New Yorker Notizen - Petra van Laak - E-Book

New Yorker Notizen E-Book

Petra van Laak

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Der Geheimtipp für die New York Reise: eine geniale Einstimmung auf den Big Apple, unterhaltsam geschrieben, scharf beobachtet, voller Insider Tipps und Empfehlungen. Die New Yorker Notizen machen Lust auf eine Städtereise nach New York und wecken Sehnsucht auch bei denjenigen Lesern, die niemals nach New York City wollten. Mit zahlreichen Reiseinfos zu Insider Places – für alle, die eine New York Reise planen, Kurztrip, Wochenendreise oder 1 Woche New York. Für alle, die wie die Autorin das Flanieren in fremden Städten schätzen. Bester Reiseführer, Reisebericht, Reisetipps für New York – wenn man abseits vom Mainstream unterwegs sein will.

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Petra van Laak

New Yorker Notizen

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

New Yorker Notizen

Für Roger

Was zuvor geschah

Erster Preis: Flug nach New York, drei Tage Aufenthalt in einem Luxushotel, für zwei Personen. Große Freude! Die Kurzgeschichte „Das dritte Leben“ wurde von der Jury des Literarischen Wettbewerbs mit dem ersten Preis belohnt. Einige Monate später sitze ich mit meinem New York-erfahrenen Begleiter im Flieger nach New York, er hat sich gegen die Mitbewerber (meine Sprösslinge) auf charmante Weise durchsetzen können. Wir haben drei Tage zum vom Auslober des Wettbewerbs gestifteten Aufenthalt dazugeschaltet und werden die ersten Nächte in Brooklyn wohnen, um uns später upzugraden auf meinen Hauptgewinn: das Waldorf Astoria in Manhattan. Eine ganze Woche New York!

Burger in America

Montag, 29. September 2014

 

Angekommen, aus dem Flugzeug hinaus, die Gliedmaßen notdürftig gestreckt, in den Terminal hinein, und dann: warten. Die Menschen sehen aus wie Kinogänger nach der Vorstellung: leicht benommen, Unsicherheit im Blick, manchmal auch verlegen, weil sie spüren, dass die im dunklen Lichtspielsaal erlebten Gefühle noch in ihren Gesichtszügen stecken. Hier in der Schlange vor den Immigration Officers stehen wir ähnlich unschlüssig herum, unsere Leuteschlange links und rechts sanft in Form gebracht durch die flexiblen schwarzen Absperrbänder, die immer mal wieder nach einem für mich nicht durchschaubaren Prinzip umgesteckt werden und die Massen anders mäandern lassen.

 

Man hat ja viel gehört über die komplizierten Schritte gleich bei der Ankunft, bei der Einreise in die USA. Wir wollen nur sieben Tage bleiben, und im Bekanntenkreis gab es zur Einreiseprozedur eine Handvoll guter Ratschläge: Keine Witze machen, an der richtigen Stelle das Kreuzchen machen („Nein, ich gehöre keiner terroristischen Vereinigung an.“), nur reden, wenn man gefragt wird, Pass an der richtigen Stelle aufgeschlagen halten usw. (Ich fühlte mich an die Ausflüge nach Ostberlin zu DDR-Zeiten erinnert.)

 

Das Erste, was ich von der Immigration zu sehen bekam, war eine Art Box, in der ein farbiger Officer hockte, seine linke Hand steckte in einem quietscheblauen Sanitäter-Handschuh, und mit dieser Hand hielt er über den Tresen hinweg die Hand einer älteren Einreisenden. Er hielt sie vorsichtig, geradezu zärtlich, er hielt sie ziemlich lang und bewegte sie sanft hin und her. Ab und zu drehte er sie nach unten, bog sie leicht – nun erst sah ich, dass er die alte Frau freundlich anleitete, wie sie ihre Finger zu platzieren hatte, damit er digitale Fingerabdrücke abnehmen konnte. Wenn das die bösen Einreisebeamten sein sollten, well, willkommen in Amerika!

 

Mein Begleiter und ich gerieten an einen Officer mit anscheinend asiatischem Migrationshintergrund, ein Blick in die Pässe, Abgleich der Namen mit Personen, und darauf sprach er den Namen meines Begleiters so richtig schön amerikanisch aus, so dass ich mich sofort in die Mad Men-Serie versetzt fühlte – hach ja, wir waren jetzt wirklich in New York!

 

Die Fahrt mit einem Yellow Cab vom JFK Airport nach Brooklyn zu unserer ersten Hotelstation, immer eine große Avenue westwärts, durch eine merkwürdige Vorstadtgegend, bestehend aus Autogaragen, heruntergekommenen Wohntürmen, Waschanlagen, Werkstätten, alles staubig, alles oll und kaputt, dennoch voller Leben, viel Verkehr, aus den Autos (blitzeblank geputzt, dunkle Scheiben, kräftige junge schwarze Männer hinterm Steuer) dröhnte extrem laute Hip-Hop-Musik. Ein wenig kleinlautes Gefühl: hier der unwissende, weiße Europäer im Taxi, dort am Straßenrand black und jewish Business, Durcheinander, Dreck und überall dieser KRACH.

