Pheromon 3: Sie jagen dich - Rainer Wekwerth - E-Book
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Pheromon 3: Sie jagen dich E-Book

Rainer Wekwerth

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Beschreibung

Action und Spannung pur: das grandiose Finale der Erfolgs-Trilogie!

Stell dir vor, du erfährst, dass dein bisheriges Leben auf einer Lüge beruht. Und du nicht diejenige bist, die du zu sein glaubtest. Sondern etwas Besonderes – du trägst die letzte Chance in dir, die Menschheit zu retten.
Denn du bist anders, deine DNA noch außergewöhnlicher als die der Hunter, die für dein Überleben bereit sind, den höchsten Preis zu zahlen.
Doch du bist nicht allein. Ein Widerstand gegen die Alien-Invasion hat sich gebildet. Mit diesen letzten nicht-infizierten Menschen stellst du dich der größten Herausforderung deines Lebens, auch wenn du nicht weißt, was du dafür opferst …

Mitreißende Science-Fiction von den Bestsellerautoren Rainer Wekwerth und Thariot.
"Pheromon" wurde 2019 nominiert für den Skoutz Award, den Buxtehuder Bullen und den Deutschen Phantastik Preis. 

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Das Buch

Actionreich und atemlos: das große Finale!

Stell dir vor, du erfährst, dass dein bisheriges Leben auf einer Lüge beruht. Und du nicht diejenige bist, die du zu sein glaubtest. Sondern etwas Besonderes – du trägst die letzte Chance in dir, die Menschheit zu retten.

Denn du bist anders, deine DNA noch außergewöhnlicher als die der Hunter, die für dein Überleben bereit sind, den höchsten Preis zu zahlen.

Doch du bist nicht allein. Ein Widerstand gegen die Alien-Invasion hat sich gebildet. Mit diesen letzten nicht-infizierten Menschen stellst du dich der größten Herausforderung deines Lebens, auch wenn du nicht weißt, was du dafür opferst …

Die Autoren

© christian witt

Rainer Wekwerth hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und dafür Preise gewonnen. Zuletzt die Jugendbuchpreise Segeberger Feder, Goldene Leslie und Ulmer Unke. Mit seiner "Labyrinth"-Trilogie landete er zudem auf der Spiegelbestsellerliste. Die Kinoverfilmung ist in Vorbereitung. Rainer Wekwerth ist verheiratet, Vater einer Tochter und lebt in der Nähe von Stuttgart.

Mehr über Rainer Wekwerth: www.wekwerth.com

Rainer Wekwerth auf Facebook: www.facebook.com/rainer.wekwerth

© privat

Thariot hat eine Schwäche für spannende Geschichten. Bereits als Fünfzehnjähriger begann er mit dem Schreiben, vor allem Kurzgeschichten, bis er dann in 2009 die Arbeit an seinem ersten Buch startete. Thariot, in seinem letzten Leben von Beruf IT-Manager, ist ein Bildermensch. Er hat die Fähigkeit, Bilder schnell in Wörter zu übersetzen, und kann es einfach nicht lassen, diese auf Papier zu bringen.

Mehr über Thariot: www.thariot.de

Thariot auf Facebook: www.facebook.com/Thariot

Der Verlag

Du liebst Geschichten? Wir bei Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH auch! Wir wählen unsere Geschichten sorgfältig aus, überarbeiten sie gründlich mit Autoren und Übersetzern, gestalten sie gemeinsam mit Illustratoren und produzieren sie als Bücher in bester Qualität für euch.

Deshalb sind alle Inhalte dieses E-Books urheberrechtlich geschützt. Du als Käufer erwirbst eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf deinen Lesegeräten. Unsere E-Books haben eine nicht direkt sichtbare technische Markierung, die die Bestellnummer enthält (digitales Wasserzeichen). Im Falle einer illegalen Verwendung kann diese zurückverfolgt werden.

Mehr über unsere Bücher, Autoren und Illustratoren: www.planet-verlag.de

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Viel Spaß beim Lesen!

»So, jetzt sind wir also hier. Die fünf Hunterkinder aus der Zukunft vereint. Was machen wir jetzt?«, fragte Hannah.

»Ich denke, erst einmal müssen wir uns erholen. Wir haben harte Zeiten hinter uns. Dann sollten wir Informationen austauschen und einen Plan machen, wie wir den Kampf gegen die Aliens fortführen wollen«, sagte Jake.

Skagens Gesicht wurde zu einer Maske. Madisons Pheromone verloren ihre Wirkung.

»Lass uns von Anfang an ehrlich zueinander sein. Ich mag dich nicht besonders, und niemand hat dich zu unserem Anführer gewählt. Als es hart auf hart kam, am Abend des Anschlags, und die Bullen auf uns geschossen haben, hast du nur dagestanden und nichts getan. Du hast zugesehen, wie meine Mutter erschossen wurde, und dann bist du mit deiner Freundin abgehauen. Glaubst du ernsthaft, ich mache das, was du mir sagst?«

Jake starrte ihn an.

Das hier war wichtig. Er riss sich nicht darum, die Gruppe zu führen, aber er war der wahrscheinlichste Kandidat dafür. Hannah blind, Madison manipulativ, Caleb irgendetwas und Skagen zu emotional, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Er musste sich jetzt durchsetzen, oder sie konnten gleich einpacken.

»In dieser Nacht ging alles durcheinander und vieles schief, aber lass mich eines klarstellen: Ich habe mit meinen Freunden den HFP-Tower angegriffen. Wir waren es, die versucht haben zu verhindern, dass die Aliens ein Signal absetzen. Du hast wie blöde rumgeballert, riskiert, dass man dich erschießt, und bist schließlich verhaftet worden. Du würdest immer noch im Knast sitzen und die Wände anstarren, wenn ich und die anderen dich und Caleb nicht befreit hätten.« Jake trat so dicht vor Skagen, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. »Ich frage mich ernsthaft, was du und Lee die letzten siebzehn Jahre gemacht habt. Ihr wusstet von den Aliens, von der bevorstehenden Invasion und welche Rolle HFP dabei einnimmt, und ihr habt nichts unternommen. Ich bin erst vor ein paar Wochen auf die Sache gestoßen, aber ich habe gehandelt. Also würde ich vorschlagen, dass ich da weitermache, wo ich in der Nacht des Anschlages aufgehört habe. Und noch etwas, zwei meiner Freunde sind bei dieser Aktion gestorben, meine Freundin musste das Land verlassen, also erzähl du mir nichts von persönlichen Verlusten. Dass Lee erschossen wurde, tut mir sehr leid, denn ohne sie wären wir heute willenlose Werkzeuge der Aliens. Durch ihre Tat haben wir ein Leben erhalten, ein Leben, für das es sich zu kämpfen lohnt, aber wir sind nicht die Einzigen auf dieser Welt. Alle Menschen sind von der Invasion bedroht, und wir müssen tun, was immer nötig ist, um zu verhindern, dass die Aliens erfolgreich sind. Also schieb dein Ego zur Seite und lass uns zusammen kämpfen.«

Jake trat einen Schritt zurück und hielt ihm die Hand hin. Skagen schaute sie lange an, dann sagte er, ohne sie zu ergreifen: »Schöne Rede, aber ich sehe die Sache anders. Lee hat mich auf das, was kommt, so gut sie konnte, vorbereitet. Ich kann mit jeder Art von Waffen und Sprengstoff umgehen, ein Auto kurzschließen oder ein Computersystem hacken. Was du kannst, hast du uns ja bereits bewiesen. Eine stümperhafte Aktion, die den Tod mehrerer Menschen zu verantworten hat. Deine Freunde, meine Mutter könnten noch leben. Die verdammten Aliens haben ihr Signal abgesetzt, und was immer da jetzt auf uns zukommt, es wird mächtig sein. Ganz sicher lasse ich mir nicht von einem Loser wie dir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Wenn du das nächste Mal das Gefühl hast, eine Ansprache halten zu müssen, dann geh zum Friedhof und erzähl Michael und William, was du zu sagen hast.«

In Jake löste sich etwas in einer Explosion. All der Stress, die Aufregung und die Strapazen der letzten Wochen suchten ein Ventil und fanden es in Skagen. In seinem hochmütigen Lächeln, in seiner Selbstgefälligkeit, die ihm aus jeder Pore strömte.

