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Nicht selten bilden große Projekte, schwierige Planungen oder kostenintensive Maßnahmen eine Angriffsfläche für Kritik aus der Öffentlichkeit. Dieses Buch zeigt, wie Kommunen ihr Handeln proaktiv und klar kommunizieren. Die Autorin erläutert, wie Sie moderne Kommunikationswege richtig nutzen und Inhalte so aufbereiten, dass Ihre Arbeit positiv wahrgenommen wird. Außerdem geben verschiedene Pressesprecherinnen und Fachleute ihre Erfahrungen im erfolgreichen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern preis. So können Sie Fallen vermeiden und von einem reichen Erfahrungsschatz profitieren. Inhalt: - Kommunikationstools und Kommunikationswege - Strategisch denken und konzeptionell handeln - Kernbereiche der Kommunikation: Websites, Apps, Social Media, Zeitungen, Flyer - Bürgerdialog – Weg der gemeinsamen Lösung - Schreiben, was ankommt - Erfahrungen und Praxisbeispiele
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Seitenzahl: 478
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Haufe Lexware GmbH & Co KG
[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Print:
ISBN 978-3-648-14987-4
Bestell-Nr. 12020-0001
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ISBN 978-3-648-14992-8
Bestell-Nr. 12020-0100
ePDF:
ISBN 978-3-648-14993-5
Bestell-Nr. 12020-0150
Gisela Goblirsch
Öffentlichkeitsarbeit für Kommunen
1. Auflage, September 2021
© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): © j-mel, Adobe Stock
Produktmanagement: Dipl.-Kfm. Kathrin Menzel-Salpietro
Lektorat: Juliane Sowah
Grafiken: DUOTONE Medienproduktion, München und Gisela Goblirsch (Abb. 1, 8. 13, 14, 17, 18, 21, 22, 23, 24, 26, 28, 30, 32)
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Landrat Christian Bernreiter, Deggendorf
Präsident des Bayerischen Landkreistags
Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Menschen zum Austausch von Informationen auf Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Briefe angewiesen, während eine interaktive Kommunikation die gleichzeitige Anwesenheit aller Gesprächspartner etwa in Versammlungen voraussetzte. Doch seither hat sich die Medienlandschaft rasant verändert. Waren es zunächst Telefon, Radio oder Fernsehen, die eine schnelle Verbreitung von Nachrichten und Bildern an einen immer größeren Personenkreis ermöglichten, erreicht die Kommunikation in Zeiten der Digitalisierung eine völlig neue Dimension. Dank Facebook, Twitter & Co. kann heute jedermann von fast jedem Ort aus und zu jeder Zeit mit seinem Smartphone einen nahezu unbegrenzten Personenkreis ansprechen, der seinerseits in Sekundenschnelle in Text, Bild und Ton darauf reagieren kann.
Während die Kommunikation also immer schneller wird und eine ganz neue Dynamik aufweist, steigt aufgrund des exponentiellen Wissenszuwachses gleichzeitig in allen Lebensbereichen die Komplexität kontinuierlich an. Dabei sind es allen voran die Landkreise, die sich als Strategen, Moderatoren und Verwaltungseinheiten mit den großen Themen der Zeit auseinandersetzen. Unter dem Programm »Heimat 2030« habe ich als Präsident des Bayerischen Landkreistags die zentralen Handlungsschwerpunkte zusammengefasst: demografischer Wandel, Infrastruktur, Finanzen und Personalausstattung der Kommunen. Der Bevölkerung in den ländlichen Regionen müssen gleichwertige Lebensbedingungen geboten werden. Das fängt bei Maßnahmen wie dem Hochwasserschutz an, zieht sich über die Gesundheitsversorgung und die verkehrstechnischen Erfordernisse bis hin zu Bildungsfragen. Dabei gilt es nicht nur, die Bevölkerung zu informieren und in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, sondern auch den Anforderungen der eigenen Gemeinden Rechnung zu tragen. Denn am Ende zählt nur, was tatsächlich rauskommt.
Umso wichtiger ist es, dass die Entscheidungen von den Menschen verstanden und mitgetragen werden. Dies kann nur gelingen, wenn die maßgeblichen Gründe überzeugend präsentiert werden und die Botschaft auch tatsächlich beim Bürger ankommt. Dazu reicht nicht allein der Wahlspruch »Tue Gutes und rede darüber«, sondern bedarf es einer weithin sichtbaren Präsenz auf allen digitalen Kanälen, will man nicht riskieren, im allgemeinen Grundrauschen unterzugehen. Dieser Herausforderung müssen sich alle stellen, die sich mit öffentlicher Kommunikation befassen – das gilt für Journalisten ebenso wie für Pressereferenten der Kommunen.
[10]Das vorliegende Werk vermittelt Ansatzpunkte, praktische Umsetzungsmöglichkeiten und vor allem aktuelles Wissen in den relevanten Bereichen der Kommunikation. Dabei widmet es den Informationstools ein eigenes Kapitel, das einem Werkzeuge an die Hand gibt, wie sich eine Information sinnvoll aufbereiten lässt und auf welchen Kanälen sie gestreut werden kann. Das Buch hat daher das Potenzial, für die Kommunen zu einem grundlegenden Wegweiser durch kommunikative Abläufe in einer zunehmend digitalisierten Welt zu werden.
Was Sie erwartet
Dieses Kapitel vermittelt einen Zugang zum Thema, zur Autorin und zum Nutzen (sowie zur Nutzbarkeit) dieses Buches. Es ist darauf ausgerichtet, das vorliegende Buch begreifbar zu machen – vor allem die Basis zu verstehen, worauf das Werk gründet.
Vor fünf Jahren war ich es leid, bei jedem Seminar, das ich an der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS) hielt, ein eigenes Handout herzustellen. Ich halte pro Jahr durchschnittlich etwa 80 Seminare (bei der BVS, der Bayerischen Akademie für Verwaltungsmanagement, der Journalistenakademie Dr. Hooffacker und der Freien Journalistenschule Berlin, den Schulen der Dorf- und Landentwicklung, bei Kommunen und in Städten, bei Landkreisen und anderen).
Meine Spezialgebiete sind die Konzeptionierung von Öffentlichkeitsarbeit der öffentlichen Hand und vor allem die Krisenkommunikation bzw. die Krisenprävention in Kommunen und kommunalen Einrichtungen. Das sind zwei der spannendsten Bereiche der Kommunikation, weil sie extrem fordernd sind und passgenau geplant und realisiert werden müssen.
Beide Bereiche kann man erfolgreich beackern, wenn man die Strömungen innerhalb der Gesellschaft sehr gut kennt, wenn man weiß, wie Informationen rezipiert werden, wenn man die Denke der Bürger versteht und wenn man weiß, wie unser Gehirn funktioniert – wo Ängste entstehen und wie man sie bekämpfen kann. Außerdem ist es sehr hilfreich, die Medien (Print, Hörfunk und TV) aus langer eigener Erfahrung zu kennen und ihre Veränderungen beobachtet zu haben. Man muss wissen, wie Social Media funktioniert und wie man gute Empfehler oder auch Experten aufbauen kann. Wenn man dann noch einigermaßen gut texten kann und weiß, wie und warum Bilder in einer bestimmten Art wirken, ist man auf der sicheren Seite der Kommunikation angelangt. Wer sich auf dem Gebiet der Argumentation und Moderation stetig weiterbildet, hat einen weiteren Pluspunkt auf seiner Seite. Dann nämlich sind die beiden beschriebenen Kommunikationsbereiche gar nicht mehr so komplex, wie sie aussehen. Auch kann es hilfreich sein, sich intensiv mit systemischem Denken beschäftigt zu haben und mindestens so neugierig zu sein, wie ich es bin (auch wenn das manchmal sehr aufreibend sein kann). Das allermeiste kann man lernen. Die eigene Basis aber – worauf man seine Weltsicht gründet, was einem die Marschrichtung vorgibt – muss man mitbringen.
Wer auf einem festen Boden, einer verlässlichen Wertebasis steht, kann seine Zeit getrost dem fachlichen Lernen widmen. Deshalb bin ich überzeugt, dass jede, die sich [12]selbst wirklich kennt, die ihre Vorstellungen und Wünsche, ihre Ängste und Unzulänglichkeiten bereit ist anzuerkennen, eine ausgezeichnete Kommunikatorin werden kann. Um es ganz klarzustellen: Man muss keineswegs und kann auch nicht ein perfekter Mensch sein, sondern man sollte wissen, welche Glaubenssätze und Ungereimtheiten man in sich trägt. Nur wer seine Stärken kennt, kann darauf zurückgreifen. Nur wer seine Schwächen kennt, kann sie umschiffen, sich mit ihnen auseinandersetzen und in vielen schwierigen Situationen mit dem nötigen Abstand zur eigenen Person handeln.
