Perfekt wie Tyler - Kimberly Raye - E-Book

Perfekt wie Tyler E-Book

Kimberly Raye

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Beschreibung

2.000 Dollar für ein paar Tage als Kindermädchen? Der perfekte Job, findet Lucky. Und dass sie dabei dem unglaublich attraktiven Tyler so nah sein darf, macht die Sache noch ein bisschen perfekter. Aber kann Lucky sich auf Nanny-Job und Mann gleichzeitig konzentrieren?

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Seitenzahl: 201

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IMPRESSUM

Perfekt wie Tyler erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1998 by Kimberly Raye Rangel Originaltitel: „Gettin’ Lucky“ Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY LIEBEN & LACHENBand 48 - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Kai Lautner

Umschlagsmotive: GettyImages_g-stockstudio

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751505369

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Warum ausgerechnet jetzt?, dachte Lucky Myers entnervt und wischte sich eine Träne von der Wange. Heulen ist schon schlimm genug – aber muss es mitten auf dem Flughafen von Houston sein?

Sie ging um ihr Taxi herum und reichte ihrem weiblichen Fahrgast eine Reisetasche.

„Hi, Lucky!“, hörte sie eine vertraute Männerstimme rufen.

Taxifahrerkollege Buster Sinclair, nebenberuflich ein unverbesserlicher Chauvi und Schürzenjäger, hatte ihr gerade noch gefehlt.

„Ich bin Ihnen ja so dankbar für Ihr Verständnis“, sagte Luckys Fahrgast, eine Dame in knallrotem Kostüm. „Und dafür, dass Sie mir zugehört haben.“ Sie stapelte ihre Koffer auf einen Gepäckkarren. „Ich hatte solche Angst, meinen Flug zu verpassen. Ihnen verdanke ich, dass ich die Maschine noch schaffe!“

Wieder rann eine verräterische Träne über Luckys Wange. Verärgert wischte sie sie weg.

Meine Güte, dachte sie. Was geht mich eigentlich die Leidensgeschichte dieser Frau an? Nur weil der Vater dieser Lady gerade mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert wurde, brauche ich mich nicht in eine Heulsuse zu verwandeln.

Das Problem war nur, dass Lucky sich sehr gut in die Frau hineinversetzen konnte, denn ihr Vater war dieses Jahr gestorben. Die Geschichte, die die Dame in Rot ihr während der Fahrt erzählt hatte, hätte gut und gern ihre eigene sein können – zog man den Ehemann und die kleine Tochter ab, die nach Aussage der Lady irgendwo im hintersten Winkel von Texas lebten.

Lucky schnüffelte und rang um Fassung, als sie Buster auf sich zukommen sah.

Er trug sein schwarzes Haar mit Gel zurückgekämmt wie einst Elvis und war mit einem neonpinkfarbenen Hemd sowie mit einer weißen, viel zu engen Jeans bekleidet. Das Hemd stand fast bis zum Bauchnabel offen. Goldketten glitzerten an Busters braun gebranntem Hals.

Das Schlimmste an Buster jedoch war, dass er bei all seinem offen zur Schau getragenen Interesse für das andere Geschlecht Lucky Myers noch nie einen zweiten Blick gegönnt hatte. Nicht, dass sie in ihn verliebt war. Es ging einfach ums Prinzip. Noch nie in ihrem ganzen Leben hatten sich Männer für sie interessiert. Immer war da eine andere, aufregendere Frau gewesen. Mit hübscherem Gesicht, größeren Brüsten oder einem wohlgeformteren Po. Pech für Lucky.

„Hey, Babe“, sagte Buster. „War das die Fracht vom Four Seasons zum Flughafen? Ich wette, sie hat dir ein Megatrinkgeld gegeben. Stella meinte, die Dame schwimmt nur so im Geld.“

Oh, nein! Lucky warf einen Blick auf ihr Taxameter und erschrak. Vergiss das Trinkgeld, dachte sie. Die Frau hatte noch nicht einmal ihr Fahrgeld bezahlt. Und Lucky war so damit beschäftigt gewesen, der Ärmsten beim Ausladen der Koffer zu helfen, dass sie es gar nicht bemerkt hatte.

Verzweifelt spähte sie in die Menschenmenge. Dort hinten – war das nicht das rote Kostüm?

„Hey!“, schrie sie. „Warten Sie!“

Zu spät. Schon war die Frau außer Sichtweite. Und mit ihr auch die Hoffnung, die achtzig Dollar Fahrgeld zu erhalten.

