Mobbingalarm! - Monika Bonanno - E-Book

Mobbingalarm! E-Book

Monika Bonanno

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Beschreibung

Susanna, die sich bisher total mit ihrem Arbeitgeber identifiziert hat, durchlebt eine fast unglaubliche Veränderung in ihrem Arbeitsleben. Erst beginnt das Mobbing durch eine Kollegin und weitet sich dann zum Bossing aus. Der Kampf um den Arbeitsplatz beginnt. Rückhalt und Aufbau ihres Selbstbewusstseins kann ihr nur die Familie geben. Informationen auf der Website: autorin-monika-bonanno.jimdo.com/ Mobbing, Bossing: Wie man langjährige motivierte Mitarbeiter erfolgreich aus dem Unternehmen mobbt. Verpackt in einen Roman, der den Kampf um den Arbeitsplatz der Hauptperson Susanna aufzeigt. Die Geschichte ist aufgelockert durch viele Schmunzelszenen aus dem noch schönen privaten Leben. Die Familie gibt Susanna den Halt, die hinterhältigen Angriffe im Büro zu überstehen. Selbstvertrauen, Stärke, Mut, Liebe und Lebensfreude sind die Säulen des Durchhaltevermögens. Und diese Säulen können dann nur durch die Familie und die Freunde gefestigt werden. Die Geschichte ist interessant für alle die gerne lesen, natürlich ist es ein Frauenroman, und es geht ja nicht nur um das Mobbingthema, da sind so viele kleine und größere Episoden, die jede Frau kennt, die mit beiden Beinen im Job steht, das Familienleben und die privaten Anforderungen ebenso wichtig sind. Das Buch ist kein Ratgeber. Die Leser können aber erkennen und lernen, wie man mit einem Mobbing-Problem umgehen kann, wie man auf die verschiedenen Situationen richtig oder falsch reagiert. Die Erzählung soll Betroffenen auch Mut machen. Es gibt immer einen Ausweg. Schließlich ist Arbeit nicht das Wichtigste im Leben. Gesundheit, Liebe, Glück, Geborgenheit, das sind die Dinge, die das Leben ausmachen. Hompage zum Buch: bonanno.mx35.de

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Monika Bonanno

Mobbingalarm!

Wenn der Job zum Alptraum wird.

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

1. Noch ist alles gut, ein schöner guter Tag.

2. Veränderungen stehen an.

3. Die neue Kollegin.

4. Unzufriedenheit schleicht sich ein.

5. Aus dem Urlaub zurück.

6. Alles zuviel und keine wirkliche Hilfe.

7. Die ersten Mobbingansätze zeigen sich.

8. Die ersten Lügen.

9. Zwei gegen eine.

10. Heute noch und gleich sofort.

11. Hetzjagd mit ungerechtfertigten Anschuldigungen.

12. Was ist bloß los in dieser Arbeitswelt?

13. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Mittel zum Druck.

14. Die Mobberin fühlt sich angegriffen.

15. Hilfe, wir werden wegen Mobbing angeklagt.

16. Früher ist vorbei.

17. Wenn Mobbing krank macht.

18. Angst, Wut, Einsamkeit, Widerwillen gegen Falschheit; Sehnsucht nach Harmonie und Vertrauen.

19. Die Neue wird gleich von Anfang an verunsichert.

20. Mobbing weitet sich zum Bossing aus.

21. Abmahnung!

22. Nicht entlassen, aufgehoben, so als wäre ich nie dagewesen.

23. Abschied.

24. Es wird alles gut, ja es ist alles gut.

Impressum neobooks

Vorwort

Dieses Buch ist kein Sachbuch und erst recht kein Ratgeber. Es ist die Geschichte der Susanna Fiorino, fünfzig Jahre alt, 1,65 groß, hellbraune Haare und braune Augen, nicht zu dick und nicht zu dünn, sondern gerade richtig. In zweiter Ehe glücklich und mehr oder weniger zufrieden im Job. Wut ist eine sinnlose Emotion, die größte Zeitverschwendung, denkt Suse-Optimist. Bis...

Lieber Leser, entscheiden Sie selbst, ob Sie in den jeweiligen Situationen genau so reagiert oder ganz anders gedacht und gehandelt hätten. Möglicherweise meinen Sie auch, die Suse ist zu blauäugig und ein Weichei. Die bekommt den Mund nicht auf, denkt sich nur ihren Teil und ist halt einfach Suse-Angsthase, prädestiniert für Menschen, die zu ihrem Vergnügen mobben.

Es gibt kein Patentrezept gegen Mobbing am Arbeitsplatz, aber Selbstvertrauen, Stärke, Mut, Liebe und Lebensfreude sind die Säulen des Durchhaltevermögens. Doch wenn diese Säulen systematisch durch Mobbing und Bossing zum Einsturz gebracht werden, wie kann man seine Seele da noch retten? Wohl dem, der einen verständnisvollen Partner hat, der mit Rat und Tat zur Seite steht. Auch die Familie und Freunde können helfen, man muss nur lernen sich anzuvertrauen und den Ausgleich im privaten Leben zu suchen und zu sehen. Damit Mobbing nicht im Burnout endet, sollte man sich nicht davor scheuen gute psychologische Hilfe anzunehmen. Dann kann man auch wie Susanna der Zukunft wieder ins Auge schauen und sagen: „Es wird alles gut, ja es ist alles gut.“

1. Noch ist alles gut, ein schöner guter Tag.

„Einen schönen guten Tag, Blümeling exklusive Raumkonzepte. Sie sprechen mit Susanna Fiorino. Was kann ich für Sie tun?“ Zuckersüß mit einem Hauch von Timbre in der Stimme sagte ich zum gefühlten fünfzigsten Mal an diesem Tag mein Sprüchlein auf. Eigentlich ist es ja ganz angenehm, dachte ich. Wenn man sonst keine Arbeit hätte, dann könnte ich mit dem Gesprächsteilnehmer einen netten Smalltalk halten, meine Stimme üben, aber? Okay, leider keine Zeit zum Telefontratsch. Mein Blick fiel auf den Riesenpapierberg, es waren ganz viele Rechnungen, Mahnungen, Auftragsschreiben und sonstiger Kleinkram. Alles Tagesgeschäft, und nichts zum Aufschieben dabei. Meine roten Eingangskörbchen waren auch brechend voll und riefen mir zu: „Suse, kümmere dich um uns, bitte schnell!“ Ich musste das Gespräch rasch beenden und erklärte freundlich: „Herr Müller, es tut mir leid, aber Herr Krause ist momentan in einer Besprechung. Ich notiere Ihre Nummer, und er ruft Sie dann sofort zurück. Um was geht es denn?“ „Das tut er ja doch nicht“, schnauzte Herr Müller, „das haben Sie mir schon tausendmal versprochen.“ Jochen Krause ist einer meiner Lieblingskollegen. Er ist immer gut drauf, witzig und freundlich, aber wen er nicht sprechen will, den will er einfach nicht, okay! Suse bleib ruhig. Herr Müller rülpst lautstark. Pfui, zum Glück gibt es noch kein Geruchstelefon. „Und das mit der Besprechung glaube ich Ihnen sowieso nicht, Frau Fiorino. Verbinden Sie mich jetzt sofort!“ Ich atmete tief durch und erklärte ihm, dass Herr Krause in der nächsten freien Minute ganz bestimmt zurückrufen würde. Danach fragte ich ihn noch, ob er mir wohl sein Anliegen verraten würde. Die Antwort war noch ein energievolles Rülpsen und dann barsch: „Das geht Sie gar nichts an!“ Bums aufgelegt, prima, setzen Suse, sechs, und Eintrag ins Klassenbuch. Wenn der sich jetzt beschwert, sind wir wieder mal unfähig. Toll, warum hab ich immer nur diese blöden Typen am Apparat. Ich kann doch auch nichts dafür, dass man hier ständig die Leute verleugnen muss.

