Verboten sexy - Kimberly Raye - E-Book

Verboten sexy E-Book

Kimberly Raye

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Beschreibung

‚So viele Männer, so wenig Zeit‘ ist Nikkis Lebensmotto. Jedenfalls glauben das alle in der Kleinstadt. Doch Nikki hat ein Geheimnis: Unter ihrem knallengen Tank Top schlägt ein schüchternes Herz. Bis Cole, Bad Boy der Kleinstadt, diesem Geheimnis gefährlich nah kommt …

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Seitenzahl: 178

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IMPRESSUM

Verboten sexy erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Kimberly Groff Originaltitel: „Texas Outlaws: Cole“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY HOT & SEXYBand 51 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Ulrike Pesold

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733717407

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

„Hier ist die Letzte.“ Cole Unger Chisholm stand in dem gut eineinhalb Meter tiefen Loch und zog die metallene Kaffeedose aus der frisch umgegrabenen Erde hervor, bevor er sie seinem Bruder reichte.

„Das wissen wir noch nicht.“ Jesse war der älteste der Chisholm-Brüder, und nur seinetwegen hatte Cole in den letzten drei Monaten beinahe jede Nacht damit verbracht, zu buddeln. Wenn er sich nicht den Hintern beim Rodeo aufriss.

Im Alter von achtundzwanzig Jahren war Cole der amtierende Rodeostar beim Bronc-Riding mit Sattel – jener Königsdisziplin, bei der man acht Sekunden auf einem buckelnden Pferd sitzen bleiben musste. Er hielt den Rekord von fünf gewonnenen Meisterschaften und galt als der Favorit, sich in wenigen Wochen in Vegas die sechste zu holen.

Falls er endlich wieder zu seinem normalen Trainingsablauf übergehen konnte. Im Moment verbrachte er jede freie Minute in seiner Heimatstadt Lost Gun in Texas damit, seinen beiden Brüdern zu helfen, achtzig Morgen Weideland umzugraben, um das Geld zu finden, das ihr krimineller Vater vor über fünfzehn Jahren in der hiesigen Bank gestohlen hatte. Bevor er sich in Brand gesteckt hatte und in Flammen aufgegangen war.

Sie waren vor etwa drei Monaten auf das Geld gestoßen, als Billy eine kleine Metallkiste ausgegraben hatte. Sie waren alle davon überzeugt gewesen, dass sie die hunderttausend Dollar gefunden hatten, bis sie das Geld gezählt hatten und herausfanden, dass es nur mickrige tausend Dollar waren. Seitdem hatten sie achtundneunzig weitere Behälter ausgegraben, die allesamt tausend Dollar enthielten.

„Das ist der hundertste Behälter“, sagte Cole. „Er muss es sein.“

„Vermutlich“, stimmte Jesse zu, aber er würde nicht darauf wetten, nicht, bevor er den Inhalt gesehen hatte.

„Zähl es einfach, damit wir hier wegkönnen. Ich will hier noch vor meinem nächsten Rodeo wegkommen.“

„Müde, großer Bruder?“ Billy, Coles jüngster Bruder, warf ihm einen wissenden Blick zu. „Oder willst du nur nach Haus, um deine Wunden zu lecken, weil Jake und Jimmy dir zuvorgekommen sind und die Barbie-Schwestern vom Markt genommen haben?“

„Eine ist noch übrig.“ Nicht, dass Cole Schwester Nummer drei im Visier hatte. Nicole Barbie war noch ein Kind gewesen, als sie aufgewachsen waren, daher hatte er ihr nie wirklich Aufmerksamkeit geschenkt. Er war eher auf ihre beiden älteren Schwestern fixiert gewesen und immer mal wieder mit den beiden ausgegangen. Es war nichts Ernstes gewesen, aber die Barbie-Schwestern hatten auch einfach keine ernsthaften Beziehungen. Sie waren die Bad Girls der Stadt.

Bis zum letzten Monat, als Jimmy und Jake Barber, seine besten Kumpel, den beiden einen Antrag gemacht hatten und die zwei tatsächlich Ja gesagt hatten.

Cole konnte es immer noch nicht glauben. Crystal und April waren so gar nicht die Art Frauen, die heiraten wollten.

Und Cole kannte die Art. Seit seine beiden Brüder sich kürzlich verlobt hatten, war er der einzige Chisholm, der noch Single war. Eine Menge Frauen waren ihm in den letzten Monaten nachgelaufen, besonders seit er so viel Zeit in Lost Gun verbrachte, um Jesse und Billy beim Graben zu helfen.