Tränen der Wut und der Verachtung für ihre eigene Dummheit brannten in Luckys Augen.

„Na, sag schon“, forderte Buster sie auf. „Wie viel Trinkgeld hat sie gegeben?“ Er sah die Tränen. „Himmel, kann das sein? Lucky Myers, die nichts aus der Fassung bringt, weint?“

„Ich weine nicht. Ist bloß meine Allergie.“

„Kein normaler Mensch mit einer Allergie würde nach Texas ziehen. Hier gibt’s die höchste Pollenrate im ganzen Süden …“ Sein Blick fiel auf eine Blondine in knappem Top, die an ihnen vorbeiging. „Mannomann! Schau dir mal diese …“

„Ist das alles, woran du denkst?“, fauchte Lucky.

„Hm. Was soll ich dazu sagen? Ich bin halt romantisch veranlagt.“

Wider Willen musste Lucky lächeln. „Du hast dein Taxi also nur verlassen, um mir zu verkünden, was für ein Don Juan du bist?“

„Eigentlich nicht“, gab er zurück und zwängte seine Finger in die Gesäßtasche seiner Jeans, um einen Umschlag hervorzuholen. „Als ich meine Schicht begann, hat mir Stella diesen Brief für dich mitgegeben. Dachte, es sei vielleicht wichtig.“

Lucky nahm den Umschlag. Der Absender war das Marshall Nursing Home, ein Seniorenwohnheim. Sie riss den Brief hastig auf und fand eine Rechnung. Der Betrag entlockte ihr ein frustriertes Stöhnen.

„Deine Großmutter?“, fragte Buster.

„Ja.“

„Geht’s ihr gut?“

„Prima.“ Lucky faltete den Brief und ließ ihn in ihrer Hosentasche verschwinden. „Alles ist prima, solange ich nächste Woche in der Lotterie gewinne.“

„Das Wohnheim kostet wohl eine Menge?“

„Stimmt. Aber die Sache ist es wert.“ Sie lächelte, obwohl ihr eigentlich nicht danach zumute war. „Dort gibt es einen wunderschönen Garten mit Blumen und Sträuchern. Daddy hat Großmutter deswegen aus Chicago hierhergebracht.“ Wieder stiegen Tränen in ihre Augen. „Er konnte es bezahlen, solange er am Leben war. Und ich schaffe es auch. Ich muss den Betrag erst in drei Wochen zahlen. Außerdem habe ich noch viertausend Dollar für mein Studium gespart …“ Ihr Magen krampfte sich zusammen. Ging ihr Erspartes für das Wohnheim drauf, würde sie ihre Ausbildung zur Lehrerin nie beenden können. Doch ihre Großmutter war alles, was sie an Familie noch hatte.

„Ich schaffe es schon“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Buster. „Mit dem Geld vom Sparkonto und ein paar Extraschichten am Wochenende kann ich die sechstausend zahlen.“

„Ganz schön viel, sechstausend“, meinte Buster. „Nehme an, du kommst am Samstag nicht mit zum Bowling?“

„Nein, das geht leider nicht.“ Insgeheim war sie froh darüber, denn es war kein besonderes Vergnügen, Buster und den Jungs beim Biertrinken und Frauenbegaffen zuzuschauen. Sie hatte mit dem Bowling begonnen, um ihr nicht vorhandenes Privatleben etwas aufzupolieren. Doch Mr. Perfect oder Mr. Beinahe-Perfect lernte man offensichtlich nicht im Bowlingcenter kennen.

Eigentlich verlangte sie gar nicht so viel vom Leben. Einen guten Mann, ein Lehrerinnendiplom und sechstausend Dollar. Das Diplom und das Geld konnte sie sich beschaffen. Mit dem Mann sah die Sache schon anders aus. Wie fand man einen guten Mann, wenn einem selbst die weniger guten nicht mal einen Blick gönnten?

