Duden Ratgeber – Clever texten fürs Web - Petra van Laak - E-Book

Duden Ratgeber – Clever texten fürs Web E-Book

Petra van Laak

0,0

Beschreibung

Wie mache ich mein Unternehmen bekannt? Wie überzeuge ich meine Kundschaft? Wer heute ein Business aufmacht, weiß, der Online-Auftritt ist entscheidend. Ob Sie ein Restaurant eröffnen, eine Tischlerei betreiben oder sich als Grafikerin selbstständig machen - die gut gestaltete und getextete Webseite, der aktive Facebook-Auftritt oder der Blog, in dem Sie mit Fachwissen punkten, trägt entscheidend zu Ihrem Erfolg bei. Mit vielen Beispielen aus unterschiedlichen Branchen und unterhaltsamen Storys aus dem Textagentur-Alltag. 2. aktualisierte Auflage.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 278

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Clever texten fürs Web

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Das Wort Duden ist für den Verlag Bibliographisches Institut GmbH als Marke geschützt.

Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet.

Soweit in diesem Buch Personen erwähnt und ihnen von der Redaktion fiktive Namen, Berufe, Dialoge und Ähnliches zugeordnet oder diese Personen in bestimmte Kontexte gesetzt werden, dienen diese Zuordnungen und Darstellungen ausschließlich der Veranschaulichung und dem besseren Verständnis des Inhalts.

Der Verlag und die Autorin übernehmen keine Verantwortung für die im Service-Teil angegebenen Organisationen und Webseiten. Alle dort angegebenen Webseiten wurden vor Drucklegung sorgfältig geprüft. Der Verlag übernimmt keine Gewähr für die Aktualität und den Inhalt dieser Seiten oder solcher, die mit ihnen verlinkt sind.

© Duden 2021

Bibliographisches Institut GmbH, Mecklenburgische Straße 53, 14197 Berlin

Redaktionelle Leitung Susanne Klar

Herstellung Alfred Trinnes

Layout und Satz Britta Dieterle, Berlin

Illustrationen Jörg Metze, Berlin

Umschlaggestaltung 2issue, München

Umschlagabbildung © pixome/ Shutterstock.com

E-Book-Herstellung und Auslieferung readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

ISBN 978-3-411-91340-4 (E-Book)

ISBN 978-3-411-75657-5 (Buch)

www.duden.de

VORBEMERKUNG

Dieser Tatgeber erschien zuerst 2017. Das Web ist in stetem Wandel. So hat z. B. der Snapchat-Kanal an Bedeutung verloren, Instagram dagegen hat mächtig aufgeholt. Es lag nahe, für eine weitere Auflage von »Clever texten fürs Web« das Buch neu zu überarbeiten. Auch Sprache ändert sich. Gendersensible Formulierungen sind mittlerweile gang und gäbe – auch das haben wir in der Neuauflage berücksichtigt. Was sich nicht verändert, ist der Anspruch von Lesenden an gute, griffige und verständliche Texte. Deshalb gibt es diesen Tatgeber ja. Viel Vergnügen beim Schreiben!

Sofern keine Quelle angegeben ist, sind die Beispiele und Namen frei ersonnen. Die Storys »Aus der Agenturpraxis« speisen sich aus dem Erfahrungsschatz der Agentur Text: van Laak, sind jedoch alle gewissenhaft verfremdet. Wer sich trotzdem erkannt fühlt, möge sich unter Angabe der entsprechenden Buchseite bei der Autorin melden – diejenige Person bzw. das Unternehmen erhält ein signiertes Exemplar dieses Buches.

INHALT

 Ab ins Web!

GRUNDLAGEN FÜRS SCHREIBEN

Kapitel 1: Wer bin ich und für wen schreibe ich?

Kapitel 2: Basisregeln für gute Texte

Kapitel 3: Abwechslungsreich schreiben

WEB-TEXTE UND IHRE BESONDERHEITEN

Kapitel 4: Die drei Grundregeln der Lesbarkeit

Kapitel 5: Elemente, die Strukturen schaffen

Kapitel 6: Kurz zum Thema SEO

Kapitel 7: Links, Buttons, Reiter und so weiter

WIE SCHREIBE ICH FÜR WELCHEN KANAL?

Kapitel 8: Die Unternehmenswebsite

Kapitel 9: Blog-Texte

Kapitel 10: Facebook

Kapitel 11: Twitter

Kapitel 12: Instagram

Kapitel 13: Xing, LinkedIn u. a.