Susie Carlisle hatte ihm Brownies gebacken, und Jenny Farmer hatte ihm frisch eingemachtes Obst gebracht. Delilah Martin hatte sogar ihren preisgekrönten Hackbraten zubereitet. Und obwohl Cole nichts gegen ein ordentliches Stück Fleisch einzuwenden hatte, war er klug genug zu wissen, dass auch nur ein einzelner Bissen davon ihr eine völlig falsche Botschaft senden würde – nämlich die, dass er bereit war, sich zu binden.

„Und? Wie viel ist drin?“, fragte er Jesse.

„Ja“, stimmte Billy ein. Er war der jüngste Chisholm und hatte die Buddelei ebenso satt wie Cole. Wenn auch aus einem anderen Grund. Wie Jesse, der die Liebe seines Lebens gefunden hatte, hatte Billy sein Junggesellendasein gegen die traute Zweisamkeit mit seiner einzig wahren Liebe eingetauscht. Beide würden nach dem Rodeofinale in Las Vegas den Bund fürs Leben schließen. „Und?“

„Langsam.“ Jesse legte einen Schein auf den nächsten. „Ich zähle.“

Cole lehnte sich auf seine Schaufel und blickte auf die Weide, die sie umgab. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und ein orangefarbenes Glühen erhellte den Horizont. Sie hatten meist in der Nacht im Schutz der Dunkelheit gegraben, aber heute war Samstag. Der Samstag. Darum hatte Jesse die Vorsicht aufgegeben.

Cole betrachtete den aufgewühlten Boden. Sie hatten versucht, die Löcher wieder aufzufüllen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Die Menschen aus Lost Gun und eine Unmenge an Schatzsuchern suchten seit Jahren nach Silas Chisholms verlorenem Vermögen. Sollte etwas davon nach außen dringen, dass seine drei Söhne das Geld tatsächlich gefunden hatten, würde es hier vor Menschen wimmeln.

Aber Cole, Jesse und Billy wollten die Einzigen sein, die die Vergangenheit ihres Vaters ausgruben. Sobald sie jeden Penny wiederhatten, würden sie es der Stadt zurückgeben und so den Gerüchten über sie ein für alle Mal Einhalt gebieten.

Dass sie Bescheid gewusst hätten. Dass sie das Geld insgeheim die ganzen Jahre über verprasst hätten. Dass sie genauso nutzlos wären wie ihr Vater.

Bis vor ein paar Monaten hatten sie nicht einmal von dem Geld gewusst, bevor Jesse eine Verbindung zwischen Silas und dem berüchtigtsten Schwarzbrenner der Stadt gefunden hatte. Leider war Big Earl Jessup alt geworden. Er konnte nicht mehr länger seinen Schwarzgebrannten zusammenpanschen, und ebenso wenig konnte er sich daran erinnern, wo er das Geld aus dem Banküberfall seines Freundes Silas Chisholm vergraben hatte.

Silas hatte Big Earl das Geld übergeben, der es vergraben hatte. Wenn sich der Wirbel gelegt hatte, hatten sie es ausgraben und die Beute genießen wollen. Doch dann war Silas verbrannt, und die Medien hatten begonnen, sich für die texanische Kleinstadt zu interessieren. Die Geschichte hatte Unmengen von Reportern angezogen und wurde in einer Dokumentation namens Berühmte Texas Outlaws auf dem Discovery Channel aufgegriffen. Kürzlich war zum zehnten Jahrestag der Dokumentation ein „Wo sind sie jetzt?“-Special ausgestrahlt worden.

Kurz gesagt, Big Earl hatte so lange auf dem Geld gehockt, dass er schließlich vergessen hatte, wo es vergraben lag. Und so hatten Cole und seine Brüder, zusammen mit Big Earls Urenkelin Casey, die Weide des alten Mannes in den letzten drei Monaten umgegraben.

„Das war’s“, verkündete Jesse und stopfte die Geldbündel zurück in die Kaffeedose. „Einhunderttausend Dollar.“

„Endlich“, murmelte Cole.

Obwohl er froh war, dass sie das Geld gefunden hatten und er wollte, dass ihr Ruf wiederhergestellt wurde, war es ihm nicht so wichtig wie seinem älteren Bruder. Nein, er hatte sich für Jesse abgerackert. Damit der Frieden mit der Vergangenheit schließen konnte.

