Pictures of you - Tina Winter - E-Book
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Pictures of you E-Book

Tina Winter

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Beschreibung

BWL-Student Jay interessiert sich nur für zwei Dinge: Fotografie und den nächsten attraktiven Mann in seinem Bett. Beides ahnt sein Vater nicht, der Jay als seinen Nachfolger im Familienunternehmen etablieren möchte. Auf einer Party lernt Jay den verschlossenen Bibliothekar Konstantin kennen und verbringt eine heiße Nacht mit ihm. Mehr kommt für Jay nicht infrage, denn eine Beziehung mit einem Mann ist in seinem Leben nicht vorgesehen. Trotzdem geht ihm Konstantin nicht aus dem Kopf. Während die Anziehung zwischen ihnen immer stärker wird, rückt auch Jays Abschluss näher. Und er muss sich entscheiden, ob er bereit ist, seinem Herzen zu folgen ...

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Pictures of you

Die Autorin

Tina Winter wurde 1985 im Rheinland geboren, lebt aber inzwischen im wunderschönen Münster. Ihrer Leidenschaft für Bücher folgend studierte sie Bibliothekswesen und begann 2016 damit, ihre eigenen Geschichten zu virtuellem Papier zu bringen. In ihren Gay-Romance-Romanen geht es um Männer auf der Suche nach sich selbst, auffallend oft um Kaffee und Topfpflanzen, und natürlich die ganz große Liebe. Mehr Informationen und Updates unter: https://www.instagram.com/tinawinterautorin

Das Buch

BWL-Student Jay interessiert sich nur für zwei Dinge: Fotografie und den nächsten attraktiven Mann in seinem Bett. Beides ahnt sein Vater nicht, der Jay als seinen Nachfolger im Familienunternehmen etablieren möchte. Auf einer Party lernt Jay den verschlossenen Bibliothekar Konstantin kennen und verbringt eine heiße Nacht mit ihm. Mehr kommt für Jay nicht infrage, denn eine Beziehung mit einem Mann ist in seinem Leben nicht vorgesehen. Trotzdem geht ihm Konstantin nicht aus dem Kopf. Während die Anziehung zwischen ihnen immer stärker wird, rückt auch Jays Abschluss näher. Und er muss sich entscheiden, ob er bereit ist, seinem Herzen zu folgen...

Tina Winter

Pictures of you

Liebesroman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinApril 2021 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2021Umschlaggestaltung:zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN: 978-3-95818-626-2

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Epilog

Danke

Leseprobe: Der Weg in dein Herz

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

»Jay? Wo zum Teufel steckst du?«

Die Stimme seines besten Freundes Noah hallte so laut aus dem Smartphone, dass sich mehrere Fahrgäste, die zusammen mit Jay die Straßenbahn verließen, irritiert zu ihm umdrehten. Hastig drehte er die Lautstärke herunter, wischte über den Bildschirm und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Wenn Noah zu Sprachnachrichten griff, war die Lage ernst. Als könnte Jay etwas dafür, dass die Straßenbahn zur Universität so voll gewesen war und ihn seine Mitfahrer entweder halb erdrückten oder auf seine Chats schielten. Trotzdem hätte er schwören können, dass das Handy in seiner Tasche mit jeder Minute zorniger vibriert hatte. Dämliche, unempathische Technik.

Die Ampel sprang auf Grün. Jay schlängelte sich zwischen den anderen Fußgängern hindurch über die Straße, bevor er wieder auf sein Smartphone schaute.

Im Chat mit Noah empfing ihn, wie befürchtet, ein Schwall neuer Nachrichten. Die ersten waren neutral, doch je weiter er nach unten scrollte, desto aufgebrachter wurden sie. Immer mehr Emojis blinkten ihm entgegen. Ein vor Wut rot angelaufenes Gesicht. Ein Totenkopf. Ein Sarg. Und zuletzt die Sprachnachricht. Noah war echt sauer.

Jay stöhnte und tippte eine schnelle Antwort.

Jay, 8:03 Uhr

Krieg dich wieder ein, ich bin unterwegs.

Er sah, dass Noah die Nachricht sofort las und nicht mal eine Sekunde später eine Antwort tippte. Wahrscheinlich die nächste Emoji-Attacke. Oder er fuhr die harten Geschütze auf und schickte ihm ein animiertes GIF, in dem irgendetwas explodierte.

Jay schaltete das Display aus und steckte das Smartphone zurück in seine Hosentasche. Es reichte, wenn Noah gleich persönlich über ihn herfiel, da musste er sich nicht die Diskussion im Chat antun. Was sollte er ihm auch sagen?

Sorry, war spät gestern und nachdem ich den Typen, den ich aus dem Edge mitgenommen habe, endlich losgeworden bin, habe ich vergessen, den Wecker zu stellen. Was aber nicht weiter schlimm war, denn der Kerl stand um kurz vor sieben wieder vor der Tür, weil er seinen verdammten Autoschlüssel neben meinem Bett verloren hat. Oh, und mein Fahrrad ist weg und steht hoffentlich noch vor der Bar, in der wir vorher versackt sind. Denn hey: Don’t drink and drive!

Keine dieser lahmen Ausreden würde Noah davon abhalten, ihm die Schuld zu geben, wenn sie ihren Vortrag vergeigten. Wieso hatte er es noch gleich für eine gute Idee gehalten, nach ein paar Cocktails zu viel noch im Edge auf Männerfang zu gehen, statt zuzusehen, dass er pünktlich aus dem Bett und zu seinem Seminar kam?

Wäre seine Mitbewohnerin Maren jetzt hier, würde sie ihm zweifellos einen Vortrag zum Thema Prioritäten halten. Doch im Gegensatz zu ihm hatte sie es selbstverständlich pünktlich zu ihrer Jura-Vorlesung geschafft.

Jay gähnte und trat unter einem Torbogen hindurch in den Park, auf dessen gegenüberliegender Seite sich die beiden Türme der wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Fakultäten erhoben. So früh am Morgen war er fast allein hier. Das würde sich jedoch spätestens zum Mittag ändern, wenn die Studenten aus den umliegenden Unigebäuden in die Junisonne flohen.

Er schlug den linken der beiden Wege ein, um einem Hundebesitzer auszuweichen, der auf dem anderen in seine Richtung kam. Der ältere Mann hatte seinen vierbeinigen Begleiter zwar angeleint, aber Jay wusste aus leidvoller Erfahrung, wozu die haarigen Biester fähig waren, wenn sie sich provoziert fühlten. Das war ihm die Ausrede, die ihm ein Hundebiss liefern würde, echt nicht wert.

Anders als über der Rasenfläche im Zentrum des Parks hing in diesem Teil noch Nebel, der sanft im Licht der wenigen Sonnenstrahlen glühte, die es auf den Boden schafften.

Jay zögerte kurz, dann verließ er den Weg und wühlte in seiner Umhängetasche, bis er die raue Lederhülle seiner Analogkamera ertastete. Wenn er eine gute Stelle zwischen den Bäumen fand und den richtigen Moment abpasste …

Er sog die Unterlippe zwischen die Zähne. Er brauchte bloß eine Minute. Sechzig lächerliche Sekunden, von denen Noah nie etwas erfahren würde.

Geübt schraubte er den Metalldeckel vom Objektiv und schob ihn in die Hosentasche, während er tiefer in die Schatten unter den Bäumen vordrang. Abgesehen vom Berufsverkehr, der über die nahe Hauptstraße rauschte, war es still und auch seine Schritte waren im feuchten Gras kaum zu hören.

Auf einer kleinen Anhöhe blieb er schließlich stehen. Warmes Licht fiel durch die Blätter, brach sich in unzähligen Wassertropfen und tanzte über dem aufsteigenden Morgennebel.

Jay trat näher an einen tiefhängenden Ast heran, hob die Kamera, drückte den Auslöser und lauschte den vertrauten Geräuschen, mit dem sie die Aufnahme verarbeitete. Dann schob sich eine Wolke vor die Sonne und der Park versank wieder in kühler Dunkelheit.

Zufrieden mit seiner Ausbeute stapfte Jay zurück zum Weg. Er liebte die Anspannung, die durch seinen ganzen Körper kribbelte, wenn er mit der Fingerspitze über den Auslöser fuhr und auf den perfekten Moment wartete. Diesen Bruchteil einer Sekunde, in dem es nur um ihn, das Licht und das Motiv vor seiner Kamera ging, das er für die Ewigkeit festhielt – oder zumindest so lange, wie Filme und Fotopapier durchhielten.

Er erreichte den Kiesweg an einer Biegung kurz vor dem Ausgang. Die Bäume standen hier weiter auseinander und boten Platz für mehrere Parkbänke.

Auf einer davon saß ein weiterer Frühaufsteher in der Morgensonne. Ein Mann, der völlig in ein Buch vertieft war und ihn nicht bemerkte.

Ungeachtet der für heute angekündigten 32 Grad trug er ein langärmliges Hemd und Jeans, die perfekt zu seinen zerwühlten Haaren, dem dünnen Brillengestell und der Lederjacke passten, die hinter ihm über der Lehne hing. Als wäre er gerade von seinem Motorrad gestiegen und auf dem Weg zu seinem Job in einer großen Anwaltskanzlei. Sein Gesicht konnte Jay im Gegenlicht nicht klar erkennen, aber das war auch nicht nötig. Es war das Gesamtbild, das ihn faszinierte.