Kapitel 14: WhatsApp, Support-Chats u. a.

Kapitel 15: E-Mails

Kapitel 16: Newsletter

Kapitel 17: Shops

WISSEN VERTIEFEN

Kapitel 18: Storytelling wirkungsvoll einsetzen

Kapitel 19: Von den Profis abgucken

Kapitel 20: Content-Marketing im Blick behalten

Kapitel 21: Rebellion versus Konvention

ANHANG

 Literaturverzeichnis

 Register

AB INS WEB!

Mal eben einen Produkttext für die Website schreiben, einen Facebook-Post fürs Unternehmen verfassen, sich um den nächsten Newsletter kümmern –zahlreiche Kommunikationsaufgaben im Unternehmen haben heute mit Texten fürs Web zu tun. Aber einen fest angestellten Texter gibt es nicht, auch keine Social-Media-Managerin, geschweige denn Profis fürs Online-Marketing. Helfen wir uns eben selbst. Genau dafür ist dieses Buch gedacht. Und weil ich der Meinung bin, dass ein solches Buch praxistauglich sein muss, spreche ich hier nicht von einem Ratgeber, sondern von einem Tatgeber.

Wie Sie diesen Tatgeber nutzen

Jedes Kapitel steht für sich, sodass Sie nicht eines nach dem anderen lesen müssen – übrigens ein Leseverhalten, das dem der Nutzerin im Web entspricht. Unter der Rubrik »Linkliste« führe ich Links auf, die Ihrem Businessalltag als Einzelunternehmer, KMU, Selbstständige oder Existenzgründer am besten entsprechen. Nur selten werden Sie in den Linklisten aufwendig programmierte Webauftritte von Unternehmensgiganten finden.

In der Rubrik »Aus der Agenturpraxis« finden Sie kleine Geschichten aus dem Alltag der (kleinen) Kommunikationsagenturen. Wenn Sie von Story zu Story springen, bekommen Sie ein Gefühl für die Themen in diesem Buch. Der Rest ist selbsterklärend: Es gibt jede Menge Beispiele. In den Tabellen finden Sie Besser-nicht-lieber-so-Varianten von Formulierungen aus allerlei Kontexten. Es gibt keine einheitliche Web-Sprache, jedoch Web-Konventionen. Mit diesen Konventionen mache ich Sie in diesem Buch vertraut. Dabei gilt: Texte sind immer kontextabhängig. Logisch, dass wir hier immer von Gebrauchstexten sprechen und nicht von Literatur.

Wenn ich Regeln aufstelle, sind diese immer angreifbar. Wie überall gibt es auch im Bereich des Textens unterschiedliche Meinungen zum selben Sachverhalt. Dieses Buch speist sich aus dem Erfahrungswissen meiner Kommunikationsagentur. Hier steht das, was ich weiß und gelernt und erfahren habe.

Lesefreundlichkeit versus Suchmaschinentauglichkeit

Keine Sorge, dieses viel beschworene Dilemma ist nicht so groß, wie viele denken. Es kommt in erster Linie darauf an, dass die Texte richtig gut sind. Noch mal: dass die Texte richtig gut sind. Im Zweifelsfall schreiben Sie immer für die Leserin, nicht für irgendwelche Maschinen. Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist wichtig, aber unterwerfen Sie sich ihr nicht beim Schreiben. Die Suchmaschinen sind (noch) schlauer geworden und belohnen gute Inhalte, also vergessen Sie die stressige Fixiertheit auf Keywords (Schlüsselwörter, Suchbegriffe). Viel höher ist die Ehrlichkeit eines Textes und seiner Inhalte zu bewerten. »Sie bzw. Ihr Unternehmen als Marke« – das schafft Vertrauen. Deswegen lege ich in diesem Buch den Schwerpunkt aufs webtaugliche Schreiben und nicht auf die einzelnen Web-Technologien. Dieser Tatgeber ist kein Buch über SEO oder Content-Marketing. Na gut, zwei Kapitel widme ich der Sache schon. Es ist spannender und einfacher, als Sie denken.

