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Die 7., aktualisierte Auflage enthält eine Fülle aktueller Informationen zur Erstellung und Nutzung von Pflege- und Betreuungsberichten. So werden neueste gesetzliche Anforderungen berücksichtigt und spezielle Aussagen zum Wohlbefinden bzw. Abwehrverhalten und zur Palliativsituation getroffen. Ferner wird der Pflegebericht als Instrument zur Darstellung des geäußerten oder gezeigten Willens des Bewohners betrachtet. Viele Praxisbeispiele und kurzgefasste Anleitungen helfen Ihnen dabei, den Pflege- oder Betreuungsbericht schnell, unkompliziert und optimal zu erstellen – im Sinne des Pflegebedürftigen und der gemeinsamen Pflege. Lernen Sie, wie leicht es ist, professionell und effizient zu dokumentieren.
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Seitenzahl: 369
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Angela Paula Löser
Pflege – und Betreuungsberichte professionell schreiben
Tipps und Vorschläge für Mitarbeiter in stationären Altenpflegeeinrichtungen
schlütersche
Angela Paula Löser
»Qualität ist kein Zufall; sie ist immer das Ergebnis angestrengten Denkens.«
JOHN RUSKIN (1819–1900)
Die Autorin
Dr. phil. Angela Paula Löser Windhuker Pfad 15 47249 Duisburg
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89993-967-5 (Print)
ISBN 978-3-8426-8943-5 (PDF)
ISBN 978-3-8426-8944-2 (EPUB)
© 2018 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
Alle Angaben erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Autoren und des Verlages. Für Änderungen und Fehler, die trotz der sorgfältigen Überprüfung aller Angaben nicht völlig auszuschließen sind, kann keinerlei Verantwortung oder Haftung übernommen werden. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind. Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.
Reihengestaltung:
Groothuis, Lohfert, Consorten, Hamburg
Umschlaggestaltung:
Kerker + Baum, Büro für Gestaltung GbR, Hannover
Titelfoto:
Vorwort zur 7. Auflage
Einleitung
1Der »Pflegebericht« – Versuch einer Begriffserklärung
1.1 Vergleichbare Terminologie
2Was heißt es eigentlich »professionell zu dokumentieren«?
2.1 Merkmale einer professionellen Berichterstattung
2.1.1 Schriftliche Darstellung
2.1.2 Sachliche Beschreibung
2.1.3 Aussagefähigkeit und Wertfreiheit des Berichts
2.1.4 Lesbarkeit
2.1.5 Verständliche, nachvollziehbare Formulierungen und die Bedeutung der Fachsprache im Pflege- und Betreuungsbericht
2.1.6 Zielgruppenorientierung
2.1.7 Ergebnisorientierung
2.1.8 Interpunktuelle Verknüpfung: Bezugnahme auf den Vorbericht
2.1.9 Orientierung am Pflege- und Betreuungsprozess
2.1.10 Kontinuität und Prozesshaftigkeit
2.1.11 Berücksichtigung juristischer Rahmenbedingungen
2.1.12 Rechtliche Vorschriften
3Die Bedeutung des Pflegeberichts – Welche Gründe sprechen für eine korrekte und angemessene Berichterstellung?
3.1 Das Ziel einer fachlich hochwertigen, professionellen Leistung
3.2 Eine Maßnahme der Qualitätssicherung
3.3 Darstellung der Entwicklung des Bewohners in der realen, täglichen Pflegesituation
3.4 Darstellung des tatsächlichen Pflegebedarfs – Unterstützung bei der Eingruppierung in einen Pflegegrad
3.4.1 Fragen der Begutachtungsrichtlinien und der Pflege-und Betreuungsbericht
3.5 Höhere Zufriedenheit der Betroffenen
3.6 Juristische Absicherung der Pflegenden
3.7 Strukturhilfe bei der Evaluation der Pflegeplanung
3.8 Strukturhilfe bei der Durchführung der Pflegevisite
3.9 Hilfe zur Förderung der Kommunikation im Pflegeteam und im interdisziplinären Team
3.10 Begründungsdokument für Durchführung oder Unterlassung von Pflege- oder Betreuungsmaßnahmen
3.11 Dokumentation bei Erweiterung von Maßnahmen
3.12 Dokumentation bei Reduzierung/Wegfall von Maßnahmen
3.12.1 Wegfall von Maßnahmen bei bestehender Risikosituation
3.13 Der Pflegebericht als Pflegeplanungsersatz bei kurzfristigen Problemen und Erkrankungen
3.14 Der Pflegebericht als integraler Bestandteil der Pflegeplanung
3.15 Der Pflegebericht als Möglichkeit zur Selbstvergewisserung und -reflexion
3.15.1 Detaillierte Dokumentation stigmatisierender Begriffe
3.15.2 Überprüfung der eigenen Verhaltensweisen
3.16 Grundlagen der MDK-Qualitätsprüfungen in der stationären Pflege gemäß §§ 112, 114 SGB XI
4Der Unterschied zwischen mündlicher und schriftlicher Berichterstattung
5Wie wird der Pflege- und Betreuungsbericht geschrieben?.
5.1 Stil
5.2 Abkürzungen
5.3 Fachbegriffe
5.4 Diagnosen, pflegebegründende Diagnosen, Pflegediagnosen
5.5 Erkennbare Signatur
5.6 Strukturierung und Kategorisierung von Berichtseinträgen
5.6.1 Möglichkeiten, in der Papierdokumentation Einträge zu kategorisieren (Kategorien zu bilden)
5.6.2 Möglichkeiten, in der EDV-gestützten Dokumentation Einträge zu kategorisieren (Kategorien zu bilden)
5.7 Farbsignale in der Papierdokumentation
5.8 Klärende Fragen vor der Niederschrift
5.8.1 Was will ich schreiben? Was ist mir wichtig? Was ist für die übrigen Mitarbeiter wichtig?
5.8.2 An wen richtet sich meine Eintragung?
5.8.3 Wie soll ich schreiben, damit der »Leser« meinen Bericht versteht?
5.8.4 Wie werden entsprechende Daten erhoben?
5.8.5 Wie ausführlich muss ich schreiben, damit mein Bericht verständlich ist?
5.8.6 Welche Absichten verfolge ich mit der Eintragung? Was ist mein Ziel?
6Der Pflege- und Betreuungsbericht in der Verwendung der SIS® (Strukturierte Informationssammlung)
6.1 Welche Bereiche sind bei der Verwendung der SIS® im Pflege-und Betreuungsbericht zu beschreiben?
7Wer schreibt den Bericht?
7.1 Zuständigkeiten oder Verantwortungsbereiche
7.2 Examinierte Pflegefachkraft
7.3 Durchführende Pflegekraft
7.4 Beauftragte Pflegekraft
7.5 Pflegehilfskräfte (nicht examinierte Mitarbeiter)
7.6 Zusätzliche Betreuungskräfte (Mitarbeiter nach Paragraf 43b SGB XI)
7.7 Mitglieder des interdisziplinären Teams
8Wann sollte der Pflegebericht geschrieben werden?
8.1 Zeitnahe Dokumentation
8.2 Dokumentation vor der Übergabe
8.3 »Umgedrehte« Übergabe – eine neue Möglichkeit
8.4 Dokumentation nach mehreren Tagen – der sogenannte Wochenbericht
9Wie oft sollte der Pflegebericht geschrieben werden?
10Der Pflegebericht – Vorteile und Probleme in den verschiedenen Pflegeorganisationsformen
10.1 Der Pflegebericht in der Funktionspflege
10.1.1 Wer schreibt den Pflegebericht in der Funktionspflege?
10.2 Der Pflegebericht in der Bereichspflege
10.2.1 Wer schreibt den Pflegebericht in der Bereichspflege?
10.3 Der Pflegebericht in der Bezugspflege
10.3.1 Wer schreibt den Pflegebericht im Bezugspflegesystem?
10.4 Der Pflegebericht beim Primary Nursing
10.4.1 Wer schreibt den Pflegebericht beim Primary Nursing-System?
10.5 Der Pflege- und Betreuungsbericht in der Interaktion von Pflege und Alltagsbegleitern (Mitarbeiter nach § 45b SGB XI)
10.5.1 Wer dokumentiert in der Interaktion von Alltagsbegleiter und Pflege im Rahmen medizinischer Phänomene?
11Der Pflegebericht in den verschiedenen Schichten
11.1 Der Pflegebericht im Frühdienst
11.2 Der Pflegebericht im Spätdienst
11.3 Der Pflegebericht im Nachtdienst
12Was wird im Pflegebericht dokumentiert und warum?