Normalerweise lichtete er keine Menschen ab. Aber manchmal – so wie jetzt – war die Inspiration stärker als seine Abneigung gegen Porträts.

Er trat näher an die Bank heran, darauf bedacht, auf dem feuchten Gras zu bleiben, damit der Mann ihn nicht hörte. Was fast nicht nötig war, denn was immer er las, fesselte ihn so, dass er nicht einmal aufsah, als der Köter von vorhin lautstark zu bellen begann. Jay reckte den Hals. Der kunstvoll verschnörkelten Schriftart nach zu urteilen, in welcher das Buch gedruckt war, musste es über hundert Jahre alt sein. Ein toller Kontrast zu seinem Leser, den Jay auf höchstens Anfang dreißig schätzte.

Seine Finger kribbelten, als er Blende und Belichtungszeit seiner Kamera überprüfte und sie auf den Mann richtete. Gleichzeitig meldete sich sein schlechtes Gewissen. Statt hier herumzustehen und irgendwelche Typen zu fotografieren, sollte er endlich zu seinem Seminar gehen. Andererseits kannte er sich gut genug, um zu wissen, dass er sich den Rest des Tages ärgern würde, wenn er sich dieses Foto entgehen ließ.

Beweg dich nicht, beweg dich nicht, flüsterte er in Gedanken, ging in die Knie und nahm das Profil des Mannes in den Fokus. Und dreh dich bloß nicht um.

Er hatte den Auslöser schon halb heruntergedrückt, als sich der Mann aufrichtete und nach etwas griff, das Jay von seiner Position aus nicht sehen konnte, bis der Mann es an die Lippen hob. Ein Kaffeebecher. Jay hielt den Atem an und wartete, bereit, die Kamera sofort hinter dem Rücken verschwinden zu lassen und sein unschuldigstes Lächeln aufzusetzen.

Doch der Fremde drehte sich nicht um, sondern stellte den Becher nach ein paar Schlucken wieder ab und versank erneut in seinem Buch.

Perfekt.

Die Kamera klickte laut, aber auch dieses Mal zeigte sein unfreiwilliges Model keine Reaktion. Jay spürte eine absurde Freude in sich aufsteigen – die sich nur eine Sekunde später auflöste, als sein Smartphone losging und die Stimme von Adam Levine die Stille zerriss.

Jay fuhr aus seiner hockenden Position hoch, und auch der Mann auf der Bank zuckte zusammen, bevor er zu ihm herumfuhr und ihn aus blauen Augen musterte.

Eisblau. Jay spürte förmlich, wie sich die Härchen auf seinen Armen aufstellten. Das meinten Maroon 5 also mit ihrem Song.

»Hast du mich fotografiert?«

Die Frage jagte einen weiteren Schauer über Jays Rücken, aber diesmal war er heiß statt kalt. Die Stimme des Unbekannten war das genaue Gegenteil seines Blickes. Dunkel und weich. Wie Kaffee mit einem Schuss Rum.

»Was?«, hauchte er, noch immer starr vor Schreck.

Der Mann deutete mit dem Kinn in seine Richtung. »Die Kamera. Hast du gerade ein Foto von mir gemacht?«

Jay fluchte lautlos, als er endlich begriff, was der Typ meinte. Wieso hatte er die Kamera nicht sofort eingepackt, nachdem er sein Foto geschossen hatte?

»Nein.« Er räusperte sich. »Ich fotografiere … Bäume.«

»Bäume?« Der Mann runzelte die Stirn und drehte sich zu einer Eiche hinter der Parkbank um. »Wieso? Sind die irgendwie besonders?«

»Ist eine seltene Art«, antwortete Jay und biss sich auf die Lippen, als ihm klar wurde, wie bescheuert das klang.

Du könntest ihm etwas über das Licht erzählen, über die Spiegelungen in den Tautropfen oder über die Sonne zwischen den Blättern. Stattdessen erfindest du eine vom Aussterben bedrohte Baumart!

Der Typ musste komplett dämlich sein, ihm das abzukaufen.

Um weiteren peinlichen Antworten seinerseits zuvorzukommen, steckte Jay die Kamera ein und eilte an der Bank vorbei in Richtung Tor. Er spürte, dass der Fremde ihm nachsah, rechnete beinahe damit, dass er ihn aufhielt und die Zerstörung des Films in seiner Kamera verlangte. Doch als Jay verstohlen zurückschaute, saß er noch immer auf der Bank, das Buch umgedreht auf seinen Oberschenkeln. Ansehnliche Oberschenkel. Genau wie der Rest von ihm. Zu schade, dass Jay ihn nur von schräg hinten fotografiert hatte. Aber vielleicht bekam er ja eine weitere Gelegenheit. Der Park war schließlich voller Bäume.

»Verflucht, Jay! Wo warst du so lange?«

Jay ließ sich auf den freien Platz neben Noah fallen, dessen vorwurfsvoller Blick wie eine entsicherte Waffe auf ihn zielte, seit er sich in den Seminarraum geschlichen hatte. Dabei hatte er sich wirklich beeilt, schon allein, falls der Typ aus dem Park doch noch beschlossen hätte, ihn zu verfolgen.

»Hab ich doch vorhin am Telefon gesagt. Was mich übrigens weitere fünf Minuten gekostet hat.«

Noah verschränkte die Arme vor dem bunten Papagei auf seinem T-Shirt. »Darf ich dich daran erinnern, dass wir seit zwanzig Minuten unseren Vortrag halten sollen? Lena und ich haben uns auf dich verlassen!«

Jay sackte auf seinem Stuhl zusammen. So sehr ihn Noahs Nachrichten und Anrufe nervten, er hatte leider recht. Was die Ausreden, die er ihm aufgetischt hatte, noch schlimmer machte. Er hätte diese blöden Fotos nicht machen dürfen, egal, wie sehr die Inspiration an ihm gezerrt hatte.

»Ich weiß. Und es tut mir echt leid.« Er lächelte vorsichtig. »Aber sieh es positiv: Pohl hat nicht von euch verlangt, ohne mich anzufangen.«

»Das ist nicht mein Verdienst«, sagte Noah giftig und wedelte mit der Hand, als versuchte er, ein lästiges Insekt zu vertreiben. »Roman, Deniz und Lukas halten mal wieder den Betrieb auf. Die drei finden ihren Vortrag so wichtig, dass sie nicht mehr warten, sondern ihn unbedingt heute halten wollen.«

Jay schaute zu ihren Kommilitonen, die vorne neben dem Smartboard standen und auf Professor Pohl einredeten. Es verging keine Woche, in der sie ihn nicht in eine sinnlose Diskussion verwickelten. Die drei verbrachten eindeutig zu viel Zeit auf Twitter.

»Es geht doch bloß um die Implementierung verschiedener Managementstrategien.«

»Musst du mir nicht sagen. Aber so, wie Lukas redet, hat er den Heiligen Gral entdeckt.«

»Ja? Was macht er dann noch an der Uni?«

»Uns mit seiner Herrlichkeit beglücken«, schob Nadine, die auf dem Platz hinter Jay saß und ihr Gespräch mitangehört hatte, sarkastisch ein. »Ob wir wollen oder nicht.«

Jay schüttelte sich. Lukas war einer der letzten Kerle, von dem er sich beglücken lassen wollte, ganz egal womit.

Auch Noah kräuselte angewidert die Lippen und drehte sich anklagend zu Nadine um. »Dank dir werde ich heute Nacht von Lukasʼ Herrlichkeit träumen.«

Sie warf ihm ein Luftküsschen zu. »Stets zu Diensten.«

Jay ließ die beiden streiten und nutzte die Gelegenheit, um den USB-Stick mit ihrer Präsentation und die Ausdrucke für ihre Kommilitonen auszupacken. Dabei warf er einen vorsichtigen Blick nach vorne. Mit etwas Glück hatte Pohl seine Verspätung nicht bemerkt.

Anders als sein bester Freund, der sich just in diesem Moment daran zu erinnern schien, dass er sauer auf ihn war und ihn finster musterte. »Und was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?«

»Dass ich dich liebe und es nie wieder tun werde?«

»Versuchs nochmal, sagte Noah und beobachtete ihn skeptisch, als er in seine Tasche griff und die Flasche Mate-Tee herauszog, die er vorhin noch schnell in der Cafeteria besorgt hatte.

»Ich wäre dir dankbar, wenn du sie nicht über mir auskippst«, sagte Jay, als ihm Noah die Flasche mit seinem Lieblingsgetränk förmlich aus der Hand riss. »Ich habe heute schon geduscht.«

Noah schraubte den Deckel auf und seufzte glücklich, bevor er die halbe Flasche leerte, ohne einmal abzusetzen. »Würde ich nie tun.«

»Zumindest nicht mit Mate, was?«, konterte Jay erleichtert. Wie es aussah, hatte sein Bestechungsversuch funktioniert.

Noah stellte die Flasche auf den Tisch und sah ihn an. Das unheilvolle Grinsen, das sich dabei auf sein Gesicht schlich, gefiel Jay gar nicht.

