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Fred sieht blendend aus, ist dynamisch und sehr erfolgreich. Er verschafft Anton Aufträge, ohne die er nicht geschäftlich überleben könnte. Aber sie geraten in Streit. Letzter Versuch, das zu kitten, soll ein gemeinsames Wochenende in Wien mit den Ehefrauen werden, zu dem Fred einlädt. Aber Anton weiß, dass er Swinger ist und er befürchtet, dass das der eigentliche Grund der Einladung ist. Er kann nicht absagen und wenn er das seiner Frau erzählt, fährt sie nicht mit!
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Seitenzahl: 258
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Anton Kortner ist geschäftlich abhängig von seinem Partner Fred Baldow. Beide könnten nicht unterschiedlicher sein. Anton ist harmoniebedürftig und kontrolliert, während Fred ein Macho ist und egal wo, immer der Erste sein muss. Die Ehepaare Baldow und Kortner fahren privat nach Wien mit der Absicht, die geschäftliche Zusammenarbeit zu verbessern. Doch die unterschiedlichen Charaktere der Männer prallen auch dort aufeinander. Anton will keinesfalls die erotische Freizeitgestaltung von Fred teilen - der ist bekennender Swinger! Fred will Antons Moral knacken. Hinzu kommt, dass auch die Paare nach langen Ehejahren Reibungsflächen miteinander haben. Sie sind nicht mit ihren Leben zufrieden und hadern mit ihren Schicksalen.
Psychologische Kämpfe finden an interessanten Plätzen in Wien statt. Jeder beschriebene Ort wie zum Beispiel der „Friedhof der Namenlosen“ tut ein Übriges, um den psychischen Druck auf Anton zu erhöhen, zusätzlich zu dem Druck, den Fred bei ihm aufbaut. Er kämpft und durchlebt vier traumatische Tage mit Realem, Geträumtem, Erotischem, mit Panik und Angst.
Ganz nebenbei erfährt man viel über Wien, von Sehenswürdigkeiten, die nicht in jedem Reiseführer stehen, Wiens Geschichte, Skurriles und sonderbare Begegnungen.
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Alle Namen, alle Personen und die Handlung sind frei erfunden. Sollten Menschen ähnlich heißen oder Ähnliches erlebt haben, so ist das rein zufällig und unbeabsichtigt.
*Marco Toccato ist ein Pseudonym
Projektgespräche
Geschäftsessen
Ein ganz normaler Arbeitstag
The Ballad of Lucy Jordan
Zuhause
Alle Wege führen nach Wien
Donnerstagabend
Gürtelröschen
Sissi Kolesariç
Hawelka
Belinda Karan
Adamiten - Rituale
Dorothees Traum
Friedhof der Namenlosen
Hilde Brahm
Grinzing am Abend
Das Begräbnis
Die Aussprache
Im Narrenturm
Es geht bergauf
I werd‘ narrisch!
Der Ausgang des Spiels
Bis zum letzten Moment
Kein Lüftchen regt sich heut
Heilende Wirkung
Così Fan Tutte
Abschied
Zurück
Nachwort
Fahr schneller! Ich fahre immer 120 bei 100.“ Fred Baldow sitzt auf dem Beifahrersitz. Er und Anton Kortner sind auf dem Weg zu einem von zwei gemeinsamen Kunden, einem Pharma-Großhändler in Groß-Gerau.
„Aber du fährst nicht!“ Anton nerven diese Einwürfe!
„Gar nicht schlecht der Leihwagen, den du genommen hast. Ein bisschen klein innen, aber schick gestylt und ziemlich spritzig. Mein Audi hat ja über 300 PS!“
,Ja, ja, ... und meine Yacht ... meine Frau ... und mein Haus ...’ denkt er. Er ist diese Protzerei leid. Seit mehr als zwanzig Jahren tummelt er sich in einem Macho-Umfeld, um sein Geld als selbstständiger Berater zu verdienen. Es ist schwer, dabei sauber zu bleiben. Toi, toi, toi, bisher ist es ihm gelungen. Leider sieht man das auch an den Umsätzen, denn manche Sachen scheiden da von vornherein aus.
Als das aktuelle Projekt begann, war es fast zwanzig Jahre her, dass Fred und er zusammengearbeitet hatten.
Zwanzig Jahre sind lang und er hat sich schon ziemlich früh gewundert, was für ein Arschloch Fred in der Zeit geworden ist.
„Du musst mal ’n bisschen mehr Biss zeigen! Irgendwie hast du einen teilnahmslosen Eindruck gemacht.“ Fred ist wieder mal dabei einen erwachsenen Mann nach seinem Bilde umzuerziehen.
