Psychos schleifen - Frank Christof Huth - E-Book

Psychos schleifen E-Book

Frank Christof Huth

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Beschreibung

Trotz einer psychischen Erkrankung konnte ich über viele Jahre ein gutes Leben als Solarkünstler führen. Zuviele Frauen warfen mich zurück. Dann wurde ich Schriftsteller, das vorliegende Buch soll Mitpatienten helfen, besser mit ihrer Krankheit Bipolares Syndrom umzugehen. Psychisch Gesunden soll es helfen, mehr Verständnis für Kranke in ihrem Umfeld zu entwickeln.

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Frank Christof Huth

Psychos schleifen

Meine Therapieerfahrungen

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Erste Depression

2. Erste Manie

3. Zweite Depression

4. Zweite Manie und dritte Depression

5. Sieben gute Jahre mit Hypomanie

6. Vierte Depression und dritte Manie

7. Sechste Depression, Krankenhaus Rüdersdorf, Hönow und Heim Beeskow

8. Vierte Manie

9. Zweieinhalb gute Jahre mit Hypomanie

Impressum neobooks

1. Erste Depression

Ich hatte alles, was man sich wünschen kann: Liebe, Arbeit, Geld, zwei Wohnungen und war Miteigentümer von zwei Autos. Die Liebe: Meine Frau Antje, ihre Kinder Pat, Freia und John, meine übrige Familie und zahlreiche Freunde. Die Arbeit: Zwei Arbeitsstellen. Miteigentümer eines gut gehenden Immobilienbüros im sächsischen Kamenz mit Vorzimmerdame und voller Ausstattung und Diplomand der Physik an der FU Berlin mit dem interessanten Thema „Schadstoffmessung der Luft mit Lasern“. Mathematik als Nebenfach hatte ich bereits mit Note 1 abgeschlossen. Perspektivisch hatte ich außerdem mit meinem Kompagnon eine Firma für Dezentrale Energietechnik gegründet. Geld: Aus guten Geschäften mit Schlössern, Villen und Biotopausgleichsflächen. Wohnungen: Die schöne Wohnung mit Antje in Berlin Wilmersdorf nahe dem Volkspark und meine Dreiraumwohnung in Berlin Mitte. Autos: Einen Opel Astra Kombi und ein Elektromobil Puli Cabrio aus Ungarn.

Trotzdem wurde ich krank. Ich wusste mit den Symptomen Schlafstörungen, Traurigkeit und Passivität nichts anzufangen. Was eine Depression ist, wusste ich damals nicht. Das alles begann im Frühjahr 1995. Ich ging nicht mehr zur Universität und antwortete meinem Kompagnon am Telefon nicht. Einmal fuhr ich noch nach Kamenz. Er sah, was mit mir los war, fuhr mich vorsichtig durch die Stadt. Sagte:

„Mach den Abschluss in Physik, den brauchen wir für unsere Dezentrale Energietechnik.“

Wenn er stattdessen gesagt hätte:

„Komm zu mir nach Kamenz, wir mieten eine Wohnung für dich und machen ohne Physikdiplom weiter!“

Dann wäre mein weiteres Leben wohl anders verlaufen. Stattdessen sprach er die schrecklichen Worte:“Viel wert sind wir beide nicht, wir brauchen einander!“

In noch schlechterer Verfassung kam ich zurück nach Berlin. Antje riet mir, ins Westendkrankenhaus zu fahren. Dort befragte mich eine Ärztin. Sie fand heraus, dass sich meine beiden Großonkel mütterlicherseits und ein Großonkel väterlicherseits umgebracht hatten. Sie diagnostizierte bei mir eine Depression und bot mir an, ein Antidepressivum, Saroten retard, zu verschreiben. Entweder als ambulante Therapie oder sechs Wochen stationär. Ich schreckte zurück.

