Professor Schwurbelstein und die Aluhüte des Grauens - Paul-Eduard Rück - E-Book
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Professor Schwurbelstein und die Aluhüte des Grauens E-Book

Paul-Eduard Rück

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Beschreibung

Verschwörungsfantasien sind spätestens seit der Erfindung der YouTube-Universität ein fester Bestandteil des Internets und mittlerweile besonders aus den sozialen Netzwerken nicht mehr wegzudenken. Anhänger diverser Verschwörungsmythen rotten sich in zahlreichen Online-Communities zusammen, um sich gegenseitig in ihrer Anschauungsweise zu bestätigen. Dabei reicht die Auswahl von dubiosen unwissenschaftlichen Märchengebilden, krassen politischen Aussagen an der Grenze der Strafbarkeit, über skurrile pseudowissenschaftliche "Enthüllungen" bis hin zu schrägen esoterischen Weltanschauungen. Mit Witz und Scharfsinn erzählt der Autor von Verschwörungstheorien, die alles andere als harmlos zu bewerten sind und von Hirngespinsten, die weitrechende Konsequenzen haben können.

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber den AutorTitelImpressumVorwortDie flache Erde oder: Habt ihr Kreide geraucht?Die innere Erde oder: Gute Außerirdische, böse Außerirdische!Chemtrails oder: Warum riecht es hier nach Essig?5G oder: Die Angst vor FortschrittRiesen oder: Riesige lockere SchraubenDer Mond oder: Wann schlüpft der Weltraumdinosaurier aus dem Ei?Impfgegner, Teil 1 oder: Von Rattenfängern und anderen Schwindel-SchamanenEsoterik oder: Wie weltfremd kann man eigentlich sein?Vedische Weltanschauung oder: Das 18. Jahrhundert hat angerufen – es möchte seine Geschlechterrollen zurückAlternative Heilkunde oder: Natürlich sterben mit natürlichen ZutatenReichsbürger:innen oder: Des Kaisers neue AluhüteDie Transgender-Agenda oder: Die Angst vor DiversitätDie Corona-Pandemie oder: Es ist doch nur eine Grippe!QAnon oder: QAnus und die TodesmaskenImpfgegner, Teil 2 oder: Wir werden alle sterben!Bonus-Schwurbel: Der bundesweite Warntag oder: Sirenen unterm AluhutNachwort

Über dieses Buch

Verschwörungsfantasien sind spätestens seit der Erfindung der YouTube-Universität ein fester Bestandteil des Internets und mittlerweile besonders aus den sozialen Netzwerken nicht mehr wegzudenken. Anhänger diverser Verschwörungsmythen rotten sich in zahlreichen Online-Communities zusammen, um sich gegenseitig in ihrer Anschauungsweise zu bestätigen. Dabei reicht die Auswahl von dubiosen unwissenschaftlichen Märchengebilden, krassen politischen Aussagen an der Grenze der Strafbarkeit, über skurrile pseudowissenschaftliche »Enthüllungen« bis hin zu schrägen esoterischen Weltanschauungen. Mit Witz und Scharfsinn erzählt der Autor von Verschwörungstheorien, die alles andere als harmlos zu bewerten sind und von Hirngespinsten, die weitrechende Konsequenzen haben können.

Über den Autor

Paul-Eduard Rück arbeitet als Buchhändler in einer altehrwürdigen, von reptiloiden Overlods gegründeten Stadt. Die absurden Verschwörungsmythen, die während der Corona-Pandemie gesellschaftlich eskalierten, veranlassten ihn dazu, einen Instagram-Account ins Leben zu rufen, um die Parallelwelt der Aluhüte einem großen Publikum zugänglich zu machen. Er zeigt, dass der Fantasie dabei keine Grenzen gesetzt sind. Witzig und erschreckend zugleich.

PAUL-EDUARD RÜCK

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Originalausgabe

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Burkard Miltenberger

Titelillustrationen: © Tetiana Lazunova/iStock/Getty Images Plus; Agor2012/iStock/Getty Images Plus; Kim Hoang/Guter Punkt (2)

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-2560-6

luebbe.de

lesejury.de

Vorwort

Wussten Sie, dass im Inneren der Erde ein paradiesisches Reich namens Agartha existiert, wo Menschen und Tiere friedlich zusammenleben, umgeben von einem harmonischen Licht, das heller als tausend Sonnen strahlt? Nein? Stimmt nämlich auch nicht. In Wahrheit hausen im Inneren der Erde bösartige, reptiloide Wesen, die – Moment mal. Das kann ja gar nicht sein. Schließlich ist die Erde flach. Oder? Vergessen Sie es. Versuchen Sie bloß nicht, länger darüber nachzudenken. Nicht ohne einen Aluhut. Oder eine Flasche Hochprozentigem. Oder einen guten Psychiater. Ja, richtig, es geht hier um Verschwörungstheorien. Auch wenn ich lieber von Verschwörungsfantasien spreche, denn die Erschließung einer Theorie setzt immerhin gewisse geistige Fähigkeiten voraus. Doch alles der Reihe nach.

Verschwörungsfantasien sind spätestens seit der Erfindung der YouTube-Universität ein fester Bestandteil des Internets und mittlerweile besonders aus den sozialen Netzwerken nicht mehr wegzudenken. Anhänger diverser Verschwörungsmythen rotten sich in zahlreichen Online-Communitys zusammen, um sich gegenseitig in ihrer Anschauungsweise zu bestätigen. Nur wenige Menschen außerhalb dieser »Szene« können oder wollen allerdings verstehen, wie solche Verschwörungsfantasien eigentlich zustande kommen beziehungsweise warum überhaupt jemand scheinbar völlig verrückten Gedankenwelten nachhängt. Das ist durchaus nachvollziehbar, erscheinen manche Theorien schließlich so absurd, dass man sie einfach nur belächeln und am liebsten wieder vergessen möchte.

Sind die Anhänger solcher Hirnflatulenzen also nur harmlose Spinner? Nein, so einfach ist es nicht. Gerade wenn es um gesundheitliche Aspekte geht, sollte man Verschwörungsfantasien gründlich im Auge behalten. Ob die sogenannte Germanische Heilkunde, die zum Beispiel behauptet, Krebs sei eine Heilungsphase des Körpers, oder generell Menschen, die für pseudomedizinische, esoterische »Therapien« brennen sowie Impfungen und andere erprobte Behandlungen verweigern. Diese Menschen stellen eine Gefahr für sich selbst und ihre Umwelt dar – spätestens, wenn Kinder im Spiel sind. Von etlichen hasserfüllten Rassisten rund um »zionistische Weltverschwörungen« oder gewaltbereiten Reichsbürgern, die unseren Staat nicht anerkennen, will ich gar nicht erst anfangen.

Was habe ich nun mit alldem zu tun? Seit vielen Jahren treibe ich mich schon in diversen Verschwörungskreisen im Internet herum, beobachte, staune und stelle dann die beklopptesten, unsäglichsten und ekligsten Aussagen bloß. Warum? Anfangs war ich lediglich fasziniert von den scheinbaren Spinnereien, die manche Menschen ins Internet tippten. Ich sammelte zu Unterhaltungszwecken skurrile und witzige Theorien – bis der Unterhaltungsfaktor irgendwann kleiner wurde, weil sich immer mehr Entsetzen breitmachte. Mit der Zeit, als ich immer tiefer in einen scheinbar endlosen Verschwörungssumpf eintauchte, begriff ich, wie weltfremd und gefährlich manche Hirngespinste sein können. Und so musste ich Gesehenes erst recht dokumentieren – weil es mir sonst einfach niemand glauben würde.

Hier werden Sie also verschiedene Verschwörungsfantasien kennenlernen, die gespickt sind mit Originalzitaten, Kommentaren und Beiträgen aus den Untiefen der sozialen Medien und Büchern, deren ausführliche Quellenangaben ich Ihnen ersparen möchte. Dabei reicht die Auswahl von dubiosen unwissenschaftlichen Märchengebilden, volksverhetzenden Wahnvorstellungen, über skurrile pseudowissenschaftliche »Enthüllungen« bis hin zu schrägen esoterischen Weltanschauungen. Mit anderen Worten: Geschwurbel. Und zwar hauptsächlich aus der Aluhutperspektive.