12.1 Sammlung von Daten innerhalb der ersten 14 Tage nach Aufnahme des Betroffenen
12.2 Der Pflegebericht als Instrument zur Darstellung des Willens des Bewohners
12.2.1 Selbstaussagen des Betroffenen
12.3 Beschreibung des aktuellen Befindens des Bewohners
12.3.1 Aussagen zum Wohlbefinden bzw. Abwehrverhalten
12.3.2 Spezifische Aussagen zur Palliativsituation
12.3.3 Aussagen zu einem »guten Sterben«
12.4 Entwicklung von Problemen, Kompetenzen und Situationen
12.4.1 Neu auftretende Probleme, sich verändernde Kompetenzen
12.4.2 Entwicklung eines bestimmten Pflegeproblems
12.4.3 Besondere gerontopsychiatrische Reaktionen
12.4.4 Besondere Vorkommnisse, gefährliche Situationen, Zwischenfälle
12.4.5 Abweichung der Pflegedurchführung von der Planung
12.4.6 Reaktion des Betroffenen auf die angebotene bzw. durchgeführte Handlung
12.4.7 Wirkung von Interventionen
12.4.8 Ergebnisse von Evaluationen
12.4.9 Information über den Abschluss einer Problemlösung
12.4.10 Information über Problemtransfer in die Pflegeplanung
12.4.11 Modifikation der Pflegeplanung nach wiederholtem Auftreten eines Pflegeproblems
12.5 Zusammenhänge und Kontextfaktoren – Ursachen-Wirkungsbeschreibungen
12.5.1 Ereignisse mit direkter Auswirkung auf den Bewohnerzustand oder dessen Versorgung
12.5.2 Zusammenhänge bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder gerontopsychiatrischen Auswirkungen
12.6 Themenbereich Kommunikation und Kooperation mit anderen Berufsgruppen/Netzwerkpartnern
12.6.1 Der Aushandlungsprozess mit dem Betroffenen
12.6.2 Fallbesprechungen
12.6.3 Ethische Fallbesprechung
12.6.4 Kommunikation mit den Angehörigen
12.6.5 Kommunikation und Kooperation mit Netzwerkpartnern
12.7 Informationen für die Begutachtung mit dem Begutachtungsinstrument
12.7.1 Darstellung der Auswirkung pflegebegründender Diagnosen
12.7.2 Pflegebedürftigkeit gemäß BI
12.8 Der Pflegebericht im Handlungsfeld der Sozialen Betreuung
12.8.1 Wirkung der Aktivitäten der Sozialen Betreuung
12.8.2 Beschreibung der Maßnahmen und Wirkungen der zusätzlichen Betreuungskräfte/Alltagsbegleiter
12.9 Pflegeberichte im Kontext der Expertenstandards
13Was gehört nicht in den Pflegebericht?
13.1 Konflikte und Organisationsanweisungen zwischen den Berufsgruppen oder Mitarbeitern
13.2 Unangemessene, nichtssagende Äußerungen
13.3 Verallgemeinernde, stigmatisierende Beschreibungen
14Der zusammenfassende Pflegebericht als Instrument zur Meta-Evaluation
14.1 Ziel der Zusammenfassung
14.2 Vorgehen
14.3 Häufig genannte Punkte in der Zusammenfassung
14.4 Wer schreibt den zusammenfassenden Bericht?
15Der Pflege- und Betreuungsbericht und seine Bedeutung innerhalb der Dokumentationsblätter/-masken.
15.1 Der Pflege- und Betreuungsbericht als Instrument im Pflegeprozess
15.2 Schnittstelle zur Pflege- und Betreuungsplanung
15.3 Schnittstelle zu den Leistungsnachweisen
15.4 Schnittstelle zu den Reitern
15.5 Schnittstelle zum Flüssigkeitsprotokoll/Trinkplan/Bilanzie-rungsbogen
15.6 Schnittstelle zum Bewegungsplan
15.7 Schnittstelle zum Nachweis »Freiheitsentziehende Maßnahmen« (FEM)
16Wie wird mit dem Pflegebericht gearbeitet?
16.1 Vorbereitung und Nutzung des Pflegeberichts zu vernetzten Prozessen
16.1.1 Bei der Übergabe
16.1.2 Beim Widerspruch gegen eine MDK-Eingruppierung
16.1.3 Bei der Arztvisite
16.1.4 Bei der Pflegevisite
16.1.5 Bei Beschwerden von Angehörigen -Vernetzung zum Beschwerdemanagement
16.1.6 Bei juristischen Fragestellungen
17Beobachtungsparameter: Wie und was soll beobachtet werden?
17.1 Objektive Beobachtungsparameter
17.1.1 Messinstrumente
17.2 Subjektive Beobachtungsparameter
17.2.1 Die Sinnesorgane als Messinstrumente
17.3 Einzelbeobachtungen
17.4 Vernetzung von Beobachtungen (Konstruktion, Kumulation, Analyse und Interdependenz)
18Formulierungshilfen – Beispiele für bestimmte Situationen
18.1 Formulierungshilfen bei wechselnden Situationen/Zuständen/Pflegezeiten
18.2 Formulierungshilfen bei erhöhtem Pflegezeitaufwand
18.3 Formulierungshilfen bei langfristig gleichbleibenden Zuständen
19Implementierung einer angemessenen Pflegeberichterstattung
19.1 Zielbeschreibung
19.2 Projektplanung
19.2.1 Schulung
19.2.2 Evaluation von Pflegeberichten in angeleiteten Kleingruppen
19.2.3 Meta-Evaluation in der Lerngruppe
19.2.4 Evaluationsgespräche im Dialog zwischen dem Pflegenden und dem Berater
19.2.5 Vorstellung eines Pflege- und Betreuungsberichts im Teamgespräch als Fallbesprechung
20Trainingsmöglichkeiten
20.1 Überprüfung des Pflegeberichts in mündlicher Form
20.2 Überprüfung mittels Checkliste
20.3 Überprüfung durch Fragen eines »kritischen Beobachters«
20.4 »Kritische Beobachtung« durch einen Kollegen
20.5 Überprüfung in der Pflegevisite
21Der professionelle Pflegebericht als Bestandteil im Qualitätsmanagement
21.1 Der Pflegebericht in der Begleitung durch einen Mentor oder Coach
21.2 Der Pflegebericht bei der Einführung neuer Mitarbeiter
21.3 Der Pflegebericht in der Praxisanleitung
21.4 Der Pflegebericht in der Stellenbeschreibung
21.5 Der Pflegebericht im Qualitätsmanagementhandbuch
22Der Pflegebericht und seine Bedeutung in der Zukunft
23Der Pflegebericht im Bereich von Führen und Leiten
23.1 Der Pflegebericht im Bewerbungsassessment
23.2 Der Pflegebericht bei der Vereinbarung im Einstellungsgespräch
23.3 Der Pflegebericht bei der Evaluation der Mitarbeiterentwicklung
23.4 Der Pflegebericht bei Zielvereinbarungsgesprächen
23.5 Literatur und Fortbildungen zum Thema »Pflegebericht«
23.6 Hilfestellung bei Fragen und Problemen
23.7 Sorge für ein angemessenes Pflegedokumentationssystem
23.8 Sorge für geeignete Hilfsmittel
24Häufig aufgeführte und erkennbare Probleme im Pflegebericht und in der Berichterstattung
Literatur
Register
Für meinen Mann Burkhard und für meine Tochter Franziska, die mir Tochter und Freundin zugleich ist.
Nun erscheint dieses Buch in der 7. Auflage. Viele Jahre sind seit dem ersten Erscheinen vergangen. Etliche Anforderungen zur richtigen Beschreibung in Pflege- und Betreuungsberichten haben sich inzwischen verändert, andere sind geblieben. Das allein wäre Grund genug, die vorliegende Auflage zu aktualisieren. Doch es gab noch weitere Aspekte, dieses Buch zu überarbeiten und zu ergänzen.
