Point Break - Beat Geissler - E-Book

Point Break E-Book

Beat Geissler

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Beschreibung

POINT BREAK: Die erfolgreiche Karriere muss von der Pike auf geplant werden. Nichts soll dem Zufall überlassen sein. So zumindest glaubten wir, unsere Zukunft gestalten zu müssen. Die Welt gerät aus den Fugen, der Job ist nicht mehr sicher, die Zukunft scheint uns ungewiss und mit der Entwicklung von Lösungen komplett überfordert, werfen wir die großen Probleme unserer Zeit der Freitags-Protest-Jugend vor die Füße. Was läuft hier gerade falsch? Als ihm seine Frau ein restaurationswürdiges russisches Motorrad mit Seitenwagen zum Geburtstag schenkt, beginnt für Beat Geissler eine gedankliche Reise der persönlichen Restauration. Er begibt sich auf einen Road-Trip quer über die Alpen und durch alle Themen, die unser tägliches Leben bestimmen, und stellt dabei vermeintliche Gesetzmäßigkeiten in Frage. Beat Geissler diskutiert mit Fundamental-Physikern, studiert die Relativitätstheorie, steigt auf hohe Berge und versucht sich auf dem Surfbrett. Sein Fazit: Wenn wir nach unumstößlichen Gesetzen suchen, können wir uns im besten Fall an der Gravitationslehre orientieren. So bricht zum Beispiel die Welle immer und unverrückbar in einem für sie vorgesehenen Moment. Als Point Break bezeichnen die Surfer diesen entscheidenden Punkt. "Dennoch gibt es kein Gesetz, kein Rezept, keinen Plan für den perfekten Ritt durch die Welle, so lange wir den Point Break nicht erkennen", hätte Albert Einstein den Surfern zugerufen und nicht nur ihnen.

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EPUB
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Seitenzahl: 244

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Wo geht es zur Karriere? Soll die Generation Y ihre berufliche Laufbahn effizient planen oder doch besser situativ agieren? Warum der international tätige Unternehmer Beat Geissler bei der Berufswahl nachdrücklich für die Intuition und nicht für einen dezidierten Plan plädiert, setzt er jungen Leuten und ihren Eltern in diesem Buch auseinander. Das Leistungsprinzip steht für Beat Geissler immer im Zentrum, während er mit gängigen Denkmustern, fehlgeleiteten Mythen und vermeintlichen Gesetzen ungehorsam, zornig und konsequent bricht.

Kein Karriereratgeber. Impulsgeber auf dem Weg ins Leben

Mit Illustrationen von Michael Mantel, Hamburg.

Für meine Frau, Monica und unsere Söhne Julian, Tristan, Francis

Inhalt

Prolog

Kapitel 1

NUR NOCH SCHNELL DIE WELT RETTEN

Von Mitmachmentalität, Debattierunlust, Lösungsinkompetenz, Existenzängsten und fehlgeleitetem Pragmatismus

1 Pragmatismus ersetzt Idealismus

2 Kein Spielraum für ‚Laisser-faire’

3 Die Angst der Eltern zu versagen

4 Elterliche Jugendlichkeit begräbt die Revolution der Kids

5 Und wer löst jetzt die Mega-Themen?

6 Probleme lösen, statt Karriere zu machen

7 Neues Denken ist angesagt

Kapitel 2

NICHT WISSEN IST MACHT, SONDERN WAS MAN AUS WISSEN MACHT

Von Francis Bacon bis Big Data

8 Von Elefanten, Wikipedia und Schweizer Milizoffizieren

9 Sozialisierung 2.0

10 Francis Bacon vs. Credit Points

11 100 Jahre Leidenschaft sich das Unmögliche vorzustellen

12 Neue Bildungs-Währung: MOOCs

Kapitel 3

MONTE CARLO LÄSST GRÜSSEN

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt

13 Wir sind alle professionelle Spieler

14 Anouk bloggt und Stefanie plant

15 Nicht mehr planen, um besser gerüstet zu sein

Kapitel 4

KEINE MILDE FÜR SPIESSER

Evolutionäre wollen nicht mehr gestört werden

16 Die Revolution ist tot, es lebe der Protest

17 Probleme lösen, statt Aufgaben nachzugehen

18 Brain Pain: Denken muss schmerzhaft sein

Kapitel 5

VOM STATUS ZUM INHALT

Warum uns die Sinnfrage vor der Bedeutungslosigkeit bewahrt

19 Statussymbole ade

20 Globalisierung 5.0: Learning Transition

21 Des Managers Kompetenzen: How does good look like?

22 Über Werte und intrinsische Motivation

Kapitel 6

HANDLUNGS-ALTERNATIVEN

#1 Individuelle Leistung ist nicht delegierbar!

Zeig‘ der ganzen Welt, dass Du besser bist als Messi!

#2 Verantwortung ist persönlich!

Gute Kinderstube

#3 Schreibe Deine eigene Geschichte!

Die Entwicklung der ‚Ich-Kompetenz’

#4 Nur die Leistung im ‚Hier und Jetzt‘ zählt!

Letzte Rückzugslinie: Glück einfrieren.

#5 Hört auf, Eure Karriere zu planen!

Annäherung an die Ungenauigkeit

#6 Wir lassen den Widerspruch zu!

