Morpho - Michel Lauricella - E-Book

Morpho E-Book

Michel Lauricella

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Beschreibung

Mit der Darstellung des menschlichen Körpers beschäftigen sich bildende Künstler seit jeher. Michel Lauricella stellt in diesem Buch seine sowohl künstlerische wie systematische Methode zum Zeichnen des menschlichen Körpers vor - mit Zeichentechniken vom Écorché bis zur Skizze vom lebenden Modell. Auf über 1000 Abbildungen zeigt er den menschlichen Körper aus ganz neuen Perspektiven - vom Knochenbau bis zur Muskulatur, vom anatomischen Detail bis zum Körper in Bewegung. Ein reichhaltiges, faszinierendes Skizzenbuch, das zum ständigen Begleiter werden kann.

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Michel

Lauricella

morpho

Anatomie für Künstler

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Stiebner Verlag

erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-8307-1438-5)

Die französischsprachige Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel „Morpho. Anatomie

artistique“ bei Eyrolles. (5. Auflage 2017)

© 2014, Groupe Eyrolles

61, boulevard Saint-Germain

75240 Paris Cedex 05

www.editions-eyrolles.com

Alle Zeichnungen stammen vom Autor, ausgenommen S. 7, 8 und 10.

Aus dem Französischen von der MCS Schabert GmbH, München,

www.mcs-schabert.de, unter Mitarbeit von Katrin Marburger (Übersetzung).

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Alle Rechte der deutschen Ausgabe

© 2017 Stiebner Verlag GmbH, Grünwald

Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit

ausdrücklicher Genehmigung des Verlages.

www.stiebner.com

ISBN: 978-3-8307-3021-7

5

Vorwort

7

Einführung

31

Kopf & Hals

53

Rumpf

79

Schulter & Oberarm

137

Obere Extremität

195

Untere Extremität

257

Gesamtansichten

320

Anhang (Tabellen Muskulatur und

Skelett, Bibliografie)

Inhalt

4

Morpho

Dieses Buch entstand im Atelier Fabrica 114,

in dem Morphologiekurse für Kunststuden-

ten stattfinden. Es steht in der Tradition der

École nationale supérieure des beaux-arts

de Paris (ENSBA), und zwar der Lehre von

François Fontaine, Jean-François Debord

und Philippe Comar, dem heutigen Lei-

ter der Abteilung für Morphologie an der

ENSBA. Diese drei Künstler, deren Talente

sich ergänzen, haben abwechselnd eine

ganze Generation von Künstlern  – mich

eingeschlossen  – ihre Vision des Körpers

gelehrt. Zwischen einem technischeren,

mechanischeren und einem expressiveren

künstlerischeren Ansatz konnten wir so

unseren persönlichen Stil entwickeln. An

dieser Stelle möchte ich allen dreien auf-

richtig danken.

Auch der Name eines weiteren Profes-

sors der ENSBA soll hier genannt werden:

Paul Richer (1849–1933), dessen Nouvelle

anatomie artistique (3 Bände, erschienen

zwischen 1906 und 1921) ein Standardwerk

bleibt. Richers Werke, Bücher und Skulptu-

ren waren ein bedeutender Teil der Samm-

lung der ENSBA, die für uns Studenten frei

zugänglich war. Ich werde ihn in diesem

Werk mehrfach zitieren.

Zuletzt möchte ich den großartigen Mus-

kelmann in Bronze von Antoine Houdon

(1741–1828) würdigen, dessen Ausstrahlung

schon viele Künstler inspiriert hat.

Jean-Antoine Houdon, Muskel-

mann (1792), Galerie Huguier,

École nationale supérieure des

beaux-arts de Paris.

5

Die Lehre der Morphologie für Künstler

stützt sich auf die Prinzipien des Zeichnens

nach dem lebenden Modell: Komposition

(Auswahl der Formate, Bildausschnitte,

ausgefüllte und freie Flächen), Proportio-

nen (Verhältnis der einzelnen Partien zuei-

nander, vor allem der Details zum Ganzen)

und Achsen (Ausrichtung der einzelnen

Referenzpunkte an einer Vertikalen, z. B.

Kopf und Füße bei einer stehenden Pose).

Anatomische Kenntnisse können zunächst

von Nachteil sein: Sie verleiten zur Konzent-

ration auf Details zuungunsten der Gesamt-

ansicht und dazu, lediglich bekannte For-

men zu zeichnen. Daher empfehle ich,

sich parallel dazu im raschen Skizzieren zu

üben und stets im Blick zu behalten, dass

die Kenntnis der Formen relativ ist und das

Geheimnis des Körpers nicht enthüllt.