Seit nunmehr 30 Jahren wird in der Pflege die Umsetzung des Pflegeprozesses gefordert. Aus verschiedenen Gründen ist es Inhalt und Ziel der professionellen Aufgabenerfüllung von Gesundheits-, Krankenpflegerinnen und Altenpflegerinnen, den Bedarf, die Zielsetzung, die Art und Weise der Pflege und die Überprüfung schriftlich zu planen und zu überprüfen. Dieser Mechanismus geschieht im Regelkreis der Pflegeprozessplanung. Während der traditionelle Pflegeprozesskreislauf aus 6 Phasen (Informationssammlung, Beschreibung von Ressourcen, Problemen, Risiken, Zielformulierung, Maßnahmenplanung, Durchführung, Evaluation) besteht, etabliert sich zurzeit parallel ein Modell aus 4 Phasen (Informationserhebung/Assessment, Handlungsplanung, Durchführung, Auswertung). Beide Systeme stellen eine Planung dar. Sie sollen eine personenunabhängige, gleichbleibende, sozusagen prozessgeleitete Handlung ermöglichen. Menschen und ihre Bedürfnisse, Probleme und Reaktionen verändern sich jedoch. Ihre Befindlichkeiten und Ziele können sich von Tag zu Tag unterscheiden. Durch die Dokumentation von Beobachtungen und kleinen Entwicklungsschritten kann die Evaluation, d. h. die Überprüfung der Pflegewirksamkeit, überhaupt erst ermöglicht werden – erst so wird erkennbar, ob der Handlungsplan angepasst werden muss.
Der Pflege- und Betreuungsbericht ist somit das Instrument zur Reflexion, zur kritischen Überprüfung der eigenen Arbeit, zur Erkenntnis der Eignung oder aber Modifikation der Handlungen im Bereich von Pflege und sozialer Betreuung. Und letztlich steht er auch für den Nachweis der Wirksamkeit und zur Rechtfertigung abzurechnender Leistungen.
Pflege und Soziale Betreuung sind als je eigenständige Handlungsfelder in den letzten Jahren stärker zusammen gewachsen. Die strukturelle Veränderung der Gruppe von Menschen, die Pflege benötigen, macht das erforderlich: Es handelt sich zunehmend um Pflegebedürftige, die hochbetagt, dement, gerontopsychiatrisch erkrankt oder sterbend sind. Die lückenlose Informationsweitergabe zwischen den verschiedenen Schichten und Berufsfeldern, die Betrachtung interdependenter, also wechselseitiger Wirkungen von Pflege-und Betreuungsleistungen machen einen gemeinsamen Bericht erforderlich.
Ähnlich sieht es in den Einrichtungen der Behindertenhilfe aus. Hier leben oftmals Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, die zudem auch alt und krank sein können. Die Hauptziele der Integration und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werden vor allem durch Pädagogen und Heilerziehungspfleger angestrebt. Zunehmend entwickeln sich hier die gleichen Zielsetzungen wie in den übrigen Pflegeeinrichtungen – etwa der Erhalt von Gesundheit, die Vermeidung von Schäden und zusätzlichen Störungen (Risikomanagement) wie auch die Begleitung und Pflege bei schwerer Krankheit und im Sterbeprozess.
Die Einführung und Umsetzung von Palliative Care in den stationären Pflegeeinrichtungen erfordert es zudem, den beobachtenden Blick auf aktuelle Veränderungen und Bedürfnisse zu richten, Maßnahmen entsprechend anzupassen und auch deren Wirkung zu beschreiben. Der Bericht wird hier zum zentralen Dokument, wenn eine Planbarkeit nicht mehr oder nur bedingt möglich ist.
Nicht zuletzt entsteht ein anderer Blickwinkel, wenn Pflegebedürftigkeit mit dem neuen Begutachtungsinstrument (aktuelle Begutachtungs-Richtlinien – BRi) durch den Pflegebegutachter begutachtet und berechnet wird. Nicht nur die Kategorien, mit denen der Grad der Pflegebedürftigkeit erhoben wird, haben sich verändert, auch die Items, mit denen diese bemessen werden. Der Pflege- und Betreuungsbericht wird hier zum zentralen Instrument der Erfassung, der Evaluation und der Beschreibung von Veränderungen. Mitarbeiter können hier nur eine professionelle Dokumentation erbringen, wenn sie die Blickwinkel, Kategorien und Items kennen. Dann jedoch kann der Pflege- und Betreuungsbericht bei der Begutachtung des Pflegegrades wertvolle Hinweise und ggf. beim Widerspruch wichtige Nachweise liefern.
Zahlreiche EDV-Systeme machen Spezialdokumente wie Beratungsprotokolle, Evaluationsbögen, Sturzprotokolle überflüssig. Alle Beobachtungen werden dabei im Bericht vermerkt, der Eintrag schließlich mit einem zu setzenden Merkmal kategorisiert, also einer Art zugeordnet. Auf diese Weise lassen sich in der Evaluation die kategorisierten Einträge filtern und nur der gewählte Interessenbereich auswählen.
Diese Art und Weise der Dokumentation soll einer präzisen Übersicht dienen. Zu ausführliche oder missverständliche Einträge sollen vermieden werden, damit der Leser die Kerninformationen erhält, die ihm bei der weiteren Planung und Ausführung seiner Arbeit weiterhelfen.
Dieses Buch soll denjenigen helfen, die sich eine Orientierung bei den häufigsten Fragen der Berichterstattung wünschen. Es ist für diejenigen gemacht, die manchmal ein wenig »ratlos« vor dem Berichtsblatt stehen und sich Unterstützung wünschen. Diese Unterstützung möchte ich liefern. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass ich vielleicht nicht alle Probleme betrachtet, nicht alle möglichen Lösungen aufgezeigt habe. Daher freue ich mich über konstruktive Vorschläge und Ergänzungen!
Duisburg, im März 2018
Angela Paula Löser
Über die Handlungsfelder von Pflege und Sozialer Betreuung zu berichten – was ist daran so besonders?
Jedem, der in der Pflege einmal tätig war oder ist, scheint der Pflegebericht etwas Alltägliches, Gewohntes und Bekanntes zu sein. An dieser Empfindung ist nichts ungewöhnlich; sie ist verständlich. Pflegende haben sich stets gegenseitig Bericht erstattet. In Übergaben oder kurzen Gesprächen wurde Wichtiges über die Pflege oder über den Betroffenen ausgetauscht. Informationen wurden weitergegeben, Aufträge vermittelt oder Fragen gestellt. Diese Berichterstattung fand lange Zeit in mündlicher Form statt. Ein Nachweis über den Austausch der Informationen oder ein roter Faden, der sich durch alle aufeinander folgenden Berichte zieht, war wegen der mündlichen Form der Weitergabe jedoch nicht möglich. Die Qualität der Berichte, des Weitergegebenen und des Aufgenommenen war von den Beteiligten abhängig. Fehlte die geeignete Person oder war ein Pflegender am Werk, dem die entsprechenden Beobachtungs- und Beschreibungskriterien und Parameter nicht bekannt waren, veränderte sich folglich die Qualität des mündlichen Pflegeprozessberichts. Auch heute noch findet sich in manchen Einrichtungen eine deutlich bessere und inhaltsreichere mündliche Informationsweitergabe während der Übergabe als sie sich in den schriftlichen Dokumenten zeigt.
Die Mitarbeiter von Pflege und Sozialer Betreuung müssen deutlicher vernetzt sein, ihre Leistungen sind aufeinander abzustimmen, die Wirkung im Tagesverlauf zu evaluieren. Zusätzlich sind seit dem Jahr 2009 die Mitarbeiter nach § 87b SGB XI im stationären Bereich/Mitarbeiter nach § 43b SGB XI im ambulanten Bereich mit ihren zusätzlichen Betreuungsleistungen tätig. Ab dem 01. Januar 2017, mit Einführung des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes, greift hier der § 43b SGB XI und ersetzt quasi den bisherigen § 87b.