Cole wollte sie lieber vergessen, als Frieden mit ihr zu schließen. Er wollte die Erinnerungen hinter sich lassen und sich auf die Zukunft konzentrieren. Sein Wohnmobil war bereit und wartete auf einem erstklassigen Stück Land vor der Stadt, das er gekauft hatte. Der perfekte Ort, um erstklassige Pferde zu züchten, falls er das je tun wollte.

Auch wenn das eher unwahrscheinlich war, denn Cole war gerne in Bewegung, reiste, lebte.

Er hatte seine Kindheit damit verbracht, gerade einmal zu existieren. Essen war knapp gewesen, Geld praktisch nie da. Und Liebe? Er hatte seine Brüder gehabt, aber Silas war ein miserabler Vater gewesen. Er hatte zu viel Elend erlebt, hatte sich zu oft gefühlt, als würde er erdrückt werden, ausgelöscht, niedergeschlagen. Er war so nahe dran gewesen, aufzugeben.

Aber dann hatte der legendäre Bullenreiter Pete Gunner ihn und seine Brüder aufgenommen und ihnen geholfen, zu den besten Rodeoreitern Amerikas zu werden. Cole gehörte nun zu den berüchtigten Lost Boys – den heißesten Rodeoreitern in der Arena, die so genannt wurden, weil sie alle aus derselben Kleinstadt kamen.

Für ihn ging es jetzt darum, das Leben zu leben, statt es nur zu ertragen. Darum, den Adrenalinrausch zu spüren, wenn er auf den Rücken eines Wildpferds stieg, die frische Erde roch, die es um ihn herum aufwirbelte, das Donnern seines eigenen Herzschlags spürte, seine Fingerknöchel sah, die weiß waren, während er die Zügel festhielt und alles gab, was er hatte.

Dann fühlte er sich lebendig. Frei.

Ein Grund mehr, wieder unterwegs zu sein.

„Beweg deinen Hintern.“ Billy streckte Cole die Hand entgegen und half ihm aus dem Loch. „Wir haben eine Stunde, um in die Stadt zurückzukehren und uns frisch zu machen, bevor wir zur Kirche aufbrechen. Jimmy und Jake bringen uns um, wenn wir zu spät kommen.“

Ja, er würde verschwinden.

Nachdem er sich in einen Smoking geworfen hatte und mit einer errötenden Brautjungfer den Gang zum Altar hinuntergegangen war.

„Ich werde den Sheriff anrufen und versuchen, ein Treffen für morgen früh zu vereinbaren, damit wir das Geld dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben können.“ Jesse fing an, ihr Werkzeug aufzusammeln. „In der Zwischenzeit müssen wir auf eine Hochzeit.“

1. KAPITEL

Es war die zweitgrößte Hochzeit, die Lost Gun je gesehen hatte. Nach der Hochzeit von Rodeolegende Pete Gunner, der seine große Liebe Anfang des Jahres geheiratet hatte.

Nikki Barbie hatte damals krank im Bett gelegen.

Zum Glück.

Sie hatte absolut nichts für Hochzeiten übrig.

Die Erkenntnis traf sie, als sie hörte, wie ihre beiden älteren Schwestern schworen, „zu lieben und zu ehren“.

Crystal und April heirateten die Barber-Zwillinge in einer riesigen Doppelhochzeit. Jimmy und Jake Barber waren die heißesten Wildpferdfänger im Rodeozirkus und gehörten zu den Lost Boys, was bedeutete, dass zusätzlich zu den mehreren Hundert Gästen auch noch ein Dutzend Reporter anwesend waren. Fotos schossen. Erinnerungen dokumentierten.

Es war eindeutig der schlimmste Tag ihres Lebens.

Und nicht nur, weil sie ein bodenlanges, rosafarbenes Satinkleid mit Sonnenschirm und passenden Sandalen trug.

Raylene Barbie – Nikkis Mutter und die Eigentümerin von Lost Guns ältester und beliebtester Bar, The Giddyup – war schuld an dem tragischen Zustand von Nikkis Leben. Raylene war ein überzeugtes, männermordendes Südstaaten-Bad-Girl, das eher ein lauwarmes Bier kippen würde, als ihre Freiheit für nur einen Mann aufzugeben.

Nicht, dass sie Männer nicht mochte. Im Gegenteil. Raylene Barbie verschlang die Männer regelrecht.

Aber Männer waren nur für eines gut, und das hatte nichts mit „sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ zu tun. Sie machten Spaß. Waren aufregend. Aber nichts Langfristiges.