Anton fällt Mike Krüger ein, der sein erstes Auftreten bei der Bundeswehr beschreibt. Er steckt in einem viel zu großen BW-Arbeitsanzug und wird gerade von einem Stuffz angehauen „Wie sehen Sie denn aus, Schütze Krüger? Da lacht sich der Feind kaputt, wenn er Sie sieht.“, Mike Krüger antwortet „Woll’n Se ’nen Killer oder ’nen Dressman?“
„Willst du ’nen Beisser oder ’nen Logistiker?“, antwortet er Fred im selben Stil.
Fred reagiert gereizt, doch Anton weiß nicht, was er schlimmer findet, seine Gereiztheit oder die nun aufkommende ’Heiterkeit’.
Denn jetzt spielt Fred ihm irgendwelche Blondinenwitze von seinem Handy vor und lacht meckernd dazu, zum Gähnen und peinlich. Überhaupt meint Anton, dass man am Lachen erkennen kann, was für eine Person man vor sich hat.
Fred kommt da bei ihm mittlerweile sehr schlecht weg. Sein ansonsten gutaussehendes Gesicht wird beim Lachen zur Fratze und die Geräusche, die er dabei produziert, machen es auch nicht besser.
Anton schaut kurz nach rechts: Da sitzt er in seinem wirklich eleganten und wahnsinnig teuren Anzug. Die dunklen, noch sehr dichten Haare haben einen leichten Rotstich, so wie bei Gerhard Schröder, unserem Altkanzler auch. Der hatte auch nie ein graues Haar, obwohl der älter als Fred war, der siebenundfünfzig ist. Doch Freds scheinbar dauergebräunte Haut zeigt mehr als das wahre Alter, vor allem an Hals und Händen.
Allerdings ist er wirklich gut. Als diplomierter Betriebswirt mit Auslandssemestern in den USA ist er sehr eloquent und scharfsinnig. Intuitiv legt er bei jedem Neukunden sofort die Finger in dessen Wunden. Seine Ausstrahlung verspricht, dass er sie heilen kann. Neue Kunden zu bekommen, war nie sein Problem, Sie zu halten, schon eher. Denn manchmal sieht er auch Wunden, die keine oder unabänderliche sind. Dann neigt er zum Starrsinn und versucht mit Penetranz dem Kunden klarzumachen, dass der was machen muss.
Da, wo sie gerade herkamen, hat er eigentlich Hausverbot. Bei einem früheren Projekt hat ihn die Besitzerin rausgeschmissen. Warum weiß Anton nicht. Fred und er arbeiten jetzt pro forma für einen weiteren Freelancer, Richard Krähling, der als Strohmann das gemeinsame Angebot auf seinem Briefpapier an den Kunden gegeben hat und auch gegenüber dem Kunden abrechnet.
Kortner ist froh, dass er sich nur um die Logistik kümmern muss, während Fred und Richard die kommerzielle Seite betreuen. Er kann in der Regel allein und eigenständig arbeiten. Nachdem sie heute in Worms mit dem einen Großhändler, der Knauerbruch GmbH gesprochen hatten, haben sie am Folgetag eine Besprechung bei einem anderen, der Seligmann GmbH in Groß-Gerau, der das Wasser bis zur Unterlippe steht. Der Kunde in Worms will Seligmann schlucken, wenn es sich lohnt.
Das herauszufinden, ist die Aufgabe, nämlich zusammenzustellen, was das Unternehmen an sich noch wert ist und einen Vorschlag zu machen, wie man es am schnellsten und günstigsten in die Knauerbruch GmbH integrieren kann.
In Worms war Anton dabei, während Fred dort mit dem Kunden in zackigem Ton die Alternativen für den Standort in Groß-Gerau besprach. Da gibt es seiner Meinung nach nur zwei, nämlich Schliessung, Leute entlassen, Immobilien verkaufen und Kunden nach Worms übernehmen oder mit möglichst geringer Investition den Standort produktiver zu machen und weiter zu betreiben. Fred favorisiert Alternative eins!
Antons Job ist es festzustellen, wie viel Alternative zwei kostet, falls sie überhaupt machbar ist. Während des Gesprächs hatte er sich innerlich entschlossen, dass Alternative zwei machbar sein muss!
„Sag mal, wenn ich mich richtig erinnere, war deine Frau doch so ’ne Kleine mit ’nem hübschen Gesicht. Wie läuft’s denn so bei euch, prickelt’s noch?“
Anton verschlägt es die Sprache. So direkt ist er noch nie auf sein Privatleben und seine Frau Dorothee angesprochen worden. Was soll er machen? Er sitzt im Boot mit Fred und muss noch einige Wochen mit ihm zusammenarbeiten. Abgesehen davon verschafft der ihm immer wieder lukrative Beratungsaufträge. Die Aufträge braucht Anton.
„Ja und ja!“, sagt er nun etwas einsilbig. Dabei versucht er, einen freundlichen Ton aufrechtzuerhalten.