Meine Kollegin Brigitte schaute über ihren Brillenrand und lächelte mir aufmunternd zu, sagen konnte sie nichts, denn ihr Telefon bimmelte schon wieder. Diesmal quälte sie sich mit einem Anrufer ab, der gar nicht wusste, was er wollte, nur den Chef sprechen oder zumindest seinen Namen herausfinden. Während des Gespräches sah sie mich mit zusammengekniffenen Augen bittend an. Nein Brigitte, ich kann dir leider auch nicht helfen. Die Telefonzentrale ist nun mal hier so kompliziert. So, wo war ich jetzt? Ach ja, die Rechnungen buchen. Halt nein, vorher habe ich ja noch zwei komplizierte Verträge zu schreiben, und in zwei Stunden wird die Post abgeholt. Dann müssen die Dokumente fix und fertig und unterschrieben sein. Also los, Suse, spute dich!

Nachdem ich gerade mit dem ersten Vertrag begonnen hatte, ging die Glastür zu unserem Empfangsbüro auf. Eine nette männliche Stimme sagte: „Guten Tag, ich habe einen Termin mit Herrn Ates.“ Ich stand auf und ging zu dem glänzenden tiefblauen Schleiflack-Sideboard, welches die Besucher von unseren überfüllten Schreibtischen trennte. „Guten Tag.“ Niedlich, der junge Mann, nur die kurzen Hosen und das karierte Hemd passen nicht zu seinem Auftritt. Vielleicht will er uns ja Büromöbel für ein Vorstandsbüro im Landhausstiel anbieten. Hihi, und unser Emin trägt feinen Zwirn mit Nadelstreifen und einen dezent gestreiften Schlips. Na gut, davon wird er sich nicht beeindrucken lassen. Er schenkte mir ein Kärtchen und ein freundliches Lächeln. „Firma Bischoff, Büromöbel“, stellte er sich vor. Mit einem Schmunzeln fragte ich: „Sie sind wohl der Herr Bischoff selbst?“ „Ja“, nickte und freute er sich zurück. „Fein, ich sage Herrn Ates sofort Bescheid. Er wird dann gleich bei Ihnen sein. Darf ich Ihnen inzwischen einen Kaffee oder lieber ein Wasser bringen?“ Hoffentlich nimmt er das Wasser, wir haben im Trubel vergessen, den Kaffee zu kochen, bitte, bitte. Wieder strahlte er mich umwerfend an. „Nur ein Wasser bitte schön.“ Klasse, das ist doch nicht nur ein süßer, sondern auch ein lieber Mensch, vielen Dank.

Jochen Krause stand vor mir, strich sich über sein kurzgeschnittenes, schon leicht ergrautes Haar und wollte wissen: „War das vorhin am Telefon schon wieder der Müller?“ Ich sah ihn an und erklärte: „Ja Jochen, was ist denn das überhaupt für ein merkwürdiger Typ?“ „Ein Ekelpaket, gut dass du ihn abgewimmelt hast. Der geht mir so mächtig auf die Nerven, danke Susi.“ „Bitte, gerne geschehen“, antwortete ich. „Du rufst ihn also nicht zurück?“ „Na, vielleicht irgendwann einmal, wenn ich gut drauf bin.“ „Wie, du bist doch immer gut drauf“, neckte ich ihn und er murmelte: „Na wenn du meinst, aber heute ist nicht mein Tag.“ „Ach, du armer Mann, können wir dich irgendwie aufmuntern?“ „Ja, ihr könntet das Konzept für die Lobby und das Direktionsbüro von dem Michalski ausarbeiten. Mensch, das ist vielleicht ein schwieriger Kunde. Wir reißen uns sämtliche Beine heraus, aber er hat an allem was auszusetzen. Das macht wirklich keinen Spaß.“ Ach, wie gerne würde ich das tun. Aber ich bin ja weder Designerin noch Innenarchitektin, nur eine einfache Buchhaltungs-Sekretärin, nebenbei noch Telefonistin, Empfangsdame und Mädchen für den ganzen Kram, für den die Kollegen sich zu fein sind. Schade Suse, irgendwie den falschen Beruf gelernt.

Stunden später sahen Brigitte und ich uns müde an. Wir hatten fünfundzwanzig schwierige Anrufe, alle Buchungen, die Postabfertigung und zehn Besucher abgefertigt. Zudem hatten wir noch Besuch von fünf lieben Kollegen, die dringend einen Kugelschreiber, diverse Schreibblöcke, ein fünf Meter langes Netzwerkkabel, eine Knopfbatterie und sonstigen Kleinkram aus unserem Büromateriallager benötigten. „Schon längst Feierabend, puh!“ Ihre rehbraunen Augen waren vom langen Bildschirmgucken ganz gerötet. Sie nahm ihre grüne Brille ab und griff nach dem Brillenputztuch. „Wir brauchen unbedingt Verstärkung“, stöhnte sie und schnippte sich eine rotbraune Strähne aus dem Gesicht. „Ja“, pflichtete ich ihr bei. „Aber uns glauben die Chefs ja nicht. Sie meinen wir hätten nicht so viel zu tun. Wir sind ja nur die Sekretärinnen, die den ganzen Tag tratschen und unsere Fingernägel lackieren.“ Grinsend hob sie ihre rechte Hand hoch. „Dann habe ich heute aber meine Aufgaben nicht erledigt, denn meine Nägel sind nicht lackiert.“ Ich musste lachen. „Meine auch nicht, egal, haben wir dieses Klischee also nicht erfüllt.“ Ob es so etwas heute überhaupt noch gibt? Die Sekretärin, die den ganzen Tag im Vorzimmer sitzt, privat telefoniert und dabei Maniküre macht. Hihi, kann ich mir nicht vorstellen.