Was erklärte, weshalb sie in der ersten Reihe saß und ihre jüngste Tochter ansah, als wäre sie das letzte Bier in der Kühltasche beim Picknick zum Unabhängigkeitstag.

Nikki war geliefert.

Sie versuchte, sich auf das Positive zu konzentrieren. Zumindest war ihre Mutter aufgetaucht, was Crystal und April glücklich gemacht hatte. Raylene hatte die beiden mit Schweigen gestraft, seit sie vor sechs Wochen ihre Verlobung verkündet hatten. Deshalb hatte es Spekulationen darüber gegeben, ob sie überhaupt zu dem wichtigsten Tag ihres Lebens erscheinen würde. Aber sie war gekommen, wenn auch nur in der verzweifelten Hoffnung, dass die beiden in letzter Minute einen Rückzieher machten.

Nikki holte tief Luft und versuchte, ihren Magen zu beruhigen. Ihre Hände wurden feucht, und sie musste den Griff um den schweren Brautjungfernstrauß verlagern.

Ausgerechnet Tulpen. Und Schleierkraut. Es sah süß und zart aus, und das war genau der Punkt. Die Barbie-Schwestern waren nicht süß und zart. Crystal und April lebten in knallpinken Cowboystiefeln, winzigen Tank-Tops und schwarzen Lederminiröcken. Sie waren kühn. Schön. Bad Girls.

Früher einmal.

Sie hatten ihre gewagte Kleidung gegen zwei der bauschigsten weißen Kleider diesseits des Rio Grande eingetauscht. Sie gaben ihre alten Gewohnheiten auf. Heirateten. Ließen sich nieder.

Nikki holte tief Luft. Himmel, war das heiß hier. Und stickig. Und hell.

Hochzeiten am helllichten Tage sollten verboten werden. Die Sonne, die durch die Bleiglasfenster des Altarraums schien, blendete sie. Sie blinzelte und versuchte eine Welle der Übelkeit und das verrückte Verlangen, die Zeremonie aufzuhalten, zu unterdrücken.

Einspruch!

Falls April und Crystal nicht vernünftig genug waren, es selbst zu tun, dann müsste sie es eben. Um ihren eigenen Verstand zu retten.

Ihr Mund öffnete sich. Ihre Zunge bewegte sich, ihre Stimmbänder gaben einen Ton von sich …

Ein Räuspern unterbrach sie, bevor sie ein Wort sagen konnte. Sie hob den Blick, und er begegnete dem des Trauzeugen, der ihr direkt gegenüberstand.

Cole Unger Chisholm, der Rodeo-Wildpferd-Reiter, kniff die Augen zusammen, als wolle er sagen: „Halt dich da raus.“ Auch sie kniff die Augen zusammen.

Sie schloss den Mund und runzelte die Stirn. Der hatte Nerven. Er war doch der Wilde. Der stolz darauf war, haarsträubende Dinge zu tun. Angefangen damit, sich am Ende eines Ritts auf den Rücken eines buckelnden Wildpferds zu stellen, bis dahin, den Reportern den Finger zu zeigen, wenn sie ihm zu nahe kamen. Cole war der Inbegriff des Bad Boys. Der einzige, der noch übrig war, jetzt da der Rest der berüchtigten Lost Boys offiziell nicht mehr zu haben war.

Es war wahrscheinlicher, dass er eine Szene machen und die Zeremonie stören würde. Er war unberechenbar.

Und unglaublich gut aussehend.

Er trug ein schwarzes Smokingjackett, das seine breiten Schultern betonte. Ein weißes Hemd, gestärkte Jeans und auf Hochglanz polierte Cowboystiefel komplettierten das Outfit. Sein normalerweise langes, zerzaustes braunes Haar war zurückgebunden, damit er weniger wie ein Bad Boy aussah, aber der Schatten, der sein Kinn bedeckte, machte den Effekt zunichte. Er sah immer noch wie der feuchte Traum jeder Frau aus. Der perfekte Mann für einen One-Night-Stand.

Wenn Nikki etwas für One-Night-Stands übriggehabt hätte.

Das hatte sie nicht, auch wenn sie einige Fantasien von Mr Rodeo-Champion gehabt hatte. Aber das waren ihre geheimsten Gedanken. Es war nicht so, als würde sie Taten folgen lassen. Niemals. Das war der Hauptgrund, warum sie am Ausflippen war.

