Public Relations - Dominik Ruisinger - E-Book

Public Relations E-Book

Dominik Ruisinger

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Beschreibung

Public Relations haben sich einen festen Platz im Kommunikations-Mix erarbeitet. Gleichzeitig erlebt die heutige Management-Disziplin aktuell einen der größten Change-Prozesse in ihrer Geschichte - mit innovativen Plattformen und Techniken, neuen Ansätzen der Ansprache sowie einem verändertem Nutzer- und Medienverhalten. Dies hat viel mit dem rasanten Aufstieg der Interaktions-Plattformen im digitalen Zeitalter zu tun. Die Anforderungen an Organisationen haben sich verändert und gesellschaftliche Verantwortung wird ein echter Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Vor diesem Hintergrund wird es für Unternehmen schwieriger, sich für das richtige Medienangebot zu entscheiden und mit passgenauen Inhalten zu verbinden. Genau bei dieser Auswahl und Bewertung der richtigen Instrumente setzt dieses Buch an. Es bildet die Bandbreite einer zeitgemäßen Unternehmenskommunikation ab und unterstützt PR-Verantwortliche dabei, die nötigen Werkzeuge in ihrer Bedeutung besser einzuordnen. Die beiden erfahrenen PR-Berater und Trainer Dominik Ruisinger und Oliver Jorzik stellen die Kernfelder und Instrumente moderner Public Relations dar und erläutern Schritt für Schritt die Einsatzmöglichkeiten in der Praxis. Kommunikationsverantwortliche finden u. a. Antworten auf Fragen wie: > Wie gehe ich professionell mit Journalisten und Multiplikatoren um? > Wie baue ich Influencer und Markenbotschafter auf? > Wie setze ich Events und Messen in meiner PR erfolgreich ein? > Welche Chancen bieten Corporate Website, E-Mail-Newsletter und Social Media? > Welche Chancen bietet PR gerade Non-Profit-Organisationen? > Wie entwickle ich eine PR-Konzeption als Basis für meine Aktivitäten? > Wie kann ich den Erfolg meiner PR-Maßnahmen überprüfen? Dazu wurde das Buch in seiner 3. Auflage vollständig überarbeitet und das Kapitel >>Digitale Kommunikation<< neu verfasst, damit eine strategische, ganzheitlich ausgerichtete Kommunikation auch morgen noch funktioniert. Zahlreiche Beispiele, Schaubilder, Infokästen und Checklisten unterstreichen den Praxis-Charakter des Buches. Zwölf Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft, Unternehmen und Agenturen liefern fundierte Einblicke in die aktuellen Herausforderungen an die PR-Welt und in Themen wie Corporate Design, Markenkommunikation, Digitales Storytelling, Corporate Influencer, Social Intranet oder Verbandskommunikation. Mit Downloadmaterial auf myBook+.

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[5]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressum1 Kommunikation zwischen Markt und Marke2 Grundlagen der PR2.1 PR zwischen Werbung, Marketing und Vertrieb2.1.1 Grundverständnis moderner PR2.1.2 Entwicklung der Unternehmenskommunikation bis heute2.1.3 Grundlagen der Marketingkommunikation 2.1.4 Angrenzende Kommunikationsdisziplinen2.2 Von der Corporate Identity zur Unternehmensreputation2.2.1 Die Rolle der Corporate Identity2.2.2 Integrierte Unternehmenskommunikation2.2.3 Image und Unternehmensreputation2.3 PR im Rahmen der Markenkommunikation2.3.1 Grundsätzliche Überlegungen2.3.2 Auswege aus dem Kommunikationsdilemma2.3.3 Der Aufbau eines Markendialogs2.3.4 Die Funktion der Marken-PR2.3.5 Fazit: Die Rolle der PR in einer integrierten MarkenkommunikationCorporate Design – Hidden Champion in der UnternehmenskommunikationVon Priska Wollein3 Strategische PR3.1 Bausteine der Kommunikationsplanung3.2 Von der Analyse zur Strategie3.2.1 Das Briefing 3.2.2 Die Faktenrecherche und der Faktenspiegel 3.2.3 Die SWOT-Analyse3.3 Strategie und Kreativität3.3.1 Strategiebegriff und Strategiearten 3.3.2 Zielgruppenbestimmung3.3.3 Zieldefinition3.3.4 Die Positionierung3.3.5 Kommunikationsbotschaften und kreative Leitidee3.3.6 Strategische Umsetzung3.4 Von der Maßnahmenplanung zur Evaluation3.4.1 Maßnahmenplanung3.4.2 Zeit- und Budgetplan3.4.3 Controlling: Erfolge messen und bewerten3.4.4 Exkurs: Die Auswahl einer PR-AgenturDas Corporate-Newsroom-ModellVon Professor Dr. Christoph Moss 4 Moderne Medienarbeit4.1 Die Grundlagen4.2 Das Verhältnis Journalismus – Public Relations 4.3 Die Basiswerkzeuge der Medienarbeit4.3.1 Die Pressemitteilung4.3.2 Die Pressemappe4.3.3 Die Mediendatenbank4.4 Der Online-Pressebereich4.4.1 Professionelle Grundlagen4.4.2 Die digitale Pressemappe4.4.3 Social Media Newsroom als Dialogplattform4.5 Das Handwerk der Pressearbeit4.5.1 Der Presseversand4.5.2 Der Einsatz von PR-Services4.5.3 Medienkooperationen als Chance4.6 Medienevents zur Kontaktpflege4.6.1 Die Pressekonferenz4.6.2 Die Pressereise 4.7 Influencer-Kommunikation4.8 Das Medienmonitoring zur Resonanzkontrolle4.9 Check: Die Medienarbeit überprüfenTiefgreifender Wandel in der B2B-PRVon Katrin Möllers5 Digitale Kommunikation5.1 Grundlagen der Kommunikation im Netz5.2 Die Corporate Website als Zentrale5.2.1 Die Konzeption der Online-Präsenz5.2.2 Der Content: Information, Service, Unterhaltung, Dialog5.2.3 Die Bausteine des Erfolges5.2.4 Chancen durch Suchmaschinenmarketing5.3 Der E-Mail-Newsletter5.3.1 Von Chancen und Grenzen5.3.2 Die Konzeption5.3.3 Der Anmeldeprozess5.3.4 Der Newsletter-Aufbau5.3.5 Die Inhalte5.3.6 Der korrekte Versand5.4 Social Media Relations 5.4.1 Die neue Macht der Nutzer5.4.2 Die Plattformen des Social Web5.4.3 Blogs als Meinungsmacher5.4.4 Twitter in der Businesskommunikation 5.4.5 Podcasting: Radio und TV im Internet5.4.6 Die Macht von Facebook 5.4.7 Social Networking im B2B-Bereich5.4.8 Visuelle Kommunikation5.4.9 Social-Sharing-Plattformen5.4.10 Messenger-Kommunikation5.5 Digitales Monitoring 5.6 Fazit: Strategische HerausforderungenDigital Storytelling – Fakten als ErlebnisVon Prof. Dr. D. Georg Adlmaier-Herbst6 Interne Kommunikation6.1 Das Kapital der Unternehmen6.2 Die Ansprache der Mitarbeitenden6.3 Der passende Instrumentenmix 6.3.1 Instrumente der schriftlichen Information6.3.2 Instrumente der AV-Kommunikation6.3.3 Instrumente der digitalen Kommunikation6.3.4 Instrumente der Face-to-Face-KommunikationDas Intranet und seine Bedeutung in der digital vernetzten WeltVon Steffi Gröscho und Nadine Völker6.4 Die neuen Markenbotschafter6.5 Die wirkungsvolle Erfolgskontrolle6.6 Fazit: Vorhandene Chancen nutzenErfolgreich eine Corporate-Influencer-Strategie aufsetzenVon Klaus Eck7 Live-Kommunikation7.1 Die Kommunikation von Emotionen7.2 Chancen durch Events als PR-Instrument7.2.1 Die Suche nach einer Definition7.2.2 Die Lust auf Events 7.2.3 Die Corporate-Event-Strategie7.2.4 Erfolgsfaktoren von Events 7.3 Messen als PR-Instrument7.3.1 Lange Messetradition7.3.2 Messen als Dialoginstrument7.3.3 Messe-PR-Maßnahmen7.4 Fazit: Hybride Live-KommunikationMesse-PR: Lassen Sie uns miteinander reden!Von Amélie Brübach8 Spezielle Anwendungsfelder der PR8.1 Krisenkommunikation8.1.1 Krisen und ihre Folgen8.1.2 Die Funktion des Issues-Managements8.1.3 Das Verhalten in der Krise8.1.4 Die Nachbereitung der KriseRisiko, Krise, KommunikationVon Hartwin Möhrle8.2 Politische Kommunikation8.2.1 Aufgaben und Zielgruppen der Public Affairs 8.2.2 Die Rolle der Lobbyisten8.2.3 Ausgewählte InstrumenteVerbände. Vermitteln. Veränderung.Von Katrin Kowark und Dr. Mario Schulz8.3 Effiziente Finanzmarktkommunikation8.3.1 Grundlagen der Investor Relations 8.3.2 Die Verzahnung mit Public Relations8.3.3 Ausgewählte Instrumente der Investor Relations 8.3.4 Finanzkommunikation für den Mittelstand8.4 Non-Profit-PR8.4.1 Einführung8.4.2 Zentrale Merkmale und Rechtsformen8.4.3 Basisinformationen zum Non-Profit-Bereich8.4.4 Öffentlichkeitsarbeit von Non-Profit-Organisationen8.4.5 Fundraising für NPO Tue Gutes und sprich darüber – Eine Anleitung für MutigeVon Esther Spang8.5 Vom Sponsoring zur Corporate Responsibility8.5.1 Mäzene und Sponsoren8.5.2 CSR zwischen Image und Business Case 8.5.3 Von der Strategie zur Implementierung8.6 Ausgewählte PR-Medien im Überblick8.6.1 Image-Flyer und -Broschüren8.6.2 Kundenmagazin8.6.3 Corporate Book8.6.4 White Paper9 Der Kommunikationsmanager der Zukunft10 Anhang10.1 Autoren10.2 Gastautoren 10.3 Fachliteratur10.4 Stichwortverzeichnis
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-7910-4891-8

Bestell-Nr. 20501-0002

ePub:

ISBN 978-3-7910-4893-2

Bestell-Nr. 20501-0100

ePDF:

ISBN 978-3-7910-4892-5

Bestell-Nr. 20501-0151

Dominik Ruisinger/Oliver Jorzik

Public Relations

3., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Februar 2021

© 2021 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © wellphoto, AdobeStock

Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[11]1Kommunikation zwischen Markt und Marke

Die Kommunikation von Unternehmen verändert sich. Konnte sich vor zehn Jahren ein Hersteller darauf verlassen, mit entsprechendem Werbemitteleinsatz seine Produkte im Bewusstsein der Konsumenten zu verankern, sieht er sich heute einer zunehmend fragmentierten und stark individualisierten Käuferschaft gegenüber, in der die einzelnen Kunden selbstbewusst bestimmen, ob ein Produkt für sie interessant ist oder nicht. Sie entscheiden, was im Trend liegt und was in das eigene Wertesystem passt. Sie heben den Daumen zugunsten eines Unternehmens, einer Marke oder eines Produkts. Die Auswahl ist groß und zu jedem Produkt gibt es spannende Alternativen, auf welche die Kundschaft online sofort zugreifen kann.