Taylor funktioniert nicht mehr.

Epilog

Prolog

Im Zuge der Digitalisierung würde die Führung von Unternehmen immer mehr von seiner hierarchischen Anlage verlieren, sagt ein renommierter deutscher Personalberater. Die Bereitschaft zu ‚trial and error’ und zum Denken ‚outside the box’ rücke stärker in den Vordergrund. Aber nach wie vor sei eine Karriere erfolgreich, wenn sie von der Pike auf geplant und nicht dem Zufall überlassen sei, meint einer seiner Berufskollegen. Pfadfinderübungen, die Pokale für Klavier-Vorträge, die ‚Habitat for Humanity-Arbeitswoche’ in Rumänien und die Matterhornbesteigung finden Eingang ins jugendliche Curriculum Vitae genauso wie die Kettenpraktika bei renommierten Unternehmen und der Sommerkurs an einer erstklassigen Universität in den USA. Manager, die heute nicht mindestens ein Doppel-Studium mit Master-Abschluss und zusätzliche Executive Trainings an großen Universitäten vorweisen, hätten das Konzept von ‚Life-Long Learning’ immer noch nicht verstanden, heißt es. Eine vorausschauende Planung gehöre heute unabdingbar zur Karrieregestaltung.

Wer mit 15 noch nicht bei einem gymnasialen Karriere-Coach auf der Top-Ten-Liste steht, sollte sich demnach wohl ernsthaft Sorgen um seine berufliche Zukunft machen müssen. Man kann nicht früh genug beginnen zu planen, um im richtigen Moment die richtigen Kompetenzen aus dem Hut zu zaubern. Ein echtes Dilemma tut sich hier auf: Wie stelle ich sicher, dass ich morgen gerüstet bin? Wie erkenne ich meinen Point Break, und wie ich trainiere meine Kompetenzen heute so, dass ich sie morgen anwenden kann?

Die Personalverantwortlichen glauben den Personalentwicklungsprozess fest im Griff zu haben und etablieren sich als die Sterneköche einer perfekt gestylten Karriereplanung. Für ihre Erfolgsrezepte bedienen sie sich durchaus intelligenter, vor allem aber williger Ingredienzen: Die vorzüglich durchgenudelten Studenten werden ‚al dente’ und als perfekt arrangiertes Menü – genau mit der richtigen Prise ‚out of the box’ Denken und ‚trial and error’ Verhalten – der Industrie serviert. Wer munter mitmacht, kann eigentlich nicht verlieren?!

Und es dauert in der Regel auch nicht lange, bis die Insignien des Erfolgs gerahmt ins Jung-Manager-Büro gehängt oder an Sonntagen aus der Garage gefahren werden. Alles funktioniert bestens. Die Wirtschaft erhält gut ausgebildete Fachkräfte, die reibungsfrei in die bestehende Organisation integriert werden. Die Studenten, wachsam und pragmatischer denn je haben ihren Idealismus an den Haken der Uni-Garderobe gehängt und bereiten sich effizient darauf vor, kommentarlos ins elterliche Erfolgs-System zu gleiten. DieGeneration Y hat wirklich verstanden, dass eine frühzeitige, sorgfältige Karriereplanung das ‚A und O’ einer erfolgreichen beruflichen Laufbahn ist.

Doch was sagte Deutschlands glückloser Bundespräsident bei seiner Abdankungsrede im Schloss Bellevue am 8. März 2012? „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“. Eine zutreffende, symbolträchtige und ja, fast zynische Aussage, die so nicht nur der abtretende Bundespräsident Christian Wulff, sondern auch die meisten Politiker, Wirtschaftsführer und Regierungsoberhäupter weltweit für sich in Anspruch nehmen müssten. Und dies besonders in Anbetracht unzähliger, ungelöster Probleme in allen Lebensbereichen und Geographien!

Wir planen, was das Zeug hält. Halten uns dabei für erfolgreich, obwohl wir erkennen, dass andernorts die Welt aus den Fugen gerät.Wir halten unsere Erfolgsformel für allgemeingültig. Sitzen wir hier nicht einer selbsterfüllenden Prophezeiung auf, die zwar den vermeintlichen Erfolg produziert, aber aus anderen Perspektiven betrachtet uns nicht wirklich weiterbringt? Sind die Regeln in der Karriere- und Erfolgsplanung, so wie wir sie uns zurechtgelegt haben, noch gültig? Oder hecheln wir einem Mythos nach, der uns in letzter Konsequenz näher zum Misserfolg führt? Zu unserem eigenen Unvermögen, die wirklichen Probleme zu lösen, denn zum erwünschten Glück?

Party-Einladungen über Facebook, Instant Messaging über WhatsApp, Telefonieren am Handgelenk, Viagra für Mann und Frau, das selbstfahrende Auto und der rote Teppich bei jeder erdenklichen Gelegenheit gehören zum Lifestyle der Erfolgsgesellschaft. Sie werden für Jung und Alt zu ultimativen Insignien sozialen Wohlstandes und zum Ausdruck ihrer Erfolgsgeschichte. Solche Entwicklungen – als Produkt von ‚innovativen Querdenkern’ und ‚kreativen Veränderern’ – stehen in krassem Widerspruch zu den Geschehnissen in aller Welt, in der Wassermangel, Hungersnot, Seuchen, Umweltverschmutzung, Bildungsferne, Krieg, Terror und die Ausschlachtung der menschlichen Würde das Dasein von Milliarden Menschen beherrschen. Wer kann in Anbetracht aller Umstände da noch ‚Hurra’ schreien?