»Übrigens haben Lena und ich einstimmig beschlossen, dass du den Hauptteil unserer Präsentation übernimmst.«

So viel zum Thema Bestechung …

Jay schlug die Mappe mit seinen Seminarunterlagen auf und starrte auf die eng bedruckten Seiten. Seinen Teil ihres Vortrags kannte er gut genug, um ihn problemlos halten zu können. Die von Noah und Lena hatte er dagegen nur überflogen, als er sie am Samstag in die Präsentation eingefügt hatte.

»Meinst du, Pohl lässt das durchgehen?«, fragte er und versuchte, sich seine Hoffnung, dass ihr Professor es nicht tat, nicht anmerken zu lassen. »Immerhin ist es eine Gruppenarbeit.«

»Dann musst du eben so überzeugend sein, dass er gar nicht auf die Idee kommt, dich zu unterbrechen.« Noah lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »An deiner Stelle würde ich anfangen, mich vorzubereiten.«

Jay schluckte die Antwort, die ihm auf der Zunge lag, herunter und blätterte zum Anfang ihres Vortrags zurück. Die Strafe hatte er wohl verdient.

Vorne gelang es Pohl endlich, Lukas’ Redefluss zu unterbrechen. Was nur ein halber Sieg war, denn da er und seine Gruppe vorne stehenblieben, hatten sie ihren Professor wohl überzeugt.

»Wenn ich Sie dann bitten dürfte, zu beginnen«, sagte Pohl und kehrte zu seinem Platz neben dem Fenster zurück. »Hier sind schließlich noch ein paar andere, die gerne ihre Studienleistung erbringen würden.«

Das ließ sich Lukas nicht zweimal sagen und nahm triumphierend seine Notizen von einem Tisch in der ersten Reihe, während Deniz den USB-Stick einsteckte und ihren Vortrag aufrief.

»Übrigens weiß ich, warum du heute Morgen so schwer aus dem Bett gekommen bist«, murmelte Noah neben ihm.

Jay ahnte, was jetzt kam. »Und woher?«

»Ich habe Maren vorhin in der Cafeteria getroffen. Sie meinte, du hättest eine heftige Nacht hinter dir.« Noah wackelte anzüglich mit den Brauen. »Ich hatte mich schon gewundert, wohin du gestern so plötzlich verschwunden bist.«

Jay stöhnte und wandte sich ihrem Vortrag zu, um demonstrativ zwei Zeilen zu unterstreichen. Was immer dort stand, war sicher wichtig.

»Es klang wilder, als es war.« Bedauerlicherweise, denn sein Flirt aus dem Edge hatte ihn mit seinen übertriebenen Lustschreien nicht nur Nerven, sondern auch einen Großteil seiner Erregung gekostet. »Allenfalls eine 3,5.«

»Autsch.« Noah griff wieder nach der Flasche und prostete ihm zu. »Ich weiß, ich sag dir das nicht zum ersten Mal, aber du bist einfach zu anspruchsvoll. Du findest an jedem Mann etwas, das dir nicht passt, damit er bloß nicht länger als eine Nacht bleibt.«

Jay blätterte durch die Mappe, um sich vor einer Antwort zu drücken. Was konnte er denn dafür, dass die Männer, die er traf, nur fürs Bett taugten? Sicher, der eine oder andere war ganz nett gewesen. Aber mal ehrlich: Er und eine Beziehung? Allein der Gedanke war absurd. Nicht umsonst hatte er heute Morgen fast einen Herzinfarkt bekommen, als er die Stimme des Kerls aus der Gegensprechanlage gehört hatte.

Nein, er war nun wirklich nicht der Typ dafür. Und mehr als die paar Stunden, in denen er sich einbilden konnte, er wäre normal und keine Enttäuschung auf zwei Beinen, würde er ohnehin nicht bekommen.

»Er war eben nicht mein Typ«, meinte er trotzig.

»Und was ist dein Typ? Außer schwul, sexy und partytauglich?«

Jay grinste. »Beschreibst du dich gerade selbst?«

»Vielleicht«, gestand Noah und strich sich die blonden Locken aus der Stirn. »Aber wie du weißt, ist dieser Kandidat vergeben.«

Und wie Jay das wusste. Noah ließ schließlich keine Gelegenheit aus, jedem sein Liebesglück mit Takeo unter die Nase zu reiben.

Er sah, dass sein Freund noch mehr sagen wollte, aber ein mahnendes Räuspern von Pohl brachte ihn zum Verstummen.

Zum Glück, dachte Jay. Es war definitiv zu früh am Morgen für Diskussionen über seinen Beziehungsstatus.

In der nächsten halben Stunde versuchte er, sich auf den Vortrag vorzubereiten, doch seine Aufmerksamkeit wanderte immer wieder zu den hohen Fenstern. Die Sonne hatte den Nebel inzwischen vertrieben und er spürte die Wärme auf seinen nackten Armen. Wie das Licht wohl jetzt durch die Blätter fiel? Oder auf die Seiten eines alten Buchs?

Jay schüttelte den Kopf, unterstrich den nächsten Absatz und schrieb eine Anmerkung daneben. An dieser Stelle musste er nachher einen Bezug zum Anfang des Vortrags herstellen, um den Widerspruch zu ihrer These zu verdeutlichen.

Ob der Mann mit den eisigen Augen morgen wieder in den Park kam? Wie ein Student hatte er eigentlich nicht ausgesehen. Vielleicht ein wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dafür sprach der uralte Schinken in seiner Hand. So etwas las ja niemand freiwillig, oder?

Noah stieß ihn an und holte ihn unsanft ins Seminar zurück. Es war still geworden. Roman, Lukas und Deniz standen noch vorne, hatten ihren Vortrag aber offenbar beendet. Und Jay hatte so gut wie nichts mitbekommen.

»Kommen wir zur nächsten Gruppe«, sagte Pohl nach einer kurzen Fragerunde, bei der sich – wie üblich – nur Leonie meldete. »Peters, Siewert und …« Er sah von seinem Tablet auf. »Hersfeld. Sie sind zu spät gekommen.«

Jay zog den Kopf zwischen die Schultern. Sein Professor hatte es also doch bemerkt. »Ich weiß. Die Straßenbahn ist ausgefallen.«

»Warum haben Sie keine frühere genommen? Sie wissen, wie das hier läuft.«

»Ja«, murmelte Jay. Wer nicht pünktlich kam, flog wegen Mangels an Disziplin aus dem Seminar und musste es im nächsten Semester wiederholen.

Pohl betrachtete ihn einen Moment lang. Dann winkte er ab. »Sofern mich Ihr Vortrag überzeugt, würde ich ausnahmsweise darüber hinwegsehen.«

Jay nickte und folgte Noah und Lena nach vorne. Bei jedem Schritt spürte er die Blicke seiner Kommilitonen wie Messerstiche in seinem Rücken. Jay Hersfeld, der mal wieder eine Sonderbehandlung bekam. Dem man auf dem Silbertablett servierte, wofür andere hart arbeiten mussten.

Jay Hersfeld, der dieses verfluchte Silbertablett am liebsten von sich schleudern und ein völlig anderes Leben führen würde.

»Gibt es weitere Fragen?« Jay schaute in die Runde, aber nach Leonies Hand, die gleich zweimal in die Höhe geschossen war, hob sich keine mehr. Zum Glück, denn wenn er Pohls gönnerhafte Art noch eine Minute länger ertragen musste, würde er schreien. »Okay, danke fürs Zuhören.«

»Das war super«, flüsterte Noah, als sie wieder auf ihre Stühle sanken. »Cool, dass du die Diskussion übernommen hast. Ich kriege immer eine halbe Panikattacke, wenn Pohl mich anspricht.«

Damit bist du nicht allein, dachte Jay und schaute zu ihrem Professor, der sich ein paar Notizen auf seinem Tablet machte. Zumindest, wenn ein Teil seiner Antworten so dürftig ausfiel wie dieses Mal. Hoffentlich zog ihm Pohl für diese schwache Leistung nicht zu viele Punkte ab. Nicht, dass Jay auf die Credit-Points angewiesen wäre, denn er hatte auch in diesem Semester wieder alles belegt, was sich zeitlich in einen Stundenplan quetschen ließ. Aber seine Noten sackten schon seit einem Jahr ab. Und wenn das erst bei seinem Vater ankam, waren Pohls berüchtigte Nachfragen sein kleinstes Problem.

»Das war ich euch schuldig«, antwortete er achselzuckend und packte seine Sachen ein, als Pohl die Sitzung nach einer kurzen Zusammenfassung beendete. »Ich geh mir einen Kaffee holen. Kommst du mit?«

Noah nickte und deutete auf seine leere Flasche. »Ich brauche Nachschub.«

»Herr Hersfeld«, hielt ihn Professor Pohl zurück. »Haben Sie einen Moment?«

»Doch noch kein Entkommen, was?«, murmelte Noah neben ihm.

