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"Diese Wirtschaft tötet." Franz Segbers nimmt in seinem Neuentwurf einer theologischen Wirtschaftsethik diesen Satz von Papst Franziskus ernst. Konsequent wählt er die sozialen Menschenrechte - die entscheidende zivilisatorische Errungenschaft des 20. Jahrhunderts und eine Lehre aus der Weltwirtschaftskrise vor dem Zweiten Weltkrieg - zum systematischen Ausgangspunkt. Die modernen Menschenrechte sind aber ohne ihren biblischen Wurzelgrund gar nicht zu denken! Segbers entwickelt deshalb eine "Ethik des Lebens", die biblisch und theologisch argumentiert und gleichzeitig eine gemeinsame Gesprächsbasis mit Nichtglaubenden bietet.
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Seitenzahl: 228
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Franz Segbers Ökonomie, die dem Leben dient
„Es ist vor allem Aufgabe des Staates, Menschenrechte und Arbeitsnormen umzusetzen und zu verbessern.“
Erklärung der G8-Arbeitsminister, Dresden 2007
„Die Arbeit ist ein zentraler Faktor für das menschliche Wohlbefinden. Zusätzlich zur Funktion, Einkommen zu schaffen, kann Arbeit auch dem sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt im Allgemeinen den Weg ebnen und Individuen, Familien und Gemeinschaften stärken. Dieser Fortschritt steht und fällt jedoch mit dem Vorhandensein menschenwürdiger Arbeit.“
Internationale Arbeitsorganisation – ILO
Franz Segbers
Ökonomie, die dem Leben dient
Die Menschenrechte als Grundlage einer christlichen Wirtschaftsethik
Butzon & Bercker Neukirchener Theologie
„Orientierung durch Diskurs“ Die Sachbuchsparte bei Butzon & Bercker, in der dieser Band erscheint, wird beratend begleitet von Michael Albus, Christine Hober, Bruno Kern, Tobias Licht, Cornelia Möres, Susanne Sandherr und Marc Witzenbacher.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-7666-2179-5 (Butzon & Bercker)
ISBN 978-3-7887-2958-5 (Neukirchener)
E-Book (Mobi): ISBN 978-3-7666-4281-3
E-Book (PDF): ISBN 978-3-7666-4282-0
E-Pub: ISBN 978-3-7666-4280-6
© 2015 Butzon & Bercker GmbH, Hoogeweg 100, 47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de in Gemeinschaft mit der Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Christoph M. Kemkes, Geldern
Satz: Schröder Media GbR, Dernbach
Printed in Germany
Vorwort
Einführung
Wer schwach ist, braucht ein starkes Recht
I. Die gefährdeten Menschenrechte in der globalisierten Welt
Menschenrechte unter Druck
Ausgangspunkt der Wirtschaftsethik: Würde und Rechte des Menschen
Weltethos und universelle Menschenrechte
Exkurs: Umbrüche in der Achsenzeit
II. Umkehrung der Menschenrechte
Druck auf soziale Menschenrechte und Sozialstandards
Umkehrung der Menschenrechte: Vom Recht der Menschen zur Politik im Interesse der Konzerne
Rückkehr der Marktgläubigkeit
Die unsichtbare Hand
Theologische Kritik der „unsichtbaren Hand“
Shareholder value als oberste Maxime
III. Soziale Menschenrechte: Antwort auf die Große Weltwirtschaftskrise
Der „Geist von 1945“: Aufbruch und konzeptioneller Neuanfang
Menschenrechtsaufbruch 1945: Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ und internationale Pakte
Soziale Marktwirtschaft
Gestaltungskraft der Menschenrechte
IV. Pflichten der Staaten und der transnationalen Unternehmen
V. Ökumenische Wirtschaftsethik und Menschenrechte
Arbeit als ein Menschenrecht
Theologische Wirtschaftsethik: biblisch begründet
Theologische Wirtschaftsethik: aus der Perspektive der Würde des Menschen und seiner Rechte
Theologische Wirtschaftsethik: in Rechtsform gefasst
VI. Menschenrechte und ökumenische Wirtschaftsethik: Analogie und Differenz
Freiheitsrechte
Biblisch
Menschenrechtlich
Politische Beteiligungsrechte
Biblisch
Menschenrechtlich
Soziale Grundrechte
Biblisch
Menschenrechtlich
VII. Ökumenische Wirtschaftsethik – biblisch und menschenrechtlich fundiert
Würde des Lebens der ganzen Schöpfung
Würde des Menschen: Vorrang der Arbeit vor dem Kapital
Das Recht auf eine menschenrechtlich fundierte Wirtschaftsordnung
Recht auf Arbeit
Rechte in der Arbeit
Grundrechte in der Arbeit: Kernübereinkommen der ILO
Arbeit, in der man menschlich leben kann
Verbot von Sklaverei, Zwangs- und Pflichtarbeit
Streikrecht
Rechte aus Arbeit
Recht auf Arbeit, von der man leben kann
Recht auf Arbeit, die soziale Rechte sichert
Arbeit, die eines demokratischen Bürgers würdig ist
Recht auf die ganze Arbeit für alle
VIII. Menschenrecht auf eine Ökonomie, die dem Leben dient
Anmerkungen
Literatur
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Millionen Menschen wären anders, würden die Menschenrechte beachtet. Dabei war es das Versprechen der Weltgemeinschaft nach dem Schock der Großen Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkrieges, allen Bewohnern dieser Erde eine würdevolle soziale Existenz gerade auch durch soziale Menschenrechte zu gewährleisten. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948 proklamierte vor dem Hintergrund der unsäglichen Leiderfahrungen einen weltweiten gesellschaftlichen Gegenentwurf. Sie versprach allen Menschen u. a. ein Recht auf soziale Sicherheit, ein Recht auf Arbeit, ein Recht auf einen angemessenen Lohn, befriedigende Arbeitsbedingungen und ein Recht auf Nahrung. Mit diesen Rechten wollte man die Bedingung für eine andere Weltgesellschaft schaffen. Doch die Wirklichkeit ist mehr denn je von diesem Versprechen entfernt. Arbeitslosigkeit, eine Arbeit, von der man nicht in Würde leben kann, soziale Unsicherheit und prekäre Beschäftigung nehmen zu – in Deutschland und weltweit. Der Kapitalismus hat sich globalisiert. Er hat Wohlstand für einige wenige erzeugt und die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert. Der Klimawandel schreitet fort und bedroht die Grundlagen des Lebens auf dieser Erde.
