Odysseus. Was Homer nicht erzählte - Heinz-Joachim Simon - E-Book

Odysseus. Was Homer nicht erzählte E-Book

Heinz-Joachim Simon

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Beschreibung

Odysseus der Unsterbliche - Was Homer nicht erzählte Was Sie über Odysseus noch nicht wussten. Eine der schönsten Geschichten der Weltliteratur neu erzählt. Kriton, der Leibsklave des großen Homer, hat eine ganz andere Geschichte von den Abenteuern des Helden von Troja zu erzählen. In seiner Version mischen sich keine Götter ein, und es fehlen Ungeheuer, Zyklopen und Sirenen. Dafür wandert man mit ihm durch die dunklen Jahrhunderte der Griechen, als Mykene versank und die Seevölker bis nach Ägypten vordrangen. Spannend wie vergnüglich wird geschildert, wie der "große Dulder" von einem Abenteuer in das andere stolpert. Es fehlt weder das geheimnisvolle Atlantis des Platon, noch die Dido des Aenaeas. Es verschlägt ihn ins Reich der Hethiter und des Pharao Ramses III. Schließlich dient Odysseus gar König David. Und seine Heimkehr nach Ithaka fällt auch ein wenig anders aus, als Homer sie besungen hat. Es beginnt mit dem Fall von Troja. Und schon sitzt man mit Agamemnon, Menelaos, Ajax zusammen und der Listenreiche lässt sich etwas einfallen. Der Leser ist dabei, wenn Odysseus aus dem trojanischen Pferd steigt. Lassen Sie sich in eine Zeit entführen, als es noch Helden gab. Ein Roman ist nur dann gut, wenn der Leser glaubt dabei zu sein.

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Heinz-Joachim Simon

Odysseus. Was Homer nicht erzählte

Historischer Roman

Simon, Heinz-Joachim : Odysseus. Was Homer nicht erzählte. Historischer Roman. Hamburg, acabus Verlag 2018

Originalausgabe

ePub-eBook: ISBN 978-3-86282-677-3

PDF-eBook: ISBN 978-3-86282-676-6

Cover: © Annelie Lamers, acabus Verlag

Covermotiv: pixabay.com

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Der acabus Verlag ist ein Imprint der Diplomica Verlag GmbH,

Hermannstal 119k, 22119 Hamburg.

_______________________________

© acabus Verlag, Hamburg 2018

Alle Rechte vorbehalten.

http://www.acabus-verlag.de

DIE IRRFAHRTEN DES ODYSSEUS

erzählt

1.

Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,

welcher so weit geirrt nach der heiligen Troja Zerstörung,

vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat

und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet,

Seine Seele zu retten und seiner Freunde

Zurückkunft …

Odyssee, 1.5

WER SICH HIER ANMASST, DIE ODYSSEE NEU ZU ERZÄHLEN.

Mein Name ist Kriton aus Smyrna. Mein Herr sagt von mir, dass ich ein Lügner, Taugenichts und Faulpelz bin. Wenn er schlechter Laune ist, sagt er schlimmeres, womit ich aber euch verschonen will.

Seit zwanzig Jahren bin ich Leibsklave im Haus des Homer, den einige für den größten Geschichtenerzähler aller Zeiten halten, andere nennen ihn einen göttlichen Sänger und wieder andere halten ihn für einen großartigen Lügner. Na ja, sind wir das nicht alle?

Ich gestehe also frank und frei, dass ich es mit der Wahrheit so genau nehme wie mein Herr, nur dass ich meine Geschichte nicht in so fein komponierten Liedern zu erzählen vermag. Bei mir geht es saftiger zu, menschlicher allemal. Bei mir riecht ihr den Schweiß der Helden und, beim Zeus, bei mir sind sie keine Marmorstatuen, sondern aus Fleisch und Blut, so fehlbar und voller Irrtümer wie wir alle. Was würde Odysseus lachen, wenn er wüsste, was sich mein Herr über ihn zusammenfabuliert hat. Zugegeben, die Geschichte von der Ilias hat Homer ganz schön bekannt gemacht. Jeder kleine König, der was auf sich hält, will meinen Herrn an seinem Hof haben, damit er ihm mit seiner schönen Stimme vorträgt, wie es damals vor Troja war, obwohl dies kein Mensch so genau wissen kann. Aber so wie er es erzählt, ist es schon eine sehr schöne Geschichte. Aber ihr solltet keinen Kupferbarren darauf wetten, dass es sich genau so abgespielt hat. Der Raub der schönen Helena und die zehn Jahre vor Troja sind seinem genialen Kopf entsprungen. Aber alle Welt glaubt die Geschichte. Doch wenn man sich umhört, hört man auch viel anderes.

Ich selbst war fünf Jahre lang Sklave auf Ithaka, das genau so karg und öde ist wie dieses verstaubte Chios, wo ich es nun auch schon viel zu lange Jahre aushalten muss. Nun denkt nicht, dass ich mich über mein Dasein beklagen will. Es hätte schlimmer kommen können. Im Grunde kann ich mich über meinen Herrn nicht beklagen, denn schließlich stecken ihm die Könige allerhand zu, wovon ich auch gehörig profitiere, denn ihm fehlt die rechte Übersicht über seine Einnahmen, was ich an den Sängern und anderem fahrenden Volk schon oft beobachtet habe.

Also die Ilias war ein Volltreffer, die ihm Ruhm und Brot brachte, und da hat er ein zweites Mal zu den Würfeln gegriffen und, siehe da, auch die Geschichte von der Odyssee wurde begeistert aufgenommen. Wenn auch sie sich nicht durch sehr große Wahrheitstreue auszeichnet und noch mehr Unwahrheiten enthält als ein Igel Flöhe hat. Ich gehe davon aus, dass man euch die Abenteuer des Odysseus bereits vorgetragen hat. Natürlich sind sie herrlich, die Verse göttlich. Aber glaubt ihr wirklich, dass mein guter Herr mit den Göttern auf Du und Du ist? Im Grunde redet er sich dauernd mit Zeus, Athene, Poseidon und all den anderen Hallodris heraus. Sie sind schuld an allem, was Odysseus erlebte. Du lieber Olymp, was sich mein guter Alter da alles zusammenfantasiert hat.

Ich habe zu den Göttern so meine eigenen Gedanken. Von wegen, dass die uns gemacht haben. Nein, ich werde den Verdacht nicht los, dass wir sie uns so gemacht haben, um uns die Welt und unser Schicksal erklären zu können und um einen Sündenbock zu haben, auf den wir alles schieben können. Vor allem dann, wenn wir nicht so ganz hasenreine Geschichten machen, also betrügen, stehlen oder brandschatzen. (So etwas darf man natürlich nicht laut sagen.)

Warum ich so genau weiß, dass an seiner Odyssee so manches dem Wahrheitsgehalt über die Heldentaten des Herakles gleichkommt?

Ich war fünf Jahre auf Ithaka. Deswegen weiß ich Bescheid, was dort so erzählt wird, und das hört sich ganz anders an als das, was mein Herr zusammenfabulierte. Viel hat mir auch Eumaios erzählt, und der wusste es von seinem Vater und dieser wiederum von seinem Vater und so weiter. Hört also meine Version, und wenn sie euch nicht gefällt, dann kann ich nur sagen, dass ich nicht Homer bin, aber zumindest anführen, dass sie genau so wahr oder unwahr ist. Natürlich werde ich keinen Eid auf den Wahrheitsgehalt im Tempel ablegen, schon gar nicht im Tempel der Athene und selbst vor Apollon nicht, der, wie man weiß, viel Verständnis für eine gute Geschichte hat.

Natürlich bin ich nicht ein Genie wie mein Herr, vom Singen einmal ganz abgesehen. Eines muss man Homer lassen, sein Gesang ist so schön, dass man einen Gott wie Apollon zu hören glaubt. Wenn er eine Strophe vorträgt, dann bin ich so beseelt, als hätte ich unvermischten Wein getrunken. Er ist nun einmal der erste Sänger der Achaier, um ein Wort zu gebrauchen, das er für uns Griechen benutzt. Und nobel und gutherzig ist er auch, jedenfalls meistens. Höchstens nach einer durchzechten Nacht und einem Mordskater benutzt er manchmal den Stock. Doch so richtig zornig habe ich ihn nur erlebt, als er mich auf seiner Lieblingssklavin erwischte, der holdseligen vollbrüstigen Alkmene, dabei habe ich mich nur für ihn aufgeopfert. Zugegeben, kein großes Opfer. Aber mit seinen über sechzig Sommern beglückt er die Schöne nicht mehr so oft wie sie es braucht, und dann springe ich eben ein. Also, ganz ehrlich: Homer ist schon in Ordnung und fast so edel wie sein Hektor und die ganze Bande, die er sich aus den Fingern gesaugt hat.

