Neo-Refoulement - Europäisches Migrationsmanagement als öffentliche Gewalt - Nele Austermann - kostenlos E-Book

Neo-Refoulement - Europäisches Migrationsmanagement als öffentliche Gewalt E-Book

Nele Austermann

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Beschreibung

Das europäische Migrationsmanagement nutzt Neo-Refoulement-Praxen, um Migrant*innen weit vor der europäischen Grenze zu stoppen und ihnen den Zugang zur europäischen Gerichtsbarkeit zu verwehren. Zur Umsetzung dieses Vorgehens bedient sich die EU der Internationalen Organisation für Migration. Nele Austermann deckt auf, wie fehlende Jurisdiktion, mangelnde völkerrechtliche Verantwortlichkeit internationaler Organisationen und eine eingeschränkte Menschenrechtsbindung hierbei zu einer Entsubjektivierung von Migrant*innen führen. Mit dem Konzept der internationalen öffentlichen Gewalt zeigt sie einen Weg auf, wie eine Rückführung in komplexitätsadäquate rechtliche Strukturen möglich ist.

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Nele Austermann, geb. 1988, arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Europäische Rechtspolitik der Universität Bremen und ist Rechtsreferendarin am Oberlandesgericht Bremen.

Nele Austermann

Neo-Refoulement – Europäisches Migrationsmanagement als öffentliche Gewalt

 

Dissertation, Universität Bremen, 2022

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz (BY-SA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium für beliebige Zwecke, auch kommerziell, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird.

(Lizenz-Text: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de) Die Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz gelten nur für Originalmaterial. Die Wiederverwendung von Material aus anderen Quellen (gekennzeichnet mit Quellenangabe) wie z.B. Schaubilder, Abbildungen, Fotos und Textauszüge erfordert ggf. weitere Nutzungsgenehmigungen durch den jeweiligen Rechteinhaber.

Erschienen 2023 im transcript Verlag, Bielefeld

© Nele Austermann

Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld

Lektorat: Anja Johannsen und Eva Berié, Berlin

Print-ISBN 978-3-8376-6456-0

PDF-ISBN 978-3-8394-6456-4

EPUB-ISBN 978-3-7328-6456-0

https://doi.org/10.14361/9783839464564

Buchreihen-ISSN: 2703-0024

Buchreihen-eISSN: 2703-0032

Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Unsere aktuelle Vorschau finden Sie unter www.transcript-verlag.de/vorschau-download

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1: Europäisches Migrationsmanagement

A.Entwicklung der europäischen Migrationspolitik in der externen Dimension

B.Migrationsmanagement als politisches Konzept der »externen Dimension«

I.Entwicklung des Begriffs Migrationsmanagement

II.Kritik an »Managing Migration«

III.Grundpfeiler des Migrationsmanagements

IV.Begriffsgenese: Europäisches Migrationsmanagement

Kapitel 2: Neo-Refoulement

A.Begriffsgenese: Neo-Refoulement

I.Refoulement

II.Neo-Refoulement

B.Neo-Refoulement als Praxis des Migrationsmanagements

I.Offshoring: Remote-Control-Praxen: Integrierte Europäische Grenzverwaltung

II.Offshoring: Remote-Protection-Praxen des europäischen Migrationsmanagements

III.Outsourcing: Kooperation mit Drittstaaten

IV.Outsourcing: Kooperation mit internationalen Organisationen

C.Neo-Refoulement als Un-Recht

I.Transitlager als Orte spezifischer Verrechtlichung

II.Outsourcing-Praxis I: Niger als Partnerland der EU und IOM

III.Outsourcing-Praxis II: Wissensproduktion

IV.Offshoring I: Informationskampagnen der IOM

V.Offshoring II: Verwaltung der Transitlager und Umsetzung »freiwilliger Rückkehr«

D.Praxen und Orte, Akteur:innen und Folgen des Neo-Refoulement

Kapitel 3: Internationale öffentlich-rechtliche Gewalt im Migrationsmanagement

A.Menschenrechtsbindung und Verantwortlichkeit

I.Menschenrechtsbindung

II.Völkerrechtliche Verantwortlichkeit

B.Jurisdiktion und öffentlich-rechtlicher Gewaltbegriff

I.Jurisdiktionsbegriff

II.Jurisdiktion im Transitlager

III.Effektive Kontrolle?

IV.Entsubjektivierung

C.Neo-Refoulement als internationale öffentlich-rechtliche Gewalt

I.Neue Handlungsformen internationaler öffentlich-rechtlicher Gewalt

II.Öffentlich-rechtliche Gewalt in Form von Politikbewertung und Migrationssteuerung

III.Resubjektivierung

Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Ich widme dieses Buch den Opfern von Grenzen. No Borders! No Nation!

Einleitung

Jenseits der europäischen Grenzen sind Menschenrechtsversprechen der Europäischen Union (EU) leere Phrasen. Hier gilt Abschreckung und Abschottung statt Menschlichkeit, Solidarität und Menschenrechte. Dass die EU an ihren Außengrenzen mit dem Vorschlag zum New Pact on Migration and Asylum und der Hotspot-Strategie wirklich jede menschenrechtliche (Asyl-)Verfahrensvorgaben ignoriert, ist vielfach diskutiert worden. Diese klassische migrationssteuernde Politik geht dabei aber tatsächlich einher mit einer neuen Form von Migrationsverhinderung, die ich als Neo-Refoulement bezeichne. Neo-Refoulement ist – ähnlich wie Refoulement – eine Praxis, die als »new form of forced return«1 zu einer Entsubjektivierung von Migrant:innen weit jenseits der europäischen Grenzen führt. Neo-Refoulement-Maßnahmen der EU zielen darauf ab, Migrant:innen schon auf dem Weg Richtung Europa abzufangen und sie gar nicht erst in die Nähe des Territoriums der EU zu lassen. Sie wirken auf zwei Ebenen: Zum einen haben sie das Ziel, de facto die Asylantragstellung an den Grenzen zur EU zu verhindern. Zum anderen zielen sie de jure auf die Verhinderung des Zugangs zu rechtsstaatlichen Überprüfungsverfahren eben dieser Maßnahmen ab und führen damit zu einer Entsubjektivierung der Betroffenen. Neo-Refoulement-Maßnahmen stehen im Spannungsverhältnis zum Non-Refoulement, dem Kernprinzip des Flüchtlingsrechts. Dieses verbietet staatliche Handlungen, welche Menschen gegen ihren Willen dorthin zurückschicken, wo sie Verfolgung ausgesetzt sind, und umfasst ein de facto formalisiertes Verfahren an den Grenzen, in dem festgestellt werden kann, ob die Ausweisung oder Zurückweisung (jeweils als Refoulement-Handlung) dem Verbot zuwiderläuft. Neo-Refoulement-Praxen des europäischen Migrationsmanagements umgehen dieses Verbot, welches sich an herkömmlichen staatlichen Formen der Zurückweisung an der Grenze orientiert. Indem sie potenzielle Asylbewerber:innen und Migrant:innen weit vor der europäischen Grenze abhalten und Aufgaben der Migrationsverhinderung an internationale Organisationen und Drittstaaten übertragen, entziehen sie sich dem Zugriff der Menschenrechtsregime und entsprechender Gerichtsbarkeit. Neo-Refoulement-Praxen sind nicht-formalrechtlich, wirken unterhalb der öffentlich-rechtlichen Eingriffsschwelle und sind Maßnahmen nicht-staatlicher Akteur:innen.