Jay ignorierte den Kommentar und nahm seine Tasche. »Ich schau mal, was er will. Wartest du draußen?«

Noah stopfte seine Unterlagen in den Rucksack, der trotz Marens letzter Lektion in Sachen Selbstorganisation so voll war, dass Jay sich fragte, wie er sie in diesem Chaos wiederfinden wollte. »Klar.«

Als er an Pohls Tisch trat, hatte sich eine Traube von Studenten um den Professor gebildet. Auch Roman, Lukas und Deniz waren dabei, um sich das Feedback zu ihrem Referat abzuholen.

Jay blieb hinter seinen Kommilitonen stehen und fummelte am Riemen seiner Tasche herum, um die Anspannung loszuwerden, die sich in ihm ausbreitete. Er hatte zwar schon genug Scheine gesammelt. Aber das bedeutete nicht, dass ihm das Seminar egal war. Oder vielmehr egal sein durfte.

»Hersfeld, da sind Sie ja«, begrüßte Pohl ihn, als sie endlich allein waren.

Jays höfliches Lächeln geriet ins Wanken. Er hasste es, wenn man ihn mit seinem Nachnamen ansprach. »Bitte entschuldigen Sie die Verspätung. Das war keine Absicht.«

Pohl schob seine Entschuldigung mit einer Handbewegung beiseite. »Sorgen Sie einfach dafür, dass es nicht nochmal passiert. Und bereiten Sie sich beim nächsten Mal gründlicher vor. Der Vortrag Ihrer Gruppe hatte einige Lücken.« Er wischte über sein Tablet. »Aber eigentlich wollte ich mit Ihnen über Ihre Seminararbeit sprechen.«

Jays Schultern spannten sich an. »Jetzt schon?« Er hatte sie doch erst letzte Woche abgeschickt, weit vor der Abgabefrist.

Der Professor nickte. »Ich habe sie noch nicht abschließend benotet, aber ich muss sagen, dass ich schon überzeugendere Arbeiten von Ihnen gelesen habe. Dabei müsste das Ihr Thema sein. Wo doch Ihr Vater im letzten Jahr einige Vorträge dazu gehalten hat, wie er solche Prozesse in Ihrem Unternehmen umgesetzt hat.« Er lehnte sich vertraulich nach vorne. »Gibt es irgendwelche privaten Probleme, über die Sie gerne sprechen möchten?«

Jay hatte Mühe, die Wut zu unterdrücken, die in ihm hochstieg. Typisch. Wenn andere Studenten Probleme hatten, interessierte das Pohl einen Dreck. Aber wenn er eine mittelmäßige Leistung erbrachte, wollte er gleich über seine privaten Probleme reden. Es konnte schließlich nicht sein, dass er, Sohn des stadtbekannten Unternehmers Andreas Hersfeld, versagte. Er, dem Erfolg und Geschäftssinn ja quasi in die Wiege gelegt worden waren. Schrieb zumindest die Lokalpresse, wenn sie seinem Vater mal wieder Honig ums Maul schmierte.

Dass Jay sein Studium hasste und jeder Tag eine verdammte Qual für ihn war, interessierte niemanden.

»Nein, alles gut.«

Er sah dem Dozenten die Zweifel an seiner Antwort an und hatte für einen kurzen Moment fast ein schlechtes Gewissen, ihn anzulügen. Denn eigentlich mochte er Pohls Vorlesungen und Seminare. Was er dagegen hasste, war die Art, wie der Mann ihn jetzt ansah. Wie ihn jeder ansah, der nur seinen Nachnamen sah. Wahrscheinlich wusste Pohl gar nicht, dass er auch einen Vornamen hatte, geschweige denn, wie der lautete. Nicht, dass Jay großen Wert darauf legte, so angesprochen zu werden, denn er hasste seinen echten Vornamen noch mehr als seinen Nachnamen und benutzte ihn schon seit Jahren nicht mehr. Aber immerhin hätte er so wenigstens einmal das Gefühl gehabt, eine eigenständige Person und kein billiges Abziehbild seines Vaters zu sein.

»Darf ich jetzt gehen?«

Pohl legte das Tablet neben sich auf den Tisch und nickte. »Aber falls Sie es sich anders überlegen«, rief er ihm hinterher, als Jay schon fast an der Tür war, »ich bin hier.«

Noah wartete im Foyer auf ihn. »Und? Was wollte Pohl von dir?«

Jay drängte die Wut über Pohls neugierige Fragen beiseite. »Es ging um meine Seminararbeit.«

Sein bester Freund verzog das Gesicht. »Du bist ein Streber, weißt du das? Ich habe noch nicht mal angefangen, über ein Thema nachzudenken.«

»Ich hatte eben keine Lust, mir damit die Ferien zu versauen.«

»Sag ich ja«, wiederholte Noah mit Nachdruck. »Streber! Dabei hättest du das gar nicht nötig, bei deinen Noten.«

»Die könntest du auch haben«, erklang Marens Stimme hinter ihnen. »Wenn du endlich auf mich hören und mehr für dein Studium tun würdest.«

Noah zuckte zusammen, als Maren zwischen sie trat und Jay kurz umarmte. Sie fragte nicht, was Pohl von ihm gewollt hatte. Denn im Gegensatz zu Noah war ihr klar, dass der ihn nicht zu sich zitiert hatte, um ihm zu einer weiteren Eins zu gratulieren. Weshalb Jay sich heute Abend in der WG sicher wieder die Frage anhören durfte, wieso er ihr die Arbeit nicht zum Korrekturlesen gegeben hatte.

»Nö«, konterte Noah mit einem Achselzucken. »Hab Wichtigeres zu tun.«

Maren strich sich eine rote Locke hinters Ohr. »Etwa, ein paar Typen dabei zuzusehen, wie sie gegen Zombies, Vampire und fliegende Haie kämpfen? Die Gehirnzellen, die bei diesen Filmen draufgehen, könntest du sinnvoller investieren.«

Jay lachte. Er kannte Noahs Liebe zu Trashfilmen nur zu gut, beglückte er ihn doch regelmäßig mit seinen neuesten Errungenschaften. Die meisten waren nur betrunken zu ertragen. Aber ein paar hatte Jay überraschend witzig gefunden. Den mit den menschenfressenden Bibern zum Beispiel.

»Ist ja gut«, motzte Noah. »Und wenn ich stattdessen mit meinem Freund vögele? Ich habe mal gelesen, das soll die Intelligenz fördern.«

Maren starrte ihn an. »Du findest Sex also wichtiger als einen guten Abschluss?«

Jay trat einen Schritt zurück und zog sein Smartphone hervor, um nachzusehen, ob es schon Zeit für die nächste Veranstaltung war. Wenn eine Diskussion zwischen Überfliegerin Maren und dem notorischen Faulpelz Noah eskalierte, wollte er lieber nicht in der Nähe sein. Nicht schon wieder.

»Nein, natürlich nicht«, sagte Noah honigsüß. »Nichts ist wichtiger als das Studium.«

»Absolut richtig«, bestätigte Maren, zufrieden, ihn ein weiteres Mal bekehrt zu haben. Selbst wenn es nur bis zur nächsten Vorlesung hielt. »Stimmt’s, Jay?«

»Klar«, sagte Jay sofort. Weil es das war, was er antworten sollte.

Mit dem Vortrag bei Pohl konnte er einen weiteren Punkt auf seiner Liste abhaken. Blieben zwei Klausuren und der Abschlussbericht seines Projekts bei Doris Weber, einer Schulfreundin seines Vaters, die in diesem Semester als Gastdozentin ein paar Veranstaltungen anbot. Und sofern sich danach nichts Neues ergab, würde er im Winter seine Masterarbeit schreiben und sein Studium abschließen.

Bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Dabei hatte er keinen Grund, nervös zu sein. Sein Vater würde schon das perfekte Thema für ihn aussuchen und dafür sorgen, dass er ein ebenso perfektes Ergebnis ablieferte. Und war es nicht genau das, worauf er seit seinem ersten Schultag hinarbeitete?

Streber, hallte Noahs Stimme in ihm nach. Und Jay hasste es, das zuzugeben, doch der Kommentar nagte an ihm. Genau wie der Teil seiner Antwort, den er zwar gedacht, aber nicht ausgesprochen hatte.

Natürlich wollte er sich die Semesterferien für ausgedehnte Touren mit der Kamera und die anschließende Arbeit im Labor seines Kumpels Nico, der ein Fotostudio in der Stadt besaß und dem er dafür im Gegenzug gelegentlich aushalf, freihalten. Aber er wollte das Seminar auch einfach abhaken, genau wie all die anderen Aufgaben, die in den letzten Jahren sein Leben bestimmt hatten, und die viel zu hohen Erwartungen, die wie Steine an seinen Füßen hingen und ihn unaufhörlich in die Tiefe zu ziehen schienen. Deswegen mühte er sich so ab, strampelte weiter, auch wenn das Gewicht, das an ihm zerrte, einfach nicht kleiner wurde. Als wären hier, im Sumpf seiner Verpflichtungen, sämtliche Naturgesetze außer Kraft gesetzt.

»Was ist denn heute los mit dir?«, fragte Noah auf dem Weg zum großen Vorlesungssaal.