Zurück zur Eingangssequenz: achtzigmal pro Jahr Handouts herstellen. Das wären in den 20 Jahren, die ich nun unterrichte, also 1600 Handouts (jeweils etwa 15 Stück pro Seminar) von jeweils etwa 30 Seiten. Das herzustellen ist echt kein Spaß! Außerdem – das gebe ich offen zu – bin ich in vielen Dingen Minimalistin. Weniger Aufwand, dafür aber konzentrierte Umsetzung. Das gilt vor allem für meine Bereitschaft, Arbeit zu erledigen.
So entstanden vor sechs Jahren zwei Standardwerke für kommunale Kommunikation, die in meinen Lehrgängen das Handout weitgehend ersetzten: Medienarbeit und Bürgerdialog. Beide Bücher hielten sich tapfer auf dem Markt – bis ins Jahr 2020. Das Besondere an diesen beiden Büchern war, dass ich darin das Grundgerüst für kommunale Kommunikation umrissen habe, die Beispiele für die Anwendung aber kamen in Form von Interviews von kommunalen Pressestellen. Die Rückmeldungen zu diesem Buchaufbau (Trennung von generellem Inhalt und Anwenderberichten) waren durchweg positiv. Einige Leser waren jedoch verwirrt darüber, dass die Darstellung genereller Methodik und die Sichtweise mancher Interviewpartner nicht immer zu 100 Prozent deckungsgleich waren. Das hatte einen einfachen Grund:
Kommunikation folgt generellen Regeln, ist aber »menschenbestimmt«. Das bedeutet, dass die Art und Weise, wie Kommunikationsbeauftragte ihrer Arbeit nachgehen, von folgenden Randbedingungen und Einflussfaktoren bestimmt wird:
Der Erfolg von Kommunikation ist abhängig von den Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie gestaltet wird. Einen Teil davon können gute Kommunikatorinnen beeinflussen, ein anderer Teil liegt außerhalb des eigenen Einflussbereichs. Garantierte Erfolge gibt es nicht.
So hat jeder seinen eigenen Erfahrungsschatz, seine Vorgehensweise und seine Überzeugungen. Es wäre doch sehr übergriffig, einer Interviewpartnerin meine Erfahrungen, meine Sichtweisen und meine daraus abgeleiteten Überzeugungen unterzuschieben. Ich werde in diesem Buch wieder Fachgespräche führen und wieder wird es Diskrepanzen geben zwischen dem, was ich vorher erklärt hatte und dem, was die Gesprächspartner beitragen. Und das ist durchaus gewollt.
Abb. 1: Wodurch entsteht Kommunikationserfolg?
Ich bitte also Sie, liebe Lesende, dieses vorliegende Buch stets mit wachem Blick zu lesen und Analogien zu Ihrer eigenen Arbeit zu ziehen. Sehen Sie das Buch als Anregung, als Impulsgeber und beschäftigen Sie sich damit, die Best-Practice-Beispiele in Ihr eigenes Umfeld und Ihre Lebenswirklichkeit zu übertragen. Denn es gibt nicht DIE Wahrheit, sondern nur eine stete Annäherung an immer besser funktionierende Kommunikationssituationen. Dieses Buch soll Sie auf diesem Weg unterstützen und begleiten.
Kommunikationswandel und die Folgen
Der Kommunikationssektor hat sich in den vergangenen Jahren massiv gewandelt. Schon 2019 stellte ich fest, dass ich wieder Handouts ausgeben musste. Zuviel hatte sich im Markt getan, neue Kommunikationskanäle und eine Veränderung der Haltung in der Bevölkerung gegenüber der kommunalen Arbeit waren entstanden. Mein Wissen über Kommunikation war wieder gewachsen und auch unsere Agentur hatte neue, interessante, spezifische Erfahrungen in einzelnen Fachbereichen kommunaler Kommunikation gesammelt.
Zudem gab es gewaltige Umbrüche in der Ausgestaltung kommunaler Kommunikation: Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) war herausgekommen und die Länderbeauftragten für den Datenschutz haben ihre Positionspapiere überarbeitet. Ein wesentlicher Teil der Kommunikation – nämlich der Umgang mit Fotos – muss dadurch neu betrachtet werden (siehe Kapitel 3.9). Das betrifft auch in vielen Aspekten die Nutzung von Social Media durch Verwaltungen. Ebenso hat das BGH-Urteil zur Gestaltung und Herausgabe von Amtsblättern im kommunalen Blätterwald gewütet und stellt die Kommunen nun vor echte Herausforderungen.
[14]Außerdem änderte die Kommunalwahl 2020 – mitten in der Coronapandemie – für sehr viele Verwaltungen praktisch alles. Zum einen wechselte bei vielen Kommunen die lenkende Hand an der Verwaltungsspitze und damit der wichtigste Einflussfaktor für kommunale Kommunikation. Zum anderen verhinderten die Coronaeinschränkungen eine nahtlose Geschäftsübergabe von den Vorgängern zu den Nachfolgerinnen. Die Medienstellen mussten vermehrt kommunizieren, konnten sich aber nicht persönlich mit dem neuen politischen Kopf vertraut machen. Es war und ist noch (auch wenn wir durch die zunehmenden Impfwellen Licht am Horizont wahrnehmen) eine Zeit extremer Anspannung, geprägt durch Abstimmungsmangel und Unsicherheit. Diese Zeit ist auch an den Verwaltungen nicht spurlos vorbeigegangen. Nimmt man an, dass kommunale Verwaltung dazu da ist, das öffentliche Leben am Laufen zu halten, dann wird klar, wie tief und wie massiv diese Pandemie, in Kombination mit einem Wechsel an der Amtsspitze, in das Selbstverständnis der Verwaltungen eingegriffen hat. Auch Verwaltungsmitarbeiter sind in erster Linie Menschen! Sie haben Familien, persönliche Ängste und leiden ebenso unter der Unsicherheit wie alle anderen Bürgerinnen auch. Zudem wird von ihnen erwartet, weiterhin (und sogar vermehrt) für die zu verwaltende Kommune da zu sein. Die danach folgenden Lockdowns verschärften die Situation nochmals. Und so, wie es aussieht (während dieses Buch entsteht), ist eine wirkliche Verbesserung oder Erleichterung nur sehr, sehr langsam, u. a. durch die steigende Anzahl an Impfungen, in Sicht.
Impuls:
Nicht nur mir bereitet die momentane Situation Sorgen. Wenn ich die gesellschaftlichen Strömungen betrachte, wird es für mich immer klarer, wie viel Verantwortung auf den Schultern der kommunalen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren lastet.
Die Bürger sind aktuell mit sich selbst beschäftigt und verlangen nach Orientierung und Lösungen. Das zeigen die Wahlen z. B. in den USA, aber auch in Europa. Und dieses Bedürfnis nach Orientierung, gepaart mit Existenzängsten findet sich quer durch die Gesellschaft und auch auf unterster Ebene – in den Kommunen, in den Städten, in den Dörfern.
Nachdem aber Lösungssuche und Orientierungsaufbau Zeit brauchen, ist gute Kommunikation gerade jetzt so unendlich wichtig. Und hier sind wir an einem der Knackpunkte dieses Themas angelangt: Kommunikation kostet Zeit und Geld. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiebekämpfung sind schon jetzt vorhersehbar. Den Kommunen wird Geld fehlen. Viel Geld. Und Geld wird meist dort eingespart, wo keine direkte Erfolgsgeschichte sichtbar ist. In erster Linie in der Kommunikation.
Immer wieder erleben wir in unserer Agentur das sogenannte Präventionsparadox. Das bedeutet in einfachen Worten: Wenn man in schwierigen Zeiten gute Vorarbeit [15]leistet, werden die Zeiten sehr viel leichter als erwartet. Menschen, die in einfachen Abhängigkeiten denken, interpretieren das Nichteintreffen von Katastrophen meines Erachtens allerdings ziemlich falsch. Sie glauben, die ganze Aufregung und Arbeit wäre gar nicht nötig gewesen – weil: »Es ist ja nichts passiert«. Mit diesem Paradox müssen sich gute Kommunikatoren immer auseinandersetzen. Sie hören von ihren Chefs ziemlich häufig, dass die ganze Aufregung doch deutlich hochgespielt wurde und man einen Haufen Arbeit in eine völlig unbedeutende Situation investiert habe.
Impuls:
Mit diesem Paradox werden wir Kommunikationsmenschen leben müssen – wenn wir nicht klarstellen, was unsere Arbeit bringt und wofür wir welche Methoden einsetzen. Zu viele Kolleginnen und Kollegen in den Pressestellen »vergeuden keine Zeit« damit zu dokumentieren, respektive nachvollziehbar darzustellen, was sie warum tun, welche Effekte sie damit auslösen wollen und ob das gewünschte Ziel schließlich eingetreten ist. Und dann wundern sie sich, wenn Sparmaßnahmen als Erstes in ihrer Abteilung, an ihrem Budget durchgesetzt werden.