Damit der Flüchtlingsschutz auch für die europäische Migrationspolitik wieder Maßstab wird und das Non-Refoulement-Gebot nicht leerläuft, bedarf es einer adäquaten Reaktion des Rechts auf diese Entwicklung. Diese sehe ich in der Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Gewaltbegriffs, welcher insbesondere auf den nicht-hoheitlichen Charakter der Maßnahmen sowie auf die Eingriffsschwelle hoheitlicher Gewalt reagiert. 

Dafür bereitet das erste Kapitel die Grundlagen: Wie sieht das europäische Migrationsmanagement eigentlich genau aus? Dabei wird sowohl die europäische Migrationspolitik in der »externen Dimension« als auch das »Migrationsmanagement« vorgestellt. Das zweite Kapitel bestimmt den Inhalt der Praxen des Migrationsmanagements als Neo-Refoulement. Dabei wird unterschieden zwischen Neo-Refoulement als politische Praxis des europäischen Migrationsmanagements und Neo-Refoulement, welches im Transitlager spezifische Verrechtlichung findet und dessen Praxen und Akteur:innen dort in die Menschenrechte der vom Migrationsmanagement betroffenen Migrant:innen eingreifen. Neo-Refoulement-Praxen haben zwar die Verhinderung der Asylantragstellung zur Folge, sind aber aufgrund fehlender Jurisdiktion europäischer Gerichte rechtlich nicht überprüfbar. Das dritte Kapitel beginnt mit der juristischen Analyse dieses Problems und schließt mit dem Vorschlag der Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Gewaltbegriffs, um Neo-Refoulement-Praxen als internationale öffentlich-rechtliche Gewalt einem komplexitätsadäquaten Gewaltbegriff zuzuführen. 

Die Fratze externer europäischer Migrationspolitik versteckt sich unter dem Deckmantel des Migrationsmanagements. Ich möchte mit dieser Arbeit die Mär von einem »Better For All«- Migrationsmanagement und die Rolle der internationalen Organisationen darin entzaubern. Ich werde offenlegen, dass die Nutzung von Offshoring- und Outsourcing-Praxen im europäischen Migrationsmanagement strategisch zu unzureichender Jurisdiktion europäischer Gerichte führt, um möglichst unbehelligt, weit weg von Europa und mithilfe anderer Abschottungspolitik zu betreiben. Ich unterscheide in meiner Arbeit nicht dogmatisch zwischen Migrant:innen und potenziellen Geflüchteten im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Zum einen kann im Transit die Prüfung der sogenannten Refugee Status Determination (RSD) durch den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und nationale Asylverfahren erfolgen und sich damit der Rechtsstatus der Person ändern. Zum anderen macht das Migrationsmanagement selbst diese Unterscheidung nicht: Sowohl (potenzielle) Geflüchtete im Sinne der GFK als auch alle anderen migrierenden Menschen auf dem Weg nach Europa werden früher oder später Subjekte des europäischen Migrationsmanagements. Ist daher im Folgenden die Rede von Migrant:innen, sind damit immer Subjekte des europäischen Migrationsmanagements gemeint – unabhängig von ihrem rechtlichen Status. Gleichzeitig ist hier anzumerken, dass meine Arbeit aus der Perspektive einer weißen Deutschen geschrieben ist und die Ergebnisse ausschließlich durch Analyse von Berichten von Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen sowie der Auswertung von politischen Maßnahmen und Rechtstexten entstanden sind.

1Hyndman/Mountz: Another Brick in the Wall?, S. 250.

Kapitel 1: Europäisches Migrationsmanagement

Das europäische Migrationsmanagement dient als Technik der Umsetzung der »externen Dimension« der europäischen Migrationspolitik. Die externe Dimension der europäischen Migrationspolitik ist eine Politik der Migrationssteuerung mit dem Ziel der Migrationsverhinderung. Sie nimmt die Form des Migrationsmanagements an. Inhaltlich findet dabei erstens eine faktische Verlagerung der Migrationskontrolle auf extraterritoriales Gebiet (Offshoring) statt und – zweitens – eine gleichzeitige Verlagerung von hoheitlichen Maßnahmen auf Drittstaaten, internationale Organisationen und private Akteur:innen (Outsourcing).

In diesem Kapitel werden die Entwicklung der (gesamt-)europäischen Migrationspolitik in der externen Dimension sowie ihre wissenschaftliche Einordnung als Migrationsmanagement dargestellt. Herausgearbeitet werden die Praxen der Outsourcing- und Offshoring-Strategien, wobei bei letzteren zwischen Remote-Control und Remote-Protection unterschieden wird.

Das Ergebnis soll hier vorweggenommen werden: Die europäische Migrationspolitik in der externen Dimension will erstens die Migration nach Europa steuern. Zweitens findet diese Steuerung extraterritorial – also auf nicht-mitgliedstaatlichem Territorium, mit Unterstützung der Regierungen der betroffenen Drittstaaten, internationaler Organisationen und privater Akteur:innen statt. Drittens wird diese Steuerung durch die Kontrolle der Migration umgesetzt und führt in der Gesamtschau zur Migrationsverhinderung.1 Migrant:innen werden so noch außerhalb der europäischen Grenzen2 zu Betroffenen des europäischen Migrationsmanagements. Durch die zwei Strategien des Migrationsmanagements – Offshoring und Outsourcing – gelingt es der EU und internationalen Organisationen, die Migration nach Europa so zu steuern, dass sie umfassend verhindert werden kann, ohne dabei (bisher) rechtlich handhabbare Formen zur Kontrolle3 dieser Maßnahmen anzuwenden.

