Perry Rhodan-Extra: Countdown - Alexander Huiskes - E-Book

Perry Rhodan-Extra: Countdown E-Book

Alexander Huiskes

0,0

Beschreibung

Die Terminale Kolonne TRAITOR schien die ultimative Bedrohung der gesamten Milchstraße zu sein. Sie stand für militärische Macht, der niemand etwas entgegensetzen konnte, für die emotionslose Vernichtung von Planeten. Aber vor allem stand sie für die Mächte des Chaos und die Gefahr einer Negasphäre. Aber die Terminale Kolonne zog ab, nachdem die Entstehung der Negasphäre verhindert worden war. Sie hinterließ eine zertrümmerte Milchstraße. Danach war eine ganze Galaxis aufzubauen, wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Planeten waren entvölkert und vernichtet worden. Die Wirtschaft lag danieder. Alles wurde anders. Nur wenige wurden nicht verändert. Diese wenigen standen in der Gunst der Superintelligenz ES. Sie arbeiteten an vorderster Front, brachten all ihre Erfahrung in den Dienst an der Milchstraße ein. Einer von ihnen war Julian Tifflor ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 159

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



EXTRA

Countdown

Gefahr für das Galaktikum – kann Julian Tifflor das Chaos verhindern?

Alexander Huiskes

Cover

Vorspann

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

Impressum

Die Terminale Kolonne TRAITOR schien die ultimative Bedrohung der gesamten Milchstraße zu sein.

Sie stand für militärische Macht, der niemand etwas entgegensetzen konnte, für die emotionslose Vernichtung von Planeten. Aber vor allem stand sie für die Mächte des Chaos und die Gefahr einer Negasphäre. Aber die Terminale Kolonne zog ab, nachdem die Entstehung der Negasphäre verhindert worden war. Sie hinterließ eine zertrümmerte Milchstraße.

Danach war eine ganze Galaxis aufzubauen, wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Planeten waren entvölkert und vernichtet worden. Die Wirtschaft lag danieder. Alles wurde anders.

Nur wenige wurden nicht verändert. Diese wenigen standen in der Gunst der Superintelligenz ES.

Sie arbeiteten an vorderster Front, brachten all ihre Erfahrung in den Dienst an der Milchstraße ein. Einer von ihnen war Julian Tifflor...

Träume sind Wahrheiten in Kristall, verzerrt durch dickes Glas und gefärbt durch das Licht der Erkenntnis.

Er träumte ...

... von einer Frau mit rotem Haar und blauen Augen, die wie Sterne funkelten.

... von einem Planeten, auf dem Vertreter jedes Volkes der Milchstraße zusammentrafen.

... von Flammen, Explosionen, Blasterfeuer und Toten; dutzendfacher Tod in einem Saal mit hoch aufragenden Fenstern.

Und er sah den Tod eines Unsterblichen.

Er träumte ...

... von den Schatten, die ihn begleiteten.

... vom Tod, dem seine Kinder gefolgt waren.

... von jenen, die sie nun nie kennenlernen würden.

Und träumte das Erwachen herbei.

Und auch er träumte ...

... von einem Leben, das ihn überraschte.

... die Leben, die er gelebt hatte und leben würde.

... nicht länger gelebt zu werden.

Und seine Hand verkrampfte sich über der Stelle, an der künstliches Leben in ihn hineingepumpt wurde.

1.

8. April 1460 NGZ

8 Uhr: T minus 36 Stunden

2406 ... was für ein Jahr. Es hat uns das Ende der furchtbaren Herrschaft der »Meister der Insel« gebracht, wie sich die Tyrannen unserer großen Nachbargalaxis Andromeda nannten.

Und mir hat es ein neues Amt eingetragen, eines, das mehr Bürde als Würde ist: das Kolonialamt. Lieber wäre ich weiter mit Rhodan in den Krieg gezogen. Oder für Atlan, dessen USO einen neuen, gefährlichen Feind für die Menschheit ausgemacht hat: die CONDOS VASAC.

Aber nein, Tiff darf sich um all die Belange kümmern, die mit Siedlern auf fremden Welten zu tun haben. Dass diese Siedler Abenteuer erleben und ich meistens nur damit beschäftigt bin, Aktenberge zu neuen Höhen aufzutürmen, vergessen die meisten. Bully hat mich auf einen Zug durch die Gemeinde eingeladen, wie er das nennt. Ich glaube, er ist froh, dass ihm dieser Job erspart geblieben ist.