Er hat mich auf dem Markt zu Ephesos gekauft, hauptsächlich deswegen, weil ich ein angenehmes Gesicht habe und kräftige Muskeln und ein tadelloses Gebiss, und als er feststellte, dass ich über ein gutes Gedächtnis verfüge, hat er mich zum Leibsklaven gemacht. Meine Hauptaufgabe besteht darin, für ihn Geschichten zu sammeln, die man sich in den Tavernen am Hafen erzählt. Eine Menge fantastischer Berichte habe ich bereits für ihn zusammengetragen. Nun denkt nicht, dass meine Würfel immer die Höchstzahl bringen. Nein, es ist eine arge Plackerei, sich all den Unsinn anzuhören, den einem die besoffenen Seeleute erzählen. Den Unsinn habe ich an meinen Herrn weitergegeben und, wenn die Ausbeute nicht so groß war, einiges hinzugetan, und daraus hat er die Odyssee zusammen–komponiert. Deswegen wimmelt es auch so von Zyklopen, Göttern und Sirenen und anderen Zauberwesen, und sie machen einen Blödsinn, dass sich die Balken im Megaron biegen.

Oder habt ihr schon einmal einäugige Riesen gesehen oder Sirenen gehört oder glaubt ihr, dass eine schöne Frau, reich sogar, zwanzig Jahre auf den Mann wartet, der kein Sterbenswörtchen von sich hören lässt, während sich vor ihrem Schlafzimmer die schönsten Jünglinge Hellas’ drängeln?

Mit der Ilias war es nicht anders. Troja wegen einer läufigen Hündin zu belagern, ist wirklich so glaubhaft wie die Argonautenfahrt. Troja versperrte den Achaiern den Handelsweg nach Kolchis und verlangte Wegegeld, und das ärgerte die Achaier gewaltig, und außerdem wollte man Beute machen. Wenn es die blöde Kuh Helena tatsächlich gegeben hat, dann war sie allenfalls ein Vorwand. Immer wenn euch jemand mit Ehre und Ruhm kommt, dann seid auf der Hut. Meistens verbirgt sich dahinter nur Eigennutz, Gier und Geilheit.

Doch damit wir uns richtig verstehen, trotz meiner Skepsis hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Ilias und der Odyssee bin ich auf den Alten stolz, und ein wenig von seinem Ruhm fällt auch auf mich ab, wenn ich sage: Jawohl, ich bin der Leibsklave des großen Homer.

Liebe Freunde einer guten Geschichte, ihr seid zu mir gekommen, damit ich euch von den Irrfahrten des Odysseus erzähle, wie ich sie gehört habe. Nun, eurem Wunsch will ich gern nachkommen. Jeden Abend, wenn mich Homer in Ruhe lässt, werde ich euch von den unsterblichen Taten des Vielklugen berichten.

Doch nun Öl bei die Fische, werdet ihr sagen. Gut, ich will euch nicht weiter auf die Folter spannen und euch die Geschichte erzählen, die ich in Ithaka und in den Tavernen von Chios und Smyrna und selbst bei den Persern gehört habe. So wie ich es erzähle, hat es Homer nicht erzählt. Meine Geschichten sind zugegebenermaßen auch nicht so fein gesponnen, sondern handeln von Rotz und Wasser, Dreck und Schmerz und Mord. Ich hoffe, dass ihr mir zugestehen werdet, dass sie voll Leben dampfen. Wenn ihr Erbauliches über Götter hören wollt, dann haltet euch an Homers Verse. Die Götter kommen in meiner Geschichte nicht allzu oft vor. Klar, ganz kommt man ohne sie nicht aus, da geht es mir wie jedem, der sich über des Geschickes Mächte wundert. Beim Zeus, irgendjemand muss uns doch wie kleine Bauklötze hin und her schieben? Aber seien wir mal ehrlich: Ist euch Apollon je leibhaftig erschienen? Aber vielleicht glaubtet ihr in einem Hain einmal seine Lyra zu hören, vielleicht nach einem guten Mahl mit süßem Wein aus Samos, sanft dahindämmernd unter dem Schatten eines Ölbaums? Nun ja, so sehen auch meine Begegnungen mit den Göttern aus.

Natürlich fängt meine Geschichte auch in Troja an. Deswegen gilt nach wie vor das Sprichwort: Troja ist an allem schuld. Doch nun zu unserem Helden Odysseus. Ihr wollt wissen, wie er wirklich aussah? Ein Apollon war er jedenfalls nicht. Kurzbeinig, breitschultrig und mit rötlichem Haar und kurzem Vollbart. Schöne Augen soll er gehabt haben, eine griechische Nase und … ein herrliches Lachen. Oh ja, von ihm lässt sich das homerische Gelächter ableiten. Er hinkte zudem, da er von einem Eber an der Hüfte verletzt worden war. Man kann ihn je nach Einstellung beredsam oder einen Prahlhans nennen. Auf jeden Fall hatte er einen beweglichen Geist, und die Bezeichnung listenreich ist sicher nicht übertrieben. Nun wisst ihr, dass der Vielkluge das krasse Gegenteil von Achilleus war, den man meiner Meinung nach total überschätzt. Ich halte ihn für einen tumben Sturkopf, Totschläger und Langweiler. Doch nun zu meiner Geschichte.

Also, was Homer verschwiegen hat: Paris war nicht zuerst bei Menelaos in Sparta, sondern besuchte Odysseus auf Ithaka. Tja, da staunt ihr. Ich habe es von Eumaios erfahren und der von seinem Vater und der wiederum … ihr wisst schon. Odysseus war gerade König geworden, nachdem sein Vater Laertes zu seinen Gunsten abgedankt hatte, weil er es leid war, sich mit den ungebärdigen Ithakesiern herumzuschlagen. Natürlich nahm Odysseus den Sohn des Königs Priamos gastlich auf, schließlich ist das bei uns Griechen ein Gebot der Götter. Und Paris, dieser Schlingel, bedankte sich damit, noch bevor er die Helena klaute – wenn sie ihm nicht sogar freiwillig folgte – indem er den heiligen Speer der Athene aus Ithaka entführte.

Man hatte für den Gast ein großes Fest gegeben, und viel Wein war geflossen. Penelope, die nicht so eine taube, frigide und langweilige Träne war, wie Homer sie darstellte, sondern ein saftiges Weib, machte dem Paris schöne Augen. Der trojanische Lümmel sah tatsächlich so aus, als hätte er dreimal „Hier“ gerufen, als Zeus die Schönheit verteilte. Bei Klugheit und Mut muss er hingegen weggehört haben. Jedenfalls war es eine tolle Feier, und alle haben dem Wein vielleicht zu wenig Wasser beigemischt, und Dyonisos hatte an dem Besäufnis seine helle Freude, und in der Nacht ist es dann passiert.

Am nächsten Tag hat man sich erst einmal gewundert, dass sich der geehrte Gast auf kretisch verabschiedet hat. Dass dies den Speer der Athene mit einschloss, hat man erst am Mittag bemerkt, als der vielkluge Odysseus mal wieder seiner Lieblingsgöttin opfern wollte. Da gab es natürlich ein großes Wehklagen. Mit dem Speer hatte es so seine Bewandtnis. Es ist die Waffe der Athene. Jeder weiß doch, dass sich Athene niemals ohne Speer zeigt. Diesen Totmacher hatte Hephaistos eigentlich für Poseidon geschmiedet, doch Zeus gefiel das Ding auch und so hat er es sich unter den Nagel gerissen, denn schließlich war er der Göttervater. Doch als er das Spielzeug leid war, schenkte er es seiner Lieblingstochter Athene. Ist doch bekannt, dass es mit Zeus und Athene eine besondere Bewandtnis hat, schließlich hat sie der Gottvater aus seinem eigenen Kopf geboren. Na, lassen wir das. Jedenfalls hat Poseidon dann Ansprüche auf den Speer angemeldet. Immerhin ist er der Bruder des Zeus. Gegen Zeus konnte er nichts machen, aber Athene gönnte er die Waffe nicht. Es gab eine sehr unfeine Kabbelei. Poseidon ließ die Meere aufwühlen, Athene Feuersäulen aufsteigen, und Zeus wurde es dann zu bunt und hat den Totmacher vom Olymp auf die Erde geschleudert. Warum der Speer ausgerechnet auf dem staubigen Ithaka landete, weiß kein Mensch. Jedenfalls hat einer der Altvorderen des Laertes das Ding plötzlich aus einem Rosenbusch gezogen und es dem Standbild der Athene im Tempel in die Hand gegeben und daraus sein Königtum abgeleitet. Seitdem haben die Könige von Ithaka ein besonderes Verhältnis zu Athene, was Homer auch immer wieder besingt, und darauf verwies auch Odysseus, denn schließlich hat Athene den Speer nicht zurück verlangt. Das Ding verstaubte also im Tempel, und Paris dachte sich wohl: Die Waffe kann ich gut gebrauchen, wer weiß, was auf mich noch zukommt. Kurz, Paris war da und weg und der Speer mit ihm, und kurze Zeit später hörte Odysseus, dass auch Helena weg war, die dumme Kuh.

Nun hatte Odysseus ein Problem. Ohne die heilige Waffe war sein Königtum zumindest fragwürdig. Jeder im Volk fragte sich mit Recht: Was haben wir da für einen König, wenn er nicht mal auf den Speer der Athene aufpassen kann? Es drohte also Ärger.

Also, mit acht Schiffen nach Sparta, dem Paris hinterher. Alle jungen Leute waren froh, dass endlich etwas passierte, und so zog Odysseus mit sechshundert Kämpfern los. Also segelte er flugs dem Paris nach, was natürlich einen gehörigen Krach mit Penelope auslöste, die gerade von Telemachos entbunden worden war, und, wie man weiß, sind die Frauen nach dem Gebären ein wenig schwierig. Er war heilfroh, ihr Keifen nicht mehr ertragen zu müssen. Als Ehemann war Odysseus, wie wir noch sehen werden, eine krasse Fehlbesetzung.

