Parodien. Wawerzineks Raubzüge durch die deutsche Literatur - Peter Wawerzinek - E-Book

Parodien. Wawerzineks Raubzüge durch die deutsche Literatur E-Book

Peter Wawerzinek

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Beschreibung

Dichterschlacht mit Rabenpeter.Wawerzinek klaut den deutschen Literaten ihre Spracheund schreibt eine kuriose Literaturgeschichte der Moderne. Es war das Comeback des Jahres 2010, als der Schriftsteller Peter Wawerzinek zuerst den Bachmannpreis erhielt und kurz darauf mit seinem autobiografischen Roman Rabenliebe den Überraschungshit des Herbstes landete. Gut zehn Jahre war es still gewesen um den genialischen Dichter aus (Ost)Berlin, der viele Jahre auch durch sein Bukowski-Leben von sich reden machte. Dabei hatte der begabte Stegreifpoet und grandiose Stimmenimitator schon immer viele Anhänger. Man nannte es den »Wawerzinek-Sound«, wenn man versuchte, die Sprachprovokationen des Autors zu beschreiben, zu dessen Lieblingsübungen seit den 80ern das Parodieren von bekannten Autoren gehörte.Der besessene Vielleser ScHappy – so sein damaliger Spitzname – imitierte nach seiner Lektüre die Texte, indem er – mal in liebevoller Verehrung, mal mit bösartig-bissigem Spott – im Duktus des Autors das Märchen vom Rotkäppchen erzählte. (Schon in der DDR berühmt: Wawerzineks Christa-Wolf-Parodie Spürfalle).Was als Fingerübung und praktische Textkritik begann, ist inzwischen zu einer beeindruckenden Sammlung angewachsen, die sich wie eine kuriose deutsche Literaturgeschichte liest, geschrieben in Parodien. Für das vorliegende Buch wurden die besten Wawerzinek-Parodien herausgesucht, ja mehr noch: Als Freund- und Feindpaarungen wurden die Texte gegenübergestellt.

