Nachhaltige Besucherstromlenkung im Alpenraum - Markus Lassnig - E-Book

Nachhaltige Besucherstromlenkung im Alpenraum E-Book

Markus Lassnig

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Beschreibung

Nachhaltigkeit im Tourismus erfordert immer auch ein Besuchermanagement, das auf Kapazitätsgrenzen und qualitativ tolerierbare Besucherdichten Rücksicht nimmt. Ein erster Schritt dabei sind datenbasierte Besucherstromanalysen. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung von evidenzbasierten Maßnahmen zur Besucherlenkung, die sich nicht nur an einzelnen subjektiven Eindrücken orientieren, sondern mit einer fundierten und validen Datenbasis begründet werden können. Auf diese Weise sollen Besucherlenkungsmaßnahmen wirklich dort ansetzen, wo es ohne Interventionen zu unerwünschten Effekten kommt. Der vorliegende Arbeitsbericht bietet eine Hilfestellung bei der Arbeit an Besucherstromanalysen und der Entwicklung von Interventionen für eine nachhaltige Besucherlenkung. Er entstand im Rahmen des Projektes Qualitätstourismus im Alpenraum, welches im grenzüberschreitenden Programm Interreg Bayern-Österreich gefördert wurde. Weiterführende Informationen zum Projekt finden sich unter www.nachhaltigertourismus.eu Diese Publikation analysiert vier aktuell besonders bedeutsame Trends in der touristischen Mobilität. Weiters dokumentiert sie die pilothafte Anwendung von passiven Mobilfunkdaten zum Zwecke der Besucherstrommessung in fünf beispielhaften Use Cases in den beteiligten Projektregionen Berchtesgadener Land, Wagrain-Kleinarl und der Wolfgangseeregion. Zum Abschluss wurden bereits bestehende Empfehlungen zur Besucherstromlenkung, Best Practices aus beliebten Destinationen sowie Behaviour Change Interventions mittels Nudging zusammengefasst und strukturiert. Damit wurde eine fundierte Basis geschaffen, um Interventionen für die Lenkung von Besucherströmen systematisch zu entwickeln, um damit einen Beitrag für einen nachhaltigen Tourismus im Alpenraum zu leisten.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.1 Ausgangslage bzw. Problemstellung

1.2 Angewandte Methode bzw. Forschungsdesign

Trends in der touristischen Mobilität

2.1 Trend 1 – Tagesausflüge und Kurzzeitaufenthalte

2.1.1 Datenlage zu Tagesausflügen und Kurzzeitaufenthalten

2.1.2 Herausforderungen aus Tagesausflügen und Kurzzeitaufenthalten

2.2 Trend 2 – Besuch von Naturräumen

2.2.1 Datenlage zum Besuch von Naturräumen

2.2.2 Herausforderungen aus dem Besuch von Naturräumen

2.3 Trend 3 – Individualisierte Übernachtungsmobilität

2.3.1 Datenlage zur individualisierten Übernachtungsmobilität

2.3.2 Herausforderungen aus der individualisierten Übernachtungsmobilität

2.4 Trend 4 - Anreise im motorisierten Individualverkehr

2.4.1 Datenlage zur Anreise im motorisierten Individualverkehr

2.4.2 Herausforderungen aus der Anreise im motorisierten Individualverkehr

Ergebnisse der Besucherstromanalysen in 5 Use Cases

3.1 Use Case 1: Besucher der Region Wagrain-Kleinarl im Sommer

3.2 Use Case 2: Besucher der Region Wagrain-Kleinarl im Winter

3.3 Use Case 3: Besucher der Wolfgangseeregion

3.4 Use Case 4: Besucherbewegungen im Berchtesgadener Land über den Ort Berchtesgaden als Knotenpunkt

3.5 Use Case 5: Besucher des Königssees

Interventionen für nachhaltige Besucherstromlenkung

4.1 Nudging und Behaviour Change Interventions

4.2 Diagramm zur Besucherstromlenkung

4.2.1 Beispiele für Interventionen für zeitliche Verteilung

4.2.2 Beispiele für Interventionen für räumliche Verteilung

4.2.3 Beispiele für Interventionen für eingeschränkten Zugang

Fazit

Literaturverzeichnis

Die Reihe „Innovation & Value Creation Arbeitsberichte“

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Populäre Schiffsausflüge am oberbayerischen Königssee