Doch Odysseus kam zu spät. Menelaos greinte ihm etwas vom Verlust seines Weibes vor, sprach von Schmach und verletzter Ehre. Die Spartaner waren schon damals nicht besonders hell im Kopf, und so ging es gemeinsam weiter nach Mykene zu Agamemnon, der schon lange einen Grund suchte, den Großkönig, also Basileus, spielen zu können und der von einer Schande für ganz Griechenland sprach. Er rief also alle Völker der Achaier zusammen und redete und redete, unter anderem von verletzter Gastfreundschaft und vor allem von Beute, und weil es den Fürsten auf ihren Inseln überall sehr langweilig war, sagten alle zu. Odysseus vor allem, weil er wusste, dass er ohne den verdammten Speer ohnehin nicht zurückkommen brauchte.

Mit tausend Schiffen fuhren die Achaier gen Troja. Dass Odysseus ein kleiner Zaunkönig war, sieht man daran, dass er nur acht Schiffe zusammenbrachte, Achilleus dagegen einhundert. Nun glaubt nur nicht, dass die Söhne von Ithaka wegen des heiligen Speeres mit Odysseus losgezogen waren. Nein, die nahmen den Raub der Helena und den Speer zum Anlass, ein bisschen Spaß zu haben. Ganz ehrlich: Es ging ums Beutemachen und um Brandschatzen, Huren und Schänden und all das, was so der Zeitvertreib vornehmer junger Herren ist. Ihr merkt schon, dass nichts Göttliches, sondern allzu Menschliches in meiner Geschichte vorkommt. Sie fängt auch nicht so vornehm und erhaben an wie:

Singe den Zorn, oh Göttin, des Peleiaden Achilleus,

Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Ais sendete …

Nein, meine Geschichte fängt damit an, dass die Achaier ziemlich mutlos im Kriegsrat zusammensaßen und soffen und furzten und nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Und ihr könnt sicher sein, dass am Ende meines Berichtes vom Olymp her das Gelächter des Odysseus dröhnt. Aber nun muss ich für heute Schluss machen, Homer ruft nach mir. Dabei war ich gerade so schön im Schwung …

2.

RATLOSE HELDEN VOR TROJA.

Alte Männer können höchst ungeduldig sein. Mein Herr wollte nur, dass ich ihm den steifen Nacken massiere. Dabei musste ich mir wieder einmal anhören, dass früher alles besser war, und warum und wieso die jetzigen Jüngelchen nichts taugen und keinen Charakter, Anstand und Mut besäßen und deswegen unsere Zukunft verspielen würden. So sind sie nun mal, die alten Herrschaften. Also, was ich jetzt erzähle, stimmt im großen und ganzen noch mit dem überein, was mein guter Homer sich zusammengereimt hat. Ich werde euch allerdings mal genauer aufdröseln, wie das mit dem trojanischen Pferd ablief.

Es regnete junge Hunde vor Troja, wie man so sagt. Der Sturm trieb die Wellen des Skamanders gegen die Schiffe, und diese ächzten, als wären sie alte Weiber mit ihren Kiepen auf dem Rücken. Die Helden saßen im Königszelt des Agamemnon zusammen. Menelaos, Aias, Diomedes, Nestor und Neoptolemos, der Sohn des Achilleus, und natürlich Odysseus, der Vielkluge. Was ich nun erzähle, erklingt nicht so erhaben wie die Ilias, aber deswegen ist es nicht weniger wahr als Homers Verse. Womit alles gesagt ist. Ihr versteht, was ich meine?

Sie saßen nun schon seit dem Morgen zusammen und starrten in das Feuer auf dem Dreifuß und waren genau so ratlos wie im ersten Licht der rosenfingrigen Eos und schütteten einen Becher nach dem anderen in sich hinein, und Agamemnon pupste und sagte zum wiederholten Mal: „So geht es nicht weiter, Männer!“

Das wussten die anderen auch, und es löste nur zustimmendes Kopfnicken aus, und Agamemnon sah sie an, als hätten sie dies zu verantworten und er wäre außen vor. Doch sie kannten dies schon an ihm und nahmen es hin wie den Sturm draußen, der die Zeltplane kräftig knattern ließ.

„Wir haben gekämpft und gelitten, und was hat es gebracht?“ klagte der eisenherzige Aias, der zwar nicht den Ruf hatte, besonders schlau zu sein, dafür aber wegen seiner Kühnheit und seines fröhlichen Darauflosschlagens sehr beliebt war. So ist das nun einmal. Man liebt nicht die Schlauen und schon gar nicht die Weisheit, sondern die tumben Totschläger. Was er dann von sich gab, war auch keine Neuigkeit, verursachte aber allgemeines Hinterkopfkraulen.

„Die Mannschaften sind kurz vor dem Meutern. Gestehen wir es uns ein. Troja ist nicht zu erobern!“

Dies hatten sich alle zwar heimlich auch schon eingestanden, aber dass er, der Hekatomben von Trojanern in den Hades geschickt hatte, sich nun offen dazu bekannte, war bedenklich genug.

Nur der heldenmütige Diomedes wollte noch nicht die Segel streichen, nicht, weil er nicht auch zu gleichen Erkenntnis gekommen war, sondern weil er seinem Ruhm gerecht werden wollte, hatte er doch beim Kampf mit Hektor zumindest ein Unentschieden herausgeholt.

„Noch ein letzter Angriff!“ rief er mit herausforderndem Blick. „Ein letzter Versuch noch. Ich will nicht zu Hause bekennen müssen, dass hier Tausende von uns umsonst gestorben sind. Stellt euch einmal vor, was kommende Generationen von uns sagen werden. Sie lagen vor Troja und mussten wie getretene Hunde wieder abziehen? Das Gelächter möchte ich nicht hören.“

Er redete, wie er reden musste, und für sein einfaches Gemüt liebten ihn ja auch die Mannschaften. Aber besonders klug oder logisch war es nun wirklich nicht, denn sie hatten ja schon zigmal versucht, Troja zu erstürmen. Der weise Nestor schüttelte sein weiß umrahmtes Haupt.

„Wir haben es mit Achilleus nicht geschafft! Woher nimmst du die Zuversicht, dass wir es jetzt schaffen? So viele der Edlen sind gestorben. Nein, meine Fürsten, gestehen wir es uns ein: Es war keine gute Idee hierher zu kommen. Die Götter wollen nicht, dass wir Troja bezwingen.“

So sprach der weise Alte und schüttelte abermals sein weiß umrahmtes Haupt. Die Helden grunzten und schütteten noch mehr heißen Wein aus dem Mischkrug in ihre goldenen Becher, und ihre Augen wurden immer glasiger.

„Dann soll ich ohne Helena nach Sparta zurück–kehren?“ jammerte Menelaos. „Die Schande ertrage ich nicht!“

„Willst du vor Troja sterben?“ fragte Odysseus mit süffisantem Lächeln.

„Lieber das, als ohne Aphrodites Ebenbild zurückzukommen.“

Er redete also so dümmlich daher, wie er immer redete, und alle zuckten mit den Achseln, und Odysseus verdrehte die Augen.

„Wer redet denn vom Sterben? Das bringt nur Unglück“, brummte Neoptolemos, der Jüngste in der Runde. Er gab sich stets Mühe so zu reden wie sein Alter und wollte nun dem Diomedes nicht nachstehen.

„Ja. Wir sollten es noch einmal versuchen. Gleich jetzt. Das Wetter ist lausig genug. Die Trojaner hocken sicher am Herdfeuer und wärmen sich die Hände, und die Wachen auf den Mauern können keinen Speerwurf weit sehen.“

Odysseus seufzte über so viel Unvernunft.

„Wir haben schon so manches Mal bei schlechtem Wetter vergeblich angegriffen und dabei gute Männer verloren. Es wurde genug gestorben“, wandte er ein und dachte sich sein Teil, dachte, was für Esel sind doch die Herrscher der Welt, der eine will sterben, weil er nicht auf die Liebesnächte mit einer blöden Gans verzichten will, der andere hat nichts als seinen Ruhm im Kopf und der Dritte will seinen Vater übertreffen, und Agamemnon fällt nichts ein, will weiterhin nur den Basileus spielen. Aber auch er, der Listenreiche, hatte gute Gründe nicht heimzusegeln, denn ohne den Speer der Athene brauchte er erst gar nicht Ithaka betreten. Ohne den angerosteten Spieß konnte er keinen Anspruch auf den Königsthron erheben. Das Volk verlangte, dass der Speer im Athene–Tempel vor sich hin zu rosten hatte. Er konnte sich also auch nicht mit eingezogenem Schwanz davonmachen.

„Vielkluger Odysseus, erkläre dich“, drängte Nestor. „Dir ist doch noch immer etwas eingefallen.“

„Nichts ist ihm in letzter Zeit eingefallen, nichts was uns weiterbrachte“, murrte Menelaos. „Was ist denn von einem aus Ithaka auch schon groß zu erwarten. Mit Schlaumeiereien erobern wir Troja nicht!“

„Letztendlich entscheidet das Schwert. Darin liegt die ganze Wahrheit“, unterstützte ihn Aias, der sich über Odysseus’ flinke Zunge oft genug geärgert hatte. Deswegen schlug er sich nun auf Menelaos’ Seite.