„Wir könnten dich aber brauchen, Babe“, sagte Buster. „Wir spielen gegen die Kangaroos, und dein Talent ist gefragt.“ Er wurde durch eine attraktive Frau abgelenkt, die mit zwei Reisetaschen auf sein Taxi zustrebte. „Später, Babe“, erklärte er rasch. „Glaub, ich hab’ mich grad verliebt.“

Lucky hörte die Funkstimme der Einsatzleiterin Stella aus ihrem Taxi. „Lucky? Bist du am Flughafen fertig? Ich habe einen Fahrgast am Hyatt Regency, der zum Messezentrum will.“

„Ich übernehme die Tour“, antwortete Lucky. Danach bückte sie sich, um von der Rückbank ein Kaugummipapier aufzulesen. „Du meine Güte!“, entfuhr es ihr, als sie die Geldbörse sah. Sie gehörte vermutlich einem Mann und war prall gefüllt mit großen Geldscheinen und diversen Kreditkarten.

War das die Antwort auf ihre Gebete?

Da fielen ihr die Worte der Lady in Rot wieder ein: „Eben war mein armer Vater noch fit, und im nächsten Moment hing sein Leben an einem seidenen Faden. Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn ich ihn verliere.“

Die Geldbörse musste also der Frau gehören. Lucky hatte sich angewöhnt, ihr Taxi nach jedem Fahrgast auf Liegengebliebenes zu untersuchen. Als sie die Dame am Hotel abgeholt hatte, war der Sitz leer gewesen. Anscheinend war die Ärmste in solcher Hast aufgebrochen, dass sie sich nicht die Zeit genommen hatte, Geld und Kreditkarten ihres Mannes in ihr eigenes Portemonnaie umzuräumen. Stattdessen hatte sie die Geldbörse komplett eingesteckt. Nun besaß sie weder Geld noch Papiere. Außer …

Lucky überlegte, ob sie die Geldbörse bei der Polizei abgeben sollte. Aber dort brauchten sie wahrscheinlich ewig, bis das Ding wieder bei seinem rechtmäßigen Besitzer landete, und gerade in diesem Fall war Eile geboten.

Lucky suchte nach einer Adresse. Schließlich fand sie den Personalausweis eines Mannes. Das musste der Ehemann sein. Sie schloss ihr Taxi ab und rannte zu einer Telefonzelle, um die Auskunft anzurufen.

„Tut mir leid, unter diesem Namen habe ich keinen Eintrag“, sagte die Telefonistin.

„Aber es geht um einen Notfall“, beharrte Lucky. „Bitte. Eine meiner Kundinnen hat die Geldbörse ihres Mannes …“

„Ich muss mich an die Vorschriften halten“, entgegnete die Telefonistin. „Möchten Sie eine weitere Nummer abfragen?“

„Nein“, erwiderte Lucky. „Trotzdem danke.“ Sie legte auf und ging zurück zu ihrem Wagen.

Wenn sie tat, was geboten war, würde sie einen ganzen Arbeitstag verlieren. Und damit Einnahmen, die sie für die Begleichung der Seniorenheimrechnung dringend brauchte. Andererseits ließ ihr Gewissen ihr keine Ruhe.

„Also gut“, sagte Lucky und riss den Wagenschlag auf. „Der Lucky-Express eilt zu Hilfe.“

Sie ersetzte die fehlenden achtzig Dollar in ihrer Kasse durch eigenes Geld und nahm sich vor, sich den Betrag vom Eigentümer der Geldbörse auszahlen zu lassen. Besser jetzt ein wenig schummeln, als vor Stella und den Kollegen zuzugeben, dass man sie ums Fahrgeld geprellt hatte.

Sie legte die Geldbörse auf den Beifahrersitz, startete den Wagen und reihte sich in den Verkehr ein. Über Funk teilte sie der erstaunten Stella mit, dass sie umdisponiert habe und für heute außer Dienst sei.

Das hier ist die Hölle, dachte Lucky, während sie in der Oktoberhitze einen Reifen wechselte. Traumhaft. Hab mir immer gewünscht, meine Freitagnachmittage so zu verbringen.

Der schnelle Trip ins texanische Hinterland hatte sich unvorhergesehenerweise zu einem Hindernislauf entwickelt. Erstens war der Ort, den sie suchte, viel weiter von Houston entfernt als gedacht; dazu konnte sie noch eine kaputte Klimaanlage und nun auch eine Reifenpanne rechnen. Außerdem spürte sie die Wirkung des vielen Eistees, den sie während der Fahrt getrunken hatte.

Lucky wuchtete den platten Reifen in ihren Kofferraum und knallte den Deckel zu. Was tun? Das letzte Städtchen, das diesen Namen verdient hatte, war Ulysses gewesen. Dort hatte ihr die Kellnerin in dem kleinen Esslokal mitgeteilt, Tyler Grant – der Eigentümer der Geldbörse – lebe zwar nicht direkt in Ulysses, aber bis zum Anwesen der Grants sei es nicht mehr weit. Lucky entschied sich, zuerst mal einen Baum oder ein Gebüsch zu suchen.