Dieses Buch erhebt nicht den Anspruch, Verschwörungstheorien widerlegen zu wollen oder Verschwörungsgläubige zur Vernunft zu bringen. Ich möchte auch niemanden belehren. Ebenso wenig dient dieses Buch dazu, irgendwelche verschwörungsideologischen Weltbilder psychologisch einzuordnen oder sonst wie wissenschaftlich zu bewerten. Ich bin kein Wissenschaftler. Ich bin ein Typ, der zu viel Zeit unter Spinnern verbracht hat und das Ganze irgendwie verarbeiten muss. Das Buch ist, wie der Name schon sagt, eine Abrechnung. Und zwar eine ganz persönliche. Frei nach dem Motto: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

Ich möchte in erster Linie mit humorvollen, bösartigen, manchmal zornigen Bemerkungen zu all dem Unsinn und Humbug, der im Internet geteilt wird, aufzeigen, was es für Verschwörungsfantasien gibt und dass es sie tatsächlich gibt. Ich möchte dazu beitragen, ein Bewusstsein für diese – man muss sie inzwischen so nennen – Parallelwelten zu schaffen, damit wir als Gesellschaft es nicht mehr einfach ignorieren oder belächeln, wenn sich jemand sprichwörtlich den Aluhut aufsetzt.

Im besten Falle regt dieses Buch zu Diskussionen an, macht neugierig und lädt dazu ein, sich mit gewissen Themen intensiver auseinanderzusetzen. So sorgt es vielleicht indirekt für eine gewisse Aufklärung und bringt – hoffentlich – zumindest Zweiflern die Erkenntnis, dass der Weg hinab in den Kaninchenbau keineswegs zur angepriesenen Wahrheit führt, sondern auf tragische Weise in einem bizarren Realitätsverlust enden kann.

Die flache Erde oder: Habt ihr Kreide geraucht?

Die gute alte flache Erde – ein Klassiker der Verschwörungsfantasien. Zusammengefasst besagt die Flache-Erde-Theorie, dass die Erde keine Kugel ist, wie die »Lügenwissenschaft« uns lehrt, sondern eine flache, kreisrunde Ebene. Eine Pizza. Die Arktis, das, was wir gemeinhin als Nordpol kennen, stellt dabei das Zentrum dar. Die Antarktis wiederum umfasst wie ein üppiger Käserand den gesamten Außenbereich der Erde und bildet so einen schützenden Eiswall, der die Ozeane festhält und selbstverständlich auch dafür sorgt, dass niemand in die Leere des Weltraums abstürzt.

Wie bitte? Es gab doch im Laufe der Geschichte so viele Antarktis-Expeditionen, werden Sie als nüchterner Mensch nun bestimmt einwerfen. Hätte man da nicht etwas davon merken müssen? Oh nein. Denn alle sogenannten Expeditionen waren natürlich nur Inszenierungen, um die Menschheit zu täuschen. Dann könnte ich doch einfach selbst eine Expedition auf die Beine stellen und die Antarktis erkunden … Nein! Das ist leider unmöglich. Der Eiswall wird nämlich von bis an die Zähne bewaffneten NASA-Söldnern bewacht, die verhindern sollen, dass sich jemand der Wahrheit nähert. Aber die NASA – die National Aeronautics and Space Administration – ist doch lediglich die amerikanische Raumfahrtbehörde. Und somit nicht die einzige. Andere Länder haben ebenfalls Raumfahrtbehörden. Und die müssten ja dann mit den Amerikanern unter einer Decke stecken. Wie soll das gehen? Tja, es gibt gar keine anderen Raumfahrtbehörden. Da staunen Sie, was? Das ist alles eine riesige Täuschung der geheimen, von reptiloiden Echsenwesen geführten Weltelite. Also »geheim« zumindest für uns mit der ollen Schulbildung aufgewachsenen Schlafschafe. Wer seinen Doktor in Aluhutfalten gemacht hat, kann über solche offensichtlichen Zusammenhänge nur müde lächeln. Schließlich ist das Wort NASA hebräisch für »täuschen«. Stimmt zwar nicht – es bedeutet leicht anders geschrieben »tragen« oder »hochheben« –, aber wen interessieren schon Fakten? Die Tatsache, dass Abkürzungen auch Worte ergeben, ist nichts Ungewöhnliches. ICE beispielsweise heißt auf englisch »Eis« und niemand käme auf die Idee, daraus eine Verschwörung zu basteln. Moment mal. Fällt in den Zügen der Deutschen Bahn nicht auffällig oft die Heizung aus? Ist es in Bahnhofshallen nicht grundsätzlich eiskalt? ICE-kalt? Andererseits funktionieren im Sommer in Zügen auch gelegentlich die Klimaanlagen nicht. Und dann ist es gar nicht mehr kalt. Wobei das natürlich nur ein Code sein könnte, und zwar dafür, dass das Klima immer heißer wird, und die reptiloiden Invasoren haben es gerne warm. Und »heiß« reimt sich auf »eis«, also passt es wieder! Zurück zur NASA. Die außerirdischen Invasoren, die es schön kuschelig warm mögen, dürfen Sie aber gerne im Hinterkopf behalten.

Bemerkenswert an der falschen Übersetzung des Wortes »nasa« ist, dass man sich da ausgerechnet in die hebräische Sprache verbeißt und damit unterschwellig dem Judentum eine böse Absicht unterstellt. Mal wieder. Denn dieser perfide Antisemitismus durchzieht nahezu alle populären Verschwörungsfantasien. Eine Verschwörung durchzuplanen, setzt bekanntlich Macht voraus. Macht erlangt man für gewöhnlich mithilfe von Geld. Und wer besitzt das ganze Geld dieser Welt? Hallo und willkommen, du dummes, antisemitisches Klischee! So ein schnell herbeigezauberter Bezug zum Judentum bleibt am Aluhut leider besser haften als andere zurechtgezurrte Zusammenhänge. Denn Verschwörungsmythen über Juden spuken nicht erst seit vorgestern durch die kalten, verfallenen Kellerräume, die manche Menschen einen Schädel nennen. Ohne allzu viele Geschichtsbücher aufzuschlagen, sollte man wissen, dass jüdische Mitbürger:innen immer wieder zu Sündenböcken für schreckliche Ereignisse gemacht wurden und werden. Epidemien, Mordserien, Kriege – für all dies gaben hasserfüllte Besserwisser jüdischen Verschwörern die Schuld. Diese Basis macht es einfachen Gemütern auch heute sehr leicht, ohne viel Aufwand ein weiteres Häufchen auf die Verschwörungskarte zu klatschen.

Flacherdler sind aber keineswegs alles verkappte Antisemiten. So weit würde ich nicht gehen. Sie sind hauptsächlich faul. Denkfaul. Und der Antisemitismus schwingt da im Grunde nur mit, weil er scheinbar irgendwie dazugehört. Dabei gäbe es so viele andere schöne Zusammenhänge, die man aufdecken könnte. NASA ist immerhin auch das althochdeutsche Wort für »Nase«. Und da althochdeutsch im 8. bis 10. Jahrhundert verbreitet war, ist das ein Beweis dafür, dass die Menschen im Mittelalter Raumschiffe kannten! Warum sollte sich eine Weltraumbehörde sonst nach einem mittelalterlichen Wort benennen? Zudem bedeutet die Redewendung »sich eine goldene Nase verdienen« wohl eindeutig, dass es dieser Behörde nur ums Geld und nicht um die Erforschung des Weltraums geht! Allen Ernstes gibt es diese Verschwörungsfantasien tatsächlich – also das mit dem Geld und den Raumschiffen im Mittelalter –, nur die Erklärung ist eine andere: Die NASA wurde angeblich ausschließlich zu dem Zweck gegründet, um Forschungsgelder von der Regierung einzustreichen. Mit anderen Worten: Eine Bande geldgieriger Nerds erfindet den Weltraum, fälscht zum Beweis ein paar Bilder, zeigt sie der Regierung, die daraufhin völlig ausflippt und allen regelmäßig einen Sack voll Geld schenkt. Widerspricht sich natürlich ein bisschen mit der mächtigen Elite, die alles und jeden auf dem Planeten kontrolliert, aber Hauptsache es klingt irgendwie gut, weil es um Geld geht. Und was die Raumschiffe im Mittelalter betrifft: Das waren selbstverständlich Außerirdische und/oder Zeitreisende. Viele Künstler haben diese »Tatsache« übrigens in ihren Gemälden festgehalten, auch wenn Kunsthistoriker natürlich behaupten, entsprechende Darstellungen würden lediglich eine ikonografische Bedeutung haben. Ha! Als ob ein Engel, der auf einer diskusähnlichen Wolke schwebt, ein Symbol wäre. Das ist doch eindeutig ein Typ in einem fliegenden Taxi. Und die Flügel auf seinem Rücken zeichnen ihn als Außerirdischen aus. Weil er anders aussieht als ein Mensch. Logisch.