Das Web mit Texten besser machen

Die Möglichkeiten der digitalen Welt haben unsere Kommunikation verändert. Vieles wurde hektischer, kürzer, atemloser. Aber die Online-Kommunikation hat sich gewandelt. Userinnen verlangen selbstbewusst nach guten Inhalten und guten Texten. Und dieser Tatgeber wird Ihnen dabei helfen, anständige Sätze für Ihren jeweiligen digitalen Kanal zu formulieren und dazu beizutragen, mehr Qualität in die digitale Kommunikation zu bringen.

Schreiten wir also zur Tat!

Erquickliches Lesen wünscht Ihnen

Petra van Laak

Grundlagen fürs Schreiben

Viele Unternehmenschreiben für sich selbst (Wir sind so toll!) statt für ihre Zielgruppe (Das können Sie erwarten.).

Kapitel 1

Wer bin ich und für wen schreibe ich?

Sie hatten es doch nur gut gemeint. Die Führungsriege eines Elektrogeräte-Herstellers produziert ein Video, in dem sie den Kunden erklärt, wie fantastisch ihre Küchengeräte sind. Was später auf der Facebook-Seite des Unternehmens gepostet wird, sorgt für Lachsalven im Web. Anstatt den Kühlschrank, den Herd, den Backofen in einfachen Worten zu erklären, ist von »Consumer Centricity«, von »Remote-Diagnostic« und von »Storagemanagement« die Rede.

 

Und mit diesen Zungenbrechern haben selbst die Frauen und Männer im Businessoutfit so ihre liebe Mühe. Wären wir als Verbraucher – nämlich die Zielgruppe des Videos – beim Dreh dabei gewesen, hätten wir empfohlen, die Dinge in unserer Alltagssprache auszudrücken und den Produkten Namen zu geben, die wir verstehen. Der Herd lässt sich aus der Ferne warten. Ist der Kühlschrank leer, gibt er ein Zeichen. Und so weiter. Wie kommt es nur, dass immer wieder an der Zielgruppe vorbeiformuliert wird?

 

WER BIN ICH?

Die Vorzüge des eigenen Unternehmens, die Besonderheit der angebotenen Produkte und Services, die Motivation – all das sollten Sie gut kennen, bevor Sie für Ihre Kundinnen lesefreundliche Texte verfassen. Es gibt ein simples Schema, das die Markenspezialistin Alina Wheeler entwickelt hat: Sie stellt in ihrem lesenswerten Buch »Designing Brand Identity« vier schlichte Fragen, auf die Sie um Ihrer Kunden willen schlichte Antworten finden sollten (Wheeler, Seite 2).

1. Who are you? – Wer bist du?

2. Who needs to know? – Wer sollte das wissen?

3. Why should they care? – Warum sollte die das interessieren?

4. How will they find out? – Wie werden sie davon erfahren?

Beispiel   Frau Gönül betreibt einen Pflegedienst. Sie beantwortet die vier Fragen so:

1. Wir sind ein Pflegedienst für Ältere und für Menschen mit chronischen Krankheiten.

2. Ältere Menschen, Kranke und deren Angehörige.

3. Wir sind ein mehrsprachiges, internationales Pflegeteam (deutsch, türkisch, arabisch, englisch, französisch) und kennen die jeweiligen kulturellen Hintergründe in den Haushalten aus eigener Erfahrung.

4. Wir haben eine Internetseite, sind in den gängigen Pflegedienstportalen gelistet und informieren direkt in den Stadtteilen über die Plattform nebenan.de und auf Kiezfesten.

Klare Antworten, einfache Worte, verständliche Formulierungen und kein »sensitive day care program« oder ähnlich vernebelnde Formulierungen.

In den Antworten steckt viel Material, mit dem Frau Gönül ihr Unternehmen vermarkten kann. Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen:

»Wer bist du?« beantwortet die Frage nach dem Geschäftsmodell. »Wer sollte das wissen?« definiert die Zielgruppe. »Warum sollte die das interessieren?« benennt das Alleinstellungsmerkmal (USP, Unique Selling Proposition) und »Wie werden sie davon erfahren?« beschreibt die Kommunikationskanäle, durch die das Unternehmen nach außen auftritt.

Können Sie diese vier Fragen mit der gleichen Deutlichkeit für Ihr Unternehmen beantworten, dann haben Sie die perfekte Basis, um mit dem Schreiben loszulegen. (Sollten Sie zufällig Kühlschränke bauen, wissen Sie jetzt, dass ein Begriff wie »Storagemanagement« für Ihre Zielgruppe keine Freude ist.)