„Wir können uns ja wieder mal blutige Köpfe an den Mauern holen. Nur zu, opfern wir noch einmal unsere heldenmütigen Söhne!“ erwiderte Odysseus ironisch.

„Wir sollten uns auf den rechten Wehrturm vor der Zitadelle des Priamos konzentrieren, der sieht bereits ganz schön ramponiert aus. Vielleicht gelingt es uns dort, bei einem massiven Angriff den Durchbruch zu erzwingen. Alle Kräfte auf den rechten Wehrturm“, schlug Neoptolemos vor.

„Unsere Männer stehen dicht vor einer Meuterei. Noch ein Blutbad und sie werden sich gegen uns wenden!“ mahnte Odysseus und nahm aus der goldenen Schale auf dem Dreifuß neben ihm ein paar Nüsse und Rosinen und warf sie sich in den Mund.

„So geht das nicht weiter“, wiederholte Agamemnon.

„Wenn wir nur wüssten, wie es um die Trojaner steht“, dachte Odysseus laut, sprach mehr zu sich selbst, als dass er seine Mitfürsten meinte, denn er sagte sich mit Recht, dass nicht nur sie, die Griechen, den Krieg langsam satt hatten, sondern dass die Trojaner ähnliches denken mochten, denn sie konnten sich ja nicht einmal durch Raub und Plünderungen aus dem Umfeld der Stadt ernähren.

„Und wenn wir das wissen, was dann?“ fragte Nestor sanft, hoffte, dass nun Athene oder eine andere Gottheit Odysseus die rettende Idee gebracht hatte.

„Dann könnte man sich schon etwas ausdenken“, antwortete der Listenreiche vage, denn was dann zu tun sei, wusste er auch noch nicht. Allerdings war ihm die menschliche Schwäche vertraut, dass man die Welt gern so sehen wollte, wie es den eigenen Wünschen entsprach.

Ein Sklave kam herein, und hinter ihm drängten sich Agamemnons herrliche Stuten ins Zelt, prächtige Tiere, die einen Stammbaum hatten, der bis auf die Pferde des Apollon zurückreichte. Sie hatten einst Hektor gehört, und Achilleus hatte sie diesem abgenommen, und nach dessen Tod machte Agamemnon Besitzrechte geltend, was ihm Neoptolemos immer noch übel nahm und beinahe zu einem Streit geführt hätte, wie der zwischen Agamemnon und Achilleus um die vielhübsche Sklavin Briseis.

„Deine Schönen wollen sich von dir verabschieden, ehe sie sich zur Ruhe begeben“, sagte der Pferdeknecht.

Agamemnon erhob sich und tätschelte die Hälse der Tiere und gab ihnen von den Nüssen, und diese schnaubten dankbar und drückten ihre Nüstern in seine Hände.

„Die Trojaner lieben doch Pferde mehr als alles andere auf der Welt, mehr noch als die fürchterlichen und pferdeverliebten Hethiter“, sagte Odysseus nachdenklich.

„Ja. Und weiter?“ fragte Nestor. In seinen Augen glimmte Hoffnung auf. Als einziger unter den Fürsten wusste er die Klugheit des Listenreichen zu schätzen.

„Was bestimmtes schwebt mir noch nicht vor. Aber wenn man eine Sache zu sehr liebt, dann ist es meist auch eine Schwäche, seien es nun Weiber, Gold, Ruhm oder … Pferde.“

Menelaos verzog das Gesicht, und auch Agamemnon war über diese Bemerkung nicht besonders glücklich, und die anderen empfanden sie auch nicht gerade als taktvoll.

„Ja. Die Trojaner sind pferdeverrückt“, stimmte Nestor zu. „Nicht umsonst sprach man immer vom rossebändigenden Hektor.“

„Was soll das nun mit dem Gequatsche über Pferde?“ fragte Aias ratlos und starrte die anderen an, und auch diese zuckten mit den Achseln.

„Er spielt mal wieder den Schlaumeier“, brummte Menelaos.

„An was denkst du? Ich merke doch, dass sich bei dir eine Idee Bahn bricht“, drängte Nestor.

„Abwarten. Es muss irgendetwas mit Pferden zu tun haben“, erwiderte Odysseus. „Aber erst einmal muss ich wissen, wie es in der Stadt steht. Dann wird mir schon etwas einfallen.“

„Mückenschiss!“ brummte Aias.

Menelaos warf Odysseus einen Blick zu, der ähnliches besagte.

„Außer klug daher reden können die Könige von Ithaka nichts. Die Insel hat wahrlich bessere Fürsten verdient.“

„Dich vielleicht?“ höhnte Odysseus.

„Wir Atriden haben göttliches Blut in uns“, erwiderte Menelaos und warf sich in die Brust. Sein Hochmut und Stolz hatte schon zu manchem Zwist geführt. Er akzeptierte eigentlich nur seinen Bruder Agamemnon, alle anderen Fürsten hielt er für Bauern, was bei Odysseus nicht ohne Hintergrund war. Er, Odysseus, war der einzige unter ihnen, der seinen Acker zu pflügen verstand, der die Sichel kraftvoll zu schwingen wusste und selbst als Tischler keine schlechte Figur abgab. Als König von Ithaka blieb einem schließlich nichts anderes übrig, als dem Land mit eigenen Händen das Brot abzuringen.

„Also, was soll nun das ganze Gerede, Odysseus?“ fragte Agamemnon, nachdem er die herrlichen Stuten hinausgeschickt und sich wieder gesetzt hatte.

„Ich werde mich nach Troja hineinschleichen.“

„Na schön, und dann? Wenn du überhaupt wieder herauskommst“, fragte Neoptolemos.

„Werden wir die Stadt knacken!“

„Knacken?“ fragte Agamemnon ratlos und zupfte seinen schönen, reich bestickten Mantel zurecht und machte sein Basileusgesicht, zeigte also jene Blasiertheit und jenen Hochmut, der ihn manchmal unerträglich machten, den er aber als König für angemessen hielt.

„Ich will wissen, wie sehr sie sich den Frieden erhoffen.“

„Gehen wir mal davon aus, die wollen den Frieden genau so wie unsere Mannschaften. Was dann?“ drängte Diomedes, der Odysseus trotz ihres unterschiedlichen Gemütes schätzte, dessen Schwertkunst rühmte, obwohl der Listenreiche nicht viel davon hermachte und dies nicht für wesentlich ansah, sondern seinem Kopf vertraute, worin er sich natürlich sehr von den anderen Helden unterschied.

„Odysseus, der Spinner!“ murrte Menelaos. „Ich bin dafür, dass wir noch einmal alle Kräfte auf den Turm vor der Zitadelle konzentrieren.“

„Wer ist dagegen?“ fragte Agamemnon und sah herrisch in die Runde, und sein Gesichtsausdruck sagte, dass niemand dagegen sein solle.

Alle schauten zu Odysseus.

„Ja. Macht nur! Ich bin auch dafür.“

„Warum denn das so plötzlich?“ fragte Aias höhnisch.

„Während ihr euch an den Mauern die Köpfe einrennt und sich die Trojaner darum kümmern, dass ihr nicht in die Stadt kommt, werde ich mich unbemerkt hineinschleichen können.“

„Du willst es also tatsächlich wagen?“ fragte Nestor, und alle merkten auf, denn es war schon klar, dass dies einem Besuch in der Höhle des Löwen gleichkam.

„Ja. Nur so erfahre ich die Stimmung unter den Trojanern.“

„Die Ithakesier sind nur als Spione zu gebrauchen. Ein feiner Held bist du!“ spottete Menelaos.

„Komm! Lass ihn nur machen“, beruhigte Agamemnon den Bruder. Dumm war der Basileus nicht. Er kalkulierte durchaus ein, dass auch dieses erneute Anrennen ergebnislos sein könnte, und dann war vielleicht die Klugheit des Odysseus gefragt.

„Auf jeden Fall kann es nicht schaden, wenn wir über die Stimmung in Troja Bescheid wissen“, beschied er dem Bruder und winkte energisch mit dem Königsstab, an dessen Ende das Antlitz des Zeus glänzte.

Sie tranken noch einen Schluck auf die unsterblichen Götter und schütteten den Rest des Weines ins Feuer, so dass die Funken aufsprühten, und nickten sich zu und verließen das Königszelt. Nur die beiden Brüder blieben missmutig zurück.

Es stürmte immer noch. Der Regen prasselte ihnen ins Gesicht. Odysseus wollte sich gleich zum Lager der Ithakesier aufmachen, das am anderen Ende der Palisadenmauer lag, jedoch Nestor hielt ihn zurück.

„Auf ein Wort, edler Odysseus. Du hast doch sicher bereits einen Plan?“ fragte er neugierig mit der Hartnäckigkeit alter Männer.

„Nein. Wirklich nicht. Doch nun geh in dein Zelt. In deinem Alter ist es nicht gut sich zu erkälten, weisester aller Griechen.“

Nestor schüttelte den Kopf. Das weiße Haar klebte an seinem Schädel wie eine Kappe. Die Regentropfen liefen ihm über das Gesicht, den Tränen gleich.

„Sprich“, wiederholte er.

