Profiling Murder – Fall 7 - Dania Dicken - E-Book

Profiling Murder – Fall 7 E-Book

Dania Dicken

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Beschreibung

Folge 7: Dieser Fall lässt selbst Laurie und Jake erschaudern: In der Wüste um Phoenix werden nacheinander mehrere Leichen entdeckt - vollkommen ausgeweidet. Handelt es sich dabei um Opfer eines grausamen Ritualmörders? Oder existiert eine andere Verbindung zwischen den Toten? Jake und Laurie bitten ihre Kollegin Teresa, verdeckt in dem Fall zu ermitteln. Noch ahnen sie nicht, dass sie die Frau damit einer tödlichen Gefahr aussetzen ...

Laurie Walsh war eine erfolgreiche Polizistin. Bis sie aus Notwehr schießen musste - und ein Mensch starb. Die Bilder verfolgen sie selbst Jahre später noch jede Nacht. Doch dann meldet sich ihr ehemaliger Partner Jake und bittet sie um Hilfe bei einem Fall. Und Laurie wird klar, wie sehr ihr Herz noch an der Polizeiarbeit hängt. Sie kehrt an Jakes Seite in ihren Job zurück und ermittelt fortan in besonders harten Fällen, die selbst die Ermittler tief erschüttern. Und gerät dabei nicht selten selbst ins Visier der Täter ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Inhalt

CoverPROFILING MURDER – Die SerieÜber diese FolgeÜber die AutorinTitelImpressumDienstag, 16. JuniMittwoch, 17. JuniDonnerstag, 18. JuniFreitag, 19. JuniSamstag, 20. JuniFreitag, 19. JuniMontag, 22. JuniDienstag, 23. JuniMittwoch, 24. JuniFreitag, 26. Juni

PROFILING MURDER – Die Serie

Laurie Walsh war eine erfolgreiche Polizistin. Bis sie aus Notwehr schießen musste – und ein Mensch starb. Die Bilder verfolgen sie selbst Jahre später noch jede Nacht. Doch dann meldet sich ihr ehemaliger Partner Jake und bittet sie um Hilfe bei einem Fall. Und Laurie wird klar, wie sehr ihr Herz noch an der Polizeiarbeit hängt. Sie kehrt an Jakes Seite in ihren Job zurück und ermittelt fortan in besonders harten Fällen, die selbst die Ermittler tief erschüttern. Und gerät dabei nicht selten selbst ins Visier der Täter …

Über diese Folge

Dieser Fall lässt selbst Laurie und Jake erschaudern: In der Wüste um Phoenix werden nacheinander mehrere Leichen entdeckt – vollkommen ausgeweidet. Handelt es sich dabei um Opfer eines grausamen Ritualmörders? Oder existiert eine andere Verbindung zwischen den Toten? Jake und Laurie bitten ihre Kollegin Teresa, verdeckt in dem Fall zu ermitteln. Noch ahnen sie nicht, dass sie die Frau damit einer tödlichen Gefahr aussetzen …

Über die Autorin

Dania Dicken, Jahrgang 1985, schrieb ihr erstes Buch als Zehnjährige – per Hand und mit dem guten Gefühl, eine Berufung gefunden zu haben, die bleiben würde. Während ihres Studiums verfasste sie dann zunächst Fantasyromane, die sie im Selbstverlag veröffentlichte. Nach einigen Semestern beschloss sie, ihr Soziologiestudium an der Universität Duisburg gegen einen interdisziplinären Psychologie- und Informatik-Studiengang zu tauschen, was sich schnell als richtige Entscheidung erwies. Mit den Grundlagen aus dem Psychologiestudium setzte sie ein lang gehegtes Vorhaben in die Tat um und schreibt seitdem spannende Profiler-Thriller. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Krefeld und widmet sich hauptberuflich dem Verfassen spannender Bücher.

Dania Dicken

Fall 7Stumme Opfer

beTHRILLED

 

Originalausgabe

 

»be« - Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

 

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

 

Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Thomas Krämer unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock.com

eBook-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

 

ISBN 978-3-7325-8930-2

 

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Dienstag, 16. Juni

Als er einen schrillen Schrei aus dem Badezimmer hörte, galt Jakes erster Gedanke seiner Dienstwaffe. War jemand eingebrochen? Schwebte Laurie in Gefahr?