Abbildung 2: Panoramabrücke bei der Olperer Hütte im Zillertal

Abbildung 3: Ein Infinity-Pool am Königsbachfall oberhalb des Königssees

Abbildung 4: Digitale Nomaden beim Camping

Abbildung 5: Ein Campingvan abseits eines Campingplatzes

Abbildung 6: Anreise im dichten motorisierten Individualverkehr

Abbildung 7: Landkarte der Region Wagrain-Kleinarl

Abbildung 8: Bewegungen in der Region Kleinarl im Sommer

Abbildung 9: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Kleinarl im Sommer

Abbildung 10: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Wagrain im Sommer

Abbildung 11: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Grafenberg im Sommer

Abbildung 12: Aufenthalte in der Region Wagrain-Kleinarl nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern im Sommer

Abbildung 13: Mobilitätsanalyse der Bewegungen aus der Stadt Salzburg, dem Flachgau und dem Tennengau in die Region Wagrain-Kleinarl im Sommer

Abbildung 14: Top Verbindungen aus der Stadt Salzburg, dem Flachgau und dem Tennengau in die Region Wagrain-Kleinarl im Sommer

Abbildung 15: Abbildung 15: Bewegungen in der Region Wagrain-Kleinarl im Winter

Abbildung 16: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Kleinarl im Winter

Abbildung 17: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Wagrain im Winter

Abbildung 18: Top Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Grafenberg im Winter

Abbildung 19: Aufenthalte in der Region Wagrain-Kleinarl nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern im Winter

Abbildung 20: Mobilitätsanalyse der Bewegungen aus der Stadt Salzburg, dem Flachgau und dem Tennengau in die Region Wagrain-Kleinarl im Winter

Abbildung 21: Top Verbindungen aus der Stadt Salzburg, dem Flachgau und dem Tennengau in die Region Wagrain-Kleinarl im Winter

Abbildung 22: Landkarte der Wolfgangseeregion

Abbildung 23: Bewegungen in der Wolfgangseeregion im Sommer

Abbildung 24: Top-Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt St. Gilgen

Abbildung 25: Top-Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt St. Wolfgang

Abbildung 26: Top-Reiseverbindungen mit Start- oder Zielpunkt Strobl

Abbildung 27: Aufenthalte in der Wolfgangseeregion nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern im Sommer

Abbildung 28: Bewegungen rund um den Wolfgangsee entgegen dem Uhrzeigersinn im Sommer

Abbildung 29: Bewegungen rund um den Wolfgangsee im Uhrzeigersinn im Sommer

Abbildung 30: Landkarte des Landkreises Berchtesgadener Land

Abbildung 31: Bewegungen im südlichen Berchtesgadener Land im Sommer

Abbildung 32: Bewegungen mit Berchtesgaden als Start- oder Zielpunkt

Abbildung 33: Bewegungen mit Berchtesgaden als Start- oder Zielpunkt im Sommer

Abbildung 34: Bewegungen über den Ort Berchtesgaden als Transitknotenpunkt

Abbildung 35: Aufenthalte im Ort Berchtesgaden nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern im Sommer

Abbildung 36: Bewegungen in der Königssee-Region im Sommer

Abbildung 37: Bewegungen mit Schönau am Königssee als Start- oder Zielpunkt im Sommer

Abbildung 38: Aufenthalte in der Königssee-Region nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern nach Wochentagen..

Abbildung 39: Aufenthalte in der Königssee-Region nach Einwohnern, Pendlern, Tagesbesuchern und Übernachtungsbesuchern in den Sommersaisonen 2019, 2020 und 2021

Abbildung 40: Mobilitätsanalyse der Bewegungen vom nördlichen Berchtesgadener Land und dem Rest von Bayern in die Königssee-Region

Abbildung 41: Top Verbindungen vom nördlichen Berchtesgadener Land und dem Rest von Bayern in die Königssee-Region im Sommer

Abbildung 42: Systematisierung von Interventionen für die Lenkung von Besucherströmen

Abbildung 43: Interventionen für die zeitliche Verteilung von Besucherströmen

Abbildung 44: Interventionen für die räumliche Verteilung von Besucherströmen

Abbildung 45: Interventionen für einen eingeschränkten Zugang von Besucherströmen

1 EINLEITUNG

Das jahrzehntelang weltweit hohe Wachstum in der Nachfrage nach Urlaubsreisen hatte beziehungsweise hat in vielen touristischen Destinationen eine Überkonzentration der Touristenströme zur Folge. Darunter leidet vielfach die lokale Bevölkerung, die mit Beeinträchtigungen im Alltag, steigenden Mieten und Immobilienpreisen und Umweltverschmutzung konfrontiert ist (vgl. Fritz & Maier, 2019). Dieses Phänomen wird in der öffentlichen Diskussion als Übertourismus beziehungsweise Overtourism bezeichnet.