Die Grundprinzipien des Zeichnens und der

Morphologie sollten stets im Dienst Ihres

persönlichen Stiles stehen, der durch Ihre

persönlichen Erfahrungen, Ihr Weltbild und

Ihr Einfühlungsvermögen geprägt wird.

Diese Sammlung ist in sechs Partien unter-

teilt: Kopf und Hals, Rumpf, Schulter und

Oberarm, obere Extremität, untere Ext-

remität und Gesamtsichten. Doch der

menschliche Körper lässt sich nicht in

scharf abgegrenzte Bereiche aufteilen,

weder hinsichtlich der Formen noch der

Funktionen.

Vorwort

6

Morpho

So reicht der Trapezmuskel (10) vom

Schädel bis zur Rückenmitte und von dort

aus bis zum Schulterdach und ist daher

größtenteils mit der Bewegung der Arme

verbunden. Auch wenn er die Bereiche

Nacken, Schultern und Rücken abdeckt,

kann man ihn funktionell als Armmuskel

bezeichnen.

Der Körper soll hier aus möglichst vielen

Blickwinkeln dreidimensional dargestellt

werden; unterschiedliche, mehr oder weni-

ger detaillierte schematische Zeichnungen

und Écorchés sollen Ihnen helfen, Ihre Aus-

drucksmöglichkeiten zu variieren.

Die Buchstaben und Ziffern auf den Zeich-

nungen beziehen sich auf die beiden Tabel-

len im Anhang.

Ich hoffe, dass Sie durch dieses Buch mit

den Formen des menschlichen Körpers

vertraut werden, sodass Sie sich voll und

ganz auf eine freie, ganz persönliche Dar-

stellungsweise konzentrieren können. Die

Unterscheidung zwischen den verschiede-

nen Referenzpunkten (hart, weich, zusam-

mengezogen, angespannt, locker) dürfte

Ihre Strichführung verfeinern, sodass sie

nuancierter und feinfühliger wird. Sich

die Formen einzuprägen, erleichtert die

Anfertigung von Zeichnungen aus dem

Gedächtnis: So können Sie Ihre Figuren

im Raum und in der Bewegung darstellen,

oder bekommen zumindest ein besseres

Gespür für den eigenen Körper.

Dieses Buch möchte Sie beim Zeichnenler-

nen unterstützen, kann aber aufgrund der

Komplexität der Materie kein Ersatz für das

Zeichnen nach Modell in einem Atelier oder

für die Anleitung durch einen Lehrer sein.

Mich persönlich hat diese Auseinander-

setzung mit der menschlichen Gestalt zu

einer erneuten Beschäftigung mit allen

natürlichen Formen geführt, und sie weckt

immer wieder aufs Neue meine Neugier

und meine Faszination.

10

7

Das Écorché: ein Genre

Ab der Renaissance arbeiteten Künstler

gemeinsam an der Erstellung anatomischer

Werke, die für Kunstliebhaber und Medizi-

ner bestimmt waren. Da Leonardo da Vinci

(1452–1519) seine Abhandlung nicht vollen-

dete, gilt die Fabrica von Andreas Vesalius

(1514–1564) als Beginn einer langen Tradi-

tion, die bis heute andauert.

Durch die sorgfältige Darstellung werden

die Écorchés (Muskelfiguren, „Enthäu-

tete“), die zunächst einfache anatomische

Studien waren, zu etwas Eigenständigem,

einem eigenen Genre wie der Akt oder das

Landschaftsbild. Auch dieses Genre hat

eine Geschichte, seine Regeln und Kon-

ventionen, mit denen man spielen und sich

ausdrücken kann.

Einleitung

„Diese Skelette oder Muskelfiguren verblüffen, da sie sich wie lebendige Menschen

verhalten.“

Roger Caillois, Au cœur du fantastique, Gallimard, Paris, 1965.

André Vésale (1514–1564) und Jan Steven Van

Calcar (1499–1546), L’Epitome, 1543.

Bernhard Siegfried Albinus (1697–1770) und

Jan Wandelaar (1690–1759), Tabulae Sceleti et

Musculorum Corporis Humani (1747).