Der inszenierte Aufschrei der Manager und Politiker nach Veränderung wird von der Generation Y wohl gehört wie auch umgehend wieder weggedrückt. Die Generation Y erkennt mühelos, dass jegliche Veränderung von wirtschaftlichen, politischen, religiösen und gesellschaftlichen Organisationen wie lästige Viren zuerst isoliert werden, um dann leicht wieder ausgeschieden werden zu können. Jeder, der in seinem beruflichen Umfeld mit ‚Veränderungs-Management’ zu tun hat, kann erleben, wie erfahrene Mitarbeiter durch geschickte Tarnung und Anpassung zu eigentlichen Überlebenskünstlern mutieren und wie Kakerlaken krisenresistent werden, ohne sich dabei verändern zu müssen.

Solange die Schwergewichte wie ‚Dino-Volkswagen‘ oder ‚Dino-Deutsche Bank‘ trotz Krisen im Grunde genommen immer noch als Erfolgsmodelle gefeiert werden, fühlen sich junge, agile Kleinunternehmen – getrieben von Neugierde und Entdeckergeist – eher bedroht denn überlebensfähig. ‚Aufsteigen durch Mitmachen’ scheint die Erfolgsformel zu sein. Die Anzahl der ‚Follower’ ist die neue Messgröße für ‚Erfolg’. Nachlaufen und ‚liken’ ist ‚cool‘, sonst könnten sinnenleerte ‚Influencer’ keine Geschäftsmodelle betreiben, die sich lediglich auf eine ‚Schaut- her-ich-bin-da-Kompetenz’ abstützen.

Wo ist die Ambition eines jeden einzelnen geblieben, nach seinen Point Breaks zu suchen, um dann irgendwann einmal den coolsten eigenen Ritt durch die Welle surfen zu können? Keine Frage, die meisten ‚Old-Economy-Dinosaurier‘ und ihre Fans bräuchten dringendst eine Vital-Kur. Die Agilität ist ihnen bereits in den Jugendjahren verloren gegangen. Die riesigen Viecher sind schwer zu mobilisieren, und der erfahrene Manager weiß genau, wie wenig die regelmäßig verabreichten Revitalisierungs-Pillen Wirkung erzielen, weil er selbst sich der ‚Impfung’ ja erfolgreich verweigert. Unbescholten und sicher kann er sich bis zum Rentenalter in einer Dinosaurier-Hautfalte wohlig einnisten.

Wenn nun der Personalberater dem Kandidaten schmeicheln will und ihn Glauben machen möchte, dass dessen Veränderungs- und Innovationskompetenz genau die Fähigkeiten seien, die sein wichtigster ‚Dinosaurier-Klient‘ erwarten würde, dann sollte der Kandidat blitzartig Reißaus nehmen: Denn dieser Kandidat ist definitiv in der Old-Economy angekommen. Auch wenn Dinosaurier 300 Millionen Jahre überdauert haben, sind sie letzten Endes dennoch ausgestorben. Tatsache ist: Sie sind über die Jahre mit bis zu 90 Tonnen Lebendgewicht zu schwer geworden, waren den neuen Herausforderungen nicht mehr gewachsen und konnten sich nicht neu erfinden.

Aber wie um Himmels Willen schaffen wir es, dass eine Generation ohne Ecken und Kanten in absehbarer Zukunft auf einmal kreativ, querdenkend und zornig das bestehende System verändert, wenn wir unsere Jungen weiterhin wohlgeschliffen, poliert und bestens vorbereitet auf das Einnisten in der Hautfalte vorbereiten?

Wenn es also noch Menschen geben sollte, die vor Ideen sprühen, mit eleganter Leichtigkeit Veränderungen als eine Chance erkennen und die Digitalisierung als integralen Bestandteil ihres Daseins verinnerlicht haben – die Talente also, die echte Probleme lösen wollen und möglichst wenige produzieren, die sollten sich tunlichst hüten, sich in der Hautfalte einer vom Aussterben geweihten Spezies einzunisten. Die kreativen Erfinder und mutigen Entdecker sollten dort wirken, wo sie sich wirklich der großen Themen annehmen können. Doch genau diese Frage müssten sich die Generation Y und ihre Eltern erst einmal stellen: Für welche Problemfelder wollen ( oder müssen? ) wir Lösungen finden?

Hoffnung kann aufkommen: Die FridayForFuture-Kids haben ein Thema für sich gefunden. Nun wären eigentlich vor allen anderen DIE GRÜNEN prädestiniert, diesen politischen ‚Start-up’ zu unterstützen, damit der Elan der Jungend nicht an der Erwachsenenfront abbricht und so Einlass in die Weltpolitik erhält. Noch cooler wäre es, wenn die wirtschaftsfreundliche FDP ihre Wirtschafts-Kompetenz beisteuern würde.