Entscheidungen über die Anordnung, Fortsetzung oder Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen erfordern es, dass ethische, medizinische, pflegerische und juristische Bedingungen und Begründungen geprüft werden, ehe eine Entscheidung getroffen wird. Hierbei ist ein guter Pflege- und Betreuungsbericht wichtig, der aufzeigt, was der Mensch selbst möchte. Seine Vorstellungen und Entscheidungen sind handlungsleitend. Aktuell wird hier die ACP (Advance Care Planning), die sogenannte Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase gefordert.
Gerade bei auftretenden gerontopsychiatrischen Erkrankungen sind die oftmals schwer zu verstehenden Symptome und Veränderungen nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Angehörige können ggf. nicht mehr täglich in die Einrichtung kommen und sind in Sorge, ob die Mutter oder der Vater gut versorgt sind. Hier sind gute Beratungen erforderlich, bei denen Informationen über die Entwicklung von Problemen und zu deren Ursachen wichtige Hilfen darstellen. Hier sind schriftliche Informationen hilfreich.
Je mehr unterschiedliche Berufsgruppen beteiligt sind oder je mehr Menschen an einem Gesamtprozess beteiligt sind, desto wichtiger ist ein schriftlicher Austausch.
Bereits aktuell, künftiger voraussichtlich noch stärker, werden Menschen in den Einrichtungen gepflegt, betreut und versorgt, die anderen Ländern, Kulturen und Religionen zugehörig sind. Hier wird es besonders wichtig – insbesondere bei auftretenden Sprachbarrieren – Informationen darüber zu geben, welche Bedürfnisse oder Ängste auftreten, wie der Betroffene auf unterschiedliche Angebote reagiert, was zu tun und zu unterlassen ist.
Eine schriftliche Berichterstattung ermöglicht es, den Zustand des Bewohners von vor einigen Tagen nachzulesen, Veränderungen über einen längeren Zeitraum zu erkennen und sich zu orientieren, z. B. hinsichtlich folgender Beispielfragen: Was beobachten und dokumentieren die übrigen Mitarbeiter? Was ist wichtig? Worauf muss ich bei der Pflege achten? Wo ist der Bewohner gefährdet? Muss ich Maßnahmen durchführen, die bei der Übergabe nicht erwähnt wurden?
Die folgenden Informationen beziehen sich auf beide Formen von Pflege-und Betreuungsplanung, d. h. sowohl auf das 6-Phasenmodell (Informationssammlung, Beschreibung von Ressourcen, Problemen, Risiken, Zielformulierung, Maßnahmenplanung, Durchführung, Evaluation) als auch auf das 4-Phasenmodell (Informationserhebung/Assessment, Handlungsplanung, Durchführung, Auswertung). In Kap. 6 finden sich darüber hinaus Informationen zu den Spezifika des Pflegeberichts bei der Verwendung der SIS®, der neuen Strukturierten Informationssammlung.
Aufgrund der besseren Lesbarkeit werden im Text die Begriffe Pflegekraft, Mitarbeiter des sozialen Dienstes, Pflegebericht oder Betreuungsbericht nicht durchgängig verwendet. Alle Informationen gelten jedoch gleichbedeutend für beide Berufsgruppen und für beide Berichtsformen.
Der Begriff »Pflege- und Betreuungsbericht« bedeutet: einen Bericht über das Handlungsfeld von Pflege und Sozialer Betreuung zu verfassen. Weiter gefasst wäre auch zu sagen, dass der Pflege- und Betreuungsbericht eine Dokumentation von Kerninformationen über die Entwicklung des Bewohnerzustandes, seiner Probleme, seiner Ressourcen, seiner Befindlichkeit, Bedürfnisse und Wünsche und Zufriedenheit ist. Veränderungen von Bewohnerzustand und -verhalten, veränderte Anforderungen an das Handeln oder auch Wirkungen aktuell durchgeführter Maßnahmen sind im erkennbaren Verlauf wichtig, um Rückschlüsse auf die Entwicklungen in der Vergangenheit, der Gegenwart und auch für die Zukunft zu ermöglichen. Professionelles Handeln wird nachweisbar. Kommunikations- und Interaktionsprozesse zwischen den verschiedenen Berufsgruppen innerhalb der Einrichtung, mit externen Netzwerkpartnern oder mit den Angehörigen sollen Kenntnisse über die Gesamthandlung ermöglichen. Alle für den Pflegeprozess relevanten Daten werden im Pflege- und Betreuungsbericht dokumentiert.
Ein Bericht beschreibt immer eine bestimmte Situation, einen bestimmten Verlauf oder ein bestimmtes Ergebnis. Hierbei werden auch ursächliche Faktoren oder Folgen beschrieben (soweit erkennbar!). Dabei werden im Bericht immer solche Informationen aufgeführt, die es dem Leser ermöglichen sollen, zu verstehen und nachzuvollziehen. So verknüpft der Bericht verschiedene Informationen. In einer Darstellung wird eine Situation oder ein Entscheidungsprozess in seinem jeweiligen Kontext (umgebenden Zusammenhang) beschrieben, damit derjenige, der die Situation nicht miterlebt hat, diese nachverfolgen kann. Es werden Fäden im »Jetzt« zum »Vorher« und zum »Später« oder »Nachher« geknüpft. So werden die Informationen im Pflegebericht eingebunden in einen Gesamtzusammenhang.
Im Pflegebericht soll der jeweilige Tag als ein Mosaiksteinchen in einem langen Pflege- und Betreuungszeitraum, d. h. im Puzzle des Gesamtverlaufs erkennbar sein. Die verschiedenen Beschreibungen oder die einzelnen Berichtsanteile sollen in logischer Konsequenz zu den vorherigen stehen und können manchmal auf spätere Zeiten verweisen (z. B. wenn Aufträge an weiterführende Schichten gegeben werden).
Es gibt verschiedene Arten etwas zu dokumentieren. Auch die Marktfrau, die beim Verkauf von Gemüse und Obst einer anderen in schillernden (manchmal übertreibenden) Worten und mit weitreichender Ausschmückung etwas erzählt, dokumentiert ihre Erkenntnis, ihr Wissen von einer Situation und zeigt ihre gefühlsmäßige Einstellung zum Inhalt. Sie berichtet aber nur scheinbar etwas, denn in Wirklichkeit zeigt sie sich als »Märchenerzählerin«, als »Unterhalterin«. Ziel ihres Berichts ist es nicht, das Gegenüber in einem möglichst sachlichen und genauen Umfang zu informieren. Ihr Ziel ist es, die Gesprächspartnerin zu interessieren, die eigene Wichtigkeit zu zeigen und zu demonstrieren, dass »sie Bescheid weiß«. Sie ist wer, sie ist wichtig.
Abb. 1: Unterschiede zwischen Berichterstattung und erzählender Informationsweitergabe.
Um einen derartigen Bericht geht es beim Pflege- und Betreuungsbericht nicht. Weder der Berichterstattende noch der Lesende ist die Hauptperson, um die es sich dreht. Der Bewohner ist der Mittelpunkt, der Bericht das Hilfsinstrument, um Informationen zu vermitteln. So unterscheidet sich der Pflegebericht in vielerlei Hinsicht von dem Bericht der Marktfrau. An einen professionellen Pflege- und Betreuungsbericht werden verschiedene Erwartungen gestellt.
Der Begriff »professionell« ist an die jeweilige Berufsgruppe gebunden. Profession hängt mit der Erfüllung einer kompetenten, qualifizierten Rolle in einem bestimmten Beruf zusammen. »Professionell dokumentieren bedeutet: die richtigen Informationen mit den geeigneten Mitteln an den richtigen Kommunikationspartner verständlich und leserlich zu übermitteln« (Weiß 2000:7).
Ziel der professionellen Dokumentation ist es:
• Handlungsweisen, Verhaltensweisen und Entscheidungen transparent zu machen und zu begründen,
• Absprachen, Anweisungen, Vereinbarungen, Empfehlungen und Verpflichtungen in ihrer Ausführung und in ihrer nachfolgenden Wirkung zu überprüfen,
• Zustände, Abläufe und Vorgehensweisen nachvollziehbar darzustellen,
• den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Mitarbeitern des Pflege- und Betreuungsteams und des interdisziplinären Teams zu fördern und zu ermöglichen,
• durch Erfüllung der Anforderungen an eine gute Dokumentation den gesetzlichen und pflegewissenschaftlichen Anforderungen an eine professionelle Pflege und soziale Betreuung nachzukommen und
• Zusammenhänge zwischen einer Ursache und einer Wirkung erkennen zu können.