Im Grunde schmiegt sich das Ganze an die sogenannte Prä-Astronautik an. Sie wissen schon, diese Pseudowissenschaft, die sogar in Höhlenmalereien Hinweise für außerirdische Paketboten sieht. Erich von Däniken lässt grüßen. Und der Grund, warum auch dieses offensichtliche Kapitel in der Geschichte der Menschheit nicht in der Schule gelehrt wird, ist mal wieder die blöde Weltelite, die uns aus purer Bosheit die Wahrheit verheimlicht. Dass »nasa« ein althochdeutsches Wort ist, spielt in der Aluhutgemeinde überhaupt keine Rolle. Schade. Die Sache mit den Juden ist nun mal viel verlockender. Immerhin gibt es noch mehr »Beweise« für das böse Judentum. Kennen Sie beispielsweise die Monster-Verschwörung? Monster, eine beliebte Energy-Drink-Marke, soll ein satanischer Angriff auf unsere christliche Gesellschaft sein – womit erneut ein antisemitisches Weltbild transportiert wird, indem man das Judentum mit dem Teufel auf eine Stufe stellt. Hintergrund ist folgender: Das »M« im Monster-Schriftzug setzt sich angeblich aus drei Zeichen zusammen, die den sechsten Buchstaben im hebräischen Alphabet darstellen. Sie ahnen es bereits: Der sechste Buchstabe hat den Zahlenwert »6« und daher ist das »M« also in Wahrheit die Zahl »666« – die Zahl des Teufels. Darüber hinaus sei im »o« des Wortes »Monster« ein Kreuz eingebaut, das auf dem Kopf steht, wenn man die Dose austrinkt. Junge, Junge, Junge. Dieser ganze antisemitische Hirndurchfall ist so dämlich, dass sich ein spöttischer Kommentar erübrigt. Ungefährlich sind diese antisemitischen Stereotype nicht, und man sollte diejenigen, die damit hantieren und Stimmung machen, ganz genau im Auge behalten.

Wie sind wir jetzt von der flachen Erde auf Energy-Drinks gekommen? Unwichtig, zeigt es doch nur, wie leicht man im Verschwörungsmilieu von A nach B nach Z kommt. Viele Verschwörungen sind miteinander verknüpft und weisen selbst dann Gemeinsamkeiten auf, wenn sie sich im Grunde widersprechen. Man glaubt nämlich nicht nur an eine Verschwörung. Wer sich einer Verschwörungsfantasie hingibt, kommt automatisch mit weiteren Hirngespinsten in Berührung, aus denen dann nach Gusto einzelne, ins eigene Weltbild passende Aspekte herausgepickt werden.

Noch mal zurück zum Eiswall. Zugegebenermaßen ist es ein äußerst schwieriges Unterfangen, zur Antarktis zu reisen, um sich selbst ein eigenes Bild vor Ort zu machen. Insofern lässt es sich auch behaupten, unter den Eismassen würden außerirdische Basen existieren. Oder Nazis (Spoiler: In der Hohlerde-Verschwörung spielen die eine größere Rolle!). Oder Glücksbärchis. Selbst wenn man es wollte, überprüfen lässt es sich nicht wirklich. Moment, gab es da nicht diese Arte-Dokumentation über eine außerirdische Raumstation im Eis? »Alien vs. Predator« hieß sie. Mal wieder eine als Hollywood-Unterhaltung getarnte Wahrheit, mit der die mächtigen Eliten höhnend vor unserer – genau – Nase wedeln. Oder denken wir an H.P. Lovecraft, der uns mit seinem Roman »Die Berge des Wahnsinns« ebenfalls die Wahrheit über die Antarktis auf dem Präsentierteller servierte. Von der Allgemeinheit wird er allerdings bis heute nur als Fantast wahrgenommen. Doch selbst wenn wir uns auf das waghalsige Abenteuer einlassen würden und es uns tatsächlich gelänge, einen Fuß auf den antarktischen Kontinent zu setzen, nur um zu erleben, dass wir eben nicht von schießwütigen NASA-Söldnern durchlöchert werden, es keinen unendlichen Eiswall gibt, der die Erde umrundet und dass die Glücksbärchis gastfreundliche Einsiedler sind, die Schnaps aus Pinguinmilch brennen können – die Flache-Erde-Anhänger würden uns nicht glauben. Denn alles, was sich nicht mit der flachen Erde vereinbaren lässt, ist gelogen. Punkt. Wir wären dann ebenfalls NASA-Lakaien, die bezahlt wurden, um Lügen zu verbreiten.

Aber … Warum? Was soll das Ganze? Die Antworten auf diese Fragen sind in der Community sehr facettenreich, weisen jedoch eine, inzwischen nicht mehr überraschende, Gemeinsamkeit auf: Satan. Der unfreundliche Dämonenkaiser von nebenan – oder untendrunter. Der Widersacher Gottes, dem natürlich alle Eliten dieser Welt huldigen, lügt und betrügt die Menschen, um sie ins Verderben zu stürzen. Dramatisch, ich weiß, und leider ein absolutes Totschlagargument, dem man nur wenig entgegensetzen kann. Denn die weitestgehend überreligiösen Anhänger dieser Verschwörung lassen wissenschaftliche Beweise selbstredend nicht gelten. Wissenschaft ist böse. Wissenschaft ist des Teufels. Und auch wenn Religion per se im Grunde das älteste Geschwurbel aller Zeiten darstellt, ist der Glaube an eine flache Erde nicht unbedingt die Folge einer Weltvorstellung im religiösen Sinne. Ganz im Gegenteil. Viele Menschen, die mit der flachen Erde und ihren »Beweisen« in Berührung kommen, sind überhaupt nicht religiös. Doch die Tatsache, dass Religion in unserer aufgeklärten, wissenschaftlich geprägten Gesellschaft keine zentrale Rolle mehr spielt, wirkt für allerlei Verschwörungsanhänger sehr verdächtig: Warum wird etwas, das unsere Geschichte und Kultur so maßgeblich geprägt hat, dermaßen in den Hintergrund gedrängt? Was wollen die Mächtigen verheimlichen? Wenn also die gleiche Wissenschaft, die behauptet, man solle die Bibel nicht wörtlich auffassen, lehrt, dass die Erde nicht flach sei, dann ist das in den Augen der Schwurbelphilosophen natürlich gleichermaßen gelogen. Es wird eine Parallele zur eigenen Situation gezogen: Die Unterdrückung religiöser Schriften als Erklärung für die uns bekannte Welt ist dann plötzlich nur ein weiterer Beweis für die gelebte Täuschung um uns herum.

Und so werden in Diskussionen rund um die flache Erde Bibelzitate zum Besten gegeben, als wäre man bei einem klerikalen Poetry-Slam gelandet. Keine Sorge, ich möchte hier kein theologisches Symposium veranstalten, daher werden wir nicht alle Bibelstellen durchkauen, die angeblich eine flache Erde andeuten. Nur so viel: Beschreibungen, in denen Begriffe wie Himmelszelt, Säulen des Himmels, Erdkreis, Grenzen der Erde oder Himmelskuppel vorkommen, gelten in der Szene alle als Belege für eine flache Erde. Abgesehen davon würde das NASA-Logo selbst bereits das Böse, das dahintersteckt, entlarven. Gemeint ist das runde Logo mit der blauen Scheibe, den weißen Punkten und dem V-förmigen roten Band. Dieses rote Band soll nämlich in Wahrheit die gespaltene Zunge einer Schlange darstellen. Verstanden? Schlange –Teufel – Täuschung! Das NASA-Symbol gleicht demnach der roten Zunge einer Schlange, da die Erde von einer bösartigen Reptilienrasse beherrscht wird, die indirekt die Elite, einen Verein der reichsten Menschen der Welt, kontrollieren und ausnutzen für ihre Pläne. Men in Black gebe es wirklich. Sie hätten die Matrix erschaffen und benutzen diesen Planeten als lebendige Fabrik, und die Menschen sind die Fabriksklaven. Diese Reptilienrasse sei dafür bekannt, sie reisen durchs All und gehen so bei jeder technologisch schwächeren Zivilisation vor. Sie und die Aliens, die Grauen, stünden mit den Regierungen der Erde unter Vertrag, um die Menschen auf dem Planeten schwach und dumm zu halten. Na, das mit dem »dumm halten« scheint zumindest bei einigen Menschen tatsächlich prima zu klappen. Da vibriert einem doch glatt die Fontanelle, bei diesen fabulösen Enthüllungen. Dabei ist das Logo mehr oder weniger einfach zu entziffern. Die blaue Scheibe ist das Universum. Die weißen Punkte stellen Sterne dar. Die weiße Ellipse zeigt eine Umlaufbahn, wahrscheinlich von einem Satelliten. Und das rote Band? Das steht für die Aeronautik. Aber was weiß ich schon. Bin immerhin selbst schuld, wenn ich auf die Erklärungen der NASA hereinfalle.