Jung, grün und liberal wirtschafts-kompetent. Was könnte uns Bessres passieren? Nur hat leider der deutsche Parteichef der FDP, Christian Lindner, diesen unternehmerischen ‚mergers & acquisition move’ gleich selber vermasselt, legt sich lieber mit den protestierenden Schülern an, als sie zu unterstützen. Es bleibt ( auch für ihn ) die Frage: Welches sind die wirklich ‚großen Themen’, mit denen ich mich beschäftigen will? Welches sind ‚die Probleme‘, die ich lösen möchte? Es geht nämlich gar nicht um die Frage, welchen Beruf wir ausüben möchten, für welches Unternehmen oder welche politische Partei wir arbeiten wollen, sondern es geht darum, dass wir uns zuallererst darüber klar werden müssen, welche konkreten Probleme wir in unserem Leben lösen wollen.

Wenn wir erst einmal entschieden haben, welche Welle wir surfen wollen, dann gilt es, den ultimativen ‚Point of no Return’ zu erkennen. Sobald wir den Point Break im Focus haben, wissen wir was wir tun müssen.

Viele der digitalen Immigranten würden wohl auch heute noch behaupten wollen, dass Google eine ‚Suchmaschine’ ist. Aber wer hätte gedacht, dass Google mit einem selbstfahrenden Auto die gesamte Automobilindustrie auf den Kopf stellen würde? Und es waren nicht – wie man meinen möchte – die vermeintlichen ‚Veränderer’ oder ‚Querdenker’, die bei Google diese Entwicklungen vorangetrieben haben. Es waren auch nicht die ‚Innovatoren’ oder ‚Kreativen’ – es waren diejenigen, die Visionen und Träume von einer besseren Welt hatten. Die rastlosen Erfinder und Problemlöser, die keine persönlichen Schmerzgrenzen kennen; diejenigen, welche die Welt verändern, die fragen: „Was wäre, wenn …?“ und sich das ‚Wenn’ auch vorstellen können. Kein einziger Google-Mitarbeiter wurde zum ‚Querdenken‘ angeregt oder in die ‚Kreativschule‘ geschickt. Wirkliche Veränderung und Innovation funktioniert anders: Google will die Welt verändern und sucht dafür Menschen, die ihren eigenen Point Break erkennen und eine konkrete Vorstellung davon entwickeln, wie Veränderungen herbeigeführt werden könnten. Google sucht nach Talenten, die wissen, wann sie paddeln und wann sie auf das Surf Brett springen müssen, um die Welle optimal reiten zu können.

Google sucht nach Menschen, die für sich selber definieren wollen, wie die Welt von morgen aussehen soll. Google-Manager fragen nicht das Marktforschungsinstitut, wie die Zukunft möglicherweise aussehen könnte. Google definiert die Welt selber neu, während die ‚Dinosaurier‘ verzweifelt nach einer Wegleitung in die Zukunft suchen. Während sie noch nach dem Erfolgs-Rezept, wie sie sich der neuen Welt und den absehbaren Mega-Trends anpassen könnten, Ausschau halten, haben die kleinen, agilen Start-up-Unternehmen die Zukunft längst eingeläutet.

Oft bleibt den schweren Tieren nur noch der Weg zum Personalberater‚ der dann händeringend ‚gelernte Querdenker’ sucht. Dinosaurier lebten zwar lange, aber sie spürten auch instinktiv ihr drohendes Ende. Management-Vital-Kuren, Innovations- und Veränderungs-Programme werden von den inneren Organen wiederholt, abgestoßen und ausgeschieden. Die Geschichte zeigt allerdings mit konstanter Regelmäßigkeit, dass sich im Umfeld der Dickhäuter, nahezu unbeobachtet, kleine, agile Lebewesen mit Flügeln etablieren, die eines Tages mit Leichtigkeit in die Zukunft fliegen.

Die Generation Y müsste so schnell wie nur möglich fliegen lernen. Vor gut gemeinten Dinosaurier-Ratschlägen sollte sie Reißaus nehmen, sonst läuft sie Gefahr, den gängigen Karriere-Mythen zu verfallen und beendet ungewollt die berufliche Laufbahn, bevor sie überhaupt begonnen hat. Perspektivenwechsel und Neu-Denken sind gefragt. Unter dem Schleier der Neugier – gepaart mit Erfindergeist – können dabei Modelle entstehen, die Probleme zu bewältigen helfen, die mit den alten Methoden nicht mehr gelöst werden können.

Zornig und nicht gleichgültig sollten wir uns generationsübergreifend vom Establishment trennen und dies allein im Hinblick darauf, unsere eigene Geschichte zu schreiben, unsere ‚eigene Welle zu reiten‘. Wir machen uns das ‚Hier und Jetzt’ zum Gradmesser für die Sinnhaftigkeit unseres Tuns.

Kapitel 1

NUR NOCH SCHNELL DIE WELT RETTEN

Von Mitmachmentalität, Debattierunlust, Lösungsinkompetenz, Existenzängsten und fehlgeleitetem Pragmatismus

Die Auflösung unseres Dilemmas liegt in der kontinuierlichen Veränderung unserer Verhaltensmuster und in unserer persönlichen Entwicklung. Wir reden hier jedoch nicht von einem rein rationalen Prozess: Haben wir einmal für uns festgelegt, welche Welle wir reiten, welches Problemfeld wir bearbeiten wollen, müssen wir erkennen, wo der Einstieg zur Problemlösung, unser Point Break, liegt.