Jake brüllte auf, dann warf er sich auf Skagen. Seine Faust knallte in das bleiche Gesicht. Die Haut über dem linken Wangenknochen platzte auf. Blut floss heraus. Durch den eigenen Schwung vorwärtsgetragen, fiel er in Skagen hinein, der rückwärtstaumelnd zu Boden ging und dabei sämtliche Flaschen und Gläser vom Esstisch fegte.

Glassplitter sausten durch die Luft. Hannah schrie auf, als eine der Wasserflaschen sie am Arm traf. Madison kreischte hysterisch, und Caleb schluchzte nebenan laut. Es klang, als heule ein Wolf den Mond an.

Noch während Jake versuchte, das Gleichgewicht wiederzufinden, war Skagen bei ihm. Er bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, wurde zu einem Schemen, zu einem heranrasenden Güterzug, der ihn von den Füßen riss. Beide flogen in den Küchenschrank hinein, der gegen die Wand donnerte. In seinem Inneren ging laut hörbar Geschirr kaputt.

Skagen war nun im Vorteil und rammte Jake die Faust in den Magen. Mit einem Ächzen entwich die Luft aus Jakes Lunge. Die andere Faust jagte heran und traf ihn hart an der Schläfe. All seine Kraft verließ ihn.

Plötzlich ging der Hausalarm los. Eine ohrenbetäubende Sirene jaulte auf. Skagen ließ sofort von Jake ab und presste beide Hände auf seine Ohren. Er brüllte schmerzerfüllt, sackte auf die Knie. Sein schlanker Körper zittere wie ein Baum im Wind.

Drei Sekunden später war das akustische Inferno vorüber. Das Küchenradio stellte sich von allein an. Im Wohnzimmer nebenan änderte sich das Programm selbstständig, schaltete auf einen nicht benutzten Kanal um. Sämtliche Handys piepten, vibrierten. Die Displays erwachten zum Leben.

Und dann war da Carls Stimme. Zornig drang sie gleichzeitig aus allen Zimmern, aus allen elektronischen Geräten, die einen Lautsprecher hatten.

Es war, als spräche Gott selbst zu ihnen.

»HÖRT DAMIT AUF! SOFORT!«

Jake rappelte sich stöhnend auf. Sein Unterleib und sein Gesicht schmerzten. Er war wütend. Neben ihm kam Skagen wieder auf die Füße. Blut tropfte von seiner Wange auf den Boden. Weiteres Blut sickerte in einer dünnen Spur aus seinen Ohren.

»Das hier muss geklärt werden«, krächzte Jake.

»ES IST SCHON ALLES GEKLÄRT. LANGE SCHON.«

»Was soll das heißen?«

»DAS, WAS ICH SAGE!«

Jake gab nicht nach. »Du und deine rätselhaften Andeutungen«, schrie er. »Davon habe ich die Schnauze voll. Entweder du sagst uns jetzt, wer du bist, oder du kannst dich verpissen!«

Alle Geräte gingen gleichzeitig aus. Die Handys erloschen. Dann schaltete sich ein kleiner Fernseher auf der Fensterbank neben der Spüle ein, ein Würfel von kaum zwanzig Zentimetern Breite.

Der Bildschirm glimmte auf. Ein Gesicht erschien in Schwarz-Weiß. Makellos. Androgyn. Ohne eine sichtbare Regung blickten helle Augen auf Jake.

»Ich bin der, den du erschaffen hast.«

Alle erstarrten. Niemand rührte sich mehr. Skagen hatte die Hände von seinen Ohren genommen und glotzte ebenso wie alle anderen auf den Fernseher. Er roch genau wie Madison und Hannah nach totaler Verwirrung. Wie es Caleb ging, konnte Jake nur ahnen, aber zumindest war das Schluchzen aus dem Nebenzimmer leiser geworden.

»Was soll das heißen?«, fragte er leise.

»Es ist das, was ich sage«, erwiderte Carl.

»Geht’s auch genauer?«

Carls Gesicht war ausdruckslos, als er antwortete. »Nimm dein Handy und verlass das Haus.«

»Warum?«

»Wir müssen miteinander reden.«

»Rede hier mit mir. Die anderen sollen hören, was du zu sagen hast. Es geht uns alle was an.«

»Das ist nicht möglich. Meine Worte sind nur für deine Ohren bestimmt.«

Jake zögerte. Er blickte Skagen an. Noch immer tropfte Blut aus der Platzwunde über dem linken Wangenknochen. Das schwarze Haar hing ihm wild ins Gesicht. Seine Augen glühten, aber er nickte zustimmend.

Madison verzog den Mund, schien jedoch ebenfalls einverstanden. Hannah reagierte nicht.

»Okay«, meinte Jake.

Er trat vor die Haustür und setzte sich auf die oberste Stufe der Treppe vor dem Eingang.

Seine Hände zitterten, als er die Kopfhörer in sein Handy einstöpselte und sich die Stecker in die Ohren schob.

Auf dem Handydisplay erschien eine kurze Nachricht: Bist du bereit?

Was für eine Frage? Nein, er war nicht bereit. Für nichts, was nun kommen würde. Gar nichts.

Das alles hier war kein schlechter Traum, es war schlichtweg das falsche Leben. In seinem wahren Leben würde er Football spielen, mit Alan abhängen und sich Gedanken über Mädchen machen, stattdessen wurde er als Terrorist vom Staat gejagt, kämpfte gegen eine bevorstehende Alieninvasion und führte einen Haufen Freaks durch halb Amerika, die entweder verrückt waren oder sich nicht leiden konnten. Vielleicht sogar beides.

Madison schien sich mehr für ihre Nägel und die nächste Mahlzeit zu interessieren, als sich am Kampf gegen die Außerirdischen zu beteiligen. Hannah war nett, aber blind. Ihre Fähigkeit, die Wahrheit zu erspüren, half nichts und niemandem in diesem großen Drama, denn sie mussten jeden Kontakt zu anderen Menschen vermeiden.

Skagen war eine lebende Zeitbombe, die im nächsten Moment hochgehen konnte. Jederzeit zu Gewalt bereit, gegen Infizierte, Cops, jemanden, der ihm zufällig im Weg stand, oder gegen die Wettervorhersagerin, sogar gegen die einzigen Menschen auf der Welt, die auf seiner Seite standen.