Was ich heutzutage bin? Ich glaube, ein Bürokrat, der fremde Völker nur aus Akten kennt.

[Tifflors Karussell 1]

*

»Fünfhunderttausend.«

Der andere sagte nur dieses Wort.

Ich zögerte. Eine halbe Million Galax, die ich aufwenden musste, die aber sicher ein Vielfaches an Ertrag bringen würden.

»Hundert jetzt, vierhundert danach?«

Der andere spielte mit einem der vielen roten Zöpfe, die seine Mähne bildeten. Linguidenmode, dachte ich, sagte aber nichts.

Wir schwiegen, bis der andere lachte, sich umdrehte und ging.

»Halt!«, schrie ich. »Halt!«

Er kam zurück. »Fünfhunderttausend.«

Ich sah niemanden, der uns auffällig beobachtet hätte. Wer kam bloß auf den Gedanken, die beste Geheimhaltung bestünde in der Öffentlichkeit? Ich fühlte mich unwohl, obwohl ich alles im Blick hatte. Aber wer wusste schon, welche Spione, Agenten und Polizisten sich auf Aurora herumtrieben?

»Welche Garantie habe ich, dass du nicht einfach das Geld kassierst und dich nie wieder blicken lässt?«

Er sah mich lange stumm an, dann lachte er brüllend, laut und tief. »Keine.«

Ich steckte ihm unauffällig das Geld zu, fünf Galaxkarten, auf die ich je hunderttausend gebucht hatte. Nun gab es kein Zurück mehr.

*

»Fünfzig?« Der andere sagte nur dieses Wort.

Julian Tifflor lächelte unwillkürlich, als er den Neuankömmling genauer betrachtete, der ihn mit einer herrischen Geste angehalten hatte. Der Unither ging ihm etwa bis zur Brust, trug einen quietschgelben Helm, einen silbermetallisch glänzenden Anzug und eine Aktentasche, wie sie vor über tausend Jahren auf Terra Mode gewesen wäre – wenn auch kaum aus grün-rosafarbenem Kunstpelz und mit einer vergoldeten Schnalle. Das Farbsehen der Rüsselwesen – oder ihr ästhetisches Empfinden – unterschied sich deutlich von dem der Terraner.

»Die Gleiter sind nicht teuer. Fünfzig Galax bis zu deiner Botschaft.« Das war etwa die Strecke zur terranischen Botschaft, die unweit der unithischen lag.

»Fünfzig Galax? Fünfzig? Der Flug hierher hat mich dreitausend allein an Mautgebühr für die Zielpassage gekostet. Und der Gleiter kostet fünfzig? Ich möchte wetten, dass ich die Kiste mit meinen Steuergeldern bereits mehr als bezahlt habe. Fünfzig! Ich fasse es nicht!«

»Kann ich dir sonst weiterhelfen?«

Der Unither senkte rüsselnd den Kopf, als wolle er Tifflors Witterung aufnehmen. Dabei glitt ihm der zitronengelbe Helm über die Augen. Hektisch schob er ihn wieder nach hinten, wodurch der Helm nun in den Nacken rutschte. »Irgendwie kommst du mir bekannt vor. Hast du einmal auf Unith gearbeitet?«

»Bedaure. Ich komme von Terra, wohne aber schon lange auf Aurora.«

Obwohl er einer der zwölf mächtigsten Politiker der Milchstraße war, ein Galaktischer Rat, konnte Julian Tifflor sich leicht ins Inkognito flüchten: Er trug einen hellen Overall, der seine schlanke Statur etwas schlaksiger erscheinen ließ, als sie war. Mit den schwarzen Stiefeln und dem klobig wirkenden schwarzen Werkzeuggürtel sah er eher wie ein Techniker aus als ein Diplomat.

Die meisten erkannten ihn nur, wenn er die offizielle Kleidung eines Ratsherrn trug, die vor allem aus üppigen, schweren Roben bestand. Der Vorteil der Ratsroben war, dass jede Spezies sie tragen konnte und sich die einzelnen Ratsmitglieder dadurch einander optisch annäherten, ob sie nun auf keinem, zwei oder vielen Beinen gingen. Der Nachteil bestand darin, dass sie schwer waren und man darunter in längeren Sitzungen schwitzte.