„Na komm, zier’ dich nicht! Also bei uns geht’s immer richtig zur Sache, wenn ich zu Hause bin. Du kannst dich doch an meine Frau Margret erinnern? Die hat immer noch, auch nach dem Kind eine Wahnsinnsfigur und Spaß am Sex.“
,Was denn noch?’ Sein Mund wird trocken. ,Worauf will der raus?’ Aber es stimmt, er hat Freds Frau als sehr gutaussehend in Erinnerung. Sie hatten vor Jahren mal einen Abend zu viert in einem Restaurant in Köln verbracht.
Anton hatte sich fast sofort in sie verliebt. Das passiert ihm oft: Er sieht eine Frau irgendwo, irgendwas an ihr ist besonders und er ist von einer Sekunde auf die andere verliebt. Nie ist es zu irgendwelchen Affären gekommen, obwohl er seine Frau schon über vierzig Jahren kennt. Aber verliebt zu sein, ist schon ein besonderes Gefühl, verbunden mit Sehnen, Hoffen, Freude und Leiden.
Genau genommen ist er dauernd verliebt, mehr oder weniger stark. Dabei geht es ihm nicht um Sexuelles. Er sehnt sich immer nach dem Zusammensein mit der aktuell Angebeteten, nach Zusammensein und Reden. An Nähe und Austausch liegt ihm.
Die Krux ist, dass ihm das niemand glaubt, schon gar nicht die Frauen, in die er jeweils verliebt ist. Die halten das immer für eine Masche oder finden es langweilig. So überwiegen Sehnen, Hoffen und Leiden ... bis zum nächsten Verliebtsein.
Freds Frau war so ein Fall, doch nach einigen Wochen war er drüber weg. Er hat sie nach dem Treffen in Köln nie wieder gesehen.
Fred hatte was gesagt, während er in Gedanken war.
„Entschuldige! Ich war mit den Gedanken woanders. Was hast du gesagt?“
„Dass es bei uns nicht nur prickelt, sondern knallt! Wir tun auch was dafür. Eine sexuell erfüllte Ehe braucht auch Impulse von außen, aber das weißt du bestimmt selbst oder?“
Wo hat er diese Plattitüden gelesen? Anton ist das Gespräch peinlich und ihm ist auch nicht klar, wohin das führen soll.
„Was meinst du mit Impulse von außen?“, irgendwas muss er sagen. Doch Fred hatte ihn nun da, wo er ihn hin haben wollte. Ob das ein Trick war, den man bei der Neuro Linguistischen Programmierung, kurz NLP lernt? Fred hatte natürlich an NLP-Seminaren teilgenommen. Natürlich deshalb, weil das ein wirksames Mittel ist, seine Gesprächspartner zu manipulieren. Sowas lässt er sich nicht entgehen.
„Was für ’ne blöde Frage! Man muss öfter mal mit ’ner Anderen ins Bett, ist doch klar!“
„Weiß deine Frau das?
„Nicht immer, aber manchmal ist sie sogar dabei!“
Plötzlich sieht Anton Freds Frau wieder vor seinem inneren Auge. Er erinnert sich, wie verliebt er damals war. Das, was Fred da gesagt hat, ist mit seinem Bild von ihr nicht vereinbar. Jetzt will er Klarheit: „Wie dabei? Du schläfst mit einer anderen Frau und deine Frau schaut zu?“
„Ja, das auch, aber meistens vergnügt sie sich dann mit dem Mann meiner aktuellen Partnerin. Sag bloß, ihr habt das noch nie gemacht?“ Fred ist nun sichtlich in seinem Element. Es scheint sein Lieblingsthema zu sein, sicher hält er sich für aufgeschlossen, erfolgreich beim anderen Geschlecht und für den denkbar besten Liebhaber.
„Nein! Du meinst, ihr geht in einen Swinger-Club, sucht euch ein anderes Paar und schlaft überkreuz miteinander?“
„Ja, manchmal auch das, aber schicker ist es, wenn man das im eigenen Haus oder bei dem anderen Paar macht. Finde ich intimer. Die meisten Swinger-Clubs sind mir zu schmierig!“
,Das passt, schmierig! Was für ein Thema!’ geht es Anton durch den Kopf und laut: „Das geht mir genauso. Deshalb war ich auch noch nie in sowas, genauso wenig wie im Puff!“
„Wow, dann bist du ja noch ’ne richtige Jungfrau!“ Fred lacht wieder laut und meckernd.
„Aber Partys, bei denen es etwas weiter geht, die hast du doch schon mitgemacht?“
„Was heißt weiter geht, einmal gab’s eine Party, da ging es schon zur Sache, jedenfalls zwischen einer Frau und mir. Die hat mich unheimlich angemacht und dann ...“
Er versinkt wieder in Gedanken. Was damals passiert ist, begreift er bis heute nicht, obwohl es sicher schon dreißig Jahre her ist. Ihm fällt Homers Odyssee ein und Circe, die Männer in Schweine verwandelt. Er war damals nicht mehr Herr seiner Sinne. Dorothee, die mit ihm auf der Party war, hatte er völlig vergessen. Er tanzte mit dieser Frau ununterbrochen engumschlungen. Sie war eine Ausnahme bei seinen Verliebeleien, in dem Moment wollte er nur mit der ins Bett, so schnell wie möglich.