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Seitenzahl: 99

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Peter Wawerzinek

Wawerzineks Raubzüge durch die deutsche Literatur

Parodien

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Peter Wawerzinek

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

SinngedichtKlassiker: DADA, Expressionismus, Impressionismus, VorkriegszeitRainer Maria RilkeGeorg HeymGottfried BennAugust StrammKurt HillerPaul ZechKurt SchwittersFriederike KempnerMascha KalékoHans ArpJakob van HoddisFranz WerfelFrank WedekindElse Lasker-SchülerSigmund FreudArthur SchnitzlerPeter AltenbergAlexander Roda RodaAlfred Polgar als PolemikerAus dem Max-Brod-KastenHeinrich ZilleErich KästnerRingelnatzKurt TucholskyErich MühsamBertolt BrechtHeinrich MannErnst TollerHans FalladaAlfred DöblinHermann HesseLudwig ThomaRingelnatzMarlene DietrichOskar LoerkeStefan ZweigKlassiker: BRD, Österreich, SchweizGottfried BennEugen GomringerErnst Jandl (Spätphase)Franz MonKurt MartiKonrad Bayer / Gerhard RühmGerhard RühmH.C. ArtmannRose AusländerHelmut HeißenbüttelDie Gruppe 47Günter GrassArno SchmidtErich FriedHilde DominPeter HandkeNicolas BornRichard AndersRolf Dieter BrinkmannDieter M. GräfMatthias KoeppelWolf WondratschekCarl Weissner als Charles BukowskiArnfried AstelPeter SchneiderHerbert AchternbuschUrsula KrechelHilka NordhausenArno GruenAlice SchwarzerPeter RühmkorfTankred DorstAlexander KlugeRobert GernhardtGünter Bruno FuchsKarl RihaThomas StrittmatterRolf HochhuthUlla BerkéwiczThomas BernhardPeter HärtlingMartin SuterAdolf MuschgAlbert SchweitzerMartin WalserErnst JüngerPaul WatzlawickKlaus StaeckJörg Steiner / Alfred KolleritschF.C. DeliusChristoph MeckelGünter WallraffFriederike MayröckerSten NadolnyUrs AllemannHarry RowohltHans Magnus EnzensbergerKlassiker der DDR-LiteraturBB, der DramatikerJupp MüllerJohannes R. BecherFranz FühmannAnna SeghersHeiner MüllerPeter HuchelInge MüllerWolf BiermannPeter HacksManfred Krug/Jurek BeckerJurek BeckerVolker BraunRainer KirschBenedikt DyrlichBrigitte ReimannChrista WolfUlrich PlenzdorfGino HahnemannThomas BraschLothar TrolleB. K. TragelehnWolfgang HegewaldWolfgang HilbigKatja Lange-MüllerDurs GrünbeinCarlfriedrich ClausThomas BrussigElke ErbAdolf EndlerJan FaktorSascha AndersonOswald EggerSalli SallmannHans Joachim SchädlichIrmtraud MorgnerKlaus SchlesingerA. R. PenckBert Papenfuß-GorekFrank CastorfGerd AdloffVolksbelustigungsstückKurt DrawertThomas RosenlöcherUwe KolbeErich ArendtChristoph HeinKerstin HenselThomas BraschGegenwartsautorenFeridun ZaimogluMaxim BillerWladimir KaminerJakob HeinClemens MeyerHelmut KrausserMax GoldtJohn von DüffelFranzobelRaphael UrweiderReinhard JirglCRAUSSWolfgang HilbigPieke BiermannAlbert OstermaierWiglaf DrosteMatthias PolityckiMarcus HammerschmittCharlotte von MahlsdorfMarlene StreeruwitzJan WagnerAlexander NitzbergFrank SchätzingUwe TellkampClemens J. SetzSAT.1-Kamera-sutraIngrid Noll-kyWolfram SiebeckDirk StermannThomas FindeißAndreas WinkelmannJan KoneffkeUljana WolfMax SchmalzOskar PastiorHelge SchneiderAnhangGeschichte zum SelbstmachenVersuch, alle Parodien auf eine zu trimmenBeispiel-Gedicht der modernen Dichtkunst und eine der möglichen DeutungenAlphabetisches AutorenverzeichnisPeter Wawerzinek
zurück

Sinngedicht

Wer Augen hat zum Wittern

Und eine Haut zum Zittern

Wer Ohren hat zum Bellen

Und kann mit Krallen hörn

Und kann mit Zähnen lieben

dem seien diese Zeilen hier

gutgeschrieben

zurück

Klassiker

DADAExpressionismus Impressionismus Vorkriegszeit

Rainer Maria Rilke

Georg Heym

Letzte Weihe

Wie dunkel sind deine Hände

und deine Augen so schwach

ach, deine Kräfte sind am Ende

wie laut ich mich an dich wende

als letzter Biss

der Ölung letztes Schlucken

da regt sich aber auch so gar nix mehr

da ist kein einzig Muskelzucken

ich werd mal nach dem Jäger gucken

den mit dem Schießgewehr

 

Der Märchenwald liegt brach

er leert sich Jahr um Jahr

ob man mir glaubt oder nicht

Hier wo dein Haupt

noch Kissen ist und leis ein Atmen

altert im Gesicht folg ich dir

 

ach

bald schon

bald

nach

Gottfried Benn

August Stramm

Kurt Hiller

Verschlingen kann man das Lebendige rückwärts,

ausspeien dagegen muss man es stets vorwärts.