Über Caleb musste man nicht nachdenken, der lebte auf seinem eigenen Planeten, der aus Comicsendungen und merkwürdigen Aussagen bestand. Blieb noch er selbst. Ein Loser, wie er im Buche stand. Wenn man es genau nahm, hatte er nichts hinbekommen. Im Gegenteil, alles vermasselt. Angefangen bei der Entdeckung der Invasion, bis hin zum Angriff auf den HFP-Tower, der zwei seiner Freunde und im Anschluss daran Lee das Leben gekostet hatte.

Nun befand er sich mit vier Verrückten in einem Haus und wusste nicht weiter. Sie alle waren Hunter, geschaffen durch außerirdische Technologie, Genmanipulation an menschlichen Embryos, kamen aus der Zukunft und hatten bisher einen Scheißdreck erreicht. Jeder von ihnen hatte sein normales Leben verloren, und das alles für einen Kampf, den sie sich nicht ausgesucht hatten.

Und dann war da noch Carl, der scheinbar mühelos in die Zukunft blicken konnte und seltsame Dinge sagte, die für Jake keinen Sinn ergaben.

Nein, er war definitiv nicht bereit, aber er hatte keine Wahl.

Das Handy vibrierte. Jake hob ab. Carls Stimme erklang in seinen Ohren.

»Wie geht es dir?«

Jake lachte auf. Sollte das ein Witz sein?

»Mir geht’s beschissen«, knurrte er in den Hörer.

»Dachte ich mir.«

»Danke für die Aufmunterung. Und jetzt sag mir, was du damit gemeint hast, dass ich dich erschaffen hätte.«

»Ich bin kein Mensch.«

»Was?«

»Genau genommen existiere ich nicht einmal, zumindest nicht in deiner Zeit, im Jahr 2018. Es dauert noch Jahrzehnte, bis du in der Lage bist, mich zu entwerfen und zu erschaffen.«

In Jakes Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Er kam da nicht mit. Carl sprach über Dinge, die er noch nicht getan hatte, erst in Jahrzehnten tun würde. Ihm wurde schwindelig.

»Genau genommen bin ich eine KI, eine Künstliche Intelligenz. Im Jahr 2118, das Jahr, aus dem ich zu dir spreche …«

Jake stöhnte auf.

»… besitze ich ein humanbiologisches Chassis, aber im Moment könnte man von mir behaupten, dass ich nur ein Gedanke aus der Zukunft bin.«

Jake presste beide Hände gegen seine Schläfen. Das alles war zu viel für ihn. Sein Kopf schmerzte, und er verstand überhaupt nichts mehr. Carl eine Künstliche Intelligenz? Aus der Zukunft? Das würde einiges erklären, zumindest seine fast magischen Fähigkeiten, die Ereignisse vorauszusehen. Aber glauben konnte er es trotzdem nicht. Es widersprach schlichtweg allem, was er in seinem Leben gelernt hatte.

Carl schwieg eine Weile, dann fragte er vorsichtig: »Verstehst du es?«

»Nein«, seufzte Jake. »Wie kann ich etwas in der Zukunft tun, was hier und heute Auswirkungen hat? Sie ist ja noch nicht mal geschehen, und unter uns gesagt, ich kann nicht einmal einfache Windowsbefehle programmieren, von so etwas wie dir ganz zu schweigen.«

»Du wirst es lernen. Du hast viel Zeit.«

»Wenn es stimmt, was du sagst, dann werden wir das hier überleben, die Aliens besiegen.«

»Das habe ich nicht gesagt. Es ist eine Möglichkeit, eine Wahrscheinlichkeit unter vielen, unter unzähligen Optionen.«

»Ich komme da nicht mehr mit«, gab Jake zu.

»Es ist ganz einfach und doch unglaublich kompliziert«, sagte Carl. »Stell dir die Zeit nicht als einen Fluss vor, der von der Gegenwart in die Zukunft fließt. Die Zeit ist vielmehr ein Baum, der in die Zukunft wächst. Es gibt unzählige Äste an diesem Baum, aus denen Zweige sprießen. Welchem Ast du folgst, liegt an deinen Entscheidungen und den Dingen, die du tust. Jede Entscheidung, jede Tat führt in eine andere Richtung.«

Jake ließ die Worte sacken, dann meinte er: »Also kann sich die Zukunft, wie du sie kennst, verändern?«

»Bis zu einem gewissen Grad … ja! Daher müssen im Hier und Heute die Dinge und Ereignisse so geschehen, wie sie sich im Rückblick aus der Zukunft darstellen.«

»Und wenn sich etwas ändert?«

»Ist alles möglich. Dann stirbt der Ast, dem du gefolgt bist oder er wächst ohne dich in eine Richtung weiter, die du niemals erleben wirst, denn du befindest dich auf einem anderen Weg in eine andere Zukunft.«

»Das ist … echt … zu viel für mich«, gab Jake zu.

»Ja, es ist nicht einfach zu verstehen.«

»Kannst du mir mehr über die Zukunft verraten? Was wird … was soll passieren? Werden wir die Alieninvasion aufhalten? Können wir …«

»Ich weiß es nicht«, unterbrach ihn Carl.

»Was?«

»Dieser Teil der Zukunft ist im Jahr 2118 noch nicht geschehen. In meiner Zeit existiert die Bedrohung durch die Außerirdischen noch, aber alles ist vorbereitet, um ihr entgegenzutreten. Es ist von unglaublicher Wichtigkeit, dass wir in deiner Zeit die Voraussetzungen schaffen, die in einhundert Jahren über Sieg oder totale Vernichtung entscheiden.«

»Dann sag mir, was ich tun kann!«

»Nein.«

»Nein?«

»Viele Dinge darfst du noch nicht wissen, denn sonst könntest du die Zukunft verändern. Wissentlich oder unwissentlich.«

»Wie das denn? Du könntest mir doch die ganze Zeit sagen, was ich tun soll.«

»So funktioniert das nicht. Du hast damals, so ist es aus meiner Sicht, Entscheidungen ohne das genaue Wissen um die kommenden Ereignisse getroffen, daher muss es so bleiben.«

»Erst erzählst du mir, dass du die Zukunft kennst, aber dann willst du mir sie nicht verraten, damit ich die richtigen Entscheidungen treffen kann?«

Carl schwieg einen Moment, dann sagte er: »Angenommen ich würde dir sagen, dass Hannah in der Zukunft erschossen wird. Ich verrate dir, wann und wo es geschieht. Was würdest du tun? Würdest du nicht versuchen, sie zu retten?«

»Ja … nein … vielleicht …«

»Okay, gehen wir einmal davon aus, dass du diese Tat bewusst zulässt, obwohl ich bezweifle, dass du es übers Herz bringen würdest, was ist mit deinem unbewussten Verhalten? Da du weißt, dass sie sterben wird, ist es wahrscheinlich, dass du dich ihr gegenüber anders verhältst als ohne dieses Wissen, was wiederum von Hannah nicht unbemerkt bliebe und ihr Verhalten ändern würde. Angenommen du schickst sie in ein Haus. Das Haus ist eine Falle. Hannah spürt, dass etwas nicht stimmt, und zögert. Skagen sagt, sie brauche es nicht zu tun, wenn sie Angst habe, er gehe für sie hinein …«

»Okay, ich weiß, was du meinst. Es ist ein wenig so, wie den eigenen Todestag ohne die Todesursache zu kennen. Will man wirklich wissen, wann man stirbt? Würde man die Zeit bis dahin genießen oder in Angst verbringen?«

»Der Vergleich trifft nicht ganz zu, aber es kommt ungefähr hin, nur dass der Tod unausweichlich wäre, unsere Zukunft aber verändert werden kann. Für alles Leben auf dieser Welt.«

»Das ist zu viel für einen einzelnen Menschen«, sagte Jake.