Links

Diese Unternehmen beantworten die Kernfragen nach Wheeler offen und klar – der Besucher dieser Seiten weiß, woran er ist.

Industrie-Dienstleister: asn-germany.com

Apotheke: alhorn-apotheken.de

Werbeagentur: wolffolins.com

Gemeinnützige Organisation: sea-watch.org

Mehr zu Alina Wheeler: designingbrandidentity.info

FÜR WEN SCHREIBE ICH?

Es gibt einige Modelle, mit denen Zielgruppen beschrieben und definiert werden. Vielleicht haben Sie schon einmal von der Zielgruppentypologie »Sinus-Milieus®« gehört oder von der »Limbic Map®«? Diese Einteilungen von Kunden in unterschiedliche Typen sind spannend – können aber auch verwirren. Für manche kleinere Unternehmen sind sie eine Nummer zu groß. Deswegen empfehle ich einen pragmatischen Ansatz: Sie schreiben entweder für Menschen, die stärker auf Daten und Fakten ansprechen (die Faktenhungrigen); dies ist natürlich im Kontext Ihres Angebots zu sehen. Oder Sie schreiben für Menschen, die Sie mit Ihren Produkten und Services auf der emotionalen Schiene besser erreichen (die Gefühlsbetonten). Diejenigen, die in keine der beiden Kategorien passen, bilden den Rest. Für diese schreiben Sie natürlich auch, konzentrieren sich jedoch beim Verfassen von Texten stärker auf eine der beiden definierten Zielgruppen.

Eine Einteilung in verschiedene Gruppen bringt (bewusst!) Schubladendenken mit sich. Wir brauchen das an dieser Stelle, um ein Gefühl für die einzelnen Zielgruppen entwickeln zu können. Diversität ist bedeutsam und nötig – beim internen Schärfen der Kundenprofile darf jedoch mit Klischees gearbeitet werden.

ZIELGRUPPEN UND IHR PROFIL

Zielgruppe

Profil

Faktenhungrige

lesen Stiftung Warentest, fahren ein Auto mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis

Traditionsbewusste

lesen die Frankfurter Allgemeine Zeitung, fahren eine deutsche Automarke

Gefühlsbetonte

lesen das Landlust-Magazin, fahren einen Oldtimer oder Mini

Innovationsbegeisterte

lesen Business-Punk, fahren ein Elektroauto

Konsum-Immune

lesen Spiegel Online, nutzen Carsharing oder fahren eine Schrottschüssel

Alltagspraktiker

lesen die regionale Zeitung, fahren ein Nutzfahrzeug oder ein Auto, in das mehrere Personen reinpassen und mit dem man etwas transportieren kann

Ahnungslose

hören Radio, fahren den erstbesten Gebrauchten

Sparen Sie sich die feinen Verästelungen der Zielgruppenbestimmung und konzentrieren Sie sich beim Schreiben auf die beiden Hauptgruppen »faktenhungrig« und »gefühlsbetont«. Erstens erreichen Sie damit bereits den Großteil Ihrer Leserinnen und zweitens lenkt Sie dieser einfache, praxistaugliche Ansatz nicht vom Formulieren ab. Im Folgenden wird – grob gesprochen – gezeigt, wie Texte für die beiden Zielgruppen grundsätzlich beschaffen sein sollten.

Links

Hier finden Sie komplexe Zielgruppentypologien:

Limbic®-Ansatz: haeusel.com/limbic/

Sinus-Milieus®: sinus-institut.de

Was brauchen die Faktenhungrigen?

Für die Faktenhungrigen steht die Information im Vordergrund. Sie erreichen sie am besten mit Zahlen und Daten und relevanten Details und einem sachlichen Sprachstil. Ausgedehnte Beschreibungen lenken aus ihrer Sicht nur vom Inhalt – den Fakten – ab. Verzichten Sie auf blumige Beschreibungen, aber sprechen Sie ruhig alle Wahrnehmungssysteme des Lesers an (SKapitel 3).

Beispiel   Frau Johnson handelt mit Materialien für den Tiefbau. Ihre Zielgruppe: Bauleiterinnen, Architekten, Bauträgerinnen, kommunale Bauämter. Frau Johnson sieht diese Menschen in Bezug auf Baumaterialien in der Gruppe der Faktenhungrigen. Sie schreibt einen Text für die Startseite ihrer Unternehmenswebsite:

Betonrohre für den Tiefbau, Durchmesser von 5 bis 300 cm, bewehrt und unbewehrt. Fragen Sie die Tiefbau-Profis von unserer Hotline, welche Rohrform und Belastungsklasse sich am besten für Ihr Vorhaben eignen. Alle Produkte entsprechen den DIN-Normen.