Der Unither unternahm einen letzten Versuch. Er wedelte mit einer Fünfgalaxnote, wie sie auf einigen Planeten noch immer in Gebrauch waren. »Ihr Rüssellosen seht euch alle so furchtbar ähnlich. Du nimmst mich nicht zufällig auf deinem Heimweg mit, der dich zufällig zur unithischen Botschaft führt? Jetzt sofort?«

Tifflor bemühte sich, ernst zu bleiben. »Bedaure. Ich erwarte einen Freund.«

Der Unither grunzte unwirsch. »Ich wollte lediglich dein Einkommen aufbessern.«

Damit watschelte er davon, ohne sich noch einmal umzublicken.

*

Ich sah den Unsterblichen, als ich den Zivilraumhafen gerade verlassen wollte.

Julian Tifflor!

Er hatte mir Ungeheuerliches angetan. Niemals würde er sein Amt und seine Macht abgeben, denn im Unterschied zu uns armen Sterblichen hatte er ja Zeit.

Zeit! Ich würde ihn ...

Nein. Er würde sterben wie die anderen auch. Aber für den Moment ... Ich musste den Gleiterausflug buchen, auf dem mir die Markierungsdrohnen zugespielt werden sollten.

Alles würde gut werden. Denn falls ich scheiterte, würde die Hydryllid einspringen. Sie hatte schließlich ein Eigeninteresse.

Alles musste gut werden. Ich hatte es den Toten versprochen.

*

Tifflor sah den Akonen, als er gerade den Hochsicherheitsbereich des Zivilraumhafens betreten wollte, um seinen alten Freund in Empfang zu nehmen.

»Wenn das nicht Ratsherr Tifflor ist«, sagte der braunhäutige Mann mit bösem Lächeln. Er trug das rötlich schimmernde Haar zu Zöpfchen gedreht und auf eine Seite des Schädels gekämmt. Am rechten, frei liegenden Ohr hing an Kupferdraht eine reliefartige Abbildung der griechisch-altterranischen Sphinx.

»Repräsentant Karmun.« Julian Tifflor nickte. »Es ist immer eine Freude, mit dir zu sprechen, aber im Augenblick ...«

»Ratsherr Tifflor!« Der Akone verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und blickte sich aufmerksamkeitsheischend nach allen Seiten um.

Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, betrachteten die übrigen Passanten und Passagiere des Raumhafens die kleine Szene allerdings bei Weitem nicht in dem Ausmaß, das er sich wohl vorgestellt hatte. Das Dutzend Fantan-Leute und der einzelne Grandosima im wuchtigen Schutzanzug, die gerade mit uniformierten Sicherheitskräften über ihr Gepäck diskutierten, zogen die Blicke viel stärker auf sich als die beiden Humanoiden.

»Als Repräsentant der Versprengten muss ich dich bitten, deine Haltung bezüglich der Transferzahlungen noch einmal zu überdenken.«

Tifflor bemühte sich um eine ausgeglichene Miene, ohne den kalten Tonfall der Ablehnung vollends kaschieren zu können.

»Es gibt keinerlei Grund, die aktuelle Regelung neu zu diskutieren.«

Er hasste sich für diese Worte, weil er genau wusste, wie schrecklich es für die Akonen war, heimatlos zu sein. Die Terminale Kolonne TRAITOR hatte ihre Mutterwelt Drorah zerstört, und weil sie sehr stark auf ihren Planeten fixiert gewesen waren, litten sie enorm darunter. Seit mehr als einem Jahrhundert durchreisten versprengte Gruppen des einst so stolzen akonischen Volkes die Galaxis wie bettelnde Nomaden.

Die einzigen Akonen, denen es halbwegs gut ging, waren Transmitterfachleute, für die Drorah seit jeher berühmt gewesen war. Seit die Technologie der Milchstraße sich auf den herrschenden Hyperphysikalischen Widerstand eingestellt hatte, boomte die Transmitterforschung wieder: Kein anderer Transportvorgang konnte sich hinsichtlich Güterdurchfluss und Geschwindigkeit mit Transmittern messen.

Leider gab es seit dem Hyperimpedanz-Schock eine massive Einschränkung der Reichweite.

Tifflor spürte Mitleid mit den Akonen. Aber sie waren nicht die Einzigen, die litten, und die Gelder, die er in seiner Funktion als Sonderbeauftragter für Hyperkokon- und TRAITOR-Hinterlassenschaften verwaltete, reichten nicht aus, sämtliche Wünsche zu erfüllen. Nicht einmal alles Notwendige konnte getan werden, dazu war die Milchstraße zu groß, die Bedürfnisse zu umfassend und der durch TRAITOR angerichtete Schaden zu enorm.