»Ja, das ist es.«

»Was kann ich tun?«

»Mir vertrauen.«

Jake dachte darüber nach. Konnte er all das glauben, was Carl ihm erzählt hatte? Hatte er überhaupt eine Wahl? Ohne Carl waren ihre Chancen gleich null, die Invasion zu stoppen, vom eigenen Überleben einmal ganz abgesehen. Carl hatte bisher alles getan, um sie am Leben zu halten. In jeder Situation war es sein Überblick gewesen, der sie vorangebracht hatte. Er hatte sie zusammengeführt und ihnen die Möglichkeit in die Hände gelegt, etwas zu tun.

Der Rest der Menschheit wusste nichts von der Bedrohung, in der sie schwebte. Es ging schlichtweg um das Überleben der eigenen Art. Eine fremde, außerirdische Macht war dabei, die Welt zu übernehmen, machte aus freien Menschen willenlose Sklaven, und niemand wusste, was da noch kommen würde.

Nein, er hatte keine Wahl, aber es war mehr als das. Tief in sich drin spürte Jake eine innige Verbundenheit zu Carl, fühlte die Wahrheit hinter seinen Worten und die Verbindung zu den anderen Hunterkindern.

Nein, er war kein Held. Ganz sicher nicht. Aber er war eine Waffe, geschaffen in der Zukunft, und diese Waffe würde sich nun gegen ihre Erschaffer wenden.

»Ich vertraue dir«, sagte Jake.

»Gut. Dann geh jetzt zu den anderen. Ich habe euch eine Mitteilung zu machen. Euch allen.«

»Kannst du sie sehen? Beschreib sie mir bitte!«, bettelte Hannah.

Links und rechts von Giovanellas Schultern bildeten sich riesige Flügel aus Pheromonen. Jeweils über zwanzig Meter lang und mehrere Meter hoch schlug sie damit durch die Menschenmassen, die sich nur unwissend die Nasen rieben. Einige begannen zu husten.

Giovanella konnte Feuer riechen. So roch also eine Kriegerin. Ihre riesigen Flügel waren glutrot und trugen ihre ganze Leidenschaft.

»Sie sind groß! Feuerrot! Es ist unglaublich!« Sie sah damit aus wie ein Engel, der gekommen war, um alle zu befreien. Hier auf dem Times Square würde sie damit Tausende berühren. Der Kampf konnte beginnen.

»Es funktioniert«, flüsterte Hannah ergriffen, Tränen liefen aus ihren blinden Augen. »Mein Gott, danke, es funktioniert wirklich.«

»Was funktioniert?« Giovanellas Wahrnehmung überschlug sich regelrecht. Sie fühlte sich riesig, stark und unbesiegbar.

»Du … du funktionierst, der Plan funktioniert. Ich hätte niemals erwartet, dass es so gut klappen würde.« Hannah ergriff Giovanellas Hand und zog sie weiter. Eine Berührung wie Hunderte kleine Stromschläge. Die Jugendliche lief vor Glück förmlich über.

Hannah, warte!, sagte Giovanella mit Kraft ihrer Gedanken. Es war verwirrend, so mit Hannah sprechen zu können. Links und rechts liefen unzählige Passanten auf dem Times Square an ihnen vorbei. Dem Zentrum des Universums, oder zumindest Manhattans. Sie befanden sich in New York, der Stadt, die niemals schlief. Eine Aussage, die auf keinen Platz besser passte als diesen hier. Fahrzeuge glitten in drei übereinander angeordneten Ebenen durch die Luft: Personengleiter, Busse und Trucks. Überall gab es turmhohe Displays, an denen animierte Werbung gezeigt wurde. Der Lärm war ohrenbetäubend, aber dennoch beachtete sie niemand.

Giovanella, wir haben keine Zeit. Wir müssen sofort gehen!

Wohin? Das ging Giovanella zu schnell. Bis vor ein paar Tagen war sie nur eine junge Anwältin gewesen, die nichts weiter tun sollte, als einen Jugendlichen zu finden, den die Zeit verschluckt hatte. Jake Merdon, so hieß der Vermisste.

Jake war damals das Kunststück gelungen, sich 2018 so viele Feinde zu machen, dass er deswegen jahrzehntelang die Most-Wanted-Liste des FBI angeführt hatte. Gefasst wurde er trotzdem nicht. Ihn sollte sie finden und nicht mehr. Das hatte sie getan und dabei unglaubliche Dinge erlebt. Nach dem Kontakt mit Carl, später mit Leroy und nach ihrer Verhaftung auf Malta glitt alles aus dem Ruder. Frank Rees, ein FBI-Agent, hatte sogar versucht, sie zu töten.

Meine Aufgabe ist es, dich in Sicherheit zu bringen. Ich suche dich schon seit zwei Tagen. Es ist wirklich wichtig, du musst mir folgen!

Und was ist damit? Giovanella war die Gefahr durchaus bewusst, sie zeigte auf die riesigen roten Schleier, die von ihrem Rücken bis auf die andere Straßenseite reichten. Pheromone, die sie Leroy Matin Renier zu verdanken hatte. Andere rochen bei einer Erkältung vielleicht nach kaltem Schweiß, sie hingegen glaubte einen Berg glühende Kohlenstücke unter ihren Füßen wahrnehmen zu können.

Auch das bist du.

Es soll ein Teil von mir sein, dass ich Pheromone sehe, die ich wie Flügel ausbreiten kann?

Ja.

Kein Mensch kann so etwas!

Stimmt. Hannah lächelte mit ihrer Stimme. Menschen können das wirklich nicht.

Und was … und was soll ich dann sein? Das wurde immer schlimmer. Giovanella wurde schlecht, sie meinte sich übergeben zu müssen.

Hast du nicht eben noch an Engel gedacht?, fragte Hannah, deren Inneres wie ein Ausflug in einem frühlingshaften Park wirkte. Alles in ihr machte einen frischen und ehrlichen Eindruck.

Du kannst meine Gedanken lesen?

Wie du auch meine … Wir können das, wenn wir uns berühren. Du musst es nur zulassen, dann fühlst du, was ich denke. Aber keine Angst, niemand sonst kann in dich hineinsehen.

Hannahs Stimme und der Frieden, den sie ausstrahlte, halfen Giovanella, sich langsam zurückzunehmen. Neben dem blinden Mädchen auf den winterlichen Straßen New Yorks sah sie eine glückliche Hannah auf der Bank im Park, die ihr zuwinkte. Auf der Wiese tollte ein kleiner Hund umher.

Ich bin kein Engel … Das zu denken, wäre vermessen gewesen. Giovanella versuchte, sich in Hannahs bunter Gedankenwelt nicht zu verlieren.

Nein, aber deine Rolle ist der eines Engels sehr ähnlich. Deswegen müssen wir gehen. Wie gesagt, es ist meine Aufgabe, dich in Sicherheit zu bringen. Dann wird es dein Job sein, uns alle zu retten. Du hast sicherlich viele Fragen, die ich dir gerne beantworte, aber nicht hier.

»In Ordnung.« Giovanella benutzte wieder ihre normale Stimme, ließ aber Hannahs Hand nicht los. Ganz langsam beruhigte sie sich wieder.