„Sind deine Verträge eigentlich inzwischen unterschrieben?“, fragte sie mich erschöpft. „Nein, ich habe mich mal wieder umsonst abgehetzt, auf einmal hat alles bis morgen Zeit. Wie ich das liebe“, spottete ich halbherzig. Sie winkte ab und erklärte: „Mach dir nichts draus, bei mir ist auch einiges liegengeblieben. Wir brauchen wirklich dringend Unterstützung. Wir reden noch mal mit dem Chef. Er muss doch einsehen, dass wir hier kontinuierlich zu viel Arbeit haben und auch offensichtlich noch mehr hinzukommen wird.“ Na hoffentlich, mit unseren Wünschen haben wir bei ihm bisher auf Granit gebissen. Für den sind wir nicht wirklich vollwertige Gesprächspartner. Manchmal komme ich mir vor wie ein kleines Kind, das Papi um einen Gefallen bittet. Komm, Suse übertreib nicht. Verbreite lieber positives Denken. Laut sagte ich mit zuversichtlicher Stimme: „Machen wir, wäre ja gelacht, wenn wir keinen Erfolg hätten.“ Sie schaute mich ungläubig an. „Meinst du wirklich? Na gut, aber das machen wir frühestens morgen, ich gehe jetzt heim, mir reicht es nämlich für heute.“

Brigitte packte ihre Sachen in die bunte Umhängetasche und ging zur Tür. „Tschüssi bis morgen.“ Ich winkte ihr nach. „Ja ciao, ich geh auch gleich, ich mach das nur noch eben schnell fertig.“ „Wie du meinst, aber übertreibe es nicht“, rief sie mir noch zu und verschwand. Als ich dann endlich mit meinem silberfarbenen Kleinwagen auf dem Heimweg war, gingen tausend Gedanken durch meinen Kopf. Zum Glück wohne ich jetzt nicht mehr so weit vom Büro entfernt, in 6 Minuten bin ich da, gut, da kann ich noch schnell in den Supermarkt fahren. Brot, Eier, Milch, Gemüse, fehlt sonst noch was? Nein ich glaube nicht. Suse, gib doch acht, die Ampel ist rot. Hoffentlich ziehen wir mit dem Büro nicht schon wieder um. Ach Quatsch, nur Gerüchteküche, oder doch nicht? Wir erfahren es sicher wie immer erst, wenn die Umzugskisten geliefert werden. Hoffentlich bleiben wir hier in der Nähe. Diesmal ziehe ich der Firma nicht hinterher, nein, nein jetzt nicht mehr.

Auf dem Weg zum Supermarkt dachte ich darüber nach, wie ich innerhalb der letzten Jährchen schon viermal einen Wohnungswechsel in Richtung Büro vorgenommen hatte. Jedes Mal, just ein halbes Jahr später, zog die Firma wieder um, und zwar weiter weg von meinem gerade neu eingerichteten Heim. Aber nun nicht mehr, kommt gar nicht in Frage, ich habe jetzt doch einen wirklich lieben Mann und ein wunderschönes Haus. Mit Schwiegereltern im Erdgeschoss. Na, ob das gut geht? Wenn es denn wirklich sein muss, dann fahr ich halt wieder länger, steh im Stau, suche ewig nach einem Parkplatz. Schöne Aussichten, Suse. Ich will das nicht!

Ich fuhr auf das große Marktgelände, es war weit und breit kein freier Platz zu sehen. Prima Suse, kannst du ja gleich mal die Suche üben. Da schau, direkt vor dem Eingang, der ist doch ideal. Nein, ist doch ein Mutter-Kind-Stellplatz. Na und, ich bin doch eine Mutter und Kinder hab ich auch. Okay, sie sind zwar schon erwachsen aber es bleiben doch immer meine Kinder. Ich stellte mich natürlich nicht auf diesen Abstellplatz, sondern suchte, bis ich endlich einen für ganz normale Leute fand. Beim Aussteigen musste ich noch einmal an einen eventuellen Büroumzug und den damit verbundenen wahrscheinlich EWIG-VIELE-MEHR-KILOMETER-ARBEITSWEG denken, und das nicht nur auf dem Nachhauseweg, sondern dummerweise auch noch morgens früh. Igitt, das ist genau das Richtige für mich morgendliche TRAN-SUSE. Mein Schatzi wird wieder sagen, DAS MACHEN TAUSENDE UND NOCH MEHR LEUTE IN DEUTSCHLAND, JEDEN TAG. Ich hab ihn ja wirklich ganz doll lieb, aber diesen Spruch hasse ich. Was tausende Leute und mehr machen, muss ich ja nicht auch noch tun. Außerdem und überhaupt hasse ich Autofahren, vor allem im Winter bei Eis und schneeglatten Straßen. O-Ton von meinem lieben Johannes, DAS MACHT DOCH ERST RICHTIG SPASS! Fein, sollen doch die Tausende ihren Spaß alleine haben. Ohne mich.

-

Zu Hause angekommen feuerte ich erst mal die schwarzen Lackschuhe in die Ecke, dann zog ich meine dicken, warmen hellblauen Kuschelsöckchen an. Schon besser, schnell noch den Einkauf verstauen, wie sieht es im Schlafzimmer aus? Wie immer eben, die Betten noch nicht gemacht, und die Kleiderberge auf dem Sessel stapeln sich auch schon wieder, fein. Also war in Windeseile Aktion angesagt, dann drückte ich den Startknopf auf der Fernbedienung. Mit einem Piep ging das Fernsehgerät an. Oh, was haben wir denn da? Teenie-Trendy-Kult-Soap. Hab ich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Gut, dass Schatzi später heimkommt. Er würde nur wieder missbilligend mit dem Kopf schütteln. SUSI, SUSI, SO EIN QUATSCH KANN DICH DOCH NICHT WIRKLICH INTERESSIEREN. Interessiert mich ja auch nicht, ist aber trotzdem schön. Da kann man sich so richtig fein berieseln lassen und nebenbei noch ein bisserl Hausarbeit machen. Was kochen wir denn heute? Am liebsten wäre mir ja Pasta, heute mal mit Zucchini und Tomaten. Mein herzallerliebster Johannes konnte aber nicht so viel Pasta vertragen, so ein urdeutscher Magen mag Nudeln vielleicht maximal einmal pro Woche bitte. Ich habe es, Rippchen mit Kraut und Kartoffelbrei, alles da, klasse, los geht’s. Während die Soap über den Bildschirm flimmerte, kochte ich, wusch dabei die Pfanne und Töpfe vom Vortag ab, räumte die Spülmaschine aus, wischte über die steinerne Arbeitsplatte und die hellgrauen Küchenfronten. Dann deckte ich schnell den Tisch. „Alles fertig, gerade rechtzeitig.