 

Wir werden am Union Hotel abgesetzt, Degraw Street, nicht weit von der Stelle entfernt, wo sich Atlantic und Flatbush Avenue kreuzen. Das Hotel: winzig. An der Rezeption, die aus einem 50 cm breiten Desk besteht, der sich direkt hinter der Eingangstür befindet, steht ein hilfsbereiter, gut gelaunter Hotelangestellter, dessen Englisch schlechter ist als unseres. Wir stolpern durch die schmalen Flure hinter ihm her, rein ins Zimmerchen, Tür zu, über die Koffer steigen, um zum Fenster zu gelangen. Eigentlich muss man sich beim Betreten des Zimmers entscheiden: Geh ich ins Bad oder geh ich ins Bett? Das Fenster: eines dieser typischen breiten Fenster, die man zum Öffnen hochschiebt. Mein Begleiter stemmt es für mich in die Höhe, ich lehne mich hinaus: Edward Hopper hätte diese Aussicht nicht besser konstruieren können. Mit dem leichten Kribbeln im Nacken (was ist, wenn das Fenster nun doch runtersaust?) betrachte ich die Szenerie. Dunkelroter Backstein überall, verblasste Schriftzüge über Garageneinfahrten, rostige Wasserbehälter auf staksigen Eisenbeinen, irgendwo zwischen den flacheren Bauten ein windschiefes Mietshaus wie ein Fels-Monolith aufragend. Genau in diesem Haus gehen nachts die Lichter an, gelbe Fenster schimmern heimelig über den schwarzen Lagerhäusern, mit denen diese Area hier gepflastert ist.

 

Unten im Basement steht ein Kaffeeautomat und ein kleiner Kühlschrank, der ausschließlich Eiswürfel produziert und diese in einer Klappe den Gästen großzügig zur Verfügung stellt. Klasse! Nun will ich aber das Amerika-Feeling pur haben. Der nächste Liquor Store wird angesteuert, Sterling Grapes and Grains, auf der Brooklyner (!) 5th Avenue. Dort verkaufen uns zwei Chinesinnen mit Dauerlächeln eine Pulle Jack Daniel‘s. Zurück ins Hotel, ich hole aus dem Basement eine Schüssel Eiswürfel, mein Begleiter behauptet, dass die Zahnputzbecher aus Kunststoff im Grunde Bourbon-Gläser seien, und ab geht die Luzie. Die Würfel klimpern im Becher, der Whiskey rinnt sanft die Kehle runter, wir starren auf die Hopper-Gegend und fühlen uns SO American.

 

Langsam werden wir müde, nein, nicht um 20.00 Uhr Eastern Standard Time das Handtuch werfen, wir streunen also los, es ist ganz warm draußen, eher Sommer als Herbst. Wir laufen zur Atlantic Avenue, der Hunger meldet sich auch. Am Ende der Straße leuchtet unwirklich ein gigantisches Hochhaus – gestaffelter Gebäudekörper, ganz oben eine riesige Turmuhr, hat was von Orson Welles’ Citizen-Kane-Ästhetik. Oben neogotisches Brimborium, unten selbstbewusste Jahrhundertwende-Stahlkonstruktion: die ehemalige Williamsburgh Savings Bank, erbaut in den späten 20er Jahren, vor sieben Jahren in ein Luxus-Apartment-Gebäude umgewandelt, in dessen Nebengebäude die Brooklyn Academy of Music (BAM) ihr Zuhause und ihre Spielstätte hat. Ein paar Männer in Business-Anzügen werden vom Atlantic Terminal ausgespuckt und laufen direkt ins imposante Gebäude hinein, ein schneller Blick in die Post-Box, am gelangweilten Portier vorbei, und über die Jugendstil-Aufzüge lassen sich in ihre gestylten Wohnungen beamen und blicken auf die Red Brick Buildings, zwischen die sich unser Hotel duckt.

 

Wir gehen in einen quirligen Laden rein, eine Sportsbar, Mullanes Bar & Grill, in der wir begrüßt werden, als seien wir seit Jahren die besten Freunde (das geht uns in fast jedem Laden so, und ich kann mich nicht daran gewöhnen). Wir werden platziert (bloß nicht von alleine einen Tisch ansteuern, das ist ein grober Verstoß gegen die Gastro-Regeln in den USA), es ist ein table for two am Fenster. Über der Bar sind fünf Riesen-Bildschirme angebracht, auf denen Football gezeigt wird. Ich verstehe nichts, mein Begleiter starrt verzückt auf die Displays, mittlerweile kommt Mick, der sich als für uns zuständig erklärt. Wir bekommen ein Brooklyner Beer, frisch gezapft (gibt mir zusammen mit dem Jetlag den Rest), dazu empfiehlt er den House-Burger – klar, nehmen wir. Wir warten auf unser Essen, mein Begleiter guckt Sport, ich gucke aus dem Fenster. Ich sehe zwei Meter von mir entfernt einen Maschendrahtzaun. An diesem Zaun lehnt, nein, hängt ein Schwarzer mit abgerissenen Klamotten und einer Strickmütze auf dem Kopf (wir haben ungefähr 22 Grad), seine Hände krallt er in den Zaun wie ein Lampedusa-Ankömmling, und er guckt gebannt durch das Fenster, durch unser Fenster, um das Football-Spiel mitzuverfolgen. Er steht da ruhig, zufrieden, und ich schäme mich, als ich in meinen Burger beiße (ausgezeichnet!), die french fries knabbere, mich SO American fühle. Ich kapituliere vor dem Jetlag, krabble von meinem Sitz herunter und lasse mich auf wackeligen Beinen von meinem Begleiter zurück ins Hotel führen. Boing, ins Bett, ein letzter Hopper-Blick aus dem Fenster, ich nehme noch wahr, dass gegenüber eine Kühlanlage dröhnt (Seafood Depot, Premium Food Inc.), ich sinke in einen komischen Schlaf – und wache um 4.30 Uhr auf. Nichts zu machen. Hellwach. Ob ich aus dem Basement noch einmal Eis ...?