Sie war wirklich, wie Circe beschrieben wird. Von einer Bekannten, die öfter auf Partys mit ihr war, erfuhr er, dass sie sich jedes Mal einen Mann rauspickte, um ihn anzumachen. Wenn sie genug hatte, ließ sie ihn stehen und ging mit ihrem Mann nach Hause.
Ihre Motivation war nicht klar, vielleicht genoss sie es einfach, Männer bis an eine äußerste Grenze zu reizen, um sich dadurch selbst zu bestätigen. Menschen sind manchmal unbegreiflich.
Im Nachhinein betrachtet, weiß Anton nicht, ob ihm das tatsächlich passiert ist oder er es geträumt hat. Dorothee hatte niemals was zu seinem Faux pas gesagt, so als wäre er nie geschehen.
Es gibt so einige Szenen, die er im Kopf hat, von denen er nicht weiß, ob sie tatsächlich stattgefunden haben oder nicht.
Anton und seine Frau waren mal mit einem befreundeten Ehepaar in Südfrankreich, wo sie in Cap d’Antibes waren. Abends war dort nicht viel los und sie fuhren ins benachbarte Cannes. In einer Straße war der Teufel los. Sie saßen an einem langen Tisch auf einer langen Bank ohne Rückenlehne und um sie herum brauste der Abend. Rollerskater, Inlineskater, Tanzende, Kellner und Longboardfahrer rauschten durch die Straße, andere Menschen in sommerlicher Kleidung flanierten an ihnen vorbei. Überall war Musik. Wie es Dorothee und den Freunden ging, weiß er nicht. Er war wie angenehm betrunken oder besser wie berauscht von der ersten Minute an. Es war fantastisch.
Am nächsten Tag regte er an, dass sie wieder dorthin fahren könnten. Sein Freund, der abends zuvor gefahren war, fragte ihn „Wieder?“. Er fuhr und Anton wies ihm den Weg.
Es gab zwar den langen Tisch mit der Bank und einige Lokale, die er wiederzuerkennen meinte, aber trotz des guten Wetters war an diesem Abend alles leer. Seine Fragen an die anderen, ob sie sich das erklären könnten, trafen auf Unverständnis. Dorothee sprach er erst Jahre später darauf an und sie wusste nicht, wovon er sprach.
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„He, auf die Straße achtest du hoffentlich oder? Pennst du?“, schnauzt ihn Fred an.
„Oh, entschuldige, ich war in Gedanken. Hast du was gesagt?“
„Ja, drei Mal, aber ist nicht so wichtig. Wir sind fast da. Heute Abend kommt Dr. Seligmann zum Italiener und will mit uns essen. Lass uns dem mal auf den Zahn fühlen!“
Richtig, er biegt gerade auf den Hotelparkplatz ein und sucht einen freien Platz. Nachdem er das Auto abgestellt hat, gehen sie ins Hotel, in dem sie nun schon die halbe Woche verbracht hatten. Richard ist sicher schon da.
„Sagen wir in einer halben Stunde im Foyer? Dann gehen wir zum Italiener, okay?“
Fred ist schon vor seinem Zimmer und öffnet es mit seiner Schlüsselkarte.
„Gut! Bis gleich.“ Antons Zimmer liegt am Ende des Ganges.
Der Italiener ist leidlich. Das Essen ist gut, aber die Kellner sind lausig. Leider steht er mit seiner Meinung allein, Fred und Richard sehen das anders, deshalb ist der Italiener quasi ihr abendliches Projektbüro geworden. Sie meinen, dass auch Kellner ruhig etwas rotzig gegenüber ihren Kunden sein dürfen. Anton dagegen will zwar keine servilen Bücklinge, aber ein höfliches, klares Verhalten sollten Kellner haben, meint er.
Dr. Seligmann ist schon da, als sie eintreffen. Sein Unternehmen hat er vom Vater geerbt und es macht ihm keinen Spaß, er fühlt sich auch nicht verpflichtet, es seinen Kindern zu erhalten. Er hat eine andere Geschäftsidee, die er bevorzugt umsetzt und auszubauen versucht. Alle Ressourcen steckt er in seine Idee. Der Großhandel dient als Basis und ist dadurch fast ausgehöhlt.
Nun steht dem Unternehmen und auch Dr. Seligmann das Wasser bis zum Hals. Gut, dass ihr anderer Kunde, Knauerbruch erwägt, den Betrieb in seinen zu integrieren.