Kein Surfer schafft es, seine Welle zu reiten, wenn er nicht erkennt, wo die Welle bricht. Die alles bestimmende Variable für seinen Erfolg ist das Erkennen dieses Point Breaks. Der Surfer muss wissen, an welcher Stelle er auf sein Board zu springen hat. Mit dieser Erkenntnis schwimmt er hinter dem Point Break und wartet geduldig auf seinem Board, während er den Horizont nicht aus den Augen lässt. Sobald sich der Horizont hebt, wird das Wasser kommen. Jetzt ist der gefühlte, der richtige Moment da; er paddelt auf den Point Break zu, wird immer schneller. Denn wer den Point Break zu früh erreicht, den deckt die Welle erbarmungslos zu – und wer zu spät kommt, surft nie. Eine Kombination von scharfer Beobachtungsgabe, sensitivem Gefühl für das Umfeld und nicht zuletzt Kraft und Technik befähigen den Surfer zu seinem ultimativen Ritt.

Surfen sollte für alle zum Pflichtfach erklärt werden. Das rechtzeitige Erkennen des eigenen Point Breaks müsste zur obersten Prämisse jeder Aufgabe, quasi als conditio sine qua non, erklärt werden. Indes sind die Studenten ehrgeizig wie nie, machen Kettenpraktika, hetzen durchs Studium und fürchten den sozialen Abstieg, bevor sie überhaupt ins eigentliche Berufsleben eingestiegen sind. Sie nehmen sich weder die Zeit, zu beobachten, zu studieren und nachzudenken noch machen sie sich die Mühe, ihren ganz persönlichen Point Break kennen zu lernen. Stattdessen versuchen sie, sich mit makellosen Lebensläufen vermeintlich krisenfest zu machen. Alles wird konsequent durchgeplant.

Den Point Break nicht aus den Augen lassen!

Der bekannte österreichische Jugendforscher, Bernhard Heinzlmaier, der in Wien, Graz und Hamburg lehrt, findet klare Worte für die Generation Y: „Die wichtigste Eigenschaft der adaptiv-pragmatischen Generation Y ist ihre hohe Anpassungsbereitschaft und Mitmachmentalität.“ Die heutige Jugend sei so erzogen, dass sie ordentlich funktioniere. Diese Generation sei bestimmt nicht perspektivlos oder verdrossen, denn was ihre egoistischen Ziele anbelange, sei sie klar orientiert. Ein großer Teil der Jugend sei durchaus cool, durchsetzungsfähig und kämpferisch, eine Art moderner Warrior sozusagen, meint Heinzelmaier.

1 Pragmatismus ersetzt Idealismus

Die Konzernchefs könnten sehr zufrieden sein, wenn sich gut funktionierende junge Menschen reibungsfrei ins Getriebe einklinken und schnell produktiv werden. „Soll man über eine junge Generation staunen, deren Berufswünsche Geld und Sicherheit heißen?“ stellte Jens Jensen, der renommierte ZEIT-Kolumnist, seine Frage noch vor dem Börsen Crash im August 2008. Er kritisierte schon damals den skrupellosen Zulauf der jungen BWL-Absolventen zu verantwortungslosen Unternehmensberatern, Börsenspekulanten oder Hedge-Fonds-Managern. Er regte sich auf über angehende Künstler, die nach seiner Auffassung keinen Charakter hätten, sondern nur Erfolg auf dem Markt suchten, all jene „geschlüpften Küken mit feuchtem Federkleid und großem Schnabel, deren enthemmter Appetit in der Sprache der Personalberater ‚hungrig‘ heissen.

Nun gut. Leichtfertigkeit und Bedenkenlosigkeit hätte man noch vor Jahrhunderten gesagt, seien die Privilegien der Jugend. Sie werden vergehen. Aber wir waren es lange auch anders gewohnt: Idealismus galt einmal als Zug der Jugend, das Nein zum Kompromiss, zur Anpassung und Gleichmacherei. Die Generationen des Sturm und Drang, des Jungen Deutschlands, lebten vom Aufbegehren gegen die Ständegesellschaft, gegen die Herrschaft der Kirche und die ungerechten Verhältnisse. Jugend hat Revolutionen gemacht. Ihr Gerechtigkeitsempfinden konnte von Herkunft und Klasseninteressen absehen. Bürgerkinder kämpften für Proletarier und die Aristokraten in den französischen und russischen Aufständen des 19. Jahrhunderts.

Heute sind Idealisten als weltfremde Chaoten verschrien. Sie werden allseits belächelt, weil sie keine Lösungen anböten, sondern sich in Träumereien verlören, so die gängige Meinung. Nie wären die Amerikaner 1969 auf dem Mond gelandet, wenn nicht John F. Kennedy idealistische Ziele verfolgt hätte! Hätte Thomas Edison die Glühbirne erfunden, wenn er nicht davon beseelt gewesen wäre, endlich flächendeckend Licht ins Dunkle zu bringen? Waren es nicht immer die Idealisten, die ihre Ziele weit steckten und oft unverstanden die Entwicklung der Menschheit nachhaltig prägten? So schlecht kann Idealismus doch auch nicht sein?! Wo sind sie geblieben, die Idealisten?