Anders als ihre Schwestern war sie kein echtes Bad Girl, auch wenn sie den Ruf hatte. Sie hasste lange Nächte, laute Musik und zu viel Alkohol. Drei Wahrheiten, die sie bis jetzt vor ihrer Mutter geheim gehalten hatte, da Raylenes Aufmerksamkeit immer auf die älteren Mädchen gerichtet gewesen war. Sie waren ihr ganzer Stolz gewesen. Ganz die Mutter.

Bis jetzt.

„… die Ehe ist eine glückliche Vereinigung zweier Seelen …“, fuhr der Pfarrer fort, und die Realität traf Nikki mit voller Wucht.

Crystal, ihre älteste Schwester, von der jeder gedacht hatte, dass sie in Raylenes Fußstapfen treten und die Bar übernehmen würde, heiratete. Dasselbe galt für April. Sie hatten ihre Jobs in der Bar aufgegeben, um ewige Treue zu schwören. Schlimmer noch, sie zogen auf eine Ranch, die über eine Stunde entfernt lag, und Nikki war die Einzige, die übrig war, um Raylene zu helfen.

Sie würde sich nicht mehr in der Küche verstecken können, um ihre Zukunft als zu Köchin zu planen, während sie das typische Kneipenessen herrichtete – von Chicken Wings bis zu Nachos. Sie würde nicht mehr im Hinterzimmer lernen können, wenn ihre Mutter und ihre Schwestern vorne die Party am Laufen hielten. Sie würde sich nicht mehr als stellvertretende Küchenchefin bei Houstons besten Restaurants bewerben können.

Sie war die einzige Tochter, die noch übrig war. Die letzte Hoffnung ihrer Mutter.

Sie schluckte und versuchte, ihren sich umdrehenden Magen zu ignorieren. Ein Tropfen Schweiß lief Nikkis rechte Schläfe hinab.

„… nimmst du diesen Mann zu deinem rechtmäßig angetrauten Ehemann …“

Sie atmete heftig aus. Ihr war übel.

„… und nimmst du diese Frau zu deiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau …“

Ruhig. Atme. Ein. Aus. Ein. Aus.

„… erkläre ich euch zu Mann und Frau.“

Sie würde sich nicht übergeben, trotz des blendenden Lichts und des hoffnungsvollen Blicks ihrer Mutter.

Stattdessen würde sie lächeln und mit dem Rest der Hochzeitsgesellschaft den Kirchgang entlanggehen.

Oder watscheln, denn mehr konnte sie in diesem Kleid nicht tun. Und dann würde sie einen Ausweg aus dem Labyrinth aus Tüll und Blumen finden, zum nächsten Ausgang eilen und um ihr Leben rennen.

Sie watschelte nicht in die Freiheit.

Sie wollte es. Aber sie konnte nicht abhauen, ohne ihre Schwestern zu beunruhigen, also stieg sie in ihren alten Chevy Pick-up und folgte den Pick-ups und Geländewagen, die zur Gunner Ranch fuhren, wo die Hochzeitsparty stattfand.

Auf der Party hielt sie so viel Abstand wie möglich zu ihrer Mutter und ignorierte das Handy in ihrer Handtasche, das alle paar Minuten wegen einer neuen SMS vibrierte. Die beunruhigendste?

Willst du meine neue Barkeeperin werden?

Uuh.

Für den Rest ihres Lebens Bier zu zapfen war das Letzte, was sie wollte. Sie hatte die letzten Jahre damit verbracht, sich wie ihre Schwestern anzuziehen und sich zu verstellen, um unter dem Radar ihrer Mutter zu bleiben, während sie heimlich an ihrer Kochausbildung arbeitete. Sie hatte es sogar geschafft, sich eine beträchtliche Summe beiseitezulegen, damit sie gut durch ein Praktikum kam. Sie wollte fort von hier, wollte ihr eigenes Leben leben und ihre Träume verwirklichen.

Aber zuerst musste sie es schaffen, bis zur Abschlussprüfung in zwei Wochen durchzuhalten, ohne ihre Konzentration zu verlieren.

Keine Chance, wenn sie an Raylene Barbies Seite Coronas über den Tresen schlittern ließ.

Sie ignorierte eine weitere SMS, machte die obligatorischen Fotos und ging in Richtung des Buffets, bevor ihre Mutter sie festnageln konnte.

Ein Grund mehr, abzuhauen.

Sofort.

Sie ging am Buffet vorbei und eilte durch ein Zelt in der Nähe, in dem das Essen gelagert wurde. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie sah, lief sie in das Zelt und stieß beinahe mit einem Kellner zusammen, der ein Tablett mit Crab Cakes trug.