Jay stöhnte. Hatten Pohl und Noah sich abgesprochen? »Gar nichts, wieso?«

Noah legte einen Arm um ihn. »Weil du schon den ganzen Vormittag so abwesend bist. Du hast doch sonst kein Problem damit, sonntags feiern zu gehen.«

Sie kamen an einer Gruppe Studentinnen vorbei und Jay reckte neidisch den Hals in Richtung der unverkennbaren Milchschaumhaube auf dem Chocochino, den eine von ihnen in der Hand hielt. Die göttliche Mischung aus Kaffee und Schokolade wäre genau das, was er jetzt brauchte.

»Ist schlechte Laune neuerdings verboten?«, fragte er und versuchte vergeblich, Noah von sich zu schieben. Für seine schmale Statur hatte er erstaunlich viel Kraft.

»Natürlich nicht. Aber ich bin dein bester Freund. Und wenn du ein Problem hast, kommst du zu mir, okay?«

»Hm«, meinte Jay ausweichend. Er würde das nicht tun. Wieso auch? Er kapierte ja selbst nicht, was mit ihm los war. Falls da überhaupt etwas war. Wahrscheinlich war er nur nervös und melancholisch, weil sich diese Phase seines Lebens dem Ende zuneigte. Und so ging es schließlich allen, oder?

Als sie nach der Vorlesung aus dem Gebäude traten, stand die Sonne hoch am Himmel und brachte die Luft über dem staubigen Platz zum Flirren.

Noah öffnete seinen Rucksack und kramte geschlagene zwei Minuten nach seiner Sonnenbrille, bis er aufgab. »Heute Nachmittag mach ich blau«, verkündete er. »Bei der Hitze kann ich nicht denken.«

Jay grinste. Dasselbe hatte er letzte Woche gesagt. Und in der Woche davor. »Lass das bloß nicht Maren hören.«

Die Warnung entlockte Noah ein müdes Achselzucken. »Was Maren nicht weiß …«

 … würde sie trotzdem erfahren. Noah war schließlich noch nie gut darin gewesen, etwas für sich zu behalten.

Sie erreichten den Park und Jay erwischte sich dabei, nach der Bank Ausschau zu halten, auf der er heute Morgen den Mann mit dem Buch entdeckt hatte. Doch statt ihm saßen jetzt ein paar Studenten darauf, die über irgendetwas auf ihren Smartphones lachten.

Jay ließ den Kopf hängen und wunderte sich in der nächsten Sekunde über sich selbst. Hatte er ernsthaft erwartet, dass der Kerl den ganzen Tag hier sitzen würde?

Ja, gestand er sich widerwillig ein. Denn mit den eisblauen Augen und dem Dreitagebart war der hübsche Unbekannte nicht nur ein faszinierendes Motiv, sondern auch Jays Typ gewesen. Andererseits hatte er sich bei ihrem kurzen Gespräch so dämlich angestellt, dass dem Mann sicher jede Lust auf ihn vergangen war.

Sie hatten die Haltestelle auf der anderen Seite des Parks fast erreicht, als sich Jays Smartphone meldete. Er schaute aufs Display. Und fürchtete im nächsten Moment, sich hier und jetzt übergeben zu müssen.

Auch das noch …

Die Mail seines Vaters war nur kurz, aber das kannte Jay nicht anders. Er hielt sich nie mit Nettigkeiten auf, sondern kam gleich zum Punkt, egal, ob er einem Geschäftspartner oder seinem einzigen Sohn schrieb.

Schweiß sammelte sich unter Jays Handflächen, während er die knappen Fragen zu Beginn der Nachricht überflog. Wie er mit seinem Studienprojekt vorankam. Ob er das Interview mit seinem Vater in der Lokalzeitung gelesen hatte. Was er über ein weiteres Praktikum in den Semesterferien dachte. Doch es war der Teil darunter, der Jays Aufmerksamkeit auf sich zog. Der Teil, in dem sein Vater schrieb, dass er ihn kurzfristig zu Hause erwartete.

Um wichtige Entscheidungen zu besprechen, die ich hinsichtlich deines Einstiegs in die Firma getroffen habe.

Jays Kehle zog sich zusammen. Er war seit Monaten nicht mehr zu Hause gewesen. Nicht, weil er es nicht wollte. Er vermisste seine Familie, vor allem seine Oma. Trotzdem hatte er sie zuletzt immer öfter vertröstet.

Sein Vater beendete die Mail mit einer Auswahl an Terminen, zu denen er Zeit für ihn hatte. Ein Termin für seinen eigenen Sohn. Jay hätte gerne behauptet, dass ihm das nach all den Jahren nichts mehr ausmachte. Aber es tat immer noch weh.

Gib mir Bescheid, wann du kommst.

Jay schloss die Mail und steckte grob das Handy weg. Wieso sagte ihm sein Vater nicht einfach, was er von ihm wollte, und zitierte ihn stattdessen wie einen Angestellten zum Vierteljahresgespräch zu sich?

»Alles okay?«, fragte Noah neben ihm vorsichtig.

»Klar«, behauptete Jay. Er hatte nicht die geringste Lust, darüber zu reden. Zumindest nicht jetzt. »Aber sag mal, was hältst du von einem Abstecher zum Rhein?«

Noah musterte ihn zweifelnd. »Was hast du im Sinn?«

»Egal.« Solange es ihn nur davon abhielt, darüber nachzudenken, was sein Vater jetzt schon wieder mit ihm vorhatte. »Zur Altstadt?«

Und solange es ihm half, den miesen Gedanken loszuwerden, dass ihm das bisschen Freiheit, das er sich in den letzten Jahren erkämpft hatte, wie Sand durch die Finger rann, ohne dass er es aufhalten konnte.

Kapitel 2

»Einmal Bikini Island. Macht 5,90.«

Jay zog einen Schein hervor und tauschte ihn gegen den Plastikbecher, den ihm die junge Frau mit den hellrosa gefärbten Haaren über die Holztheke reichte. Der Cocktail war eiskalt und roch nach Grapefruit und Limetten. Genau wie die klebrigen Münzen, die sie ihm als Wechselgeld zurückgab.

Leicht angewidert steckte Jay es ein und schob sich an einem wartenden Pärchen vorbei zum Rand der Strandbar. Noch auf dem Weg probierte er einen ersten Schluck.

Fast hätte er ihn umgehend wieder ausgespuckt. Das Gemisch aus billigem Wodka und Fruchtsaft breitete sich derart sauer in seinem Mund aus, dass er spüren konnte, wie sich seine Gesichtshaut zusammenzog. Diese Insel würde er definitiv meiden. Zum Glück hatte er ohnehin nichts für Bikinis übrig.

Es war nicht sein erster Cocktail an diesem Abend, aber die ablenkende Wirkung, die er sich von dem Alkohol erhofft hatte, blieb bislang aus. Im Gegenteil, er hatte sogar den Eindruck, dass die drängenden Fragen, was sein Vater von ihm wollte und wie er das Ende seines Studiums weiter hinauszögern könnte, nur lauter wurden.

Seufzend angelte er sein Smartphone aus der Gesäßtasche. In den letzten zwei Tagen hatte er die Mail seines Vaters oft genug gelesen, um sie auswendig zu kennen. Trotzdem rief er sein Postfach auf und überflog die Zeilen erneut, erfüllt von der sinnlosen Hoffnung, diesmal eine Erklärung zu entdecken, die ihm bisher entgangen war. Doch der Text blieb derselbe.

Jay atmete tief durch. Rational betrachtet hatte er keinen Grund, sich verrückt zu machen. Wenn sein Vater für ihn einen ähnlichen Einstieg plante, wie ihn seinerzeit sein Opa für seinen Sohn vorgesehen hatte, würde er in der Fertigung starten und sich über die technische Abteilung und die Verwaltung nach oben arbeiten. Mit Abstechern in den Außendienst, das Lager und die Marketingabteilung.

Nichts davon wäre neu für ihn, denn es gab viele Mitarbeiter, die Jay von klein auf kannte. Trotzdem wünschte er sich, sein Vater hätte ihm etwas gegeben, an dem er sich festhalten konnte. Irgendetwas gegen dieses seltsame Gefühl, in der Mitte eines Raums zu stehen, in dem ihn jeder anstarrte, sich aber niemand dafür interessierte, was er eigentlich wollte.

Obwohl er das, wenn er genauer darüber nachdachte, selbst nicht sagen konnte …

»Hey, hast du mich vergessen?«

Jay steckte das Smartphone weg und drehte sich zu Maren um. Die Sonne brachte ihr rotes Haar zum Leuchten und ihr langes Kleid wallte wie eine bunte Wolke um ihre Beine, als sie über die Wiese zu ihm kam. Schlagartig erinnerte er sich wieder. Er hatte ihr einen Cocktail mitbringen wollen. Ihr und … wem nochmal? Jay schaute zu ihren Freunden, die ihre Decken am Rand der Rheinwiese ausgebreitet hatten. War es Pia gewesen? Oder der dunkelhaarige Kerl neben ihr?

»Sorry … Was wolltest du nochmal?«

»Virgin Colada. Aber wie es aussieht, muss Frau sich wieder selbst helfen.«

Sie ging weiter zur Strandbar und kehrte keine Minute später mit einem Becher zurück, aus dem es verführerisch nach Kokos duftete.