8

Morpho

Die Figuren mit ihren bloßgelegten Kör-

pern, wahre Vermittler zwischen Leben

und Tod, faszinieren. Diese Wirkung ent-

ging auch den Surrealisten nicht.

Die Morphologie

Für einen weniger mehr synthetischen und

künstlerischen Ansatz bevorzugte Paul

Richer bereits 1890 den Begriff „Morpho-

logie“ anstelle von „Anatomie“.

Es werden aus der Anatomie also lediglich

die formgebenden Elemente übernom-

men (bestimmte Muskelgruppen werden

notfalls vereinfacht und zusammengelegt

dargestellt), um die unter der Haut vor-

herrschenden anatomischen Elemente mit

den Konturen Ihrer Zeichnung in Einklang

zu bringen. Die Dicke der Haut wird nicht

mehr berücksichtigt, und je nach Körper-

region sowie den morphologischen Eigen-

schaften Ihres Modells wird in die Konturen

ein Knochen-, Muskel- oder Fettelement

eingefügt.

Dem Körperfett soll hier ebensolche

Bedeutung beigemessen werden wie Kno-

chen und Muskeln, denn im Gegensatz zu

diesen wächst es direkt unter der Haut, und

das ohne scharf umrissene Grenzen. Seine

daher etwas willkürlichen Formen sollen

dennoch etwas eingegrenzt werden, und

zur Vereinfachung des Zeichnens finden Sie

im Buch einige schematische Skizzen.

Jacques Fabien Gautier d’Agoty (1716–1785), Myologie com-

plète en couleur et grandeur naturelle (1746).

(Die Surrealisten nannten dieses Werk „Ange anatomique“

[Anatomischer Engel].)

9

Das Prinzip der Écorchézeichnung

Die Anfertigung eines Écorché kann in

mehreren Schritten erfolgen. Ich schlage

vor, zunächst die Komposition Ihrer Zeich-

nung, die Gesamtsilhouette Ihres Modells

festzulegen; hierzu genügen einfache,

stilisierte oder geometrische Formen.

Überprüfen Sie die Proportionen durch

Abmessen und Vergleichen der einzelnen

Körperpartien. Ohne Senkblei kontrollieren

Sie die Achsen, indem Sie die Silhouette

des Modells in Relation zu den architek-

tonischen senkrechten Linien des Rau-

mes und den Rändern Ihres Zeichenblatts

betrachten.

Nun folgt die Arbeit am eigentlichen

Écorché. Hier ist es interessant, auf Ihrem

Entwurf grob alle knochigen Elemente

einzuzeichnen, um harte und weiche Par-

tien grafisch voneinander abzusetzen.

Anschließend verbinden Sie diese Hilfs-

linien, beginnend mit den größten Partien

wie dem Brustkorb (mit der Grundform

eines Eies), dem Becken (ähnlich einer

großen Streichholzschachtel) und dem

Schädel. Die Ausrichtung dieser ersten Ele-

mente ist entscheidend für die Darstellung

der Dynamik einer Pose.

10

Morpho

Durch das Zeichnen der Gelenke und Mus-

kelansätze (Insertionen) prägen Sie sich

ein, in welchem Verhältnis die verschiede-

nen Muskelschichten zueinander stehen.

Gleichzeitig begreifen Sie die Funktions-

weise des menschlichen Körpers, lernen

sich vorzustellen, wie die Formen sich bei

Bewegungen verändern (durch Dehnen,

Zusammenziehen, Lockerlassen der Mus-

keln, Beugen oder Verdrehen).

Die Proportionen der Muskeln variieren von

einem Menschen zum anderen, nicht nur

hinsichtlich ihrer Kraft, also des Umfangs,

sondern auch im Verhältnis von Muskel- zu

Sehnengewebe. Ein dicker Muskel ist leis-

tungsfähiger. Sind seine Muskelfasern kurz,

kann er sich schneller zusammenziehen,

sind sie dagegen länger, ist er dehnbarer.

Proportionen des Körpers

Die folgenden Ausführungen orientie-

ren sich an bekannten Proportionsregeln

(Kanons), vor allem an jenen von Leonardo

da Vinci und Paul Richer. Selbstverständ-

lich sind auch diese Kanons bei jedem Ihrer

Modelle zu hinterfragen. Sie sollen dazu

dienen, den Körper auf einfache, einpräg-

same Maße zu reduzieren und durch Ver-

gleiche die einzigartigen Merkmale eines

jeden herauszustellen.

Leonardo da Vinci, Der vitru-