Für Kaufentscheidungen spielen zwar nach wie vor eigene Einkaufsgewohnheiten, das Preis-Leistungs-Gefälle und die Qualität eine wichtige Rolle. Aber aufgeklärte Käufer hinterfragen zunehmend auch den Nutzen eines Produkts. Ist es komfortabel zu bedienen? Besitzt das Angebot neue technische Features, die das Leben erleichtern oder mehr Sicherheit geben? Was halten andere Nutzerinnen von dem Produkt? Wie wird in meinem Freundes- oder Bekanntenkreis über das Produkt gesprochen? Verspricht es Prestige und Anerkennung? Je komplexer ein Produkt wird, desto kritischer kann die Prüfung durch die Kunden ausfallen.

Der Halo-Effekt

Viele Konsumenten sind durchaus bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie von den Vorteilen überzeugt sind und wenn die hinter einem Produkt stehende Marke mit ihrem guten Image Prestigegewinn verspricht. Wie das Beispiel Apple zeigt, kann sich die Strahlkraft und Faszination einer Marke auf die gesamte Produktfamilie ausweiten. In der Fachsprache der Kommunikation ist vom sogenannten »Halo-Effekt« die Rede, vom Heiligenschein-Effekt. Aber der Halo-Effekt hat Grenzen. Informierte Kunden fragen immer häufiger nach dem Ursprung der Produkte: Unter welchen Bedingungen werden sie hergestellt? Wie sieht die Umweltbilanz aus, wie die Klimabilanz? Wie verhält sich das Unternehmen in der Öffentlichkeit? Sind dessen Werte durch unternehmerisches Handeln glaubwürdig belegt?

Die Beantwortung all dieser komplexen Fragen ist die Aufgabe einer entwickelten Kommunikationsstrategie. Sie muss zwei Anforderungen genügen: Zum einen muss sie das Unternehmen als echten Vertrauensabsender durch professionelle »Corporate Communications« stärken. Gleichzeitig müssen die Produkte durch zeitgemäße »Marketing Communications« markt- und medienfähig gemacht werden.

Kommunikationsfachleute stehen heute vor der großen Herausforderung, den Überblick über ihre anspruchsvolle Konsumentenschaft zu behalten. Auch treue Stammkundinnen stehen mit anderen Käufern über soziale Medien öffentlich, halb-öffentlich in Gruppen oder privat in einem permanenten Austausch. Daher stehen auch die besten Angebote kontinuierlich auf dem Prüf[12]stand. Vor diesem Hintergrund kommt es für Unternehmen darauf an, die eigene Kommunikation auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Käuferschaft permanent neu abzustimmen.

Auf einem unsicher gewordenen Fundament kämpft die Absatzkommunikation vieler traditioneller Hersteller einen schwierigen Kampf, um in gesättigten Märkten Aufmerksamkeit zu gewinnen und der schwindenden Markenbindung entgegenzuwirken. Es gilt, die komplexer gewordenen Erwartungen zu erfassen und in schlüssige Kommunikationsstrategien zu bündeln. Gelingt das nicht, ziehen Kundinnen und Kunden möglicherweise in Windeseile vorbei und wenden sich Alternativen zu. Das Beispiel des US-Autobauers Tesla zeigt, wie schnell so ein Aufstieg vonstattengehen kann: Vor wenigen Jahren noch belächelt, jetzt schon beinahe gefürchtet.

Unübersichtliche Medienvielfalt

Mit dem Internet und dem Social Web hat sich die Zahl der Kommunikationskanäle exponentiell erhöht. Für Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, sich für das richtige Medienangebot zu entscheiden: Welcher Kanal und welches Medium passt zu meinen Kommunikationszielen? Setze ich vorrangig auf Leitmedien, oder entscheide ich mich für das Medium, das in der spezifischen Zielgruppe die höchste Reichweite hat? Konzentriere ich mich auf Online- oder Offline-, Fach- oder Publikumsmedien? Warum nicht mit Influencern zusammenarbeiten? Oder interne Markenbotschafter nutzen? Wie sieht der beste Kommunikationsmix aus? Funktionieren meine Botschaften in den jeweiligen Medienkanälen überhaupt? Habe ich in meinem Haus die richtigen Kompetenzen für eine gute Social-Media-Kommunikation? Und wie sieht es mit den Ressourcen aus?

Mitte der 1960er-Jahre beschrieb der deutsche PR-Pionier Albert Oeckl Öffentlichkeitsarbeit als »Arbeit mit der Öffentlichkeit, Arbeit für die Öffentlichkeit, Arbeit in der Öffentlichkeit.« Diese massenmedial geprägte Öffentlichkeit bildete für Oeckl noch den Fixstern der PR-Kommunikation. Doch sie verschwindet zusehends. An ihre Stelle tritt eine zersplitterte Öffentlichkeit, in der sich Meinungsbildungsprozesse in Foren, Gruppen oder Communitys verlagern. Ob ein Format wie »Germany’s Next Topmodel« »in« oder »out« ist, entscheidet sich nicht mehr in BILD oder Bravo, sondern bei Instagram, TikTok oder YouTube.

Gerade unter den jüngeren Käuferschichten hat sich das Mediennutzungsverhalten gravierend verändert. Wer heute auf eine Fünfzehnjährige schaut, sieht weder die künftige Tageszeitungsleserin noch die gemütliche »Bares für Rares«-Zuschauerin vor sich. Ihre Musik tauscht sie mit Freundinnen via Smartphone aus. Klassisches Radio wird – wenn überhaupt – nur noch im Auto der Eltern gehört. Für sie ist das Internet das neue Leitmedium, über das sie sich informiert, mit anderen kommuniziert oder sich über die neuen Mode-Styles informiert. Mit welchen Mitteln erreicht man diese Zielgruppe, die heute Adidas gut findet, morgen Puma und danach K-Swiss, Vans, DC oder Adio? Marken, die Kindern und Jugendlichen so geläufig sind wie das Einmaleins in der Schule und bei deren Aufzählung sich die Eltern angestrengt fragen: »Woher wissen die das?«

[13]24 Stunden Dauerkommunikation

Hersteller sorgen sich verstärkt um den guten Ruf ihrer Unternehmen und Marken, denn im Zeitalter des Internets brodelt die Gerüchteküche täglich. Die Kommunikationsabteilungen sehen sich einer tausendstimmigen Kakofonie an Meinungen gegenübergestellt, die sich in Blogs und auf Bewertungsplattformen, in Social Communitys oder auf Messenger-Plattformen wiederfinden. Der klassische Medienrezipient ist in der Web-Welt längst zum Content Provider, vom Consumer zum Prosumer geworden. Die Anwender stehen beständig im sozialen Austausch mit anderen und entscheiden täglich neu darüber, ob sich eine Marke oder ein Unternehmen noch im persönlichen Wertefokus befindet.

Wer sich als Hersteller in einer kommunikativ eng verbundenen Welt nicht dafür interessiert, ob der berühmte Sack Reis in China umfällt oder nicht, geht ein großes Risiko ein: Vielleicht steht der Sack vor der eigenen Fertigungshalle in Zentralchina und verletzt gerade eine 21-jährige Arbeiterin schwer, die an sechs Tagen in der Woche 12 Stunden am Tag für einen kleinen Monatslohn von 40 Euro arbeitet. Was beim Management schnell als »unglücklicher Zufall« abgehakt ist, beschäftigt intensiv weltweit agierende Non-Profit-Organisation wie ATTAC und mit ihr Tausende von meinungsfreudigen Mitgliedern. Eine Vertreterin der Organisation hört von dem Unglück, berichtet darüber auf der eigenen Webseite. Sofort fließt die Information von dort in zahlreiche Communitys. Die Süddeutsche Zeitung greift das Thema auf und setzt ihre China-Korrespondentin auf die Geschichte des Mädchens mit dem Reissack an und diese berichtet nicht nur in der Tageszeitung; geteilt im Social Web diskutieren plötzlich zahlreiche Menschen in diversen Communitys und Netzwerken über die Hintergründe. Schon ist aus dem »unglücklichen Zufall« eine richtige Story rund um die Themen Sklavenarbeit, Arbeitsschutz, Mindestlöhne und ethische Verantwortung von Firmen geworden.

Monitoring in Zeiten von LOHAS

Für Unternehmen bedeutet das: Organisationsstrukturen müssen heute so angelegt sein, dass Themen rund um die Uhr beobachtet und Entscheidungen bei Kommunikationskrisen schnell gefällt werden können. Dies zeigt, welche hohe Bedeutung das Thema Monitoring gewonnen hat.

Mit dem Akronym LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) werden Menschen bezeichnet, die auf Konsumgenuss nicht verzichten wollen, diesen Konsum aber mit ethischen Aspekten und Nachhaltigkeitsaspekten verbinden. Diese Gruppe zeigt, dass die »Moralisierung der Märkte« voranschreitet. Unternehmen müssen sich an veränderte Umfeldbedingungen anpassen, wollen sie diesen neu entstehenden Kundengruppen ethisch morgen noch auf Augenhöhe begegnen. Gerade große Kapitalgesellschaften versuchen, durch die Einhaltung von Corporate-Governance- und CSR-Richtlinien eine größere Transparenz ins eigene Handeln zu bringen und die Ziele nicht nur am Unternehmenswert, sondern auch an ethischen Werten zu orientieren.

[14]Die schon länger schwelende Diskussion, welche Verantwortung Hersteller für ihre Lieferketten haben, zeigt, wie schwer es ist, solche Themen glaubwürdig zu bearbeiten. Heutzutage hat manch global agierendes Unternehmen weit mehr als 1.000 Lieferanten. Ein Teil dieser Lieferanten beschäftigt wieder Subunternehmen und diese erneut Sub-sub-Unternehmen. Schnell wird das Thema Verantwortung endlos. Eine Kontrolle dieser komplexen Lieferwege ist nur noch mit großen Anstrengungen möglich.

Dynamisierung der Märkte

Nicht nur die Kaufgewohnheiten haben sich verändert, auch die Märkte entwickeln sich dynamisch. Mit der Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen wächst der Wettbewerbsdruck unter den Herstellern. In gesättigten Märkten konkurrieren Originale mit Nachahmerprodukten. Ihre Qualität, Beschaffenheit und technische Ausstattung unterscheidet sich kaum noch von denen großer Markenhersteller. Positivbeispiele wie der Hybridantrieb, der dem japanischen Autobauer Toyota lange Jahre echte Verkaufsvorteile für eine spezielle Nische geboten hat, bilden eher die Ausnahme.

Mit dem Verschwinden des einzigartigen Verkaufsvorteils kommt es der Produkt- und Markenkommunikation zu, den einzigartigen Kommunikationsvorteil immer wieder neu zu finden, um Produkten oder Unternehmen in der Wahrnehmung der Kunden unverwechselbare Eigenschaften, Qualitäten und Stimmungsbilder zu verleihen. Diese ständige Selbsterfindung und Selbstinszenierung muss gleichzeitig mit dem Markenkern des Produkts oder Unternehmens verbunden sein, damit die Wiedererkennbarkeit der Marke gesichert bleibt.