Ist das jetzt alles? Sind Flacherdler also nichts weiter als Kreationisten mit Internetzugang? Mitnichten. Viele wissen nämlich, dass man ihre wissenschaftsgläubigen Mitmenschen nicht wirklich mit der Bibel überzeugen kann. Daher sammeln und präsentieren sie regelmäßig die ganz »offensichtlichen Beweise«, die jeder Mensch erkennen müsse, wenn dieser lediglich die Augen richtig aufmacht und – oje, wie sich mir bei diesem Ausdruck inzwischen jedesmal die Fingernägel spalten – aUfWaChT.

Da wäre zunächst einmal die Sache mit der Erdkrümmung. Die sieht man mit bloßem Auge nicht, also gibt es sie nicht. Keine runde Wölbung am Horizont, keine runde Erde. Logisch, oder? Außerdem bildet Wasser immer eine waagerechte Oberfläche. Meere sind flach. Ozeane. Flüsse. Das Badewannenwasser. Wie soll die Erde dann rund sein? Die größte Erkenntnis diesbezüglich lautet zudem: Wasser ist immer gerade, sonst hätte die Wasserwaage keinen Sinn! Und dann noch die lächerliche Behauptung, die Erde würde sich auch noch drehen. Den meisten Menschen wird schließlich nach ein paar Minuten auf dem Karussell schwindelig, aber anscheinend macht das andauernde Drehen der Erde niemandem etwas aus! Jeder, der nur kurz darüber nachdenkt, müsse merken, dass an der offiziellen Geschichte etwas faul ist. Starkes Argument. Ich halte jedoch dagegen: Jeder Mensch, der darüber nachdenkt, läuft Gefahr, beim Versuch, diesen Einwand zu verstehen, von Schwindel ergriffen zu werden angesichts dieses Schwachsinns.

Kommen wir zum nächsten Beweis: die Sonne. Das Gesetz der Perspektive besage also, dass alles, was sich von uns fortbewegt, kleiner wird und im Sichtfeld nach unten fällt, wenn es über unserer Augenhöhe ist, und umgekehrt, wenn es unter unserer Augenhöhe ist. Demnach geht die Sonne nicht auf und unter, sondern kommt näher und entfernt sich wieder. Aber da ist noch mehr: Aufgrund unseres runden Auges sehen wir bei der Schifffahrt den Fahnenmast immer als Erstes, sodass der Eindruck entsteht, dass die Erde rund ist. Aufgrund dieser optischen Täuschung wiederum haben die Illuminaten seit über 500 Jahren leichtes Spiel, uns diese Erdballtheorie zu verkaufen. Alle Astronauten, Kosmonauten usw. waren oder sind ebenfalls Freimaurer, die teilweise unter Wasser, teilweise in entsprechenden Hochdruckkammern den angeblich schwerelosen Weltraum vorgetäuscht haben. Bei dem Firmament über unseren Köpfen (Sonne, Mond und Sterne) handelt es sich um eine hochkomplexe Konstruktion, die sich gerade mal 5700 Kilometer über der flachen Erde befindet und von den Aldebaranern vor langer Zeit konstruiert wurde. Jawohl. Und du allein hast dieses Geheimnis gelüftet, Hans-Dieter. Bravo.

Wiederum andere Genies behaupten, die Sonne sei gar nicht echt, sondern in Wahrheit »eine gigantische und sehr aufwendige Simulation, ein geheimes NASA-Projekt, finanziert von den Mächtigen dieser Welt«. Na klar. Was sonst? Sehr skurril bei all diesen Erklärungen ist übrigens die absolute Selbstverständlichkeit, mit der sie vorgetragen werden: »Die Sonne ist anhand von Messungen mithilfe eines Sextanten und der Trigonometrie etwa 4500 bis maximal 6000 Kilometer entfernt und hat einen Durchmesser von rund 52 Kilometern. Dasselbe gilt für den Mond. Mond und Sonne sehen nicht nur gleich groß aus, sie sind es auch, in ähnlicher Entfernung zur Erde bewegen sie sich in Kreisbewegungen über uns.« Dass sich um den Mond noch ganz andere Verschwörungsmythen ranken, ignorieren Anhänger der flachen Erde oft, denn schließlich ist ihre eigene Erklärung die beste. Überhaupt scheint in Verschwörungskreisen ein permanentes Kindergartenklima zu herrschen: Deine Verschwörung ist blöd! Mein Aluhut ist größer als deiner! Und wenn solche geistigen Meisterleistungen niemanden überzeugen, dann bleibt immer noch die nackte Prahlerei: »Ich kann bestätigen, dass die Erde flach ist. Ich beschäftige mich seit drei Jahren mit diesem Thema. Es gibt Hunderte Beweise. Die NASA lügt, das merkt man, wenn man das bei YouTube eingibt.« Ich muss zugeben, ich bin manchmal neidisch auf diese einfachen, einfältigen Weltbilder. Auch wenn der Versuch, mich in solch ein geistiges Windspiel hineinzudenken, mir körperliche Schmerzen bereitet. Bleiben wir noch kurz bei der Sonne. Die kann nämlich gar nicht so sein, wie es die Wissenschaft nahelegt, denn: Wie brennt die Sonne in diesem unendlichen Raum ohne Sauerstoff? Da die Sonne so riesengroß sein soll, bräuchte sie sehr viel Sauerstoff, dass ein Astronaut gar keinen Helm im All benötigen würde, falls die NASA-Lügen stimmen würden! Und: Wie kann es im Universum eiskalt sein, auf der Erde im Sommer allerdings 30 Grad? Müsste nicht überall im Umkreis der Sonne mit demselben Abstand zur Erde die gleiche Temperatur herrschen?

Tja, und ich frage mich, was mit unserem Bildungssystem nicht stimmt. Was ist da los? Oder kippen »die« vielleicht doch irgendwelche Chemikalien ins Trinkwasser? Aber es gibt doch Teleskope, mit denen jeder Zweifler und jede Skeptikerin ins All blicken kann, um sich von der Unendlichkeit des Weltalls zu überzeugen. Der Mond, die Sterne, ferne Galaxien, ja sogar Satelliten und die ISS lassen sich mit einem Teleskop beobachten. Oder? Nicht ganz. Satelliten hängen angeblich an Ballons. Sie umkreisen die Erde nicht im Weltraum! Oh, und die ISS? Hängt die auch an Ballons? »Bei der ISS-Inszenierung wurden schon zu viele Schwindeleien aufgedeckt, um wirklich noch daran glauben zu können, dass sie überhaupt existiert. Sollte sie tatsächlich mit einem Teleskop zu sehen sein, ist die Frage, wie dieser Trick funktioniert. Es ist nicht auszuschließen, dass in Teleskopen, auch für den Amateurbereich, eine gewisse Software integriert ist.« Wie bitte? Eine solch fortgeschrittene Technologie soll seit Jahren existieren, aber gleichzeitig benutzen Behörden noch Faxgeräte, wie im Mittelalter? Und dann noch der Mond. Der gute alte Mond, der die »Theorie der Gezeiten« widerlegt. Müsste der Mond, wenn er die Erde anzieht und umgekehrt, nicht schon längst mal auf die Erde gefallen sein? Oder umgekehrt. Aber der Abstand soll ja immer gleich sein laut unseren Supergescheiten. Dazu muss man wissen, dass Ebbe und Flut angeblich dadurch hervorgerufen werden, dass die Erde sich langsam hin und her neigt. Dieses Phänomen wird durch Sonnenstürme oder so hervorgerufen. Wie jetzt? Ist die Sonne also doch echt? Vielleicht. Solche essenziellen Widersprüche sind doch überhaupt nicht der Rede wert.