A.Entwicklung der europäischen Migrationspolitik in der externen Dimension

Die rechtliche und institutionelle Entwicklung der europäischen Migrationspolitik begann 1993 mit dem Vertrag von Maastricht.4 Dieser führte als dritte Säule der neu geschaffenen EU die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres (ZJI) ein. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam im Mai 1999 wurde die ZJI aus der intergouvernementalen dritten Säule in die supranationale erste Säule der Europäischen Gemeinschaft (Titel IV EGV: Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr) überführt und die Schaffung und Umsetzung eines »Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts« (RFSR) (Art. 2 UAbs. 1 EUV aF; Art. 3 Abs. 2 EUV) vorangetrieben. Damit verfügte die Europäische Gemeinschaft ab diesem Zeitpunkt über die Kompetenz zur eigenständigen Migrationspolitik, welche so erstmals gesamteuropäische Bedeutung erfuhr. Seit dem Vertrag von Lissabon 2009 ist das Kapitel V (Art. 77-80) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Grundlage für Entscheidungen für die in dieser Arbeit relevanten Bereiche der Innen- und Justizpolitik: Visa, Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung. Seit dem Vertrag von Lissabon hat die Union gemäß Art. 78 Abs. 2 lit. g AEUV zudem die Kompetenz, Maßnahmen zu erlassen, die Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Drittländern zur Steuerung des Zustroms von möglicherweise asylberechtigten beziehungsweise subsidiär schutzberechtigten Personen umfassen.

Entscheidender institutioneller Akteur im Rahmen der europäischen Migrationspolitik und für die Entwicklung des RFSR war bis 2015 der Europäische Rat.5 Dieser legte seit dem Vertrag von Lissabon gemäß Art. 68 AEUV die strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung des RFSR fest. Die große Bedeutung der Leitlinien für die europäische Migrationspolitik nahm in den Schlussfolgerungen von Tampere 1999 ihren Anfang (Phase 1).6 Die Beschlüsse von Tampere wie auch der Vertrag von Amsterdam7 gelten bis heute daher als die politischen Grundlagen der externen Dimension der europäischen Migrationspolitik: Im Oktober 1999 trat der Europäische Rat in Tampere zusammen und forderte für die Jahre 1999 bis 2004 insbesondere die politische Ausgestaltung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in asyl- und flüchtlingspolitischen Fragen8 und die Schaffung einer »externen Dimension« desselben. Ab 2004 übernahm das Haager Programm (Phase 2)9 die Fortentwicklung der externen Dimension der europäischen Migrationspolitik – auch hier ging es um die Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bis zum Jahr 2010. Inhaltliche Schwerpunkte des Programms waren die Steuerung legaler Zugangswege, Stärkung der Außengrenzen und gleichzeitige Lastenverteilung bei Kontrolle der Grenzen und Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität. Für den Bereich Asyl und Einwanderung wurde die EU-Kommission aufgefordert, einen strategischen Plan zur legalen Einwanderung vorzulegen, die Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern fortzuentwickeln und die Rechtmäßigkeit der Durchführung von Asylverfahren außerhalb der EU zu überprüfen.10 Zudem wurde konkretisiert, was sie unter der »Steuerungder Wanderungsbewegungen« überhaupt versteht: Steuerung bedeute Politiken der Grenzkontrollen und Bekämpfung der illegalen Einwanderung, insbesondere durch die Erhebung biometrischer Daten und ihre Einbeziehung in die Informationssysteme sowie eine gemeinsame Visumpolitik.11

Phase 3 der Entwicklung der europäischen Migrationspolitik startete 2010 mit dem Stockholmer Programm. Das Stockholmer Programm12 nahm vor allem die Forderungen einer effizienteren Migrationssteuerung durch den Aufbau entsprechender Kapazitäten in den Herkunfts- und Transitländern auf und legte von 2010 bis 2015 die Prioritäten und strategischen Leitlinien des europäischen Migrationsmanagements im gesetzgeberischen und operativen Bereich im Einklang mit Art. 68 AEUV fest. Neben dem Ausbau des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für Bürger:innen bekräftigte das Stockholmer Programm die »externe Dimension von Freiheit, Sicherheit und Recht«:13 »Der Europäische Rat bekräftigt die Bedeutung der externen Dimension der Politik der Union auf dem Gebiet der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts […]. Die externe Dimension ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Verwirklichung der Ziele des Programms […].«14 

Im Mai 2015 stellte die Kommission die Europäische Agenda für Migration15 vor, die, weil es an einem Post-Stockholm-Programm des Europäischen Rates mangelte, ab 2015 als Grundlage der Migrationspolitik der EU bezeichnet werden kann. Die (neue) europäische Migrationspolitik gehörte zu den zehn Politischen Leitlinien der Kommission für 2015 bis 2019.16 Zentrale politische Komponente war aber auch hier die »bessere Steuerungder Migration«.17 Dafür nannte die Europäische Migrationsagenda vier Handlungsschwerpunkte der europäischen Migrationspolitik: (1) die Reduzierung der Anreize für die irreguläre Migration, (2) die Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Asylpolitik, (3) eine neue Politik für legale Migration und schließlich (4) das Grenzmanagement. Mit der Europäischen Migrationsagenda übernahm die Kommission nach fast 15 Jahren, in denen der Europäische Rat die Migrationspolitik der EU bestimmt hatte, die Politikgestaltung im Kontext von Migration.18 Der Europäische Rat einigte sich im Oktober 2015 nur auf die »dringendsten Fragen« zur »Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingskrise«,19 eine Strategie zur längerfristigen Ausrichtung europäischer Migrationspolitik gab es nicht. Prioritär für das europäische Migrationsmanagement bleibt die »Zusammenarbeit mit Drittstaaten zur Eindämmung der Ströme«, die »Verstärkung des Schutzes der Außengrenzen der EU« und – als Reaktion auf den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa – die Sicherstellung der Rückführung und Rückübernahme.20

Auch 2020 ist die Kommission die Akteurin, die mit dem New Pact on Migration and Asylum21 die Reformierung der Europäischen Migrationspolitik versucht.22 Auch wenn die Umsetzung dieser Policy-Vorschläge noch ansteht, kann bei Analyse des New Pact nicht von einer Neuausrichtung der europäischen externen Migrationspolitik gesprochen werden. Der New Pact beinhaltet so zum Beispiel einen gemeinsamen Rahmen zum Asyl- und Migrationsmanagement,23 der ein »neues Konzept des Migrationsmanagements«24 einführen will. Ein Gesamtkonzept für das »Migrationsmanagementsystem«25 der EU sei erforderlich, welches die Dublin-Verordnung ablösen und die Reform des GEAS wieder anstoßen soll: »Das neue Paket steht […] für eine integrierte Politikgestaltung, bei der die Strategien in den Bereichen Asyl, Migration, Rückkehr und Rückführung, Schutz der Außengrenzen, Bekämpfung der Migrantenschleusung und Beziehungen zu Drittstaaten zu einem übergreifenden Ansatz zusammengeführt werden.«26

Migrationsmanagement wird damit zu einem Konzept, das nicht mehr nur neben den genannten Bereichen Asyl, Rückkehr, Schutz der Außengrenzen und Partnerschaft mit Drittstaaten als undefiniertes Konzept der Migrationssteuerung steht, sondern dieses als umfassende Strategie der externen (und internen) Dimensionen europäischer Migrationspolitik weiterentwickelt.