Steigende Kosten durch Innovationsspiralen

Die Globalisierung der Märkte führt dazu, sich die Branchenriesen in den westlichen Industrienationen mit neuen Marktakteuren auseinandersetzen müssen. Diese drängen auf die heimischen Märkte und machen ihnen mit attraktiven Preisangeboten oder spannenden Innovationen Marktanteile streitig. So sind die Erfolge südkoreanischer Hersteller wie Samsung oder Kia auf dem deutschen Markt längst nicht mehr Ausnahme. Und wer kennt schon chinesische Hersteller wie BAIC, NIO, Geely oder Brilliance, die schon morgen mit preisgünstigen E-Autos auf den Märkten Europas punkten wollen? In vielen Märkten kommt es durch neue Technologien zu Disruptionen. Wer sich hier nicht schnell genug anpasst, kann ernste Probleme bekommen.

Der wachsende Wettbewerb ist mit immer kürzeren Produktlebenszyklen verbunden. Der technische Fortschritt zwingt Hersteller, sich permanent auf veränderte Kundenwünsche einzustellen und in immer schnelleren Zeitzyklen neue Produkte auf den Markt zu werfen. Dauerte es bei Mobiltelefonen früher noch zwei bis drei Jahre, bis eine Modellgeneration die nächste ablöste, geschieht das heute alle sechs Monate, und ist ein neues Handy mit einer superscharfen 3-D-Kamera auf den Markt gebracht, dauert es nur kurze Zeit, bis ein Konkurrent ein gleichwertiges Produkt nachlegt. Die Innovationsspirale beginnt von Neuem. Zugleich steigen mit jedem Produktlaunch die Kosten für die Kommunikation. Schließlich entscheidet die professionelle [15]Produktkommunikation darüber, ob ein Produkt überhaupt die Chance hat, in den Wahrnehmungsfokus der Konsumenten zu gelangen.

Bedeutung der Kommunikation wächst

Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen vielfältigen Veränderungen ziehen? Wenn der Wettbewerb nicht mehr rein über Preis und Qualität entschieden wird, gewinnt die professionelle Unternehmens- und Produktkommunikation an Bedeutung. Gut aufgestellte Unternehmen haben ein komplexes und ausdifferenziertes Setting an Kommunikationsinstrumenten entwickelt. Sie nutzen offensiv alle ihnen zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle, um in die Wahrnehmung der Kunden zu gelangen und sich dort fest zu verankern. Wenn sich jedoch ein Produkt nicht mehr über seine originären Eigenschaften verkaufen lässt, muss es mit zusätzlichen Attributen – glaubhaft – aufgeladen werden, um für die Nutzer attraktiv zu sein.

Es wird damit zur Aufgabe der Unternehmenskommunikation, ihr Selbstbild mit der Vorstellungswelt der Kunden zu verknüpfen. Imageaufbau und kontinuierliche Imagepflege werden in der Kommunikation zu zentralen Erfolgsfaktoren. Es geht nicht mehr ausschließlich darum, die eigenen Produkte unverwechselbar und einzigartig zu machen. Viel wichtiger ist es, dass Kunden, Investoren, Mitarbeiter und Journalisten die Informationen, die sie vom Unternehmen und aus den Medien erhalten, verstehen und diese für vertrauenswürdig bewerten. Dazu ist die inhaltliche Konsistenz von Botschaften ebenso wichtig wie die Konstanz ihrer Verbreitung: regelmäßig, zuverlässig, umfassend, seriös, glaubwürdig, nachvollziehbar, abwechslungsreich. Schließlich ist der Wettbewerb am Meinungsmarkt immer auch ein Wettbewerb der besten Informationen.

Eine Unternehmenskommunikation, die emotionalisiert

Der Vertrauenserwerb bei den Kunden ist ein emotionaler Prozess. Diese möchten eine Marke wertschätzen und sich mit ihr identifizieren, bevor sie sich an sie binden. Sie wollen die unterschiedlichen Seiten ihrer Persönlichkeit kennenlernen, mit ihr kommunizieren und sie anfassen. Nur so wird sie echt und authentisch wahrgenommen. Je technischer die Welt wird, umso wichtiger werden persönliche Ansprache und individuelles Erleben. Eine zeitgemäße Unternehmenskommunikation muss daher nicht nur informieren und Unterschiede herausarbeiten: Sie muss emotionalisieren, um dauerhaft die Loyalität ihrer Kundinnen zu sichern. Dies geschieht am Besten im Dialog mit ihnen und mit ihrer Beteiligung.

Innerhalb der Unternehmen und Institutionen sorgt die Dynamisierung der Märkte ebenfalls für tiefgreifende kommunikative Friktionen. Gerade bei Fusionen und Übernahmen müssen neue Kulturen integriert und das Team in komplizierte Change-Management-Prozesse eingebunden werden. Unter dem Stichwort »Employer Branding« arbeiten viele Personalverantwortliche bereits intensiv an kommunikativen Programmen, um sich als »Arbeitgebermarke« attraktiv für High Potentials zu machen. Auch sie bewerten zunehmend kritischer, ob eine Organisation eine attraktive Zukunftsperspektive bietet und einen guten Ruf besitzt. Dazu muss sie nicht nur [16]echte Vorzüge besitzen: Es muss diese Vorzüge ganzheitlich und professionell nach innen und außen vermitteln, um Reputation aufzubauen und zu erhalten.

Darum dieses Buch

In sich rasant verändernden Märkten und Gesellschaften warten also viele Herausforderungen auf Organisationen. Ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Begleitung dieses Prozesses ist der Einsatz passender und passgenauer Kommunikationsinstrumente. Genau bei der Auswahl und Bewertung der richtigen Tools will dieses Buch ansetzen. Dabei haben wir den Anspruch, dass »Public Relations – Leitfaden für ein modernes Kommunikationsmanagement« diese Kerninstrumente für eine moderne Unternehmenskommunikation nicht nur kompakt vorstellt, sondern sie mit der nun vorliegenden dritten, vollständig überarbeiteten Ausgabe aus heutiger Sicht in ihrer Bedeutung und ihren Einsatzchancen bewertet.

Dass wir in dem wachsenden Arbeitsfeld einer zeitgemäßen Unternehmens- und Marktkommunikation nicht allen Instrumenten ausreichend Platz einräumen können, ist mit dem begrenzten Umfang eines Buches zu begründen, das keine Enzyklopädie für das Bücherregal, sondern ein Leitfaden für die Praxis sein will. Gegenüber den beiden ersten Auflagen wurde besonders das Kapitel »Digitale Kommunikation« neu verfasst, da dieses Thema in den vergangenen Jahren besonders starke Veränderungsprozesse durchlaufen hat. Aber auch die anderen Kapitel wurden grundsätzlich überarbeitet und auf die veränderten heutigen Anforderungen ausgerichtet. In diesem Zuge wurden auch Gastbeiträge ersetzt, um aktuelle Einblicke in die Realität der Praxis aufzeigen zu können.

Es ist uns durchaus bewusst, dass wir hier ein Buch vorlegen, das auch in der dritten Auflage einen gewagten Spagat vollführt: Auf der einen Seite taucht es tief in die Themenfelder der PR ein, um ein Verständnis für Inhalte und Aufgaben zu erzeugen und um Werkzeuge in ihrer Bedeutung einzuordnen; auf der anderen Seite ist es ein Leitfaden für die Praxis, um die eigenen PR-Aktivitäten professionell und nachhaltig zu initiieren oder zu optimieren. Wir sind der Überzeugung, dass dieser Spagat eine wichtige, unabdingbare Voraussetzung für ein modernes, professionelles Kommunikationsmanagement ist, um auf einem guten Fundament gesicherte Entscheidungen im Tagesgeschäft überhaupt treffen zu können.

Ob uns dieser Spagat in der Neuauflage des Buches erneut gelungen ist, müssen Sie, liebe Leserinnen und Leser, entscheiden. Wir wissen gegenwärtig nicht, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die Kommunikation hat. Welche Formate künftig Events, Messen oder ein Tag der offenen Tür haben werden? Wird in Zukunft die Kommunikation komplett digital sein oder werden neue Hybridformate entstehen, die On- und Offline-Welt klug verknüpfen? Und wie werden diese ausgestaltet sein? Hier werden wir als Autoren geduldig abwarten und aufmerksam beobachten, was passiert.

In diesem Kontext wollen wir uns bei allen Beteiligten dieses Buches bedanken: Allen voran bei unseren 12 Gastautorinnen und -autoren, die trotz ihrer hohen beruflichen und privaten [17]Belastung in Pandemiezeiten erneut mit hervorragenden Praxisbeiträgen zum Gelingen der Neuauflage beigetragen haben. Bedanken wollen wir uns auch beim tollen Team um Frank Baumgärtner vom Schäffer-Poeschel Verlag für die erneut reibungslose und befruchtende Zusammenarbeit.

Allen ein großes und herzliches Dankeschön sagen

Dominik Ruisinger & Oliver Jorzik

Frei nach Apple-Ikone Steve Jobs: »Two more things«

Im Buch wird zur besseren Lesbarkeit oft auf die weibliche Schreibweise verzichtet. Die Verwendung der männlichen Form soll explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden – gerade in einer Kommunikationsbranche, die seit vielen Jahren stark weiblich dominiert ist. Um dies zu unterstreichen, wurde in Beiträgen immer wieder ganz bewusst die weibliche Schreibweise eingesetzt. Zudem wechseln wir im Verlauf des Textes immer wieder zwischen der männlichen und der weiblichen Schreibweise. Dabei sind beide Versionen auch hier geschlechtsunabhängig zu verstehen.

Viele längere Links zu Artikeln, YouTube-Videos, Social-Media-Posts, Blog-Beiträgen etc. wurden mit dem Link-Verkürzer bitly.com komprimiert, um die Nutzung und Nachverfolgung zu erleichtern. Auch dies zählt für uns zu einem Service und dem Praxisanspruch, den unser Buch allen Leserinnen und Lesern unbedingt bieten will.

[19]2Grundlagen der PR

Von Oliver Jorzik

2.1PR zwischen Werbung, Marketing und Vertrieb

2.1.1Grundverständnis moderner PR

Der Bereich der Public Relations ist eine Disziplin, die nach wie vor auf der Suche nach einer eigenen Positionsbestimmung ist. Der amerikanische PR-Wissenschaftler Rex Harlow zählte bereits in einer Untersuchung aus dem Jahr 1976 an die 500 unterschiedliche Definitionen, die die verschiedenen Aspekte, Dimensionen und Aufgabenfelder von PR beschreiben. Bis heute konkurrieren theoretisch aufgeladene Ansätze, die eher fragen, was PR dürfen oder sollen, mit pragmatischen Ansätzen, die schlicht und einfach fragen: »PR, wie geht das?«

Die Gesellschaft der Public Relations Agenturen (GPRA) ist nach eigener Aussage der Verband der führenden PR- und Kommunikationsberatungen in Deutschland. Sie versteht die Tätigkeit ihrer Mitglieder ähnlich der eines Lotsen an der Seite ihrer Kunden. Die Agenturen versprechen, dass sie über die erforderlichen Spezialkenntnisse verfügen, »um integrierte Kommunikationsstrategien zu erstellen, zu managen und dabei Qualität und Effizienz zu garantieren« und damit die Kunden zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen und ihre Interessen zu wahren.1

Mit diesem Selbstverständnis nimmt die GPRA eine erkennbare Dienstleistungs- und Beratungsperspektive ein. Sie verbindet sie jedoch gleichzeitig mit einem Managementanspruch. Es geht um die Führungsaufgabe von PR unter dem Leitbild einer integrierten Kommunikation. Dabei sollen die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen unter einem Dach zusammengefasst, um Kommunikation aus einem Guss zu ermöglichen und mit einer ganzheitlichen Kommunikationsstrategie zu verbinden. Dazu zählt die Medienarbeit genauso wie interne Kommunikation, digitale Kommunikation, Live-Kommunikation, aber auch Reputationsmanagement, Krisenkommunikation, Change Kommunikation oder vertriebsnahe Public Relations.