Paul Zech

Gasthof Märchenland

Oben, mitten in der Gartenkolonie liegt das Gasthaus Märchenland. Gnadenlos kassiert der Wirt nach jeder Runde ab. Da hocken die Märchengestalten und nippen wässriges Bier. Nach dem dritten Likör schläft Hans im Glück ein, was Dornröschen erbost. Rumpelstilzchen klagt wieder wie kalt ihm immer die Füße sind. Ein wirrer Kopf, den sie Prinz nennen, geht von Tisch zu Tisch, fragt nach interessanten Namen, die einem untergekommen. Hubert scheucht den Irren fort. Heiner macht es ihm nach, und Rosi kann Männer überhaupt nicht in Brustnähe kommen lassen. Manchmal spielt ein dürres Männchen, Frosch genannt, wohl wegen seinem Breitmaul, verrückt, springt quer durch die Kneipe gegen die Wand, will zerplatzen, sich in Adorno, wie er keucht, verwandeln. Pechmarie pult den Dreck unter ihren Fingernägeln, wischt die Nase mit dem Ärmel. Der alte Knauserich an ihrer Hüfte knurrt zum Wirt hin, zeigt ihm sein morsches Gebiss, gibt an, früher hätte er sich mit Waidmanns wilden Horden angelegt. Darauf hebt ihren Pokal hintendrein aus der äußersten Ecke jene, die tagsüber Stiefmütterchen verkauft, ruft: Prost dem Jagdverein!

Der Wirt schließt pünktlich. Die Unwilligsten sind vorher gegangen.

Und wenn sie nicht über Nacht gestorben sind, sitzen sie morgen wieder im Gasthof Märchenland.

Kurt Schwitters

Friederike Kempner

Die glückschen Scheingeschluckten

Mascha Kaléko

Wohldem

der in seinem Iglu sitzt,

was Menschliches im Bauch hat

und Friede im Herzen.

Hans Arp

Deprimier-Tour

Herr Je ging in den Wald

wollt denken und schreiben

so Verse aus sich treiben

und für Frau Je was schnitzen halt.

 

Wie Herr je mi nee schnitzend war

sprach ihn das Wolfstier Schnuck an

ob er das Fräulein Rotkäppchen wohl sah

Herr Je gab zur Antwort kurz und knapp:

Hau ab und leck mich, Mann.

 

Das brachte Herrn Wolf in Wut

Eh ich mich vom Je veräppeln lass

mach ich mir nen Extraspaß

Und fraß Herrn Je min sin Frau

die olle tolle Dame zum Tribut

mit Stiftzahn und Dornenhut.

 

Und die Moral davon:

Kennst du im Wald dich nicht aus,

bleib besser all Tied im Haus.

Mach Urlaub auf dem Balkon.

Jakob van Hoddis

Weltwende

Dem Jäger fliegt vom Kopf der grüne Hut

in allen Hütten hallt ein Wolfsgeschrei

Rotkäppchen rutschen aus und gehen kaputt

Und an den Küsten – liest man – steigt

die Flut

 

                der Wut

 

                                 recht gut

 

                                                    wenn sies denn tut

 

Der Wolf ist gaga geworden, die wilden Zähne

Lechzen nach Norden und hupfen im Wald

wollen Waldbegängerinnen zerstücken

Die geselligeren Tiere haben tüchtig Schnupfen

der Specht im Gedächtnis arg demente Lücken

Franz Werfel

Trinklied der Wölfe

Frank Wedekind

Ich hab die Oma verschlungen

die Oma war zääääh und alt

Ich habe sie niedergerungen

da war sie aber schon tot und ganz kalt

 

Ich fraß mit dem frühen Morgen

das kleine Mädchen hinterdrein

Jetzt fange ich an mich zu Sorgen

wer wird wohl mein nächstes Opfer sein

Else Lasker-Schüler

Mein rotes Tuch

Sigmund Freud

Arthur Schnitzler

Traumdelle

Bis hierher hatte die Kleine laut vorgelesen, nun fielen ihr die Augen zu. Die Mutter beugt sich zu ihr nieder, küsst das Mädchen sanft auf die rote Kappe, klappt das Märchenbuch zu. Warte nicht, sagt sie zum Mann, der ihr die Wange zum Kuss hinhält und weiter im Sportteil liest, obwohl sie ihn die Nuance inniger küsst als sonst je zuvor und im Gehen ungewollt haucht: Na denn mal na denne und, ohne wirklich das Gefühl zu haben, dass sie zu irgendwem im Raume spricht: Es wird mir schon nichts groß passieren. Und weil niemand hinhört oder ihr nachsieht, lässt sie sich selber daraufhin völlig unspektakulär und unbemerkt von hinnen ziehen.