B.Migrationsmanagement als politisches Konzept der »externen Dimension«

Das Migrationsmanagement präsentiert die Migration als ein unumgängliches, unausbleibliches Phänomen. Als eine Realität, die nicht verhindert werden solle, sondern bei der es darum gehe, »das Beste daraus zu machen« – der ehemalige Slogan der International Organisation for Migration (IOM) – »Making the best out of Migration« – macht dies deutlich. Grundlegende Logik ist, dass nicht die Migration selbst, sondern das Missmanagement von Migration problematisch sei27 und daher Ziel von Policy-Aktivitäten sein sollte. 

Der weiteren Bearbeitung liegt dieses skizzierte Verständnis der »externen Dimension« der europäischen Migrationspolitik zugrunde. Wenn also im Folgenden von den Begriffen »Migrationskontrolle«, »Migrationsverhinderung«, »Migrationssteuerung« oder auch »Migrationsmanagement« gesprochen wird, dann immer im Sinne der obigen Ausführungen. 

I.Entwicklung des Begriffs Migrationsmanagement

Die Kommission übernahm das politische Konzept des Migrationsmanagements im Rahmen der externen Dimension ihrer Migrationspolitik: »Die Migrationsströme zu kontrollieren, bedeutet daher nicht notwendigerweise, den Migrationsbewegungen ein Ende zu setzen, sondern lediglich, sie in den Griff zu bekommen (»migration management«28).«29Das Migrationsmanagement ist ein relativ neues Konzept und eine neue Form der politischen Praxis.30 Kritische wissenschaftliche Forschung gibt es zu den Strategien und Einflüssen des Migrationsmanagements auf die Umsetzung von staatlichen Migrationspolitiken31 und die Forschungen zur Rolle der IOM im Migrationsmanagement.32

Ghosh hat »Managing of Migration« als holistisches Regime für die Steuerung der internationalen Mobilität von Menschen entwickelt. Im Rahmen der Idee der »regulated openess«33 formulierte er im Jahre 2000 die Prinzipien eines internationalen Migrationsregimes, das die internationale Migration von Menschen erfassen und steuern könne.34 Vorangegangen war das 1997 von der Commission on Global Governance, dem United Nations Population Fund (UNFPA) und das von weiteren europäischen Regierungen finanzierte NIROMP-Projekt (New International Regime for Orderly Movements of People). Das Migrationsregime sollte als ganzheitliches Regime jede Art der Migration, also auch die bereits vom Flüchtlingsregime geschützten Menschen, umfassen.35 Migration sollte geordnet, vorhersehbar und kontrollierbar sein.36 Umgesetzt wurde das NIROMP-Projekt durch die IOM.37

In seinem Buch »Managing Migration« stellte Ghosh 2000 ein Drei-Säulen-Modell38 des Migrationsmanagements vor. Dabei sollten erstens gemeinsame Ziele der Staaten entwickelt werden, zweitens nationale Politiken und Interessen aller mit Migration befassten Staaten in einem neuen internationalen Framework harmonisiert und zusammengefasst werden. Drittens umfasste das Modell Vorgaben für dessen institutionelle Ausgestaltung:39 Hier ergab sich aufgrund der (immer relevanteren) Rolle von internationalen Organisationen und privaten Akteur:innen die Notwendigkeit der Harmonisierung aller an der Politikentwicklung Beteiligten.40Grundlegend war das Prinzip der »regulated openness«: »a principle which shuns the doctrine of exclusion, but does not advocate free and unfettered movements across sovereign states«.41Management von Migration bedeutete danach, dass Migration in die Kategorien »regulär« (regular) und »irregulär« (irregular) eingeteilt werden musste, mit der Folge, dass die irregularisierte Migration verhindert, während andere Migrationsbewegungen erlaubt und gefördert werden sollen.42 Die vorliegende Arbeit greift diese Unterscheidung auch im Kontext von »legaler« und »illegaler« Migration auf und nutzt hier im Folgenden die Bezeichnung der »Illegalisierung«, um die der Unterscheidung zugrunde liegende Strategie sichtbar zu machen.

Ghosh führte weiter aus, ein solches Regime müsste umfassend, kohärent und auf internationaler Ebene harmonisiert sein: »Such a regime would ensure greater orderliness and predictability in movements of people – serving and balancing the interests of the sending and receiving countries and the migrants alike.«43Durch das Management von Migration kann diese nach Ghosh planmäßig und vorhersehbar gesteuert werden.

Nach Geiger wurde der Begriff Migrationsmanagement von Ghosh und anderen Expert:innen »[…] (re-)invented and strategically employed […] as it did not challenge national sovereignty and ›government‹ over foreign cross-border movements and state borders, while at the same time evading precise definition, allowing for a flexible interpretation in order to bring (and keep) everyone at the table (Ghosh 2012)«.44 

II.Kritik an »Managing Migration«

Ghoshs Idee eines solchen Regimes diente auch als theoretisches Konzept für die Strategie des »Better Migration Management« der IOM.45Daher überrascht nicht, dass der Generaldirektor der IOM 2006 erklärte: »Well managed migration can enhance development and progress in ways that profit both origin and destination lands as well as individual migrants and their families.«46Dieses – auch von Ghosh – im Migrationsmanagement oft herangezogene Triple-Win-Argument – dass also Migration sowohl für die Migrierenden als auch für die Herkunfts- und Ankunftsstaaten ökonomisch profitabel sei – technokratisiert und depolitisiert47 die hinter dem Konzept stehende Migrationsverhinderungspolitik und vernebelt die zugrunde liegende neoliberale Agenda,48 mit der Folge, dass nicht zu erkennen ist, dass und ob Menschen- und Flüchtlingsrechte betroffen und möglicherweise verletzt werden.49Die Konzentration auf eine (neo-liberale) »Management«-Strategie könne, so Geiger/Pécoud, eine Reaktion auf Überpolitisierung und Skandalisierung von Migration sein, denn »[…] over-politicisation makes the work of IOs difficult and the argument according to which political sensitivity would inhibit the development of economically ›sound‹ policies is a common one«.50