Auch der Deutsche Kommunikationskodex, der aktuell wohl wichtigste Normenkatalog für PR-Schaffende, betont die Dienstleistungsfunktion von Public Relations. PR- und Kommunikationsfachleute handeln demnach »als Interessenvertreter ihrer Arbeit- oder Auftraggeber.«2 Sie dürfen dabei konsequent die Partei ihrer Arbeit- oder Auftraggeber ergreifen. Damit Public Relations erfolgreich sein können, sind PR-Professionals bei ihrer Arbeit in besonderer Wei[20]se auf das Vertrauen verschiedener Öffentlichkeiten angewiesen. Sie sollen daher ihre Arbeit »transparent gestalten und auf unredliche Praktiken verzichten«. Werte wie Transparenz, Integrität, Fairness, Wahrhaftigkeit, Loyalität und Professionalität haben daher im alltäglichen beruflichen Handeln eine besonders hohe Bedeutung. Es gibt also auch eine starke ethische Komponente der PR.

Ein modernes Selbstverständnis von PR umfasst ein breites Spektrum an Aufgaben und Leistungen:

PR sind das Management von Kommunikation;PR sind eine Führungsfunktion, die eng mit der Unternehmensleitung zusammenarbeitet;PR sind Auftragskommunikation für Unternehmen und Organisationen;PR organisieren den Dialog von Organisationen mit ihren Öffentlichkeiten;PR informieren transparent und offen;PR zielen darauf, Vertrauen aufzubauen und zu stärken;PR folgen als verantwortungsvolle Kommunikationsaufgabe ethischen Grundsätzen;PR-Strategien sind immer langfristig angelegt.

Die Aussagen zeigen: Der Anspruch, den sich die PR selbst auferlegen, ist hoch. Doch kann die PR-Disziplin das damit verbundene Leistungsversprechen auch erfüllen? Ist sie wirklich die Kommunikationsdisziplin, die vollumfänglich die kommunikativen Beziehungen eines Unternehmens mit seinen Öffentlichkeiten plant und steuert? Ist sie gar die Königsdisziplin der Kommunikation? Dieser Führungsanspruch, der durch die amerikanischen Wissenschaftler James Grunig und Todd Hunt 19843 erstmals in dieser Deutlichkeit formuliert wurde, scheint für eine noch relativ junge Disziplin auf den ersten Blick vermessen. Gerade gestandene Werbemanager und Marketingleute, die PR vor allem in ihrer Dienstleistungsfunktion für die Absatzkommunikation sehen, würden diesen selbstbewussten Anspruch nicht unbedingt teilen.

Die besondere Leistungskraft der PR wird jedoch sichtbar, wenn man sich das komplexe Zielgruppensystem genauer betrachtet, mit dem PR interagieren. Es ist die Grundaufgabe der PR, alle relevanten Bezugsgruppen oder Stakeholder einer Organisation zu erreichen – intern wie extern. Dazu zählen die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genauso wie Kunden, Lieferanten, Händler, Medien, Kapitalgeber, Gesetzgeber oder politische Interessengruppen. All diesen Bezugsgruppen gegenüber müssen Public Relations das Verhalten und Handeln der eigenen Organisation erklären, ihre Identität vermitteln sowie Vertrauen in die Leistungen der Organisation aufbauen und erhalten.

Langfristig stabile Beziehungen zu den Stakeholdern können nur dann entstehen, wenn das Unternehmen bei der Durchsetzung seiner Ziele die normativen und kulturellen Werte von Adressaten und Dialogpartnern berücksichtigt. Eine Unternehmenskommunikation muss daher [21]die Erwartungshaltung und Einstellungsmuster der Stakeholder frühzeitig erkennen und das eigene Verhalten daran anpassen. Das bedeutet auch einen partiellen Abschied von der erlernten klassischen Senderkommunikation hin zu einer empfängerzentrierten Kommunikation.

Durch den integrierten Einsatz des PR-Instrumentariums und das systematisch geplante Zusammenspiel mit anderen Kommunikationsdisziplinen wie Werbung, Direktmarketing oder Promotion kann das PR-Management einen wesentlichen Beitrag für den Erhalt einer Organisation leisten, indem es Handlungsspielräume für eine Organisation vermisst und systematisch erweitert. Vor diesem Hintergrund löst sich die klassische Einteilung zwischen PR und Marketing zunehmend auf. Vielfach wird heute bereits vom Kommunikationsmanagement gesprochen, das mit einem ganzheitlichen Anspruch an diese vielfältigen Herausforderungen geht.

AUSFLUG 2-01

Wichtige Informationen zum Berufsfeld in Deutschland

Berufs- und BranchenverbändeDeutsche Public Relations Gesellschaft e. V. (DPRG): Ältester Berufsverband mit mehr als 2.000 Mitgliedern (05/20); www.dprg.deGesellschaft der Public Relations Agenturen e. V. (GPRA): Zusammenschluss größerer PR-Agenturen in Deutschland mit 34 Mitgliedern (05/20); www.gpra.deBundesverband der Kommunikatoren (BdKom), ehemals Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP): Verband mit rund 4.500 Mitgliedern (5/20) aus Unternehmen, Institutionen und Behörden; www.bdkom.deEthische KontrollinstanzenDeutscher Rat für Public Relations: Einhaltung von PR-Codes wie Code d’Athène, Code de Lisbone, Code de Bordeaux; Deutscher Kommunikationskodex u. a.; www.drpr-online.deDeutscher Presserat: Einhaltung des Pressekodex, www.presserat.deDeutscher Werberat: Einhaltung freiwilliger Verhaltensregeln, z. B. Werbung mit und vor Kindern, Werbung für Alkohol, unfallriskanten Bildmotiven u. a.; www.werberat.deInstitute für PR-AusbildungUniversitäre Ausbildungsgänge: u. a. in Leipzig, Hannover, Lüneburg, Stuttgart, München, Mainz, Bamberg, Kiel, Osnabrück/Lingen,Private Bildungsträger: Deutsche Akademie für Public Relations (www.dapr.de), Deutsche Presseakademie (www.depak.de), Akademie der Deutschen Medien (www.medien-akademie.de), ProContent (www.procontent.de) u. a.Seminaranbieter: Deutsches Institut für Public Relations (www.dipr.de), SCM (www.scmonline.de), Haufe Akademie (www.haufe-akademie.de)

[22]PR als Kommunikationsmanagement

Diesen neuen Kommunikationsmanagern fällt die Aufgabe zu, nicht nur die PR-Instrumente nach konzeptionellen Gesichtspunkten einzusetzen (siehe Kapitel 3) und sich um deren Umsetzung zu kümmern, sondern das Unternehmen und die Geschäftsführung in allen relevanten Fragen der Innen- und Außenkommunikation zu beraten. Um diese Prozesse steuern zu können, müssen die PR als Stabsfunktion in alle kommunikativen Entscheidungsprozesse eingebunden sein.

Ein so geartetes Kommunikationsmanagement ist nach empirischen Untersuchungen bereits heute in der Mehrheit der Unternehmen der Fall. So zeigt die Studie »Kommunikationsmanagement 2018«, dass PR/Unternehmenskommunikation bereits in vier von fünf Fällen direkt unter der Leitungsebene agiert. Sie ist entweder auf höchster Leitungsebene angesiedelt (10 Prozent) oder (in 79 Prozent der Fälle) agieren PR und Kommunikation als zentrale Organisationseinheit unter der Leitungsebene.4

Diese zentrale Position der Unternehmenskommunikation hat viele Vorteile: Sie ist in vielen Fällen mit einer direkten Weisungsbefugnis für nachgeordnete Kommunikationsbereiche verbunden. Sie hat einen vergleichbaren Stellenwert wie andere Kernbereiche eines Unternehmens wie etwa Personalabteilung, Finanz- oder Rechtsabteilung. Sie besitzt damit einen direkten Zugang zur Geschäftsführung, um den Informationsfluss intern und extern so reibungslos wie möglich zu gestalten. So ist die Unternehmenskommunikation eng in betriebliche Entscheidungsprozesse eingebunden, um frühzeitig bei sich ändernden Situationen die passende Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Diese herausgehobene Stellung führt in vielen Organisationen dazu, dass die Unternehmenskommunikation die wesentlichen Leitlinien der Kommunikation vorgibt und die Marketingaktivitäten des Unternehmens daraufhin überprüft, ob sie im Einklang mit dem Selbstverständnis der Organisation stattfinden.

Kommunikationsmanager oder Reparaturbetrieb?

Etwas anders stellt sich das Kommunikationsmanagement in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen dar. Dort ist die Kommunikationsabteilung noch regelmäßig in kleinere Abteilungen als Gemeinschaftsfunktion von Marketing und PR zusammengeführt und deckt die gesamte Palette der Unternehmenskommunikation ab: Pressearbeit, Planung des Werbe- und Messeauftritts, Erstellung von Broschüren, Webseiten-Pflege, Kunden- und Mitarbeiterevents, interne Kommunikation. Die Rolle der Kommunikationsmanager trifft hier auf die Rolle der Kommunikationstechniker. Häufig sind es dort die Marketingentscheider oder die Geschäftsleitung selbst, die die Richtung bestimmen. Aufgabe der PR hingegen ist es, auf breiter Ebene die operative Umsetzung von Maßnahmen zu sichern. Mit abnehmender Größe der Organisation ist oftmals die finanzielle und personelle Ausstattung der Kommunikationsabteilungen zu gering, um die Fülle an Aufgaben auf einem gleichmäßig hohen Niveau umzusetzen. [23]Wer das Budget hat, greift auf die Unterstützung von Agenturen zurück, um Know-how einzukaufen und Umsetzungsqualität zu sichern.

Ideal ist, wenn auch in kleineren und mittelgroßen Unternehmen die Kommunikationsabteilung unmittelbar bei der Geschäftsführung angebunden ist. Zentrale Projekte, die für die Unternehmensstrategie eine hohe Bedeutung haben, wie die Implementierung von Corporate-Identity- und Change-Management-Prozessen, die Entwicklung von Leitbildern oder auch die politische Kommunikation (englisch Public Affairs), bleiben dadurch klar im Blick der Geschäftsführung. Aber gerade in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kann es zu Rollendiffusionen kommen. Trifft die Kommunikationsabteilung auf ein marketing- oder vertriebsgetriebenes Management, spiegelt sich dies regelmäßig in der Qualität der eigenen Öffentlichkeitsarbeit wider. Sie wird in diesen Fällen häufig stark nach absatzpolitischen Zielen ausgerichtet. So kann sie nur selten eine umfassende Wirkungskraft nach innen und außen entfalten, weil wichtige Zielgruppen wie Medien, Mitarbeiter, Kooperationspartner, Kapitalgeber nicht oder zu wenig beachtet werden.

