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Wir brauchen eine Wende zum Besseren. Wir brauchen ein neues Denken und Handeln, das unsere Werte, unser Wirtschaften und unsere Verantwortung für Mensch und Natur verändert. Diese Verantwortung liegt bei uns allen. Um diesen Wandel der regenerativen Transformation zu schaffen, können wir enorm viel von Vorreiter:innen lernen, die heute schon Dinge umsetzen, an die sich andere noch gar nicht getraut haben. Dieses Buch von Stephan Grabmeier und Anne-Kathrin Vorwald stellt Good Practices von Unternehmer:innen und Führungskräften vor, die sich auf den Weg zu einer regenerativen Wirtschaft gemacht haben und Inspiration für viele andere sind. Diese Erfolgsgeschichten sind eingebettet in das Impact Business Design Framework, das eine systemische Orientierung für die Umsetzung eigener Transformationsvorhaben bietet. Handlungsempfehlungen, die sich aus den Mustern der Vorreiter ableiten lassen, helfen dir bei der Umsetzung der eigenen nachhaltigen Transformation und machen Mut, sich auf den Weg zu machen. Mit Beiträgen u.a. starker Vormacher:innen: Tina Müller (Weleda AG), Julius Palm (Follow Food GmbH), Reinhard Schneider (Werner & Mertz GmbH), Hans-Dietrich Reckhaus (Reckhaus GmbH & Co. KG), Sebastian Schels (Ratisbona GmbH), Steffen Zeller (Rügenwalder Mühle GmbH & Co. KG) u.w. Inhalte: - Warum wir jetzt ein Re:thinking brauchen - Nur Transformation schafft Neues - Einführung in das Impact Business Design - Lernen von Vordenker:innen und Vormacher:innen - Good Practices aus Unternehmen und Wissenschaft - Einordnung der Beiträge in das Impact Business Design, um den holistischen Rahmen für die Transformation der Wirtschaft zu habenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im BrowserJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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Seitenzahl: 258
Veröffentlichungsjahr: 2024
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[208]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-648-18079-2
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Stephan Grabmeier / Anne-Kathrin Vorwald
Re:thinking Sustainability
1. Auflage, Oktober 2024
© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg
www.haufe.de | [email protected]
Bildnachweis:
© Tiberius Hehn
Produktmanagement: Dr. Bernhard Landkammer
Lektorat: Helmut Haunreiter
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
Der Erde ist es egal, ob wir sie retten oder nicht, zumal sie gar keine Rettung von uns Menschen benötigt. Wir Menschen hingegen schon. Seit 4,6 Milliarden Jahren reist die Erde durch den Weltraum, und die Existenz der Mensch nimmt in dieser Zeitspanne nur einen winzigen Augenblick ein. Dennoch ist unser Fußabdruck auf diesem Planeten eindeutig zu tief und viel zu groß angesichts dessen, dass wir an einem entscheidenden Wendepunkt stehen: Das System Erde erreicht bevorstehende Tipping Points mit ungeahnten Auswirkungen. Diese Momente verändern unwiderruflich alles, das Klima, das Zusammenleben von uns Menschen als globale Gemeinschaft – einfach alles, was unseren Lebensraum betrifft. In 250 Jahren Industriegeschichte haben wir unsere Finanz-, Gesundheits-Wirtschafts- und Rentensysteme immer weiter auf Effizienz getrimmt. Zu oft auf Kosten unserer Umwelt. Die Zeit, in der Mutter Erde unser Handeln gesund verkraftet, geht zu Ende.
Jetzt ist es an uns, Zeit und Realität neu zu denken, und anders als bisher mit der Komplexität und dem Chaos, die aus den sich ändernden Lebensgrundlagen der Menschheit resultieren, umzugehen. Wir sind die letzte Generation, die noch die Möglichkeit hat, den grundlegenden Wandel unserer Systeme positiv zu gestalten.
Wir brauchen eine Wende zum Aufbruch. Das erfordert ein neues Denken und ein neues Handeln, das sich in dem zeigt, was wir wie wertschätzen, wie wir Werte schaffen, wie wir Unternehmen führen und wie wir Verantwortung für Mensch und Natur übernehmen. Diese Verantwortung tragen wir alle, unabhängig von unseren derzeitigen Rollen.