Tür auf. „Hallo.“ Tür wieder zu. Ich bekam ein dickes Küsschen und schaute meinen Johannes von oben bis unten an. Gut sah er aus in seinem schicken grauen Anzug. Das stahlblaue Hemd passte optimal zu seiner Augenfarbe, die sich je nach Gemütszustand von kornblumen- auf kobaltblau änderte. Er zog sich die Anzugjacke aus und die grauweiß gestreifte Krawatte vom Hals. Dann murmelte Johannes erleichtert: „Schon besser.“ Schade, es sah so schick aus, jetzt wechseln sicher gleich noch Hemd und Hose in schwarzes T-Shirt und graue Schlapper-Jogginghose. Dann ist das Hausoutfit perfekt und der sexy-knacke-Po nicht mehr zu sehen. Na komm, er will’s doch auch bequem haben. Nun gut. „Na mein Herz, wie war dein Tag?“ Er zog die Kühlschranktür auf, schüttete Apfelwein mit Wasser in das Glas und knallte die Tür wieder zu. „Sehr gut, aber ich bin ganz schön müde.“ Ich nicht, ich bin fit wie ein Turnschuh nach dem harten Tag im Büro, dem bisserl Einkauf und Haushalt, schoss es mir durch den Kopf. „Wir können gleich Essen“, schlug ich vor. Johannes hob den Deckel vom Krauttopf. „Oh lecker, fein, ich habe Hunger.“ Na wenigstens etwas. Es kam schon hin und wieder vor, dass er schon gespeist hatte, dann kochte ich mangels Information umsonst, oder Johannes musste einfach essen, was auf den Tisch kam. Hihi, so mästet man den Mann und hat noch nicht einmal Schuld daran. Aber Suse, du willst ihn doch gar nicht mästen. Nun ja, so ein wenig vielleicht, da fallen dann meine kleinen Speckröllchen nicht mehr so auf.

Beim Essen bekam ich erst einmal ausführlich den ganzen Tagesablauf erzählt: „Dann hat der Paul dies gesagt, der Philipp jenes gemacht und wir entwickeln gerade eine neue Strategie.“ Lauter Erfolgserlebnisse, ich wollte nur still zuhören. Ja, zudem hatte ich für diesen Tag wahrlich genug geredet. Danach brachte er das Geschirr in die Küche, selbstverständlich nur bis auf die Arbeitsplatte, denn Spülmaschinen beißen ja bekanntlich in Männerhände. Genauso wie alle Bäder männliche Wesen nur zum Duschen, Rasieren und Zähneputzen, aber keinesfalls zum Putzen dulden. Bist du glücklich?, fragte ich mich. Ja, klar, ich bin verliebt, nein, nicht mehr wie früher, so mit Herzklopfen und Ungewissheit. Aber doch mit Schmetterlingen im Bauch, ganz anmutigen feinen, die mit dem leichten Flügelschlag. Alles ist ruhig und harmonisch, ganz stille, zarte und doch romantische tiefe Gefühle. Nach dem Trennungs- und Scheidungsstress und der aufregenden Zeit danach, bin ich jetzt wieder rundherum glücklich und zufrieden.

Mein Jojo-Herz brachte den Rotwein und die guten geschliffenen Gläser von meiner Oma mit. Die passen nicht in die Spülmaschine. Aber du musst sie ja nicht mit der Hand spülen. Pfui, Suse, was sind denn das wieder für Gedanken. Ach, einfach nur müde Reaktionen. Ich bekam ein Küsschen und ein Glas Wein, dann ging der Bericht über den Geschäftstag weiter. Küche aufräumen, egal, mach ich später. Nach dem zweiten Glas und einer geleerten Schale mit Erdnüssen beendete er seinen Bericht mit den Worten: „Ja, und dann hat er mir tatsächlich auf die Schulter geklopft und gesagt. ‚Gut mein Lieber, weiter so‘.“ Ich blickte in seine leuchtenden blauen Augen und sprach anerkennend: „Super, das ist doch wieder ein schöner Erfolg, ich hab’s doch gewusst, dass du auch dieses Projekt mit Bravour abschließt.“ Mit stolzem Siegerlächeln fragte er: „Und wie war dein Tag?“ „Nun ja, mit Erfolg hat das nichts zu tun. Es ist jeden Tag die gleiche Hektik, wir kommen jetzt schon mit der Arbeit nicht mehr nach.“ Suse hör auf, dein Gejammer will er eigentlich gar nicht hören. Ich fuhr dennoch im hastigen Ton fort: „Wir haben zwei neue Großaufträge und drei sind kurz vor dem Abschluss. Wir brauchen dringend Hilfe, jetzt wo Frau Böttger in Rente geht, sollen wir ihre Arbeit auch noch mitmachen?“ Sein Lächeln verwandelte sich in einen Gesichtsausdruck zwischen Mitleid und Ungläubigkeit. „Na komm, so schlimm wird es schon nicht werden. Ihr schafft das doch zu zweit. Wenn ihr wirklich nicht zurechtkommt, dann stellen die bestimmt noch eine neue Mitarbeiterin ein“. „Ich glaube, darauf können wir lange warten“, seufzte ich. „Irgendwie scheinen wir momentan so einen merkwürdigen Sparkurs zu fahren.“

Er strich mir sachte über den Arm, doch sein Blick gab mir zu verstehen, dass ich mich nicht so anstellen sollte. Ich wartete auf den Kommentar: „TAUSENDE VON MENSCHEN, JEDEN TAG!“ Aber er kam zum Glück nicht. „Ich zweifele einfach daran, dass wir überhaupt noch Hilfe bekommen. Bis jetzt haben wir noch niemanden in Aussicht, noch nicht einmal Vorstellungsgespräche sind gelaufen. Das ist gar nicht gut. Wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Wie klingt meine Stimme?“ Hoffentlich nicht wieder wie Jammersuse. Johannes überlegte kurz, dann riet er: „Dann fragt doch einfach nochmal den Chef. Sagt ihm doch, was ihr alles zu tun habt, und macht richtig konstruktive Vorschläge. Dann klappt das schon.“ Lieb gemeint, Männer suchen immer eine Lösung. Frauen hätten gerne lieber Trost, in den Arm nehmen, zärtlich drücken und beruhigende Worte, wie mein armer Schatz, es wird schon alles gut, reichen schon fast. Das wäre jetzt einfach nett.