Das Triple-Win-Argument bezüglich des Migrationsmanagements ist inzwischen – vor allem durch Arbeiten über die IOM und das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) – widerlegt.51 Migrationsmanagement ist danach nicht »for the benefit of all« – wie der Slogan der IOM es suggeriert – sondern nur »for the benefit of some«.52 Theoretisch interessante Arbeiten zum Migrationsmanagement setzen es in Bezug zu Michel Foucaults Gouvernementalität,53 zur intersektionalen Kapitalismuskritik54 und sehen Migrationsmanagement als »imperiales Staatsprojekt«.55

Georgi arbeitet konkret drei Kritikstränge zum Migrationsmanagement heraus: Vom Migrationsmanagement profitiert erstens nur der hegemoniale Norden,56 der aus den finanzstarken Mitgliedstaaten der am Migrationsmanagement beteiligten internationalen Organisationen57 und der Europäischen Union besteht. Migrationsmanagement ist dabei der »Versuch der migrationspolitischen Absicherung des globalen neoliberalen Akkumulationsregimes«.58 Es privilegiert die ökonomische Nützlichkeit der Migration und liberale Nationalismusvorstellungen gegenüber internationalen Flüchtlingsrechten59 und blendet damit die »[…] fundamentalen Widersprüche und ungleichen Machtverhältnisse aus, die erst zu den massiven Unterschieden in Lebensbedingungen und individuellen Rechten führen«.60

Zweitens profitieren auch die beteiligten Organisationen selbst vom Migrationsmanagement.61 Jede internationale Organisation, so Georgi, muss sich um ihre institutionelle Existenz bemühen, denn neben der Arbeit für die Mitgliedstaaten müssten auch die Bürokratien der internationalen Organisationen um Arbeitsplätze, Karrieren und politischen Einfluss kämpfen.62Georgi hält dazu fest: »Besides securing jobs for its staff, migration management also advances IOM’s ›own‹ political project which can be described as neoliberal global migration governance.«63

Drittens, so Georgi, findet das Migrationsmanagement zum Nachteil von Geflüchteten, migrantischen Arbeiter:innen und den Subalternen des globalen Südens statt.64 Es sind nämlich die flüchtenden und migrierenden Menschen, die von externen Grenzkontrollen und von den von internationalen Organisationen durchgeführten kapazitätsbildenden Maßnahmen und Rückkehrprogrammen betroffen sind.

Andere Autor:innen kritisieren das Migrationsmanagement als apolitisch65 und stellen dessen fehlende demokratische Legitimität heraus.66 Im Migrationsmanagement würden sich die unterschiedlichen Akteur:innen und die staatlichen Migrationspolitiken gegenseitig legitimieren67 und so einen »[…] transnational space of institutionalized authority for non-state actors over the movement of migrants«68schaffen.69 

Nimmt man die genannte Kritik ernst, muss ein anderer, komplexerer Begriff des Migrationsmanagements gefunden werden. Nur dann können die Verletzungspotenziale des Migrationsmanagements und der beteiligten Akteur:innen sichtbar, als komplexe völkerrechtliche Konstellationen anerkannt und adäquate Lösungen gefunden werden.

Ich verstehe das europäische Migrationsmanagement als politisches Konzept, welches zahlreiche migrationspolitische Initiativen und Akteur:innen umfasst und auf die Aufrechterhaltung globaler Machtverhältnisse durch Steuerung und Verhinderung von Migrationsbewegungen nach Europa zielt. Die Praxen des Migrationsmanagements, die es im Folgenden weiter auszubuchstabieren gilt, sind repressive, der Migrationskontrolle dienende Instrumente der Abschottung des europäischen Territoriums. Das europäische Migrationsmanagement zielt konkret auf die Verhinderung der Asylantragstellung in Europa und beinhaltet neben bekannten Migrationskontroll-Praxen neuartige Formen der Migrationssteuerung, um die es im folgenden Kapitel gehen wird. 

III.Grundpfeiler des Migrationsmanagements

Geiger/Pécoud entwickelten 2010 drei Grundpfeiler des Migrationsmanagements, welche zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffs in dieser Arbeit herangezogen und im zweiten Kapitel ausführlich konkretisiert werden.70 Nach Geiger/Pécoud besteht das Migrationsmanagement aus spezifischen Akteur:innen (1), die ein bestimmtes Narrativ für den transnationalen migrationspolitischen Diskurs festlegen (2), der zu konkret bestimmbaren Praktiken führt (3). Akteur:innen, Diskurse und Praktiken sind in Teilen in einem komplexen Geflecht miteinander verwoben: »[…] actors develop discourses to justify their existence and legitimize their practices; yet their actual activities and policy interventions often diverge substantially from the rhetoric underpinning them.«71

1.Akteur:innen

Das Migrationsmanagement ist eine Strategie von Akteur:innen, die ihre Beteiligung und steigenden Interventionen im Feld der Migration zu rechtfertigen versuchen.72 Seitdem das Migrationsmanagement ab Mitte der 1990er Jahre auf der Agenda der internationalen Community steht,73 sind nicht nur nationalstaatliche Akteur:innen, sondern auch internationale Organisationen, nicht-staatliche internationale Organisationen, regionale Organisationen und private Akteur:innen im Bereich des Migrationsmanagements aktiv.74 Insbesondere die internationalen Organisationen, vorweg die IOM, das ICMPD und auch der UNHCR, konnten ihre Rolle und ihre Aktivitäten in der transnationalen Migrationspolitik ausbauen.

Die IOM benutzte lange den Slogan »Managing Migration for the Benefit of All«, das ICMPD schreibt über seine eigene Arbeit: »Its three-pillar approach to migration management – structurally linking research, migration dialogues and capacity building – contributes to better migration policy development worldwide«,75der UNHCR fokussiert seine Arbeit im Rahmen von Asyl und Migration darauf, dass die Debatte und die Verfahren der »migration-management policies«76 die besonderen Schutzbedürfnisse von Asylsuchenden, Geflüchteten und Staatenlosen und den entsprechenden rechtlichen Rahmen hierfür beinhalten. Auch die EU ist eine der zentralen internationalen Organisationen im Migrationsmanagement.