Deshalb beschäftigt sich ein Teil dieses Buches mit der Kommunikation nach innen – in die Chefetagen und zu den Kolleginnen im Amt. Das mag nun nicht in erster Linie mit Medienkommunikation zu tun haben – aber es ist unendlich wichtig, um in der Position des Pressesprechers oder der Leiterin Pressestelle auf Augenhöhe mit anderen Fachabteilungen (etwa dem Bauamt) wahrgenommen zu werden. Es gilt die Faustformel: Das Standing der Kommunikationskollegen im Rathaus spiegelt sich wider in den Reaktionen der Medienvertreter. Wenn Medien die Pressestelle umgehen und sich ihre Informationen direkt aus den Fachabteilungen oder bei der Chefin oder auf inoffiziellen Wegen einholen, dann ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass die Kommunikationsstelle auch hausintern nicht ernst genommen wird. Oft ist diese Missachtung der Pressestelle ein Ergebnis aus der Vorstellung, man müsse Kommunikation nicht planen. Die Arbeit dort wird manchmal sogar als unnötig oder störend angesehen.
Kommunale Kommunikation dient in erster Linie der Information der Bevölkerung. Allerdings: Das reine Streuen von Information ist viel zu nebulös und viel zu spröde, um wirklich Verständnis für Maßnahmen der Verwaltung zu bewirken. Information ist nicht, was gesendet wird, sondern was aufgenommen werden kann. Deshalb sollte eine Pressestelle ihren Auftrag nicht allein im Verbreiten von Information, sondern im wirksamen Absetzen von Information sehen. Wirkung in der Medienarbeit bedeutet nicht alleine, dass eine Information durch die Medien weiterverbreitet wird, sondern dass diese Information fehlerfrei (also ohne missverständliche Formulierungen) und ohne Auslassungen bei den Bürgern ankommt. Wenn nichts von dem ausgelassen [16]wurde, was den Informationsgebern wichtig war und was vor allem auch die Empfänger betrifft, ist bereits ein Maximum kommunaler Pressearbeit erreicht. Diese klare, sinnvolle und stringente Art zu informieren, wird in Kapitel 10 beschrieben.
Die genannten Veränderungen zwingen mich dazu, das Thema kommunale Kommunikation neu aufzurollen. Meine beiden Standardwerke zur kommunalen Kommunikation haben ausgedient und werden nicht mehr neu aufgelegt. An ihre Stelle tritt das vorliegende Buch – damit ich mir die nächsten Jahre das separate Erstellen von Handouts ersparen kann.
Die Basis der Kommunikation
Dieses Kapitel schafft eine Basis zum Thema Kommunikation. Man erkennt darin Zusammenhänge, die helfen, klarer und zielsicherer zu agieren. Es bietet einen Überblick über die wesentlichen Begrifflichkeiten und Gedankenansätze dieses Buches.
Kommunikation ist alles. Ohne Kommunikation ist Zusammenleben schlichtweg nicht möglich. Menschen verständigen sich durch Sprache, Laute, Körperbewegungen, Mimik und Gestik, durch Anspannen von Muskeln ebenso wie durch Berührung oder Gedankenaustausch. Die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen und das Mitteilen der eigenen Befindlichkeit (zum Teil sogar als reines Selbstgespräch) ist quasi »menschimmanent«. (Betrachten wir nur die Herkunft: Das lateinische Wort communicare bedeutet mitteilen, teilen, gemeinsam machen, teilnehmen lassen, vereinigen.) Paul Watzlawick, der große Kommunikationswissenschaftler hat es schon 1969 auf den Punkt gebracht: »Man kann nicht nicht kommunizieren.«
Kommunikation hat in erster Linie mit der eigenen Person zu tun. Gehen wir davon aus, dass ein Großteil der Kommunikation zunächst auf einer individuellen, (für andere) nicht sichtbaren Ebenen geschieht, also sozusagen körperintern abläuft. Viele glauben, sie könnten ihre eigenen Gedanken, Wünsche, Vor-Urteile oder Urteile in ihrem Inneren neutralisieren und sie somit aus der zwischenmenschlichen Kommunikation heraushalten. Weit gefehlt! Man kann einiges unterdrücken – es nicht an die Oberfläche kommen lassen. Das schon. Aber zu glauben, man könne sich selbst vor der Flut von Reizen und Empfindungen schützen, die in einem selbst anbrandet – das ist naiv.
Niemand kann sich professionell mit Kommunikation beschäftigen und sich nicht gleichzeitig (kritisch) mit sich selbst, seinen eigenen Vorstellungen, Glaubenssätzen und (Ab-)Neigungen befassen. Nun ja, kann man schon, aber dann wird man niemals einen authentischen, professionellen und zielführenden Umgang in der Kommunikation erreichen.
Das gilt für beide Seiten: den Informationsgeber und den Informationsnehmer. Wenn ein Journalist annimmt, bei einem Interview nur »Außenstehender im Auftrag der Leser« zu sein, irrt er gewaltig. Außerdem wird (hoffentlich) niemand allen Ernstes annehmen, einen Text völlig neutral verfassen zu können. Gerade beim Schreiben – noch dazu im Auftrag einer Institution – haben Loyalitäten, Ängste, innere Einstellungen al[18]ler Art durchschlagende Wirkung auf die Auswahl der Information, auf Wortwahl und Textgestaltung.
Warum ist dieser Gedanke so wichtig? Weil er die Basis bildet, auf der gute Kommunikation stattfinden kann. Wie also setzt sich Kommunikation zusammen?
Abb. 2: Wie Kommunikation sich zusammensetzt
In jede Art der Kommunikation, ob mündlich, schriftlich oder über Bilder, fließen die Erfahrungen, das Selbstbild, die Befindlichkeiten und Vorstellungen des Absenders und des Empfängers ein. Dazwischen steht die Auswahl an zur Verfügung gestellter Information. Sie stellt die Verbindung dar zwischen der inneren und äußeren Welt des Informationsgebers und der inneren wie auch äußeren Welt des Informationsnehmers. Und beide haben auf die Interpretation der »dazwischenliegenden« Information gleich viel Einfluss. Jeder der Gesprächspartner sieht die im Raum stehende Information durch seine eigene Brille und nimmt nur das wahr, was sich in seine Lebenswirklichkeit integrieren lässt. Oder, um es einfacher auszudrücken: Information ist nicht, was herausgegeben wird, sondern das, was ankommt.
Miteinander kommunizieren wird niemals ohne Missverständnisse ablaufen. Oder ohne die Vermutung einer – scheinbaren – Wirklichkeit. Oder ohne die kritische Betrachtung dieser scheinbaren Wirklichkeit. Das gilt für alle an einer Kommunikation beteiligten Seiten. Es ist also ein Anachronismus, als Pressestelle (oder Chefin der Pressestelle) anzunehmen, man habe ja vollkommen neutral und ehrlich und klar und unmissverständlich kommuniziert. Und der andere habe ja nur nicht ordentlich auf[19]gepasst, habe geschludert, bewusst dagegen gearbeitet oder bewusst falsch verstanden oder sei einfach zu blöd zu verstehen, was gemeint war.
Impuls:
Ich weiß, dass viele Chefs den Vertretern der Medien – oder manchmal auch den eigenen Kommunikationsleuten – genau dies unterstellen, wenn Presseberichterstattung nicht so läuft, wie sie sich das vorstellen. Aber das – man kann es leider nicht diplomatischer ausdrücken – ist einfach außerordentlich kurzsichtig. Der Profi sollte sich davor hüten, seine eigene Sicht der Dinge als ausschließlich richtig und einzig zutreffend anzusehen.
Gehen wir also davon aus, dass es Missverständnisse geben wird – egal wie sehr man sich um Klarheit bemüht. Dieser Gedanke bewirkt etwas. Man könnte jetzt daran verzweifeln, dass man eben nicht alles »im Griff« haben kann. Das wäre die ungeschickte Interpretation.
Oder man könnte sich, weit konstruktiver und empathischer, zum Menschenfreund entwickeln und Milde und Nachsicht walten lassen, wenn etwas nicht so ankommt, wie man es gerne hätte. Milde und Nachsicht sind die besten Voraussetzungen, um Missverständnisse wieder aus der Welt zu räumen. Denn wer sich und den anderen erlaubt, Aussagen zu missinterpretieren, der ist sich und den anderen auch nicht böse, wenn dies geschieht. Hier passieren eben keine »Fehler«, sondern es ist der ganz normale Abstimmungsprozess beim gegenseitigen Verstehenlernen. Und je länger dieser kontinuierliche Abstimmungsprozess aufrechterhalten wird, desto besser ist das Ergebnis. Wer beleidigt ist wegen scheinbarer Bosheit, wer die Kommunikation verweigert, weil er die andere für unfähig hält, wer den eigenen Status dadurch hebt, dass er den anderen erniedrigt, der wird niemals zu einer geschmeidigen, guten, zielführenden Kommunikation kommen.