„Ich weiß nur, dass wir uns morgen vor dem Wehrturm, so beschädigt er auch aussehen mag, wieder die Köpfe einrennen. Mit dem Schwert ist Troja nicht zu erobern. Das klügste wäre, wir würden abziehen. Von meinen sechshundert Männern sind bereits hundert gefallen, und ich werde mich in Ithaka deswegen zu verantworten haben. Wenn mir Paris nicht den Speer der Athene gestohlen hätte, wäre ich gar nicht Agamemnons Aufruf gefolgt. Aber so blieb mir gar nichts anderes übrig als mitzuziehen, dem Atriden Gefolgschaft zu leisten, dem es ja auch nicht um die liebestolle Helena geht, sondern darum, den Großkönig aller Achaier zu spielen und natürlich um Gold und das Durchfahrtsrecht nach Kolchis.“

„Wir haben alle unsere Gründe, die nichts mit Helena zu tun haben“, gab ihm Nestor recht und wischte sich das nasse Gesicht ab. „Nicht wegen der läufigen Hündin kamen wir an das Ufer des Skamanders, sondern um uns vom Wegezoll zu befreien und um uns Trojas Schätze anzueignen. Ich habe den Eindruck, die Götter mögen unsere Gründe nicht. Aber schließlich haben sie uns so geschaffen, wie wir sind. Deswegen können sie sich eigentlich nicht über uns beschweren.“

„Nein, Nestor. Sie haben in uns nicht nur die Gier angelegt, sondern auch einen Kopf mitgegeben, der nicht nur zum Prassen und Saufen da ist.“

Nestor kicherte. „Odysseus, dein Kopf verleitet dich manchmal zu dem Glauben, dass du wie ein Gott denken kannst.“

„Sind wir den Göttern nicht verdammt ähnlich?“ erwiderte der Vielkluge zynisch, und Nestor hob warnend den Finger und wandte sich seinem Zelt zu.

„Empedokles, begleite den weisen Nestor zu seinem Zelt und komm dann nach“, forderte Odysseus seinen Freund und Leibdiener auf, der vor dem Zelt des Königs gewartet hatte und entsprechend nass und missgelaunt war.

Odysseus stolperte weiter, die langen Zeltreihen entlang zu dem kleinen Lager hin, wo die Ithakesier innerhalb der Befestigung ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Es war bereits Mitternacht. Der Mond glühte verschwommen hinter dunklen Wolken. Der Wind trieb ihm den Regen ins Gesicht. Er hatte das Lager fast erreicht, als hinter einem Zelt sechs Männer hervortraten, was um diese Nachtzeit ungewöhnlich genug war. Noch ungewöhnlicher war es, dass sie ihm hier im Lager der Griechen mit Schwertern entgegentraten. Ihre Gesichter versteckten sie hinter schweren Mänteln, und Odysseus war klar, dass sie ihm nicht nur Hand schütteln und eine gute Nacht wünschen wollten.

Nun ging er niemals ohne sein Schwert aus dem Zelt, eine breitzüngige Waffe aus uralter Zeit, die schon sein Vater und dessen Vater gute Dienste geleistet hatte, und er zog sie und rief den Männern zu:

„Was soll das? Ich bin Odysseus, Fürst von Ithaka.“

„Dann haben wir den Richtigen!“ brüllte einer der Männer, ein Bulle von einem Kerl, der durch den Mantel noch größer wirkte, als er ohnehin schon war.

Odysseus stellte sich an die gegenüberliegende Zeltwand, um den Rücken frei zu haben und schickte ein Stoßgebet zu Athene, seiner Schutzpatronin. Schon nach den ersten Schlägen merkte er, dass die Männer keine versierten Schwertkämpfer waren, schon gar nicht so gewandt waren wie Diomedes, Neoptolemos und Aias. Es gelang ihm ohne Mühe, den ersten Ansturm abzuwehren, und so ging es eine Weile hin und her. Ausfall und Parade und wieder Ausfall, und zwei der Meuchler erwischte Odysseus sofort an der Schulter, aber auf die Dauer hätte er gegen die Übermacht vielleicht doch Schwierigkeiten bekommen, was nicht heißen soll, dass sie ihn besiegt hätten, aber ohne Verletzung wäre er wohl kaum davongekommen. Plötzlich tauchte hinter den Meuchlern ein Kugelblitz auf und streckte brüllend einen Mann nieder, und Odysseus wusste, dass sein guter Empedokles, sein Leibdiener, Sklave und Freund ihm zu Hilfe gekommen war. Die drei anderen Meuchler nahmen auch sofort Abstand von ihrem Vorhaben, den Fürst von Ithaka zum Hades zu schicken, nahmen also ihre Beine in die Hand und verschwanden im dichten Regen. Drei Verletzte jammerten am Boden und Empedokles zog ihnen den Mantel vom Gesicht.

„Skythen!“ sagte er verächtlich. „Gedungenes Mordgesindel!“

Er wollte sie nun dorthin schicken, wo sie Odysseus hatten hinschicken wollen, aber dieser hielt ihn auf.

„Halt! Nicht so voreilig. Wer hat euch geschickt?“ schrie er sie an und da ihnen Empedokles sein Schwert vors Gesicht hielt, entschieden sie sich auch sofort zum Reden.

„Man hat uns ein halbes Talent Gold versprochen, wenn wir dich …“ stotterte der Größere von den beiden.

„Wer?“

„Wir kennen den Mann nicht. Aber nach seiner Aussprache muss es jemand von deiner Insel gewesen sein.“

Odysseus sah Empedokles an und dieser starrte genau so erstaunt zurück.

„Der Mann lügt!“ brummte Empedokles, und Odysseus deutete mit der Linken zur Kehle.

„Mach es kurz mit ihnen.“

Empedokles ließ sich nicht lange bitten und beendete das Erdendasein der Mordbuben. Sie warfen die Leichen in den Skamander, der bereits so viele Tote aufgenommen hatte.

„Glaubst du wirklich, dass einer von unseren Leuten dir ans Leben wollte, Herr?“ fragte Empedokles, als sie sich ihrem Zelt zuwandten.

„Nein! Das war sicher ein Täuschungsmanöver. Jemand hat unsere Mundart nachgeahmt.“

Sie wollten gerade das Zelt betreten. Empedokles schlug die Plane zurück, als Odysseus einen Laut hörte, den er zur Genüge kannte. Ein Pfeil riss neben ihm ein Loch in die Zelthaut.

„Wirf dich hin!“ brüllte Odysseus Empedokles zu und warf sich gleichfalls auf den Boden. Ein zweiter Pfeil kam herüber. In der Dunkelheit und hinter der Regenwand konnte Odysseus nun einen Schemen zwischen den Zelten des gegenüberliegenden Lagers ausmachen. Wieder kam ein Pfeil und zerriss die Zeltwand hinter ihnen.

„Er schießt sich langsam ein“, zischte Odysseus und robbte sich langsam vorwärts zum Lager des Aias hinüber und sprang auf und rannte schreiend auf den Schützen zu. Nun hätte ihn dieser leicht abschießen können, aber dazu reichte der Mut des Bogenschützen nicht, denn schließlich kam der vielgerühmte Odysseus auf ihn zu. Der Schemen löste sich in der Regenwand zwischen den Zeltreihen auf. Odysseus fand nur einen thrakischen Bogen, was nicht viel aussagte. Im Heer der Griechen gab es viele Thraker, Skythen und einige Bergvölker aus Makedonien, die sich dem Kriegszug der Achaier angeschlossen hatten.

„Da gibt es jemanden, der dich überhaupt nicht mag!“ stellte Empedokles grinsend fest, als Odysseus ihm den Bogen überreichte. „Zwei Attentatsversuche zeugen von einer heftigen Leidenschaft.“

Sie betraten das Königszelt des Listenreichen, das aber längst nicht so prächtig war wie das des Agamemnon, sondern sich von den Mannschaftszelten nur durch seine Größe unterschied. Die Diener hatten auf ihren Herrn gewartet. Auf dem Dreifuß schwelte ein Feuer. Odysseus zog seinen Chiton aus und warf das Kleid den Dienern zu und ließ sich von ihnen abtrocknen.

„Ruf die Edlen zusammen!“ sagte Odysseus zu seinem Freund, als sie bei einem guten Becher warmen Weins zusammensaßen.

„Was? Jetzt noch?“ fragte dieser erstaunt, während er sich den Oberkörper von den Dienern abrubbeln ließ. Empedokles war wahrlich kein schöner Anblick. Er war nicht viel älter als Odysseus, vielleicht dreißig Lenze, aber er hatte bereits einen mächtigen Bauch, aber auch gewaltige Schultern und Muskeln wie ein Herkules und ein fleischiges Schweinchengesicht. Sein Kopf war bereits kahl. Gemütliche braune Augen blitzten über einer breiten Nase, weswegen er auch oft unterschätzt wurde. Schon sein Vater war Leibsklave des Laertes gewesen, und Empedokles diente Odysseus mit der gleichen, fast hündischen Ergebenheit. Sie kannten sich seit Kindertagen, und Odysseus liebte ihn wie einen Bruder, zumal er nicht nur stark und von zupackender Natur war, sondern auch höchst gewitzt und von nicht zu überbietender Anhänglichkeit. Die Bezeichnung ‚Kugelblitz’ traf es, denn er bewegte sich trotz seiner Körperfülle sehr gewandt und schnell.