Also ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe den Eindruck, die Schwurbelnasen trauen dieser supermächtigen Elite ganz schön viel zu. Was für ein absurder Aufwand, um die wahre Gestalt der Erde geheim zu halten. Und alle stecken da mit drin. Ganz schön anstrengend. Nur Lichtkrieger88 bei Facebook hat die Wahrheit erkannt und sich zur Mission gemacht, die Welt darüber aufzuklären. Na klar. Eine typische und sehr charakteristische Selbstüberschätzung, die man in jedem Verschwörungsmilieu findet. Man hält sich für schlauer als alle anderen. Und das geht natürlich nur, wenn man etwas weiß, was die anderen nicht wissen – nicht wissen wollen oder können. Da wäre etwa die spektakuläre Erkenntnis, dass die Gravitation eine Lüge und somit ein weiterer Beweis für die flache Erde erbracht ist. Ja, Sie haben richtig gelesen. »Es gibt nur ein Oben und ein Unten. Und Gravitation ist immer noch nur eine THEORIE! Was nach oben oder unten geht, bestimmt die Dichte der Materie!« Oder, wie andere auch sagen: »Wolken widerlegen jeden Tag die Gravitation! Alles bleibt am Boden außer Wolken. Wolken sind ein Zeichen von unserem genialen Schöpfer, dass es so etwas wie die Erdanziehung nicht gibt. Die Natur würde sich niemals selber so erschaffen, dass sie darauf angewiesen ist, dass Wolken abregnen!« Da hat jemand alle Zusammenhänge aber so richtig gut verstanden. »Gravitation gibt es nicht. Sie hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Gravitation ist ein Schwindel, ein Aberglaube. Sie wurde erfunden, um die Lüge des heliozentrischen Weltbildes aufrechtzuerhalten. Es gibt keine Erdanziehungskraft, wie man kinderleicht versteht, wenn man logisch denken kann!« Fast schon süß, wenn solche Leute mit Logik argumentieren. Aber es wird noch besser: »Eine Anziehungskraft gibt es in dem Sinne nicht, das Eigengewicht ist der Punkt. Gäbe es eine Kraft, die alles anzieht, dürfte es kein Vogel je in die Luft schaffen! Ein Stein fällt schneller zu Boden als eine Feder, weil er schwerer ist!« An dieser Stelle werden Sie vermutlich an das Fallgesetz und das Experiment mit den zwei verschiedenen Gegenständen denken, die im Vakuum gleich schnell zu Boden fallen. Nun, diese Experimente sind selbstverständlich Fake. Inszenierungen. Genau wie all die ganzen Fotos von der Erde. »Du glaubst nicht, dass die Fotos von der Erde fake sind? Dann erkläre mir doch bitte, wie es sein kann, dass die Erde auf diesen Fotos immer so richtig schön grün, blau und braun ist? Müsste sie nicht eigentlich grau sein, weil hier überall Asphalt ist und mittlerweile fast alles zugebaut ist? Außer in den ländlichen Regionen und natürlich dem Wasser. Wenn die Erde eine Kugel ist, warum gibt es dann kein echtes Bild? Sie könnten unsere Ideologie, wie sie es gerne nennen, mit einem einzigen echten Bild komplett zerstören. Warum tun sie es nicht? Warum ist ihre einzige Möglichkeit, die sie gegen uns haben, zu lügen und uns auszulachen?« Nein, Freundchen, wir lachen über euch, weil es uns langweilt, euch die Grundlagen der Physik zu erklären, die ja eurer Meinung nach sowieso nur auf Lügen aufgebaut sind. Der Witz ist doch: Es gibt echte Bilder von der Erde. Menschen waren bereits im All. Schon einmal vom Fachbereich der Astronomie gehört? Natürlich. Doch was nutzt es, immer wieder diese Dinge durchzukauen, wenn eure einzige Antwort darauf lautet: Lüge. »Man muss sich nur im Netz umschauen, da gibt es genügend Beweise für die flache Erde, aber scheinbar keine einzige für die Kugelerde!« Na gut. Dann bleibt schön in eurer quietschenden flachen Zirkuswelt und lasst uns »Globeheads« den schnöden Glauben an die Wissenschaft. Okay? »Wenn sich die Erde mit über 1500 Km/h drehen würde, wie sollen dann bitte Flugzeuge funktionieren, wenn sie eine Höchstgeschwindigkeit von nur 800 km/h haben? Die würden doch nie vorwärts-, geschweige denn am Ziel ankommen!« Diese fantastische Argumentation hätte ich beinahe vergessen, dabei bildet sie die Vorlage für ein paar der skurrilsten Beweisführungen in vielen Videos über die flache Erde: Jemand hält einen Schaumstoffball in die Kamera und erklärt dem Publikum, dies sei die Erde. Daraufhin wird der Ball mit Wasser getränkt und mit einer Drehbewegung in die Luft geworfen. Die Folge: Das Wasser spritzt vom Ball fort und – tadaaa – Kugelerde und Gravitation sind widerlegt. Alles auf der Erde müsste schließlich ebenfalls ins All geschleudert werden, wenn sie sich als Kugel so schnell drehen würde. Fliehkraft, Baby! Hat diesen Plumpsklopiraten niemand das Gesetz der Trägheit erklärt? Man sagt ja über ungebildete Menschen spöttisch, die hätten in der Schule nichts aufgeschnappt, weil sie zu oft Kreide holen waren. In diesem Fall hege ich die Vermutung, dass sie die Kreide geraucht haben. Aber Hauptsache, wir sind hier die Dummen. »Kugelköpfe aufgepasst – seid ihr noch immer so lustig zu glauben, wir würden auf einer glühenden Kugel leben, die sich mit Überschallgeschwindigkeit um sich selbst dreht und mit mehr als 100.000 km/h um einen leuchtenden Gasball rast und mit Millionen km/h durch ein sogenanntes Weltall? Glaubt ihr wirklich, Milliarden Kubikkilometer Wasser würden sich um diese Kugel krümmen, Flüsse und Wasserfälle aufwärts fließen – und das alles in einem imaginären Vakuum? Ihr Kasper seid alle miteinander fehlprogrammiert, darum könnt ihr die Wahrheit nicht erkennen, ihr macht euch überall zur Lachnummer der Wissenden, ihr seid die Hofnarren unserer Zeit!« Tja, darauf kann ich leider nur eines erwidern: Tri-tra-trullala! Obwohl, nein, das letzte Wort soll zu diesem Thema jemand anderes haben: »Wer genau wissen will, ob unsere Erde rund oder flach ist, mache bitte eine Astralreise und schaue selber nach!« Nun denn. Auf ins esoterische Reisebüro!

Die innere Erde oder: Gute Außerirdische, böse Außerirdische!

Die Theorie einer hohlen Erde ist die Annahme, nach der das Innere unseres Planeten, wie die Bezeichnung schon sagt, hohl ist. Und bewohnt. Ebenso hohl ist bei näherer Betrachtung die Theorie selbst. Doch alles der Reihe nach. In früheren Jahrhunderten wurde die Idee einer hohlen Erde durchaus wissenschaftlich diskutiert. Selbst nachdem Isaac Newton 1687 mit seinem Grundlagenwerk über die mathematischen Prinzipien die klassische Physik revolutionierte, konnte man keine genaue Aussage darüber treffen, wie die Masse sich im Erdinneren verteilt. Das Verständnis von Massenverteilung nach dem Newtonschen Gravitationsgesetz bildete die Basis für verschiedene spannende Theorien, die eine Art hohle Erde mehr oder weniger plausibel erscheinen ließen und die Fantasie unter Wissenschaftler:innen beflügelte. Edmond Halley – der Mann mit dem Kometen – war Ende des 17. Jahrhunderts einer der Ersten, der die Möglichkeit einer inneren bewohnten Welt ausformulierte. So war er auch der Meinung, die Polarlichter wären eigentlich Reflexionen aus der Hohlerde, weil an den Polen die Erdkruste viel dünner sei und somit durchlässig für das Licht, das unter der Erde scheint. Diese Theorie griff der Mathematiker Leonhard Euler einige Jahre später auf und erklärte, die innere Erde habe eine eigene kleine Sonne, die in der Mitte des Hohlraumes schwebe. Und in den 1960er-Jahren zeichnete der Künstler und Kartograf Heinrich Berann sogar eine detaillierte Karte der inneren Erde, mitsamt allen Ein- und Ausgängen. Na, wenn das kein endgültiger Beweis ist. Es gibt schließlich auch Karten von Mittelerde, und die ist ja, wie wir alle wissen, ebenfalls real.