»Diese verfluchten Mistviecher!«

Grinsend öffnete Jake die Badezimmertür und spähte hinein. Laurie stand in der Dusche, ein Handtuch um die Haare gewickelt, ein weiteres um ihren Körper geschlungen, und starrte auf ihre Hausschuhe. Auf Anhieb sah Jake nur einen gekrümmten schwarzen Stachel.

»Warum genau haben wir es für eine gute Idee gehalten, in die Wüste zu ziehen?«, fragte Laurie ihn stirnrunzelnd. »Diese verdammte Stadt gleicht die Hälfte des Jahres so sehr einem Glutofen, dass man das Haus kaum verlassen will und aufgrund seiner Stromrechnung wegen der Klimaanlage verarmt, und wenn einen das mal nicht nervt, dann hat man Skorpione in den Schuhen.«

Nun lachte Jake. »Er findet es eben gemütlich darin.«

»Könntest du ihn vielleicht entfernen?«

Fragend sah Jake sie an und grinste. »Musst du jetzt von einem mutigen Prinzen gerettet werden?«

»Und der bist du, oder wie? Nein, im Ernst … Kannst du ihn einfangen und rausbringen?«

Jake musterte den kleinen Gliederfüßer. »Moment.«

Damit verließ er das Bad und holte aus der Abstellkammer neben der Küche einen Schuhkarton, den er extra für diese Zwecke aufgehoben hatte. Er kehrte ins Bad zurück und schob eine Seitenwand der Schachtel vorsichtig unter den Hausschuh. Langsam ließ er den Schuh hineinrutschen, und als es geschafft war, legte er den Deckel darauf und nickte Laurie zu.

»Heldenhaft genug?«

»Ich danke dir«, sagte sie erleichtert und verließ die Dusche. Er konnte verstehen, dass sie sich kaum an dem Tier vorbeigetraut hatte. Es war nicht der erste Skorpion, den sie aus dem Haus werfen mussten, von Eidechsen und Kakerlaken mal ganz abgesehen.

Jake ging mit dem Schuhkarton hinaus in den Garten. Die Sonne brannte bereits jetzt auf seine Haut, es waren schon um kurz vor halb acht an die dreißig Grad. Als Jake hinten im Garten angekommen war, kippte er den Karton und nahm den Deckel weg. Sofort kam der Skorpion angriffslustig herausgeschossen und raste unter den nächsten Strauch. Jake kehrte ins Haus zurück und brachte seiner Freundin den fehlenden Hausschuh, bevor er sich wieder den Frühstücksvorbereitungen widmete.

***

Wenig später gesellte Laurie sich zu ihm. Sie hatte die Haare nicht geföhnt, denn als Wüstenbewohner wusste man die kühlende Wirkung nasser Haare zu schätzen.

Nach dem Frühstück machten sie sich gleich auf den Weg zum Phoenix Police Department. Für diesen Tag waren vierundvierzig Grad Celsius vorhergesagt, und bis dahin fehlten nur noch zehn Grad, vermutete Laurie, als sie vor dem Department aus dem Auto stieg. Selbst nachts kühlte es ja kaum unter dreißig Grad ab. Das alles war verdammt gewöhnungsbedürftig, das musste sie zugeben, aber nach Baltimore zurückzukehren, kam für sie auch nicht in Frage. Sie hatten sich gerade so richtig in ihrem Haus in Scottsdale eingerichtet, und mit Maryanne Walters hatten sie eine Chefin, die sie nicht bloß auf ihre eigenwillige Art ermitteln ließ, sondern die auch nichts dagegen einzuwenden hatte, dass sie ein Paar waren. Solange sie gute Arbeitsergebnisse lieferten und sich da kein Interessenkonflikt ergab, war es ihr egal, hatte sie gesagt. Doch, Laurie war zufrieden damit, in welche Richtung sich ihr Leben gerade entwickelte.

Sie betraten das Büro und hatten kaum ihre Computer gestartet und sich Kaffee geholt, als Captain Walters auch schon in der Tür des Großraumbüros erschien und Kurs auf sie nahm.

»Machen Sie es sich nicht gemütlich, es gibt Arbeit«, sagte sie, noch bevor sie Laurie und Jake überhaupt erreicht hatte.