Sie hielt inne, um eines zu nehmen, murmelte „Entschuldigung“ und bahnte sich ihren Weg durch die quadratische Küche. Kochplatten und Öfen standen in einer Reihe am Rand. Das Innere war ein Labyrinth aus Tischen, auf denen das Essen vorbereitet wurde. Überall arrangierten Mitarbeiter Tabletts mit Shrimpspießen oder Platten mit kaltem Gemüse und Gourmetkäse. Nicht ein Hot Wing oder Fried Pickle in Sicht – nichts, was ihre Mutter in ihrer Kneipe anbieten würde. Das war nur ein Beweis mehr, dass Raylene gerade einen weiteren Schock erlitt, weil ihre Welt auf dem Kopf stand.

Ihre Mutter hatte nicht viel für Gourmetküche übrig. Darum hatte Nikki gelogen und behauptet, sie nähme Pole-Dancing-Stunden in Austin. In Wirklichkeit fuhr sie eine Stunde lang und nahm an einem Gourmetkochkurs teil, um an ihrem Beef Wellington zu arbeiten, das ganz sicher einen Platz auf der Speisekarte eines der besten Restaurants in Houston ergattert hätte.

Das war jetzt wohl fraglich.

Ihr Leben war vorbei. Ihr Traum ausgeträumt.

Sie brauchte Alkohol.

Sie nahm eine offene Flasche Wein von einem Tablett und trank einen großen Schluck. Ihre Schwestern waren aufs Ganze gegangen. Kein Pinot Grigio aus dem hiesigen Lebensmittelladen. Sie trank einen gereiften Weißen Zinfandel, der sanft ihren Hals hinunterrann und die Panik für ein paar Sekunden verschwinden ließ.

Sie nahm noch einen langen Schluck, ließ das Zelt hinter sich und ging zur Scheune, die nur ein paar Meter entfernt stand.

Ein wenig Abstand und viel Wein, dann könnte sie vielleicht, und nur vielleicht, herausfinden, wie sie mit der Katastrophe umgehen sollte, zu der ihr Leben geworden war.

Sie könnte ihrer Mutter Schlaftabletten in ihren Lieblingsselbstgebrannten mischen. Das würde ihre Mutter außer Gefecht setzen, sodass sie ihren Kurs beenden, das Examen bestehen und ihren Abschluss erhalten würde.

Natürlich war beides unmöglich. Sie hatte weder ein Rezept für Schlafmittel noch Big Earl Jessups berühmten Schwarzgebrannten. Der alte Mann konnte sich kaum an seinen Namen erinnern, geschweige denn an sein wertvolles Rezept.

Noch etwas, das Raylene zur Verzweiflung trieb. Sie hatte über zwanzig verschiedene Drinks auf ihrer Karte, die Big Earls Selbstgebrannten enthielten. Eine Geheimwaffe, die ihre Einnahmen um mindestens zwanzig Prozent steigerten und ihr einen Vorteil gegenüber den größeren, auffälligeren Bars verschaffte. Raylene zog schon lange nicht mehr nur die Ortsansässigen an, sondern auch die Touristen, die auf der Durchreise waren. Und das nur wegen ihrer Texas Lightning Marguerita.

Natürlich erzählte sie jedem, besonders Sheriff Hooker, dass sie einen alten Tequila benutzte, aber die Menschen in Lost Gun kannten den Geschmack von Earls Spitzenschnaps zu gut. Und sie redeten. Und das Gerede zog die Touristen an. Und die Touristen sorgten dafür, dass Raylenes Geschäft lief. Und Raylenes Geschäft war das Einzige, was sie davon abhielt, sich auf Nikkis Privatleben zu konzentrieren.

Die Betonung lag auf war.

Der Geruch von Heu umgab sie, als sie in die riesige Scheune kam, die sich am anderen Ende des Grundstücks befand. Sie hielt immer noch die Flasche in der Hand, und die Panik verursachte ein Flattern in ihrer Brust.

Sie trank einen weiteren großen Schluck, den sie dringend nötig hatte, und versuchte, an etwas Gutes zu denken. Etwas Ruhiges. Etwas Monotones. Wie frische Sahne schlagen oder …

Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie das Klirren von Besteck auf einem Teller hörte.

Sie sah zur Leiter, die zum Heuboden führte. Ein weiteres Klirr, und sie wusste, dass sie nicht alleine mit ihrem Elend war.

Jemand war dort oben.