Heute wissen wir längst, insbesondere durch Erkenntnisse aus der Geologie, dass die Erde nicht hohl ist. Zumindest nicht so, wie Verschwörungsgläubige es propagieren.

Achtung, hier beginnt nun der Wahnsinn: Bewohnt wird das Erdinnere von Menschen beziehungsweise menschenähnlichen Abkömmlingen verschiedener außerirdischer Völker. Da leben beispielsweise die technisch hoch entwickelten Hyperboreaner, die vor Tausenden von Jahren aus dem Sternensystem Aldebaran auf die Erde kamen und in deren Innerem eine paradiesische Welt aufbauten. Sie werden in der Regel als wunderschöne, kluge, kräftige, blonde, blauäugige Übermenschen beschrieben, die den Lastern unserer bekannten Welt entsagt haben. Das klingt doch irgendwie ziemlich verdächtig, oder? Ja, Sie ahnen bereits, wo die Reise hingeht. Besonders in rechtsesoterischen Kreisen ist diese Version der Hohlerdentheorie sehr beliebt, die dann mit der Neuschwabenland-Verschwörung verbunden wird. Eine fast schon kultige Erzählung, die es geschafft hat, in den popkulturellen Mainstream vorzudringen. Neuschwabenland war ursprünglich tatsächlich eine Region in der Antarktis, deren Besitz die Nationalsozialisten im Rahmen einer Antarktis-Expedition beanspruchten. Nach dem Krieg gab es von deutscher Seite aus keine Gebietsansprüche mehr und, mit dem sogenannten Antarktis-Vertrag stimmten zahlreiche Nationen dafür, dass das Gebiet im Interesse der gesamten Menschheit der wissenschaftlichen Erforschung vorbehalten sein sollte. Tja, von wegen. In Neuschwabenland gab es natürlich eine geheime Nazi-Basis, wohin sich die Anführer – inklusive Hitler – flüchten konnten. Und von dort ging es direkt weiter in die Hohlerde. In dieser geschützten Umgebung konnten sie ihre Kräfte sammeln und immer wieder in den Lauf der Geschichte eingreifen – mithilfe außerirdischer Technologien, wie etwa futuristischer Fluggeräte wie dem Nazi-Ufo »Reichsflugscheibe« und Strahlenwaffen, womit sie geheimnisvollerweise den Verlauf diverser Kriege beeinflussten. Alles möglich gemacht durch die Unterstützung ihrer Verbündeten in der Hohlerde. Denn selbstredend waren und sind die sexy Aldebaraner:innen Freunde der Deutschen. Also der »wahren« Deutschen. Und spätestens ab hier rutscht dieses ganze Verschwörungsgulasch ziemlich schnell in den rechten Ekelfetisch ab, der sich um die guten Nazis dreht, die gegen das Böse in der Welt kämpften und dann tragischerweise verloren. Doch wie das nun mal so ist in kitschigen nationalistischen Heldensagen, werden sie eines Tages, wenn die Zeit reif ist, dem deutschen Volk zum Sieg über die dunklen Mächte verhelfen. Die Deutschen sind schließlich die Auserwählten in einem großen, Jahrtausende überdauernden galaktischen Krieg. Wussten Sie das noch nicht? Dann passen Sie mal gut auf. Sollten Sie einer dieser »echten« Deutschen sein, kann es sein, dass irgendwann ein betörend gut aussehender Aldebaraner an Ihre Tür klopft, an Ihren imaginären Nationalstolz appelliert und Sie auffordert, alles stehen und liegen zu lassen, weil Sie das Vaterland gegen irgendwelche Spinnenungeheuer verteidigen müssen. Wer die Ungeheuer in den Augen solcher braunlackierter Aliens sind, kann man sich an dieser Stelle nur zu gut denken. Und wenn man den Aldebaraner vor der Tür kurz durch einen simplen hasserfüllten Impuls ersetzt, der einem befiehlt, mit einer Waffe »Feinde« zu eliminieren, dann sind wir plötzlich in der grausamen Realität des Rechtsterrorismus angekommen.

Hierbei möchte ich jedoch erneut festhalten, dass nicht alle Verschwörungsgläubige potenzielle Mörder sind. Solche rechtsesoterischen Verschwörungsfantasien befriedigen allerdings eine sehr unangenehme, um nicht zu sagen gefährliche Weltvorstellung, die Türöffner für mehr sein kann. Und das sollte mindestens ein paar Bedenken wecken. Denn von den Nazi-Aliens unter der Erde ist es nicht weit zu anderen antisemitischen Verschwörungsmythen, die durchaus in Gewalt eskalieren können.

Kehren wir jedoch zum Ausgangspunkt zurück und blicken erneut auf – oder in – die Hohlerde und ihre wahnwitzigen Eigenschaften als eigenständige Welt.

Diese Welt, von vielen Agartha genannt – angelehnt an den Namen eines mythologischen Ortes, der angeblich unterhalb des Himalaya-Gebirges existieren soll –, sei ein friedvolles Reich, in dem alle Lebewesen von Liebe zueinander erfüllt sind: »Der Erdinnenraum ist voller Licht: Heller als tausend Sonnen, wärmend und alles Leben nährend. Klimaschwankungen sind uns unbekannt, die Luft hat eine Qualität, wie sie auf der oberen Erde nirgendwo zu finden ist – der Sauerstoff hat einen besonderen Geschmack. Alle Gräser, Pflanzen und Bäume, alle Gewächse und Früchte, auch solche, die auf der oberen Erde längst ausgestorben sind, strahlen in intensiven Farben, haben einen unverwechselbaren Geschmack und sind uns allen in ihrer Heilwirkung vertraut. Und auch unsere Freunde aus dem Tierreich sind uns wunderbare Gefährten, die all ihre Fähigkeiten und ihr Wissen mit uns teilen. Wildtiere, wie ihr sie kennt, gibt es in Agartha nicht. Bei uns trinken Löwe und Ziege aus einer Wasserstelle.« Und Löwe und Ziege ernähren sich von was? Licht? Wieso leben in der Hohlerde überhaupt Löwen und Ziegen? Gibt’s da auch Waschbären? Einen McDonald’s? Detailfragen, die in der naiven Vorstellung dieses Alien-Garten-Edens keine Rolle spielen. Viel wichtiger ist doch die Frage: Woher wissen diese Leute, wie es da unten aussieht? Haben die sich das irgendwie kollektiv zusammengeträumt oder halluziniert? Die näher liegende Antwort lautet: Augenzeugenberichte. Na klar.