„Tut mir leid, Baby“, sagte sie zu ihrem alten Chevrolet. „Muss dich mal kurz allein lassen.“ Ihr Vater hatte den Wagen geliebt und gepflegt, und nun war das Taxi alles, was Lucky geblieben war. Sie lächelte. „Dass du mir keine Männer an Bord nimmst, während ich weg bin.“ Danach kletterte sie über den weißen Zaun, der die Straße von den Weiden trennte. Weiter hinten lockten ein paar Bäume.

Sie stapfte munter über die Wiese und war schnell nass geschwitzt. Bald konnte sie ihr Taxi nicht mehr sehen, wenn sie sich umdrehte. Nach etwa zehn Minuten erreichte sie den Schatten der Bäume. Nur, dass es kein kleines Gehölz war, sondern ein ausgewachsener Wald. Sie ging tiefer hinein, bis sie ein geeignetes „Örtchen“ fand.

So weit, so gut. Nur, dass sie auf dem Weg zurück zum Auto bald feststellen musste, dass sie sich in dem gar nicht so kleinen Wald irgendwie verlaufen hatte.

Wunderbar!, dachte sie. Das hat mir gerade noch gefehlt.

Da hörte sie Hufgetrappel. In der Hoffnung, auf einen Menschen zu treffen, der sich hier auskannte, bahnte sie sich einen Weg durch das Dickicht. Minuten später blinzelte sie durch die Zweige eines großen Baumes und sah einen Fluss, auf den ein Reiter zugaloppierte. Es war ein Mann – groß, breitschultrig, mit markantem Gesicht. Er ritt das schönste Pferd, das Lucky jemals gesehen hatte.

Tyler Grant zügelte sein Pferd, schwang sich aus dem Sattel und zog den Reißverschluss seiner Jeans auf. Sekunden später stand er völlig nackt am Flussufer. Innerlich kochte er vor Wut.

Diese verdammte Betrügerin! Empfohlen von Dalton, der besten Agentur in Houston! Ein Kindermädchen mit den besten Referenzen, und er selbst hatte jede einzelne überprüft. Alles Lüge. Die noble Gouvernante hatte sich als Diebin von Format entpuppt, und er war nun um eine stattliche Summe ärmer.

Wenn Tyler in Schwierigkeiten war, kam er immer hierher zum Fluss. Sonnenlicht, das durch die Zweige der Bäume fiel, ließ das Wasser glitzern. Kindheitserinnerungen stiegen in Tyler auf. Hier hatten sie früher immer Gummischläuche an die Äste der Bäume gebunden, sich daran über den Fluss geschwungen und sich in die Fluten gestürzt …

Langsam ging er ins Wasser. Die vergangenen Stunden waren hektisch gewesen. Erst die Entdeckung des Diebstahls, dann die Anzeige bei der Polizei und dazwischen die Anforderungen, die die Ranch rund um die Uhr an ihn stellte. Trotzdem lächelte er. Das Wasser war himmlisch kühl. Er fühlte sich zu Hause. Endlich. Nach so langer Zeit.

Schuldgefühle stiegen in ihm auf und beschleunigten seinen Entschluss. Er war wieder zu Hause, und er würde bleiben. Hoffentlich …

Dazu gehörte aber, dass er ein neues Kindermädchen fand. Und zwar schnell.

Seine Schwiegermutter hatte sich für morgen angesagt. Sie ging davon aus, dass ihre Enkeltochter von einer Gouvernante betreut wurde. Falls Helen Bell-Whitman keine vorfand, die ihren hohen Qualitätsansprüchen genügte, konnte Tyler sich auf ein Gewitter gefasst machen. Er schauderte, wenn er an den letzten Aufstand dachte, den seine Schwiegermutter veranstaltet hatte, als er vor zwei Monaten verkündete, er würde nach Hause fahren.