»Könntest du mich bitte führen?« Hannah tippte charmant mit dem Blindenstock auf den Boden. »Immer wenn ich jemanden anremple, sehe ich für einen Moment, wer dieser Mensch wirklich ist. Glaub mir, das ist nicht immer eine schöne Erfahrung.«

»Kann ich mir vorstellen.« Giovanella lächelte, das entspannte. »Und wohin soll ich dich führen?« Eine blinde Führerin, die selbst geführt werden wollte – was für eine Ironie.

»Lass uns den Broadway in Richtung Central Park nach Norden laufen. Dort warten Freunde auf uns, die uns helfen werden.«

»Okay …« Giovanella registrierte, wie ihre riesigen Flügel stetig kleiner wurden. Es war Winter, der Atem von Hannah kondensierte und mischte sich mit dem feinen Dunst aus ihrem Nacken. Das blinde Mädchen roch zufrieden, ihr äußeres und ihr inneres Bild befanden sich im Einklang.

»Kannst du mich sehen?«, fragte Hannah.

»Ja.«

»Wirklich?«

»Dreifach sogar … deine Erscheinung, deine Seele und deine Pheromone.«

»Du siehst, ich könnte dich nicht belügen. Du würdest es merken.«

»Ja?«

Hannah nickte. Giovanella sah das junge Mädchen auf der Parkbank, die ausgelassen mit den Füßen wackelte, welche den Boden nicht berührten. Die Hannah in ihren Gedanken war noch ein Kind.

Giovanella schüttelte den Kopf, um sich zu konzentrieren. Hannahs offene Art wirkte wie ein sanftes Rauschmittel, das sich zwar angenehm anfühlte, aber nicht zur Situation passte. »Hannah, du hast eben angedeutet, dass ich kein Mensch wäre … was hast du damit gemeint?«

»Du weißt, wer die Erde angreift?«

»Aliens … sie sind in unseren Köpfen. Sie nutzen Pheromone, um uns zu beherrschen.« Das hatte Giovanella nach ihrer Europareise begriffen. Die Lage war ernst, die Menschheit hatte den Kampf eigentlich schon vor vielen Jahren verloren.

»Ein Teil von dir ist von ihnen. Ihre DNA ist der Grund für deine Fähigkeiten. Auch in mir steckt Alien-DNA. Wir sind Hunter.«

»Hunter?«

»Menschen, die geschaffen wurden, um Widerständler zu jagen und zur Strecke zu bringen. Aber wir wurden befreit und konnten dadurch als normale Menschen aufwachsen.«

»Aber meine Eltern waren keine Aliens …« Das hätten sie nie vor ihr verheimlichen können. In dem Moment wurde Giovanella bewusst, dass sie schon seit Jahren nicht mehr mit ihnen gesprochen hatte. Es war niemals schön, im Streit auseinanderzugehen, aber sie musste ihren eigenen Weg finden.

»Sie wussten es nicht … du wusstest es doch selbst nicht.«

»Okay … ich wusste es wirklich nicht. Wie viele Hunter gibt es?«

»Sehr wenige … was die Aufgabe, die wir zu erfüllen haben, nicht leichter macht.«

»Kann jeder Hunter, was ich kann?« Giovanella konnte diese Erklärungen kaum glauben, spürte aber, dass Hannah die Wahrheit sagte.

»Nein. Du bist einzigartig.«

»Und was hat Leroy mit mir gemacht?«

»Er hat die Schale entfernt … alles, was du kannst, lag in deiner Wiege.«

»Und was von mir ist noch menschlich?« Giovanella machten diese Antworten nicht gerade Mut.

»Du musst keine Angst haben. Alles, was du fühlst, alles, was du empfindest, ist menschlich. Wir definieren uns über unsere Entscheidungen. Wenn du dich wie ein Mensch fühlst, dann gehörst du zu uns.«

»Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll …« Giovanella würde Tage brauchen, um diese neuen Eindrücke zu verarbeiten. Sie konnte aber spüren, dass ihr dafür keine Zeit blieb.

»Schau dich um, was siehst du?«, fragte Hannah und zeigte über die Straße. Es waren immer noch viele Passanten in der Nähe.

»Menschen.« Unmengen davon: Geschäftsleute, Jugendliche, Leute, die Tüten trugen, Mütter mit Kindern und andere in Arbeitskleidung.

»Wie sehen ihre Pheromone aus?«

Giovanella wurde eine weitere Wahrnehmungsebene bewusst. »Sie haben verschiedene Farben über ihren Köpfen. Ihre Pheromone wirken wie eine Sommerwiese. Sie scheinen grün, gelb, rot und blau.« Es gab noch unzählige Mischtöne.

»Was kannst du sonst erkennen?«, forderte Hannah sie auf. »Erzähle es mir!«

»Es ist kaum möglich, die Vielfalt der Ausdunstungen zu unterscheiden. Einige sehen sehr befremdlich aus. Irgendwie, na ja … nicht menschlich.« Das traf es am besten, es gab Passanten, bei denen die Farben nicht harmonierten. Die bunten Dunstschleier bissen sich regelrecht.

»Die sind infiziert.«

»Wissen sie es?«

»Nur wenige … die meisten habe keine Ahnung. Vermutlich würden sie es auch nicht glauben, wenn es ihnen jemand sagen würde. Sie folgen blind ihren neuen Herren. Jeder von denen wäre bereit, im Ernstfall für die Aliens zu sterben.«

»Leroy sprach davon, dass ich seine Kriegerin sei … Ich dachte eben für einen Moment, dass die Pheromone, die ich ausströme, eine Waffe sind.« Ein Irrtum, das wusste sie nun besser. Zwar hatten einigen Passanten spontan niesen oder auch husten müssen, aber umgefallen war keiner von ihnen.

»Ich denke, es ist komplizierter. Es gibt andere, die dir die Geschichte besser erzählen können. Niemand von den Menschen auf New Yorks Straßen ist wirklich unser Feind. Infizierte zu bekämpfen, würde uns nicht helfen. Wir würden uns nur selbst vernichten.«

»Es wird also niemand krank von denen?«

»Vielleicht bekommen ein paar eine Erkältung. Mehr aber nicht. Mach dir keine Sorgen, du hast niemanden mit einer außerirdischen Krankheit angesteckt.«

Hannah und Giovanella gingen weiter. Die Menschentrauben lösten sich auf, und die breiten Bürgersteige wurden leerer.

»Es ist kalt«, sagte Hannah, deren innere Kraft ihre äußere Erscheinung bei Weitem übertraf. Sie war wirklich interessant.

»Wir sind schon über eine Stunde unterwegs …« Giovanella hatte keine Ahnung, wohin das Mädchen sie bringen würde. Sie konnte die Antwort auch nicht in Hannahs Gedanken erkennen, die nur daran dachte, so schnell wie möglich die mit Menschen überfüllte Innenstadt hinter sich zu lassen. Vor ihnen lag der Central Park. »… wie lange dauert es noch?«

»Wir sind gleich da.« Hannah ging unbeirrbar weiter. Giovanella hatte dem blinden Mädchen nur geholfen, aus dem Gedränge zu kommen, danach wusste sie offensichtlich sehr genau, wohin sie wollte.

»Du meintest, dass wir Hilfe bekommen. Wer sind diese Helfer?«

»Freunde …« Hannah blieb stehen und horchte auf die Seite. Da stimmte etwas nicht. Giovanella konnte sehen, wie die zuvor glückliche Hannah in ihrer Gedankenwelt sich plötzlich hinter einem Baum versteckte. Der blaue Himmel darin färbte sich dunkelgrau. Auch die Pheromone, die sie ausströmte, veränderten sich. So roch Angst. Echte Angst!