Sehr häufig wird der unter den Hohldenkern fast schon berüchtigte Bericht von Admiral Richard Evelyn Byrd (1888–1958) genannt, der im Rahmen einer militärischen Forschungsexpedition über die Antarktis flog und so einen Eingang zur Hohlerde gefunden haben soll. Daraufhin betrat er die Innenwelt und nahm Kontakt mit den dort lebenden Wesen auf. Leider zwang ihn die US-Regierung, für den Rest seines Lebens über sein Erlebnis zu schweigen. Glücklicherweise kennen die Hohlraum-Historiker den Kniff mit den geheimen Aufzeichnungen, sodass jeder Mensch, der sich dafür interessiert – oder einen im Tee hat – Admiral Byrds seltsames Abenteuer nachempfinden kann. Im Vorwort seines angeblichen Tagebuchs heißt es: »Dieses Tagebuch werde ich im Geheimen und Verborgenen schreiben. Es enthält meine Aufzeichnungen über meinen Arktis-Flug vom 19. Februar 1947. Ich bin sicher, es kommt die Zeit, wo alle Mutmaßungen und Überlegungen des Menschen zur Bedeutungslosigkeit verkümmern und er die Unumstößlichkeit der offensichtlichen Wahrheit anerkennen muss. Mir ist die Freiheit versagt, diese Aufzeichnungen zu veröffentlichen und vielleicht werden sie niemals ans Licht der Öffentlichkeit gelangen. Aber ich habe meine Aufgabe zu erfüllen, und das, was ich erlebt habe, werde ich hier niederschreiben. Ich bin zuversichtlich, dass dies alles gelesen werden kann, dass eine Zeit kommen wird, wo die Gier und die Macht einer Gruppe von Menschen die Wahrheit nicht mehr aufhalten kann.« Dieser Bericht, der in der real existierenden Biografie Byrds mit keinem Wort erwähnt wird, könnte als keckes, unterhaltsames Lügenmärchen im Geiste eines modernen Münchhausens durchgehen – wenn er nicht in gewissen Kreisen so eine gewichtige Rolle spielen würde. »Wir sind inzwischen von den tellerförmigen Flugscheiben eingekreist. Wir scheinen gefangen zu sein. Die Flugobjekte strahlen ein eigenes Leuchten aus. Es knattert in unserem Funk. Eine Stimme spricht uns in englischer Sprache an. [Die Stimme hat einen deutschen Akzent]: »WILLKOMMENINUNSEREMGEBIET, ADMIRAL! In exakt sieben Minuten werden wir Sie landen lassen. Bitte entspannen Sie sich, Admiral, Sie sind gut aufgehoben.« Natürlich hatte die Stimme einen deutschen Akzent. Sie wissen schon … Nur sind es bei Byrd nicht die Aldebaraner, sondern die Arianni. Dieses Volk, dessen Name bestimmt nur zufällig an Arier erinnert, zeichnet sich ebenfalls durch Größe, Schönheit und blonde Haare aus. Freundlich sind sie natürlich auch. Und weise. Und viel weiter entwickelt als wir Menschen von der Oberfläche. »Wir beide, mein Funker und ich, werden aus dem Flugzeug geführt und überaus freundlich empfangen. Dann führt man uns zu einer gleitenden Scheibe, die sie hier als Fortbewegungsmittel benutzen. Sie hat keinerlei Räder. Mit enormer Schnelligkeit nähern wir uns einer schimmernden Stadt. Die Farbenpracht der Stadt scheint von dem kristallähnlichen Material, aus welchem sie gebaut worden ist, zu kommen.« Dann trifft Byrd den Anführer, der ihm sogleich einen Vortrag über die Verfehlungen der Menschen hält, ihn vor den Gefahren der Atomkraft warnt und ihm zu guter Letzt noch ein paar spirituelle Kalendersprüche über die Maßlosigkeit der Menschheit an den Kopf wirft. Währenddessen genießen sie zusammen ein warmes Getränk (»Dieses Getränk schmeckt anders als alles, was ich jemals genossen habe. Kein Getränk, kein Essen hat einen vergleichbaren Geschmack«), und nach relativ kurzer Zeit wird wieder Abschied genommen. Wäre ich gutmütig, könnte ich das Ganze einfach als eine Art esoterische Metapher einordnen, über die kriegslustigen Menschen, die man mit ihren Fehlern und Lastern konfrontiert und denen man vor Augen führt, wie viel weiter sie sein könnten, wenn sie sich mal zusammenreißen würden, anstatt sich permanent zu bekämpfen. Betrachtet man allerdings die Welle, die diese skurrile Science-Fiction-Mär losgetreten hat, dann kriegt man regelrechtes Herzflattern. Denn ich muss hier leider noch mal die Tür zum Naziklo aufreißen: Byrds fiktives Tagebuch bildet die Vorlage für die volksverhetzenden Visionen eines gewissen Jan van Helsing, dessen Werke teilweise indiziert sind und sogar jahrelang einem Beschlagnahmebeschluss unterlagen. Diese Bücher triefen vor antisemitischen Verschwörungsmythen und judenfeindlicher Hetze. Die Hohlerde ist dabei Dreh- und Angelpunkt einer wilden Mischung aus germanischer Mythologie, Prä-Astronautik, moderner Ufologie und jeder Menge esoterischer Luftschlösser, gepaart mit nahezu allen jemals formulierten Hassfantasien rund um eine jüdische Weltverschwörung, inklusive einer unmissverständlichen Holocaustleugnung. Daneben erscheint die reine Neuschwabenland-Story wie eine putzige Lagerfeuergeschichte.

Der gemeine Wald- und Wiesenschwurbler distanziert sich jedoch für gewöhnlich von solchen rechtsextremistischen Werken – wie man das eben so macht. Dennoch ist dieser ganze antisemitische Schund ein Teil der Verschwörungsblase, in der sich die Aluhüte untereinander austauschen. Die Tapete hat also hier und da ein paar braune Flecken, aber das ist offensichtlich nicht so schlimm. Frei nach dem Motto »Ich bin doch kein Nazi, aber …« akzeptiert man, dass es da draußen auch »kontroverse« Meinungen gibt, die man hinzunehmen hat, selbst wenn man sie nicht teilt. Außer natürlich, eine dieser Meinungen beinhaltet die Ablehnung und Verurteilung hasserfüllter Nazifantasien. Dann ist man selbstverständlich ein indoktriniertes Schlafschaf oder ein Antifa-Agent, der nur glaubt, was ihm in der Schule beigebracht wurde. Tja, Entschuldigung, dass mein langweiliger Bildungsweg mir nicht die Tore zur YouTube-Universität aufgestoßen hat.

Und so pickt sich die Szene dann gerne die Rosinen aus derartigen Quellen heraus und lässt die unliebsamen Details drumherum am liebsten einfach unerwähnt. Gleichzeitig werden in Gesprächen mit Außenstehenden hauptsächlich jene »Augenzeugenberichte« betont, die nicht in Antisemitismus gebadet haben. Und Sie werden mindestens eine davon kennen: »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde« von Jules Verne aus dem Jahr 1864. Geschrieben also in einer Zeit, in der es keine sichere Erkenntnis darüber gab, wie der Erdkern beschaffen ist, vermischt der Roman viele wissenschaftliche Ansprüche mit innovativer Fantastik, während er seine Leser:innen auf eine faszinierende Reise durch unterirdische Welten mitnimmt. »Wie konnte Jules Verne so vieles wissen, wenn er nicht Aufzeichnungen von dort hatte oder vielleicht sogar selbst dort war?« Ähm, ich glaube, das nennt man Vorstellungskraft. Aber gut, dann war er eben in der Hohlerde. Von mir aus. »Jules Verne war Freimaurer höchsten Grades und wusste über alles Bescheid! Die hätten in Hollywood nie sein Buch verfilmt, wenn die Geschichte nicht wahr wäre! Die zeigen immer alles in Filmen!« Ja, erwischt. Jules Verne war nicht nur Freimaurer, sondern auch Papst und obendrauf ein ganz famoser Pokémon-Trainer. Die Sache mit Hollywood ist übrigens ein typisches Narrativ, das auch bei der flachen Erde kurz Erwähnung fand: Egal, in welcher Verschwörungsfantasie wir uns bewegen – immer wieder gibt es das Argument, gewisse Filme (in der Regel aus dem dystopischen Science-Fiction-Genre) würden die Wirklichkeit abbilden, weil die mächtigen Eliten zu eitel wären, um uns ihre geheimen Pläne nicht doch noch irgendwie unter die Nase zu reiben, oder weil sie uns unterbewusst auf die baldige Offenbarung der Wahrheit vorbereiten wollen. Allein die »Matrix«-Filme haben unter Verschwörungsgläubigen eine regelrechte Hysterie ausgelöst. Ein Schwurbelkomplex, der uns in diesem Buch noch häufiger begegnen wird.