Anton ist jedenfalls hochmotiviert, weil die Integration für die meisten Mitarbeiter von Seligmann den Erhalt des Arbeitsplatzes bedeuten würde. Er hat viele Mitarbeiter kennengelernt. Sie haben ihm bereitwillig alles gezeigt und erklärt, was sie wie machen. Ihnen ist der Ernst der Lage nicht bewusst. Offiziell prüft er Möglichkeiten, wie der Laden wieder logistisch in Schwung gebracht werden könnte, aber verdeckt tut er das, um einen attraktiven Übernahmekandidaten zu schaffen.
Die Moral in der Beratungsbranche ist in den letzten Jahren drastisch schlechter geworden. Die egozentrische Haltung, die sich teilweise brutal in der Gesellschaft durchgesetzt hat, hat sich im Beratungsumfeld schon sehr viel früher gezeigt. Der Druck auf die Berater ist gestiegen und viele Kollegen antworten darauf mit skrupellosem Handeln.
Für ihn ist das eine Erklärung für die krasse Veränderung, die Fred zu dem gemacht hat, was er jetzt ist. Erfolgreich, arrogant, misstrauisch und immer auf dem Kiwief schlägt er schon reflexmäßig um sich, wenn er meint, angegriffen zu werden.
Anton bereut sehr, sich auf dieses Projekt eingelassen zu haben, doch im Moment ist kein anderer Auftrag in Sicht. Er ist gezwungen, gute Miene zu machen und auch Fred bei Laune zu halten. Wird er auch die letzten Jahre noch sauber bleiben können?
„... was meinen Sie meine Herren, wie stehen wir da? Wird uns Knauerbruch übernehmen?“
Den Anfang hat er - ganz in Gedanken - nicht mitgekriegt. Seligmann hat Schweiß auf der hohen Stirn. Er strömt Unsicherheit aus. Ihm ist endlich - wenn auch viel zu spät - klar geworden, dass er kurz davor ist, alles gegen die Wand zu fahren. Fred und Richard zeigen ihre besten Pokerfaces. Sie scheinen Spaß daran zu haben, Seligmann schwitzen und sich wie ein Wurm winden zu sehen.
„Sie stecken bis zum Hals in der Scheisse, Dr. Seligmann!“, sagt Fred und ergänzt „Sie wissen ja, dass man dann den Kopf nicht hängen lassen sollte!“, Richard und er lachen wie Verrückte. Seligmann hat die blanke Angst im Gesicht.
„Was ich bei Ihnen in der Logistik gesehen habe, Herr Dr. Seligmann, gefällt mir. Allerdings haben Sie es versäumt, Ihr operatives IT-System auf dem letzten Stand zu halten, aber das lässt sich mit überschaubaren Mitteln nachholen, was ich dringend empfehle.“ Anton gefällt Freds Spiel überhaupt nicht und er versucht Seligmann Hoffnung zu machen.
„Ich empfehle dringend, dass Sie Ihre AS400 (Computer im Hause Seligmann) auf einen aktuellen Stand bringen, den gekündigten Wartungsvertrag dafür wieder abschließen und auch auf die letzte Version der Logistik-Software updaten.
Abgesehen davon, dass Sie damit den Grundstein für eine leistungsfähigere Logistik legen, wird das kritische Mitarbeiter bei Ihnen beruhigen.“
Seligmann nickt und er entspannt sich sichtlich. Ein wenig Hoffnung hat er ihm gegeben und seinen beiden Kollegen die Show verdorben. Sie beteiligen sich plötzlich wieder konstruktiv am Gespräch und schildern Seligmann aus ihrer Sicht, wo er sich Hoffnung machen kann.
Morgen ist Anton wieder auf sich allein gestellt und führt seine Untersuchungen im Betrieb weiter. Denkt er jedenfalls.
Fred und Richard werden dann mit den Vertrieblern und Kaufleuten reden.
Zeit seines Berufslebens war zwischen den Kaufleuten und den Ingenieuren ein unüberwindbarer Graben. Die einen meinen, dass die Ingenieure nur dauernd das Geld ausgeben, dass sie verdienen und die anderen sind überzeugt davon, dass technisch bald nichts mehr läuft, weil sie am ausgestreckten Arm der Kaufleute verhungern.
Bei diesen zwei Spezies kommt es nie zum Ausgleich, weil sie nur miteinander reden, wenn sie müssen und wenn sie reden, tun sie es mit ihren Worten und Argumenten, die die anderen nicht verstehen.
Kaufleute und Techniker, zwischen denen werden die modernen Schlachten geschlagen!
Nach dem Frühstück im Hotel sitzen Fred, Richard und Anton in Antons Mietwagen. Zur Seligmann GmbH sind es nur wenige Minuten stadtauswärts, also ohne morgendlichen Stau.
Fred redet ihm wieder in seine Art zu fahren rein. Na ja, sein Audi hat ja auch über 300 PS! Anton schafft es erfolgreich, ihn zwar zu hören, aber nicht bewusst wahrzunehmen, was er sagt.