Er wusste zudem, dass es viele Völker gab, die der Ansicht waren, für die Planetenlosen sei ohnedies zu viel aufgewendet worden. Sie sollten aktiv in das Besiedlungsprojekt der ehemaligen Hyperkokon-Gebiete einsteigen, statt zu jammern. Noch immer gab es dort sehr viele attraktive Welten, einige sogar mit funktionierender Infrastruktur, von jenen Völkern zurückgelassen, die in der großen Karawane auf die Suche nach dem Ahandaba gegangen waren.

Die Versprengten weigerten sich jedoch, weil sie der Ansicht waren, dadurch würde das Andenken an Drorah und die ungezählten Opfer geschmälert. Tifflor wusste, dass politische Vernunft und Augenmaß vonnöten waren: Was er den Akonen mehr bewilligte, musste er bei anderen abziehen.

Hinzu kam, dass mittelfristig jeder Galax, den er in den Wiederaufbau einer planetaren Wirtschaft investierte, das Zehn- oder Hundertfache an Ertrag zurück in die Kasse des Galaktikums brachte. Die Akonen hingegen verwendeten die Gelder bislang eher zum Konsum, als müssten sie den erlittenen Verlust durch Einkäufe ausgleichen.

»Die Trivid-Sender sehen das anders«, behauptete Karmun. »Ich habe eine Reihe von Angeboten bekommen, genau über die Frage der Diskriminierung der akonischen Versprengten ...«

»Schön für dich«, sagte Tifflor. »Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst?«

»Du kannst mich nicht einfach ignorieren, Ratsherr!«, zeterte Karmun. Seine Stimme knirschte. »Wir sehen uns auf der Eastside-Konferenz!«

*

Die ANALYSE erschien unvermittelt im Halo-System. Sie war ein beige gestrichenes, kegelförmiges Schiff mit tefrodischen Kodes. Sie benutzte keine der gängigen Routen, war nicht angekündigt, und der Eigner und Pilot in Personalunion verweigerte jede Antwort auf die Frage nach dem Woher und Wozu.

Aurora lockte seit vielen Jahrzehnten Abenteurer und Schaulustige aus allen Teilen der Galaxis an, aber die meisten bedienten sich der Transit-Strecke oder fest gebuchter Reisen. Schiffe wie die ANALYSE machten höchstens fünf Prozent der Reisenden aus – das waren angesichts des starken Schiffsverkehrs allerdings pro Tag mehrere Dutzend Schiffe.

Erst nach längerem Hin und Her nannte der Pilot, Medach Jano, den Grund seines Kommens: Er müsse mit »jemand Verantwortlichem« sprechen, er habe eine »lebenswichtige Botschaft«, allerdings »streng vertraulich«. Dazu beschrieb der Tefroder einen in allen Belangen durchschnittlichen Humanoiden als Ansprechpartner. Den Namen kannte er angeblich nicht, und als der Suchalgorithmus durchgelaufen war, blieben nicht weniger als tausend Menschen übrig, auf die die Beschreibung gepasst hätte.

Nach einer guten Stunde landete die ANALYSE auf Raumlandefeld 874 des Sektors B auf dem Zivilraumhafen Galakto Citys. Es war der 8. April 1460 Neuer Galaktischer Zeitrechnung.

*

Julian Tifflor mochte das sandige Gold des Bodens, die türkisblauen Metallstreben und den auf Transparistahlwände projizierten Ausblick auf die Äquatorregion Auroras. Solche Details gaben dem Zivilraumhafen seinen Charme, ganz im Gegensatz zum Militärraumhafen.

Während Raumschiffe durch die ewige Nacht zwischen den Sternen reisten, ging über Galakto City in diesen Augenblicken die Sonne auf. Ihr Licht floss langsam und zäh wie golden leuchtender Sirup über die Landschaft und entfaltete dabei jene ganz besondere Strahlkraft, die diese Welt einzigartig machte.

Tifflor erinnerte sich bei solchen Gelegenheiten oft an unsterbliche Worte eines terranischen Dichters, Ralph Waldo Emersons: Mir ist lieber, in einer von Geheimnissen umgebenen Welt zu leben als in einer, die so klein ist, dass mein Verstand sie begreift.

Eines dieser Geheimnisse, über die die Galaxis zu staunen verlernt hatte, schwebte seit über neunzig Jahren im Weltraum und war in Form einer Holoprojektion in der Mitte des Saals zu bestaunen: Transit.