Unter den nicht-staatlichen und staatlichen Akteur:innen besteht kein einheitliches Verständnis von Migrationsmanagement – im Gegenteil: die Beteiligten füllen in ihren eigenen Diskursen den Begriff des Migrationsmanagements überhaupt erst mit Inhalt. Die Fragmentierung der Akteur:innen ermöglicht es, selektiv Themen auszuwählen und jeweils zu entscheiden, welche davon in welchen institutionellen Kontexten adressiert werden.77Die Fragmentierung ermöglicht also, den Diskurs selbst zu gestalten: »[…] global migration governance […], suffers from significant fragmentation, both vertically – with actors at the international, regional, and local levels – and horizontally – with the phenomenon addressed in part or, more rarely, as a whole under the auspices of a range of other ›policy categories‹ and associated institutions«.78

Geiger/Pécoud führen dazu zwei Beispiele an: Für westliche Staaten (und auch für die EU) ist es möglich, den Zusammenhang zwischen Migration, Entwicklung und Menschenrechten auf UN-Ebene mit dem UNHCR zu diskutieren und gleichzeitig die IOM damit zu beauftragen, Grenzkontroll-Politiken der Herkunfts- und Transitstaaten zu unterstützen.79 Dies geschieht gleichzeitig auf den regionalen, nationalen und transnationalen Ebenen.80 Auf der einen Seite kann die EU im Rahmen ihres Migrationsmanagements für den Abschluss von Partnerschaften mit den Herkunfts- und Transitstaaten werben (zum Beispiel im Rahmen des Europäischen Rates), gleichzeitig kann sie bilateral auf nationaler, europäischer und transnationaler Ebene harte, auf Kontrolle und Sicherheit abstellende Vereinbarungen treffen.81 Damit können von allen Akteur:innen (auch) migrationsverhindernde Politiken umgesetzt werden. 

2.Narrativbestimmung und Wissensproduktion

Nach Geiger/Pécoud baut das Migrationsmanagement auf einem bestimmten Narrativ darüber auf, was Migration ist, wie sie adressiert und »gemanagt« werden soll.82 Dieses Narrativ wird von internationalen Organisationen produziert, die ihre eigenen Vorstellungen von Migration einbringen und das Wissen produzieren, welches für den Ausbau des Migrationsmanagements profitabel erscheint.83Sie konstruieren die Realität, zu deren Problemen sie dann Lösungen anbieten können: »The IOM also plays a significant role in constructing the ›reality of migration‹ by identifying and framing problems, which they subsequently can offer to solve in a continuous competition for resources and mandates.«84

Pécoud nennt den Diskurs darüber, was Migration überhaupt ist, ein »international migration narrative«; seine hauptsächliche Funktion ist dabei die Bereitstellung von Wissen und Ideen, um so eine internationale Diskussion und Kooperation in diesem Feld zu ermöglichen.85Auch Korneev stellt fest, dass internationale Organisationen »[…] active producers of knowledge on migration and migration policies in the current global context, whereas this global migration context is primarily characterised by enduring uncertainty about future migration dynamics«86 sind.

Zudem sind Unsicherheit und Risiko im Bereich der globalen Migration Governance das beständigste Charakteristikum internationaler Organisationen und für sie wichtig: »They act in conditions of uncertainty about international migration policies at national and global levels and the lack of a single coherent framework in the shape of a global migration regime.«87

Besonders relevant ist dies für die Arbeit der IOM und des ICMPD, denn während es ein internationales Flüchtlingsrechtsregime basierend auf der Genfer Flüchtlingskonvention gibt, besteht keines für die internationale Migration. Die IOM – formal ohne Einfluss auf politische Diskurse, aber: »[…] in practice, it does play an important role: its bureaucratic skills, along with its experience of the field and expertise, make it a key partner for all parties, to the extent that it can propose new projects and elaborate the narratives to justify them.«88Dieser Kontext der Unsicherheit verschafft den internationalen Organisationen die Möglichkeit, Expert:innenwissen zu produzieren und zu verbreiten. Korneev spricht hier neben »analytical-predictive knowledge« auch über »normative knowledge«: »It compasses knowledge claims about the best ways in which particular policies – such as migration control, integration and rights, labour markets, regional cooperation – should be changed and is usually, although not always, linked to the specific expertise if IO.«89 

Nach Bennett/Finnmore können internationale Organisationen damit mehr als staatliche Kooperation ermöglichen, denn »[…] IOs exercise power as they constitute and construct the social world.«90Von Bogdandy/Goldmann gehen sogar davon aus, dass internationale Organisationen mit dieser Expertise den Prozess der Politikbewertung organisieren und damit eigene kontroll- und legitimationsbedürftige internationale öffentliche Hoheitsgewalt ausüben können (ausführlich dazu Kapitel 3).91

2.Praktiken

Des Weiteren bezieht sich das Migrationsmanagement nach Geiger/Pécoud auf eine Reihe von Praktiken dieser genannten Akteur:innen im Bereich der Migrationspolitik. Dazu zählen beispielsweise die Bekämpfung des Menschenhandels, Rückkehrpolitik oder Aktivitäten im Rahmen der Kapazitätenbildung.92 Migrationsmanagement umfasst dabei die Schulung von Beamt:innen der Herkunfts- und Transitstaaten im Umgang mit irregulärer Migration und mit Grenzkontrollen.93 Internationale Organisationen entwickeln nationale Migrationsstrategien und Informationskampagnen zur Verhinderung irregulärer Migration.94 Diese nicht abschließend zu benennenden Praktiken im Migrationsmanagement sind wissenschaftlich ausführlich untersucht – und werdenim zweiten Kapitel en détail dargelegt: Das diesen Ausführungen zugrunde liegende Verständnis des europäischen Migrationsmanagements wird damit konkretisiert. Anhand der Offshoring- und Outsourcing-Strategie des Migrationsmanagements kann die externe Dimension der europäischen Migrationspolitik geordnet werden. Es wird herausgearbeitet, wie die EU das europäische Migrationsmanagement nutzt, um unter seinem Deckmantel die Migration nach Europa zu verhindern.

IV.Begriffsgenese: Europäisches Migrationsmanagement

1.Externe Dimension

Politikwissenschaftlich wird die Frage, mit welchen Strategien die europäische Migrationspolitik extraterritorial Einfluss auf die Verhinderung der Migration nach Europa ausübt, unterschiedlich konzeptualisiert.95 Die externe Dimension europäischer Migrationspolitik wird in der Governance-Forschung unter dem Stichwort »external governance«96 geführt. Nach Schimmelpfennig meint europäische externe Governance »[…] that the EU projects its own regulatory model(s), institution, and rules of governance beyond the borders of formal membership and does so in institutionalized forms of coordinated action that aim at the production of collectively binding agreements.«97Nach Lavenex ist für die externe Governance der europäischen Migrationspolitik die Verlagerung von staatlicher Autorität außerhalb von institutionalisierter europäischer Integration entscheidend: »[…] the crucial criterion for external governance is the extension of the legal boundary of authority beyond institutional integration […]«.98,99Nach Aurabell et al. gibt es zusätzlich zur »externen Dimension« noch zwei weitere Begriffe – »Externalisierung« und »Extraterritorialisierung«100 –, die allerdings auf dem gleichen Kernkonzept aufbauen, nämlich: »[…] the link between policy and territory and sovereignty, in the sense that policy-making decisions, and the implementation and outcomes of this policy, differ territorially«.101