Überrascht hob Jake die Brauen. »Will ich wissen, was es ist?«

Walters lachte. »Sie meinen, weil ich so zielstrebig zu Ihnen komme? Allerdings liegen Sie richtig mit Ihrer Befürchtung, dass es um eine unschöne Sache geht. Vorhin wurde eine Wasserleiche gefunden.«

Laurie und Jake tauschten einen fragenden Blick, dann fand Laurie zuerst die Sprache wieder.

»Eine Wasserleiche? Wo findet man denn in Arizona Wasserleichen?«

»Das kann ich Ihnen sagen. Rund um Scottsdale gibt es einige stehende Gewässer im ausgetrockneten Flussbett des Salt River. Zwischen der Route 87 und der Route 202 befindet sich so ein Brackwasser-Teich. Ein Angestellter der dortigen Recyclingfirma hat vorhin bemerkt, dass eine Leiche im Wasser treibt.«

Laurie verzog das Gesicht und blickte zu Jake. »Erst ein Skorpion vor der Dusche und jetzt eine Wasserleiche. Das wird ja immer schlimmer heute.«

»Übernehmen Sie den Fall?«

»Sicher«, sagte Jake, ohne Lauries Einverständnis abzuwarten. Er bat Walters um die genaue Adresse und schnappte sich dann den Schlüssel ihres Dienstwagens.

Der Red Mountain Freeway führte sie vom Department fast genau bis zum Fundort der Leiche. Sie folgten der North Center Street bis zum Gelände einer Recyclingfirma, die ihre Zelte am Rande des Salt River aufgeschlagen hatte. Sie konnten den Betreffenden von der Straße aus bereits sehen – genau wie den Streifenwagen der Kollegen und das Fahrzeug des Coroners, die beide auf einer unbefestigten Straße unweit des Wassers geparkt waren. Wasser war in Arizona definitiv Mangelware, aber zu Beginn des Sommers gab es entlang des Flussbetts immer noch einige Teiche voller Wasser. Im Oktober sah das wahrscheinlich anders aus.

Sie parkten den Dienstwagen hinter den anderen Fahrzeugen und stiegen aus. Die Sonne brannte unbarmherzig auf sie herab, aber wenigstens war es im Juni noch eine trockene Hitze. Eine, die für rissige Lippen und gespannte Haut sorgte. Ab Juli, wenn abendliche Gewitterstürme die Gegend heimsuchten, änderte sich das, und es wurde neben der Hitze auch noch schwül.

Laurie und Jake gingen über salzverkrusteten, ausgedörrten Boden hinüber zu den Kollegen.

»Guten Morgen«, begrüßte Jake sie. »Detective McNeill, das ist meine Partnerin Detective Walsh.«

»Guten Morgen, Detectives. Haben Sie schon gefrühstückt? Das wird gleich unschön«, sagte der Coroner.

»Wir sind da nicht empfindlich.«

»Cartwright«, stellte der Coroner sich knapp vor. »Meine zweite Wasserleiche überhaupt.«

»Meine nicht.« Jake ging nicht weiter ins Detail, fing sich jedoch einen amüsierten Seitenblick von Laurie ein.

»Wir müssen auf die Spurensicherung warten, bevor ich mir den Toten näher ansehen kann, aber ich vermute mal, die Kollegen kommen gleich.«

»Was können Sie uns denn bisher sagen?«

»Nicht viel … vorhin ging ein Notruf bei uns ein, auf dem Firmengelände da drüben hat jemand gesehen, dass die Leiche hier im Wasser treibt.« Er trat zur Seite und gab den Blick auf den etwas aufgedunsenen Körper frei, der bäuchlings im brackigen Wasser trieb. Laurie glaubte, lange dunkle Haare zu erkennen, war sich aber nicht sicher. Die Haut wirkte wachsartig und grau.

»Gestern war die noch nicht hier. Wir sind hergekommen und haben die Kollegen verständigt. Mehr ist noch nicht passiert.«

Jake nickte ernst. Sie mussten noch etwa zehn Minuten bis zum Eintreffen der Spurensicherung warten. Während die Kollegen sich daran machten, das Gelände zu untersuchen und Fotos zu machen, warteten sowohl Laurie und Jake als auch die Streifencops bei laufender Klimaanlage in ihren Autos. Das Thermometer zeigte schon achtunddreißig Grad.