Frau Johnson hat alle entscheidenden Fakten untergebracht. Sie hat darauf geachtet, die Sie-Perspektive zu nutzen (S Seite 131). Natürlich kann man auch über Betonrohre ins Schwärmen geraten – aber nicht auf der Startseite der Unternehmenswebsite, sondern lieber in einer Imagebroschüre.

Was brauchen die Gefühlsbetonten?

Für die Gefühlsbetonten steht das Erlebnis im Vordergrund. Fakten dürfen Sie dieser Gruppe selbstverständlich nicht vorenthalten, jedoch sollten diese in einem Ambiente präsentiert werden, das eine Stimmung beim Leser erzeugt. Die Vorstellungskraft darf und soll angeregt werden, damit Bilder im Kopf entstehen, die emotional besetzt sind.

Beispiel   Frau Egger vertreibt Gartenskulpturen aus Marmor. Sie schätzt ihre Zielgruppe als gefühlsbetont ein. Sie verfasst einen Artikel für ihren neuen Blog »Gartenträume«:

Michelangelos Skulpturen in Ihrem GartenHinter den blühenden Buschrosen blitzt der weiße Marmor hervor, an dem edlen Profil des jungen Mannes kann man sich gar nicht sattsehen. Familie Sedlmayr hat sich den »David« geleistet, eine Gartenskulptur aus dem Hause Egger. Dabei war es nicht einmal eine große Anschaffung: Nur 199 € kostet eine in Italien gefertigte Original-Gartenskulptur …

Frau Egger hat Wörter benutzt, die das Kopfkino anwerfen: Gartenträume, Michelangelo, blühende Buschrosen, blitzt hervor, edles Profil usw. Damit erreicht sie die Gefühlsbetonten – und als kluge Geschäftsfrau platziert sie die Fakten gleich im Anschluss: Was kostet das, wo wird es hergestellt? Soso, Familie Sedlmayr kann sich das leisten – ich kann es demnach wohl auch?!

Links

Schauen Sie sich diese Webauftritte an und entscheiden Sie selbst, welche vor allem die Faktenhungrigen und welche die Gefühlsbetonten ansprechen.

Kosmetikinstitut: beautyspace.ch

Online-Shop: miteckenundkanten.com

Setbau: kaluza-schmid.de

Autopflege: liqui-moly.eu

Und zu guter Letzt ein gelungener Mix aus beidem, faktenhungrig und gefühlsbetont: hgc.ch/de/987/Baumaterial.htm

Meine kluge Kundin

Viele Unternehmen schreiben für sich selbst (Wir sind so toll!) statt für ihre Zielgruppe (Das können Sie erwarten.). Seien Sie einfühlsam: Stellen Sie sich Ihren Kunden als eine Ihnen gegenübersitzende Person vor. Sprechen Sie zu dieser Person in Ihrer ganz natürlichen Alltagssprache – diese Haltung wird Ihre Kundin als authentisch wahrnehmen.

Konzentrieren Sie sich auf den Leser, der ohnehin immer klüger ist, als Sie denken. Stellen Sie nicht Ihr fantastisches Unternehmen, das Angebot oder das Produkt in den Mittelpunkt. Wenn Sie dieses Grundprinzip beherzigen, brauchen Sie die meisten in diesem Buch aufgeführten »Lieber nicht / Besser so«-Tabellen gar nicht zu studieren. Im Folgenden finden Sie zwei Produktbeschreibungen einer schicken Brotschneidemaschine auf Facebook.

Lieber nicht (Wir-sind-so-toll-Perspektive)

Besser so (Das-können-Sieerwarten-Perspektive)

Unser nutzerfreundliches Design ermöglicht ein sicheres Schneiden des Brotes. Unser Ingenieur-Team hat sich für beständiges Material entschieden, das wir in unseren Laboren gewissenhaft auf Lebensmitteltauglichkeit getestet haben.

Mit dieser Maschine kann nichts passieren. Selbst Kinder können damit absolut sicher Brot schneiden. Und Sie haben lange etwas davon – Emaille und Gusseisen sind eine unschlagbare Kombi, von der noch Ihre Urenkel etwas haben werden.