Und da stand sie plötzlich auf dem Trailer. Groß, dunkel, martialisch, als ob sie direkt von der Ostfront angeliefert worden wäre: die Dnepr mit Seitenwagen. Ein russisches Motorrad, das die Deutschen ursprünglich als BMW-Wehrmachts-Motorrad im Zweiten Weltkrieg nach Russland fuhren und später von den Russen als Denpr nachgebaut wurde. Auch die Technik mutet ziemlich ‚vintage’ an. „Happy Birthday“, sagte meine Ehefrau zu mir. Es brauchte nicht viel, um zu verstehen, dass sie in mir den Idealisten wecken wollte. Wer sonst würde ernsthaft eine verrostete russische Motorrad-Ruine wieder eigenhändig aufpäppeln wollen, während er zwischendurch seine Investoren-Treffen in London oder seine Verwaltungsrats-Meetings in der Schweiz vorbereiten muss? Nur ein Idealist.

2 Kein Spielraum für ‚Laisser-faire’

In jeder Sonntagsrede wird die Bildung zum wichtigsten Rohstoff erklärt – doch in den Schulzimmern, Hörsälen und Seminarräumen sieht die Welt ganz anders aus. „Debattierunlust, Stromlinienförmigkeit, permanenter Performancezwang und der Wunsch der Jugend nach eindeutigen Antworten prägen das Bild“, meint Christiane Florin, Dozentin für Medienwissenschaften an der Universität Bonn und Buchautorin. Was läuft schief an unseren Gymnasien und Universitäten? Feedback und Vorgaben kommen gut an, Diskurse hingegen stehen im Verdacht, etwas Rückständiges zu sein.

Wer es bis ins Studium schafft, darf sich über eine Semesterplanung freuen, die keinen Platz für die Selbstfindung lässt. Geht es nach den Studienreformern, dann sitzt man nach stromlinienförmig absolvierten Schulen und Praktika bereits Mitte zwanzig im selbstgebauten Chefsessel.

Die ehemals so beliebte und für die Inspiration der eigenen Lebenswelt belegbar bedeutsame Auslandsreise fällt heutzutage gleich ganz flach. Immer weniger Studenten finden die Zeit, sich außerhalb der eigenen Landesgrenzen nach sich selbst umzusehen.

So schreibt eine besorgte Studentin in einem Studentenratgeber-Blog:

„Hallo zusammen! Ich stehe vor einer wichtigen Entscheidung. Ich bin 21 Jahre alt und befinde mich zurzeit noch in einer Ausbildung zur Industriekauffrau. Aufgrund guter Leistungen kann ich diese um ein halbes Jahr verkürzen. Neben der Ausbildung mache ich ein berufsbegleitendes Studium, das vom Arbeitgeber finanziert wird. Nun mein Problem: Ich würde nach der Ausbildung gerne für zwei bis drei Monate ins Ausland, um die Welt zu sehen. Wäre das karriere- und lebenslauftechnisch eher schlecht oder nicht? Klar, sollte man nicht nur auf die Karriere schauen, aber ich habe die Befürchtung, nach drei Monaten Auslandsreise ( Arbeitslosigkeit ) nicht mehr attraktiv für den Arbeitgeber zu sein.“

Man kann in dumpfes Brüten verfallen über die Lebensläufe von Hochschulabsolventen, die tatsächlich alles enthalten, was heute verlangt wird: sportliche und musische Erfolge, soziale Hilfsdienste, zahlreiche Berufspraktika, EDV- und Sprachkenntnisse und je nach Budget auch Auslands-Studienaufenthalte. Die Lebensläufe enthalten nur eines nicht: persönliche Wege und vor allem Umwege zum ganz individuellen Glück. Für Selbstfindungen scheint es keine Zeit zu geben, nicht einmal für die winzigste in einem solch früh gestylten Lebensplan. Nur nicht bummeln! Nicht träumen, keine falschen Hoffnungen hegen.

Fast etwas nostalgisch habe ich mich heute daran erinnert, dass mein erstes Auto, ein roter VW Käfer, Baujahr 1972, fast genauso viele Rostflecken aufwies wie meine Dnepr, die jetzt vor mir steht. ‚Zeit für das Wesentliche’ war und ist das ganz große Thema – oder sollte es zumindest sein! Noch mitten im Studium hatte ich, so dachte ich zumindest damals, überhaupt keine Zeit, meine Rostlaube eigenhändig zu restaurieren. Ich hetzte von der Vorlesung zum Seminar, dann zur Bibliothek und wieder zurück, stand unter dem Eindruck, ich würde etwas Sinnvolles lernen, was später einmal von Relevanz sein müsste.

Wer hat da Zeit für eine Autorestauration? Dennoch fasste ich den Entschluss, etwas zu tun und schrieb alle großen Schweizer Unternehmen an, welche die rote Farbe als Teil ihrer Corporate Identity sahen. Das waren der Getränkehersteller Rivella, die Bank SBG ( nachher UBS ), die Swissair ( heute SWISS ) und viele andere. Aber keine dieser Gesellschaften wollten einen roten VW Käfer als Werbefläche. Das Auto war ihnen nicht cool genug. Ja, und den SMART gab es damals noch nicht.