„Ach der Boss hört uns doch gar nicht zu, wir kommen gar nicht wirklich an ihn ran und wenn, dann glaubt er uns doch nicht. Für ihn sind wir doch bloß die blöden Weiber, die aus einer Mücke einen Elefanten machen. Seiner Meinung nach haben wir noch ganz viel Kapazitäten frei.“ „Und, wie ist es wirklich?“ Höre ich da einen ungläubigen Unterton in seiner Stimme? „Zweifelst du auch an unserem Stress?“, rief ich entrüstet. „Nein, so hab ich das nicht gemeint. Nur Stress ist ein so blödes Wort. Es wird viel zu oft von Menschen in den Mund genommen, die gar nicht wissen, was wirklich viel Arbeit bedeutet.“ „Aha, na dann!“ Mein Ton klang beleidigt. Er kitzelte mich. „Nun komm Susi, sei nicht sauer, lach doch mal. Ich glaube schon, dass ihr wirklich viel zu viel zu tun habt. Und das müsst ihr eurem Chef halt mit Nachdruck klarmachen.“ „Na, dem was klar zu machen, ist wirklich eine Herausforderung der magischen Art“, kicherte ich ein wenig verzweifelt. „Obwohl der Typ eigentlich keine überirdische Magie an sich hat. Na ja, vielleicht doch so was wie eine schwarzkünstlerische Ader.“ Igitt Suse, was für schlechte Gedanken über deinen lieben Chef. „Als der Herr Becker noch unser Boss war, ja mit dem konnte ich reden, der hatte Verständnis und Einsicht für seine Mitarbeiter. Herr Schulze aber ist, gelinde gesagt, ein eiskalter Typ, der von Personalführung nicht die geringste Ahnung hat“, ereiferte ich mich und erntete einen genervten Blick. Hilfe, Themawechsel. Ich telefoniere morgen mit Mama, mit meiner Tochter und mit meinen Freundinnen. Die trösten wenigstens, das hilft zwar nicht viel weiter, aber es tut der Seele gut.

Den Rest des Abends verbrachten wir mit der Urlaubsplanung für die Sommerferien. Wir wollten eine dreiwöchige Reise mit einem gemieteten Wohnmobil machen. Natürlich mit Jojos Tochter und ihrer Freundin. An was man da alles denken muss, oh, oh, aber das wird sicher super schön. Erst kam das neue rote Notebook, passend zu den Dekorationsteilen unsere Küche, auf den Tisch und dann ging es los. Planen konnte Johannes wie immer sehr gut, nicht nur unseren Urlaub, auch die dazugehörigen Einkäufe und was immer man so im Internet recherchieren kann. In akribischer Kleinstarbeit wurde alles herausgesucht, bewertet, Alternativen gesucht und Preisvergleiche angestellt. Nein, nicht für das Brot, die Nudeln, den Reis oder die Tüten-Suppen, dafür war ich zuständig. Er kümmerte sich um den transportablen Grill, die große Wok-Pfanne, die Werkzeugkiste mit allem, was man sich so vorstellen und gebrauchen kann. Er schaute auch nach einem Kanister für Trinkwasser und einem Klappspaten, um ein Loch zu schaufeln und es anschließend wieder zuzuschütten. Wieso eigentlich Klappspaten, Hilfe, wir werden doch hoffentlich eine Toilette in dem Teil haben. Oder? Er schaute nachdenklich über den Brillenrand. „Wir brauchen noch eine Karte, aus der man ersehen kann, wo wir alle Stellplätze finden.“ „Campingplätze meinst du?“, fragte ich ihn. „Nein Suse, es gibt auch spezielle Stellplätze für Wohnmobile. Die sind günstiger und direkt dafür ausgelegt. Da gibt es zum Beispiel Wasser und eine Entsorgungsstelle für das Abwasser und die Campingtoilette.“ Doch ein Klo in dem Teil, na wenigstens was.

Während ich den Womo-Ratgeber für Anfänger las, wurde ich so unendlich müde. Er sah mich fragend an. „Wir haben ja noch nicht mal die Reiseroute besprochen.“ Mir fielen fast die Augen zu. „Stimmt, können wir das nicht ein anderes Mal machen, wir haben schließlich noch drei Monate Zeit. Ich muss jetzt schlafen.“ Jojo hingegen war auf einmal gar nicht mehr müde, seine Augen strahlten mich an und er schlug ohne zu Überlegen vor: „Österreich, Schweiz, Lichtenstein, Italien, Frankreich, Monaco, Spanien, Andorra und über den Europapark wieder zurück.“ „Hilfe, und diese Tour in drei Wochen!“, rief ich entsetzt und fügte hinzu: „Wie wäre es noch mit einem Abstecher nach Namibia, Nigeria und Senegal?“ Er amüsierte sich über mich und zog mich auf. „Na, wenn du meinst, können wir das ja auch noch machen. Nein Unsinn, aber das Europaprogramm schaffen wir doch spielend.“ Das wird sicher super schön, so schön stressig. Na ja schauen wir mal. Wollen wir nicht doch ein nettes Hotel direkt am Strand buchen, faul in der Sonne liegen, hin und wieder mal schwimmen gehen und abends lecker Gambas essen? Diese Gedanken verriet ich ihm natürlich nicht.

„Das können wir morgen besprechen, ich gehe jetzt ins Bett.“ „Bist du so müde, Susi?“ „Nein, nein, ich würde jetzt nur gerne am Strand liegen und Eis essen.“ Er schüttelte verständnislos den Kopf und ich schmunzelte. „Musst du jetzt nicht verstehen, gute Nacht.“ Bussi, Bussi. „Ich hab dich lieb mein Herz.“

2. Veränderungen stehen an.

„Einen schönen guten Tag, Blümeling exklusive Raumkonzepte. Sie sprechen mit Susanna Fiorini. Was kann ich für Sie tun?“ „Guten Tag Frau Fiorini, hier spricht Adam Peters.“„Oh guten Tag, Herr Peters, das ist aber schön, dass Sie sich melden. Womit kann ich Ihnen weiterhelfen?“ „Ich hätte gerne Herrn Maximilian Lehmann gesprochen.“ „Herr Lehmann ist im Moment außer Haus. Kann ich ihm etwas ausrichten?“ „Ja, ich habe leider schlechte Neuigkeiten.“ „Oh, was kann ich denn notieren?“ Herr Peters antwortete mit barscher Stimme: „Sagen Sie ihm bitte, dass aus unserer geplanten Zusammenarbeit nun leider doch nichts wird.“ „Das ist aber schade, was ist denn der Grund dafür?“, fragte ich neugierig. Mal sehen, ob er mir das sagt? „Ich spreche ganz offen zu Ihnen, das können Sie auch dann direkt so an Ihre Geschäftsleitung weitergeben.“ Ich hielt den Atem an. „Ich habe mich dermaßen über Ihren Chef geärgert, dass ich einfach nicht in der Lage bin mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, das unter so einer Führung steht.“ Höflich fragte ich ihn: „Sie haben sich über unseren Herrn Schulze geärgert? Aber das kann ich mir einfach nicht vorstellen.“ Während ich mir so meine Gedanken machte. Kann ich doch, wenn unser Chef genauso mit seinen Geschäftspartnern umgeht wie mit dem Personal, wundert mich gar nichts mehr. Aber deshalb gleich den Auftrag hinschmeißen, das glaub ich ja jetzt nicht. Maximilian hat sich doch so gefreut, dass er dieses Geschäft an Land gezogen hat. Der wird schön sauer sein. „Ja, es ist nun mal so“, antwortete er, „Herr Lehmann braucht auch gar nicht erst zu versuchen, mich umzustimmen. Es tut mir wirklich leid. Ich muss definitiv absagen.“ „Schade, Herr Peters. Nun gut, ich werde es ausrichten. Vielen Dank, auf Wiederhören.“ „Auf Wiederhören, Frau Fiorini, ich bedauere es sehr.“ Ich war perplex. Irgendwie hatte ich ja schon öfters den Eindruck gehabt, dass unsere Geschäftspartner nicht so gerne mit Herrn Schulze zusammenarbeiteten. So deutlich hatte es aber noch kein Kunde gesagt.