Das heißt, dass in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen die PR-Abteilung keine eigenständige Stabsstelle ist. Vielmehr arbeitet sie in Linienfunktion unterhalb des Marketings. Sie ist damit klar den Marketingzielen der Organisation unterworfen und wird gleichrangig als eine Kommunikationsdisziplin neben Werbung, Verkaufsförderung, Direktmarketing gesehen. PR haben hier vorrangig die Funktion, die Pressearbeit zu organisieren: In der Praxis bedeutet das auch hier die Reduzierung auf Produkt-PR.

Wenn jedoch die Produkt- oder Marken-PR so deutlich im Vordergrund der Arbeit stehen, werden häufig wichtige imagerelevante Themen nicht oder nur stiefmütterlich behandelt. PR werden sogar mit der Rolle der »Kommunikationsfeuerwehr« identifiziert und dann zu Hilfe gerufen, wenn eine Krise droht, die es zu richten gilt. Dieser Hilferuf verkennt die grundsätzliche Funktionsweise von PR: Vertrauenserwerb ist immer ein langfristiger Prozess der kontinuierlichen Meinungsbildung. Wer sich vor einer Produkt- oder einer Kommunikationskrise nicht um ehrlichen Vertrauenserwerb und einen ernsthaften Dialog auf Augenhöhe bemüht hat, sollte im Krisenfall nicht automatisch auf das Wohlwollen wichtiger Stakeholder hoffen.

Vertrauenserwerb funktioniert nur langfristig

Wie der Soziologe Niklas Luhmann bereits 1968 beschrieb5, ist Vertrauen eine »riskante Vorleistung«, die in der Vergangenheit geschaffen und erworben wurde und zur Strukturierung der Zukunft eingesetzt werden kann. Allein die Beziehung zu Medienvertretern zeigt, wie schwer dieser Vertrauenserwerb ist. In der Regel muss sich ein Unternehmen über mehrere Jahre hinweg einen Vertrauensvorschuss erarbeiten, um vonseiten der Medien als verlässlicher, verbindlicher und glaubwürdiger Akteur wahrgenommen zu werden.

[24]Vielfach herrscht aufseiten des Managements der Irrglaube, man könne Leitmedien und kritische Journalisten einfach steuern, indem man sie mit informativen Versatzstücken und halb garen Statements bedient. Eine solche Arbeitsweise ist wenig vorausschauend. Sie erzeugt bei Journalisten in der Regel eine Nachfrage nach gut belegten und schlüssigen Informationen, um die vorhandenen Lücken in der Argumentation zu schließen. Wer hier nicht für eine hohe Informationsqualität sorgt, verspielt schnell Vertrauenskapital.

Ist das erworbene Vertrauenskapital erst einmal verloren, weil eine Organisation den Dialog mit den Journalisten verweigert oder ihre Informationspolitik in den Verdacht der Täuschung oder Verschleierung gerät, schafft es die Öffentlichkeitsarbeit nur mit sehr großen Anstrengungen, das Stigma des unzuverlässigen Informationslieferanten wieder loszuwerden. Häufig gelingt es auch gar nicht, wenn die Unternehmensleitung die von Journalistinnen und Journalisten verlangte Offenheit und Transparenz verweigert.

Es muss daher immer wieder betont werden: Strategisches Kommunikationsmanagement ist immer auch strategisches Informationsmanagement. Zentrale Meinungsträger wie Investoren, Mitarbeiter, Kundinnen sind auf verlässliche, gut belegte und verständliche Informationen angewiesen. Reduziert sich der strategische Blick dagegen einseitig auf ein spezielles Organisationsinteresse, läuft die Informationspolitik (»Welche Information wird wann, warum, an wen weitergegeben«) schnell Gefahr, fahrlässig und wenig weitsichtig zu handeln. Journalisten, die das Unternehmen gut kennen und oft auch über eine hervorragende Branchenkenntnis verfügen, wollen das ganze Bild eines Unternehmens und seiner Marktsituation erfassen. Sie lassen sich nicht so schnell mit einseitigen Informationshäppchen hinters Licht führen, auch wenn die Verantwortlichen in den betroffenen Organisationen gerne glauben, sie besäßen den eigentlichen Informationsvorsprung. Dies kann sich schnell als Irrtum herausstellen, der dann besonders sichtbar wird, wenn Journalisten durch Whistleblower ihrerseits über sehr gute Insiderinformationen verfügen.

AUSFLUG 2-02

Absatzorientierte versus gesellschaftsorientierte PR

Während sich absatzorientierte PR als fester Bestandteil der Marketingkommunikation verstehen und sich die Ziele der PR unmittelbar aus den Marketingzielen ableiten, bedeuten gesellschaftsorientierte Public Relations, dass ein Unternehmen über die reinen absatzpolitischen Ziele hinaus seine gesellschaftliche Verantwortung anerkennt, daraus entsprechende Maßnahmen ableitet und seine gesellschaftlichen Aktivitäten mithilfe der PR öffentlich sichtbar macht. Heute spricht man in diesem Zusammenhang auch von Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Responsibility (CR) oder Corporate Citizenship (CC). Durch dieses Engagement und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung will das Unternehmen seine Akzeptanz erhöhen und das [25]eigene Image verbessern – und nicht zuletzt auf diesem indirekten Weg seine Erträge steigern.

Absatzorientierte Presse- und Medienarbeit, die Fokussierung auf Produkte und Dienstleistungen, stößt schnell an ihre Grenzen, da besonders im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Sensibilisierung gegenüber jeglicher Form von Schleichwerbung stark ausgeprägt ist. Strenge Redaktionsstatute sorgen dafür, dass Unternehmen in einem Beitrag nicht häufiger als ein oder zweimal genannt werden, dass über Organisationen maximal dreimal im Jahr berichtet wird oder dass Werbung auch im Rahmen von Produktinformationen im redaktionellen Teil des Mediums überhaupt nicht stattfinden darf.

Gesellschaftsorientierte PR versuchen, diese strengen Redaktionsregeln zu umgehen und Themen- oder Berichtsangebote jenseits der Produktkommunikation zu schaffen. Auch im Marketing ist heute vielfach vom gesellschaftsorientierten Marketing die Rede, das sich nicht nur an potenzielle oder tatsächliche Abnehmer von Produkten richtet, sondern an sämtliche Stakeholder eines Unternehmens. Gesellschaftsorientiertes Marketing bezieht sich dabei genauso wie gesellschaftsorientierte PR auf veränderte Werthaltungen, Wertorientierungen und an soziale Anforderungen, die an das Unternehmen gerichtet werden.

2.1.2Entwicklung der Unternehmenskommunikation bis heute

Nach Manfred Bruhn lässt sich die Entwicklung der Unternehmenskommunikation in der Bundesrepublik in sieben Phasen unterteilen:6

Phase 1: Die unsystematische Kommunikation: Die 1950er-Jahre sind durch eine starke Käufernachfrage geprägt, sodass die Absatzkommunikation relativ unbedeutend ist. Viele Firmen können nach dem Zweiten Weltkrieg an ihre »alten« Marken anknüpfen und diese mit einfachen werblichen Mitteln kommunizieren. Dementsprechend wenig kommt es auf eine systematische Unternehmenskommunikation an.Phase 2: Die Produktkommunikation: In den 1960er-Jahren müssen sich Unternehmen stärker gegenüber der Konkurrenz behaupten. Die Kommunikation dient vor allem dazu, den Vertrieb zu unterstützen und den Verkauf zu steigern. Marketinginstrumente wie Werbung, Verkaufsförderung und persönlicher Verkauf bestimmen den Kommunikationsmix.Phase 3: Die Zielgruppenkommunikation: Die 1970er-Jahre sind durch eine zunehmende Segmentierung der Märkte gekennzeichnet. Die Kommunikation muss nun stärker kundenorientiert arbeiten. Auf Basis der Markt- und Meinungsforschung wird der Nutzen von Produkten einzelnen Marktsegmenten zugeordnet; die Instrumente der Kommunikation werden zunehmend zielgruppenspezifisch eingesetzt.Phase 4: Die Wettbewerbskommunikation: In den 1980er-Jahren müssen die Unternehmen ihre Wettbewerbsvorteile auf- und ausbauen. Der sogenannte USP (Unique Selling [26]Proposition), der einzigartige Kommunikationsvorteil, wird nun gezielt gesucht und kommuniziert. Neben dem Produkt wird jetzt auch das Unternehmen kommuniziert. Corporate-Identity-Konzepte sind gefragt, um eine widerspruchsfreie Kommunikation zu sichern. Neue Instrumente wie Direktmarketing, Sponsoring und Eventmarketing führen zu einem verstärkten Wettbewerb der Disziplinen.Phase 5: Der Kommunikationswettbewerb und die integrierte Kommunikation: Seit den 1990er-Jahren berücksichtigen die Unternehmen zunehmend das gesellschaftliche Umfeld und den sichtbar gewordenen Wertewandel (Ökologie, Technik, Politik) in der Unternehmenskommunikation. Die Aufgabe besteht darin, ein glaubwürdiges und stimmiges Bild bei den verschiedenen Zielgruppen – und über den Konsumentenkreis hinaus – zu schaffen. Dazu sind alle Kommunikationsinstrumente in ein ganzheitliches Konzept zu integrieren.Phase 6: Dialogkommunikation: Mit der Zunahme interaktiver Medien erhöht sich die Anspruchshaltung der Konsumenten bei gleichzeitig sinkender Loyalität gegenüber Unternehmen. Ziel der modernen Unternehmenskommunikation ist es daher, nicht mittels einseitiger Kommunikation Kaufentscheidungen zu beeinflussen, sondern durch zweiseitige Kommunikation in einen langfristigen Dialog mit den relevanten Zielgruppen aufzubauen.Phase 7: Netzwerkkommunikation: (ab 2010): Neue Web-Anwendungen treiben die Interaktivität weiter voran. Unternehmen sehen sich daher zunehmend vor der Herausforderung, Netzwerkkommunikation auf den zentralen Kommunikationsplattformen zu betreiben und ihre Communitys aufzubauen und zu pflegen, um im Kommunikationswettbewerb weiterhin zu bestehen.

Und wo befindet sich die Unternehmenskommunikation heute?

Für viele Kommunikationsverantwortliche stellt die Digitalisierung von Kommunikation und Gesellschaft und die zunehmende Verlagerung von Kommunikationsprozessen ins Social Web die größte Herausforderung für die Unternehmenskommunikation dar.

Abb. 1: Die wichtigsten Herausforderungen für die Unternehmenskommunikation bis 2022; Quelle: European Communication Monitor 2019

[27]Es wird zunehmend wichtiger, die eigene Geschäfts- und Unternehmensstrategie besser miteinander zu verbinden. Gleichzeitig müssen mit begrenzten Ressourcen in den Abteilungen immer heterogenere Zielgruppen über immer neue Kanäle angesprochen werden. Insgesamt gibt es eine fast kaum noch zu überblickende Menge an kommunikativen Berührungspunkten (»Touchpoints«) mit dem eigenen Publikum und die Komplexität der Kommunikation ist insgesamt gewachsen. Reichte es vor zehn Jahren noch, sich in der Kommunikation auf Leitmedien zu konzentrieren, erzielen Influencer heute oftmals größere Reichweiten als jedes Leitmedium.