»Wie hast du das gemacht?«, fragte Jay überrascht und sah an ihr vorbei zu den Schlangen, die sich kaum bewegt hatten. »Ich habe über zehn Minuten gewartet.«

Maren schnappte sich eine ihrer roten Locken und wickelte sie verführerisch um ihren Zeigefinger. »Du hast eben nicht meinen Charme.«

Jay grinste. Klang so, als hätte sie einen schockverliebten Kerl um sein Getränk gebracht.

»Gehst du zurück zu den anderen?«

»Später. Vorher wollte ich mit dir reden.«

Jay wich ihrem Blick aus, trank von seinem Cocktail und konzentrierte sich auf den Geschmack in seinem Mund. Falls er den überhaupt noch richtig wahrnahm, so, wie seine Zunge mittlerweile brannte.

»Du bist schon seit Tagen so mies drauf«, begann sie schließlich. »Ist was passiert?«

»Nein, nichts.«

Er musste sie nicht ansehen, um zu merken, dass sie ihm nicht glaubte. Nach bald fünf Jahren, die sie schon zusammenwohnten, kannte Maren ihn besser, als ihm lieb war.

»Und was ist mit dieser Nachricht, die du pausenlos liest?«

Jay seufzte. Er wollte nicht darüber reden. Aber auch er kannte Maren inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie nicht lockerlassen würde.

»Eine Mail. Von meinem Vater.«

»Okay.« Maren zupfte ein Stück Ananas von dem Holzspieß in ihrem Becher und schob es in den Mund. »Und was will er?«

»Dass ich am Wochenende nach Hause komme.«

Sie nickte und rührte mit dem Strohhalm in ihrem Cocktail. Jay beobachtete sie neidisch. Wieso hatte er sich nur für diese dämlicheBikini-Insel entschieden?

»Ist doch super. Dann kannst du endlich mit ihm reden.«

»Und worüber?«

»Zum Beispiel darüber, dass du dein Studium hasst und nicht für ihn arbeiten willst.«

»Geniale Idee«, erwiderte Jay bitter. Bei ihr hörte sich das so einfach an. Aber sie kannte seinen Vater nicht. »Und wenn ich schon dabei bin, erzähle ich ihm auch gleich, dass ich Sex mit Männern habe. Er wird sich vor Begeisterung überschlagen.«

»Kein Grund, gleich zynisch zu werden«, sagte Maren beleidigt und hob den Strohhalm in seine Richtung. »Aber irgendwann musst du mit ihm reden, Jay.«

»Da gibt es nichts zu reden. Es ist alles in bester Ordnung.«

Jay erwartete weiteren Protest, stattdessen musterte Maren ihn, als würde sie nach etwas suchen. Er konnte nicht sagen, ob sie es fand.

»Ich gehe wieder zu den anderen«, sagte sie schließlich. »Kommst du mit?«

Jay deutete Richtung Bar. »Erstmal hole ich mir was anderes zu trinken. Dieser Cocktail ist furchtbar.«

Sie legte eine Hand auf seinen Unterarm. »Du weißt, dass ich es nicht böse meine, oder?«

»Klar.«

Jay sah ihr nach. Natürlich meinte Maren es gut. Trotzdem halfen ihm ihre Ratschläge nicht weiter. Weil sie nicht wusste, wie es war, einen Teil seiner Persönlichkeit vor seiner Familie verstecken zu müssen. Sie verstand nicht, wie sich das anfühlte. Und egal, was sie sagte, am Ende war er allein damit.

Er leerte seinen Becher über der Wiese aus und ging zurück zur Bar. Mit einem Mal war er wütend auf sich selbst. Das hier war eine Strandparty, verdammt! Er sollte tanzen, lachen und sich den knackigen Hintern eines Studenten für die Nacht besorgen. Stattdessen stand er wie ein alter Mann am Rand der Menge, betrank sich mit miesen Cocktails und badete in Selbstmitleid.

Aber das hatte jetzt ein Ende! Er würde sich von einer beschissenen Mail nicht den Abend verderben lassen. Es dauerte schließlich noch mindestens ein halbes Jahr, bis sein Studium vorbei war. Und er würde die Zeit bis dahin in vollen Zügen genießen.

Eine Viertelstunde später überquerte er mit der alkoholischen Variante von Marens Cocktail in der Hand die Wiese bis zur Promenade, auf der sich Partygäste auf Liegestühlen in der Abendsonne räkelten. Ihre Gespräche mischten sich mit den langsamen Klängen, die sich aus einem halben Dutzend Boxen über sie ergossen. Die Musik war zu langsam zum Tanzen, trotzdem bewegten sich einige in Paaren oder kleinen Gruppen zu den Elektrotracks.

Jay erreichte das Geländer, hinter dem das Wasser in einem Meter Tiefe gegen die Betonmauer klatschte, lehnte sich an das warme Metall und ließ den Blick über die Menge schweifen. Unter den Tänzern entdeckte er Mark, ein weiteres Date aus dem Edge, mit dem er letztes Wochenende im Bett gewesen war. Mark nickte ihm zu, bevor er die Arme um einen dünnen Jungen schlang, der kaum älter als achtzehn aussah. Jay grinste. Der Sex mit Mark war gut gewesen. Und eindeutig leiser als mit dem Kerl von Sonntag. Jay hätte ihn vielleicht sogar nochmal mitgenommen, wäre da nicht seine eiserne Regel für Sexdates gewesen, die besagte, den Begriff One-Night-Stand wörtlich zu nehmen. Vielleicht entging ihm damit eine weitere heiße Nacht. Andererseits ersparte er sich den ganzen Ärger, der zwangsläufig folgen würde, sobald er sich auf mehr einließ.

Als sein Smartphone vibrierte, fuhr Jay zusammen. Er fluchte lautlos. Seit Montag passierte ihm das ständig.

Bleib locker. Er kann es nicht sein. Nicht um diese Uhrzeit.

Er schaute auf das Display und atmete erleichtert aus. Noah.

Noah, 21:18 Uhr

Sind angekommen. Wo bist du?

Dem Satz folgten Emojis mit Sonnenbrille, ein Cocktailglas und eine Palme. Jay sah sich um und entdeckte Noah am anderen Ende der Promenade. Doch es war jemand anderes, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Jay brauchte einen Moment, um den Mann zu erkennen, der mit Noah zusammen über die Wiese kam. Dabei war ihre erste Begegnung gerade mal zwei Tage her. Hitze stieg in ihm hoch. Es war sein unfreiwilliges Model aus dem Park.

Er winkte Noah zu und nippte an seiner Piña Colada, während er auf die beiden wartete. Ob sich der Typ noch an ihn erinnerte? Und woher kannte Noah ihn?

»Wieso stehst du hier allein herum?«, fragte Noah, als er sich endlich zwischen den Liegestühlen hindurch zu ihm gekämpft hatte. »Ich habe dich längst halbnackt auf der Tanzfläche erwartet.«

Als ob.

»Das ist eher dein Ding, oder?«, schoss Jay zurück und sah prompt wieder vor sich, wie sich sein bester Freund nur in Shorts und über und über mit Glitzerpuder bedeckt auf dem Boden des Edge räkelte. Es war der beste CSD aller Zeiten gewesen.

Noah verdrehte die Augen. »Nur das eine Mal.«

Jay lachte. »Wir können das gerne wiederholen. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich komme von der Bar.« Er schaute zu Noahs Begleiter, der ihn aufmerksam musterte. Hatte er ihn wiedererkannt oder war er nur neugierig?

»Das ist Konstantin«, stellte Noah ihn schließlich vor. »Wir haben in Hamburg in der gleichen Straße gewohnt und sind zusammen zur Schule gegangen. Er ist vor zwei Wochen hergezogen und kennt noch niemanden. Ich wollte ihm ein paar Leute vorstellen.«

Jay nickte. Konstantin also. Schöner Name. Klassisch, aber irgendwie passte er zu dem Foto, das er im Park von ihm gemacht hatte.

Er streckte Konstantin die freie Hand entgegen und schenkte ihm ein hoffentlich unverfängliches Lächeln. Falls das hier seine zweite Chance auf einen ersten Eindruck bei ihm war, würde er sie nutzen. »Hi, ich bin Jay.«

»Moin«, erwiderte Konstantin und ergriff angenehm warm und fest seine Hand. »Heute ohne Paparazzi-Ausrüstung?«

Jay wurde heiß. Konstantin erinnerte sich also tatsächlich an ihn.

»Ja«, antwortete er lahm. »Hier gibt es keine interessanten … Motive.« Abgesehen von dem, das direkt vor ihm stand und ihn aus diesen unglaublich blauen Augen ansah.

Um Konstantins Lippen zuckte es kaum merklich. »Keine seltenen Bäume?«

»Äh … genau.« Verdammt. Konstantin wusste also nicht nur, wer er war, sondern hatte auch nicht vergessen, welchen Blödsinn er im Park von sich gegeben hatte. So viel zu Jays Plan, ihn diesmal umzuhauen.

Noah sah von ihm zu Konstantin. »Bäume? Was für Bäume? Kennt ihr euch etwa?«

»Würde ich so nicht sagen«, sagte Konstantin. »Aber wir haben uns schon mal gesehen.«

Während er Noah von ihrer ersten Begegnung erzählte, nutzte Jay die Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten.