Brigitte nahm ihre grüne Lesebrille ab und schaute mich mit ihren rehbraunen Augen fragend an. „Da hat sich doch jetzt gerade einer über unseren Chef beklagt“, klärte ich sie auf. „Schön, dass er auch mal eins auf den Deckel bekommt. Kannst du gleich an die oberste Heeresleitung weiterreichen.“ Ich widersprach natürlich: „Quatsch, das mach ich ganz bestimmt nicht. Man schlägt nicht die Hand, die einen füttert.“ Sie setzte ihre Brille wieder auf, legte die Finger auf die neue schwarzglänzende Tastatur. „Schade.“ Aber hallo Suse, was ist das denn für ein alberner Spruch, als ob ich mich vom Chef füttern lassen würde. Und außerdem und überhaupt hat er mir zwar was zu sagen, aber er zahlt nicht mein Gehalt. Zum Glück, denn sonst würde ich wahrscheinlich nur ein Taschengeld bekommen. Er ist zwar super ungerecht, aber trotzdem werde ich ihn nicht nach ganz oben verpfeifen. Das ist nicht meine Art.

Brigitte und ich hatten uns die letzten Tage einen Plan zurechtgelegt, mit dem wir unsere Wünsche durchsetzen wollten. Nur mit konstruktiven Vorschlägen konnten wir überhaupt an unseren Boss herantreten. Johannes hatte natürlich doch Recht, wie immer. Wir mussten stichhaltige, überzeugende Argumente anführen, sonst waren unser Chancen gleich null. Wenn sie das überhaupt nicht sowieso sind. Irgendwie nimmt der uns nicht für voll. Warum bloß, wir zeigen doch ständig hier unsere Kompetenz. Eigentlich kann man mit uns nur sehr zufrieden sein. Oh komm Suse, mach dir nicht wieder zu viele Gedanken. Wird schon werden.

Brigitte wühlte in ihren übervollen schwarzen Ablagekörben, dann streckte sie sich. „Du, Suse, bevor wir zum Chef gehen, wollte ich dir noch sagen, dass ich ja jetzt lieber Vollzeit arbeiten möchte.“ Ich äußerte mich skeptisch: „Bist du sicher, dass du das wirklich willst, ich beneide dich immer um deine Freizeit. Du kannst schön bummeln und zum Friseur gehen, hast richtig Zeit zum Einkaufen und Kochen. Und natürlich für deinen Haushalt.“ „Phh“, machte sie. „Ich hasse Hausarbeit, vielleicht macht mein geliebter Ehegatte mal mehr, wenn ich länger arbeite.“ „Glaubst du das wirklich? Wenn sich in der Ehe mal so gewisse Sachen eingeschlichen haben, bekommst du sie nicht mehr raus. Männer haben immer eine Ausrede, wenn es um den Hausputz geht.“ „Meinst du, dass wir mit deiner Vollzeitstelle arbeitstechnisch auskommen. Schaffen wir so dann das ganze Arbeitspensum?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Nein, das reicht nie und nimmer, wir brauchen trotzdem noch Hilfe, schließlich kommt auch noch die ganze Arbeit von Frau Böttger auf uns zu.“

Ich zog meine braune Strickjacke aus und hängte sie über die Stuhllehne. „Ja, ab sofort haben wir ja ihre Aufgaben auch noch an der Backe.“ „Nun ist sie fort, die liebe Frau Böttger, ab in den wohlverdienten Ruhestand. Ob wir sie noch mal wiedersehen werden?“ „Nein, ich glaub nicht. Sie ist froh, dass sie den ganzen Stress hinter sich hat“, antwortete ich und dachte über unsere frischgebackene Rentnerin nach. Komisch war das schon mit dieser Kollegin, sie war immer verschlossen und distanziert. Keiner konnte mit ihr so richtig warm werden. Für unsere Witzchen hatte sie noch nicht einmal ein Schmunzeln übrig, ansonsten hielt sie sich streng aus allem heraus. Dabei sind wir doch im Großen und Ganzen eine sehr lustige Truppe.

Sie strich sich eine rotbraune Locke aus der Stirn und schaute mich fragend an. „Warum, hattest du den Eindruck, dass Frau Böttger hier unglücklich war?“ „Ich weiß es nicht. Das konnte man bei ihr nie so genau sagen. Sie war immer so reserviert. Man kam gar nicht richtig an sie heran.“ „Stimmt, ich hab sie auch niemals lachen gehört“, äußerte sie sich. „Also, anders als bei uns. Wir können wenigstens noch über unseren Galgenhumor lachen.“ Schade, wir haben mit ihr so viele Jahre zusammen gearbeitet und wissen gar nichts voneinander. „Na, wie auch immer. Ob wir natürlich auch die hundertfünfzig Prozent geben können? Ich weiß ja nicht“, zweifelte sie und ich lachte. „Na klar zweihundert Prozent in der doppelten Geschwindigkeit, das setzten wir voraus, Frau Höhne.“ Wir kicherten wie die Schulmädchen. „Du, sag mal?“ BIMMELN.Verfluchtes Telefon, man kann noch nicht mal ein Gespräch zu Ende führen.

„Einen schönen guten Tag, Blümeling exklusive Raumkonzepte. Sie sprechen mit Brigitte Höhne. Was kann ich für Sie tun?“ Sie verdrehte die Augen und ich überlegte. Vielleicht sollte man erst mal nachfragen, ob es überhaupt geplant war, Ersatz für Frau Böttger zu bekommen, und wie viele Stunden eventuell genehmigt wurden. Dann sehen wir weiter und tragen unser Vorschläge vor. Ach Mensch, warum ist denn das so schwer. Kann man nicht einfach zum Chef gehen und sagen, dass man so viel Arbeit hat und Hilfe braucht. Bei unserem alten Boss wäre das überhaupt kein Problem gewesen. Komm Suse, trauere nicht den alten Zeiten nach.