Beispiel
»Anforderungen an eine gute Dokumentation: Lesbarkeit, Verständlichkeit, Orientierung am Pflege- und Betreuungsprozess, datiert, signiert, mit Tinte geschrieben, nicht verfälscht, kontinuierlich geführt, übersichtlich, wertneutral, aktuell.«*
* Flumeri et. al 2003:5
Abb. 2: Ziele von Berichten.
Neben der mündlichen Weitergabe von Kurzinformationen kann ein geeigneter Bericht nur schriftlich erfolgen. Der Zeitdruck in den Einrichtungen, die Tatsache, dass immer wieder Tätigkeiten unterbrochen werden müssen, weil andere Bewohner kurzfristig und dringlich der Hilfe bedürfen, die Unfähigkeit des menschlichen Gehirns, komplexe Zusammenhänge dauerhaft, sachlich und differenziert zu speichern, ohne diese der eigenen Bewertung und Interpretation (damit der Veränderung) zuzuführen, bedingen die Notwendigkeit der schriftlichen Berichterstattung. »Mit geschriebener Sprache lässt sich Wissen organisieren und zuverlässig transportieren. Gesprochenes ist »Schall und Rauch«. Geschriebenes aber bleibt und weist nach, welche Gedanken, Aussagen, Sachverhalte und Ereignisse in welchem Zusammenhang wichtig genug waren, um festgehalten zu werden.« (Weiß 2000:11) Der Pflege- und Betreuungsbericht ermöglicht den schriftlichen Nachweis, der auch einer kontinuierlichen oder retrospektiven Prüfung standhält. Mündliche Informationsweitergaben wären hier zu flüchtig; nach wenigen Tagen wären wesentliche Informationen nicht mehr auffindbar oder nachweisbar.
Damit haben schriftliche Berichte gegenüber den mündlichen folgende Vorteile:
1. Wissen kann dauerhaft und nachvollziehbar an Andere weitergegeben werden.
2. Informationen werden gesammelt, aufeinander bezogen, gegenübergestellt und ausgewertet.
3. Informationen dienen als Gedankenstütze.
4. Geschriebene Informationen lassen sich dauerhaft nachlesen, sind damit beweisbar und nachvollziehbar.
5. Schriftliche Informationen werden vor der Niederschrift eher reflektiert als mündliche. (So sollte es jedenfalls sein.)
6. Schriftliche Informationen dienen der juristischen Absicherung (Nachweis).
7. Daten sind auch nach einem längeren Zeitraum abrufbar.
8. Erst bei der retrospektiven (rückwärts blickenden) Auswertung können Zusammenhänge erkannt werden.
9. Eine Evaluation nach dem Tod eines Bewohners könnte bei der Suche nach der Best Practice helfen. Hierzu sind schriftliche Informationen zum Befinden des Sterbenden, zum Verlauf der Sterbesituation und zu den diesen bedingenden Faktoren erforderlich.
10. Berichtseinträge können Rückschlüssen auf den geäußerten oder mutmaßlichen Willen eines Betroffenen geben (Wichtig für die ACP, die Versorgungsplanung am Lebensende).
11. Berichtseinträge können nachweislich den Beleg erbringen, ab wann eine höherer Pflegebedarf entstand und wie umfangreich dieser ist (Wichtig für die Begutachtung des Pflegegrades, insbesondere wenn der Bewohner eine gute Fassade oder Tagesform zeigt).
Beim Lesen von Literatur zu diesem Thema entsteht leicht der Eindruck, dass schriftliche Informationen gegenüber der mündlichen Informationsweitergabe nur Vorteile aufweisen. Dies ist in der Realität nicht so. Folgende Nachteile bestehen bei der schriftlichen Pflegeberichterstattung:
1. Schreiber und Leser beschäftigen sich nicht zur gleichen Zeit mit der Materie. Fehlinterpretationen und Missverständnisse können beim Lesen auftreten.
2. Der Schreiber weiß nicht im Voraus, welche Fragen der Leser haben wird. Er kann die Reaktionen im Vorfeld nicht erkennen. Er muss sich gewissermaßen schon beim Schreiben seiner Informationen in den Leser hineinversetzen und überlegen, welche Inhalte für den anderen wichtig sein können: »Kann er meine Ausführungen verstehen? Kann er erkennen, welche Ziele ich mit meinem Eintrag verfolge? Versteht er meine Empfehlungen? Benötigt er weitere Informationen?«
3. Der Schreiber weiß nicht, ob oder wann seine Informationen gelesen werden. Er kann sich somit nicht sicher sein, ob das, was er weitergeben will, dort, wo es ankommen soll, zu einem angemessenen Zeitpunkt ankommt. Hier ist der am Dokumentationssystem befindliche Reiter sinnvoll. Er wird gezogen, damit bei der Übergabe z. B. erkennbar wird, dass in dieser Dokumentationsmappe und bei diesem Bewohner wichtige Informationen im Pflegebericht verzeichnet sind. (Viele EDV-Systeme haben eine elektronische Reiterfunktion.)
4.Sprache ist häufig mehrdeutig. Bei der schriftlichen Darlegung können Sachverhalte häufig nicht so eindeutig und damit nicht so differenziert beschrieben werden, wie bei einer mündlichen Erläuterung. Der Schreiber glaubt zuweilen, dass sein Satz alle erforderlichen Informationen bereithält, dabei hat sein Gehirn sozusagen beim Denken die Botschaft weitergehend gedacht (= Konstruktivismus: Das Gehirn konstruiert ein Gesamtbild, geschrieben wird ggf. nur ein Teil).
5. Oft beschränkt sich der Schreibende nicht auf wesentliche Informationen, sondern führt seinen Eintrag in Prosaform aus. Folglich muss der Leser zu viele Details aufnehmen und kann das Wesentliche ggf. nicht sofort erkennen. Bei einem mündlichen Beitrag könnte er nachfragen und den Berichtenden gezielt auf den Kern der Botschaft führen.
Allein die Begriffswahl zeigt schon auf, dass es sich bei einem Bericht um die reine, möglichst ungefärbte Darstellung von Sachinformationen handelt. Nicht ohne Grund bezeichnet man diesen Teil des Pflegeprozesses als Pflegebericht und nicht als Pflegeerzählung.
Es ist die sachliche Wiedergabe eines Vorgangs. Demnach ist es die kommunikative Hauptaufgabe eines Berichts, wertfrei und sachlich zu informieren. »Häufig werden Berichte nicht nur dazu genutzt, um Informationen einzuholen. Vielmehr kann auch mithilfe der Informationen fehlendes Wissen eingeholt werden. Entscheidungen lassen sich so leichter treffen. Dient ein Bericht diesem Zweck, dann sollte der Autor nicht nur sachlich und ohne Wertung informieren. In diesem Fall sollten auch Empfehlungen, vielleicht sogar Appelle oder Angebote einfließen. So wird der Bericht um beeinflussende Textteile erweitert.« (Weiß 2000:158)
Vergleichbare Terminologie:
• Jemand berichtet etwas.
• Jemand schildert eine Situation, eine Handlung.
• Jemand gibt einen Inhalt wieder.
• Jemand erklärt einem anderen etwas.
• Jemand vermittelt Informationen usw.
Sachlich ist ein Bericht, wenn er »ZDF« enthält – also Zahlen, Daten, Fakten. Hierbei beschränkt sich der Schreibende auf wesentliche Kerninformationen.