„Ja. Ich will morgen nach Troja hinein und muss ordnen, was während meiner Abwesenheit zu geschehen hat.“

Empedokles starrte ihn an, als hätte Odysseus gerade den Zeus gelästert, auf jeden Fall etwas gesagt, dass so unsinnig war, als würde man den nächsten Aufgang der Sonne infrage stellen.

„Du forderst die Götter heraus!“ rief er entrüstet.

„Lass die Götter aus dem Spiel, die haben genug mit sich selbst zu tun. Hol die Edlen!“

Doch so leicht war Empedokles nicht abzuspeisen, zumal er seine eigene Meinung über die Klugheit der Fürsten hatte, was auch seinen eigenen Herrn mit einschloss, wenn er diesem auch zugestand, dass er von allen, die sich Edle, Fürsten oder König nannten, der Gewitzteste war. Im Übrigen maß er alle und alles an den einfachen Regeln des gesunden Menschen–verstandes und hielt die Herren für das wahre Leben für schlecht ausgebildet, was sicher in dem einen oder anderen Fall zutraf und mit großen Namen wie Achilleus belegt werden konnte.

„Ich komme auf jeden Fall mit!“ trumpfte er auf. „Ohne mich bist du in Troja verloren.“

„Du bleibst hier. Zwei Männer fallen zu sehr auf. Außerdem siehst du für einen Trojaner zu wohlgenährt aus.“

Die Anspielung auf seine Leibesfülle beeindruckte Empedokles wenig, zumal sie seiner Anschauung nach nur ein sichtbarer Beweis dafür war, dass er es mit seinem Herrn gut getroffen hatte, also für diesen Ehre einlegte. Ihn beeindruckten auch nicht Odysseus’ Weigerung, ihn nicht mitzunehmen, geschweige denn die Argumente, denn er dachte nicht daran, Odysseus allein in dieses Abenteuer ziehen zu lassen.

„Kommt gar nicht infrage. Wir gehen zusammen nach Troja. Schließlich habe ich deinem Vater versprochen, auf dich aufzupassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Trojaner über deinen Besuch besonders erfreut sein werden, und da ist es allemal besser, du hast jemanden an deiner Seite, der dich vor irgendwelchen Dummheiten bewahrt.“

Odysseus zuckte mit den Achseln, wusste er doch, wie stur Empedokles sein konnte. Das kommt dabei heraus, wenn man sich den Diener, Sklaven gar, zum Freund nimmt. Der Unterschied zwischen Herr und Knecht war bei diesen beiden längst aufgehoben, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Frechheit schulterzuckend hinzunehmen, was Empedokles mit einem Grinsen quittierte.

Odysseus hatte gerade einen neuen Chiton übergezogen, als sie alle hereinkamen, diese Edlen von Ithaka, die sich auch Fürsten nannten und sich wie Könige vorkamen und nur ein paar stadiengroße Olivenhaine ihr Eigen nannten, gleichwohl in Odysseus nur den Ersten unter Gleichen sahen. Eurylochos, Eurybates, Perimedes, Polites, Anthipos, Achaemenides, Elpenor und Philotas sowie Odysseus’ jüngerer Bruder Miron drängten herein und setzten sich stöhnend auf die Schemel und blickten ihn missmutig an. Wer wird schon gern nach Mitternacht zum Obersten zitiert, wenn man obendrein ein paar Stunden zuvor ein paar gute Becher Wein getrunken hat? Odysseus ließ sich dadurch nicht beeindrucken und wies auf den Mischkrug und forderte sie auf, sich selbst einzuschenken. Sie sahen dies wohl als eine versöhnliche Geste und folgten der Aufforderung, und Odysseus erzählte, was der Rat beschlossen hatte.

„Sie wollen es noch einmal versuchen, noch einmal alle Kräfte auf den Turm vor der Zitadelle werfen und dann schauen, was sie erreicht haben. Sie werden nichts erreichen. Aber die Alternative ist, dass wir abziehen. Sie haben also Angst sich gehörig zu blamieren und zuhause verhöhnt zu werden.

„Aber du glaubst, dass es nichts bringt?“ fragte Eurylochos unwillig, der sich zu den ältesten Freunden zählte und sich darauf gehörig etwas einbildete und damit ihm, dem Listenreichen, oft genug auf die Nerven ging.

„Richtig. Mit Gewalt ist Troja nicht zu nehmen.“

„Na, freiwillig werden die uns wohl kaum die Tore öffnen“, spottete Philotas, der Cousin des Odysseus, speergewandt auch er, aber ständig in Opposition und beleidigt, wenn der Vielkluge nicht auf ihn einging.

„Wir werden also für nichts und wieder nichts Tote zu beklagen haben“, stellte Perimedes resignierend fest.

„So hat es der Kriegsrat beschlossen“, bekräftigte Odysseus.

„Glaubt denn jemand von denen, dass es klappen kann?“ fragte Philotas erregt.

„Nein. In Wirklichkeit glaubt keiner so recht daran“, gab Odysseus zu. „Sie machen alle mit, weil man nicht der erste sein will, der sich mit eingezogenem Schwanz davonmacht.“

„Du hast doch hoffentlich dagegen gestimmt?“ fragte Philotas herausfordernd.

„Nein. Ich habe dafür gestimmt.“

Alle sahen nun hoch und machten Gesichter, die entweder Neugier oder Verständnislosigkeit oder Empörung verrieten.

„Da habt ihr es!“ keuchte Philotas. „Odysseus ist wieder einmal dagegen und doch dafür. Welches Süpplein kochst du diesmal?“

„Hast du nicht immer gefordert, man dürfe den Menelaos nicht im Stich lassen?“ erwiderte Odysseus kühl. „Wir machen also mit. Aber ihr schließt euch den Mannschaften des weisen Nestor an. Er hat von allen den meisten Verstand und wird nicht ungestüm und selbstmörderisch die Mauern berennen.“

„Was heißt das? Wirst du denn nicht dabei sein?“ fragte Philotas misstrauisch. Er machte dabei ein Gesicht, als habe er gerade auf einen Pflaumenkern gebissen. Das Verhältnis zwischen Odysseus und Philotas war von der komplizierten Art. Er gehörte zum Königshaus der Laerten. Odysseus’ Vater hatte sich mit seinem Bruder eigentlich immer ganz gut verstanden, doch zwischen Philotas und Odysseus war schon seit den Kindertagen eine gewisse Rivalität, die durch die Verwandtschaftsbande nur mühsam im Zaum gehalten wurde. Er neidete Odysseus sein Königtum, verhielt sich zwar nicht offen feindselig, jedoch vermochte er seine Eifersucht nur schwer zu verbergen. Philotas sah besser aus als Odysseus, hatte die Gestalt eines Apollon und wurde wegen seiner Schönheit, seiner edlen Gesten und seines heldenhaften Auftritts vom Volk geliebt. Er war ein hervorragender Darsteller eines Königs, und viele Ithakesier hätten ihn ganz gern als König gesehen, jedenfalls lieber als den wie ein Bauer ackernden Odysseus. Als Laertes, Odysseus’ Vater, abdankte, hatte es einen Moment lang so ausgesehen, als wollten sich die guten Ithakesier diesen so herrlich anzuschauenden Jüngling zum König wählen; im letzten Augenblick entschieden sie sich dann doch für den Sohn des Laertes. Aber viel hätte nicht gefehlt, denn das Volk liebt nun einmal den schönen Schein und ist empfänglich für große Gesten und Schönredner.

„Ich werde mich in die Stadt schleichen“, bekannte Odysseus, und Philotas wieherte wie ein Pferd.

„Das ist ja mal wieder eine Idee!“ höhnte er. „Auf so einen Blödsinn kommt nur der vielgerühmte Odysseus!“

„Bruder, du begibst dich in eine tödliche Gefahr“, sorgte sich Miron, der seinen Bruder nicht nur bewunderte, sondern ihm sehr zugetan war, hatte sich dieser doch in seiner Kindheit um ihn gekümmert und war ihm Mutter und Vater gewesen, da die Frau des Laertes im Kindbett gestorben war. Er war gerade mal siebzehn Sommer alt, und Laertes hatte Odysseus den Schwur abgenommen, dass er auf den Jungen achtgeben würde, und dieser hatte dafür gesorgt, dass der Bruder dem Schlachtgetümmel fernblieb. Trotzdem verargte er dies Odysseus nicht, denn der Vielkluge war ihm wie eine Eiche, in deren Schatten er sich behütet fühlte. Miron war nicht von der heftigen, geschweige denn von kriegerischer Art. Auf keinen Fall war er zum Anführer und Krieger geeignet, aber dies braucht ja auch kein Nachteil zu sein.

„Ja. Es ist nicht ungefährlich“, gab Odysseus zu. „Aber ich muss wissen, wie es um die Trojaner steht. Auch sie haben tausende guter Kämpfer verloren. Viele Frauen beweinen ihre Ehemänner, Söhne, Brüder. Seit langem schon müssen sie sich die Nahrung einteilen. Das mauerbewehrte Troja werden wir nicht bezwingen, wenn man uns nicht freiwillig die Tore öffnet.“

Nun war es heraus. Die Gefährten sahen Odysseus an, als habe ihm ein Gott die Sinne durcheinandergebracht, und bis auf Philotas zeigten sie nun auch Besorgnis, denn wer hat schon gern einen Anführer, der seine sieben Sinne nicht beisammen hat.