Peter Altenberg

Alexander Roda Roda

Einmal wenigstens sollte man den Wolf

zur Probe Oma und Rotkind schlingen lassen.

Vielleicht wird ihm schlimm und er übergibt sich kurz darauf.

Alfred Polgar als Polemiker

Aus dem Max-Brod-Kasten

Eine Kafka-Fabel

»Eu jeu jeu«, stöhnte der Wolf, »der Körper wird mir enger mit jedem Tag. Anfangs war er so breit wie eine aufgeblasene Einkaufstüte kurz bevor das Kind sie mit einem Hieb als Knalleffekt platzen lässt. Der Magen war eine Speisekammer, dass ich Angst hatte, ich könne den Raum nicht füllen und zöge besser mit Sack und Pack und Brod-Korb aus meiner kleinen Prager Wohnung direkt in mich selbst ein. Mein Appetit war so groß, dass ich mich verschlang. Nur so viel. Meine Fingernägel wie Eisbahnen glatt. Die Lippen glänzten und schritten leuchtend mir voran. Meine aalglatten Hände ließen sich schwer nur entfetten. Mir reichte man nicht die Hand. Ich wähnte mich wohlgebaut. Ein Augenschmaus für jedermann, ging ich denn schließlich doch einmal mit mir aus mir heraus. Eu, sie scheuchten mich, statt sich meiner zu erfreuen. Vor ihnen allen sicher und nun schon eine geraume Zeit in Isolation verwahrt, meine ich, die Kammer in mir schrumpfe, ich müsse im Inneren nur noch einen Brod-Kasten beherbergen, vielleicht auch nur eine Butter-Brod-Büchse fürs Butter-Brod-Papier. Ein unglückliches Wesen dämmert hier hingestreckt. Rechts wie links aus der Ferne sehe ich Mädchenriegen zu allem entschlossen anmarschieren, mit lang ausholenden Schritten eilen sie so energisch und schnell auf mich in mir als mein Versteck zu, dass ich in dem letzten Winkel meines Inneren wie in der Falle hockte, in die ich laufe sollte, in die sie mich zu treiben suchten. Es würde schlimm enden, wäre nicht soeben ein mir fremder Fremder als mein Retter eingetroffen.« – »Alles nicht so schlimm«, sagte der Jäger. »Mitunter muss einer im Leben nur die Denkrichtung ändern, das Undenkbare erleben«, und verpasste dem Wolf eine Doppelladung Schrot.

(Gründonnerstag 1920, in der Bearbeitung von Max Brod)

Heinrich Zille

Erich Kästner

Die Seele jeder Ordnung

ist ein großer Wolfsschlund.

Ringelnatz

Kurt Tucholsky

Erich Mühsam

Bertolt Brecht

Lied vom Gefressenwerden

Zum Fressen und Gefressenwerden

Gehören immer zwei

Einer der frisst und einer

Welcher der Gefressene ist

Frisst einer für zwei

Steht einer hungernd dabei

 

Frisst einer den andren auf

Und der hat unterdessen

Einen andren bereits gefressen

Wirft das die eine Frage auf

Wer kam als erster drauf

Und wer wird der Letzte sein

 

Es geht die Rechnung auf

Wenn der Vielfraß übrigbleibt

 

Nur eins ist wirklich Mist

Wenn der Fresser

Wenn der Fresser

Nicht hungrig ist

Heinrich Mann

Das Kind zur Waldoma schicken ist sehr leicht.

Schwer ist daran nur, das Ergebnis zu lieben.

Denn der Wolf ist eine KNURRENDE SPEISEKARTE.

Ernst Toller

Hans Fallada

Wölfe sind oft die besseren Freunde.

Sie sollten besser nicht die Einzigen in unsrem Leben sein.

Alfred Döblin

Wenn der Hungermann sich überschlägt