Klima-, Umwelt- und Artenschutz gestalten die Märkte der Zukunft. Unternehmen, Organisationen und Verbände müssen sich auf die Chancen konzentrieren, die vor ihnen liegen. Die Märkte der Zukunft sind umweltpositiv und basieren auf einem Kreislaufdenken. Gemeinsam haben wir die kollektive Intelligenz, um diese Märkte zu designen und die Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Es ist Zeit, uns selbst herauszufordern und zu zeigen, dass wir es besser können als bisher.
Wir haben dieses Buch geschrieben, um Menschen sichtbar zu machen, die bereits aufgebrochen sind. Unternehmer und Unternehmerinnen, die Verantwortung für Zukunft [11]übernehmen und ihre Rolle in den Systemen Wirtschaft, Gesellschaft und Natur radikal neu denken. Wir haben mit Menschen gesprochen, die große Transformationen denken können und bereits angefangen haben, sie umzusetzen. Die nicht jammern, die nicht in politisch ewig gestrige Parteihörner blasen und nicht an allem vergangenem festhalten, nur um keine Wählerstimmen zu verlieren. Wir haben Menschen getroffen, die bereits aufgebrochen sind.
Diese Geschichten des Gelingens sollen dich inspirieren und dir Mut machen, selbst aufzubrechen. Dafür bekommst du von uns Ideen und Methoden an die Hand. Somit verbinden wir zwei Dinge: Inspiration und Lernen.
Wir möchten dich einladen, mit uns auf die Reise zu gehen, um Nachhaltigkeit neu zu denken und in transformatives Handeln umzusetzen. Lasst uns aufbrechen.
In erster Linie für dich. Die Tatsache, dass du das Buch in der Hand hältst, ist die beste Voraussetzung für einen neuen Reifegrad unserer Wirtschaft, den du als Teil unserer Gesellschaft mitgestalten kannst.
Wir haben dieses Buch geschrieben für:
alle, die zur Umgestaltung der Wirtschaft beitragen wollen, für diejenigen, die entscheidende Veränderungen anstoßen und umsetzen werden.Unternehmer, die sich auf den Weg machen, ihr Unternehmen konsequent zukunftsfähig zu entwickeln und nicht auf äußere Anreize warten wollen.verantwortungsvolle Führungskräfte, die den Mut haben zu handeln und eine organisationsweite Transformation hin zum regenerativen Wirtschaften einleiten wollen.[12]• Organisationsentwickler, die Transformationsprozesse innerhalb von Unternehmen begleiten und Nachhaltigkeit in der Geschäftsmodellentwicklung als zentrales Thema auf ihre Agenda nehmen.Nachhaltigkeitsmanager, die mehr tun wollen als nur compliancefähige Berichte abzuliefern, die sich stattdessen als Transformationsdesigner sehen, echte Nachhaltigkeit und Regenerativität tief in ihrer Organisation verankern möchten, um damit »einen Unterschied« zu machen.HR-Verantwortliche, die aus ihrer reaktiven Rolle herauswollen und verstehen möchten, wie sie ihre Expertise in der nachhaltigen Transformation ihrer Organisation progressiv einsetzen können.Bevor wir starten: Du hast es bereits gemerkt, wir sprechen dich mit »du« an. Das erscheint uns als die geeignetste Form der Anrede, um auf Augenhöhe und nahbar mit dir zu kommunizieren. Wir sprechen auch von »deiner Organisation«. Damit drücken wir aus, dass wir eine enge Verbindung zwischen dir und deinem Unternehmen sehen, unabhängig davon, ob du (anteiliger) Eigentümer, Geschäftsführer oder Mitarbeiter bist. Entscheidend ist, dass du Verantwortung für deine Organisation übernimmst.
Wir geben dir zu Beginn einen Überblick, damit du eine Orientierung über den Aufbau des Buches bekommst. Das Buch hat drei Teile, die in einen Check-in und einen Checkout eingebettet sind.