Der Pflege- und Betreuungsbericht sollte zuerst möglichst objektiv und wertfrei geschrieben werden. Es werden Selbstaussagen des Betroffenen dokumentiert, also das, was der Mensch selber sagt oder das, was anhand von Zahlen, Daten, Fakten beobachtet werden kann. Ansonsten wird angegeben, von wem die Aussage oder Beobachtung kommt. »Laut Tochter von Frau Meier …« Wie der Begriff »Bericht« schon angibt, soll die Ausführung möglichst präzise und konkret sein. Dabei ist auf Folgendes zu achten:
1.Wertfrei ist der Bericht, wenn er eine Selbstaussage des Betroffenen enthält. Hierbei wird diese im O-Ton (Originalton) in Anführungszeichen » .« gesetzt. Eine solche Aussage ist immer als objektiv anzusehen, da sie die eigene Einschätzung des Betroffenen darstellt. Kann er keine eigene Aussage treffen, werden Mimik, Gestik, Reaktionen und Körperspannung beobachtet und die entsprechenden Indizien beschrieben: Was habe ich gehört? Was habe ich gesehen, was gefühlt? Was habe ich gerochen? Auf diese Weise reduziert sich die Gefahr der Interpretation und Fehldeutung.
2.Aussagen von Angehörigen oder anderen Personen werden nicht als »Ist-Situation« beschrieben. Aussagen wie »der Bewohner wirkt …« oder »der Bewohner mach den Eindruck, dass …« zeigen, dass hier nicht von Wirklichkeiten gesprochen wird, sondern von Indizien oder Anzeichen. Die Kennzeichnung des Eintrags als »persönliche Wahrnehmung« fordert die anderen Pflegenden und Mitarbeiter gewissermaßen auf, sich auf die Bewertung einzulassen, den Bewohner ebenfalls in seinem Zustand oder seiner Reaktion zu beobachten, die Wirkung der Pflege zu überprüfen und ggf. eine Modifikation der Maßnahmen oder der Zielsetzung vorzunehmen. Die zusammengetragenen unterschiedlichen Sichtweisen erleichtern die Erhebung und ermöglichen die Annäherung an die Erkenntnis der »Wirklichkeit«. Jeder Pflegende sollte sich aber zu jedem Zeitpunkt bewusst sein, dass er hierbei als Konstrukteur einer Wirklichkeit handelt, er schafft sich seine eigene Wirklichkeit. Diese kann sich jedoch von den Wirklichkeitskonstruktionen anderer Mitarbeiter oder von denen der Angehörigen unterscheiden.
3. Der dritte und letzte Weg ist die Beobachtung von Reaktionen des vegetativen Nervensystems, die Beschreibung von typischen Symptomen, wie sie bei Stress auftreten. Fühlt sich ein Mensch unwohl oder gestresst wird er folgende Symptome entwickeln:
– schneller Herzschlag (Puls beschleunigt)
– schnellere, oberflächliche Atmung (ggf. Hecheln)
– Schweißausbruch (kalter, kleinperliger Schweiß, ggf. unangenehme Geruchsentwicklung)
– Große Pupillen
– Wird z. B. eine entspannungsfördernde Maßnahme angewendet, sind vorher und nachher diese Anzeichen zu prüfen.
Dabei sind folgende Begriffe als wertende Äußerungen zu unterlassen (Näheres siehe Kap. 3.15.1 und 12.3):
– wütend (Was heißt wütend? Was zeigte sich? Wie war die Reaktion?)
– aggressiv (Wie reagiert der Bewohner, wenn wir ihn als aggressiv einschätzen? Was hat er gemacht? Was hat er gesagt?)
– aufbrausend
– unruhig
– gut gelaunt, schlecht gelaunt
– sauer
– giftig
– rasend
– unmöglich
– kindisch
– unkooperativ/kooperativ
– ablehnend
– anzüglich
– frech
Abb. 3: Die Sinnesorgane als Beobachtungsinstrumente.
Fazit
Wertende Aussagen sind ungeeignet!
Geeignete Differenzierungsbegriffe
Nachvollziehbare Berichtnotizen sind u. a.:
• »Tritt insbesondere zu diesen oder jenen Zeitpunkten oder dann und dann auf.« (Angabe, wann und wie oft etwas beobachtet wurde.) Oder aktuell: »Zeigte sich um die und die Uhrzeit so und so …«
• »Tritt ständig, vollständig, teilweise auf.« (Angeben, welche Teile oder Bereiche betroffen sind.)
• »Bewohner/in kann die Maßnahme vom Handling her nicht durchführen.« »Bewohner/in konnte heute im Frühdienst mehrschrittige Alltagshandlungen nicht umsetzen.« (z. B. Frühstück, Toilettengang)
• »Bewohner/in versteht den Sinn einer Maßnahme nicht, kann nicht nachvollziehen, was er/sie tun soll.«
• »Bewohner/in lehnt die Maßnahme ab, weil …« (Die Aussage benennen oder Indizien beschreiben.)
Ungeeignete Beschreibungen
Wenig geeignet sind globale, nicht eindeutige Formulierungen wie:
• »Bewohner/in hat öfter mal …« (Was ist »öfter«? Zeitangabe, Angabe der Häufigkeit)
• »Bewohner/in zeigt mehr oder weniger starke …« (Was ist »mehr«? Was ist »weniger«? Lassen sich Angaben zur Stärke oder zum Ausmaß machen?)
• »Bewohner/in war stark eingenässt.« (Was konkret war nass?)
• »Bewohner/in hat massiv abgeführt.« (Was bedeutet »massiv« konkret?)
• »Es zeigt sich zunehmend, dass …« (Wie viel zunehmend? Was ist »zunehmend«?)
• »Der Zustand X oder die Kompetenz Y ist abnehmend …« (Was hat konkret abgenommen? Was hat sich im Zustand verschlechtert?)
• »Es war heute sehr schwierig, die Maßnahme XY durchzuführen.« (Welche Schwierigkeiten zeigten sich konkret?)
• »Der Allgemeinzustand ist reduziert.« (Hier ist unklar, was konkret im Allgemeinzustand reduziert ist. Bekommt der Betroffene z. B. weniger Luft? Ist er weniger wach und ansprechbar?)
• »Bewohner/in hat gut gegessen (oder getrunken).« (Wie viel und was wurde gegessen oder getrunken?)
• »Bewohner/in ist mal so mal so …« (Wann ist es »so«, wann nicht? Oder wie häufig ist »es« im Durchschnitt?)
• »Bewohner/in kann nicht alles.« (Was genau kann gemacht, was kann nicht gemacht werden?)
• »Bewohner/in ist mal wieder total …« (Auf was bezieht sich »total«? Wie sieht der Gesamtzustand aus?)
Tabelle 1: Ungeeignete Ausdrücke und Beschreibungen im Pflegebericht
Ungeeignete Begriffe
Fragestellung
Öfter mal …
Wie oft? Was sind die Gelegenheiten? Wann, zu welchem Zeitpunkt?
Zeigt mehr oder weniger …
Was ist »mehr«? Was ist »weniger«? Auf welche Menge, Stärke, Ausprägungsmerkmale bezieht sich die Aussage? Ggf.: Wie oft zeigt es sich? (Häufigkeit)
Ist mal so und mal so …
Wann ist das »mal«? Wann tritt es auf? Wie oft tritt das »mal« auf? Was heißt »so«? Was zeigt sich genau? Zeitpunkt und Häufigkeit des Auftretens
… kann nicht alles
Was ist »alles«? Welche Anteile sind genau gemeint? Was kann der Betroffene? Was kann er nicht? Umfang einer Einschränkung oder einer Kompetenz
… ist mal wieder total …
Was heißt »mal wieder«? Was ist »total«? Wie sieht der Zustand genau aus?
… geht es schlechter
Auf was bezieht sich das »schlechter«? Was zeichnet das »schlechter Gewordene« aus?
Die Wirkung globaler Bewertungen lässt sich gut am Beispiel der Beschreibung der Nahrungsaufnahme belegen.
Wenn die Nahrungsmengen nicht von der Küche vorgegeben werden (also kein Tablett-System besteht), portioniert jede Pflegekraft möglicherweise anders (wahrscheinlich aufgrund ihrer eigenen, gewohnten Portionen). So portioniert Pflegeperson 1 eventuell eine Menge, die einem Viertel der Normalmenge entspricht. Isst die Bewohnerin Frau K. diese Mahlzeit vollständig auf, dokumentiert Pflegekraft 1 möglicherweise. »Frau K. hat gut gegessen«.