Wenn heute ein SMART nicht mit Werbung beklebt ist, dann ist das schon fast die Ausnahme. Der Swissair Marketingleiter wünschte mir für das Studium alles Gute. Die Bank schickte 100 SBG-Kleber, um damit die Rostflecken zu überkleben. Und die Kommunikationsbeauftragte von Rivella schickte ein Six-Pack Rivella zum Durstlöschen, sollte ich meinen Rost-Käfer selber restaurieren wollen. Was es auch immer war, die nette Geste einer Mitarbeiterin eines der beliebtesten Schweizer Unternehmen, das erfrischende Six-Pack Rivella, oder schlicht der Fingerzeig, etwas zu tun, was nicht im Studienplan stand: Ich mietete mich in der Werkstatt eines Taxiunternehmens ein, für das ich zuweilen als Aushilfschauffeur arbeitete, und habe meinen Käfer zerlegt, abgeschliffen, verspachtelt, wieder geschliffen und lackiert.

Karosserie rot, Felgen silbergrau, Unterboden schwarz. Chrom poliert, Teppiche ausgewechselt, Stereoanlage ebenfalls. Ein Großteil der Sommer-Semesterferien war der Restauration geschuldet. Die Denk-Pause hinterließ Spuren. Das Rivella Six-Pack erzielte unabsehbare Wirkung: Mir wurde bewusst, dass meine tägliche Produktionsleistung als Student der Jurisprudenz keine Relevanz hatte, weder im Hier und Jetzt noch für die Zukunft.

Ich wechselte die Studienrichtung, die Universität, den Kulturraum und die Vorlesungs-Sprache und zog von der Universität Bern an die Université de Genève. Und erst jetzt erfuhr ich, was Studieren wirklich bedeutete. Ich war sehr zufrieden mit meiner Entscheidung, man könnte auch sagen: sehr glücklich.

3 Die Angst der Eltern zu versagen

Mir scheint, als ob die Eltern ihre Abstiegsangst gnadenlos an ihre Kinder weiterreichen. Diese Angst kommt nicht ganz unbegründet daher: Der Arbeitsmarkt und die Aussichten auf einen Job, in welchem sich junge Menschen nach eigenen Vorstellungen verwirklichen können, erscheint erstens global und komplex und zweitens mobil und hoch-kompetitiv.

In Italien liegt die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen bei 36 Prozent, in Spanien bei 44 und in Griechenland sogar bei 47 Prozent. Bestimmt ist man in den hochentwickelten westlichen Wirtschafträumen, wie zum Beispiel in der Schweiz oder Deutschland, weit von solch‘ desaströsen Arbeitslosenzahlen entfernt. Doch sind die Zeiten für junge Arbeitssuchende auch in den starken Ländern nicht rosig: „Man nimmt, was man kriegen kann. Oft ist das ein schlecht bezahltes Praktikum mit schlechten Arbeitsbedingungen oder eben ein Job, auf den man eigentlich überhaupt keinen Bock hat“, kritisiert der bereits zitierte Jugendforscher Heinzlmaier den Siegeszug des desillusionierten Strebers – nur dass Fleiß, Zielstrebigkeit und Ehrgeiz heute weniger eine Frage des Charakters, sondern vielmehr der Notwendigkeit zu sein scheinen.

Die Angst zu versagen und der Wunsch nach Sicherheit lassen auf Protest verzichten. Wo früher viele Studierende bewusst die Freiheit gewählt haben, bevorzugen heute immer mehr nur noch eins: Sicherheit. Das ideologische Feuer von einst wurde gelöscht. Übrig geblieben ist ein Pragmatismus ohne Mut zur Lücke im Lebenslauf.

Aufsteigen durch Mitmachen, fleißig und zielstrebig, scheinen die wichtigsten Eigenschaften der jungen Generation zu sein. Die Eltern haben ihre Kinder so erzogen, dass sie ordentlich funktionieren: Die Kids werden konditioniert für eine Zukunft, die ihre Eltern zu kennen glauben. Halten wir fest: Wir reden hier vornehmlich von unseren Jugendlichen in West-Europa. Ein Europa, für das die USA einst eine Terror- und Reisewarnung ausgesprochen hatte!

Ein Europa, das sich nicht zu helfen weiß, wie man mit dem Elend in allen angrenzenden Staaten umgeht, ganz abgesehen davon, wie es mit dem europäischen Elend verfährt, wenn man vor allem einmal die südlichen Mitgliedstaaten betrachtet.

Ein Europa, das sich in seinen Kern-Industrien zu zerlegen droht, wenn man Volkswagen als Sinnbild dafür nehmen möchte, wie ein Unternehmen über die Arroganz und Ignoranz einer kompletten Führungsgeneration strauchelt. So wie dies in allen Industrien zu beobachten ist, allen voran bei den Banken, könnte Europa nicht wirklich das Bollwerk sein, in das man flüchten wollen würde. Von Sicherheit kann niemand reden. Und erst recht nicht, wenn man die geopolitischen Konflikte im Nahen Osten, die wirtschaftlichen Kräfte in China oder die Verzweiflung über Hungertod und Seuchen in Afrika nur ansatzweise in die Europa-Betrachtung einbezieht.