Sobald die Spurensicherung abgeschlossen war, rief Cartwright sie wieder dazu, als er zusammen mit einem Kollegen die Leiche aus dem Wasser barg. Sie legten sie umgedreht in einen Leichensack, und dabei offenbarte sich ihnen erst, dass die Leiche ausgeweidet worden war. Es war eine Frau, so viel war noch erkennbar. Laurie verzog das Gesicht, als sie den Darm und andere innere Organe erkannte. Der Fotograf machte noch ein paar Aufnahmen.

»Ist das ekelhaft.« Jake musste sich sichtlich zusammenreißen und rümpfte die Nase.

»Damit hatte ich jetzt auch nicht gerechnet«, sagte der Coroner.

»Waren das Tiere oder Menschen?«

»Hm. Saubere Wundränder, nichts zerfetzt … Das hat wohl ein Messer verursacht. Ein Mensch also, würde ich sagen. Davon abgesehen hat sich ja auch jemand die Mühe gemacht und den Brustkorb geöffnet. Zeigen Sie mir mal das Tier, das mit einer Knochensäge das Sternum zerteilt.«

Jake grinste schief. »Man weiß ja nie.«

»Es ist noch zu früh, um etwas Definitives zu sagen, aber ich weiß, dass die Leiche hier nicht heute Nacht erst entsorgt wurde. Die scheint schon länger im Wasser gelegen zu haben.«

»Und das hat keiner gemerkt?«

»Ich vermute, sie war bis jetzt unter Wasser und ist erst durch die bei der Verwesung entstehenden Fäulnisgase wieder an die Oberfläche gekommen.«

Laurie schluckte hart. Das Frühstück in ihrem Magen rumorte verdächtig.

»Woran machen Sie das fest?«, fragte Jake.

»An der Fettwachsbildung. Sehen Sie, die Weichteile einer Leiche werden beim Verwesungsprozess irgendwann in Adipocire umgewandelt, so lautet der Fachbegriff für das Fettwachs. Es beginnt mit dem Körperfett. Ich erspare Ihnen jetzt den chemischen Exkurs darüber, was der Bildung der Adipocire zugrunde liegt. Nur so viel: Im Wasser verläuft dieser Prozess schneller als etwa in einem Erdgrab. Fettwachs konserviert eine Leiche. Es bildet sich besonders gut und einfach in stehenden Gewässern wie diesem hier, aber auch nicht von heute auf morgen. Diese Leiche wird hier nicht erst seit fünf oder sieben Tagen liegen, wobei man natürlich berücksichtigen muss, dass das Ganze in wärmeren Gewässern wie diesem hier schneller vonstatten geht. Die genaue Datierung überlasse ich aber meinem Kollegen aus der Pathologie.«

Jake nickte verstehend. Laurie fand es gar nicht so schlimm, sich all diese Details anzuhören, weil Cartwright es nüchtern-wissenschaftlich formulierte. Wenn sie die Leiche dabei nicht ansah, wurde ihr davon auch nicht übel.

»Können Sie noch mehr über die Tote sagen?«, fragte Laurie.

»Dass es sich um eine Frau handelt, sehen Sie selbst … auf den ersten Blick würde ich sie auf zwanzig bis dreißig Jahre schätzen. Ausgehend von Schädelform, Gesichtszügen und Haarfarbe halte ich sie für eine Latina, zumindest hat sie entsprechende Wurzeln.«

»Kann man noch ihre Fingerabdrücke nehmen?«

»Ja, das setzt bei Wasserleichen zwar eine andere Vorgehensweise voraus, da sich die Haut sehr leicht ablösen lässt, aber im Allgemeinen ist das kein Problem. Sie können die Fingerabdrücke dann durch die Datenbank jagen.«

Der Mann wusste, worauf Laurie hinauswollte. Sie würden später in der Vermisstendatenbank nach der Frau suchen.

»Wichtig ist jetzt, dass wir die Leiche schnell in die Gerichtsmedizin bringen und sie dort so bald wie möglich obduziert wird, denn sind Wasserleichen einmal geborgen, beschleunigt sich der Verwesungsprozess rapide. Wenn wir Pech haben, ist sie in ein paar Stunden aufgebläht wie ein Ballon.«

»Okay, ich glaube, ich bin jetzt im Bilde«, sagte Jake und räusperte sich.