Es handelte sich um zwei flache, metallene Quader, die jeweils von einer seltsam zweidimensional wirkenden, kreisrunden Scheibe begleitet wurden. Die Scheiben wirkten wie geschliffener Amethyst, der von einem Rubinring umschlossen wurde. Dennoch waren es nur Leuchterscheinungen, die offenbar problemlos durchdrungen werden konnten. Nahezu im Minutentakt schossen daraus Raumschiffe hervor oder tauchten darin ein – aber nur auf einer Seite, auf der anderen Seite waren sie nie zu sehen.

Die Scheiben waren nichts anderes als die Ein- und Ausgänge zweier Halbraumtunnel. Einer verband das Halo-System mit dem Sektor Godoron, der andere mit dem Sektor Mastak, und von dort aus führte jeweils ein zweiter Tunnel ins Arkon- und Solsystem. In rund zehn Stunden Flugzeit ließen sich durch diese Hochgeschwindigkeitswege die rund siebzehntausend Lichtjahre Distanz, die zwischen Halo und den beiden politischen Schwergewichten der Galaxis lagen, überbrücken.

Die Technologie, die dafür sorgte, war in den metallenen Quadern untergebracht, die stationär in sicherer Entfernung der Tunnelmündungen verankert waren: GALAKTO und UNIVERSO bestanden aus je siebzehn würfelförmigen BOXEN der LFT, die fest miteinander verbunden waren. Auf der unteren Ebene arbeiteten drei mal drei BOXEN als Sonnenzapfer und sorgten für die Energie, während die acht BOXEN der oberen Ebene der eingesetzten Transmittertechnologie dienten. Im Zentrum der acht BOXEN existierte eine Aussparung, über der ein Kugelprojektor schwebte, der die Halbraumtunnel erzeugte.

Tifflor war stolz darauf, dass dieses galaktische Wunder von den Terranern auf die Beine gestellt worden war. Sie gewährleisteten auch den Betrieb, indem sie Wartung und Aufrüstung von GALAKTO und UNIVERSO vornahmen. Mehr noch befriedigte ihn der Umstand, dass Perry Rhodan sich ebenfalls dafür ausgesprochen hatte, Transit dem Galaktikum zu unterstellen, das seitdem offiziell als Betreiber fungierte und alle Mauteinnahmen kassierte.

Es waren solche Zeichen, die politisch betrachtet den höchsten Profit erbrachten, weil sie die friedliche Zukunft der Milchstraße sicherten.

An diesem Tag beobachtete Julian Tifflor den Halbraumtunnel nach Mastak besonders genau. In Kürze würde daraus ein kleiner Kurierkreuzer der LFT auftauchen, mit Perry Rhodan an Bord. Er starrte so konzentriert auf die Holofläche, dass er erschrak, als sich eine weiße, langfingrige, kühle Hand auf seine rechte Schulter legte.

*

»Ein ungewöhnlicher Zufall, dem wir es verdanken, uns zur gleichen Stunde im gleichen Bereich des Raumhafens aufzuhalten, nicht wahr?«

Tifflor erkannte die Stimme und unterdrückte den Impuls, herumzuwirbeln und die Hand abzustreifen. Was sucht Tremayna hier?

»Ratsherr, ich äußere meine Verwunderung angesichts deiner Angespanntheit«, sagte die Frau mit den glühenden Augen und den marmornen Zügen in der ihr eigenen, unbeholfen wirkenden und doch gestochenen Ausdrucksweise.

Eine nach Art von aufgespannten Vogelschwingen gestaltete Tiara aus einer Arkonstahl-Kupferglas-Legierung drängte das üppige silberweiße Haar aus dem Gesicht, sodass es wie ein gefrorener Wasserfall als Kaskade über Schulter und Nacken bis zu den Hüften fiel, in Form gebracht durch eine Kette aus Hunderten kleiner Hyperkristalle – Howalgonium, wie Tifflor wusste.

Er deutete eine knappe Verbeugung an. Als Galaktischer Rat war er politisch wesentlich bedeutender als Tremayna da Falkan, aber es wäre eine grobe Unhöflichkeit gewesen, ihr keine Achtung zu erweisen – allerdings nur gerade so viel, dass sie dadurch nicht in eine bessere Position rückte.

Der Politklatsch auf Aurora war in einer Art und Weise aufregend, die er selbst auf der Kristallwelt oder während seiner Zeit als Erster Terraner nicht erlebt hatte. Die Ursache dafür lag in der vollkommenen Heterogenität der galaktischen Völker – jeder sah bestimmte Zusammenhänge anders und hatte ein eigenes kulturelles Bezugssystem.