Die hier vorliegende Wirtschaftsethik ist nicht im luftleeren Raum entstanden. Den Menschenrechtsansatz verdanke ich einem „Anschauungsunterricht“ als Gastdozent auf den Philippinen. Dort habe ich in Gesprächen mit Arbeitern und Arbeiterinnen in multinationalen Konzernen, mit Landarbeitern, Menschenrechtsaktivisten und in Seminaren mit Studierenden, Gewerkschaftern, Priestern und Bischöfen gelernt, welche Bedeutung die Menschenrechte haben. Ihnen allen verdanke ich, dass sie mir die Augen für die Menschenrechte geöffnet haben.
Ich erinnere mich lebhaft an den schicksalhaften Morgen des 8. November 2013. Während der Zehnten Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan (Korea) erfuhr ich, dass der wohl stärkste Taifun in der Menschheitsgeschichte das Leben von mehr als 25 Millionen Menschen auf den Philippinen bedroht. Ich hatte noch die Frage eines Delegierten von einer Südseeinsel angesichts der Klimakatastrophe im Ohr: „Was haben wir Armen getan, dass wir für die Sünden der Reichen büßen müssen?“ Ich dachte nicht, dass ich alsbald mit einer wohl von Menschen verursachten Klimakatastrophe konfrontiert werden würde: Nur ein Tag nach den Zerstörungen des Taifuns Haiyan reiste ich am 9. November 2013 zu einer Gastprofessur auf die Philippinen.
Deshalb widme ich dieses Buch den mutigen Menschen, die ich auf den Philippinen kennenlernen durfte:
den Theologiestudenten, für die der Kampf um Menschenrechte Ausdruck ihres Glaubens ist;
den Gewerkschaftern in einer Exportproduktionszone bei Manila, die um ihre Recht auf gewerkschaftliche Betätigung kämpfen;
der Landarbeiterin in einer kleinen Genossenschaft auf der Insel Mindanao, die sich selbstbewusst auf die Menschenrechte bezogen hat und mir stolz erzählte, dass sie am „Tag der Menschenrechte“ auf einer Demonstration für ihr Recht eintreten werde.
Für sie und viele Tausende sind die Menschenrechte eine zerbrechliche, manchmal zahnlose, immer aber widerständig-ermutigende Hoffnung auf mehr Würde, Humanität und Gerechtigkeit.
Franz Segbers am Tag der Menschenrechte, 10. Dezember 2014
Wer die Wirtschaftsseiten der Zeitungen aufschlägt, der trifft dort kaum einmal auf die Sorgen, Ängste und Probleme der Menschen. Dort geht es um Fusionen von Unternehmen, die wettbewerbsfähiger machen sollen, um Banken, die notleidend sind, um Märkte, die nervös reagieren, oder um misswirtschaftende Staaten. Und wenn von der Wirtschaft die Rede ist, dann ist zumeist das Management gemeint. Doch die Menschen, die in den Betrieben arbeiten und zum Erfolg der Unternehmen beitragen oder unter den Folgen von falschen Managemententscheidungen zu leiden haben, scheinen nicht der Wirtschaft anzugehören. Die, die den Wirtschaftsprozess überhaupt erst ermöglichen, gelten als „Gehilfen“, die man lediglich zur Erfüllung des Unternehmenszwecks heranzieht.
Nicht anders die Wirtschaftswissenschaften: Wenn in ihnen der Mensch überhaupt vorkommt, dann als die Kunstfigur eines homo oeconomicus – eines Menschen, der kühl kalkulierend Entscheidungen fällt und ganz auf seinen Vorteil bedacht ist; soziale Beziehungen und solidarisches Empfinden sind ihm fremd. Zu Fragen um die Menschenwürde und die Menschenrechte findet man in den Wirtschaftswissenschaften kaum etwas. Die Wirtschaftswissenschaften haben von ihrem Ansatz her ein Grundverständnis, das die Frage des effizienten Wirtschaftens strikt von der Frage einer gerechten Verteilung der Güter trennt.
Auch in der Wirtschaftsethik, die sich als Institutionenethik begreift und deshalb auch auf gute Rahmenstrukturen abhebt, wird nur vereinzelt menschenrechtlich argumentiert, wenngleich diese Stimmen seit einigen Jahren zunehmen. Ihr geht es darum, wie ethische Orientierungen in Wirtschaftssystemen und wirtschaftlichen Entscheidungen zur Geltung gebracht werden können. Dabei ist sie im Grunde subjektvergessen. Es reicht nicht, wenn sie vorrangig nach der gerechten Ordnung und den Subjekten fragt und deren Arbeits- und Lebenswelt erst ihr zweiter Blick gilt.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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