Dem Verständnis der externen Dimension, der Externalisierung oder der Extraterritorialisierung – und damit auch dem Migrationsmanagement – liegt also zugrunde, dass europäische Politiken nicht dort implementiert werden, wo über ihre Umsetzung entschieden wird. In Bezug auf die externe Dimension europäischer Migrationspolitik werden Zapata-Barrero/Aragall konkret: »[Externalisation] is designing governance and policy extension beyond borders, between at least two countries sharing a specific asymmetrical relationship, not only in terms of power and socio-economic disparaties, but also in their capacities to politically-respond to the same phenomenon: the movement of people between one country and the other.«102Nach Rijpma/Cremona umfassen die externen Dimensionen von Migrationspolitiken die Verhinderung der Ausreise aus dem Herkunftsland, die Verhinderung der Migration Richtung Europa sowie das Konzept der sicheren Drittstaaten: »[…] the means by which the EU attempts to push back the EU’s external borders or rather to police them at distance in order to control unwanted migration flows. Extraterritorialisation includes the way in which the EU and its Member States attempt not only to prevent non-Community nationals from leaving their countries of origin, but also to ensure that if they manage to do so, they remain as close to their country of origin as possible, or in any case outside EU-Territory. It furthermore covers measures that ensure that if individuals do manage to enter the EU, they will be repatriated or removed to ›safe third countries‹.«103Die Verbindung zwischen der externen Dimension und der Fokussierung auf die Steuerung von Migrationsströmen aus der Distanz zur Verhinderung von Migration nach Europa ist hier schon offensichtlich.104

Wichtig und interessant ist dabei die Einbeziehung von Drittstaaten. Es wird darauf abgestellt, dass Teile des EU-Aquis, also des Besitzstandes der EU, über das europäische Territorium hinaus wirken und von Drittstaaten in deren eigene Rechtsordnungen und Werte übernommen werden.105 Diese Interaktion zwischen EU-Politiken und der Rechtsordnung des Drittstaats kann nach Rijpma/Cremona im Kontext der Migration in drei Formen auftreten: Erstens als autonome EU-Politiken, allerdings mit Auswirkungen auf Drittstaaten – beispielsweise Visa-Politiken und Carrier Sanctions106 und die Etablierung von Frontex.107 Zweitens findet Extraterritorialisierung in Form von externen Aktionen der EU durch internationale Vereinbarungen mit Drittstaaten statt, wobei es hier auf das Kooperationsverhältnis mit den Drittstaaten ankommt.108 Als Beispiele werden die Einrichtung von regionalen Schutzzentren109 und die Festlegung von sicheren Herkunftsstaaten, die Einsetzung von Verbindungsbeamt:innen für Einwanderungsfragen110 (ILO) und der Abschluss von Rückübernahmeabkommen genannt.111 Die dritte Form der Extraterritorialisierung ist die tatsächliche Übertragung des EU-Acquisauf Drittstaaten.112

2.Outsourcing und Offshoring

Beim hier interessierenden Migrationsmanagement soll nicht nur diese externe Dimension von Migrationspolitiken erfasst, sondern gleichzeitig auch die Übertragung dieser Politiken auf staatliche und nicht-staatliche Akteur:innen in den Blick genommen werden. Hierfür muss Ersteres auch begrifflich genauer gefasst werden. Daher wird in dieser Arbeit die externe Dimension der europäischen Migrationspolitik anhand eines Begriffspaares dargestellt, das mit Gammeltoft-Hansen113 und Buckel114 als »Outsourcing« und »Offshoring« bezeichnet werden soll. Outsourcing und Offshoring

»[…] lassen sich als konkrete raum-zeitliche Strategien ausweisen, das heißt als Techniken des neoliberalen Sicherheitsdispositivs. Sie entstammen dem ökonomischen Diskurs und beschreiben ursprünglich Strategien transnationaler Unternehmen, eigene Kosten zu senken und rechtliche Beschränkungen auszuweichen: in Form von Auslandsverlagerung (Offshoring) sowie durch die Auslagerung von Unternehmensaufgaben an Drittunternehmen (Outsourcing). Es handelt sich also um strategische Praxen der sozialräumlichen Neuausrichtung mit dem Ziel, bestehende Kräftekonstellationen zu umgehen und Profitmargen zu erweitern. Übertragen auf die Grenzpolitiken bedeutet demnach Offshoring die weitgehende Verlagerung der spanischen Grenzkontrolle in die Küstengewässer und Grenzgebiete Nord- und Westafrikas oder auf die Hohe See, während Outsourcing für die Übertragung dieser Politiken – bzw. ihrer Umsetzung – an die afrikanischen Regierungen steht.«115 

Hierbei muss einschränkend beachtet werden, dass ökonomisch bedingte Auslandsverlagerungen und das Übertragen von Unternehmensaufgaben eine in irgendeiner Weise geartete Koordination und Vertrauen zwischen Outsourcer:in und der externen Entität beinhalten muss.116 Nicht so in der Migrationspolitik, da hier – siehe nur die Visa-Regelungen – völlig unabhängig, allerdings mit deutlichen Effekten auf Drittstaaten, Politiken formuliert werden können.117

Zur präzisieren Erfassung der externen Dimension erscheint es wichtig, Offshoring und Outsourcing weiter zu untergliedern. Dazu eignet sich der Ansatz von Papadopoulos, der die Off-shoring-Strategie (er nennt es »externalization of migration policies«118) nochmals in drei Kategorien unterteilt.119 Erstens gehe es in der externen Dimension der Migrationspolitik um »Remote Control«. Die zweite mögliche Unterteilung erfolgt mit der Strategie der »RemoteProtection«, hier legt die Migrationspolitik besondere Gewichtung auf die extraterritoriale Dimension des Flüchtlingsschutzes. Und drittens beinhaltet nach Papadopoulos die Offshoring-Strategie die Schwerpunktlegung aufKapazitätenbildung in bestimmten Herkunfts- und Transitstaaten, welche insbesondere Wissenstransfer, Überwachungstechnologie und -ausrüstung umfasst.120 Um sich völkerrechtlichen, flüchtlingsrechtlichen und menschenrechtlichen Verantwortlichkeiten zu entziehen, sourct die europäische Migrationspolitik Maßnahmen nicht nur an Regierungen, sondern auch an internationale Organisationen und private Akteur:innen aus. Die Outsourcing-Strategie wird in dieser Arbeit daher so in den Blick genommen, dass sie die Akteur:innen des Migrationsmanagements neben den Regierungen um die der internationalen Organisation erweitert.

Im folgenden Kapitel werden diese Praxen des europäischen Migrationsmanagements anhand von Beschlüssen des Europäischen Rats, des Rats der EU und der Kommission sowie einer Auswertung der wissenschaftlichen Literatur konkretisiert und unter dem Begriff des »Neo-Refoulement« neu gefasst.