„Du willst Krankenpfleger für einen Mann spielen, der nichts weiter als eine ganz gewöhnliche Augenoperation hatte? Stell jemanden dafür ein, Tyler. Dein Vater wird an dieser kleinen Sache nicht sterben.“

„So einfach ist es nicht“, hatte Tyler erwidert. „Jemand muss sich um die Ranch kümmern. Dad kann das nicht. Jedenfalls nicht in den nächsten paar Monaten. Seine Augen müssen erst verheilen. Außerdem hat er gerade einen neuen Hengst gekauft. Ich muss mich um das Zuchtprogramm kümmern.“

„Unsinn!“, entrüstete sich Helen. „Du bist Teilhaber bei einer der größten Investmentfirmen dieses Landes, Tyler. Deine Aufgabe ist es, Vorstandssitzungen einzuberufen, und nicht, dich um Zuchtprogramme zu kümmern. Dafür gibt es Verwalter.“

„Es geht um meinen Vater, Helen.“ Im Stillen fügte er hinzu: Und ich schulde ihm einiges für all die Jahre, in denen ich ihn allein gelassen habe.

„Es ist absolut nicht nötig, dass du dir aus fehlgeleitetem Pflichtbewusstsein die Hände schmutzig machst. Du bist Investmentbanker, kein Rancher.“

Leider, dachte Tyler.

Dieser Teil von ihm lag verschüttet. Nan, seine verstorbene Frau, wollte einen Banker als Mann, keinen Rancher. Auch seine Mutter hatte seine Karriere gefördert. Er war erfolgreich, doch er wusste, dass er eigentlich in der Welt des großen Geldes fehl am Platz war.

Was er nun tat, geschah nicht allein für seinen Vater, sondern auch für seine kleine Tochter, Bernadette. Sie sollte den anderen Teil ihres Erbes kennenlernen, sollte wieder lachen und herumtoben. Außerdem machte er sich gern die Hände schmutzig, und harte körperliche Arbeit hatte ihm noch nie etwas ausgemacht.

Natürlich konnte Helen das nicht verstehen. Wenn es ihm nicht gelang, sie zufriedenzustellen, würde sie so lange kämpfen, bis Bennie vor der Wahl stand: Ulysses oder Houston. Die Ranch oder das feine Leben in der Stadt.

Er schwor sich, dass seine Tochter nie eine solch endgültige Entscheidung würde treffen müssen. Mit diesem Entschluss watete Tyler tiefer ins Wasser. Sein Plan war, sofort ein neues Kindermädchen zu engagieren. Helen kam morgen Nachmittag, um sich davon zu überzeugen, dass ihre Enkelin auch auf der Ranch wie eine Dame heranwuchs. Bis dahin blieb genug Zeit, jemanden zu finden. Oder? Schließlich hatte er gute Verbindungen. Ein paar Anrufe, und die neue Gouvernante würde pünktlich eintreffen. Es würde diesmal kein piekfeines Exemplar vom Schlag der Dalton-Nannys sein, doch Tyler wusste, dass irgendein Kindermädchen besser war als keines.

Lucky verharrte gebannt im Schutz der Bäume und nahm jedes Detail des nackten Mannes, der ihr den Rücken zuwandte, in sich auf. Sie sah breite Schultern, schmale Hüften und einen so knackigen Po, dass es ihr den Atem verschlug.

Besser als der von Patrick Dempsey, dachte sie. Viel besser.

Da bemerkte sie, dass sie wie magisch angezogen aus dem Waldsaum ins Freie getreten war, und rettete sich schnell und leise hinter den Stamm eines dicken Baumes. Von dort spähte sie erneut hinüber zu dem spektakulären Bild, das sich ihr bot.

In diesem Moment blickte der Mann über die Schulter zurück. Erschrocken versteckte Lucky sich hinter dem Baum. Das fehlte ihr noch, dass man sie als Voyeurin ertappte!

Sie fühlte sich sicher genug, um einen Blick auf das Gesicht des Mannes zu riskieren. Er war nicht schön, aber auf eine raue, männliche Art attraktiv. Seine Augenfarbe konnte sie von hier aus nicht erkennen, doch sie spürte die Glut, die von ihnen ausging. Eine Glut, mit der Männer Frauen ansahen, die sie begehrten. Das Ungewöhnliche war diesmal nur, dass der Mann nicht irgendeine Frau, sondern sie, Lucky Myers, anzusehen schien.

Panik stieg in ihr auf, und sie hielt sogar mit dem Kaugummikauen inne. Ob der Mann sie entdeckt hatte? Wahrscheinlich. Jedenfalls ging ihr sein Blick durch und durch.