Zurück zum Thema. Im Gegensatz zur flachen Erde, wo die »Beweise« für ihre Existenz quasi »überall um uns herum« zu finden sind und man gerne die Bibel zitiert, um vermeintlich historische Argumente vorzutragen, ist das bei der hohlen Erde schon anders. Ihre Anhänger rühmen sich gerne damit, sich auf wissenschaftliche Theorien berufen zu können und allein deshalb die vielen Mutmaßungen und natürlich die Augenzeugenberichte wahr sein müssten. Dazu zählen, trotz aller Wissenschaftlichkeit, auch Sagen und Legenden, die sich um eine Unterwelt drehen. Oder denken Sie etwa, der Hades der alten Griechen ist nur ein Mythos? »Herkules stieg, wenn man das genau untersucht, in die Hohlerde ab oder in einen Teil von ihr, das ist ziemlich eindeutig. Er und die anderen Helden hatten keine menschliche DNS, für sie war es normal, in die Hohlwelt zu reisen, die Eingänge waren jedem bekannt.«

Was leider unbeachtet bleibt: Wissenschaft kann niemals eine universelle Wahrheit anbieten. Bei ihr dreht sich immer alles um Evidenz. Und die Wissenschaft irrt nun mal auch – was gut ist, weil dadurch neue Fortschritte gemacht werden. Wissenschaft entwickelt sich. Was heute eine Theorie ist, kann morgen schon wissenschaftlicher Konsens sein – oder absoluter Unsinn. Das verstehen Verschwörungsgläubige allerdings nicht. Für sie bedeutet eine neue wissenschaftliche Erkenntnis nicht etwa, dass man dazugelernt oder dass die Forschung neue Ergebnisse zu Tage gefördert hat, sondern: Entweder die alten Theorien (wie die über die hohle Erde) waren absolut richtig und es mussten neue erfunden und verbreitet werden, um die Wahrheit zu unterdrücken, oder die alten Theorien waren eine Lüge, um die Menschheit zu täuschen, weil man ihr die eigentliche, noch zu enthüllende Wahrheit verheimlichen wollte. Je nachdem, was einem gerade besser in den Kram passt. Letzteres konnte man übrigens besonders gut während der Corona-Pandemie beobachten, als alle frühen Erklärungsmodelle, die selbstverständlich im Laufe der Pandemie durch neue abgelöst werden sollten, von den Aluhüten als Lügen bezeichnet wurden. Doch dazu später mehr.

Im Fall der hohlen Erde rezitiert man in Diskussionen fast schon gebetsmühlenartig die Theorien der vergangenen Jahrhunderte. Aber, wer hätte das gedacht, natürlich nur jene, die den eigenen Standpunkt unterstreichen sollen. Wenn es beispielsweise um Newton und die bis heute gültige Gravitationslehre geht, haben die Anhänger der hohlen Erde mit denen der flachen Erde nämlich eins gemeinsam: alles Lügen. Denn: »Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Evolution unserer Mutter Erde durch die ständige Umdrehung im Inneren einen Hohlraum bildete, der mit der Zeit Wasser hineinlaufen ließ und sich sowohl im Inneren als auch außerhalb der Erde Leben bilden konnte. Man kann sich hierzu einen ausgehöhlten Kürbis vorstellen, wie man ihn zu Halloween auf den Balkon stellt. Während man auf der Außenseite ganz normal herumlaufen kann, so kann man auf der inneren Kürbisschicht ebenfalls herumlaufen. Innerhalb der übrig gebliebenen Kürbisschicht befindet sich eine Art Gravitationsring, der es ermöglicht, dass man festen Boden unter seinen Füßen behält.« Interessant. Steht so natürlich in keinem Physikbuch, deshalb muss es ja wahr sein. Außerdem hätte der erfindungsreiche Elektroingenieur Nikola Tesla (1856–1943) angeblich seinerzeit die Levitationstechnologie entwickelt, die beweist, dass die Schwerkraft nicht existiert. Weil, wie wir von den Anhängern der flachen Erde wissen, alles, was lange in der Luft bleiben kann, die Schwerkraft widerlegt. Wolken, Vögel, Ballons, Rauch und eben auch Dinge, die mittels Levitationstechnik zum Schweben gebracht werden. Nimm das, Newton!

Kein Wunder also, dass Tesla, der für viele Neuerungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik verantwortlich war, in der Schwurbelszene einen regelrechten Kultstatus genießt. Der Physiker und Erfinder wird verehrt wie ein Heiliger. Gerade die angesprochene Levitationstechnologie soll beispielsweise die Basis für die berühmten lautlosen Flugscheiben sein. Und nicht nur das: Mithilfe der gleichen Technik wurden damals auch die Pyramiden gebaut. So zumindest eine der zahlreichen Verschwörungstheorien rund um dieses Thema. Die riesigen Steinquader packte man also einfach auf eine schwebende Rampe und der IT-Fachmann des Pharaos steuerte das Teil mit einem Joystick zielgenau an die richtige Stelle der Pyramide?

Tesla hatte neben seinen tatsächlichen Errungenschaften durchaus viele Ideen und Theorien, die sehr revolutionär und innovativ, aber gleichzeitig auch äußerst unpraktikabel waren. So war eins seiner Ziele, elektrische Energie drahtlos zu übertragen. Oder anders gesagt: freie, kostenlose Energie für alle. In der Aluhutszene bedeutet das nichts anderes als den Weg zum Weltfrieden, den natürlich auch Tesla im Sinn hatte, bevor er von Thomas Edison, dem Handlanger der Freimaurer (oder Satanisten, oder Echsenmenschen, oder Juden, oder satanischen Echsenjuden) hintergangen wurde. Die nach ihm benannte Tesla-Spule (oder auch Tesla-Transformator) war angeblich der Schlüssel dafür. Dass dieses Gerät sich für die gezielte Übertragung von elektrischem Strom nicht wirklich eignet, ist natürlich völlig egal. Man ist sich sicher: Tesla kannte die Wahrheit, wollte die Welt verbessern, und dafür wurde er schändlicherweise umgebracht. Doch nicht nur das. Die Mörder stahlen seine Erfindungen und benutzten sie fortan für das Böse. Wie etwa die Erdbebenmaschine, mit der die Mächtigen bis heute immer wieder gezielt Katastrophen auslösen. Gleichzeitig halten die dunklen Mächte alle Technologien Teslas, die der Menschheit irgendwie nutzen könnten, unter Verschluss. Und was hatte Tesla laut hysterischen Schwurbeldodos nicht alles erfunden: Eine Plasmatechnologie, die Materie erschaffen kann. Eine Methode, mit der sich Vegetation beeinflussen lässt. Die Möglichkeit der Dematerialisation. Und das Beste: eine Technologie, mit der Krankheiten kuriert werden können. Oft wird dabei von einer »Tesla-Healing-Machine« gesprochen, also einem Heilungsapparat, der die westliche Medizin überflüssig machen würde. Als Referenz werden hierfür gerne die sogenannten Hochfrequenz-Heilgeräte genannt, die zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kamen. Diese Geräte verwendeten eine Tesla-Spule, um sehr hohe Frequenzen zu erzeugen, die in einem Glasrohr hör- und sichtbar gemacht werden konnten. Dieses aufgeladene Glasrohr wurde an den Körper gehalten, um diesen kunst- und effektvoll zu behandeln. Berührte nämlich ein solches Rohr die Haut, entstanden im Glas ein beeindruckendes Summen und viele grelle, bunte Funken. Auf der Haut erzeugte das Ganze lediglich ein leichtes Kribbeln und sollte der besseren Durchblutung sowie der Blutauffrischung dienen. Eingesetzt wurden die Geräte gegen allerlei Beschwerden: Ausschläge, Schmerzen, Haarausfall, Bettnässen, Epilepsie und sogar einige Infektionskrankheiten. Eine echte Wirkung hatten solche Behandlungen allerdings im besten Falle auf psychologischer Ebene. Nichtsdestotrotz galten sie eine Zeit lang als Wunderwaffe der modernen Medizin.

Und während die Wissenschaft heutzutage durchaus das Lebenswerk Teslas schätzt und viele Theorien nicht gänzlich aufgegeben hat, leben seine Ideen in den Grundzügen esoterischer Pseudowissenschaften fort, wie Bioresonanzmedizin, Quantenheilung, Dunkelfeldmikroskopie und wie diese Eulenspiegeltherapien sonst noch alle heißen. Dort findet man letztendlich haufenweise Schwurbelmaschinen mit skurrilen Namen wie Diamond Shield Zapper, Power Tube, Neo Rhythm Device, Tesla Harmony Chip oder Multiwellen Oszillator. Alles ganz hochentwickelte »medizinische« Apparate, die natürlich auf Grundlage von geheimen Technologien und altem, über den normalen menschlichen Verstand hinausgehendem Wissen funktionieren. Oft wird in solchen esoterischen Kreisen der Aufbau einer Tesla-Spule mit dem Chakra-System des Menschen verglichen, weil angeblich beides auf der gleichen Frequenzebene orgelt. Doch erst mal genug davon.