»Entschuldigen Sie, ich vergesse manchmal, dass meine Begeisterung für diese Themen nicht überall auf Gegenliebe stößt.«

»Nein, schon gut, das ist ja alles sehr informativ, aber ich habe tatsächlich alles, was ich wissen muss, um ihren Mörder zu finden.«

»Alles klar. Ich bringe die Leiche jetzt in die Gerichtsmedizin. Bevor Sie heute Feierabend machen, haben wir die Obduktion fertig.«

Sie verabschiedeten sich voneinander, und Laurie und Jake fuhren zurück nach Downtown.

»Interessant, dass das auf unserem Tisch gelandet ist«, sagte Laurie. »Ist doch gar nicht mehr unser Zuständigkeitsbereich.«

»Nein, aber wir haben gerade keinen Fall auf dem Tisch, und man weiß von uns, dass uns nichts zu krass oder zu eklig ist.«

»Wohl wahr. Dann sehen wir doch mal, ob wir nicht herausfinden, wer die unbekannte Tote ist.«

Diese Aufgabe war jetzt von zentraler Bedeutung, und ohne abgeschlossene Obduktion konnten sie ohnehin nicht mehr tun als das. Zurück im Department klemmten sie sich vor die Computer, um nach vermissten Frauen mit lateinamerikanischen Wurzeln im entsprechenden Alter zu suchen. Es dauerte ein wenig, bis die Kollegen der Spurensicherung die Fotos von der Leiche ins System eingespielt hatten, aber als sie endlich da waren, versuchten Laurie und Jake, anhand der Fotos die Vermisstenanzeigen zu durchsuchen.

Sie waren gerade mittendrin, als Walters auftauchte und ihnen interessiert über die Schulter sah.

»Wie weit sind wir mit der Wasserleiche?«

»Wir versuchen gerade, sie zu identifizieren. Sie war nackt, hatte nichts bei sich, aber der Coroner hat die Vermutung geäußert, dass es sich um eine junge Latina handelt.«

»Mhm. Könnte mit viel Pech auch eine Illegale sein.«

»Ich hoffe, wir finden sie«, sagte Laurie.

»Halten Sie mich auf dem Laufenden.«

»Wie immer.«

Walters nickte und verschwand wieder.

»Ich hoffe, Walters liegt falsch und es ist nicht wirklich eine Illegale. Sonst werden wir arge Probleme kriegen, den Fall aufzuklären.« Jake wirkte besorgt.

»Bleibt ja schon fast zu befürchten. Ich bin gespannt, was der Rechtsmediziner uns später sagt.«

Laurie und Jake durchforsteten die Vermisstenanzeigen bis zur Mittagspause und gingen dann in die Kantine.

Als sie nach dem Essen wieder ins Büro kamen, wartete schon eine Mail von der Gerichtsmedizin auf sie. Ein Assistent von Dr. Brown, dem leitenden Gerichtsmediziner, setzte sie darüber in Kenntnis, dass sie die Haut an den Fingerspitzen des Opfers konserviert und Fingerabdrücke abgenommen hatten. Sie hatten die Informationen bereits in die Datenbank AFIS eingespielt, sodass Laurie und Jake sich sofort an den Abgleich machen konnten. Allerdings erhielten sie, wie schon befürchtet, keinen Treffer. Anhand ihrer Fingerabdrücke würden sie die Tote also nicht identifizieren.

Sie suchten weiter in den Vermisstenanzeigen aus ganz Arizona und schließlich auch in New Mexico und Kalifornien. Irgendwann hatten sie eine Handvoll Anzeigen zusammen, bei denen sie zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Opfer auf den Fotos zu erkennen glaubten. Sie wollten Dr. Brown in dieser Hinsicht nach seiner Meinung fragen, denn sein geübter Blick konnte ihnen auf Anhieb sagen, ob die Schädelform und die Gesichtszüge nun wirklich passten oder nicht. Dadurch, dass die Leiche im Wasser gelegen hatte und aufgedunsen war, taten Laurie und Jake sich schwer damit.

Etwa gegen halb fünf machten die beiden sich auf den Weg zur Gerichtsmedizin, nachdem Dr. Browns Assistent ihnen mitgeteilt hatte, dass die Obduktion abgeschlossen war.