Verständlich, dass in der allgemeinen Unsicherheit und Zukunftsangst nach Halt und Orientierung gesucht wird. Es ist jedoch eine Illusion zu glauben, dass die Anpassung, die Bewahrung des Bestehenden oder der Rückzug auf die Scholle uns mehr Zuversicht gegeben könnten.

Es geht schon lange nicht mehr darum, dass wir mit bestehenden Regeln hadern müssten. Die Regeln wurden von anderen und ohne unser westliches Dazutun bereits verändert. Es kann eigentlich nur noch darum gehen, die Regeln komplett neu zu schreiben. Pragmatisches Anpassen und Mitlaufen mit dem Mainstream kann keine Option sein. Es kann nicht das Berufsziel und schon gar nicht das Lebensziel sein, das zu erreichen, was die Eltern bereits erreicht haben. Vielmehr müssten wir unseren Kindern verdeutlichen, dass das Schreiben der eigenen Regeln und das Entwickeln von neuen Lösungen der einzig zu begehende Weg ist.

Wir lernen aus unserer Vergangenheit, wollen sie aber nicht konservieren. Wir lehren unsere Kinder, die Unsicherheit, die Instabilität, die Dynamik und die Transformation als Treiber für ihre Problemlösungskompetenz zu erkennen. Ja, der jugendliche Mitmach-Pragmatismus ist fehlgeleitet. „Nur die Jugend hat Genie“, sagte Schopenhauer. Der Philosoph war von diesem Gedanken durchdrungen. Er meinte aber nicht, dass Begabung an ein Lebensalter gebunden sei, sondern dass diese Begabung sich nur dort entfalten könne, wo die Zurichtung der Gesellschaft noch nicht eingesetzt hat, will sagen, die Rücksichtsnahmen auf Erwartungen und Konventionen nicht alleinbestimmend seien. Spontaneität und Kreativität blieben so im Regelwerk der Nicht-Idealisten auf der Strecke.

Kreativität bedeutet, Dinge aus einer anderen Perspektive zu entwickeln und bewusst den Ritualen im Alltag entgegenzusteuern. Das erfordert zuweilen Mut. Der Wunsch, etwas Außergewöhnliches zu leisten und das anderen Menschen zu zeigen, ist für die meisten von uns die größte Motivation, kreativ zu sein. Damit Kreativität entstehen kann und darüber hinaus Neues muss ein neuer Standpunkt, vor allem aber eine neue Perspektive, eingenommen werden. Mainstream war noch nie genial.

Es würde der Mut zum Widerspruch fehlen, sagen die Alt-und Post-68er-Eltern. Spricht dieser unbekannte Student für seine gesamte Generation? »Wir haben schon viel gelernt und viel geschafft. Wir debattieren auf einem sachlichen Niveau. Aber wir gehen halt nicht mehr so auf die Straße.«

Die Anspruchshaltung scheint heute eine andere zu sein. Das studentische Publikum erwartet von seinen Professoren eine Alleinunterhaltungs-Show: Klare Ansagen, keine Missverständnisse, politisch korrekt. In Umfragen schneiden zwar monologisierende Dozenten schlecht ab, aber dialogisierende eben noch schlechter, stellt Frau Professor Florin ernüchtert fest.

Doch wenn es darauf ankommt und es an das Leibhaftige geht, dann scheint zum Glück auch die Jugend wieder zu kämpfen wie die alten 68er: Der Arabische Frühling wurde zwar zunächst über Facebook ausgerufen, aber als letztendlich auch das Internet nicht mehr ausreichte, haben sich Tausende in den Straßen kundgetan und dabei ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Die ganze Welt erinnert sich an die junge Ägypterin mit dem blauen BH, wie sie von enthemmten, radikalen Muslimen weggeschleift wurde. Ein Bild, wie es zuvor noch nie da war. Dieses Bild steht symbolhaft für eine arabische Frühlings-Revolution einer ganzen Generation von Idealisten, die berechtigt religiöse, politische, kulturelle und vermeintlich verfassungsrechtliche Stigmen und Ungerechtigkeiten durchbrechen wollten, aber leider vom regierenden Regime wieder gebodigt wurden.

Während in Geographien, wo die Würde der Menschen mit Füssen getreten wird, unter dem Einsatz des eigenen Lebens auf der Straße demonstriert wird, könnte man versucht sein zu sagen, dass zumindest in der westlichen Welt einiges von dem, was früher diskussionswürdig war, heute einfach kein Thema mehr ist und Ruhe eingekehrt ist. Während die Eltern der Generation Y gestern noch für die Gleichberechtigung der Geschlechter und gegen Atomkraft auf der Straße demonstrierten, bleibt den Jungen heute manchmal nur der Dank für das vermeintlich Erreichte oder die Kritik am Schaden für das Verbrochene. Die Frage besteht noch: Woran reibt sich die heutige Jugend? „Nur noch kurz die Welt retten“, singt der Berliner Tim Bendzko. Aber welche Welt will Bendzko heute retten? Die Antwort bleibt uns der Sänger schuldig. Soll am Ende dann doch die Rettung durch die Alten erfolgen, die Eltern der Generation Y?

Manfred Zentner, Dozent an der Donau Universität Krems und Spezialist der Jugendkulturforschung mit Schwerpunkt ‚Jugend in Europa und politische Partizipation’, meint, dass die Jugendlichen in der westlichen Welt erst in