Wer einem anderen nicht böse ist, wer stattdessen menschenfreundlich einfach von einem Missverständnis ausgeht, der ist in der Lage, Dinge klarzustellen und trotzdem einen Freund (oder eine Empfehlerin) zu behalten. Ganz einfach deshalb, weil man sich nicht im Ton vergreift. Es geht in dieser Beziehung zwischen der Senderin einer Nachricht und dem Empfänger also in erster Linie um das Erreichen einer Kommunikation auf Augenhöhe, die getragen ist von Achtung und Empathie.
Impuls:
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich keineswegs so naiv bin zu glauben, die oben geschilderte Art von Kommunikation sei einfach zu erreichen. Keineswegs. Denn um sie zu praktizieren, muss man sich den eigenen Dämonen stellen – und dafür muss man lange Zeit an sich arbeiten wollen. Das ändert jedoch nichts an der Nützlichkeit dieser Grundeinstellung.
Der nächste Schritt ist zu wissen, wie Menschen sich mit Themen vertraut machen (wollen). Es gibt keinen idealen, für alle Menschen gültigen Zugang zu einem Thema. Die alte Faustregel des Erklärens »vom Überblick zum Detail« ist sinnvoll, aber nicht ausreichend, um thematische Zugänge zu öffnen. Manchmal funktioniert auch die Umkehrung dieser Methode – dann nämlich, wenn Leserinnen schon viel vom Thema wissen und mit ganz speziellen Fragen ausgestattet nach einer spezifischen Antwort suchen. Auch wenn jemand von der Anwendung kommt und die grundsätzliche Spange sucht, die alles zusammenhält, kann eine Umkehrung der Faustformel sinnvoll sein. Wichtig bei all dem sind die Fragen: »Wer sind meine Leserinnen?« Oder generell ausgedrückt: »Welche Zielgruppen will ich mit meiner Information erreichen?«
Jeder Mensch geht auf seine ganz persönliche Weise auf Neues zu. Das hat jeweils damit zu tun, wie man selbst veranlagt ist, wie man Informationen zu verarbeiten gewöhnt ist und anhand welcher Grundsätze man sich mit einem Thema auseinandersetzt. Und doch gibt es ein Modell, das auf ganz eindrückliche Art die unterschiedlichen Zugänge zu Information und zu neuen Themen darstellt.
Ich beziehe mich auf eine Struktur, die ich bei Prof. Matthias Varga von Kibéd kennengelernt habe. Der Professor für Wissenschaftslogik hat in den 1990er-Jahren die Arbeit »SySt®-Glaubenspolaritäten« veröffentlicht. Das Glaubenspolaritätendreieck stellt ein Schema dar, das einen Zugang bietet zu den inneren Vorstellungen, mit denen die Sicht der Welt verbunden sein kann. (vgl. Goblirsch 2017: Gebrauchstexte schreiben, Varga von Kibéd 2008)
Die Glaubenspolaritätenaufstellung (GPA) ist ein Modell, das so fundamentale Gedanken beinhaltet, dass man es in der Kommunikation schlichtweg nicht ignorieren kann. Es ist nutzbar in der mündlichen wie der schriftlichen Kommunikation und in der Herstellung von Verständnis und Zugänglichkeit zu Themen aller Art.
Kommunen müssen ihre Informationen und das Verständnis für Vorgehensweisen an möglichst alle Bürgerinnen vermitteln – unabhängig von Alter und Bildungsgrad, von Herkunft und Prägung der Bürger. Nicht jede Adressatin betrachtet ein Thema aus dem vorgegebenen Blickwinkel des Informationsgebers. Also sollte man bei der Kommunikation die unterschiedlichen Blickwinkel berücksichtigen. Deshalb spielt das GPA in der Kommunikation von Kommunen eine so große Rolle.
Abb. 3: Das Syst®-Glaubenspolaritätendreieck
Das SySt®-Glaubenspolaritätendreieck zeigt, welche Zugänge zu einem Thema gelegt werden sollten, damit jeder Mensch einen ihm bequemen Weg ins Thema findet. Mit den jeweiligen Polen (sozusagen die Türen, die ins Thema hineinführen) verbunden sind bestimmte Fragestellungen, die in der Abbildung (am Beispiel einer Website eines IT-Anbieters) dargestellt werden.
Beispiel: Die Kommune eröffnet im Rathaus einen »Bürgerschalter«
Ich stelle mich exemplarisch in die Schuhe einer Bürgerin und stelle fest, dass mich persönlich das Thema, um das sich die Kommune gerade kümmert, zunächst herzlich wenig tangiert. (Aha, sie haben sich einen »Bürgerschalter« einfallen lassen. Was das wieder kostet! Haben die nichts anderes zu tun? Sollen die da oben doch einfach ihre Arbeit machen!) Was ich mich möglicherweise frage: Kann ich mit dem Thema irgendetwas Sinnvolles anfangen? Geht es mich auf irgendeine Weise vielleicht doch an? Kann ich Erkenntnisse oder Vorteile daraus ziehen? Meine Frage ist also nicht »Gibt es einen Bürgerschalter?«, sondern ich möchte wissen, welche positiven Veränderungen ich wahrnehmen kann. Nutzt er mir zur Orientierung? Geht es dann schneller?
[22]Die Nöte, die Überlegungen oder Lösungen der Stadtverwaltung interessieren mich nicht in erster Linie. Ich betrachte die Welt eines Themas vom Pol der Erkenntnis (E-Pol) aus. Natürlich spielt dann innerhalb dieser Themenwelt die Stadtverwaltung auch irgendeine Rolle und vielleicht interessiert mich auch die Überlegung, ob und wie ich einen Überblick über das Thema erhalte. Aber in erster Linie denke ich: »Was nützt es mir?« Mit dieser Sicht auf ein Thema bin ich nicht allein. Viele handeln nach diesen Überlegungen. Sie alle sind »Erkenntnis-Menschen«, also Menschen, die etwas nur dann interessant finden, wenn sie es in ihre Welt sinnvoll einbinden können und einen Vorteil für sich erfahren.
Es gibt außerdem viele, die eine Vertrauensperson oder -institution brauchen, um ins Thema zu kommen. Sie wollen sozusagen an die Hand genommen werden. Für sie ist es wichtig, dass die Stadtverwaltung, eine Universität oder eine Fachstelle, in jedem Fall aber eine Autorin, der sie Vertrauen entgegenbringen, Informationen oder Angebote veröffentlicht. Sie sagen sich: »Egal was es ist – es wird bestimmt wichtig sein. Ich muss es also beachten.« Wer von dieser Warte aus ein Thema betrachtet, der vertraut darauf, dass die richtige Informationsstelle schon keinen Unsinn sagen oder schreiben wird. Solche Leserinnen betreten die Welt eines Themas vom Pol des Vertrauens (V-Pol) aus. Die informierende Stelle oder der informierende Mensch ist fachkompetent, deshalb bekommt auch das Thema einen Vertrauensvorschuss. Wenn ein Mensch in diesem Bereich beheimatet ist, dann ist es wichtig, zusammen mit dem Thema auch die Kompetenz der Person oder der Abteilung mitzuteilen. Bei vielen (gesellschafts-)politischen Themen ist sicherlich der politische Kopf kompetent, aber bei der Eröffnung eines Kindergartens und der Frage nach Förderung von Vorschulkindern würde einem Kinderbetreuer sicherlich mehr Kompetenz und Erfahrung zugesprochen als der Bürgermeisterin.
Um im Beispiel des Bürgerschalters zu bleiben: Vom Vertrauenspol herkommend wäre es wichtig zu wissen, dass dort Herr Schmitz oder Frau Müller sitzt, die schon als Lehrmädel im Rathaus gelernt hat und jeden Winkel und alle Kollegen kennt. Und dass sie mich direkt an den richtigen Gesprächspartner vermitteln kann. Und dass es dieser Person echt Freude macht, mit den Mitbürgern umzugehen.
Die dritte Menschengruppe will als Erstes einen Überblick gewinnen. Wie gestaltet sich das Thema? Welchen Ordnungsprinzipien folgt es? Kann man sich im Thema gut zurechtfinden? Wenn das Thema nicht ordentlich gegliedert ist, wenn der Überblick nicht sofort gewonnen werden kann, dann ist der Mensch, der das Thema vom Pol der Ordnung (O-Pol) aus betrachtet, eher enttäuscht, verwirrt und unzufrieden. Die Ordnungspol-Liebhaber brauchen den Überblick über den Themenkomplex, die Abläufe, die notwendig sind, und das Handwerkszeug, das nötig ist, um das Thema zu beherrschen. Sie benötigen viele Details und eine Struktur, um diese Details zu verbinden.
Am Beispiel des Bürgerschalters wäre es sinnvoll, darüber zu berichten, wie eine solche Schaltstelle im Rathaus vernetzt ist und auf welche IT man setzt, damit von dort [23]eine schnelle und sichere Übermittlung von Daten etc. möglich ist. Der Ordnungspol-Liebhaber wird wissen wollen, wie die genauen Abläufe vor dem Schalter sind. Ob man dort auch anrufen kann und vor allem auch, wo dem Personal Grenzen gesetzt sind. Welche Auskünfte bekomme ich als Bürgerin dort nicht?