Teil 1: Behandelt wichtige GrundlagenDarin erläutern wir, was wir mit Re:thinking Sustainability meinen und geben dir einen Einblick in Elemente des regenerativen Wirtschaftens. Wir tauchen in das Verständnis für eine gute Transformationsarbeit ein, und beschreiben das methodische Vorgehen des Impact Business Design, das dir hilft, Transformationen hin zu regenerativen Wirtschaften methodisch anzugehen und in die Praxis umzusetzen.[13]Teil 2: Erzählt inspirierende Geschichten von wirkungsvollen VeränderungenWir erzählen 15 Geschichten von inspirierenden Persönlichkeiten, die sich bereits in ihrem Umfeld auf den Weg gemacht haben. Darunter sind 12 Geschichten von großartigen Unternehmern und Führungskräften, die wir als Kopföffner des regenerativen Wirtschaftens bezeichnen. Du kannst darin spannende Wege über unternehmerische Vorbilder sehen, die einen Unterschied machen. Hinzu kommen drei Beiträge von Menschen, die wir Vordenker und Vordenkerinnen nennen und eine Einordnung aus der Sicht der Wissenschaft, des Marketings und der Politik geben.Teil 3: Zeigt dir Erfolgsmuster erfolgreicher Transformationen ...... und ordnet die 12 Geschichten von Unternehmern und Führungskräften in den Prozess der Transformation ein. Was haben diese gemeinsam, wo gibt es Unterschiede und was kannst du daraus lernen? Wo lassen sich Muster erkennen, die dir helfen deine eigene Transformation besser zu gestalten?Du kannst einzelne Teile lesen, die dir besonders interessant erscheinen oder das Buch im Gesamten. Wobei: Das Buch ist mehr als die Summe seiner Teile. Daher empfehlen wir dir ein durchgängiges Lesen, um alle Zusammenhänge profunde zu verinnerlichen.
Stephan Grabmeier ist Future Designer und Transformationsexperte. Seit über 30 Jahren bekleidet Stephan Management-Positionen: bei Konzernen wie der HypoVereinsbank und der Deutschen Telekom AG, bei digitalen Vorreitern wie der Consorsbank und Haufe sowie bei Beratungsfirmen wie Kienbaum Management Consultants und dem Zukunftsinstitut. Heute bündelt er seine Expertise im Impact Design Collective und berät Unternehmen in ihrer nachhaltigen Transformation.
Als B-Leader ist er Teil der B-Corporation-Bewegung in Europa. Stephan engagiert sich als Business Angel für Impact Start-ups und unterstützt die globalen Social-Business-[14]Aktivitäten im Netzwerk des Friedensnobelpreisträgers von Prof. Muhammad Yunus. Er lehrt an der Kühne Logistics University im Sustainability MBA über Impact Transformation und ist Academic Advisor an der ESCP Business School. Die Ausbildung zum Impact Designer ist unter anderem auch an der Management School St. Gallen verankert, an der er ebenso zu Future Design doziert. Mit dem Impact Business Design hat Stephan Grabmeier zusammen mit Dr. Stephan Petzolt den neuen Standard der Organisationsentwicklung im 21. Jahrhundert gesetzt.
Stephan hat bis heute an über 22 Büchern mitgewirkt. Nach dem »Future Business Kompass« (2020) und dem Playbook »Impact Business Design« (2023) hat er zusammen mit Anne-Kathrin das vorliegende Buch veröffentlicht.
Anne-Kathrin Vorwald ist Autorin und Beraterin für Nachhaltiges Wirtschaften bei der B.A.U.M. Consult GmbH. Sie ist Themenownerin für die Bereiche Lieferketten, Nachhaltigkeitskommunikation und Schulungen & Trainings.
Die B.A.U.M. Consult GmbH ist eine führende Nachhaltigkeitsberatung in Deutschland und Österreich. Ihr Know-how erstreckt sich über die Themen nachhaltige Unternehmensführung, Energie-, Klima-, Umwelt- und Mobilitätsmanagement. Daneben ist sie auch im europäischen Forschungsumfeld für nachhaltige Energie- und Mobilitätslösungen aktiv.
In Ihrer Rolle als SCRUM Master unterstützt Anne-Kathrin Teams, in denen ein agiles Geschick im Umgang mit Kommunikation und Projektmanagement benötigt wird.
Ihre Ausbildung als Mental Health First Aider nutzt sie, um im Arbeitsumfeld über mentale Erkrankungen zu informieren und ihre Kollegen und Kolleginnen im Umgang mit Betroffenen zu sensibilisieren.
Der Titel dieses Buches verrät es bereits: Re:thinking Sustainability verstehen wir als neues Denkkonzept. Unser Ziel ist es, die Sprache nicht unnötig zu verkomplizieren. Wir bemühen uns, so klar zu schreiben, sodass alle Lesenden – auch diejenigen, die im Alltag nicht ständig mit Begriffen aus der regenerativen Wirtschaft und der Transformationsentwicklung zu tun haben – die Inhalte unseres Buchs gut verstehen.