Mit der exponentiellen Zunahme der Medienkanäle ist es schwieriger geworden, den eigenen Stakeholdern ein einheitliches Bild der eigenen Organisation zu vermitteln und die damit verbundenen Kommunikationsprozesse professionell zu steuern. Daher kommt es immer stärker darauf an, sich auf unterschiedliche Zielgruppen mit differenzierten Kommunikationsinhalten und Botschaften einzustellen. Extern geht es darum, durch einen offenen Dialog Vertrauen aufzubauen und den gestiegenen Transparenzanforderungen des Publikums gerecht zu werden. Intern kommt es darauf an, die Rolle der Kommunikation gegenüber dem eigenen Management zu stärken und den Wandel der eigenen Organisation im Rahmen der Change Communication vermehrt zu begleitet. Das bedeutet auch, die Großthemen »gesellschaftliche Verantwortung« und »Nachhaltigkeit« verstärkt in der Kommunikation zu verankern.

Welche Aufgaben muss ein zeitgemäßes Kommunikationsmanagement erfüllen?

Heute wird der Kommunikationswettbewerb global ausgetragen. Über das Internet sind die Märkte kommunikativ 24 Stunden am Tag miteinander verbunden. Parallel haben die Web-2.0-Anwendungen die Macht der Konsumenten deutlich gestärkt. Für Unternehmen bedeutet das: Sie stehen permanent unter Beobachtung. Daher besteht eine große Herausforderung darin, die Meinungsbildungsprozesse im Netz aktiv zu begleiten. Unternehmen müssen vorhandene Meinungstendenzen beobachten und sich kritischen Berichten oder Gerüchten zeitnah stellen. Dieser gestiegene Kommunikationsdruck und der Zwang schnell und abgestimmt darauf zu reagieren macht die einheitliche Kommunikation zu einer echten Herkulesaufgabe. Zahlreiche Unternehmen haben aus diesem Grund ihre Unternehmenskommunikation organisatorisch auf sogenannte Newsroom-Konzepte umgestellt. In diesen Schaltzentralen der Kommunikation sind alle wichtigen Gewerke versammelt, um kurze Abstimmungswege sicherzustellen.7

Die weitreichenden Konsequenzen, die sich aus dem Aufstieg der Online-Kommunikation ergeben, führen dazu, dass das Kommunikationsmanagement den Dialog mit den wichtigen Stakeholdern umfassend steuern muss. Ziel des eigenen Themenmanagements muss es sein, die Unternehmens- und Produktmarken glaubwürdig und aufmerksamkeitsstark nach innen und außen zu vermitteln, sodass sich der Bekanntheitsgrad der Marken steigert, gleichzeitig aber auch die Akzeptanz und das Vertrauen in die Marken erhöht. Ein Unternehmen, das sich eine [28]starke Reputation erarbeitet hat, darf auch in schwierigen Situationen auf die Unterstützung von Aktionären, Kunden, Mitarbeitern, Gewerkschaften und Medien hoffen.

Kommunikationsmanagement heißt demnach nicht nur, dass die eigene Kommunikation so gut wie möglich gemanagt wird. Ganz besonders die Geschäftsführung muss durch ihre eigenen Kommunikationsleistungen das Unternehmen authentisch und glaubwürdig nach innen und außen repräsentieren. Die Unternehmenskommunikation kann hierbei unterstützen; sie kann beraten und immer wieder auf mögliche Fallstricke und negative Konsequenzen hinweisen. Den letzten Beweis der Glaubwürdigkeit der Kommunikation muss aber das Unternehmen als Ganzes durch sein Verhalten antreten. Das betrifft auch das Verhalten von CEOs und Vorständen.

2.1.3Grundlagen der Marketingkommunikation

Für prominente Autoren wie Heribert Meffert oder Philip Kotler ist Marketing ein ganzheitlicher Ansatz markt- und umweltorientierter Unternehmensführung. Marketinggeleitete Unternehmen orientieren sich streng an den Problemen, Bedürfnissen und Erwartungen ihrer aktuellen wie potenziellen Kunden. Sie beobachten und analysieren kontinuierlich relevante Unternehmensumwelten (Käufer, Handel, Lieferanten, Konkurrenten, politische Institutionen u. a.) sowie Marktentwicklungen, die das Verhalten eines Unternehmens mittelbar oder unmittelbar beeinflussen können.

Auf Basis der zur Verfügung stehenden Ressourcen und einer genauen Analyse von Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken entwickelt das Marketing geeignete Strategien, um die Position des Unternehmens in den eigenen Märkten zu erhalten und zu verbessern sowie neue Märkte zu identifizieren und zu besetzen. Dabei sind die Märkte keine homogenen Einheiten. Vielmehr wird der Gesamtmarkt in Untergruppen (Marktsegmente) unterteilt, die differenziert angesprochen und bearbeitet werden, um unterschiedliche Kundenerwartungen und Kundenbedürfnisse (Preis- und Qualitätsvorstellungen, Serviceansprüche, Informationsbedürfnisse u. ä.) adäquat zu befriedigen.

Nach Meffert sind für die Marketingkonzeption sieben Aspekte charakteristisch:8

Philosophieaspekt: die bewusste Orientierung aller Unternehmensbereiche auf die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse aktueller und potenzieller Kunden;Verhaltensaspekt: die Beobachtung der relevanten Umweltschichten (Käufer, Absatzmittler, Konkurrenten, Staat) zur Analyse ihrer Verhaltensmuster;Informationsaspekt: die planmäßige Erforschung des Marktes;[29]Aktionsaspekt: der zieladäquate Einsatz aller Instrumente des Marketingmix;Segmentierungsaspekt: die bewusste Marktdifferenzierung als Basis für die differenzierte Marktbearbeitung;Koordinations- und Organisationsaspekt: die organisatorische Verankerung des Konzepts in der Unternehmensorganisation und die Koordination aller marktgerichteten Aktivitäten;Sozialaspekt: die Einordnung der Marketingentscheidungen in größere soziale Systeme.

AUSFLUG 2-03

Aktuelle Trends im Marketing

Zeitgemäßes Marketing beschäftigt sich nicht nur mit der systematischen Eroberung neuer Märkte. Vielmehr will es überraschen, tradierte Erwartungen aufbrechen und Kunden auf allen Sinnesebenen ansprechen. Neben dem viel diskutierten Mobile Marketing sind folgende Trends spannend:

Unter dem Schlagwort Ambush-Marketing (Marketing aus dem Hinterhalt) versuchen Unternehmen, von der großen Medienpräsenz bei Großevents zu profitieren. Adidas oder Nike setzen beispielsweise auf Einzelsportler oder Teams, um mit Logo-Präsenz die offizielle Sponsorenschaft eines Konkurrenten zu unterlaufen. Andere starten große Werbekampagnen im Umfeld von Wettkampfstätten, um die Zuschauer auf ihrem Weg von und ins Stadion zu begleiten, initiieren unter ihrem Namen Medientreffs, auf denen Journalisten mit Sportlern sprechen können, oder benutzen Programmsponsoring, um sich jenseits eines offiziellen Sponsorships Präsenz zu sichern.

Mit der kreativen Umsetzung einer Werbebotschaft unkonventionell zu überraschen und so auf die eigenen Produkte aufmerksam zu machen, das ist das Ziel des Guerilla-Marketings. Einen ähnlichen Weg beschreitet auch das Ambient-Marketing, das innovative Werbeformate verwendet und diese im direkten Lebensumfeld der Zielgruppe platziert: Bodenwerbung im Flughafen, Spind-Werbung im Fitnesscenter oder der Aufdruck auf einer Pizzaschachtel – Werbung zeigt sich meist etwas versteckt überall dort, wo sich Menschen aufhalten oder bewegen. Virales Marketing setzt auf Social-Web-Anwendungen wie Facebook, Instagram, TikTok und YouTube, um die Aufmerksamkeit auf Produkte und Marken zu lenken. Es will für Gesprächsstoff sorgen, damit sich eine Botschaft per Mund-zu-Mund-Propaganda in sozialen Gruppen und über diese hinweg reichweitenstark verbreitet.

Das Neuromarketing ist darauf fokussiert, im Mikrobereich des Gehirns diejenigen Faktoren ausfindig zu machen, die zu einer Kaufentscheidung führen. Dazu spricht es meist mit einer inszenierten Choreografie die Sinnesebenen an. Ein Beispiel: Studien zeigen, dass amerikanische Konsumenten dreimal häufiger französischen Wein kaufen, wenn im Hintergrund französische Musik läuft. Ethnomarketing geht wiederum davon aus, dass ethnische Zielgruppen auf individuelle Art und Weise angesprochen werden müssen. So werden im Rahmen von Ethnomarketing Werbeanzeigen oder spezielle Beratungs- und Dienstleistungsangebote mehrsprachig angeboten.

[30]Kundenbindung und Kundendialog

Jenseits dieser eher allgemeinen Beschreibungen von Marketingaufgaben und -funktionen hat sich in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend entwickelt – weg vom kurzfristigen Denken klassischer Absatzkommunikation und der permanenten Entwicklung neuer Zielmärkte hin zum Aufbau langjähriger Kundenbeziehungen.

Dieser Paradigmenwechsel ist Folge einer einfachen rechnerischen Überlegung: Die Gewinnung neuer Kunden ist in der Regel wesentlich teurer als die Pflege bereits bestehender Kundenkontakte. Aufgabe des sogenannten Relationship-Marketing ist es daher, auf Basis einer ausgeprägten Kundenbindung, etablierter Kundenbeziehungen, einer hohen Kundenzufriedenheit und eines positiven Kundenimages die Kunden zu festen Partnern zu machen. Durch »Customer Integration« – in der digitalen Kommunikation oft mit Crowdsourcing »übersetzt« – sollen Kunden bereits frühzeitig bei der Entwicklung von Produkten mitwirken, ihre Markttauglichkeit bewerten und bereits in der Planungsphase Hinweise zur Verbesserung geben. Der Hersteller profitiert von den Erfahrungen seiner Kunden, der Kunde erhält genau das Produkt, das seinen Bedürfnissen entspricht. Das Ergebnis ist also eine klassische Win-win-Situation, die beiden Seiten nützt.

Wenn es um den Dialog mit dem Kunden geht, wird im Relationship-Marketing häufig auch vom One-to-one-Marketing gesprochen: dem personalisierten Zuschnitt von Kommunikationsmaßnahmen auf individuelle Bedürfnisse. Die Kunden sollen dabei auf Basis umfangreicher Kundenprofile, die das Unternehmen zugekauft oder durch systematisches Data-Mining generiert hat, individuelle Produkt- und Informationsangebote erhalten. Sie sollen nur dann angesprochen werden, wenn auf Basis der Kundendaten erwartet werden kann, dass das Angebot für sie interessant ist und Nutzwert bietet.