Konstantin war ein paar Jahre älter und etwas größer als er selbst, aber schlank und sportlich gebaut. Seine dunkelblonden Haare, die neulich im Park wild in alle Richtungen abgestanden hatten, waren jetzt sauber frisiert und glänzten leicht vom Haarwachs. Einige Strähnen waren heller als der Rest, wie vor kurzem gefärbt. Die Mischung stand Konstantin. Genau wie das weinrote Hemd mit den hochgekrempelten Ärmeln und die enganliegende Jeans, die seine langen Beine und einen sexy Hintern betonte.

Jay saugte an seinem Strohhalm. Schon im Park war ihm aufgefallen, dass Konstantin attraktiv war, aber heute sah er sogar noch besser aus. Wieso hatte sein angeblich bester Freund ihm so einen Traumtyp verschwiegen?

Noahs Smartphone vibrierte und Jay löste widerwillig den Blick von Konstantins Hintern.

»Takeo?«, fragte er, obwohl eindeutig war, wem die Emojis in Noahs Nachricht galten. Manchmal war er erstaunt, dass er überhaupt noch Buchstaben verwendete.

Noah nickte, ohne von dem kleinen Bildschirm aufzusehen. »Er findet uns nicht. Kann ich euch kurz allein lassen?«

»Natürlich«, erwiderte Jay sofort.

Konstantins Brauen hoben sich. Offenbar entging ihm der Unterton nicht.

Jay lächelte hintergründig. Vielleicht gelang es ihm ja doch, diesem Tag etwas Positives abzugewinnen.

»Danke, dass du Noah vorhin nicht alle peinlichen Details aus dem Park erzählt hast«, sagte er, als er mit Konstantin allein war. »Das war übrigens eine absolute Ausnahmesituation. Normalerweise bin ich nicht so seltsam.«

»Wenn du es sagst«, meinte Konstantin mit einem Grinsen, das so schmal war, dass man es suchen musste. »Ist Jay dein richtiger Name?«

Jay schüttelte den Kopf. »Ein Spitzname. Und nein, ich werde dir nicht verraten, wie ich wirklich heiße.« Denn dann wäre Konstantin schneller weg, als er den furchtbaren Doppelnamen, mit dem seine Familie ihn gestraft hatte, aussprechen konnte. »Was war das eigentlich für ein Buch, das du da gelesen hast? Sah alt aus.«

Konstantins Augenbrauen wanderten noch ein Stück höher. »Wie lange hast du mich beobachtet?«

Lange genug, dachte Jay und irgendetwas an der Art, wie Konstantin ihn ansah, verriet ihm, dass er es wusste. Aber solange er nicht von sich aus fragte, würde Jay ihm nichts von dem Foto erzählen.

»Es war eine Biographie«, sagte Konstantin, als er nicht antwortete. »Napoleon Bonaparte.«

»Der kleine Typ auf dem Pferd?« Jay konnte sich vage an ein entsprechendes Gemälde aus dem Geschichtsunterricht erinnern, das Napoleon bei der Überquerung der Alpen zeigte. Wohin er gewollt hatte, wusste er aber nicht mehr. Vielleicht in den Italienurlaub.

Konstantin legte den Kopf schief, wodurch ihm ein paar hellblonde Strähnen in die Stirn fielen. Jay erwischte sich bei dem Wunsch, mit den Fingern durch sie hindurchzufahren und ein bisschen von der Unordnung zu verursachen, die ihm im Park so gut gefallen hatte.

O Mann …

»Tatsächlich war er gar nicht so klein. Dieses Bild entstammt englischer Propaganda.«

»Was du nicht sagst«, erwiderte Jay mit gespieltem Entsetzen. »Wirklich?«

Konstantin verzog die Lippen. »Nicht dein Thema, was?«

»Doch, schon. Aber ich gebe zu, dass du mich mehr interessierst als irgendein französischer Kaiser, der längst unter der Erde liegt.«

Das leichte Flackern in Konstantins Eisaugen entging ihm keine Sekunde. Genau wie die Art, wie er ihn taxierte. Konstantin war also nicht nur sexy, sondern offensichtlich ebenfalls schwul. Zum Glück hatte Jay sich trotz seiner schlechten Laune Mühe mit seinen Klamotten gegeben. Die schwarze Hose und das tief ausgeschnittene weiße T-Shirt unter der schwarzen Jeansjacke hatte er erst vor kurzem gekauft. Noah hatte es scherzhaft ein Aufreißer-Outfit genannt. Und anscheinend funktionierte es bestens.

»Also«, sagte er lächelnd. »Für das Sommersemester bist du zu spät und für das Wintersemester zu früh. Was führt dich her?«

»Die Arbeit«, antwortete Konstantin. »Ich habe einen Job an der Uni bekommen.«

»Lass mich raten: irgendwas mit Geschichte?«

»So offensichtlich?«

»Nur geraten.«

Und gewundert, ergänzte Jay in Gedanken, während er versuchte, sich Konstantin in einem staubigen Büro in der Uni vorzustellen. Wieso interessierte sich ein heißer Typ wie er ausgerechnet für so etwas Ödes wie Geschichte?

»Und was ist mit dir?«

»BWL. Ich mache bald meinen Master.«

»Du auch?«, entfuhr es Konstantin, bevor er sich besann. »Ich meine, ich habe schon bei Noah nie verstanden, was er an Wirtschaft und Finanzen so spannend findet.«

Jay lachte und beugte sich nach vorne, bis ihm Konstantins Geruch in die Nase stieg. Eine herbe Mischung aus frischem Schweiß, Aftershave und einem ganz eigenen männlichen Duft. »Keine Sorge. Ich weiß, wie ich an Aufregung komme, wenn mir danach ist.«

Er konnte sehen, wie sich Konstantin unter seinen Worten anspannte. Aber er wich ihm nicht aus. Attraktiv, schwul und offensichtlich nicht uninteressiert.

»Bist du immer so direkt?«

Jay nickte, beugte sich noch ein Stück vor und fuhr mit der Nasenspitze über Konstantins Hals. Seine Haut war rau und warm. »Und die meisten Männer stehen drauf.«

»Kann ich mir vorstellen«, sagte Konstantin vage und Jay konnte seinen Adamsapfel hüpfen sehen, als er schluckte. Sofort sah Jay ein Bild vor sich, das so gar nichts mehr mit dem im Park zu tun hatte. Schade, dass er das nicht so einfach entwickeln konnte.

»Und was stellst du dir sonst noch vor?«, fragte er, trank einen Schluck Piña Colada und leckte anschließend über den Rand des Plastikbechers. Definitiv Aufreißer. Zum Glück war er angetrunken, sonst wäre ihm diese plumpe Anmache ziemlich peinlich gewesen.

Konstantin beobachtete die Bewegungen seiner Zunge, bevor er wie ertappt zusammenzuckte und sich abwandte. Jay grinste. Zu gerne hätte er gewusst, was ihm durch den Kopf gegangen war. Vielleicht passten ihre Fantasien ja zusammen.

»Oder soll ich anfangen?«

»Jay …«

»Jetzt zum Beispiel«, unterbrach Jay ihn rau, »denke ich darüber nach, wie du meinen Namen genau so aussprichst, während ich dir dieses schicke Hemd ausziehe.«

Konstantin fuhr herum und sah für einen Moment so erschrocken aus, dass Jay ein schlechtes Gewissen bekam. Dann kniff er die Lippen zusammen und fuhr sich durch die Haare. »Du bist unglaublich.«

Jay war nicht sicher, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung war. Doch bevor er dazu kam, Konstantin zu fragen, hörte er Noah hinter sich lachen.

»Wie ich sehe, versteht ihr euch blendend«, sagte sein bester Freund fröhlich und konterte Jays bösen Blick mit einem dreckigen Grinsen, bevor er Konstantin einen der beiden Becher reichte, die er mitgebracht hatte. »Worüber habt ihr geredet?«

Als ob du das nicht wüsstest.

Schließlich zogen sie fast jedes Wochenende gemeinsam durch die Bars und Clubs der Stadt. Noah wusste genau, worauf Jay bei einem Mann stand und hatte sicher längst gemerkt, dass Konstantin die perfekte Verkörperung dessen war. Wenn man von seinem unverständlichen Interesse für tote Monarchen absah.

Jay leerte seinen Becher und nahm den Cocktail, den Takeo ihm hinhielt. Dieser war leuchtend grün und schmeckte nach Banane und braunem Zucker.

»Was ist da passiert?« Er deutete auf Takeos bandagiertes Handgelenk. »Das hattest du Sonntag noch nicht.«

Takeo bewegte sein Handgelenk und Jay meinte, es knirschen zu hören. »Bin gestern beim Training ausgerutscht und blöd gefallen. Ist aber zum Glück nur leicht geprellt. Bis zum Wettkampf am Wochenende sollte es wieder okay sein.«

»Das ist zumindest das, was er sagt«, mischte sich Noah ein und zog Takeos Unterarm zu sich. »Sein Trainer ist der Meinung, dass er mindestens eine Woche aussetzen sollte.«

»Kai ist immer so empfindlich. Aber er weiß genau, dass er mich braucht, um uns in den Top 3 zu halten.«

»Ich mache mir nur Sorgen um dich«, sagte Noah und drückte einen Kuss auf den Verband. »Und deine Finger. Ich steh auf deine Finger, das weißt du doch.«

Takeo grinste und Jay sah Verlangen in seinen dunklen Augen aufblitzen, als er sich zu Noah beugte und ihn küsste.