Es zählte zu den großen Leistungen Bostichs als Vorsitzenden des Galaktikums, eine Art galaktisches Protokoll eingeführt zu haben, das eine Mischung sehr unterschiedlicher Vorbilder darstellte. Es unterstrich damit seinen Anspruch, die Vielfalt der Einheit zu bewahren.

»Entschuldige, Fürstin«, sagte er. »Ich war unaufmerksam. Ich nehme an, du bist ebenfalls hier, um einen Transfer über UNIVERSO in Empfang zu nehmen?«

Tremayna lächelte schwach. »Nicht gegenwärtig, nein. Aber jeder Besuch, dem eine gewisse Wichtigkeit zugebilligt wird, bedarf der sorgfältigen Vorbereitung.«

Tifflor überlegte. Die Falkanin arbeitete für die Galaktischen Räte in der allgemeinen Verwaltung, war keinem besonderen Stab zugeteilt. Er selbst hatte schon mehrmals auf ihre Dienste zurückgegriffen, aber er war nie recht warm mit ihr geworden. Etwas lag in ihrem Verhalten, was all seine Alarmglocken schrillen ließ.

Sie musste ihm angesehen haben, worüber er nachgrübelte, zumindest legten ihre folgenden Worte das nahe: »Ich bin für die Galaktische Rätin Pfanthagasai hier. Wir konnten für die Eastside-Konferenz einen externen Experten gewinnen. Und du wartest gewiss auf den Terranischen Residenten? Er wird der Konferenz beiwohnen.«

Diesmal arbeitete sie also für »KoPf«, wie Koral Pfanthagasai in Abkürzung ihres Namens gemeinhin genannt wurde. Die cheborparnische Ratsfrau galt als intellektuell und ehrgeizig.

»Du bist wie immer gut informiert.«

»Die täglichen Bulletins der Galaktischen Räte ersetzen mein Frühstück.« Ihr Lächeln war dünn wie eine Monomolekularfaser.

Ihn schauderte. Was war es, das diese Frau um so viel unmenschlicher wirken ließ als all die exotischen Wesen, denen er in seinem langen Leben begegnet war?

»Was für ein Zufall. Meines auch – aber ich habe darin kein Indiz für das Eintreffen eines externen Experten gefunden. Ich muss da wohl etwas überlesen haben, wie?«

»Die Zustimmung erfolgte erst vor einer Stunde. Die Rätin wollte überzogene Erwartungen vermeiden. Du kennst die Reaktionen, wenn sich ein Vertreter der Galaktischen Zentralbank ankündigt.«

Tifflor pfiff leise durch die Zähne. »Die GZ schickt einen Repräsentanten? Das ist eine beeindruckende Leistung. Sogar ich bekomme den Präsidenten nur selten zu Gesicht.«

Tremayna wendete den Blick nicht ab, ihre Worte klangen allerdings beinahe wie das Geständnis einer Niederlage. »Uns beehrt ein Tamran.«

Ein Sektorleiter war keineswegs eine kleine Nummer, es gab also keinen Grund für diese Reaktion. Es sei denn ... »Es handelt sich nicht etwa um Tamran Bregzeneb?«

»Bemerkenswert. Dir untersteht ein scharfer, vitaler Verstand.«

»Dafür verdiene ich kein Kompliment, schließlich trage ich einen Vitalenergiespeicher«, sagte der Terraner. Er legte eine Hand an sein linkes Schlüsselbein, unter dem er das sanfte Pulsieren des Zellaktivators spürte.

Selbstverständlich: Pfanthagasai und Bregzeneb waren Cheborparner, und »KoPf« wollte vermeiden, dass jemand Zeit genug fand, die gleiche Volkszugehörigkeit der beiden zu einem Skandal aufzuplustern. Das würde im Zweifelsfall allen schaden. Tifflor wusste, dass die Tamrane sich mit niemandem außerhalb ihres Instituts gemein machten, aber das würde Journalisten nicht abhalten, genau diesem Verdacht nachzuspüren.

Die Falkanin hob eine Augenbraue, ganz leicht und beinahe unmerklich. Viel mehr an Erheiterung war nicht zu erkennen. Sie beherrschte ihre Mimik meisterhaft, und mit ihrer Stimme hätte man kochendes Wasser zu Eiswürfeln gefrieren können. »Betrachte es als Feststellung. Ich bin keineswegs der Ansicht, es sei angemessen, das Ego eines Unsterblichen zusätzlich zu befeuern.«

Autsch. Hat sie mich eben indirekt selbstgefällig genannt?