Tipp    Leserinnen direkt ansprechen

Stellen Sie sich vor, dass Ihnen Ihr Leser gegenübersteht und sprechen Sie ihn direkt an. So vermeiden Sie die typischen Wir-Sätze. Ersetzen Sie in bereits existierenden Texten konsequent jede Formulierung mit »wir« oder »ich« durch eine Konstruktion mit »Sie können« oder »das unterstützt Sie bei« usw. (SKapitel 3).

WIE FANGE ICH AN?

Selten liegt ein Thema säuberlich ausgebreitet vor Ihnen, und Sie brauchen nur noch alles runterzuschreiben. Es ist fast immer ein Prozess des Werdens. Am Anfang steht ein Chaos aus Ideen, Versatzstücken, Splittern und erst allmählich entsteht so etwas wie eine grobe Fahrtrichtung. Das ist völlig normal. Strukturieren ist das oberste Gebot. Definieren Sie Ihre Kernaussagen mithilfe der vier Fragen von Alina Wheeler. Schreiben Sie zu jeder Frage einen Satz als Antwort. Ist dieser für Sie stimmig, formulieren Sie weiter aus.

Bei großen Textvorhaben bietet es sich an, zunächst ein Textkonzept zu erstellen. Darin legen Sie die einzelnen Themen fest und ein Prinzip, nach dem die Texte aufgebaut werden sollen. Sie definieren z. B., wie Überschriften beschaffen sein sollten. Für ein die gesamte Sprache des Unternehmens umfassendes Konzept lohnt es sich, das Thema Corporate Language (Unternehmenssprache) anzugehen (SKapitel 19).

Beispiel   Herr Baranow ist Inhaber einer vor sieben Jahren eröffneten Textilreinigung. Eine Unternehmenswebsite gab es bisher nicht. Das möchte er endlich ändern, denn seine Nichtsichtbarkeit im Web macht sich nun bemerkbar. Zwei Straßen weiter hat eine chemische Reinigung eröffnet, die ihm die Kunden unter anderem durch einen lauten, sehr werblichen Auftritt im Web abzieht.

Herr Baranow bietet 14 verschiedene Services an, darunter Bügeln von Hemden von Hand, Lederreinigung, Änderungsschneiderei und einen Wäsche-Lieferservice. Alle sollen auf der Website kurz beschrieben werden. Aber wie? Zuerst heißt es: Struktur in die Sache bringen. Herr Baranow teilt die 14 Services in drei Hauptkategorien ein: »Klassische Textilreinigung«, »Besondere Materialien«, »Extras für Verwöhnte« (letzteren Begriff verwendet er selbstverständlich nur intern). Jede Kategorie versieht er mit einer eigenen Farbe (im Agenturjargon: Herr Baranow arbeitet mit einer Farbcodierung). Die Textilreinigungsklassiker umfassen die Reinigung von Hosen, Anzügen, Röcken usw., Heiß- und Kaltmangel. Zielgruppe: die Faktenhungrigen. In die Kategorie »Besondere Materialien« fallen feine Textilien wie Kaschmir und Seide und die Brautkleid-, Leder-, Teppich- und Polsterreinigung. Zielgruppe: ein Mix aus faktenhungrig und gefühlsbetont (Brautkleid!). Mit den Extras sind die angeschlossene Änderungsschneiderei, die Abendgarderobe zum Ausleihen und der Lieferservice gemeint. Zielgruppe: Tendenz zu gefühlsbetont.

Nun erstellt Herr Baranow ein kleines Textkonzept: Er entscheidet sich für eine freundlich-formelle Ansprache für alle Kundinnen auf seiner Startseite. Für den Menüpunkt »Klassische Textilreinigung« sieht er einen eher faktenlastigen Text vor. Für den Punkt »Besondere Materialien« formuliert er etwas emotionaler, schließlich geht es um die Lieblingsstücke seiner Kunden (das sündhaft teure Sakko, das Brautkleid aus Taft, die heißgeliebte Biker-Jacke, der handgeknüpfte Seidenteppich usw.). Herr Baranow nimmt zu diesem Menüpunkt noch Pflegetipps und kurze Textstücke zur Warenkunde auf, um die Faktenhungrigen zu bedienen. Den Menüpunkt mit den Extras für Verwöhnte betitelt er nach reiflicher Überlegung mit »Bezahlbare Extras«. Er möchte jedes Extra mit einer kleinen Geschichte vorstellen (gefühlsbetont) und in einem gesonderten Kasten die Fakten dazu aufzählen (Preis, Ablauf, Zeitschiene etc.). Mit dieser klaren Struktur kann er sich nun ans Schreiben machen, ohne Gefahr zu laufen, an seiner Zielgruppe vorbeizutexten.