Im klassischen Marketing erfolgt die Marktsegmentierung in der Regel nach:

geografischen Merkmalen: Region, Größe des Gebietes, Bevölkerungsdichte;demografischen Merkmalen: Alter, Geschlecht, familiärer Status, Einkommen, Beruf, Bildungsstand, Religion, soziale Schicht;psychografischen Merkmalen: Lebensstil (niveauvoll, konventionell, aufgeschlossen, trendy), Persönlichkeitsstruktur (gesellig, autoritär, ehrgeizig);verhaltensbezogenen Merkmalen: Kaufmotivation (regelmäßig, besonderer Anlass), gesuchte Vorteile (z. B. Prestige, Bequemlichkeit, Wirtschaftlichkeit), Verwenderstatus (Nicht-, ehemaliger, potenzieller, regelmäßiger Verwender), Verwendungsrate (gering, mittel, stark), Markentreue (keine, mittel, stark, absolut), Stadium der Kaufbereitschaft.9

[31]Die 4 P’s im Marketing

Auf Basis der festgelegten Unternehmensziele und der Marktanalyse leitet sich die Marketingstrategie ab, die in Form des koordinierten Einsatzes der Instrumente im Marketingmix umgesetzt werden soll. In diesem Mix geht es darum, die optimale Kombination der folgenden vier Leistungsbereiche zu bestimmen, um die definierten Marketingziele zu erreichen:10

Produktpolitik: Produktqualität, Produktgestaltung, Produktprogrammgestaltung;Distributionspolitik: Gestaltung der Absatzwege, Logistik;Preispolitik: Produktpreis, Zugabepolitik, Kredite;Kommunikationspolitik: Werbung, Verkaufsförderung, Direktverkauf, PR, Sponsoring, Messen, Events, Merchandising.11

AUSFLUG 2-04

Gesellschaftliche Trends und ihre kommunikativen Folgen

Alternde Gesellschaft: Angesichts einer wachsenden Fünfzig-plus-Generation müssen künftige Informationsangebote den besonderen Nutzen der Produkte für diese ältere Zielgruppe herausstellen. Da die Senioren jedoch immer aktiver werden, darf die Kommunikation nicht alt wirken, sondern muss vielmehr ein frisches Lebensgefühl für einen weiteren Lebensabschnitt vermitteln.Schrumpfende Mittelschicht: Die Zahl der Me-too- und Nachahmerprodukte wird weiter ansteigen, die Markenbindung nimmt ab. Mit steigender Preissensibilisierung rückt auch die Preisargumentation stärker in den Mittelpunkt. Wenn die Kommunikation sich jedoch nur über den Preis definiert, wird auch die Kommunikation austauschbar.Zunehmender Anteil kinderloser Ehepaare: Hochwertige Angebote im oberen Preissegment haben ihre feste Käuferschaft. Die Qualitätsanforderungen an diese Produkte schlagen sich auch in einer Premiumkommunikation wieder, die anspruchsvoll und intelligent sein und die Lebenswelt der kinderlosen Ehepaare positiv widerspiegeln muss.Selbstbewusste Kaufentscheiderinnen: In der Arbeitswelt sind gut gebildete Frauen mit wachsendem Einkommen auf dem Vormarsch. Die Kommunikation von Produkten und Marken muss die Bedürfnisse dieser selbstbewussten Käuferinnen erreichen, die selbst entscheiden, was für sie gut ist.Frühes Markenbewusstsein: Kinder und Jugendliche sind zielgruppenspezifisch anzusprechen – mit dem Internet als Leitmedium. Jugendspezifische Informationsangebote, Aktionen und Events werden somit an Bedeutung weiter gewinnen.[32]Wachsende Zukunftsängste: Die Angst vor Arbeitsplatz- und Statusverlust nimmt stark zu. Die Innenwelt wird räumlich (»Cocooning«), körperlich (Yoga, Wellness) wie seelisch (innere Balance finden) immer wichtiger. Aufgabe der Kommunikation ist es, die Angst vor der Zukunft zu nehmen und positive Stimmungen und Emotionen zu vermitteln.Sehnsucht nach der Kindheit: Retroprodukte werden immer beliebter. Die Konsumenten suchen nach den Marken ihrer Kindheit, die ihnen Stabilität in der Gegenwart geben. Vergessene Marken leben auf, Neuprodukte suchen Anknüpfungspunkte an einen Markenmythos (Fiat 500, Mini Cooper etc.).Veränderte Mediennutzung: Die Erwartung an Medien und der Umgang mit Medien werden sich gravierend verändern. Die klassische One-to-many-Kommunikation hat an Relevanz verloren. Immer mehr tauschen sich Menschen in größeren und kleineren Gruppen aus. Mit diesen aktiven Usern müssen Werbung und PR verstärkt den Dialog suchen.12

2.1.4Angrenzende Kommunikationsdisziplinen

PR und Werbung

Während Public Relations laut vieler Lehrmeinungen vorrangig mit der Aufgabe betraut sind, ein positives und glaubwürdiges Image aufzubauen und Vertrauen bei den relevanten Zielgruppen zu erzeugen, zielt die Werbung direkt auf die Absatzförderung. Für die Werbeplanung steht seit mehr als 100 Jahren die sogenannte AIDA-Formel Pate, die die verschiedenen Stufen beschreibt, die Kunden durchlaufen sollen, um letztlich zur Kaufentscheidung zu kommen:

A für »Attention« und die Erzeugung von Aufmerksamkeit durch Eye- oder Ear-Catcher;I für »Interest« und das Wecken von Interesse an der Werbebotschaft;D für »Desire« und das rationale wie emotionale Verlangen nach dem Produkt;A für »Action« und die Kaufhandlung, die erleichtert, ausgelöst und herbeigeführt werden soll.

Dieses einfachste Modell der Werbewirkungsforschung wurde im Laufe der Zeit vielfach ergänzt und erweitert. Beispielsweise stellte die AIDCA-Formel noch den Aspekt der Vertrauensgewinnung (confidence) vor die eigentliche Kaufhandlung. Die DAGMAR-Formel (»Defining Advertising Goals for Measured Advertising Results«) hingegen integriert in die verschiedenen Stufen der Werbeansprache auch die Faktoren Verständnis (»Versteht meine Zielgruppe die Botschaft, z. B. den Produktnutzen?«) oder Einstellung (»Wird die Botschaft für glaubwürdig befunden?«). Der Gedanke dahinter ist, dass, um bei der Markteinführung eines neuen Produktes den Kunden vom Kauf zu überzeugen, das Produkt Bekanntheit erlangen (awareness) muss, der Kunde seinen Nutzen verstehen (comprehension) und überzeugt sein (conviction) muss, [33]dass er mit seiner Kaufhandlung (action) genau auf dieses Produkt zurückgreifen muss, wenn er sein Kaufbedürfnis befriedigen will.

Schon seit Längerem geht die Werbewirkungsforschung über das einfache Reiz-Reaktions-Muster hinaus, wie es noch der AIDA-Formel zugrunde liegt. So besagt der Ansatz des »Recency Planning«, dass Werbung vor allem dann wirkt, wenn ein Kunde bereits unmittelbar vor der Kaufentscheidung steht. Gesucht werden diejenigen Konsumenten, die sich als potenzielle Käufer bereits aktiv auf dem Markt bewegen und auf der Suche nach Produkten sind.

Warum handelt es ich bei diesem Kreis potenzieller Kunden um besonders wertvolle Kontakte? Bei ihnen ist das Wahrnehmungsfenster für die Werbereize bereits geöffnet. Sie sind empfänglich für Werbebotschaften, da sie bereits konkret auf der Suche nach einem Produkt sind. Dies hat enorme Auswirkungen gerade auf die Mediaplanung. So muss ein Unternehmen mit seinen Produkten kontinuierlich auf dem Markt werblich präsent sein, um eine möglichst hohe Kontaktchance auch zu Selektivnutzern herzustellen, die ein Medium nur unregelmäßig nutzen. Das heißt, erst Reichweite und kontinuierliche Präsenz sichern, um dann die Zielgruppe zu erreichen. Diese Art des Denkens passt sehr gut zu Public Relations. Auch sie ist immer auf eine kontinuierliche und langfristige Kommunikation angelegt, um das berühmte »Grundrauschen der Kommunikation« sicherzustellen.

Die Rolle der Mediadaten beim Werbeeinsatz

Werbung ist primär ein Instrument der persuasiven Kommunikation, das nicht nur überzeugen, sondern auch überreden und einen unmittelbaren, schnell wirkenden Kaufanstoß bewirken will. Dafür stehen unterschiedliche Kommunikations- oder Werbemittel zur Verfügung wie Werbespots (TV, Hörfunk, Kino), Printanzeigen, Außenwerbung, Online-Werbung, Werbeartikel.

Um Werbekunden die Wahl des Mediums zu erleichtern, analysieren die Medien ihre eigene Nutzerschaft regelmäßig nach soziodemografischen (Alter, Bildungsstand, Kaufkraft, Haushaltseinkommen, Geschlecht u. a.) und psychologischen Kriterien (Themenaffinität, Einstellungsmuster u. a.). Diese vielfältigen Informationen fassen sie in Mediadaten zusammen. Sie geben auch Auskunft über die Reichweite eines Mediums, die durch die regelmäßigen Messungen der IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.), der Mediaanalyse der ag.ma (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e. V.), die Messungen der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) oder der AWA (Allensbacher Werbeträger Analyse) festgestellt wird.

[34]Diese Mediadaten sind wiederum für PR-Leute relevant, wenn es um die Auswahl der Medien für die eigene Pressearbeit und den Aufbau des Presseverteilers geht. Dazu werden die Zielgruppen anhand der Mediadaten in Bezug zu relevanten Medien gesetzt, die für die Verbreitung der eigenen PR-Botschaft besonderes Gewicht haben. Darüber hinaus bilden die Mediadaten eine wichtige Grundlage für Erfolgsbewertung einer PR-Maßnahme oder PR-Kampagne durch die Ermittlung des Anzeigenäquivalenzwerts. Durch den Anzeigenäquivalenzwert wird der Umfang der Berichterstattung über ein Unternehmen in Bezug zu den klassischen Mediapreisen gesetzt.

AUSFLUG 2-05

Die Bewertung per PR-Wert

Im Unterschied zum Anzeigenäquivalenzwert wird mit dem PR-Wert der Inhalt eines redaktionellen Beitrags nach quantitativen und qualitativen Kriterien bewertet. Dazu wird die Wahrnehmungswahrscheinlichkeit als wichtiger Koeffizient hinzugerechnet. Er ergibt sich beispielsweise durch eine Erwähnung des Unternehmens in der Headline oder durch einen zusätzlichen Bildabdruck. Der Beitrag wird daraufhin überprüft, ob die Inhalte mit den gewünschten PR-Botschaften des Unternehmens übereinstimmen. Zusätzlich wird der Adressatenkreis in Bezug zur Nutzerschaft des Mediums gesetzt, um zu überprüfen, ob und wie beide Adressatengruppen zusammenpassen. Weiterhin zeigt der PR-Wert auf, ob innerhalb der Berichterstattung auch ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens sichtbar wird.

Chance durch Advertorials und Infomercials

Im Zusammenspiel der Kommunikationsdisziplinen machen sich Public Relations längst die Vorzüge der Werbung (Timing, Intensität) zunutze. Gerade im Zuge von Kampagnen setzen PR-Abteilungen zunehmend auf Advertorials in Print- und Online-Medien, um Themen zu setzen oder ausführlicher über ein Produkt oder eine Aktion zu informieren. Bei diesem Kunstwort aus Advertising (Werbung) und Editorial (redaktioneller Beitrag) handelt es sich um eine Werbeanzeige, die aber die optische und inhaltliche Anmutung eines redaktionellen Beitrags besitzt. Zwar muss sie als Anzeige oder Sonderveröffentlichung gekennzeichnet sein und wird wie eine Anzeige berechnet. Gleichzeitig fügt sie sich fast unbemerkt in das gewohnte redaktionelle Umfeld und das »Look & Feel« des Mediums ein.