Gott sei Dank steigen sie jetzt auf dem Firmenparkplatz aus und ihre Wege trennen sich. Richard geht zum Buchhalter, Fred trifft einen Vertriebsmitarbeiter und Anton spricht mit Franz Thau, dem IT-Leiter von Seligmann.
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Schon nach wenigen Worten ist er sich sicher, dass Thau etwas von seiner eigentlichen Aufgabe ahnt. Das könnte gefährlich werden, wenn er womöglich Gerüchte streut, die ihnen die Arbeit schwer machen würden und damit Knauerbruch die Übernahme.
„Ach Herr Thau, gestern Abend haben wir mit Dr. Seligmann zu Abend gegessen. Ich habe ihn sehr deutlich darauf hingewiesen, dass er schnellstens Ihre IT auf Stand bringen sollte und ich hatte den Eindruck, dass er mich verstanden hat.“
Thau wird lockerer. Anton braucht ihn dringend für seine Arbeit.
„Könnten Sie mir bitte möglichst bald alle Auftragsdaten des vergangenen und des laufenden Jahres geben. Möglichst über genau denselben Zeitraum, für den Sie mir schon die Tourendaten zusammengestellt hatten.
Außerdem hätte ich gerne eine Aufstellung der wichtigsten Ausgaben, wenn IBM wieder Ihre AS400 in einen Wartungsvertrag übernimmt und was das kosten würde.“, wenn er die Informationen in der Zusammenstellung hat, kann er unabhängig von Thau arbeiten.
„Klar Herr Kortner, mache ich gerne!“, Thaus Stimmung ist nun gehoben. „Das kann aber ein wenig dauern, weil ich einen Auftrag für Dr. Seligmann erledigen muss.“
„Für den Großhandel oder für sein ... äh seine Geschäftsidee?“, er hätte fast Hobby gesagt.
„Für die neue Idee, zu Arbeiten für den Großhandel komme ich kaum noch.“, sagt Thau bedauernd.
Das muss er sich merken. Seligmann pflegt sein Hobby auf Kosten des eigentlichen Geschäfts. Fred sucht Gründe, um Seligmann beiseite zu nehmen.
Wenn man vom Teufel spricht ... „Anton, komm mal eben mit. Da gibt es eine Frage, bei deren Klärung du dabei sein solltest.“ Fred steht in der Tür. Anton hat kein Klopfen gehört. Langsam stinkt ihm das.
„Muss das jetzt sein? Ich habe auch zu tun.“, sagt er unwirsch. Vor vielen Jahren sagte ihm mal eine Sekretärin, dass er nicht in der Lage sei, seine Laune zu verbergen, wenn er was oder jemanden nicht mag.
„Ja, Mensch! Es geht um ein Logistikproblem. Komm endlich!“ Antons Zorn nimmt zu.
„Ja Herr Thau, Sie sehen, meine Kompetenz wird anderweitig dringender gebraucht, aber wir waren ja auch fertig oder?“
Thau versteht sofort, wie er es meint, und grinst. „Nee, nee, schon in Ordnung! Wenn noch was ist, dann rufen Sie mich einfach an. Für Sie habe ich mir selbst eine hohe Priorität eingeräumt und auch eingeräumt bekommen. Auf Wiedersehen, Herr Kortner!“
„Dann nutzen Sie doch bitte die hohe Priorität, um mir die Auftragsdaten schnell zu schicken!“ sagt Anton schmunzelnd.
Auf dem Gang zischt er Fred an: „Ich denke, du bist der gewiefte Berater. Was meinst du, wie das bei Kundenmitarbeitern ankommt, wenn du meinst, den Chef rauskehren zu müssen. Damit schwächst du unsere Projektmannschaft. Auf sowas lauern doch die Leute nur. Unabhängig davon lasse ich mich von niemandem wie einen Schuljungen abkanzeln. Merk dir das!“
„Quatsch! Man muss alle anderen immer unter Druck halten, nur so liefern sie auch Leistung ab.“
„Ich funktioniere anders! Lass’ das demnächst!“
Sie sind nun in dem Büro, wo Fred mit dem ehemaligen Vertriebschef Heinz Rotterer zusammensitzt. Rotterer war im Hause von Dr. Seligmann abgebaut worden. Mit Mitte, Ende fünfzig ist es ein Problem, wenn man die Abteilungsleitung entzogen bekommt, mit dem offen geäußerten Argument, dass man seine Arbeit nicht ordentlich mache. Sowieso schon waidwund, hat Herr Rotterer nun einen roten Kopf, irgendwie hängen Stress und der Duft von Angstschweiß im Raum.
„Also Anton, du hast doch die Tourendaten der letzten Monate. Hast du die schon ausgewertet?“, sagt Fred scharf. Anton merkt, dass Fred ihn in die Reihe der vermeintlichen Versager neben Rotterer stellen will.