Am Ende des Gespräches sagte sie:“Versprechen Sie mir, wenn Sie Selbstmordgedanken haben, zu uns zu kommen!“ Sie hielt mir die Hand hin. Ich schlug nicht ein. Wenig später war es soweit. Ich wollte nicht mehr leben. Fuhr mit der Bahn ins Vogtland, wo ich in Kindheit und Jugend viele glückliche Tage bei den Großeltern in Erlbach verbracht hatte. Diesmal hatte ich ein anderes Ziel: Die hohe Eisenbahnbrücke von Jocketa. Dort angekommen, sprach mich ein schwarzgekleideter Mann an:

„Deine Frau hat mich angerufen. Sie hat geahnt, dass du hierher kommst. Ich bin der Pfarrer. Viele sind hier schon gestorben. Einen konnte ich retten. Jetzt ist er der glücklichste Mensch. Nimm dir ein Beispiel an ihm. Du hast viele, die dich lieben.

„Ist mir egal! Lass mich in Ruhe!“

Ich lief Richtung Brücke. Was ich nicht gesehen hatte: Im Hintergrund stand ein Krankenwagen. Die Sanitäter schnitten mir den Weg ab. Sie packten zu und verfrachteten mich in ihren Wagen. Fuhren ins Plauener Krankenhaus und gaben mich bei der Psychiatrie ab. Es wurde Nacht, und ich kam in ein Krankenzimmer. Am Morgen war Visite, und ich konnte dem Chefarzt glaubhaft machen, dass meine Selbstmordgedanken verflogen waren. Man entließ mich. Ich kaufte Zwieback, legte mich auf eine Wiese nahe dem Krankenhaus und wartete auf den Abend. Dann wollte ich wieder zur Brücke. Bevor ich das tun konnte, kamen Antje und mein Schulfreund Holm, um mich zu holen. Sie hatten den Mercedes eines Nachbarn und luden mich ein. Ich lag die ganze Fahrt über schweigend auf der Rückbank.

Antje hatte für mich im Urbankrankenhaus in Berlin Kreuzberg die Krisenstation klargemacht. Dort war ich eine Woche. Nichts tat sich, außer dass ich mit meinem Zimmerkameraden darüber nachdachte, mit ihm zusammen eine Renovierungsfirma aufzumachen. Bevor das konkret wurde, verließ er die Station. Am Entlassungsabend tranken Antje und ich auf einem Restaurantschiff am Urbanhafen Rotwein. Zurück in der Wohnung empfingen mich viele leuchtende Teelichter. Die hatte Freia zu meiner Begrüßung aufgestellt.Das Leiden währte noch einige Monate. Dann machten Antje und ich einen Ausflug nach Lebus an die Oder. Meine Lebensgeister kehrten plötzlich zurück. Zum ersten Mal empfand ich wieder Freude: Fluss, Bäume, Eisvogel. Ich vermietete die Wohnung in Berlin Mitte an meinen Bausoldatenfreund Achmed und seinen österreichischen Freund unter. Die beiden arbeiteten im Tacheles.

2. Erste Manie

Es ging mir immer besser. Die Familie und ich fassten den Plan, wieder zum Winterurlaub ins schwedische Smaland zu fahren. Ich rief die Besitzer des Holzhauses an, bei denen wir früher bereits schöne Tage verbracht hatten. Ich konnte zu dieser Zeit schon Schwedisch. Dann kaufte ich für viel Geld Langlauf- und Abfahrtsskier für mich. Bei Robben und Wientjes buchten wir einen Kleinbus. Fuhren los. Dort war ich grob zur Familie, fuhr wild Ski und überheizte am Silvesterabend den Kamin. Die Familie floh. Ich blieb allein zurück und sah fern. Es lief „Der mit dem Wolf tanzt“, dann die Neujahrsansprache des schwedischen Königs. Als der Urlaub zu Ende war, ging es zurück zur Fähre. Ich langweilte mich mit der Familie und ging in die Bar. Trank Cocktails und unterhielt mich mit einem norwegischen Matrosen auf Schwedisch. Zahlte mit Visacard. In Saßnitz angekommen, fiel ich trunken die Schiffstreppe herunter. Auf der Fahrt nach Berlin wurde ich melancholisch und beklagte lautstark die verlorenen Weltkriege der deutschen Soldaten.