Es schien endlos zu dauern, bis er sich wieder umwandte. Lucky begann automatisch, ihren Kaugummi weiterzukauen. Er hat mich nicht gesehen, dachte sie erleichtert und gleichzeitig ein wenig enttäuscht. Die alte Geschichte. Männer würdigten Lucky Myers keines Blickes.

Sie beschloss, ihren Beobachtungsposten aufzugeben, ehe sie tatsächlich entdeckt wurde. Schließlich hatte sie einen Job zu erfüllen. Die Geldbörse wartete darauf, ihrem Besitzer zurückgegeben zu werden.

Aber wer konnte sich abwenden, wenn ein Mann mit einer solchen Figur nun begann, mit beiden Händen Wasser über seinen muskulösen gebräunten Körper zu schaufeln? Es rann glitzernd über seine Schultern und Arme bis hinunter zu jenem knackigsten aller Pos.

Lucky fühlte, wie ihr Mund trocken wurde vor Erregung.

Ein Glück, dachte sie, dass ich genug Kaugummi dabeihabe.

Plötzlich war ein lautes Plopp zu hören.

Die Kaugummiblase platzte. Der Mann im Fluss fuhr herum. Lucky ging hinter dem Baumstamm in Deckung, nahm den Kaugummi aus dem Mund und warf ihn wütend fort. Wie hatte sie das Ding bloß vergessen können! Aber das Kaugummikauen war eine Gewohnheit, die sie längst nicht mehr abstellen konnte. Sie schloss die Augen und hielt den Atem an.

Wasser plätscherte, doch sonst war kein Laut zu hören. Vielleicht habe ich ja noch mal Glück gehabt, dachte sie.

Das sonderbare Gefühl, beobachtet zu werden, belehrte sie eines Besseren.

„Genießen Sie die Aussicht?“, fragte eine tiefe, männliche Stimme amüsiert.

Luckys Herz setzte einen Moment aus, nur um dann umso heftiger zu klopfen. Sie öffnete vorsichtig die Augen und sah große gebräunte Füße, die sich nur wenige Zentimeter von ihren eigenen Turnschuhen entfernt befanden.

Sie ließ ihren Blick nach oben wandern und entdeckte immerhin, dass der Mann nicht mehr völlig nackt war, sondern Jeans trug, deren Reißverschluss allerdings nicht ganz geschlossen war. Lucky errötete, als sie einen Blick auf kurze schwarze Locken erhaschte.

„Anscheinend genießen Sie es.“ Tyler verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete die Frau, die vor ihm stand. Denn um eine Frau handelte es sich höchstwahrscheinlich, auch wenn ihre jungenhafte Kleidung es zuerst nicht genau erkennen ließ. Sie trug ultraweite Jeans – deren oberster Knopf seltsamerweise offen stand. Das weiße T-Shirt war durchgeschwitzt und klebte an ihrem Körper. Tyler sah kleine, aber perfekt geformte Brüste. Ihre Spitzen hatten sich aufgerichtet und zeichneten sich deutlich unter dem dünnen Stoff ab. Dieser Anblick ließ Tyler nicht ganz kalt.

„Wie bitte?“, fragte Lucky verstört.

Sie hatte ihr Haar unter der Baseballmütze versteckt, doch ein paar vorwitzige Strähnen hatten sich hervorgestohlen. Ihre Wangen waren von der Hitze gerötet, ihre rosa Lippen leicht geöffnet. Mit weit aufgerissen Augen sah sie Tyler an. Augen, deren Farbe ihn spontan an Schokolade erinnerte.

„Verzeihung“, fuhr sie fort. „Ich habe nicht verstanden, was Sie gesagt haben.“

Er lächelte. „Ich habe gefragt, ob Sie die Aussicht genießen.“

Wobei Tyler durchaus ebenfalls begann, das, was er sah, zu genießen. Nicht so sehr Luckys Gesicht und ihre Figur faszinierten ihn, obwohl beides attraktiv genug war. Nein, es war die Art, wie sie ihn ansah. Wie ein Kind, das verlangend auf den letzten Keks in der Dose starrt. Ihr unverhülltes Begehren, gepaart mit kindlich-naiver Unschuld war eine verführerische Mischung.

„Nun? Tun Sie es?“, fragte er.