Drei Pole – drei unterschiedliche Menschentypen – drei unterschiedliche Herangehensweisen an ein Thema. Alle drei Pole sind gleichwertig. Keiner dieser Zugänge zu einem Thema ist besser oder schlechter als ein anderer, über- oder untergeordnet. Sie sind miteinander verbunden. Und alle Menschen haben Anteile aus allen drei Polen in ihrer Weltsicht. Und weil das so ist, kann man diese Erkenntnis in allen Bereichen der Kommunikation wunderbar umsetzen. Ob ein einzelner Text, ein Flyer, eine Rede, eine Diskussion: Wer gedanklich alle drei Türen zu einem Thema öffnet, kann mit großer Wahrscheinlichkeit bei seinen Mitmenschen Verständnis und Zugang zu dem Thema aufbauen. Im weiteren Verlauf dieses Buches wird auf dieses GPA immer wieder Bezug genommen.
Aus dem Vorherigen ergibt sich, dass es möglich – ja sogar notwendig – ist, keinen Unterschied in der persönlichen (privaten) oder kommunalen Kommunikation zu machen. Es macht also Sinn, die Erkenntnisse aus dem einen in den anderen Anwendungsbereich zu übertragen. Denn auch der Staat, die Kommune oder ein kommunales Unternehmen kommunizieren mithilfe von Menschen. Und diese bereiten Informationen wiederum für andere Menschen auf. Denn wohin sollte sich denn die öffentliche Hand wenden, wenn nicht an Mitbürgerinnen und Einwohner eines Gebietes?
Es kommt also darauf an, dass Mitmenschen verstehen, worum es bei Themen der Daseinsfürsorge, bei politischen Entscheidungen, beim Umsetzen demokratisch erreichter Beschlüsse geht. Auch hier geht es wieder um Sender und Empfängerin einer Nachricht. Deshalb gelten hier grundsätzlich die gleichen Regeln wie in der privaten oder privatwirtschaftlichen Kommunikation.
Kommunale Kommunikation unterscheidet sich dennoch in vielfacher Hinsicht von der Kommunikation in anderen (öffentlichen) Bereichen, etwa in der freien Wirtschaft. Die Abgabe von Information und das Werben um Verständnis ist eng mit dem politischen System verbunden. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Folgerungen.
Kommunen und Landkreisen ist eine Informationspflicht auferlegt, sie müssen die Bürger erreichen und sie können sich nicht allein auf die bestmögliche Ansprache einer bestimmten Zielgruppe beschränken. Altersfürsorge geht alle an, auch diejenigen, deren Eltern (noch) rüstig für sich selber sorgen können. Straßenbau geht alle [24]an: die Pendlerinnen ebenso wie die Einwohner und Geschäftsleute einer Stadt, die Beschützer von Natur ebenso wie die Fördererinnen von Wirtschaft. Sie alle tragen mit ihren Steuergeldern zum Erhalt des Gemeinwesens und der Infrastruktur einer Kommune oder eines Landkreises bei.
Die Wählerinnen sind der Souverän unseres Landes. Sie müssen wissen, was die von ihnen gewählten Vertreter in den Räten aushandeln und besprechen. Sie müssen auf dem Laufenden gehalten werden – gerade, wenn ein Thema die Kommune über lange Zeit begleitet. Immer häufiger zeigen sich inzwischen Auflösungserscheinungen bezüglich des Vertrauens in gewählte Volksvertreter. Durch die permanent vorhandene Informationsflut, durch die gleichzeitige Einflussnahme seitens politischer Gruppierungen, durch die massiven Einflüsse immer abstruser und diffuser werdender Gruppen und Initiativen (ich beziehe mich hier speziell auf die Vorgänge rund um die Proteste z. B. gegen die Maskenpflicht) und die sich daraus speisende Berichterstattung sämtlicher Medien geht derzeit eine grundsätzliche Erschütterung durch das Land. Das bricht sich Bahn bis hinunter in kleinste Kommunen, in denen die Risse quer durch die Gesellschaft ebenfalls sichtbar werden. Dies zu heilen, sich hier sinnvoll zu betätigen und mit allen Mitteln der Kommunikation wieder und dauerhaft Frieden zu stiften, dürfte eine der größten Herausforderungen für kommunale Kommunikatorinnen werden.
Das demokratische System unseres Landes ist eigentlich ganz einfach. Die Bürger wählen ihre Vertreterinnen und den politischen Kopf, der die Moderation im jeweiligen Rat übernehmen soll. Dieser politische Kopf ist dann zugleich Politiker und Chef einer Verwaltung. Die Bürgermeisterinnen beispielsweise sind das Bindeglied zwischen politischem Gremium und durchführender Verwaltung. Ihnen obliegt die Vorbereitung von Ratssitzungen und die Prüfung geplanter Projekte hinsichtlich der fachlichen und gesetzmäßigen Durchführungsmöglichkeit. Die Verwaltungen in den Kreisen und Kommunen wiederum sind fachliche Berater, haben Kontrollfunktion bezüglich der Rechtmäßigkeit der gefallenen Entscheidungen und sind gleichzeitig durchführendes Organ.
Doch so getrennt, wie es sich anhört, sind Politik und Verwaltung keineswegs. Verflechtungen sind Bestandteil des Systems und sie stellen die Kommunikationsverantwortlichen vor Ort vor große Herausforderungen. Je nach Bundesland sowie Größe und Funktion der Kommune unterscheiden sich die Rahmenbedingungen beträchtlich.
Im politischen System Deutschlands kommt den Kommunen ein besonderer Stellenwert zu, die Verfassung betont die kommunale Selbstverwaltung. Historiker weisen darauf hin, dass in den Kommunen bürgerliche Mitspracherechte existierten, als in anderen Bereichen von demokratischen Entscheidungen noch keine Rede sein konnte. Die Kommunen sind somit ein wesentlicher und ursprünglicher Bestandteil des politischen Systems.
[25]Stellung der Gebietskörperschaften
Der Landkreis und die kreisangehörigen Gemeinden sind jeweils selbstständige Gebietskörperschaften. Ihre Vertreter und Gremien werden direkt von der Bevölkerung gewählt. Geringe Unterschiede gibt es bei der Wahl der Kreisvorsitzenden je nach Bundesland. Kreise und Gemeinden arbeiten bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben eng zusammen. Sitz der Gemeinde- und Stadträte ist das Rathaus. Vertreter des Landkreises residieren im Kreishaus oder Landratsamt.
Der Kreisbehörde obliegen zwei unterschiedliche Aufgabenbereiche: rein kommunale Angelegenheiten einerseits und die Übertragung staatlicher Verwaltung andererseits. So werden auf der Ebene der Landkreise seit jeher kommunale wie auch staatliche Aufgaben wahrgenommen. Mehr dazu auf https://www.landkreistag.de/aufgaben-der-kreise.
Zwischen den einzelnen Ebenen gibt es direkte und indirekte Verbindungen, die zum Teil aufgrund des Systems der politischen Entscheidungen ein derartig verflochtenes Netz ergeben, dass eine »einfache« Kommunikation in Richtung einer definierten Zielgruppe praktisch nicht möglich ist. Im Grunde müssen in einer guten Kommunikationsstrategie alle Verwaltungs- und politischen Entscheidungsebenen berücksichtigt werden. Allein schon die Finanzflüsse und die finanziellen Fördermöglichkeiten zwischen den Ebenen sind ein guter Grund, die kommunale Kommunikation nicht nur auf die Mitbürger – also die breite Öffentlichkeit – auszurichten. Die Komplexität stellt sich in folgender Grafik dar:
Abb. 4: Politische Ebenen
[26]Obwohl in Kommunalwahl, Kreistagswahl, Landtagswahl und Bundestagswahl getrennt, begegnen und durchdringen sich die Entscheider- und die Verwaltungsebenen in vielen Bereichen. Diese Durchdringung macht es notwendig, dass in der Kommunikation nicht nur die eigenen Mitbürger, sondern auch die unterschiedlichen Ebenen berücksichtigt werden. Gute Kommunikation versorgt alle. Die Kommunikation in Kommunen ist also eine klare Vernetzungsaufgabe. Sie hat einen sehr großen Pool an Ziel- bzw. Gestaltungsgruppen im Blick. Sie wendet sich an die Mitbürger vor Ort, dort an diverse Ziel- bzw. Gestaltungsgruppen, wie sie bei Bürgerdialogen aufgebaut werden. Sie wendet sich außerdem an unterschiedliche Entscheiderebenen, an die Kolleginnen im Haus, an die unterschiedlichen Standorte (Rathaus, Bauhof, ausgelagerte Fachstellen) bzw. an Kommunalunternehmen, an die Kooperationspartner von kommunalen Beteiligungen und wenn nötig auch an weit über die Kommune hinausgehende Regionen und Bereiche – beispielsweise, wenn die Kommune im Tourismus oder in der Wirtschaftsförderung oder in Themen wie kommunale Nachwuchsgewinnung aktiv ist.