»Was ist?« Auch Giovanella sah sich um, konnte aber in der Vielzahl von Gerüchen und Farben keine Besonderheiten erkennen.

Warte, flüsterte Hannah in Gedanken und drückte ihre Hand. JETZT! WIR MÜSSEN RENNEN!, schrie sie in ihren Kopf.

Giovanella sprintete los. So schnell, wie es ihr mit einem blinden Mädchen an der Hand möglich war. Auf dem Bordstein lagen Schneereste, sie rutschte, fiel aber nicht.

Was ist los?

Die haben uns entdeckt! Die haben die ganze Zeit gewusst, wo wir waren! Die wollten nur, dass wir sie zu unserem Versteck führen! Hannahs Gedanken klangen atemlos.

Wer ist hinter uns her? Giovanella versuchte immer wieder, einen Blick nach hinten zu werfen, doch sie konnte niemanden erkennen.

Die müssen dich gerochen haben!, rief Hannah und stürzte. Giovanella konnte sie nicht auffangen. Wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn niemand vom ihrem Coming-Out am Times Square etwas mitbekommen hätte.

Jetzt entdeckte sie jemanden, der aber nicht von hinten, sondern von vorne auf sie zukam. Ein Mann, ein riesiger Kerl, mindestens zwei Meter groß und breit wie eine Schrankwand. Er trug einen langen schwarzen Mantel, hatte einen ungepflegten Bart und riesige Hände. Die Pheromone, die er ausströmte, waren feuerrot, das war pure Wut. Dieses Monster wirkte zu allem entschlossen. Wenn ihre Gegner alle so aussahen, hatten sie ziemlich schlechte Karten.

»Wir müssen weiter!«, rief Hannah, die sofort wieder aufstehen wollte.

»Unten bleiben!«, rief das bärtige Ungetüm und griff an eine Waffe, die unter seinem Mantel zum Vorschein kam. Ein Gewehr, das er sofort in den Anschlag nahm.

Giovanella zitterte und legte sich schützend über Hannah. Sie konnte nichts mehr ausrichten. Sie blickte nach hinten. Einige Menschen liefen davon. Verständlich, nachdem so ein Kerl mitten in der Stadt eine Waffe zückte. Plötzlich tauchten zwei weitere Personen auf, die allerdings noch über hundert Meter entfernt waren. Sie gingen in die Hocke und eröffneten umgehend das Feuer. Direkt neben Giovanella schlug ein Projektil ein.

Der Bärtige schoss zurück. Ein dumpfer Knall. Ein Schuss, ein Treffer. Blitzschnell lud er seine Waffe nach, legte neu an und schoss. Er traf erneut. Beide Männer waren außer Gefecht gesetzt.

»Aufstehen!« Der Bärtige klang nicht wie ein Mann, der es gewohnt war, sich zu wiederholen. Giovanella zitterte immer noch, was war sie für eine erbärmliche Kriegerin. Was sollte sie auch mit Pheromonen gegen solche Typen ausrichten können?

»Los, wir müssen sofort weg hier! Da werden noch mehr kommen!«, rief der Mann und half Hannah auf die Beine, die Probleme hatte aufzustehen. »Mein Name ist Corporal Mason, ich bringe euch in unser Versteck!«

Giovanella schnappte nach Luft, der Mann hatte, ohne zu zögern, zwei Menschen erschossen. Dabei durfte sie nicht vergessen, dass die zuerst das Feuer auf sie eröffnet hatten.

»Ich habe mir den Knöchel verstaucht!«, rief Hannah, die Mason kurzerhand auf den Arm nahm. Der wiederum Giovanella ansah. Nein, seine Augen bohrten sich regelrecht durch sie hindurch.

»Kannst du laufen?«

»Ja.«

»Dann lauf!«

Zwei Straßen weiter stürmten die drei in einen Hauseingang. Giovanella war außer Atmen. Mason war selbst mit Hannah auf den Armen schneller als sie. Vor einer massiven Eisentür blieben sie stehen.

»Corporal Mason, Liam, Dienstnummer 687-12-0432, mach die Tür auf!«

»Losung«, tönte es von der anderen Seite der Stahltüre.

»Logan, du Pappnase! Mach die Tür auf! Es gab Ärger! Ich habe Hannah und die Zielperson dabei!«

Die Tür öffnete sich, und ein Soldat in dunkler Kampfkleidung sah Giovanella in die Augen. »Auf dem Foto hat sie lange Haare.«

»Sie ist es aber! Jetzt mach Platz!«, befahl Hannah, nachdem sie von Mason abgesetzt worden war. Sie drückte den Soldaten, der offenbar Logan hieß, auf die Seite. Der Mann war kleiner als Mason, sah aber ähnlich verwegen aus.

Hannah zog Giovanella hinter sich her. Du musst keine Angst haben.

Die hatte Giovanella aber, erst recht, als sie in dem stickigen Kellergeschoss ankam, in dem über zwanzig schwer bewaffnete Soldaten Waffen, Munition und Handgranaten überprüften.

In welchem Albtraum war sie aufgewacht? Hannah, die immer noch ihre Hand festhielt, spürte sicherlich ihre Verunsicherung. Es war ein Fehler gewesen, ihr zu folgen, und vor allem, sich mit Leroy Matin Renier einzulassen.

Alles ist gut. Hannah stand mit geschlossenen Lippen vor ihr. Die Männer sind da, um dich zu beschützen.

Als Jake das Haus betrat, erwarteten ihn die anderen im Wohnzimmer. Caleb saß noch immer auf dem Sofa. Neben ihm hatte Hannah Platz genommen. Madison fläzte in einem breiten Sessel herum, während Skagen unruhig auf und ab ging. Er unterbrach seine Wanderung, als er Jake im Türrahmen entdeckte.

»Und?«, knurrte er.

Jake ging ins Zimmer hinein, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand gegenüber dem Fernseher und betrachtete einen nach dem anderen. Er blickte in ihre Gesichter, entdeckte Sorge, aber auch Hoffnung darin.

»Carl hat uns etwas mitzuteilen.«

Stille.

Der Fernseher schaltete sich ein. Carls androgynes Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Seine Miene war regungslos.

»Ich bin bereit, eure Fragen zu beantworten, aber zunächst muss ich euch eine wichtige Mitteilung machen.«

Niemand sprach ein Wort. Selbst Caleb hatte aufgehört, seine Hände zu kneten, und rührte sich nicht mehr.

»Ihr könnt nicht hierbleiben«, sagte Carl. »Ihr müsst weiter.«

»Was, schon wieder?«, platzte es aus Madison heraus. »Fuck. Ich wollte mal ein bisschen Zeit für mich. Mal …«

»Die Vereinigten Staaten verlassen«, unterbrach sie Carl.

Für drei Sekunden herrschte absolute Ruhe, dann sprachen alle gleichzeitig durcheinander.