„Ja … ich meine natürlich, nein.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ja. Der Anblick war … oder ist sehr … nett. Aber das ist nicht der Grund, warum ich hier bin.“

„Tatsächlich? Warum sind Sie dann hier?“

„Ich hatte eine Reifenpanne. Auf einem Feldweg, den ich nicht mehr finde. Ich habe mich im Wald verlaufen.“

„Verlaufen? Und dabei ein bisschen die Voyeurin gespielt?“

„Nein! Ich habe ein Geräusch gehört und dachte, es käme jemand, den ich nach dem Weg fragen könnte.“

„Warum haben Sie mich nicht danach gefragt, statt sich hinter einem Baum zu verstecken?“

„Ich habe mich nicht versteckt“, protestierte sie, errötete aber dabei noch mehr. „Na schön, ich habe mich versteckt.“

„So bekommt man normalerweise aber keine Informationen. Ich zum Beispiel wäre sofort aus dem Wald gekommen und hätte gefragt.“

„Sie würden einen nackten Unbekannten einfach so nach dem Weg fragen?“

„Ja, falls ich der nackte Unbekannte wäre.“

„Das ergibt doch keinen Sinn. Sie können nicht Ihr eigener nackter Unbekannter sein.“

„Stimmt. Lassen Sie uns überlegen, wer mein nackter Fremdling sein könnte.“ Er trat näher auf Lucky zu, stützte sich mit einem Arm gegen den Baumstamm und blickte auf den geöffneten Knopf ihrer Jeans. „Sie könnten mein nackter Fremdling werden.“

„Was meinen Sie damit?“ Sie schaute nach unten. „Oh.“

„Wollten Sie auch baden?“, fragte er.

„Natürlich nicht.“ Sie schloss die Augen. „Oje. Wirklich genial.“

„Noch nicht. Aber es kann ja noch werden.“

Sie riss die Augen auf. „Was?“

„Das mit uns beiden. Zwei nackte Unbekannte.“

„Ich glaube, ein nackter Unbekannter reicht.“ Sie zerrte an ihrem Hosenbund.

„Na, na. Lassen Sie mich das machen.“

„Nein, schon in Ordnung. So was passiert mir ständig …“ Ihre Finger berührten seine. Lucky und Tyler blickten sich in die Augen.

Nach einem atemlosen Moment schloss Tyler den Hosenknopf. Lucky entspannte sich ein wenig. „Laufen Sie immer mit offener Hose herum?“, wollte er wissen.

„Mit offener Hose, offenen Schuhbändern, offenen Hemdknöpfen“, gab sie zu und sah dabei aus, als habe sie diesem Umstand bereits viel Nachdenken gewidmet. „Ich bemühe mich ja, aber immer fehlt irgendetwas.“

„Muss ein netter Anblick sein. Schade, dass Sie nicht hier aus der Gegend kommen.“

„Glücklicherweise“, korrigierte sie und holte tief Atem. „Puh, ist das heiß hier. Wo auch immer ich mich gerade befinde.“

„Sie befinden sich auf Privatbesitz.“

„Oh.“ Sie wirkte schuldbewusst. „Tut mir leid. Wenn Sie mir sagen, wo die Straße ist, verschwinde ich.“

„Ich dachte, Sie fragen nackte Unbekannte nicht nach dem Weg?“

„Sie sind nicht mehr nackt. Zumindest nicht mehr ganz.“

„Stimmt. Aber nahe dran.“ Er kam auf sie zu.

„Ich schreie.“

„Warum? Weil ich Ihnen unbekannt bin, oder weil ich fast nackt bin?“

„Aus beiden Gründen.“

„Ich bin nicht fremd hier. Sie sind es. Außerdem“, fuhr er fort, „belästige ich keine Frauen, die ungefragt meinen Grund und Boden betreten. Vielleicht schieße ich auf sie. Aber ich belästige sie nicht.“

Lucky musste unwillkürlich lächeln.

„Also“, setzte er hinzu und deutete in eine Richtung. „Wenn Sie gehen wollen, nehmen Sie diesen Weg. Geradeaus durch den Wald, bis Sie offenes Weideland erreichen. Von dort können Sie die Straße sehen.“

„Danke.“

„War mir ein Vergnügen.“

„Nein“, gab sie zurück, während sie in die Richtung ging, die er gewiesen hatte. „Das Vergnügen war ganz meinerseits. Sie haben einen verdammt knackigen Po.“

„Ich wünschte, ich könnte das Kompliment erwidern“, sagte er. Aber ihre Jeans waren zu weit, um etwas erkennen zu können.

Schade eigentlich, dachte er, als Lucky eilig durch die Bäume davonstrebte.