1Auch Jakob/Schlindwein: Diktatoren als Türsteher Europas, bezeichnen die europäische Migrationspolitik als Migrationsverhinderungspolitik.

2Wenn in dieser Arbeit im Rahmen des Offshoring von Grenze und Grenzverschiebungen gesprochen wird, dann geschieht dies bezüglich ihrer Funktion als Differenzierungslinie für die Bewegung von Personen. Die Grenze ist der Ort, an der eine Kontrolle entscheidet, ob Menschen passieren dürfen oder nicht; Guild: The Border Abroad, S. 87. Dies bedeutet, dass Grenze in dieser Arbeit nicht (mehr) das physische Territorium der europäischen Mitgliedstaaten – die Grenzen der EU beziehen sich in dieser Arbeit auf die Grenzen des Schengen-Besitzstandes (VO (EG) 562/2006) – beschreibt, sondern den Ort der Migrationskontrolle (dazu auch Torpey, der einen Zusammenhang zwischen der Durchsetzung staatlicher Ordnungen und einer hoheitlichen Entscheidungsgewalt über Grenzübertritte sieht, Torpey: The invention of the passport, S. 4). Guild: The Border Abroad, S. 87, schreibt: »In both law and practice this border, the border which takes the form of control, for the movement of persons to and within Europe is no longer consistent with the edges of the physical territory of the Member States.« Diese Transformation und Expansion nationaler Grenzen seit dem späten 19. Jahrhundert in Verbindung mit der ansteigenden internationalen Mobilität von Menschen(zum Zusammenhang siehe Geiger: The Transformation of Migration Politics)und der Entstehung der externen Dimension der europäischen Migrationspolitik ist Voraussetzung eines effektiven Migrationsmanagements (Geiger: Policy Outsourcing and Remote Management).

3Moreno-Lax spricht hier von »contactless control«, Moreno-Lax: The Architecture of Functional Jurisdiction.

4Zur Entwicklung europäischer Migrationspolitik Weiß/Satzger: EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 67 Rn. 1-24; Röben, Das Recht der Europäischen Union, 73. EL Mail 2021, AEUV Art. 67 Rn. 1-5.

5Weiß/Satzger: EUV/AEUV, AEUV Art. 68 Rn. 3.

6Ebenda.

7Angenendt/Parkes: EU-Migrationspolitik nach Lissabon und Stockholm.

8 Europäischer Rat (Tampere), Schlussfolgerungen des Vorsitzes, 15.-16.10.1999, Rn. 10ff.

9Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, 14292/1/04, Anlage 1, Punkt 1.6.2.

10Ebenda; ausführlich zu den einzelnen Maßnahmen Jahn/Maurer/Oetzmann et al., Asyl- und Migrationspolitik der EU.

11Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, 14292/1/04, Anlage 1, Ziff. 1.7.

12 Europäischer Rat (2010/C 115/01), Das Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger.

13 Europäischer Rat (2010/C 115/01), Das Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger, S. 33.

14Ebenda.

15 KOM(2015) 240 endg.

16 Die Kommissionsprioritäten lauten: Beschäftigung, Wachstum und Investition; Digitaler Binnenmarkt; Energieunion und Klimaschutz; Binnenmarkt; eine vertiefte und fairere Wirtschafts- und Währungsunion; eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik – der Schlüssel zur Bewältigung der Globalisierung; Justiz und Grundrechte; Migration; Mehr Gewicht auf der internationalen Bühne; Demokratischer Wandel; Politische Leitlinien der Kommission 2014-2019, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/commission/publications/president-junckers-political-guidelines_de (letzter Zugriff am 14.12.2018).

17 KOM(2015) 240 endg., S. 8ff.; in der englischsprachigen Version heißt es: »to manage migration better«, S. 6; und in der französischsprachigen Version: »une meilleure gestion des migrations«, S. 8 (Hervorgebungen N.A.).

18Siehe dazu Kasparek: Migration Politics and Policies in the European Union.

19 EUCO 26/15 – Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (15.10.2015), S. 1.

20 Siehe dazu Rat der Europäischen Union: 9111/16 – Schlussfolgerungen des Rats (23.3.2016): Externe Aspekte der Migration und Rat der Europäischen Union: EUCO 1/16 – Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (19.2.2016), Rn. 8ff.; Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17/18.3.2016, Rn. 1-10; EU-Türkei Erklärung vom 18.3.2016; Europäischer Rat – Erklärung von Malta, 3.2.2017; EUCO 8/17 – Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 22/23.6.2017, Rn. 20ff.; EUCO 14/17 – Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19/20.10.2017, Rn. 1-6 (2016 und 2017 werden mit dem EU-Türkei-Deal zunächst die östliche Mittelmeerfluchtroute, mit der Erklärung von Malta und der darin vereinbarten Zusammenarbeit (Italiens) mit Libyen, die zentrale Mittelmeerroute geschlossen bzw. der Strom von Geflüchteten eingedämmt).

21KOM(2020) 609.

22Dazu, dass die Kommission gänzlich über das Ziel hinausschießt und sich mit diesem Vorschlag final von rechtsstaatlichen (Asyl-)Verfahren an der Grenze verabschiedet und dabei gleichzeitig auf die offensichtlich nicht funktionierende Hotspot-Struktur aufbaut, siehe auch Markard:Paper doesn’t blush.

23Vorschlag zur Verordnung über Asyl und Migrationsmanagement, KOM(2020) 610.

24KOM(2020) 610, S. 3.

25Ebenda, S. 4.

26KOM(2020) 610, S. 1.

27Jong/Dannecker: Managing Migration with Stories?, S. 75.

28 In der englischen Version heisst es: »Management of migration flows«, in der französischsprachigen Version: »Gestion des flux migratoire« – Arbeitsbegriff dieses Projekts ist »Management« der Migration, wobei davon ausgegangen wird, dass insbesondere die Begriffe »Management« und »Steuerung« durch die Kommission synonym verwendet werden. Dabei wird bedacht, dass Begriffe diskursiv entstehen und ihre Bedeutung daher schon immer auch mitproduzieren. Zum Begriff »Managing Migration« als neoliberales Hegemonieprojekt im Kontext des Blue-Card-Regimes siehe Buckel: »Managing Migration«. Für den Begriff der Migrationssteuerung als rechtlichen Rahmen für die Steuerung von Arbeits-, Familien- und Fluchtmigration siehe Bast: Aufenthaltsrecht und Migrationssteuerung.

29KOM(94) 23 endg., S. 21.

30Geiger: Ideal partnerschift or marriage of convenience?, S. 1651.

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