[35]

Abb. 2: Advertorial zum Spendenspaziergang ECCO Walkathon in der Berliner Morgenpost

Advertorials etablieren sich auch zunehmend im Online-Bereich – in Form von separaten Microsites oder Content-Ads, auf die der User über gesponserte Teaser-Texte oder Native Ads gelenkt wird und die die Anmutung eines redaktionellen Beitrags besitzen. Der Werbetreibende kann die Inhalte der Microsite komplett bestimmen, sofern sie den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen, die sich aus dem Presserecht oder den werberechtlichen Bestimmungen ableiten. Dasselbe gilt für Content-Kooperationen im Social-Media-Bereich, wenn Unternehmen beispielsweise die Reichweite der Facebook-Seite eines Medienpartners für die Sichtbarkeit eigener Inhalte nutzen. Auch solche werblichen Kooperationen müssen für jede Nutzerin sofort ersichtlich sein.

[36]Auch bei Beilagen ist zunehmend der Trend sichtbar, PR-Inhalte im Erscheinungsbild des Printmediums zu publizieren. Oftmals bieten die Verlage selbst an, auf Basis der zur Verfügung gestellten Inhalte und Bildmaterialien eine Sonderveröffentlichung zu erstellen und einer Ausgabe beizulegen. In Zusammenarbeit mit einer hauseigenen Sonderredaktion wird diese Beilage dann optisch wie in ihrer sprachlichen Tonalität auf das Trägermedium abgestimmt. Im TV-Bereich verbinden zum Beispiel sogenannte Infomercials PR-geprägte Informationsinhalte und Werbung.

Weitere Einsatzmöglichkeiten von PR im Rahmen klassischer Werbung bieten sich im gesamten Bereich des Corporate Advertising. In Krisensituationen verwenden Unternehmen regelmäßig Infoanzeigen, um mit einem großen Textanteil die Situation aus ihrer Sicht aufzuklären und Meinungsbilder zu korrigieren. So schaltete der Discounter Lidl nach Bekanntgabe der Bespitzelungsvorwürfe gegenüber seinen Mitarbeitern durch das Magazin STERN halbseitige Infoanzeigen in wichtigen Tageszeitungen, in denen sich die Unternehmensleitung in einem offenen Brief bei seinen Kunden entschuldigte und gleichzeitig über die Schadenshöhe informierte, die für Lidl jährlich durch den Warendiebstahl in seinen Filialen entsteht.

PR und Direktmarketing

Ein weiterer wichtiger Bereich der Marketingkommunikation ist die Direktwerbung bzw. das Direktmarketing, auch Dialogmarketing genannt. Das Ziel ist durch individuelle, persönliche Ansprache den direkten Dialog zwischen Anbieter und Mitgliedern einer Zielgruppe herzustellen, um bestehende Kunden zu binden, neue zu gewinnen und die Kaufmotivation zu erhöhen. Das Direktmarketing richtet sich ebenso an Endverbraucher wie an Handelsunternehmen und Großkunden.

Zum Direktmarketing zählen adressierte Werbesendungen (Mailings), Haushaltsdirektwerbung wie Prospekte, Kataloge und Postwurfsendungen, teiladressierte Werbesendungen sowie Telefonmarketing. Aber auch interaktive digitale Kundendialogelemente im Internet – E-Mailings, Online-Games – können zum Direktmarketing gezählt werden. Dialogmarketing ist auch in den klassischen Medien wie Zeitschriften und Fernsehen möglich, wenn Anzeigen und Beilagen, Funk- und Fernsehwerbung, Plakat- und Außenwerbung mit Response-Elementen kombiniert werden.

Direktmarketing schafft spezifische Vorteile: geringe Streuverluste bei hoher Adressqualität, schnelle Messbarkeit des Erfolges oder direkte Erreichbarkeit des Empfängers ohne weitere Werbeeinflüsse von außen. Direktmarketing wird heute oft auch in Kombination mit klassischen PR-Instrumenten eingesetzt. So lässt sich beispielsweise ein Tag der offenen Tür schnell und einfach durch Direktmarketing begleiten, indem über Infobriefe an die Haushalte im Unternehmensumfeld auf dieses Event hingewiesen wird.

[37]PR und Verkaufsförderung

Bei Verkaufsförderung – auch Sales Promotion genannt – handelt es sich um ein eher kurzfristig angelegtes Instrumentarium innerhalb des Kommunikationsmix, das vorrangig zur Unterstützung, Information und Motivation der am Absatzprozess beteiligten Akteure (Außendienst, Groß- und Einzelhandel) dient. Dieses Instrument zielt darauf, mithilfe des eigenen Vertriebes den direkten Verkauf am Verkaufsort (Point of Sale/PoS) bzw. am Einkaufsort (Point of Purchase/PoP) zu erhöhen und Verkaufsanreize zu schaffen. Generell unterscheidet man heute drei Bereiche von Sales Promotion:

Staff Promotion (Verkaufspromotion) – durch eigene, gut geschulte Vertriebsmitarbeiter beim Kunden;Dealer Promotion (Händlerpromotion) – durch unmittelbare Präsenz und Präsentation der Ware im Geschäft;Consumer Promotion (Verbraucherpromotion) – durch direkte Ansprache des Endverbrauchers am Point of Sale.

Product- und Themen-Placement

Ein umstrittener Bereich des Marketings ist das Product- und Themen-Placement, also die werbewirksame entgeltliche Integration von Produkten, Dienstleistungen und Themen in Kino-, Video-, Fernseh- und Hörfunkprogrammen – aber auch bei YouTube, Instagram und in weiteren Social-Media-Kanälen. Bei der Betrachtung eines TV-Films oder eines YouTube-Videos ist die Platzierung eines Markenartikels oft nicht oder nicht sofort erkennbar, da die Produkte scheinbar beiläufig in eine spannende oder unterhaltsame Gesamthandlung eingebunden sind. In der Regel handelt es sich beim Product-Placement um ein auf Gegenseitigkeit zwischen den Produzenten eines Medienproduktes und einem Hersteller basierendes Geschäft. Das Spektrum der Leistung aus Sicht des Product-Placement-Betreibenden kann sich von der kostenlosen Überlassung der Produkte über die freie Gewährung von Dienstleistungen bis hin zur Zahlung von Geldbeträgen zur Platzierung eines Produkts speziell in TV- und Online-Medien erstrecken.

Probleme ergeben sich dann, wenn das Product-Placement in den Ruf der Schleichwerbung gerät und ein Unternehmen versucht, sich eine messbare Medialeistung durch Erwähnung oder sichtbare Platzierung eines Produkts oder einer Marke in einem redaktionellen fiktiven Sendeformat zu erschleichen. Dies wurde in den letzten Jahren viel – insbesondere im Zusammenhang mit Influencer-Kooperationen – diskutiert. Dagegen agieren die Landesmediengesetze, die eine deutliche Trennung von redaktionellem Teil und Werbung verbindlich regeln.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, dass es Unternehmen und Verbänden entgegen geltenden Rechts gelungen ist, durch Zahlungen an TV-Produktionsgesellschaften Produkte oder Themen in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu platzieren. Dies [38]hat zu einer starken Sensibilisierung von öffentlich-rechtlichen Sendern gegenüber Versuchen geführt, ein Unternehmen oder ein Produkt nicht nur in fiktionalen Formaten, sondern auch im Zusammenhang mit redaktioneller Berichterstattung zu erwähnen. Dies bedeutet aber nicht, dass Unternehmen keine Strategien hätten, diese Probleme zu umgehen: Beispielsweise werden beim Sport-Sponsoring Logos groß und medienwirksam auf Trikots gebracht oder Veranstaltungen und Fußballarenen umfirmiert (»Veltins-Arena« oder »Allianz Arena«), sodass die Namenspatronage leicht von den Kameras erfasst oder in der Übertragung aus der »Allianz Arena« mündlich gegenüber einem Millionenpublikum genannt wird.

Merchandising und Licensing

Im deutschen Sprachraum werden die Begriffe Licensing und Merchandising vielfach synonym verwendet. Licensing umfasst die verkaufsfördernden Maßnahmen, die durch die kommerzielle Nutzung der Popularität einer Marke auf Basis einer markenrechtlich relevanten Lizenzvergabe entsteht und die eine profitable Einnahmequelle für den Lizenzgeber darstellen kann. Dabei profitiert der Lizenznehmer vom hochwertigen Produktimage des Lizenzgebers. Er verschafft sich mit der Aufwertung durch das andere Produktimage einen unter Umständen marktentscheidenden Kommunikationsvorteil und erhöht das Prestige des eigenen Produkts.

Auch für die Lizenzgebenden bieten sich Vorteile: Wenn der Qualitätsstandard des Lizenznehmenden hoch ist, verbessert sich das Image der eigenen Marke. Die Lizenznehmer können diese in einem neuen Kontext präsentieren und weitere Zielgruppen erschließen. Ein Beispiel für gelungenes Licensing ist das Prinzessin-Lillifee-Fahrrad der Marke Puky. Durch die farbliche Gestaltung im Lillifee-Design wird aus einem normalen Kinderfahrrad ein sympathisches Fortbewegungsmittel, mit dem sich die Kleinen gerne identifizieren.

Auch Merchandising folgt der Idee des Licensing. Auch hier werden Logos, Marken, Formate und Charaktere auf Produkte und Accessoires übertragen. Im Gegensatz zum Licensing liegt das finanzielle Risiko jedoch primär beim Rechteinhaber einer Marke. Oftmals werden Merchandising-Artikel auch als einfache Give-aways vertrieben, um kleine Aufmerksamkeitsreize zu schaffen oder die Erinnerung an ein Event oder eine Marke zu erhalten.

Inhalt gegen Werbezeit beim Bartering

Bartering (engl. Tauschhandel) ist im klassischen Sinne der Austausch von vorproduzierten Fernsehinhalten gegen Werbezeit. Im Bartering stellt ein auf Werbung zielendes Unternehmen einem Sender ein vorproduziertes Programm zur Verfügung und erhält dafür ein Kontingent an Werbezeit im Umfeld der bereits vorproduzierten Sendung. Der Vorteil für Werbetreibende liegt nicht so sehr im Imageaufbau und in der Imagepflege, sondern darin, seine Werbung in einem für ihn optimalen Programmumfeld unter Ausschaltung der Konkurrenz zu platzieren.

In der heutigen Kommunikationspraxis ist Bartering vielfach der gegenseitige Austausch von monetär messbaren Media- und Sponsoring-Leistungen. Ein Beispiel dazu: Ein großes Nutz[39]fahrzeugportal engagierte sich bei einem Truckevent auf dem Nürburgring. Der Veranstalter stellte dem Portal klar definierte Medialeistungen wie Logo-Präsentation auf der Homepage der Veranstaltung in den Social-Media-Kanälen, auf Eintrittstickets und Plakaten zur Verfügung. Im Gegenzug wird die Veranstaltung auf der stark besuchten Homepage des Nutzfahrzeugportals sowie dessen Social-Media-Auftritten über einen längeren Zeitraum beworben. Dabei wird der Wert der Präsenz auf der Portalseite mit den Leistungen des Veranstalters verrechnet.

Oftmals findet Bartering direkt zwischen den PR- und Marketingabteilungen von Unternehmen und den Anzeigenabteilungen der Medien statt, um bei diesem »Naturaltausch« das eigene Budget zu schonen: Das Unternehmen stiftet einen Preis (Reise, Übernachtung, Konzertkarten), erhält im Gegenzug Werbefläche und wird als Sponsor oder Medienpartner genannt.