Dennoch gibt es bisweilen Gründe, weshalb es sinnvoll ist, Begriffe und Fachbegriffe zu verwenden, die aus anderen Sprachen entlehnt sind. Diese Begriffe können manchmal treffender und prägnanter ausdrücken, worum es uns geht. Da Bildung für uns ein wichtiger Hebel ist, um Transformation umzusetzen, haben wir jeder Unternehmensgeschichte zwei Learnings beigefügt, die Begriffe und Sachverhalte detaillierter beschreiben und so das Verständnis fördern.
Und noch ein Hinweis zum Thema Gendern: In Re:thinking Sustainability sprechen wir Lesende aller Geschlechter an. Wir respektieren individuelle geschlechtliche Identitäten und Präferenzen. Dies konsequent in Sprache zum Ausdruck zu bringen, geht manchmal jedoch zu Lasten der Lesbarkeit. Wir haben uns daher für eine hybride Form entschieden. In einigen Teilen verwenden wir neutrale Bezeichnungen, während wir in anderen Abschnitten maskuline oder gegenderte Begriffe gewählt haben, wobei wir ausdrücklich alle Geschlechter einschließen. Wir tun dies nicht ideologisch, sondern ganz pragmatisch und danken dir für dein Verständnis.
Überlege am Ende dieses Check-ins am besten schon mal, wie du die wichtigsten Erkenntnisse, die du aus diesem Buch mitnehmen willst, festhalten möchtest.
Jeder hat einen anderen Stil, Texte zu lesen und Inhalte zu verarbeiten, Anmerkungen zu notieren oder Inhalte direkt in To-dos zu verwandeln. Wir kennen Leser, bei denen Bücher vor Post-its überquellen oder andere, die konkrete Checklisten für ihre Maßnahmen aufschreiben. Egal wie, wir wünschen dir viel Freude beim Eintauchen in Re:thinking Sustainability und maximal positive Inspiration für deinen persönlichen Aufbruch.
Stephan & Anne-Kathrin
In einer Welt, die sich schneller verändert als je zuvor und in der die Herausforderungen größer sind als bisher, stehen wir vor der Notwendigkeit, unsere Denkweisen zu hinterfragen und neu zu gestalten. Mit unserem Buch »Re:thinking Sustainability« wollen wir eine Transformation unterstützen, die bereits im Gange ist. Die Transformation unseres Denkens und Handelns – was uns heraus aus dem fossilen Kapitalismus hin zu regenerativem Wirtschaften führt. Die Herausforderung liegt aktuell im Dazwischen, wir befinden uns also mitten im Übergang. Wir sind noch nicht weg von unseren alten fossilen Strukturen, den damit verbundenen Glaubensbekenntnissen und Handlungen, aber auch noch nicht im Neuen. Genau das ist die große Herausforderung. Niemand wird seine Boje loslassen und anfangen zu schwimmen, wenn er kein Land sieht oder die Notwendigkeit zu schwimmen gar nicht erkennt.
Der Ethnologe Victor Turner beschreibt diesen Schwellenzustand, in dem sich Individuen oder Gruppen befinden, nachdem sie sich von der herrschenden Sozialordnung gelöst haben, als Liminalität. Während der liminalen Phase befinden sich Individuen in einem mehrdeutigen Zustand. Die Klassifikation der alltäglichen Sozialstruktur wird langsam aufgehoben: Die Individuen besitzen einerseits nicht mehr die Eigenschaften ihres vorherigen Zustandes, aber auch noch nicht die des zukünftigen Zustandes.
»Man kann Probleme nie auf derselben Ebene und mit der gleichen Einstellung beheben, auf der sie entstanden sind.«
(Albert Einstein)
Um der Erkenntnis von Albert Einstein zu folgen und diese Übergänge der Liminalität progressiv zu gestalten, braucht es ein Re-Design unseres Denkens.
Aus all den bisherigen Überlegungen ergibt sich für unser Buch folgende Ausgangsfrage: Wie sieht eine Zukunft aus, in der wir als Menschen leben wollen? Und: Wie können Individuen und Organisationen dazu beitragen, diese Zukunft mitzugestalten? Der Schlüssel für ein Re-Design unsers Denkens liegt im Reframing. Indem wir die Art und Weise, wie wir Probleme wahrnehmen, verändern, können wir neue Wege und Lösungen finden.
[19]Dafür richten wir unsere Arbeit und unsere Energie auf die proaktive Ausgestaltung unseres Einflussbereiches, nicht auf das, was nicht funktioniert.