»Wie bitte …«

»Ich kann doch nicht. Mein Bruder …«

»Einen Scheißdreck werde ich tun …«

»Das wird Mrs Winter nicht gefallen …«

»Ruhe«, befahl Carl. »Ihr habt keine andere Wahl. Das Netz, das HFP um euch spannt, zieht sich zusammen, und Serena kann euch jeden Moment finden. HFP hat begonnen, die offiziellen Kanäle anzuzapfen. Verkehrsüberwachung, Kameras in sicherheitsrelevanten Gebieten. Ihr nächster Schritt wird sein, sich in die Satellitenüberwachung einzuhacken, aber vielleicht müssen sie das gar nicht. Inzwischen gibt es zahlreiche Infizierte an wichtigen Stellen der Behörden. Sie unterwandern systematisch das FBI, die CIA, die NSA und die Heimatschutzbehörde, von der Polizei ganz zu schweigen. Ihre Zuträger arbeiten mit einer neuen Form der automatischen Gesichtserkennung, die präziser und schneller, dabei gleichzeitig effizienter Aufnahmen von Personen auf öffentlichen Plätzen und im Straßenverkehr auswertet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns finden. Sicherheit gibt es nur noch im Ausland, wo HFP noch keinen ausreichenden Zugriff auf die Überwachungssysteme hat.«

»Wir sollen hier tatsächlich weg?«, fragte Skagen aufgebracht.

»Es ist nicht mehr sicher.«

»Und? Das war es noch nie, seit ich auf der Welt bin. Wir haben eine Mission zu erfüllen, müssen den Kampf gegen die fremde Macht weiterführen, die Invasion verhindern.«

Carl blieb ruhig. »Euer Kampf ist vorüber. Die Invasion kann nicht verhindert werden.«

»Was?«, brüllte Skagen auf.

»Woher … woher willst du das wissen?«, stammelte Hannah. Ihr Gesicht war vollkommen bleich. Jake konnte sehen, dass ihre Lippen zitterten.

»Ich bin eine Künstliche Intelligenz und spreche aus der Zukunft zu euch. Im Jahr 2018 existiere ich nicht, sondern werde erst viele Jahrzehnte später erschaffen. Und zwar von Jake. Ich habe es ihm bereits erklärt, aber nun sage ich es auch euch.«

Jake beobachtete seine Freunde, die den Androiden wortlos anstarrten.

Schließlich ballte Skagen seine Hände zu Fäusten. »Ich hoffe, du hast eine verdammt gute Erklärung, meine Mutter hat für diesen Kampf gelebt und ist für ihn gestorben.«

»Das tut mir leid, aber es war unvermeidlich, alles andere ist es nicht.«

»Wie kannst du aus der Zukunft mit uns reden?«, fragte Madison.

»Ich nutze dabei eine ähnliche Technologie wie die Außerirdischen, indem ich eine Raum-Zeit-Brücke erschaffe. Es sind nur Daten, die ich in die Vergangenheit schicken kann. Daten im Binärcode, aus denen Worte und Bilder werden. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass ich tatsächlich mit einer Stimme zu euch spreche. Meine Stimme wird künstlich erzeugt, ebenso wie das Bild, das ihr gerade von mir seht. Das bin nicht ich, aber zumindest sieht es mir ähnlich. Es kostet den Jahresverbrauch an Energie einer Kleinstadt, um mit euch zu kommunizieren.«

»Wenn es stimmt, was du sagst«, meinte Hannah, »und du wirklich aus der Zukunft stammst, dann weißt du, wie die ganze Sache ausgeht.«

»Nein, ich weiß, wie die Sache in einhundert Jahren steht. Es ist noch nichts entschieden.«

»Dann sag uns doch, wie wir den Kampf hier und heute führen müssen. Damit wir die Invasion stoppen können. Jetzt haben wir die Möglichkeit dazu. Serena und ihre Leute sind noch nicht so weit, wir könnten an die Öffentlichkeit gehen, noch einmal die Zentrale von HFP angreifen oder sonst was tun.«

»Nein, das könnt ihr nicht. Rückblickend aus der Zukunft ist alles bereits geschehen, sämtliche Abläufe haben bereits stattgefunden. Für euch ging es nicht darum, einen physischen Kampf gegen die Invasoren zu führen, denn sie sind in einem offenen Kampf unbesiegbar. Die Aliens nutzen intelligente Viren, die permanent mutieren, um sich dem Zugriff des Immunsystems oder irgendwelcher Medikamente zu entziehen. Gleichzeitig stärken sie das Immunsystem für ihre Zwecke und nehmen Veränderungen am menschlichen Erbgut vor. Im Jahr 2018 gibt es keine Möglichkeit, sie aufzuhalten, einhundert Jahre später hingegen haben wir eine Chance. Dafür müssen Vorbereitungen getroffen werden. Das wichtigste Ereignis dabei war eure Zusammenführung. Nur gemeinsam könnt ihr die Voraussetzungen dafür schaffen, die Welt, so wie wir sie kennen, zu retten. Aber diese Rettung wird nicht durch Waffen herbeigeführt, Skagen. Einzig eine biologische Lösung kommt dafür infrage, aber es braucht noch Jahrzehnte, um das möglich zu machen.«

»Was bedeutet das für uns?«, fragte Madison.

»Ihr müsst die Vereinigten Staaten verlassen und nach Europa gehen. Genauer gesagt nach Malta, eine Insel im Mittelmeer. Human Future Project hat keinen Zugriff auf die dortigen Überwachungssysteme, und militärische Satelliten überfliegen dieses Gebiet nicht.«

»Stopp«, unterbrach ihn Skagen. Er stellte sich breitbeinig vor dem Fernseher auf. »Noch mal zurück. Wenn du wirklich aus der Zukunft stammst, kannst du uns sagen, was genau geschehen wird und was wir tun müssen. Also, ich höre.«

»Wie ich Jake bereits erklärt habe, könnte das Wissen um die Zukunft diese Zukunft verändern. Es wäre zu gefährlich, euch zu viel darüber zu verraten, denn aus meiner Sicht hattet ihr kein Wissen über diese Zukunft.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Hannah. »Allein, dass wir von deiner Existenz wissen, verändert doch schon alles.«

»Aber nur insofern, dass ich darauf achte, dass genau die Ereignisse geschehen, die geschehen müssen, damit im Jahr 2118 alles so ist, wie es sein soll. So wie ihr auf Malta die Voraussetzungen dafür erschafft, dass die Aliens in einhundert Jahren besiegt werden, so sorge ich für die Voraussetzungen, die ihr braucht, genau das zu tun.«

»Oh mein Gott«, stöhnte Madison. »Da bekommt man ja Kopfschmerzen. Ich verstehe kein Wort, und mal ehrlich, Leute, glaubt ihr diesen Schwachsinn?«

»Ich weiß nicht«, meinte Hannah vorsichtig. »Carl hat viele Dinge getan, die ich mir nicht erklären kann. Mit dem neuen Wissen um seine wahre Existenz bekommt alles erst einen Sinn. Denkt mal an die Aktion, als wir Skagen und Caleb aus dem Gefangenentransporter befreit haben, Carl wusste alles darüber. Wo und wann die beiden verlegt werden sollten. Er kannte die genaue Route, und als es zum Schusswechsel kam, hat er jeden Einzelnen von uns so gesteuert, dass eine Flucht möglich wurde und wir unverletzt blieben. Er kannte praktisch die Flugbahn jedes Geschosses, das abgefeuert wurde. Er musste also gewusst haben, was geschehen würde. Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kann Carl in die Zukunft sehen, oder er stammt selbst aus ihr und betrachtet alles rückblickend.«

»Hä?«, machte Madison. »Deine Erklärung klingt genauso kompliziert wie der Mist, den uns dieser Typ erzählt.«

»Du bist nicht überzeugt, Madison?«, fragte Carl.