»Ich erspare Ihnen heute eine genauere Ansicht der Toten, denn wie mein Kollege Cartwright Ihnen ja schon sagte, ist bei einer Wasserleiche Eile geboten. Sie liegt jetzt schon im Kühlfach, weil sie sich seit der Bergung heute Morgen bereits stark verändert hat – und das, obwohl der Körper ja nun offen ist und sich deshalb kaum aufblähen kann. Ich habe Ihnen allerdings Fotos gemacht.« Laurie mochte den Mann, er hatte viel Erfahrung und war ein absoluter Profi.

»Ach, das ist doch immer der schönste Teil des Jobs«, murmelte Jake sarkastisch. »Dann berichten Sie mal.«

»Wir haben zuerst die Haut an den Fingern abgelöst und für die Abnahme der Fingerabdrücke präpariert. Vorhin habe ich versucht, das Alter der Toten zu schätzen – Anfang bis Mitte zwanzig, denke ich. Sie war definitiv jung und kinderlos, ich konnte keinerlei Anzeichen für eine vergangene Schwangerschaft entdecken. Vermutlich handelt es sich um eine Latina, möglicherweise eine Mexikanerin. Ich kann Ihnen eine Liste mit körperlichen Merkmalen wie Leberflecken geben, die eine Identifizierung vielleicht erleichtern. Tätowierungen oder ähnliches hatte sie nicht, aber eine Narbe von einer Blinddarm-Operation.«

»Wann ist sie gestorben?«, fragte Laurie.

»Ich vermute, sie lag drei oder vier Wochen in diesem Tümpel. In der Zeit ist es hier sehr heiß geworden, das hat in diesem stehenden Gewässer die Verwesung etwas beschleunigt. An ihren Handgelenken konnte ich noch Schürfwunden ausmachen, die darauf schließen lassen, dass man sie gefesselt hat.«

»Und was war die Todesursache?«

»Jetzt wird es langsam interessant. Dass sie ausgeweidet worden ist, haben Sie ja gesehen.« Brown zeigte ihnen einige Fotos. »Ihr fehlen Herz, Lunge, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Galle, Magen, Leber … von den inneren Organen also eine ganze Menge. Es fand sich auch nicht mehr besonders viel Blut in ihrem Körper, aber verblutet ist sie nicht. Die Toxikologie ist noch nicht ganz fertig, aber ich habe Einstichstellen gefunden.«

»Können Sie denn schon sagen, ob die Organe vor oder nach ihrem Tod entfernt wurden?«

»Danach. Sie wurde getötet, und anschließend wurde der Leichnam geöffnet. Zum Schluss hat man sie dann ins Wasser geworfen. Das ist, wie gesagt, etwa vor einem Monat passiert. Und das Interessante ist: In den letzten zwei Jahren hatte ich bereits fünf weitere Leichen auf dem Tisch, bei denen das genauso abgelaufen ist. Deshalb vermute ich auch mal, dass sie durch eine Überdosis Fentanyl getötet wurde, denn in den anderen Fällen war das so. Da sah es immer aus wie der Medikamentencocktail einer Narkose.«

»Fünf?« Laurie konnte es nicht fassen. »Warum habe ich davon noch nicht gehört?«

»Ich kann Ihnen die verantwortlichen Ermittler nennen. Die Fälle sind auch bis heute nicht aufgeklärt, soweit ich weiß. Da haben Sie jetzt eine harte Nuss zu knacken.«

»Wer waren die anderen Opfer?«, mischte sich nun auch Jake ein.

»Ich weiß nicht, ob die inzwischen identifiziert wurden. Damals waren sie es jedenfalls nicht. Ich vermute, das waren alles illegale Einwanderer.«

»Na großartig. Das hatte ich befürchtet. Wir haben vorhin einige Vermisstenfälle gesammelt, die wir für passend halten – können Sie uns sagen, ob wir da einen Treffer haben?«

»Sicher«, sagte Brown. Jake zeigte ihm die Fotos auf seinem Handy, aber der Rechtsmediziner schüttelte jedes Mal den Kopf.

»Ich glaube, sie ist nicht dabei. Fragen Sie mal in Mexiko, ob sie da vermisst wird.«

»Waren die anderen Opfer denn auch Frauen? Gab es Missbrauchsspuren?«, fragte Laurie.

»Nein, es waren bis jetzt vier Frauen und ein Mann. Keine der Frauen wurde missbraucht. Darum geht es hier nicht.«

»Aber worum denn sonst?«, überlegte Jake stirnrunzelnd.

»Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei, das herauszufinden.«