„Und du glaubst, dass man dir die Tore öffnen wird?“ kreischte Philotas und schlug sich lachend auf die Schenkel.

„Nein. Aber ich weiß, dass sie genau so sehnsüchtig den Frieden wünschen wie unsere Mannschaften. So werden wir ihnen das bieten, was sie sich so sehnlich wünschen.“

„Nun hört euch das Gerede an!“ stöhnte Philotas.

„Und was wäre das?“ fragte Miron eifrig.

„Frieden und Freude über den Sieg.“

„Er ist verrückt. Ich sage euch, er hat den Verstand verloren“, kreischte Philotas.

„Nun sag doch, was du vorhast. Deine Worte sind uns dunkel“, forderte Eurylochos.

Aber Odysseus ging nicht darauf ein, konnte schon deswegen nicht darauf eingehen, weil er selbst noch nicht so genau wusste, wie dies anzustellen war. Doch der Listenreiche wusste, dass jeder Mensch anfällig für Torheiten ist, wenn diese seine Sehnsucht stillten. Das Ziel war ihm schon klar, nur der Weg dorthin noch nicht.

„Philotas, du übernimmst während meiner Abwesenheit den Oberbefehl. Riskiere nichts. Reihe unsere Mannschaften bei den Kriegern des Nestor ein. Ich werde morgen Nacht zurück sein und dann wissen, ob noch irgendeine Möglichkeit besteht, in die Stadt hineinzukommen.“

„Spinner!“ brummte Philotas, aber nun doch ganz zufrieden über die Aussicht, an Odysseus’ Stelle den Stellvertreter abgeben zu können. „Ich werde unsere Männer schon davor bewahren, sich blutige Köpfe zu holen“, versprach er eifrig. „Solltest du nicht zurückkommen, werde ich unsere Männer nach Ithaka einschiffen.“

„Du hoffst, dass Odysseus nicht zurückkommt?“ warf Eurylochos dem Philotas vor. „Ich kenne dich. Du lauerst schon lange darauf, dich zum König von Ithaka aufzuschwingen. Deine Hoffnungen werden sich nicht erfüllen.“

„Das ist doch Unfug. Niemand kann mir vorwerfen, dass ich es an Respekt dem König gegenüber fehlen lasse“, wehrte sich Philotas verlegen.

„Lassen wir das!“ schlichtete Odysseus den sich anbahnenden Streit, noch ehe er sich zum Brand ausweiten konnte und erzählte von den tückischen Attentaten. Bestürzte Gesichter waren die Folge.

„Der Auftraggeber sprach wie einer von Ithaka?“ frage Eurylochos entsetzt.

„Bestimmt eine Lüge!“ schnaubte Philotas.

„Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es einer von uns war“, stimmte Odysseus wider besseren Wissens zu, denn schließlich durfte dies nicht sein, durfte nicht mitten im Krieg einer von den eigenen Leuten dem König ans Leben wollen.

„Wie soll ein Skythe auch die Dialekte der Achaier so genau kennen? Niemand von unserer Insel ist eines solchen Verbrechens fähig.“

„Niemand!“ bestätigte Philotas.

„Dein Leben ist uns heilig“, ergänzte der junge Elpenor.

„Du stehst nicht besonders gut mit Menelaos“, warf Eurylochos nachdenklich ein. „Kann der dir die Skythen auf den Hals geschickt haben?“

„Er versteht sich auch nicht gut mit Aias“, setzte Perimedes lachend hinzu.

„Und Agamemnon murrt auch dauernd über den Besserwisser Odysseus“, kicherte Achaemenides.

„Viele Freunde hast du wirklich nicht“, warf Philotas Odysseus vor. „Das kommt davon, wenn man immer klüger als andere sein will.“

„Klugheit und Besonnenheit war im Kriegsrat der Achaier noch nie gefragt. Wir sehen ja, wohin wir mit ihren Ratschlüssen gekommen sind“, mischte sich Empedokles ein, was ihm von Seiten der Edlen einen bösen Blick eintrug, denn schließlich war er kein Fürst, nicht einmal ein freier Mann, sondern ein ganz gewöhnlicher Sklave, dem man den Schemel an den Kopf zu werfen pflegt, wenn dieser sich vorwitzig benimmt.

„Das Gesinde schweigt, wenn Edle miteinander Rat halten!“ schnauzte Philotas, warf den Kopf zurück und streckte das Kinn vor, eine eitle Gebärde, die er dem Agamemnon abgesehen hatte.

Als bis auf Miron und Empedokles alle gegangen waren, warnte Miron erneut den Bruder: „Muss das wirklich sein, Odysseus? Jeder im Heer der Achaier rühmt deine Klugheit, aber nimmst du dir diesmal nicht zu viel vor? Ich habe Angst um dich. Was wird aus uns, was wird aus Ithaka, wenn dir etwas passiert? Philotas bekam vorhin schon gierige Augen, als du ihn zu deinem Stellvertreter ernanntest.“

„Athene wird mich beschützen!“ erwiderte der Listenreiche und umarmte den Bruder, tätschelte liebevoll seine Wangen.

„Es geht mir nicht nur darum, wie es um die Troer steht“, bekannte er nun. „Ich will wissen, wo man den Speer der Athene aufbewahrt. Sollten wir die Stadt erstürmen können, will ich wissen, wo er ist und schnell in meine Gewalt bringen, ehe sich ein anderer das Heiligtum sichert und dann vielleicht Ansprüche anmeldet. Menelaos würde sich nur zu gern unsere Insel einverleiben. Mit seinem Gold, mit seinem Heer und mit dem Speer der Athene würde er sofort eine Anhängerschaft finden, wissen wir doch, wie unbeständig und empfänglich für Gold unser Volk ist.“

„Trotzdem. Ich mache mir Sorgen“, erwiderte der Bruder, und Odysseus klopfte ihm tüchtig auf den Rücken und schickte ihn mit beruhigenden Worten in sein Zelt zurück. Odysseus sorgte sich nicht über die möglichen Gefahren, sondern höchstens darüber, dass er den Speer in der fremden Stadt nicht gleich finden würde und sein Wagemut ins Leere stieß.

Am nächsten Morgen, das Heer der Achaier marschierte bereits den weißen Mauern Trojas entgegen, machte er sich, in Lumpen gekleidet, auf den Weg. Lumpen, die ihn wie einen Bettler aussehen ließen und nicht an den Helden erinnerten, und Empedokles sah nicht viel besser aus. Sie hielten sich gebückt und demütig, und niemand beachtete sie, als sie aus dem Lager schlichen und die Stadt in weitem Bogen umgingen, bis sie auf der dem Meer abgewandten Seite Trojas anlangten, die bisher von den Achaiern nicht berannt worden war, weil sumpfiges Gelände ein Heranführen der Mannschaften unmöglich machte.

Sie hörten in der Ferne bereits den Schlachtenlärm, als sie am Fuß der schroffen Felsen ankamen, auf dem die Mauern des nie bezwungenen Troja emporragten. Über ihnen, auf den Zinnen, waren keine Männer zu sehen, denn man hatte alle Mannschaften dorthin beordert, wo die Achaier ihre Angriffswellen vortrugen. Hier hatte man es nicht für nötig erachtet, die Wälle zu besetzen, denn Sumpf, Felsen und Mauern waren Wächter genug.

Empedokles warf ein Seil hoch, an dem er eine Eisenstange befestigt hatte, die sich oben in den Zinnen verhakte, und Odysseus machte sich als erster an den Aufstieg. Armbreite um Armbreite hangelte er sich hoch und erreichte schließlich das schwindelerregende Ende der mächtigen Mauern und kroch über die Brüstung auf den Wehrgang. Er vergewisserte sich schnell, dass ihn niemand beobachtet hatte und winkte Empedokles es ihm nachzutun. Dieser brauchte, bedingt durch seine Leibesfülle, etwas länger, bis er schließlich schwer atmend neben Odysseus stand.

„Und nun?“ keuchte er mit vorwurfsvoller Miene. „Wo geht es hier zum Hades?“

„Du wolltest ja unbedingt mitkommen!“ wies ihn Odysseus lachend zurecht. „Also rede nicht so einen Schwachsinn. Das bringt Unglück!“

Ein paar Steinwürfe entfernt ragten die noch mächtigeren Mauern des Zitadelle des Priamos auf.

„Wir müssen erst einmal hinunter in die Vorstadt. Von dort kommen wir in Priamos’ Zwingburg hinein.“

„Du bist verrückt, Odysseus! Ich bin verrückt! Wir beide sind total verrückt“, knurrte Empedokles.

„Weil es verrückt ist, wird uns auch niemand entdecken. Nun komm schon, wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Sie rannten den Wehrgang entlang. Der Schlachtenlärm dröhnte nun noch lauter herüber. Es hörte sich nicht nach Siegesschreien an, und Odysseus hoffte, dass nicht zu viele von den Seinen starben. Sie liefen bis zu einer Treppe, die hinunter in die Vorstadt führte. Vorsichtig, die Straßen nach bewaffneten Kriegern absuchend, stiegen sie hinunter. Die Straße, die zur Zitadelle führte, war menschenleer, was nicht erstaunte, denn alles, was einen Speer werfen konnte, war auf den Mauern, um die Achaier abzuwehren. Vor der Zitadelle lagen die riesigen Stallungen für die vielgerühmten Pferde und die Fresken auf den Wänden zeigten die rossebändigenden Troer in edlem Stolz: Hektor und Paris auf ihren Streitwagen. Sie liefen durch das mächtige Tor der Festung in einen Hof hinein, der von prächtig bemalten Palästen umsäumt war. In schönem Rot gehalten und mit Szenen bemalt, die den Göttern huldigten, zeugten sie vom Reichtum und der Macht Trojas.