Die beiden waren ein ungewöhnliches Paar. Während Noah am liebsten vor dem Fernseher oder Notebook versackte, verbrachte Takeo seine Freizeit in der Boxhalle, wo er entweder selbst trainierte oder Kurse für Kinder und Jugendliche gab. Trotzdem hatten sie sich bei einem Urlaub im letzten Sommer ineinander verliebt. Aber wie sagte man so schön? Gegensätze ziehen sich an. Und – wie in diesem Fall – aus.

Jay wandte sich wieder an Konstantin und stellte überrascht fest, dass der seinen Becher bereits geleert hatte. Entweder schmeckte sein Cocktail besonders gut oder er hatte beschlossen, möglichst schnell zu seinem Alkoholpegel aufzuschließen. Jay hoffte auf Letzteres. Vielleicht würde er dann etwas lockerer werden.

Obwohl es auf der Promenade immer voller wurde, gelang es Noah und Takeo innerhalb weniger Minuten, die nächsten Drinks zu besorgen. Jay steckte das Wechselgeld ein und trank, ohne Noah zu fragen, was er ihm eigentlich mitgebracht hatte. Mittlerweile war es eh egal. Der Alkohol und der viele Zucker verteilten sich in seinem Blut, flossen klebrig durch seinen Körper und sammelten sich anschließend in seinem Kopf. Wie eine glücklich machende Zuckerwolke.

»Jedenfalls endete es damit, dass Jay und die anderen mich aus dem Zelt geworfen haben. Ich musste draußen auf der Wiese schlafen. Halbnackt.«

»Weil du auf unsere Schlafsäcke gekotzt hast«, ergänzte Jay Noahs Erzählung von einem Festivalbesuch vor zwei Jahren. »Und das gleich am ersten Abend.«

»Echten Freunden wäre das egal gewesen«, sagte Noah beleidigt. »Die hätten mich nicht in der Kälte hocken lassen.«

»Du hast nur eine halbe Stunde draußen gesessen und bist dann zu deinem Bus gelaufen. Und es war August, du wärst sicher nicht erfroren.«

Takeo prustete in seinen Cocktail und auch Konstantins Mund verzog sich zu einem Grinsen. Das gleich wieder verschwand, als er Jays Blick bemerkte.

Jay wurde nicht schlau aus ihm. Seit Noah und Takeo zu ihnen gestoßen waren, hatte Konstantin kaum mit ihm gesprochen. Aber Jay war nicht entgangen, dass er immer wieder zu ihm schaute. Und jedes Mal, wenn das tiefe Blau ihn streifte, schien ihm für einen Moment die Luft wegzubleiben. Konstantin war eindeutig an ihm interessiert. Aber es war, als hielte ihn etwas zurück.

Worauf wartest du?

»Ich werde dich an deine Großherzigkeit erinnern«, sagte Noah gedehnt, »wenn ihr das nächste Mal mit meinem Bus irgendwohin wollt.«

»Kein Problem«, erwiderte Jay achselzuckend. »Ich finde sicher im Handumdrehen zehn neue beste Freunde, deren Autos nicht auseinanderfallen, sobald man sie nur antippt.«

Wie erwartet wurden Noahs Augen schmal. »Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche, Hersfeld.«

Jay lachte. Nichts trieb Noah so zuverlässig zur Weißglut wie Kommentare über den alten Transporter, den er von seinem Bruder übernommen hatte. Weshalb Jay und die anderen keine Gelegenheit ausließen, ihn damit aufzuziehen.

Zum Glück war Noah nicht nachtragend. Sonst hätten sie nach Jays erster Party im Edge, bei der er seine Jungfräulichkeit an einen Typen aus dem letzten Semester und anschließend die Nerven verloren hatte, nie wieder miteinander gesprochen. Damals hatte Noah ihn gerettet und sich geduldig den ganzen betrunkenen Blödsinn angehört, den Jay auf dem Weg zum Wohnheim von sich gegeben hatte. Und damit dafür gesorgt, dass er der Männerwelt nicht gleich nach seinem ersten Mal wieder abschwor.

Takeo nahm ihnen kopfschüttelnd die leeren Becher ab und stapelte sie ineinander. »Ihr zwei seid schlimmer als Kleinkinder. Noch eine Runde?«

»Nein, danke«, sagte Jay und hob abwehrend die Hände. »Sonst hänge ich bald kotzend über dem Rhein.«

»Ich bin dabei.«

Jay linste zu Konstantin und war für ein paar absurde Sekunden nicht sicher, ob er das Trinken oder das Kotzen meinte. Bis Konstantin einen Schein aus seiner Hosentasche zog und ihn Takeo in die bandagierte Hand drückte. Also das Trinken. Gut. Jay kotzte nicht gerne vor Leuten, die er gerade erst kennengelernt hatte.

Noah und Takeo reihten sich in die Schlangen vor der Strandbar ein und Jay lehnte sich wieder neben Konstantin an das Metallgeländer. Die letzten Reste der Abendsonne umrissen sein Profil und tanzten zwischen den blonden Strähnen. Jay folgte der hellen Linie über Nase, Kinn und Hals bis zu seinem Schlüsselbein. War der Hemdknopf darüber vorhin schon offen gewesen?

Als er den Kopf wieder hob, bemerkte er, dass Konstantin ihn beobachtete. Weil er längst gemerkt hatte, welche Wirkung er auf ihn hatte und ihn bewusst provozierte?

Jay schluckte und genoss das heiße Ziehen in seinem Unterleib. Konstantin wollte spielen? Das konnte er haben.

Er stieß sich vom Geländer ab und deutete zur Tanzfläche, die sich inzwischen deutlich gefüllt hatte. »Lust zu tanzen?«

Konstantin zögerte, bevor er den Kopf schüttelte. Leicht verlegen und überraschend süß. »Ich bin kein großer Tänzer. Ich schaue lieber zu.«

»Kein Problem, ich kannʼs dir zeigen.« Jay streckte eine Hand aus. »Also?«

Konstantins Finger zuckten und Jay ergriff die Gelegenheit – und seine Hand – sofort und zog ihn in eine lockere Umarmung. Konstantins Körper war warm und Jay stellte sich vor, wie er sich nackt an ihn presste. Der Gedanke gefiel ihm viel zu gut.

»So nah?«

»So spürst du meine Bewegungen am besten. Du weißt schon, um sie nachzumachen.«

Wieder dieser Versuch eines Lächelns. Bis Konstantins Handy klingelte und er sich in seinen Armen versteifte.

»Ich glaube, das ist deins«, sagte Jay, als er nicht reagierte. »Willst du nicht rangehen?«

Konstantin wartete eine Sekunde zu lange, bevor er sich von ihm löste und ein mattsilbernes Smartphone aus der Gesäßtasche zog. Er schaute aufs Display und Jay konnte sehen, wie auch der letzte Hauch eines Lächelns verschwand, als hätte man es ausgeknipst. Zurück blieb etwas anderes, Dunkleres. Irgendwie kam ihm diese Reaktion bekannt vor.

»Ärger?«

Konstantin sah ihn nicht an und stopfte das Handy etwas zu heftig in seine Hosentasche zurück.

»Nein.«

Jay glaubte ihm kein Wort. Aber bevor er dazu kam, ihn weiter zu löchern, kehrten Noah und Takeo zurück.

»Was ist los, Kon?«, fragte Noah, dem nicht entging, dass etwas nicht stimmte.

Konstantin presste die Lippen aufeinander, als müsste er sich so davon abhalten, die Frage aus Versehen zu beantworten.

»Nichts«, behauptete er. »Ich … Mir geht’s nicht gut. Ich geh besser nach Hause. Danke für die Einladung.«

Noah runzelte die Stirn. »Okay. Wenn du was brauchst, melde dich, ja?«

Konstantin nickte knapp. »Nacht.«

Jay sah ihm nach, als er sich zwischen den Partygästen hindurch Richtung Straße schob und sein alkoholisiertes Gehirn hatte Schwierigkeiten, dem Ganzen zu folgen. Hatte Konstantin nicht eben noch mit ihm geflirtet? Wieso ging er jetzt, ohne ihm die Chance zu geben, ihn aufzuhalten? Wer war das am Telefon gewesen?

Neben ihm brachen Noah und Takeo in lautes Gelächter aus und Jay wurde klar, dass er die Pointe der letzten Geschichte verpasst hatte.

Er wollte gerade danach fragen, als Takeo einen Arm um Noahs Hüfte legte, ihn an sich zog und innig küsste. Ah. Die Art von Pointe.

Irgendwo in der Menge brüllte jemand Schwuchtel, was Noah mit einem ausgestreckten Mittelfinger in die entsprechende Richtung quittierte, bevor er die Hand auf Takeos Hintern sinken ließ.

Jay schnappte sich Takeos Becher und ertränkte seine Eifersucht in einem großen Schluck Mojito. Die beiden würden heute Nacht definitiv auf ihre Kosten kommen. Und er war wieder da, wo er angefangen hatte.