Am nächsten Tag portioniert nun ein Pflegekraft 2, die selbst mehr als eine normale Portion essen würde und füllt den Teller dementsprechend mehr als großzügig. Frau K. isst wieder die gleiche, kleine Portion wie am Vortag. Nun aber erscheint möglicherweise der Eintrag: »Frau K. hat schlecht gegessen, nur ein Viertel der Portion«. Hier wird deutlich, dass die Einträge im Pflegebericht stark variieren, obwohl Frau K. faktisch nahezu die gleiche Menge gegessen hat.
Sinnvoller ist es also, entweder eine Normportion vorzugeben, sodass eine Einschätzung zur tatsächlich aufgenommenen Menge möglich ist oder detailliert anzugeben, was Frau K. tatsächlich gegessen hat (z. B. ½ Brötchen, 1 Stückchen Butter, 1 Teelöffel Marmelade und 2 Tassen Kaffee mit Milch).
Bitte beachten Sie!
Globale Aussagen sind ungeeignet!
Beschreibende, sachliche und konkrete Informationen sind daher eher geeignet, um die beobachtete Situation darzustellen:
• Wie zeigte sich die Situation? Welche Bedingungen hatte die Situation?
• Welche Faktoren verschlimmern oder verbessern sich?
• Wann, zu welchen Zeitpunkten, zeigte sich ein Phänomen oder Problem?
• Wie oft trat ein Problem auf? Gab es ggf. spezifische Zeiten?
• Bestand ein Hilfebedarf oder konnte der Betroffene das Problem allein kompensieren? (Wichtig zur Pflegebegutachtung)
• Wie verhielt sich der Bewohner?
• Was konnte beobachtet werden?
• Welche Zusammenhänge können nachweislich beobachtet werden?
Es ist differenziert zu beschreiben, wie sich beispielsweise Herr M. verhält, der als aggressiv eingeschätzt wird. Beispiel: »Herr M. warf mit dem Porzellan um sich und schimpfte laut.« – »Herr M. kratzte mich am Arm und schimpfte laut: ›Lass mich, ich will nach Hause‹ als ich ihn zur Toilette begleiten wollte.«
Beschreibungen sollten immer in Form von Zahlen, Daten und Fakten erfolgen.
Die Dokumentation muss eindeutig und aussagefähig sein!
Es ist erforderlich, auf eine gute Lesbarkeit der Einträge zu achten, damit der Leser später wesentliche Informationen verstehen kann.
Die Lesbarkeit wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst.
Lesbarkeit der einzelnen Eintragung (visuelle Erkennbarkeit und Nachvollziehbarkeit der geschriebenen Worte)
Bei einem EDV-gestützten System ist die Problematik der schlecht leserlichen Handschriften aufgehoben. In Papierdokumentationssystemen weisen die Formulare häufig sehr schmale Berichtzeilen auf. Die Eintragungen in den Bericht müssen zudem teilweise im Stehen oder in gebückter Haltung auf einem niedrigen Bewohnertischchen vorgenommen werden. Diese Faktoren sorgen bei gleichzeitig bestehendem Zeitdruck dafür, dass die dokumentierten Inhalte teilweise nur schlecht oder gar nicht zu lesen sind.
Die Lesbarkeit der Voreintragungen
(Technische Lesbarkeit vorangegangener Eintragungen)
Es ist unabdingbar, dass bei einer vorzunehmenden Eintragung immer die Voreintragungen von mindestens zwei bis drei Schichten sichtbar sind. Bei Papierberichtsblättern muss daher beim Ausheften eines gefüllten, d. h. vollständig beschriebenen Formulars, der sogenannte zusammenfassende Bericht erstellt werden. Hierbei wird mit zwei bis drei Sätzen der ablaufende Pflege- und Betreuungszeitraum in der Berichterstattung überprüft und ein zusammenfassender Eindruck auf dem neuen Berichtsblatt dokumentiert. So kann der neue Eintrag an den bisherigen Dokumentationsprozess anknüpfen.
Lesbarkeit durch korrekt geschriebene Begriffe
Werden Begriffe falsch geschrieben, kann ein vollkommen anderer Eindruck entstehen und der Inhalt wird verfälscht. Beispiel: »An der Eiche hängt ein Päckchen.« Der Schreiber wollte hier mitteilen, dass »sich am vorderen Teil des Penis’, der Eichel, ein Pickelchen (= Pöckchen) befindet«. Dieser Sachverhalt war ohne weitergehende Nachfrage nicht nachvollziehbar!
Verständlich bedeutet hier »verstehbar«. Es ist wichtig, sich die Zielgruppe vor Augen zu halten, die die Eintragungen verstehen und benutzen wird: Da der Anteil der nicht examinierten Pflegekräfte in Einrichtungen der stationären Altenhilfe nicht unerheblich ist (bis ca. 50 Prozent) und diese Menschen ihre Beobachtungen während der Pflege dokumentieren müssen, sind Eintragungen auch für sie verständlich vorzunehmen. Fachbegriffe müssen ggf. mit nachfolgender Erklärung in einer Klammer übersetzt werden. Pflege- und Betreuungsberichte, die nur von etwa der Hälfte der Pflegenden bzw. Betreuenden verstanden werden, erhöhen die Gefahr von Fehlinterpretationen, Desinteresse oder sogar Ablehnung. Diagnosen, die aus Arztbriefen entnommen werden, sollten eine Übersetzung in einer Klammer zeigen. Auch die eigenen Fachbegriffe im Handlungsfeld von Pflege und Sozialer Betreuung sind so zu nutzen, dass Kollegen und Kolleginnen mit anderer oder untergeordneter Qualifikation sie verstehen. Beispiele:
»Verständlich« bedeutet aber auch, vor der Eintragung für sich selbst zu klären, was genau ausgedrückt und vermittelt werden soll. Einträge wie »Der Bewohner ist fix und foxi« oder »Frau M. war heute völlig durch den Wind« drücken den konkreten Sachverhalt nicht aus. Auch Beschreibungen mit Begriffen der Alltagssprache wie »Frau S. war völlig abgespaced« sind ggf. für den Schreibenden nachvollziehbar, nicht jedoch für die Mitarbeiter der folgenden Schichten. Derartige Eintragungen haben mit Professionalität nichts gemein. Sie kommen dann zustande, wenn der Schreiber Probleme mit der durch Fachkompetenz geprägten sprachlichen Ausdrucksweise hat.
Hier bieten sich unterstützend Bücher oder andere Formulierungshilfen an. Am Anfang bereitet das Nachschlagen häufig etwas Mühe und erfordert etwas mehr Zeit. Es zeigt sich in der Praxis jedoch eine rasch einsetzende und sich bald vertiefende Routine, sodass die Formulierungshilfen im Kopf abrufbereit sind. Dazu finden sich weitere Informationen im Kap. 5.4 »Diagnosen, pflegebegründete Diagnosen, Pflegediagnosen«.
Beschreibende Informationen der Wahrnehmung durch die Sinnesorgane
Die eigenen Sinnesorgane liefern Informationen, die beschrieben werden können. Ein allgemeiner Eindruck kann dann durch Detailinformationen belegt werden. Beispiele: »Frau M. machte auf mich folgenden Eindruck …«, »Herr K. wirkte auf mich …«, »Frau W. zeigte folgende Anzeichen …«
Das können beispielsweise folgenden Beobachtungen und Eindrücke sein:
• »… ist kaltschweißig.« (taktile Wahrnehmung, Fühlen)
• »… optisch erkennbar war eine starke Rötung der wunden Stelle« (optische Wahrnehmung, Sehen)
• »… zu hören, dass ihre Atmung rasselte.« (akustische Wahrnehmung, Hören)
• »… zu riechen, dass der Urin nach Azeton roch.« (olfaktorische Wahrnehmung, Riechen)
Das Schmecken (gustatorische Wahrnehmung) – die empfundene, geschmackliche Wahrnehmung der Zunge – eignet sich hier selbstverständlich nicht oder höchstens beim Nachschmecken von Speisen und Getränken.
Vom Text zum Dokument
Ein Text wird erst dann ein Dokument, wenn er durch eine sachliche Darstellung das Kriterium der Nachweisbarkeit erfüllt.
Als Zielgruppe werden die potenziellen Leser, also all jene verstanden, die den Bericht lesen wollen oder können. Im weitesten Sinne also die Personen oder Personengruppen, denen Informationen vermittelt werden sollen (vgl. auch Kap. 2.1.5).