„Grob bin ich da durch, aber ich werde sie noch mit den Aufträgen desselben Zeitraums zusammenspielen und analysieren. Warum?“
„Wie du weißt, habe ich das Talent, immer gleich das zu finden, was nicht stimmt. Ist dir da bei den Touren denn gar nichts aufgefallen?“, sagt er triumphierend.
„Nein, da ist nichts Besonderes, jedenfalls habe ich nichts bemerkt“
„Na pass mal auf. Ich hab mir die Tourendatentabelle eines Tages von Rotterer genommen.“
Er sagt tatsächlich Rotterer, ohne ’Herr’ auch eine seiner Einschüchterungsmethoden. „Dann habe ich sie nach Tourennummern sortiert und pro Nummer die Kilometer addiert. Excel ist schon ein fantastisches Instrument, wenn man es beherrscht. Schau dir mal an, was bei Tour 1 rauskommt ... 728 km! ... an einem Tag! Da wäre es kein Wunder, dass überall verspätet geliefert wird. Das kann man doch gar nicht schaffen! Ich gehe allerdings davon aus, dass die Tabelle oberfaul ist, aber Rotterer besteht darauf, dass alles okay ist. Was meinst du?“
Herr Rotterer ist tief in den Stuhl gesunken.
„Stimmt, ist mir gar nicht aufgefallen.“
„Mensch, muss ich mich denn um alles kümmern?“, wird Fred jetzt sehr laut.
„Herr Kortner, sie wissen doch, was Tournummer 1 ist oder? Ich versuche, Herrn Baldow das schon die ganze Zeit zu erklären, komme aber nicht richtig zu Wort.“, fleht ihn Heinz Rotterer mit brüchiger Stimme an. Man merkt, dass er sich sehr anstrengen muss, seine Angst und seinen Stress zu beherrschen.
Langsam kommt Anton in den Kontext, nachdem seine Gedanken noch bei Thau und seiner IT waren. „Ach klar! Tournummer 1, das sind doch die Innenstadttouren, die Sie mit eigenen Fahrzeugen machen, richtig?“, sagt er leicht dahin.
„Genau!“ Rotterers Stimme ist schon fester. „Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass wir dazu eigene Fahrzeuge mit dem Seligmann-Aufdruck nehmen. Dr. Seligmann ist der Meinung, dass hier in der Stadt und nahen Umgebung der Name Seligmann präsent sein muss.“
„Papperlapapp, Stadttour! Wie soll denn einer eine Tour von 728 km an einem Tag schaffen?“ Fred hatte offensichtlich nicht zugehört.
„Lass uns mal eben zusammen einen Kaffee holen.“, schlägt Anton vor. Gott sei Dank versteht er den Wink und sie gehen zur Teeküche.
„Mach doch bitte nicht so ein Fass auf! Hör’ mir einmal gut zu. Allein bei dem Wort Stadttouren muss dir doch klar werden, dass die nie und nimmer 728 km lang sein können!“
„Ja und?“, raunzt er zurück.
„Na ist doch klar, Herr Rotterer sagte doch auch Fahrzeuge im Innenstadtbereich. Beachte den Plural! Da die Innenstadttouren nicht durch Dienstleister sondern von eigenen Fahrern mit eigenen Fahrzeugen gemacht werden, werden sie nicht in die Tourenauswertung übernommen. Sie verschwinden in den Gesamtkosten, schon weil es Seligmanns Idee ist. Für alle anderen Touren stellt der externe Dienstleister Rechnungen.
Tour 1 ist also eine Zusammenfassung aller Touren in der Stadt, die durch mehrere Fahrzeuge mit mehreren Fahrern mehrfach am Tag durchgeführt werden. Die fahren manchmal fünf Mal mit Medikamentenlieferungen pro Tag raus. Der Apotheker braucht nur zu husten.
Also die Excel-Tabelle vom Rotterer stimmt! Geh hin und entschuldige dich!“
„Spinnst du? Wer sich entschuldigt, klagt sich an.“ Das ist einer von Freds Glaubenssätzen!
Anton will nicht dabei sein, wenn Fred wieder in sein Gespräch geht.
„Das musst du wissen, aber ich muss jetzt los in die Kommissionierung. Ich bin verabredet, weil die Leute mir dort ein typisches Szenario vorbereitet haben.“
Das stimmt zwar nicht, ist aber ein guter Vorwand, sich von Fred zu trennen.
Dorothee ist seit langem daran gewöhnt, allein zu Hause zu sein. Anton hat einen Beruf, der ihn häufig auf Reisen schickt. Seit er sich vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren selbstständig gemacht hatte, war das immer mehr geworden.
Dorothee und Anton haben jung geheiratet, der Sohn ist seit langem aus dem Haus und der Hund gestorben. Sie hat ihre Arbeit aufgegeben und seitdem das ganze Haus für sich. Es ist frühmorgens und sie liegt allein im Bett. Irgendwas nagt an ihr.