Außerdem begleitet gute kommunale Kommunikation große Projekte und sorgt dafür, dass die Verwaltung und die kommunalen Entscheider in ihrer Arbeit für die Allgemeinheit wahrgenommen werden.
Die kommunale Kommunikation ist in so vielen Bereichen unbedingt nötig, dass hier hochkompetente Verwaltungsmitarbeiter gebraucht werden. Wer immer noch glaubt, dass jemand in einer Verwaltung die kommunale Kommunikation »so nebenbei« erledigen könne, irrt gewaltig. Auf den Schultern der Kommunikatoren lastet hohe Verantwortung. Und es ist an der Zeit, dass auch die Verwaltungen selbst diese Verantwortung ihrer Kommunikatoren anerkennen und sie auf Augenhöhe mit den Fachbereichen wie Bauamt, Hauptamt oder Sozialamt wahrnehmen.
Kommunikationswerkzeuge und ihre Anwendung
Sinnvollerweise sollte man zwischen Kommunikationswerkzeugen, -produkten und -wegen unterscheiden. Als Werkzeuge bezeichne ich alles, was dazu beiträgt, dass eine Information sinnvoll aufbereitet werden kann. Ein Kommunikationsprodukt ist das fertige Produkt, das gestreut wird. Der Kommunikationsweg ist der Kanal, über den die Streuung erfolgt.
Kommunikationswerkzeuge sind also Wissen und Können, taktische Auswahl und technische Ausstattung, die es überhaupt möglich machen, dass eine Information wahrgenommen und verstanden werden kann. In diesem Kapitel können Sie einen intensiven Blick in die Werkzeugkiste werfen.
Als Erstes sollte der Umgang mit Text, also die Überführung von Inhalten in attraktive Botschaften, perfektioniert werden. Das bedeutet, dass man sich so weit mit geschriebenem Wort, mit Semantik und semantischer Reaktion, mit den Regeln der Verständlichkeit, mit Textmodellen und Textstruktur auskennt, dass man zielgerichtet die entsprechenden Gesprächspartner ansprechen und dort positive Effekte auslösen kann. Das Wissen um Herstellung von guten Texten ist so fundamental, dass dem Texten in diesem Buch ein ganzes Kapitel gewidmet wird: »Schreiben, was ankommt« (Kapitel. 10).
Zweitens sollte man wissen, wie Bilder wirken und wie man ein gutes, wirksames Bild herstellt. Dabei geht es nicht nur darum, dokumentarisch festzuhalten, was zu einem bestimmten Augenblick stattgefunden hat. Ein gutes Bild erzeugt Realität. Es macht Realität verstehbar, es erzählt eine Geschichte, die sich aus dem Bild selbst ableiten lassen muss. Bilder von einer beliebigen Anzahl fröhlich grinsender Personen auf Treppenstufen oder unter freiem Himmel sind eine Zumutung für Betrachterinnen. Mag sein, dass der XY-Verein gerne ein Gesamtbild seines Vorstandes in den Medien finden würde oder sämtliche 60 Teilnehmer einer Informationsfahrt gerne ein Gruppenfoto zur Erinnerung hätten. Doch diese Bilder sind in aller Regel für zielführende Kommunikation nicht nutzbar. Sie dienen maximal dem Selbsterleben der Abgebildeten. Wie auch Bilder, die jeweils in der Bildmitte den politischen Kopf darstellen, um den herum sich die »Randfiguren« scharen dürfen. So ein Bild schadet dem Ruf eines Stadtoberhauptes mehr, als es ihm nutzt. Es demonstriert allzu deutlich, dass hier Hofberichterstattung für einen Politiker gemacht wird, anstatt – wie es nötig wäre – Öffentlichkeitsarbeit für die Arbeit einer Kommune.
Filmisch denken, Drehbücher entwickeln – das ist die Aufgabe, sobald man mit Videos arbeitet. Hier braucht die Kommunikationsbeauftragte das Wissen, wie Videos entstehen, wie man mit einfachsten Mitteln Spannung erzeugt, sodass Zuschauer über zwei bis drei Minuten am Bildschirm gehalten werden. Das technisch gute Video ist bereits dann Voraussetzung, wenn »nur« der politische Kopf Botschaften absetzen will – wenn es also kein ausgefeiltes Drehbuch gibt, sondern wenn eine einzelne Person ein bestimmtes Thema erklärt. Um auf die filmische Umsetzung von Botschaften und Geschichten einzugehen, fehlt in diesem Buch der Platz. Umfassend kann man sagen, dass das Wissen um Storytelling sowie das genaue Beobachten von kleinen filmischen Beiträgen im Fernsehen oder auf YouTube sehr hilfreich ist, um selbst ins Erzählen von Geschichten zu kommen. Schauen wir uns das Videothema dennoch kurz an.
Unbewegte Szene
Ein Video mit nur einer Person am Schreibtisch braucht, um lebendig zu wirken, mehrere Zooms oder Perspektivenwechsel, sozusagen eine optische Rhythmisierung des Inhalts. Etwa alle 30 Sekunden sollte die Perspektive wechseln. Entweder wird die Person mal von vorne, mal aus einem seitlichen Punkt betrachtet oder der Bildausschnitt verändert sich:
Nahaufnahme (Kopf inklusive Schulteransatz),Halbtotale (ganzer Oberkörper),Totale (ganzer Körper mit umgebendem Raum).Jede dieser optischen Veränderungen sollte eine inhaltliche Zäsur begleiten. Wenn zu einem Thema neue Aspekte erklärt werden, sollte die Kameraführung dies verdeutlichen. Vor den wichtigsten Aussagen ist es also sinnvoll, die Kameraeinstellung zu ändern.
An dieser Stelle sei auch auf die Form des Erklärvideos hingewiesen. Erklärvideos zeigen auf einfachem Weg beispielsweise Abläufe oder den Blick in ein schwer durchschaubares System. Dazu gehören die Prozesse innerhalb einer Verwaltung, eines technischen Produktes oder einer Gesellschaft. Je komplexer das System, desto wichtiger ist die visuelle – in diesem Fall die filmische – Darstellung. Mit einem Erklärvideo lassen sich komplizierte Zusammenhänge sehr gut verdeutlichen. Aber auch Erklärvideos brauchen gute Drehbücher und Verständnis für filmische Umsetzung. Man kann sie real verfilmen oder durch Zeichnungen und andere visuelle Techniken (Slow-Motion-Aufnahmen, Trickaufnahmen etc.) aufbereiten. Einige, wie ich finde, schöne Beispiele findet man auf https://www.neue-altstadt.de/fragenantworten.
[29]Erklärvideos wenden sich in aller Regel an Menschen, die sich nicht nur bespaßen lassen, sondern die etwas verstehen wollen. Deshalb dürfen sie tatsächlich etwas länger sein als gängige Unterhaltungsvideos und es ist nicht notwendig, dass sie »perfekt« sind. Niemand muss von einem Erklärvideo beeindruckt sein – wichtig ist primär, dass Zusammenhänge verstehbar werden. Deshalb sollte auf ein einfaches Drehbuch und auf die einfache Sprache großer Wert gelegt werden.
Bei einem guten Erklärvideo werden die Zuschauer abgeholt, die vom GPA-Ordnungspol her an ein Thema herangehen und sozusagen erzählerisch zum GPA-Erkenntnispol geleitet werden. Ein gutes kommunales Video vermittelt Wissen über Zusammenhänge und macht deutlich, wieso und in welcher Weise dieses Thema für die Zuschauer nützlich ist. Man kann davon ausgehen, dass nur Zuschauer, die wirklich an dem Thema Interesse haben, sich ein Erklärvideo anschauen. Erklärvideos für Bürger müssen daher beworben werden, denn nur die wenigsten Bürger würden von sich aus auf die Idee kommen, sich zu fragen, wie die kommunale Kläranlage funktioniert. Erklärvideos im kommunalen Umfeld müssen also immer Teil einer Kampagne sein. Für sich alleine genommen hätten sie keine Chance, wahrgenommen zu werden.