Betrachten wir – bevor wir diesen Gedanken weiterverfolgen – zunächst die im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit häufig genannten Prinzipien des Fußabdrucks und des Handabdrucks:
Der ökologische Fußabdruck misst die negativen Auswirkungen unseres Lebensstils auf die Umwelt. Er quantifiziert die Menge an natürlichen Ressourcen, die wir verbrauchen, und er quantifiziert die Menge an Abfall, die wir erzeugen, um unseren Lebensstandard aufrechtzuerhalten.Im Gegensatz zum Fußabdruck, konzentriert sich der Handabdruck auf die positiven Beiträge, die wir leisten können, um die Umwelt zu schützen und soziale Gerechtigkeit zu fördern. Er beschreibt den positiven Einfluss, den wir durch bewusste Entscheidungen und proaktive Maßnahmen erzielen können, um die Welt nachhaltiger zu gestalten. Ein großer Handabdruck zeigt, dass wir aktiv daran arbeiten, unsere negativen Auswirkungen zu kompensieren und positive Veränderungen zu bewirken.In Phasen von Umbrüchen lernen wir den Umgang mit neuen Situationen. Vieles von dem, was wir erfahren, erscheint uns zunächst paradox, es ist widersprüchlich, oft unbekannt und es macht uns manchmal Angst. Aber erst in solchen Zuständen entsteht etwas Neues, das es zu entdecken gilt. Der Begriff Ambidextrie beschreibt die Fähigkeit, sowohl das bestehende zu betreiben (Exploitation) als auch das innovativ Neue zu erschließen (Exploration). Diese komplexe, aber entscheidende Fähigkeit brauchen wir, damit Transformationen hin zu nachhaltigem Handeln zum Erfolg führen. Mit ihr gelingt uns ein wirkungsvolles Überwinden der liminalen Phase.
Anders formuliert: Wir müssen es schaffen, die Spielregeln zu ändern, während wir das Spiel spielen. Dafür gibt es leider keine Best Practices, keine Masterpläne, keine vorgefertigten Gebrauchsanweisungen. Und es gibt auch nicht das, wonach wir uns oft sehnen: einfache Antworten, einen knackigen Drei-Punkte-Plan oder heilsversprechende Parolen von Politikern.
Klar ist nur: Wenn wir die regenerative Transformation schaffen wollen, brauchen wir die kollektive Anstrengung vieler Akteure. Es braucht die Menschen, die an den Systemen arbeiten und z. B. gesetzliche Rahmenbedingungen gestalten – sei es in Regierungen, in [20]der Politik oder in der Wissenschaft. Wir brauchen aber auch alle, die im System mitwirken und es von innen heraus verändern: die Zivilgesellschaft, die Bürger – und vor allen Dingen die Unternehmen. Von ihnen erzählen wir im Teil 2 zwölf inspirierende Geschichten. Wir stellen dabei die Menschen vor, die das Reframing beherrschen. Sie alle haben sich auf den Weg einer individuellen Transformation hin zu einer regenerativen Wirtschaft gemacht – und zwar ausnahmslos mit neuen, teilweise radikalen Denkansätzen und Handlungsweisen. Sie haben sich und ihre Unternehmen teilweise neu erfunden.
Die Entwicklung unterschiedlicher Wirtschaftsmodelle in den letzten Jahrzehnten bis heute zeigt eine Verschiebung der Systemlogik, in der wir heute wirtschaften. Dies wurde erforderlich, weil die notwendige Berücksichtigung der planetaren Grenzen unser Wirtschaften zunehmend beeinflusst hat. Ausgehend von der einstigen alleinigen Fokussierung auf den Shareholder Value gab es eine Anpassung: Der Fokus verschob sich zunächst zum Stakeholder Value und schließlich zum System Value, den wir heute als zukunftsweisende Orientierung eines Wirtschaftsmodells sehen. Das Modell des System Value berücksichtigt die planetaren Grenzen und bildet die systemischen Komplexitäten ab. Die einzelnen Ansätze der Modelle sind im Folgenden erklärt. Zu den planetaren Grenzen erfährst du im nächsten Abschnitt mehr.
Abb. 1: Design von Wirtschaftsmodellen
Unter dem Titel »The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits« veröffentlichte der US-amerikanische Ökonom Milton Friedman am 13. September 1970 im New York Times Magazine einen Artikel, in dem er seine Vorstellungen von Corporate Governance in Kurzform darlegte. Er bot eine Antithese, einen Gegentrend zur damaligen Mehrheitsmeinung, dass große Unternehmen, die Einfluss auf das gesellschaftliche Leben hätten, auch verpflichtet seien, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Das Management eines Unternehmens dürfe sich nicht um die Belange der Allgemeinheit kümmern, sondern nur um das Wohl der Aktionäre.