Wenn diese Stimmung hochkommt, hört sie Marianne Faithfuls „The Ballad of Lucy Jordan“. Sie kann es schon auswendig und es gehen ihr die Zeilen durch den Kopf
The morning sun touched lightly
on the eyes of Lucy Jordan
In a white suburban bedroom
in a white suburban town
Hier, in diesem Vorort wohnen sie seit mehr als zwanzig Jahren und sind fünfundvierzig Jahre verheiratet.
As she lay there 'neath the covers
dreaming of a thousand lovers
Till the world turned to orange
and the room went spinning round.
Tausend Liebhaber? Sie ist ihrem Anton immer treu geblieben und vor ihm hat es Freunde, aber keine Lover gegeben. Was wäre denn anders mit einem Liebhaber? Hat sie was verpasst?
Soll sie liegenbleiben oder aufstehen? Irgendwann mal ging das los; sie wusste schon nicht mehr, wann das war.
At the age of thirty-seven
she realised she'd never
ride through Paris in a sports car
Und Dorothee singt nun
„with the one man that she loves“,
doch richtig heißt es
with the warm wind in her hair.
Das mit dem warmen Wind in den Haaren hatten sie sich gemeinsam geleistet, als sie vor zwanzig Jahren ein Saab Cabrio gekauft hatten, aber in Paris waren sie damit noch nicht.
So she let the phone keep ringing
and she sat there softly singing
Little nursery rhymes she'd memorised
in her daddy's easy chair.
Dorothee singt das Lied von Lucy Jordan.
Her husband, he's off to work
and the kids are off to school
and there are, oh, so many ways
for her to spend the day.
She could clean the house for hours
or rearrange the flowers
or run naked through the shady street
screaming all the way.
Sie wird wohl nochmal das Wohnzimmer wischen und frische Blumen besorgen. Was kann sie heute sonst tun? Nackt durch Straßen zu laufen, ist nichts für sie.
At the age of thirty-seven
she realised she'd never ....
Endlich Freitag. Anton ist auf dem Nachhauseweg. Gut drei Stunden Fahrt, da hat er Zeit, sich alles durch den Kopf gehen zu lassen.
,Verdammt nochmal, warum habe ich keine andere Arbeit? Ich würde am liebsten den Scheissauftrag zurückgeben.’
Als er sich den aktuellen Kontostand seines Unternehmens BDL GmbH vor sein inneres Auge führt, ist klar, dass das nicht geht. BDL steht für „Beratung und Dienstleistung in der Logistik“. Vor fast fünfundzwanzig Jahren hatte er sich selbstständig gemacht, fest davon überzeugt, dass ihm sowas nie passiert. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass es solche Zwangslagen geben kann und bis vor kurzem ist auch alles gut gegangen.
Anton muss da durch, wird weiterhin versuchen, sauber zu bleiben und so gut es geht, unabhängig von den beiden anderen zu arbeiten. Es ist Ende Oktober und zum Jahresende soll der Auftrag abgeschlossen sein. Irgendwie wird das schon gehen.
Da ist die Autobahnausfahrt. Gleich wird er Dorothee sehen, nach einer Woche. Im Auto läuft seine aktuelle Lieblings-CD „Tschaikowskys Violinkonzert“, gespielt von Patricia Kopatchinskaja und MusicAeterna mit dem Dirigenten Teodor Currentzis. Nach etwa einer Minute kommt ein wunderschönes Stück, erst noch ruhig gespielt. Für ihn hört sich das ungefähr so an: Daa dat ta dadadadadaa dadaa, daa dat ta dadadadadaa dadaa, da dat tat ta, da dat tat da ...
Er singt leise einen Text mit, den er sich mal nach einer halben Flasche Rotwein ausgedacht hat. Er war verliebt und hatte sich vorgestellt, dass auch Tchaikovsky traurig oder voller Sehnsucht war, als er das komponiert hat. Es war wohl wirklich so, wie er später erfuhr.
Doch dann bei etwa fünf Minuten fünfzig wird dasselbe Thema nochmal sehr erhaben aufgefasst, so als würde eine Königin mit ihrer Entourage in einen Ballraum einziehen. An diese Königin wendet er nun seinen Gesang und schmettert laut seinen Text:
Weißt du, dass ich dich liebe?
Oh, weißt du, wie ich dich liebe?
Ich liebe dich, ich brauche dich
bitte rette mich,
sonst vergehe ich.
So gerne würde ich bleiben.
Ich will nicht, dass wir scheiden
Ich liebe dich, ich brauche dich,
bitte rette mich,
sonst vergehe ich,
ich sehne mich!
Bin sicher, dass ich dich liebe
und ersehne deine Liebe.
Bitte sieh mein Ich.
Verstehe mich.
Begleite mich.
Erfülle mich.
Ich liebe dich!