Zielgruppen, die den Pflegebericht lesen können oder sollen, sind:
• Kollegen des Pflege- und Betreuungsteams
• Pflegende im Krankenhaus (bei Einweisung und mitgegebener Kopie des Pflegeberichts)
• Kollegen aus anderen hierarchischen Ebenen (Einrichtungsleitung, Sozialdienst, Pflegedienstleitung, Heimleitung)
• Partner aus dem externen Netzwerk (z. B. Mitarbeiter aus dem SAPV-Team [Spezialisierte ambulante Palliativversorgung] oder PKD – Palliativkonsilliardienst, Mitarbeiter aus dem ambulanten Hospizdienst)
• Hausarzt und Fachärzte
• Angehörige und andere Bezugspersonen (mit Einverständnis des Betroffenen)
• Betreuer und Bevollmächtigte
• Gutachter von Heimaufsicht und MDK
• Gutachter und Juristen bei Klagen vor Gericht
Die Grundregel
Der Bericht wird klar, deutlich, eindeutig und genau geschrieben, damit die Zielgruppe ihn versteht.
Der schriftliche Pflegebericht soll sein Ziel erfüllen. Es ist daher wichtig, sich zu fragen: »Was will ich mit meiner Eintragung erreichen?«
Folgende Ziele sind denkbar. Ich will …
• den anderen informieren. (Ich beschreibe den Sachverhalt, den Kontext, ggf. mein Vorgehen.)
• die Weiterführung von mir eingeleiteter, nicht bereits in der Planung stehender Strategien erzielen. (Ich empfehle weiterführende Maßnahmen, ich gebe Anweisungen.)
• das Ergebnis und/oder die Wirkung meiner Pflege auf den Bewohner dokumentieren. (Ich beobachte den Bewohner bei der Durchführung meiner Handlung und dokumentiere meine Beobachtungen/Messungen.)
• zu einem größeren Pflege- oder Betreuungszeitraum einen Eindruck geben. (Ich lese den Pflegebericht der letzten Wochen und stelle einen Gesamteindruck in zwei bis drei Sätzen dar. Hierbei handelt es sich auch oft um eine zusammenfassende Evaluation.)
• die anderen Mitglieder des Pflegeteams über besondere, unvorhersehbare Situationen informieren. (Ich beschreibe die besondere Situation mit erkennbaren Bedingungsfaktoren, durchgeführten Analysen und eingeleiteten Maßnahmen. Zusätzlich ziehe ich den Reiter oder kategorisiere den Berichtseintrag, damit ein deutliches Signal für die Wichtigkeit oder thematische Zuordnung dieser Information gegeben wird.)
• die Wirkung einer eingeleiteten Prophylaxemaßnahme beschreiben, um deren Eignung zu belegen.
• die Kollegen informieren über eine Modifikation der Pflegeplanung. (Ich beschreibe, wie ich die Maßnahme geändert habe und warum.)
• begründen und angeben, warum z. B. auch nach dem Eintreten eines Schadens (z. B. nach einem Sturz) das Vorgehen geändert oder eben weiterhin beibehalten wird.
• mir selbst und auch im Team darüber im Klaren werden, ob aufgrund der eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen im Palliativfall ein »gutes Sterben« ermöglicht wird.
Der Bericht wird also nicht »irgendwie« und »irgendwann« geschrieben, sondern immer mit dem Ziel, einen Erkenntnisgewinn zu ermöglichen.
Die einzelnen Bereiche oder Dokumentationspunkte, die im Pflegebericht beschrieben werden, sollten untereinander in einer logischen Verbindung stehen. Hier ist die Fachkompetenz des Pflegenden zur Gestaltung und Überprüfung des komplexen Pflegeberichts erforderlich. Die letzten beiden Einträge sollten zunächst gelesen werden, ehe der eigene Eintrag vorgenommen wird.
Bevor die Pflegeperson mit der Pflegedurchführung beginnt, sollte sie den letzten Eintrag im Pflegebericht lesen. Nur so kann sie erkennen, ob dort Eintragungen darauf hinweisen, dass sie bestimmte Beobachtungen machen, spezielle Maßnahmen durchführen oder Ergebnisse kontrollieren muss. Entsprechend der letzten Eintragungen werden jetzt bei der Durchführung der Maßnahme Kontrollen und Beobachtungen gemacht und entsprechend dokumentiert. Die Pflegeberichteintragung knüpft so an die Voreintragung an.
Beispiel
Gestern wurde vom Arzt ein Schmerzmedikament zur Behandlung verordnet. Heute müssen verschiedene Fragen überprüft und entsprechend dokumentiert werden:
• Wie ist der Zustand des Bewohners heute?
• Wie stark sind seine Schmerzen (Analogskala bei Menschen verwenden, die zur Aussage fähig sind!, Angaben in Zahlen, Daten, Fakten – ZDF)
• Wie schnell und wie lange hat das verordnete Medikament gewirkt?
• Treten Nebenwirkungen auf? Wenn ja, welche? Wie stark ausgeprägt?
• Ist die Behandlung ausreichend oder muss eine erneute Meldung beim Arzt erfolgen?
• Ist der Betroffene zufrieden mit der Wirkung der Behandlung?
Verknüpfung zur nächsten Schicht
Wenn ein Bewohner z. B. unter Fieber leidet, ist die Flüssigkeitszufuhr zu kontrollieren, zu überprüfen, ob der Betroffene stark schwitzt und ggf. Hilfe bei der Körperpflege benötigt. Lässt sich eine Blutbeimengung im Urin erkennen, muss ebenfalls die Flüssigkeitszufuhr am heutigen und am Vortag überprüft werden. Es müssen mögliche Verursacher analysiert werden (was lässt sich erkennen, was beschreibt oder erklärt der Bewohner vielleicht?). Weiterhin müssen nun eingeleitete Maßnahmen erläutert werden, die dafür sorgen sollen, dass das Problem eliminiert, verkleinert oder wenigstens die Lebensqualität durch Linderung von Beschwerden erhöht wird. Diese Vorgänge und deren vorangehende Überlegungen werden im Pflegebericht dokumentiert.
Beispiel
»Herr K. hatte heute morgen rötlich verfärbten Urin im Katheterbeutel (Menge: 300 ml). Rücksprache mit S. K. vom Vortag/Spätdienst: Trinkmenge gestern 800 ml im Spätdienst. Ggf. hatte Herr K. am Katheter gezogen. Dieser ›piekst‹ seiner Aussage nach. 10:00 Uhr: Dr. K (Urologe) angerufen. Er kommt heute Mittag zur Kontrolle und legt dann einen neuen Katheter. Prophylaktisch im Frühdienst auf ausreichende Trinkmenge achten (mindestens 750 ml).«
Erkennbarkeit des prozesshaften Geschehens: Der rote Faden
Der Pflege- und Betreuungsprozess wird als der Regelkreis verstanden, der die ständig wiederkehrende und sich logisch aneinander reihende Durchführung von Informationssammlung, Problem- und Ressourcenformulierung, Zielsetzung, Maßnahmenplanung, Durchführung der Pflege und Evaluation aufweist. Diese Evaluation klärt, ob sich die Probleme verkleinert haben, ob Ressourcen erhalten geblieben sind, ob Ziele erreicht wurden.
Immer wieder muss der geplante Pflegeprozess kritisch hinterfragt und ggf. angepasst werden (durch Sammlung bislang nicht vorliegender Informationen, durch Überprüfung der Probleme und Ressourcen, durch Hinterfragen der Zielsetzung und durch Analyse der Eignung der geplanten Maßnahmen). Vielleicht sind auch die pflegerischen Strategien nicht in der erforderlichen Häufigkeit, in der empfohlenen Art und Weise, in der Intensität oder in dem Umfang durchgeführt worden, wie dies erforderlich wäre. Wie häufig, bzw. wann der Bericht geschrieben werden sollte, wird in den Kap. 8 und 9 beschrieben.
Beispiele
• Im Vergleich zu gestern zeigt sich …
• Die Wunde hat sich vergrößert (3 x 3 cm), ist gegenüber gestern heute stärker gerötet …
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