Die Tür ging auf. „Ta-ta-ta, die Post ist da.“ Netter Postbote, immer gut drauf und er wirkt gar nicht gestresst. „Hallo, wie geht es Ihnen?“, fragte ich freundlich. Während er die Pakete auf das Sideboard packte und mir einen Stift überreichte, antwortete er: „Super, und Ihnen?“ Ich schaute mir die Pakete an. „Fein, alles in bester Ordnung. Ihrer Familie geht es auch gut? Was machen die Kinder?“ Er lächelte mich an. „Oh, Ulrike hat eine dicke Erkältung, aber sonst ist alles okay.“ Für mehr reichte die Zeit leider nicht. Beide Telefone schellten schon wieder im schönen Einklang. Ich zeichnete noch schnell die Papiere ab, winkte fröhlich und flitzte zu meinem teuren auf Hochglanz polierten weißen Schreibtisch zurück. Autsch, schon wieder an die Kante gesaust. Wer hat bloß diese Schreibtische entworfen. Die machen große blaue Flecke. Ach ja, wir waren es selbst, ich muss unbedingt mal mit unseren Möbeldesignern reden. Sie sollen doch bitte Suse-freundliche Tische mit weichen abgerundeten Ecken planen.

Wir besprachen noch einmal alles und einigten uns darauf, Herrn Schulze vorzuschlagen, dass Brigitte mehr Stunden arbeiten wollte und wir noch wenigstens eine Teilzeitkraft benötigten, damit wir das Arbeitspensum schaffen konnten. Alle Argumente und den Arbeitsaufwand hatten wir uns sorgfältig notiert, damit wir nicht wieder wie kleine Kinder abgefertigt wurden.

„Puh, du kannst sagen, was du willst, aber das ist doch ein Frauenhasser, so wie der uns wieder von oben herab behandelt hat“, schimpfte Brigitte als wir uns wieder in unserem Büro gegenüber saßen. „Wie? Habe ich jemals etwas anderes behauptet. Irgendwie ist der noch aus dem Mittelalter übriggeblieben. Frauen haben schön den Mund zu halten und zu schuften und hinterher auch noch dankbar zu sein. Wenn der seine Frau auch so behandelt, dann wundert es mich, dass die noch bei ihm ist.“ Auch ich musste mir einfach Luft machen. Wir hatten die Zusage bekommen, dass wir eine zusätzliche Teilzeitkraft für Frau Böttger einstellen und sie mehr Stunden bekommt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ich in Zukunft weniger Stunden arbeite. Die Idee ist gar nicht so schlecht. Mir ist es eh‘ momentan ein bisserl zu viel. Vollvollzeit-Job, Nebenjob, Haushalt, zum Glück pflegeleichte Eltern, ein wenig schwierigere Schwiegereltern, zwar schon erwachsene Kinder und ein sehr freizeitaktiver Mann. Ich bin schließlich keine vierzig mehr. Das Geld reicht auch aus. Ich muss noch mal rechnen, aber so zehn Stunden weniger in der Woche, das müsste schon okay sein. Und da kamen sie auch schon, die Umzugskartons. Schön, Freude, Klasse, die eingesparte Arbeitszeit kann ich dann ja auf der Autobahn zubringen, ohne Bezahlung natürlich. Ach Mensch, mein kleines Wägelchen mag doch auch lieber Kurzfahrten, schließlich hat es nicht so viele Pferde, die es ziehen.

Breitschultrig und hochgewachsen, heute mal in Jeans und grünem Hemd, stand Maximilian Lehmann vor uns. „So meine Damen, dann organisieren Sie mal den Umzug. Jeder packt seine Sachen selbst zusammen und das ALLGEMEINE packen Sie dann ein.“ Allgemein, was heißt hier allgemein? Das Büromaterial, die Küchenutensilien, das Archiv, die Pflanzen und was glaubst du, was auf einmal alles allgemein sein wird? Plötzlich haben die Sachen wunderlicherweise keinen Besitzer mehr. Der findet sich erst nach dem Umzug wieder ein. Oh, das gehört doch mir, gell! „Männer eben“, stellte Brigitte mit einem breiten Grinsen fest. Hatte sie meine Gedanken gelesen? Maximilian drehte sich auf dem Absatz wieder herum. „Hatten Sie noch eine Frage, Frau Höhne?“ Sie schaute ihn irritiert an. „Ja, für wann ist denn der Umzug eigentlich geplant?“ „Na, keine Angst, sie haben ja noch ein paar Wochen Zeit. Die Büros müssen erst noch fertiggestellt werden.“ Fein, dann haben wir ja nicht gleich den Riesenstress.

„Das ist doch eine Schweinerei!“ Sabine Schneider kam hereingeeilt, stemmte die Hände in die Hüften und schaute sich mit ihren hellblauen Kulleraugen in unserem Büro um. Ich sah sie verwundert an. „Was ist denn los, Sabinchen?“ „Na, ihr habt hier auch so viele.“ „Viele was?“, fragte ich. „Na so viele Pflanzen. Herr Schulze hat gesagt, wir dürfen unsere Pflanzen nicht mitnehmen. Ich soll sie entsorgen.“ „Was soll das denn“, fragte Brigitte enttäuscht. „Ich glaube, er hatte schon immer was gegen das GRÜNZEUG. So wie er sich ausdrückte. Bisher fand er aber keinen Grund, die Gewächse rauszuschmeißen.“ „Hey, das ist doch die Höhe! Mal abgesehen von der Optik, weiß er denn nicht, dass Pflanzen das Raumklima verbessern?“, rief ich. Überlege doch mal Suse, vielleicht will er ja weder das Raum- noch ein anderes Klima verbessern. Jetzt komm, sei doch nicht zu negativ. Das passt überhaupt nicht zu dir. „Na und was soll uns jetzt hindern, unsere Botanik einfach einzupacken und mitzunehmen? Notfalls mit unseren Privatautos“, stellte ich nachdenklich in den Raum. Brigitte sah von einer Pflanze zur anderen. „Susi, die sind doch viel zu groß. Wie willst du denn den Riesen-Benjamin in deinen Kleinwagen bekommen?“ „Nun ja, da fällt uns schon was ein. Vielleicht können wir sie ja heimlich in den Umzugswagen schmuggeln“, schmunzelte ich. „Nein, das glaub ich weniger“, erklärte Sabine und schob die Unterlippe vor. „Er hat ausdrücklich gesagt, er will den Krempel im neuen Büro nicht mehr sehen. Und auch sonst keine Privatsachen mehr.“ „Aha, und was meint er mit Privatsachen?“, wollte Brigitte wissen. „Och Mensch, ich weiß doch auch nicht. Jedenfalls hab ich mal wieder den schwarzen Peter gezogen und darf es euch mitteilen.“