Übergeordnetes Ziel des vorliegenden Projektes ist die Entwicklung von nachhaltigen tourismuswirtschaftlichen Strategien zur Vermeidung von Übertourismus als Teil eines nachhaltigen Destinationsmanagements im Alpenraum. Ein wichtiges Element hierbei stellt eine nachhaltige Besucherstromlenkung dar. Besucherlenkung umfasst dabei alle Maßnahmen zur gezielten Planung, Steuerung, Entflechtung und zum Management von Besucherströmen. Durch gezielte Interventionen – teilweise mit Anreizsetzungen – kann dynamisch auf ein sich permanent veränderndes Besucheraufkommen und -verhalten Einfluss genommen werden, um unerwünschte Effekte – eben Übertourismus – zu vermeiden oder zumindest zu mildern und Besucherströme in gewünschte Richtungen zu lenken und dabei sowohl die Erlebnisqualität für Besucher zu steigern wie auch die Lebensqualität für Einheimische.

Auf den ersten Blick mag die Covid-19 Pandemie das Phänomen des Overtourism durch das (neue) Phänomen des Undertourism ersetzt haben, zumal viele touristische Destinationen in der Pandemiephase eher an einem Mangel an Besuchern und Besucherinnen litten anstatt an Überfüllung. Es wäre jedoch eine Fehleinschätzung zu glauben, dass das Problem des Übertourismus damit gelöst wäre! Selbst während der Pandemiephase gab es mitunter die Situation, dass speziell Destinationen mit attraktiven Tagesausflugszielen in der Natur für Aktivitäten wie Spaziergänge, Wandern, Skitouren etc. extrem populär wurden und teilweise entsprechend überlaufen. Mitunter haben sich Overtourism-Phänomene, die vorher vor allem im Stadttourismus bekannt waren, in ländliche Destinationen und Naturräume verschoben. Nach der Überwindung der Pandemie ist jedenfalls erneut mit einem starken Wachstum der Tourismuszahlen zu rechnen, sodass die Vermeidung von Übertourismus-Phänomenen weiterhin erforderlich bleibt.

1.1 Ausgangslage bzw. Problemstellung

Touristische Destinationen des Alpenraums sind im Vergleich zu städtischen Destinationen sehr viel stärker auf die Nutzung der Naturräume ausgerichtet. Wenige dort lebende Menschen treffen auf überproportional viele Besucher, die in überwiegendem Maße im motorisierten Individualverkehr anreisen beziehungsweise auch den motorisierten Individualverkehr für die Mobilität rund um die Zieldestinationen während ihrer Aufenthalte nutzen. Neben der sozialen Dimension, die beispielsweise Fragen zur gerechten und harmonischen Raumteilung oder der Freizeitangebote aufwirft, spielen verstärkt auch verkehrsplanerische Fragestellungen eine Rolle, die nicht nur starken Dynamiken des Reiseverhaltens unterliegen, sondern auch eine bedarfsgerechte Orientierung brauchen. Die Investitionen in den Ausbau und die Instandhaltung von Straßeninfrastruktur und damit verbundene Zusatzangebote wie Parkraum, Rastplätze und Ähnliches waren in der Vergangenheit ein probates Mittel, den motorisierten Individualverkehr zu stärken, teils zu lenken und die Erreichbarkeit der touristischen Destinationen zu sichern.