Odysseus wandte sich einem figurenreich geschmückten Gebäude mit schwarz bemalten Säulen zu, dem Tempel der Athene, wie ihr Abbild am Giebel verriet. Als sie das Vestibül betraten, wurden sie von vier in Eisen gekleideten Männern aufgehalten, deren Rüstungen kostbar mit silbernen Spangen geschmückt waren.

„Wer seid ihr? Was habt ihr hier zu suchen?“ herrschte sie der baumlange Anführer an.

Schon umringten sie die Krieger mit gezückten Schwertern. Nun verwünschte Odysseus, dass er nicht unter seinen Lumpen einen bronzenen Harnisch angezogen hatte und auch kein Schwert trug, sondern nur ein langes Messer dabei hatte, das gegen die Schwerter der Troer eine wenig Schrecken verbreitende Waffe abgab. Empedokles wollte nun seinerseits sein Messer ziehen, doch Odysseus zischte ihm zu, dass er die Beine in die Hand nehmen solle. Dieser verstand erst nicht und sah ihn wie eine störrische Ziege an, und der Listenreiche zwang ihn mit einem Fluch, dem Befehl Folge zu leisten. Empedokles machte einen Hechtsprung an den Männern vorbei und jagte dem Ausgang der Zitadelle zu. Zwei Troer nahmen die Verfolgung auf. Die beiden anderen Krieger streckten Odysseus ihre funkelnden Schwerter entgegen. Oh, Athene, nun hilf deinem Knecht, schickte Odysseus als Gebet zum Himmel.

3.

Wie man sich Todfeinde schafft.

Die Verse meines alten Herrn sind wie funkelnde Sterne. Man spricht sie andächtig nach und wünscht sich ein Achilleus zu sein oder ein Odysseus. Was ich zu berichten habe, kommt dagegen ein bisschen derb daher. Aber so wahr ich Kriton heiße, ich erzähle nur das, was man sich in den Tavernen und Spelunken in den Häfen des großen Meeres vom heimlichen Besuch des Odysseus in Troja zuraunt. Ihr werdet schon noch zugeben, dass sich dies viel realistischer anhört als die Gesänge meines Herrn. Von mir hört ihr von keinem Götterrat, nicht von Athene oder gar Zeus und von Nektar und Ambrosia. Wer auf die Götter nicht verzichten kann, wird es Athene zuschreiben, wie er, Odysseus, sich aus der brenzligen Situation befreite. Ich werde dies niemand verwehren. Ist doch auch ganz erbauend sich vorzustellen, dass sich eine Göttin um Odysseus kümmert. Und bei meinem Herrn klingt es auch so, als hätte er selbst beim Götterrat neben Zeus gesessen. Also, ich war ja bei ihm, als er sich dies alles schwitzend unter einem Olivenbaum ausdachte und habe ihm einige Becher guten Wein bringen müssen, und er hat gestöhnt und auf seiner Lyra geklimpert und dabei deklamiert, dass ich heiße Ohren bekam. Dagegen bin ich nur ein Stammler, aber dafür hört sich meine Geschichte viel saftiger an. Lehnt euch also zurück und hört, wie es unserem Helden erging. Er war also in höchster Not, und was dann passierte, hätte Homer in schöne Zeilen gekleidet:

Dem herrlichen Dulder, dem listenreichen Held

harrte gewaltiges Unglück, wenn nicht die Schaumgeborene

eingeschritten hätte …

Odysseus starrte auf die Schwerter der eisengekleideten Männer und suchte fieberhaft nach einem Ausweg, wie er Gefangenschaft, Kerker, Hunger und Spott verhindern konnte, hoffte also nicht auf das Eingreifen der Athene, sondern auf einen Einfall, doch dieser ließ auf sich warten und … wurde nicht benötigt.

Hinter den Männern trat ein herrlich anzusehendes Weib aus dem Tempel, lockend das schulterlange Blondhaar, mit Augen, die wie Smaragde glänzten. Die Frau blieb stehen und sagte: „Ach.“ Erst einmal nichts anderes als „Ach.“ Ein feines Lächeln spielte um ihre Lippen. Dann warf sie den Kopf zurück und herrschte die Männer an, wie es nur Königinnen tun können, die es von Kindesbeinen gewohnt sind, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen.

„Was verwehrt ihr dem armen Mann den Zutritt zum Tempel der Athene? Ich kenne ihn als guten Menschen, der der Göttin ergeben ist. Lasst von ihm ab und geht auf die Mauern und bekämpft den Feind, statt hier herumzulungern! Der rostige Speer, den einst Paris, mein Gemahl, nach Troja brachte, wird schon niemand stehlen. Was wartet ihr noch! Verschwindet!“

Und das taten sie dann auch, und Odysseus starrte gebannt auf ihre hohe Gestalt und ihre Schönheit, die ihm ja nicht unbekannt war, hatte er sie doch bei ihrer Vermählung mit Menelaos kennengelernt. Ja, es war Helena, die von Aphrodite die Schönheit als Mitgift bekam und die man mit Fug und Recht die schönste Frau des Erdkreises nannte, die unzählige Sänger zum Stammeln brachte, die wütende Krieger mit einem Lächeln zähmte, ihre Lenden schwellen ließ und einen König dazu brachte, sich wie ein Kretin aufzuführen, die ja auch einen trojanischen Prinzen derart außer Fassung brachte, dass er Sitte und Anstand vergaß und zum Dieb wurde und es auf sich nahm, den Achaiern einen Grund zu liefern, seine Heimatstadt zu belagern.

Auch Odysseus konnte sich nicht satt sehen an ihrer Gestalt, und sie, die Unvergleichliche, betrachtete ihn wie ein seltenes Tier, das possierlich anzusehen war.

„Was tust du hier, Odysseus?“ fragte sie, und in ihren Augen las er, dass sie beeindruckt davon war, dass er, der Feind der Trojaner, mitten in der Zitadelle des Priamos auftauchte und dabei sein unverschämtes Lachen zeigte.

„Ich wollte wissen, ob du noch immer so schön bist wie zu der Zeit, als ich dir in Sparta vorgestellt wurde und Menelaos dein schönes Hinterteil tätschelte.“

„Rede keinen Unsinn, Odysseus. Ich weiß, dass man dich den Listenreichen nennt und einen gewaltigen Redner und Lügner, aber du bist nicht wie Menelaos oder mein armer Paris, die sich für eine Liebe ins Unglück stürzen. Was hast du hier zu suchen? Ein Wort von mir und man legt dich in Ketten und lässt dich in den dunklen Kellern der Zitadelle verfaulen!“

„Schönste aller Frauen, ich wollte wirklich wissen, wie du dich hier in Troja fühlst, jetzt, wo Paris nicht mehr ist. Vielleicht bereust du, ihm gefolgt zu sein und sehnst dich nach den herrlichen Gefilden Spartas.“

„Ich habe eine neue Liebe gefunden. Auch er ist ein Prinz und von herrlicher Gestalt. Er betet mich an und tut alles, was ich wünsche.“

„Ach wie langweilig. Seit wann mögen schöne Frauen Männer, die ihnen in allen Dingen zu Willen sind, die sie umspringen und Männchen machen? Warum gibst du dich immer wieder mit Kerlen ab, die deiner nicht wert sind?“

„Ich liebe Deiphobos“, erwiderte sie mit hochrotem Kopf und stampfte mit ihrem zierlichen Fuß auf.

Odysseus, obwohl nicht von so schöner Gestalt wie Paris, konnte gleichwohl mit seinem frechen Lachen und seiner Unverschämtheit die Frauen beeindrucken, und so setzte er ein, was er hatte, zeigte die Unverfrorenheit, die so manches Frauenherz bezwungen hatte. Er beugte sich zu ihr, und sein Gesicht war ihrem ganz nah, und sein Blick flog über die herrlichen schlanken Glieder, die unter dem zarten Linnen lockend und verheißend zu sehen waren, und strich ihr über die Wange.

„Du bist wirklich das Ebenbild der Aphrodite. Schade, dass du eine Kanaille bist!“

Sie zuckte zurück und stotterte: „Was soll das? Warum beleidigst du mich? Weißt du nicht, dass ein Ruf von mir deinen Tod bedeuten kann?“

„Dann will ich vorher wenigstens genießen, was Aphrodite erschaffen hat“, erwiderte der Listenreiche, beugte sich zu ihr und küsste sie, und sie stöhnte auf, und ihre Fäuste trommelten gegen seine Brust, doch Odysseus’ Arme hielten sie wie eiserne Klammern. Er presste sie an sich und überwand den zugepressten Mund, und seine Zunge berührte die ihre, seine Männlichkeit drückte gegen ihren Schoß, und sie ergab sich ihm, längst gelangweilt von der Ergebenheit ihrer anderen Männer, bezwungen von der Unverfrorenheit des Listenreichen, und küsste zurück.