Videotechnik
Um gute Videos herstellen zu können, braucht man als Grundausstattung:
ein Aufnahmegerät: Das kann ein Handy mit guter Kamera- und Videofunktion sein (die meisten Handys verfügen über sehr gute Kameras) oder aber eine Videokamera. In jedem Fall benötigt man Speichermedien, die mindestens 20 GB Datenspeicher bieten. Arbeitet man mit zwei parallel laufenden Kameras, kann man mit wenig Aufwand sehr gute Schnittkombinationen herstellen, ohne dass man die Kamera während der Aufnahme berühren (schwenken oder zoomen) müsste. Sobald die Kamera läuft: Hände weg! Je weniger die Kamera bewegt wird, desto besser für das Gesamtergebnis.gute Stative, die so stabil stehen, dass sie durch Erschütterungen (beispielsweise auf einem Schreibtisch) nicht ins Wanken geraten. Ein Handystick ist nur in Ausnahmefällen wirklich nutzbar. In eine ordentliche Ausrüstung gehören ein Großstativ ebenso wie ein Tischstativ. Für Handyvideos gibt es Stative, die mit zusätzlichem Lichtring ausgestattet sind. So kann man mit einem Stativ auch gleich das Licht bedienen. Allerdings sind die Leuchten oft nicht stark genug, um z. B. Kunstlicht im Raum zu überstrahlen. Sie dienen dann lediglich der Aufhellung bei einem Take am Schreibtisch.Mikrofone: Hier haben sich Kragenmikros bewährt. Externe große Mikros sind meist schwierig einzusetzen. Man braucht dazu oft die helfende Hand eines Mikroassistenten und eine professionelle Mikrostange, die außerhalb des Bildes (von oben) an die sprechende Person gehalten wird. Die in den Kameras eingebauten Mikros nehmen häufig zu viele Störgeräusche auf, als dass ein befriedigender Ton gewonnen werden könnte. Zur Tonkontrolle haben sich Kopfhörer bewährt.[30]Reflektoren: Das sind Aufheller oder Dämpfer z. B. für helles Sonnenlicht. Mithilfe der Reflektoren lässt sich im Innenraum natürliches Sonnenlicht verstärken. Man verhindert durch den Einsatz mehrerer Reflektoren einen harten Schattenwurf. Es gibt für wenig Geld gute (runde) Faltreflektoren, die sich leicht transportieren lassen.zwei (Tageslicht-)Scheinwerfer, die man für Innenraumaufnahmen braucht, wenn das Sonnenlicht im Raum nicht ausreicht. Dabei gilt es, Mischlicht zu vermeiden. Wenn möglich, sollte man das künstliche Raumlicht ausschalten und nur mit Tageslichtleuchten arbeiten.ein Schnittprogramm (möglichst professionell) ist wirklich sinnvoll. Zum einen, um den Schnitt überhaupt hinzubekommen, zum anderen, um Tonspuren von den Bildspuren trennen zu können. Außerdem können die meisten Schnittprogramme die unterschiedlichen Aufnahmedateien in gängige MP4-Dateien wandeln. Premiere ist das gängigste professionelle Videoschnittprogramm. Einige Anbieter von Präsentationssoftware bieten jedoch auch Schnittprogramme an, in die andere Dateien eingebaut werden können, z. B. ActivePresenter.Für Erklärvideos, die auf Zeichnungen beruhen, gibt es ebenfalls gute Programme. Am einfachsten ist es allerdings, wenn man auf Papier zeichnet und die einzelnen Zeichenschritte von einem Profi verarbeiten lässt. Dazu muss allerdings ein gutes Drehbuch vorliegen. Ebenfalls ist es mithilfe von Dokumentenkameras möglich, eine Zeichnung als Video aufzunehmen. Die Verarbeitung ist allerdings trickreich. Sich hier einzuarbeiten, kostet in jedem Fall einige Zeit.
Podcasts brauchen extrem viel Authentizität. Authentizität bedeutet Echtheit (im Sinne von Ursprünglichkeit). Es bedeutet, dass das Handeln einer Person nicht durch äußere Einflüsse bestimmt wird, sondern in der Person selbst begründet liegt. Daher wirken Podcasts, die inhaltlich und sprachlich (zu sehr) poliert sind, auch im kommunalen Umfeld eher kontraproduktiv. (Dennoch sollten zu viele »Ähs« und Versprecher herausgeschnitten werden.)
Podcasts sollte man einsetzen, wenn es nötig ist, die inhaltliche Botschaft mit der dafür einstehenden (verantwortlichen) Person zu verbinden. Wenn also eine kompetente Person etwas erklärt, dann darf sie durchaus in (gemäßigtem) Dialekt sprechen, wenn diejenigen, die es hören, ebenfalls Dialekt sprechen oder wenn davon auszugehen ist, dass er auch von nicht-Dialektsprechenden verstanden wird. Die Sprachfärbung spielt bei der Anerkennung von Authentizität eine sehr große Rolle. Wer sich vor dem Mikrofon zu sehr (und hörbar) bemüht, Hochdeutsch zu sprechen, obwohl er eigentlich in seinem Dialekt zuhause ist, der wird das Gegenteil von dem bewirken, was er erreichen möchte.
[31]Dieses Tool eignet sich hervorragend in der Zusammenarbeit mit Hörfunk. Die Redaktionen sind dankbar, wenn man für einen Rundfunkbeitrag einen (ungeschnittenen) Podcast in der digitalen Pressemappe bereitstellt.
Hier möchte ich wiederum die Brücke zum GPA schlagen (siehe Kapitel 3.1). Der Podcast ist das beste Mittel, um vom Vertrauenspol her in ein Thema einzuleiten. Er ist sogar noch besser geeignet als beispielsweise ein Video mit der Bürgermeisterin. Warum? Weil Stimmen – deutlich mehr noch als Bilder – eine innere Befindlichkeit ausdrücken. Stimmen verraten die innere Einstellung zu einer Sache. Berührt ein Thema den Redner, so teilt sich das über die Stimme mit. Gerade bei schwierigen Themen (große Unfälle im Gemeindegebiet, schwere persönliche Betroffenheit von Mitbürgern), ist es ein Zeichen der Achtung und des Respekts, wenn keine Bilder gezeigt werden. Wenn man Tote und Verletzte zu beklagen hat, wirkt es deutlich besser, das Mitgefühl und die Hilflosigkeit durch Worte zu vermitteln, anstatt eine Person ins Bild zu setzen. Nichts wirkt beim Publikum eindrücklicher, als wenn sich die gesamte Aufmerksamkeit des Zuhörers auf das gesprochene Wort konzentriert.
Der Podcast eignet sich auch wunderbar, wenn ein Thema in Serie produziert werden soll. Wenn sich also eine Fachfrau oder ein Bürgermeister in regelmäßigen Abständen zu Wort melden will oder wenn man sich auf Fragen beziehen will, die von der Bürgerschaft gestellt wurden.
Beispiel
Bei einer Frage-Antwort-Serie »Die-drei-Minuten-Antwort« hätte man bei einem Video ja nur die »eine Seite der Medaille« im Bild, was eine Machtverschiebung bedeuten würde (außer Herr Meier wäre zugeschaltet). »Herr Meier hatte da eine Frage. Ich beantworte sie gerne.« Das klingt ein bisschen von oben herab. Herr Meier liegt in dem Fall lediglich »als Skript vor der Kamera« und der allwissende Bürgermeister erklärt jetzt die Angelegenheit. Im Podcast stellt sich die antwortende Bürgermeisterin eher auf Augenhöhe mit dem Fragesteller, da auch sie nicht zu sehen ist. Das wirkt besser.
Noch ein Vorteil dieses Kommunikationstools: Wer nicht gern vor einer Kamera steht, spricht freier und besser, wenn nur ein Mikro im Raum steht. Und man könnte sogar ein Drei-Minuten-Gespräch mit einer Bezugsperson aufnehmen, sodass dem Antwortgeber eine reale Person gegenübersitzen kann. In dieser Aufnahmesituation kann man Nervosität sehr viel besser überwinden und die Interviewpartnerin kann an geeigneter Stelle auch nachfragen, was den Podcast lebendig werden lässt.
[32]Zusammengefasst
Der Podcast ist ein sehr spezielles und gutes Kommunikationsmittel, wenn man ihn gezielt zu ganz bestimmten Themen einsetzt. Und über die Stimme lassen sich auch aussagekräftige Zitate einer Bürgermeisterin zu interessanten Projekten oder Planungen in den Rundfunk einspeisen. So erhöht sich die Chance, mit kommunalen Themen auch im Rundfunk zu erscheinen.
Technik für Podcasts
In den meisten Fällen reicht die Diktierfunktion eines modernen Handys aus, um Podcasts aufzunehmen.Natürlich braucht man dafür geeignete Speicherkarten.Es gibt auch sehr gute, handliche Audiorekorder, die den professionellen Schnitt deutlich erleichtern. Die Firma Zoom hat hier gute und günstige Geräte im Portfolio, mit denen wir seit Jahren arbeiten.Ein digitales Audiogerät sollte unbedingt eine Stereoaufnahme ermöglichen. Eine digitale Aufnahme ist leicht zu schneiden und die Qualität ist schnell und leicht noch während der Interviewphase überprüfbar.Präsentationen aller Art sind eine weitere Form von Kommunikationstools. Sie dienen der Kommunikation in Gremien oder bei Veranstaltungen. Es macht also Sinn, sich mit den Möglichkeiten von Präsentationssoftware, z. B. PowerPoint, vertraut zu machen. Die wenigsten wissen, dass man aus einer guten Präsentation auch einen kleinen Film machen kann. Man kann also nicht nur den Ablauf einer Präsentation steuern, sondern den PPSX-Film mittels technisch kombinierbarer Videoprogramme wie ActivePresenter in eine Videoproduktion einbauen.