Mein Geburtstag am 9. Januar stand an. Ich hatte in der Invalidenstraße ein Schlagzeug gekauft und es im Kinderzimmer aufgebaut. Der Bluesman Ubi Ferguson war engagiert, und wir machten laut Musik. Später fuhren Antje und ich zum Geburtstag meines Kompagnons nach Kamenz. Dieser freute sich sehr, mich wieder aktiv zu sehen. Wir vereinbarten, dass ich wieder in die Firma einsteigen würde. Aber das ging nicht lange gut. Wir stritten nur noch. Als ich dann mit meiner Kegelkugel altes Porzellan zertrümmerte, war sein Maß voll. Er sagte:“Es geht nicht mehr! Wir müssen uns trennen.“

„Dann lass uns die Firma aufteilen. Ich will Geld, das E-Mobil und das Windkraftprojekt in Ostro.“

Dieses hatten wir noch gemeinsam angeschoben, Wir einigten uns. Ich mietete mich im Gasthof Thonberg ein und meldete mich beim Donder Sepp zur Fahrschule an. Nach den ersten paar Fahrstunden fuhr ich schon mit dem Puli. Die Theorieprüfung bestand ich ohne Problem. Bei der Praxis fiel ich einmal durch. Dann war es geschafft. Ich kaufte in Berlin einen alten Volvo GL 244 Automatik. Fuhr damit nach Kamenz. Ich stieg im Goldenen Hirschen, dem besten Haus am Platz, ab und hing die ganze Nacht an einem Kontakttelefon. Am nächsten Morgen hatte ich eine Telefonrechnung von achthundert D-Mark. Dann ging es nach Berlin zurück. Antje nahm mich zusehends ungern bei sich auf.

Es stand die entscheidende Gemeinderatssitzung in Panschwitz-Kuckau über mein Windkraftprojekt Ostro an. Ich fuhr mit der Bahn über Elsterwerda nach Dresden. Wollte zu Wolfs Geburtstag. Wolf war Windkraftpionier in Sachsen, hatte mir beim Bauantrag geholfen und würde bei der Gemeinderatssitzung dabeisein. Die Feier war aber schon zu Ende. Ich übernachtete im Freien und besuchte meine Großcousine Dörte in Arnsdorf. Sie schenkte mir ein altes Diamantfahrrad. Das tauschte ich in Kamenz gegen ein schickes Trek-Rad um. Geld hatte ich nur noch wenig, bezahlen sollte ich später. Mit dem Trek fuhr ich zur Sitzung. Das Projekt wurde abgelehnt. Aus Frust zettelte ich eine Kneipenschlägerei an und verbrachte die Nacht nicht in der von mir gebuchten Zelle im Kloster St. Marienstern, sondern in der Zelle der Polizeiwache Bautzen. Zurück in Kamenz checkte ich wieder im Goldenen Hirschen ein, um Zeit zu haben, mit meinem Ex-Kompagnon über mehr Geld zu verhandeln. Das schlug fehl, und ich bezahlte im Hirschen mit einem ungedeckten Scheck. Dann stieg ich im Gasthof Thonberg ab. Haute ohne zu bezahlen ab. Lief die ganze Nacht bis Bautzen an der Autobahn. Ich übernachtete für mein letztes Geld in einem Gasthof. Mietete in Panschwitz-Kuckau eine Garage für den Puli, schlief auf einer Werkbank. Dann hatte ich Glück: Ein großer Windkraftentwickler wollte ein E-Mobil kaufen. Für dreizehntausend D-Mark gab ich es ab. Inzwischen war der Hotzenblitz, ein schickeres E-Mobil aus Thüringen, in Produktion gegangen. Es kostete dreißigtausend D-Mark. Ich wollte es gemeinsam mit dem Kamenzer Peugeothändler im Landkreis vertreiben. Ich zahlte viertausend D-Mark an, der Rest wurde finanziert. Der Hotzenblitz kam. Ich war begeistert. Achtzig Stundenkilometer Spitze und eine Reichweite von sechzig Kilometern mit den Bleiakkus. Als erstes fuhr ich nach Dresden und machte einen Termin mit der Morgenpost. Wohnte im Hotel „Zur schönen Aussicht“ auf dem Weißen Hirschen. Der Wirt sagte:

„Wenn wir mit in die Morgenpost kommen, erhalten Sie das Zimmer frei!“