus welcher im Laufe der Jahre unsere Rosa als eine der ersten Sängerinnen ihres Jahrhunderts hervorging. Sie galt immer für Wagners Tochter, und war ein Wunder von Schönheit und Herzensgüte.

Da die Periode des Wechselns der Stimme glücklich vorüberging, hielt es Wagner für nöthig, zur Vollendung der Kunstausbildung sie in die Heimath des Gesanges, nach Italien, zu senden.

Der Fürst billigte diesen Vorschlag, und Rosa reisete mit ihren Pflegeältern, reichlich mit Geld versehen, nach Mailand, wo noch der berühmte Kapellmeister lebte, dessen Zögling einst Wagner gewesen war. In diesem Hause, unter der mütterlichen Aufsicht seiner tugendhaften Gattin, blieb Rosa nach einem schmerzlichen Abschiede von Wagner und Riekchen, die an den Hof zurückkehrten. Nach drei Monaten eines sorgfältigen Unterrichts trat Rosa als Rosine im Barbier von Sevilla von Rossini auf dem großen Theater von Mailand  auf.

Diese Oper wurde damals in Mailand gerade zum erstenmale gegeben, und Rosa wirkte durch Gestalt, Stimme und Spiel solche Wunder, daß die Oper neun und dreißigmal nach einander bei verdoppelten Eintrittspreisen und gedrängt vollem Hause zur Darstellung kam. Rossini, welcher in den ersten drei Abenden selbst das Orchester dirigirte, war so außer sich vor Entzücken, daß er einmal bald den Takt verloren hätte; er war es, der sie damals zuerst als die Muse des Gesanges begrüßte.

Um meine Leser nicht mit einer ausführlichen Aufzählung von Rosa's glänzenden Siegen auf dem Felde der Kunst zu ermüden, muß ich mir erlauben, sie auf das Büchlein: »Rosa's Triumphe,« hinzuweisen, worin sie die befriedigendste Darstellung finden werden.

Hätte es jene zahllosen Sonette geregnet, die auf sie gedichtet, geschrieben und gedruckt wurden, so würden wohl die Flüsse Tessino und Adda, zwischen welchen Mailand auf einer schönen Ebene liegt, aus ihren Ufern getreten seyn. Man muß die Wahnsinnsstufe italienischer Begeisterung für die Gesangeskunst kennen, um einen solchen Vergleich wenigstens nicht für eine lächerliche Uebertreibung zu halten. In kurzer Zeit trafen von den Hauptstädten von Europa die lockendsten Einladungen zu Gastrollen, oder zu lebenslänglichen Anstellungen unter den vortheilhaftesten Bedingungen ein, die man ihr gänzlich freistellte. Der Ruf ihres Ruhmes war bereits in alle Länder gedrungen.

In Begleitung einer alten Schwester des Kapellmeisters, die ihr als Duenna oder Keuschheitswächterin beigegeben war, ging Rosa zuerst nach Neapel, wiederholte dort die Triumphe von Mailand, und schlug die Hand eines Herzogs aus, »um nicht,« wie sie in der schriftlichen Rückäußerung sagte, »nach den Flitterwochen in das Conservatorio in Mailand zurückkehren zu müssen.«

Sie verstand unter dem Conservatorio eine dort bestehende milde Stiftung für unglücklich verheirathete Frauen, eine Anstalt, deren Nachahmung wohl in allen Ländern eben so nothwendig als nützlich wäre.

Von Neapel ging Rosa nach Paris, wo die lästige Duenna schon in der ersten Woche ihrer Ankunft daselbst, in Folge eines Entzündungsfiebers, die ewige Reise antrat.

Die Verlassene, von Prinzen vom Geblüte und von den ersten Reichsmarschällen, so wie von Millionären aus dem Bürgerstande umschwärmt, wählte sich bald eine freundlichere Umgebung, dieselbe, womit wir sie in die Hauptstadt des Fürsten zurückkehren sahen, nachdem sie noch London, wo der König sie an der Hand zur Tafel führte, und Berlin und Wien besucht, und mit den Wundern ihrer Kunst und Reize bezaubert hatte.

Ihre Abentheuer in diesen vier Städten, mit einigen Zugaben aus Mailand und Neapel, Madrid und Lissabon, hoffe ich im Gange der Erzählung meinen verehrlichen Lesern und schönen Leserinnen noch ausführlich mittheilen zu können, wobei ich auch das Büchlein: »Rosa's Gardinenseufzer,« benützen werde, jedoch ohne die boshaften Verläumdungen, von welchen es strotzet, im mindesten zu berücksichtigen.

Indem ich dieser langen aber nothwendigen Abschweifung wegen demüthig um Verzeihung bitte, schwing' ich mich wieder auf den Pegasus, und treibe das feurige Flügelroß zur Eile, um unsere schöne Rosa noch vor den Thoren der Hauptstadt einzuholen, die zum festlichen Empfange der großen Sängerin in voller Bewegung war.

Rosa's neue Triumphe.

Unter diesem Titel könnte ich füglich eine Fortsetzung jenes früher genannten, so einträglichen Büchleins herausgeben, wenn ich es nicht vorzöge, meinen eigenen Weg zu wandeln, und die Memoiren der schönen Rosa der Lesewelt in ungetrennter Vollständigkeit mitzutheilen.

In einem Salon des ersten Gasthofes der Hauptstadt, worin Rosa abstieg, wurde sie von sämmtlichen festlich gekleideten Damen des Schauspieles, dann der deutschen und italienischen Oper empfangen.

Rosa fühlte sich von dieser großen Aufmerksamkeit überrascht und gerührt, und dankte auf die verbindlichste Weise, mit der Bitte, sie bei der Abendtafel mit ihrer Gegenwart zu beehren. Sie benahm sich dabei so ungezwungen, so ganz natürlich, lehnte verdientes Lob und Schmeicheleien so bescheiden ab, indem sie ja doch nur der Natur diese Gabe des Gesanges verdanke, daß selbst mißgünstige Herzen, die Groll und Neid im Innern brachten, mit so außerordentlichen Vorzügen ausgesöhnt wurden, und wenigstens nicht als Feindinnen schieden, wenn sie auch nicht gleich auf der Stelle die Höhe der Freundschaft zu erreichen vermochten.

Der Fürst ließ sie durch einen Kammerherrn bewill, kommen, eine Auszeichnung, die wohl selten einer Künstlerin begegnen mag.

Auch Rosa's Pflegeeltern, Wagner und Riekchen besuchten sie. Rosa zerfloß in Thränen an ihrem Halse; noch wußte sie nicht, daß sie ein Findling und das Kind unbekannter Eltern sey. Doch dieser Umstand, hätte sie ihn auch gekannt, würde ihren Empfindungen keine andere Richtung gegeben haben; ihr Herz war zu edelmüthig, um den Ausdruck der Dankbarkeit vom Spiele des Zufalls bestimmen zu lassen.

Mit unnennbarer Freude vernahm sie das ungestörte Wohlergehen ihrer Pflegeeltern, und erkundigte sich nach ihrem lieben Bruder Fritz, der oft mit ihr auf dem Chore gesungen hatte, und nach ihren beiden Schwestern Antonie und Klara.