Benutzen Sie Hilfsmittel wie Karteikarten, bunte Stifte, verschiedene Boxen etc., um Ihre Aussagen weiter zu verfeinern. Schreiben Sie z. B. verschiedene Aussagen über Ihre Produkte auf einzelne Karten. Legen Sie diese vor sich auf einen Tisch und entdecken Sie durch Hin-und-her-Schieben, wie Sie Produkte oder Themen zusammenfassen oder Oberbegriffen zuordnen können. Oft lassen sich komplexe Themen mit einer solch erfrischend analogen Arbeitsweise besser bewältigen als durch reines Nachdenken oder unsortiertes Drauflosschreiben.

Was die einzelnen Inhalte angeht, so ist es entscheidend zu wissen, für welchen Kanal Sie schreiben, denn jeder Kommunikationskanal verlangt nach unterschiedlichen Inhalten, im Web spricht man von »Content«.

Wenn Sie bereits wissen, welchen Kanal oder welche Kanäle Sie bespielen möchten, können Sie ab Seite 94 weiterlesen. Wobei ich Ihnen ans Herz lege, sich bei Gelegenheit auch mit den Kapiteln 2 und 3 zu befassen.

 

Aus der Agenturpraxis

Wir sollen einen Claim, einen Slogan entwickeln. Der Auftraggeber kommt aus der Industrie. Wir haben seine Zielgruppe als faktenhungrig und innovationsbegeistert definiert. Seit einem halben Jahr räumt die neue Marketingchefin Frau Bertram auf. Jetzt muss auch der alte Claim dran glauben. »Druckluftaufbereitung aus Filtern, Reglern und Ölern« – sperriger geht’s nicht, und eine Affinität zu innovativen Technologien ist dieser Aussage nicht anzumerken. Dabei sind doch die Innovationsbegeisterten eine der wichtigsten Zielgruppen des Unternehmens.

Mein Publikum im Konferenzraum des Auftraggebers sieht nicht so aus, als könne ich bei ihm Emotionen auslösen. Uns sitzen die Produktentwicklerin Frau Heudinger und vier weitere norddeutsche Technologie-Spezialisten gegenüber. Ihnen müssen wir den neuen Claim präsentieren.

Wir haben in den letzten vier Wochen die Markenwerte des Herstellers analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass das Unternehmen mit sehr kleinen, robusten Geräten auf dem Markt punktet – interessant für die Faktenhungrigen. Zudem bieten die Geräte einen sehr hohen Durchfluss, obwohl sie wenig Platz einnehmen – wichtig für die Innovationsbegeisterten. Die Kombination aus Größe und Leistung ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, das im alten Claim noch nicht einmal ansatzweise zu finden ist.

Ich entfache ein Präsentationsfeuerwerk, das in den sechs an die Leinwand geworfenen Wörtern gipfelt: »Alles am Platz. Alles im Fluss.« – Keine Reaktion.

Frau Bertram hat den Claim vorab gesehen und längst abgesegnet. Die Produktleiterinnen müssen ihn natürlich auch gut finden. Tun sie aber nicht. Sie zucken mit den Schultern. Wir ziehen wieder ab.

»Kapier ich nich«, sagt Miriam, unsere Junior-Texterin, auf der Rückfahrt in die Agentur. »Wir haben die USP berücksichtigt, Spannung aufgebaut, einen emotionalen Ansatz im Duktus der gesprochenen Sprache. Verdammich! Der Wurm muss doch dem Fisch …?«

Um es kurz zu machen: Wir bekommen den Claim nicht durch. Ein letztes Telefonat mit Frau Bertram: »Moin, Moin, Frau Bertram, wer hat sich eigentlich letztendlich dagegengestellt?«

Frau Bertram holt tief Luft: »Heudinger. Es bleibt beim alten Claim. Die Zielgruppe ist ihr egal, und ich weiß jetzt auch, warum. Hat mir die Pförtnerin gesteckt. Sie hat den Claim selbst entworfen. Vor 14 Jahren.«