Fernab des motorisierten Individualverkehrs existieren nur in wenigen Alpentälern auch auf dem Schienenweg die Verkehrsanbindungen. Öffentliche Buslinien sind in puncto Taktung und zeitlichem Übergang aus Nachfragesicht oft nicht praktikabel und erfordern sehr viel Flexibilität der Reisenden. Entscheidend für die Attraktivität einer Destination ist aber genau diese Erreichbarkeit, für die mangels (auch leistbarer) Alternativen auf Angebote beziehungsweise die Nutzung des motorisierten Verkehrs zurückgegriffen wird. Besser an das öffentliche Schienennetz angebundene Regionen profitieren dagegen von der Möglichkeit, auch umweltbewusstes Anreisen bewerben beziehungsweise ergänzende Mobilitätsangebote wie Shuttledienste für die letzten Kilometer des Gastes anbieten zu können.

Der Besucherdruck auf die vorhandene Verkehrsinfrastruktur und viele Alpendestinationen hat sich zwar durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt, zeichnete sich allerdings in den Jahren zuvor bereits ab. Die Gründe dafür sind vielschichtig. So lässt sich beispielsweise ein neu entdeckter Trend identifizieren, die Freizeitaktivitäten in den ländlichen Regionen und ihren Naturräumen statt in der Ferne zu suchen. Ebenso ist das Interesse für Naturaktivitäten auch bei den jüngeren Menschen gestiegen, wenngleich hier die Unerfahrenheit und eine womöglich geringere Bewusstseinsbildung für die Bewegung in der Natur auch Gefahren bergen. Dazu kommt die Neigung hin zu kürzeren Aufenthalten wie Tagesausflügen oder Wochenendaufenthalten mit ein bis zwei Übernachtungen (siehe Kapitel 2, Trends in der touristischen Mobilität). Als weiterer Trend kann auch ein Individualtourismus ausgemacht werden, der durch die Nutzung von mobilen Wohneinheiten (Wohnmobile, Campingvans usw.) das Bedürfnis nach örtlicher Flexibilität, Autarkie (auch gegenüber pandemiebedingten Einschränkungen), Sicherheit (z.B. Infektionsschutz) und besonderen Erlebnissen bedient. Diese Phänomene verhalten sich insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie konträr zu jenen der Städte, wo zeitweise das völlige Ausbleiben der Touristen beobachtet werden konnte.

Die stetig steigenden Anforderungen an eine gut funktionierende, das heißt kapazitätsangepasste und praktikable, das heißt annehmbare und realistisch für verschiedene Zielgruppen umsetzbare, touristische Mobilität für die Destinationen des Alpenraums sind demnach schwer zu überblicken. Vor allem fehlt es an qualitativen und quantitativen Daten zur touristischen Mobilität, die über punktuelle und temporäre Erhebungen hinausgehen.

Daten zu touristisch indizierter Mobilität, den sogenannten Besucherströmen, erheben insbesondere touristische Betriebe schon länger manuell. So müssen beispielsweise österreichische Beherbergungsbetriebe laut Meldegesetz ein Gästeverzeichnis führen, das die Namen und Anzahl aller Übernachtungsgäste aufführt. Diese Meldedaten werden der zuständigen Meldebehörde übermittelt. Einige Betriebe und Destinationen gehen durch die Einführung von Kunden- oder Vorteilskarten heute oft noch einen Schritt weiter und erhalten darüber durch das Angebot von Preisvorteilen oder anderen Vorzügen in der Destination im Gegenzug detaillierte demographische Daten. Potenziell ließen sich diese Daten im Sinne eines planerischen Mehrwerts zu einem übergeordneten Zentralsystem überspielen, wenngleich hier technische, administrative und datenschutzrechtliche Hürden zu überwinden wären.

Automatisierte Erfassungen von Besucherströmen über digitale Monitoringsysteme gibt es in aller Regel erst dann, wenn bereits neuralgische Situationen durch touristische Crowding-Effekte oder Ähnliches entstanden sind. Ein erster Ansatz ist dann das Monitoring des Ist-Zustands über einen längeren Beobachtungszeitraum hinweg. Mit Hilfe von installierter Sensorik an markanten Passierstellen von Wanderern, Mountainbikern oder motorisierten Fahrzeugen können konkrete Zahlen herangezogen werden, die die Grundlage für weitere Maßnahmen liefern. Ein großer Nachteil der Verwendung von Sensorik besteht in den hohen Anschaffungskosten qualitativ hochwertiger Geräte, die auch Zusatzfunktionen bieten, wie zum Beispiel die Erfassung von bidirektionalen Bewegungen, die Unterscheidung nach bestimmten Merkmalen wie Geschlecht und so weiter oder eine Internetanbindung.