»Ich glaube kein Wort von dem ganzen Scheiß.«

»Gut, dann lass uns darüber reden, dass du mit dem Freund deiner besten Freundin geschlafen hast«, sagte der Androide ruhig. »Nicht zu vergessen, deinen Geschichtslehrer aus der letzten Stufe. Du standst kurz davor, von der Highschool zu fliegen, und Geschichte war das entscheidende Fach, in dem du dich unbedingt verbessern musstest. Warum also nicht ein Verhältnis mit dem Mann anfangen, der dir als Einziger aus der Misere helfen konnte? Oder sollen wir lieber darüber sprechen, dass du regelmäßig deine Mutter bestiehlst, um Klamotten und Drogen zu kaufen?«

»Woher weißt du das alles?« Madisons Gesicht glühte vor Zorn. Die schönen Lippen waren zu einem weißen, blutleeren Strich zusammengepresst.

»Nun, zum Teil aus abgefangenen E-Mails, mitgehörten Telefonaten und den Schulunterlagen. Zudem habe ich deine Bankeinkünfte geprüft und das Ganze mit den Abrechnungen auf deiner Kreditkarte abgeglichen. Du gibst viel mehr Geld aus, als dir zur Verfügung steht. Bei deiner Mutter wiederum ist es genau umgekehrt. Ständig hebt sie Geld vom Bankautomaten ab, ohne dass wesentliche Einkäufe zu verzeichnen sind. Der Schluss, dass du sie beklaust, war naheliegend.«

Madison schnaubte durch die Nase, dann sprang sie auf und stürmte aus dem Zimmer.

Alle starrten ihr nach.

»War das wirklich nötig?«, fragte Jake. »Das macht die Sache nicht einfacher.«

Carl lächelte. »Jetzt glaubt sie mir zumindest.«

»Du hättest meine Mutter retten können«, sagte Skagen leise. »Du hättest Lee retten können.«

»Nein, das konnte ich nicht. Diese Option gab es nicht. Niemals. Ich konnte auch den Tod von William und Michael nicht verhindern, denn ein Kontakt mit euch war erst ab einem bestimmten Zeitpunkt möglich.«

»Wenn ich dich richtig verstehe«, fuhr Skagen fort, »hättest du es auch nicht getan, wenn du die Möglichkeit gehabt hättest. Das ganze Geschwafel von Voraussetzungen, um die Zukunft möglich zu machen. Sag ehrlich, wie viele von uns werden noch bei dieser Sache draufgehen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Du lügst. Du kennst die Zukunft.«

»Die sich ändern kann. Nichts steht festgeschrieben«, konterte Carl.

»Ich glaube dir kein Wort. Du würdest uns alle sterben lassen, um dein Ziel zu erreichen.« Skagen drehte sich zu Jake um und deute mit der Hand auf ihn. »Alle bis auf Jake, denn so wie ich es verstehe, hat er dich erschaffen, irgendwann in der Zukunft, also muss er überleben. Wir anderen hingegen sind verzichtbar.«

»Nein!«, sagte Carl laut und deutlich. »Jeder von euch hat seine Aufgabe in diesem Kampf. Jeder von euch ist eminent wichtig, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, die Außerirdischen zu besiegen. Ich werde alles dafür tun, dass ihr am Leben bleibt und die Angelegenheit möglichst unbeschadet übersteht.«

»Tut mir leid, Mann, aber ich vertraue dir nicht.« Mit diesen Worten verließ Skagen ebenfalls das Zimmer.

Jake blickte zu Hannah, die ihre Hände vors Gesicht geschlagen hatte. Ihre Schultern zuckten, wahrscheinlich weinte sie. Er wollte etwas sagen, etwas Tröstendes, aber ihm fiel nichts ein. Sein Kopf war leer gefegt. Er wusste nicht mehr weiter.

Der Bildschirm des Fernsehers erlosch. Carls Gesicht verschwand.

Plötzlich wandte sich Caleb um und schaute Jake ernst an. Sein Blick war vollkommen klar, als er sagte: »Wir sind die fünf Finger einer Hand, sorge dafür, dass wir uns zur Faust ballen.«

Da verstand Jake, was er zu tun hatte.

Skagen saß vor dem Haus auf der Treppe und starrte die Straße hinunter, als Jake hinaustrat und sich neben ihn setzte. Eine Weile sagten beide nichts, dann meine Jake: »Ohne dich schaffe ich es nicht.«

Skagen verzog lediglich den Mund.

»Wir brauchen dich. Du bist der Einzige von uns, der auf all das vorbereitet wurde. Du kannst mit Waffen umgehen und besitzt eine Fähigkeit, wie keiner sie von uns hat – und Caleb hängt an dir. Ohne dich kommt er nicht zurecht.«

»Ich werde draufgehen.«

Jake schwieg.

»Aber das war mir schon immer klar. Meine Mom hat da keine Fragen offengelassen. Ich wusste, wie gefährlich die Sache ist.«

»Hat sie dir echt schon als Kind von der Invasion erzählt?«

Skagen grinste bitter. »Tja, hat sie. In manchen Nächten habe ich kein Auge zubekommen. Wenn es irgendwie gegangen wäre, hätte ich mich vor dem ganzen Scheiß versteckt, den man leichtfertig Schicksal nennt. Aber wie will man vor seinen Genen davonlaufen?« Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin ein verdammter Mutant mit einer Fähigkeit, die mich zum Außenseiter macht.«

»Und jetzt hast du vier weitere Freaks kennengelernt, die ebenso merkwürdige Sachen draufhaben und auf der Flucht sind. Wir alle würden uns am liebsten verkriechen, in unser altes Leben zurückkehren und so tun, als wäre da nichts, aber leider ist das nicht drin. Wie du so schön gesagt hast: Da draußen wartet ein Schicksal auf uns.«

»Du spielst gern den Held, richtig?«

»Ich? Da liegst du so was von falsch. Niemand wäre weniger geeignet für den Job als ich, aber mir bleibt keine Wahl. Die Welt weiß nicht, was auf sie zukommt. Und auch wenn wir vielleicht nicht viel ausrichten können, müssen wir zumindest versuchen, die Aliens aufzuhalten.«

»Was ist mit den anderen?«, fragte Skagen. »Meinst du, sie sind bereit?«

»Blöde Frage. Niemand ist das, wenn man die Situation betrachtet. Fünf Jugendliche gegen eine außerirdische Macht, die über Tausende von Helfern und grenzenlose finanzielle Mittel verfügt und dann noch megakrasse Technologie besitzt …«

»Na, dann sind wir uns ja einig.«

»Wir haben Carl.«

»Ja, den haben wir. Ich traue diesem künstlichen Typ nur nicht.«

»Was sollen wir sonst tun? Er ist der Einzige, der uns einen Vorteil gegenüber unseren Feinden verschafft.«

»Vielleicht gehört er ja zu ihnen?«

»Das ist doch Blödsinn, und das weißt du auch.«

»Okay, ich weiß es tatsächlich, aber ich kann diesen kaltarschigen Typ nicht leiden.«

»Musst du nicht.«

»Dich mag ich auch nicht besonders.«

»Das wird schon«, grinste Jake. Er streckte Skagen die Hand hin. »Bist du dabei?«

Skagen blickte ihn an. »Wenn ich nicht dabei bin, baut ihr eh bloß Mist.«

»So sieht’s aus.«

Skagen schlug ein. »Ich bin mir sicher, dass ich das bereuen werde.«