Die automatische Wiedergabe (ppsx) von Bilderstrecken (beispielsweise Stimmungsbilder aus einer Kommune oder Landschaftsaufnahmen im Jahreslauf) über Großleinwände ist perfekt geeignet, um Stimmung in eine Veranstaltung zu bringen. Das funktioniert umso besser, je eher Bildsprache und Farbigkeit besonders schnell – oder besonders langsam – verändert werden. Überblendungen von z. B. einfarbigen Flächen verändern den Raumcharakter und die Raumstimmung. In PowerPoint-Präsentationen lassen sich während eines Vortrags auch kleine Videos integrieren. Ein solcher Wechsel zwischen persönlicher Botschaft des Vortragenden und Videoeinspielungen verdichtet die Aussage der Präsentation für die Zuhörer. PowerPoint ist inzwischen nahezu jeder gewöhnt. Der festgelegte Ablauf allerdings ist nicht für jede Präsentation sinnvoll.
[33]Immer dann, wenn man sich nicht sicher ist, an welchem Aspekt eines Themas das Interesse der Zuhörer besonders hoch ist, sollte man PowerPoint gegen Prezi austauschen. Das ist ein cloudbasiertes, plattformunabhängiges Präsentationsprogramm, mit dem man eine Präsentation auf einem virtuellen Blatt Papier erstellen kann und die Inhalte mittels Zoomfunktion anzeigt oder ausblendet. Prezi ermöglicht es, sich in einem Vortrag flexibel auf bestimmte Aspekte zu fokussieren.
Damit ist der Vortragende nicht mehr an eine bestimmte Reihenfolge von Inhalten gebunden, sondern kann frei entscheiden, wann und ob er auf bestimmte Aspekte eingehen will und wenn ja, in welcher Tiefe. Prezi-Präsentationen sind wunderbar geeignet, um situativ zu kommunizieren. Das bedeutet, dass man diese Art der Präsentation anders anlegen sollte als die klassische PowerPoint-Präsentation. Die Überblicksebene besteht aus wenigen Hauptpunkten, die gleichzusetzen sind mit den Hauptaspekten des ganzen Themas. Von dort ausgehend kann die Präsentatorin in die einzelnen Aspekte hineinzoomen. Unter der Oberflächenebene finden sich immer wieder Gabelungspunkte, an denen eine weitere Tiefenstaffelung (mit noch mehr Details) möglich ist.
Der Vortragende kann dann sehr spontan entscheiden, ob er einen Aspekt vertiefen oder auf einer übergeordneten Ebene weitersprechen möchte. Will das Publikum mehr von einem Aspekt wissen, geht man in die (vorbereitete) Tiefe. Wollen die Zuhörer lieber einen anderen Aspekt betrachten, kann man umgehend dorthin wechseln und von einem völlig neuen Punkt aus weitermachen, ohne zwischenliegende Folien durchklicken zu müssen
Vorteile von Prezi: Es ermöglicht eine sehr freie Präsentation, die sofort auf Publikumswünsche eingehen kann. Nichts wird langweilig, nichts muss »überblättert« werden. Die Zuschauer erkennen die Tiefe der Vorbereitung nicht und sind daher meist auch nicht enttäuscht, wenn ein Teil der vorbereiteten Informationen nicht abgerufen bzw. besprochen wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Thema sehr ausführlich für die Kommunikation in vielen Kanälen vorbereitet werden kann. Diese Präsentation kann über einen längeren Zeitraum immer wieder gehalten werden, wobei die Vortragende jedes Mal von einem anderen Aspekt aus in das Thema starten kann. Auch wenn jemand die Präsentation öfter sieht, entdeckt er immer wieder neue Teilbereiche, die bei einer früheren Veranstaltung nicht zum Einsatz kamen.
Bei komplexen Themen, einer heterogenen Zuhörerschaft (beispielsweise in einer Bürgerversammlung) oder wenn man zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliches Publikum informieren muss (mal die Bürger, mal die Stadträte, mal Fachleute), ist Prezi das sicherlich interessanteste Tool. Prezi-Präsentationen sind in der Regel sehr umfangreich, weil eben das gesamte notwendige Wissen und jede Information »irgendwo« in der Präsentation abgelegt werden kann. Das ermöglicht es auch, eine [34]Prezi-Präsentation als Informationsdatenbank zu einem Thema anzulegen. Einmal hergestellt, können Teile daraus als Erklärfilmchen oder als Posting im Netz, als Handout für die Zuhörer oder in diversen Kurzpräsentationen genutzt werden.
Der Nachteil von Prezi liegt in der Tatsache, dass die Präsentation zur Bearbeitung und zum beliebigen Abruf über das Netz in einer Cloud liegt und – wenn man sie von dort auf dem eigenen Laptop speichert – nicht mehr veränderbar ist. Prezi eignet sich (in der immer wieder veränderbaren Cloudversion) also nur für Informationen, die datenschutzrechtlich unbedenklich sind und die keine Interna der Kommune enthalten. (Stand dieser Information: Ende 2019)
Tipps für Präsentationen
Eine Präsentation sollte maximal drei Kernaussagen enthalten.Die Kernaussagen müssen so klar dargestellt werden, dass die Zuhörer sie nach Beendigung der Präsentation in eigenen Worten wiedergeben können.Jede Folie sollte mindestens auf eine der Kernaussagen ausgerichtet sein. Dabei gilt: lieber weniger Inhalt/Text als zu viel.Grafiken sollten eingesetzt werden, sobald der Inhalt bildlich dargestellt besser verständlich wird. Das erspart auch mühsames Lesen.Es sollte mit großformatigen Bildern gearbeitet werden.Die Verwendung von Symbolen statt Überschriften kann ebenfalls für schnelleres Verständnis sorgen.Hüpfende oder sich bewegende Folienelemente sollten vermieden, wenn nicht gar ausgelassen werden.Überblendungen sind gut geeignet, um Zusammenhänge und Hintergründe eines Themas zu visualisieren.Die Präsentation sollte so aufgebaut werden, dass alle Türen des GPA in das jeweilige Thema geöffnet werden. Ordnung: vom Überblick zum DetailVertrauen: Zitate und Bilder verwenden, auf die eigene Stimme achten!Erkenntnis: Anwendungssituationen zeigen und die Umsetzbarkeit der Kernaussagen zusammenfassenZu den Handwerkszeugen der Kommunikation gehört das persönliche Gespräch unbedingt dazu. Persönliche Gespräche, der Gedankenaustausch zu unterschiedlichsten Themen, sind ein extrem hilfreiches Werkzeug, um Verständnis zu entwickeln, Missverständnisse auszuräumen und eine gemeinsame Umgangsbasis zu entwickeln. Wie sehr diese persönlichen Gespräche für den Aufbau von sozialem Miteinander nötig sind, wurde und wird noch besonders deutlich seit den coronabedingten Kontakt[35]beschränkungen von 2020/2021 – wenn auch »persönlich« unter diesen Umständen leider häufig per Telefon oder Videokonferenz bedeutete. Gespräche sind schlicht und einfach überall gleich wichtig und notwendig: hausintern in alle Abteilungen hinein, extern in Richtung der Öffentlichkeit, der Bürger und der Medien, vernetzend in andere Verwaltungsebenen hinein (dort besonders, denn Missverständnisse zwischen Behörden lassen sich oft viel leichter auf Arbeitsebene auflösen als auf der Ebene der Behördenleiterinnen).
Deshalb baut der vorausschauende Kommunikator in einer Kommune gezielt Gesprächszirkel auf. Das können sein:
periodische Pressegespräche (Kamingespräche, quartalsmäßige Pressedialoge etc.)regionale Zirkel mit Kolleginnen aus anderen Pressestellen gleichrangiger oder übergeordneter Behörden und Ämter. Der Austausch von Medienerfahrungen und sinnvollen Prozessen der Kommunikation ist im Hinblick auf eine gute Zusammenarbeit in eventuellen Krisensituationen wichtig.Redaktionssitzungen, falls die Medienstelle auch ein Gemeindeblatt herausgibt oder einen Social-Media-Kanal betreibt. Sie dienen der Weitergabe von Wissen und Können und der Ideengenerierung. Gleichzeitig können aus diesen Zirkeln medienaffines Denken und Handeln in die Verwaltung eingespeist werden. Sie dienen zur Motivation der Kollegen, Erfolgsgeschichten aus dem eigenen Verwaltungsbereich an die Medienstelle zu liefern, sodass die Medienarbeit eine deutliche Unterstützung erfährt.hausinterne, regelmäßige Führungskräftezirkel, wobei es eine Selbstverständlichkeit sein muss, dass die Kommunikatoren bei den Amtsleiterbesprechungen und den Diskussionen bezüglich wichtiger Projekte einbezogen werden.externe, regelmäßige Treffen – zum Beispiel zu Themen wie Katastrophenschutz, Tourismus, Wirtschaftsförderung – sollten ebenfalls auf dem Stundenplan des Kommunikationsbeauftragten stehen.