Brigitte stand abrupt auf und fragte ärgerlich: „Nur uns? Betrifft das etwa nur Susi und mich?“ Sabine zog eine Schnute. „Nein Quatsch. Alle sollen in Zukunft in einem, wie soll ich sagen, privatatmosphärenfreien Büro arbeiten. Toll, schöne Zeiten kommen da auf uns zu.“ Ich versuchte sie zu beruhigen. „Na komm Sabine, reg dich nicht auf, wir haben ja noch Wochen Zeit. Bis dahin fällt uns bestimmt was ein.“ „Pah“, machte Sabine, „du glaubst doch nicht, dass der seine Meinung noch ändert.“

Mein Telefon schellte, ich nahm ab und hörte: „Susi!“ Irgendwie störte mich diese Ansprache. Wie hatte ich so bekloppt sein können, mich im Büro Susi nennen zu lassen, schließlich bin ich doch kein Azubi mehr. Frau Fiorino wäre angebracht, um ein bisschen mehr Respekt zu bekommen, oder wenigstens Susanna. Das klingt doch viel seriöser. Hey Mensch, was sind denn das für Gedanken. Seit wann sind wir denn hier so spießig. „Ja Max?“ Bewusst benutzte ich hier auch die Abkürzung für Maximilian Lehmann, der konnte es nämlich auch nicht mehr wirklich ab, und für alle neuen Mitarbeiter war er jetzt förmlich Herr Lehmann. Aber wir kannten uns schon so lange, obwohl er mir nach seinem beruflichen Aufstieg immer fremder wurde. Er hat sich schon mächtig verändert, der Max. Macht Erfolg nicht nur glücklich, sondern auch unzulänglich? „Kannst du bitte gleich einmal in mein Büro kommen?“ Ich schaute auf den Stapel mit meinen noch zu bearbeitenden Briefen. „Ja klar, ich komme gleich, ich mache eben mal nur noch schnell was fertig.“ „Fein, was meinst du, wie lange du noch brauchst?“, fragte er freundlich und ich antwortete mit einem Lächeln: „So zehn Minuten, ist das okay?“ „Ja, das geht in Ordnung, bis gleich.“

Nach genau zehn Minuten klopfte ich bei Maximilian an und trat nach seiner Aufforderung ein. „So, da bin ich, was gibt es denn?“ Maximilian schaute mich an und deute auf den roten Blümeling-Designersessel vor seinem Tisch. „Nimm Platz, Susi, ich hätte eine Bitte.“ Oh Hilfe, das ist der neue Spruch, wenn eine unangenehme Sache kommt. „Ja, was soll ich tun?“ „Wir müssen ein bisschen Ordnung bei der Angebotsauswertung schaffen. Kannst du ein Konzept ausarbeiten?“ Oh, oh, das ist Brigittes Bereich. Konzept ausarbeiten ist gut, mache ich gerne und bringt Abwechslung in den Büroalltag. Aber eigentlich sollte Brigitte besser an dem Gespräch teilnehmen und dazu etwas sagen dürfen. „Soll ich Frau Höhne dazu holen?“, versuchte ich es so energisch wie möglich. „Nein, nein, das ist nicht nötig“.

Das Konzept war natürlich in den Köpfen der Herren schon fix und fertig, ich sollte nur noch nach Anweisung die entsprechenden Tabellen und Formulare entwerfen. Meine Meinung war gar nicht gefragt. Ja Susanna, du hast hier nichts mehr zu sagen, nur noch zu tun. Wie sich die Zeiten verändern. Die neu entwickelte Angebotsauswertung erwies sich dann nicht nur als ordentlich, sauber und übersichtlich, sondern auch als ein RIESENZEITMEHRAUFWAND, der in keinem Verhältnis zu der Übersichtlichkeit stand. Arme Brigitte, sie wird vor Freude auf dem Kopf stehen und mit den Füssen zappeln. Und ich soll ihr dieses auch noch nahebringen. Nein, das mach ich ganz sicher nicht. „Die ganze Geschichte erklärst du dann aber Frau Höhne selbst.“ Er sah mich vorwurfsvoll an und stand auf. „Wie? Nun ja, jetzt bring das erst mal alles in Form, und dann werden wir weitersehen.“ Damit war Maximilian fertig und ich durfte abmarschieren.

Ich erzählte Brigitte natürlich doch von dem Gespräch, und hielt dann die Hände über meinen Kopf ob des Donnerwetters, das wahrscheinlich gleich über mich hineinbrechen würde. Erstaunlicherweise kam von ihr kein Gewitter, auch kein Kopfstehen und mit den Füssen zappeln, nur ein Ungnädiges: „Die spinnen doch!“ Na ja, vielleicht war ihr da noch nicht klar, wie viel zusätzliche Arbeit auf sie zukommen sollte. Oder sie dachte, mit den Mehrstunden wäre das sicher schon zu schaffen. Wie auch immer. Ich sah aus dem Fenster in den schön angelegten Innenhof. Da waren Teakholz-Platten um einen Teich platziert, aus dem kleine bunte Springbrunnen sprudelten. Zwischen den Platten gab es liebevoll angelegte wunderschöne Blumenbeete. Sie packte ihre Sachen zusammen. „So ich geh dann mal heute pünktlich heim, ich muss noch was besorgen.“ „Ja Gitte, mach das, bald wirst du keine Zeit mehr für Besorgungen haben, sondern nur noch vollzeitblümeling-beansprucht sein“, neckte ich sie und sie knuffte mich freundschaftlich. „Du sei nicht so frech. Und außerdem haben die Geschäfte ja zum Glück bis zwanzig Uhr auf. Also meine Liebe, ciao bis morgen.“

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Als ich dann endlich nach Hause kam und meinem Mann von dem Tag berichtete, stellte er mir einige merkwürdige Fragen. „Was möchtest du? Zehn Stunden weniger arbeiten? Findest du das gut? Okay, lassen wir mal das Geld außer Acht, aber verlierst du dann nicht auch an Image?“ Mein herzallerliebster Schatz schien von meiner Idee gar nicht begeistert. „Ach Jojo, ich weiß nicht, Karriere mach ich denn in dem Laden sowieso keine mehr. Schließlich habe ich nicht studiert, und da bleibe ich ewig ein kleines Würstchen. Das zwar die anspruchsvolle Arbeit macht, aber nie wirklich aufsteigt und schon gar keine Anerkennung bekommt.“ Ach, armes Suse-Kind, hätte ich gerne gehört, aber nur große Augen seinerseits. „Ist es dir so wichtig.“ „Die Karriere nein, aber die Anerkennung wäre schon nett, ich kann mir nicht immer nur selbst auf die Schulter klopfen.“ „Wenn du meinst, es ist richtig, dann reduziere deine Stunden eben“, gab er nicht wirklich überzeugt nach. „Ja, schau mal, so hab ich doch auch mehr Zeit für die Familie und außerdem habe ich das Gefühl, dass die hohen Herren diesen Vorschlag nicht von ungefähr gemacht haben. Mir scheint, ich bin zu teuer geworden.“