Das Prinzip der ausschließlichen Maximierung der Geldmenge war geboren. Friedman erhielt dafür 1976 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Trotzdem war die Kritik an der Friedman-Doktrin und dem Shareholder-Modell heftig und kam damals nicht zuletzt aus den Führungsetagen großer Unternehmen. Der Zweck einer Firma müsse umfassender und anspruchsvoller sein, hieß es. Die Kritik hing auch mit der von Friedman propagierten Agency-Strategie zusammen, die Fokussierung auf die Profitmaximierung für den Principal (Eigentümer) zu legen. Jahre später bezeichnete Jack Welch, CEO von General Electric, den Shareholder Value als »die dümmste Idee der Welt«. Dieser Aussage und Meinung haben wir nichts hinzuzufügen.
Die Ausrichtung eines Unternehmens auf den Stakeholder Value und damit die Neubewertung der Stakeholder entwickelte sich mit dem Prinzip der Triple Bottom Line und der Frage, wie Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können und welche Auswirkungen die wirtschaftliche Tätigkeit eines Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft hat. Der Begriff wurde 1994 von John Elkington und seinem Werk »Enter the Triple Bottom Line« geprägt. Elkington erweiterte darin die bestehende einfache betriebswirtschaftliche Bottom Line (Gewinn und Verlust) um soziale und ökologische Aspekte.
Durch die Umsetzung ökologischer und sozialer Ziele gleichen Unternehmen ihre Umweltbilanz sowie ihre soziale Bilanz aus und verpflichten sich zur Nachhaltigkeit. Dies bedeutet zum einen, dass sie ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft leisten wollen, zum anderen aber auch, dass sie sich der langfristigen Sicherung des eigenen Unternehmens widmen wollen. Die Unternehmen ver[22]pflichten sich damit, kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg nicht mit langfristigen sozialen oder ökologischen Schäden zu erkaufen.
Dieses Modell stand am Anfang der Corporate-Social-Responsibility-(CSR)-Bewegung und war wegweisend. In Deutschland hat sich der daraus abgeleitete Begriff des 3-Säulen-Modells durchgesetzt. In der Praxis zeigt sich aber, dass die Ökonomie allzu oft Vorrang vor Ökologie und Sozialem hat, wenn die Kosten für die letzten beiden Komponenten zu hoch sind. Die Begründung: Sind die Kosten für Ökologie und Soziales zu hoch, trägt das nicht mehr zum Fortbestand des Unternehmens bei. John Elkington hat 2019 diese Entwicklung, 25 Jahre nachdem er das Konzept der Triple Bottom Line veröffentlicht hat, scharf kritisiert. Aus unserer Sicht zu Recht, denn es darf keine einseitige Betrachtung der Kosten zu Gunsten der Wirtschaft geben.
Das Dilemma der Externalisierung von Umweltkosten ist bis heute nicht gelöst. Externalisierte Kosten sind Kosten, die von Produzenten und Konsumenten verursacht, aber von der Gesamtgesellschaft getragen werden. Einzelne Organisationen oder Personen erzielen also höhere Gewinne oder eine gesteigerte Lebensqualität auf Kosten anderer Menschen und Instanzen, etwa indem sie Umweltschäden verursachen. Dieses egoistische Handeln wird durch unser heutiges Wirtschafts- und Finanzsystem immer noch belohnt und gefördert, obwohl es umweltbedingte Gesundheits- und Materialschäden, Schäden an Ökosystemen, Ernteausfälle und viele weitere gesamtgesellschaftliche Schäden verursacht.
Die Entwicklung hin zum System Value hängt unter anderem mit der Schwäche der Triple Bottom Line bzw. des Modells des Stakeholder Value zusammen. System Value ist ein Modell, das größere und komplexere Systemzusammenhänge berücksichtigt. In Deutschland spricht man auch vom sogenannten Vorrangmodell, das die Ökologie priorisiert und somit in den Vordergrund stellt. Seit der 2009 von Rockström et al. veröffentlichten Übersicht über die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten ist klar, wie die Kopplungseffekte der neun zentralen natürlichen Systeme und Prozesse der Umwelt wirken. Die Konsequenz kann daher nur sein, dass wir Menschen (als Gesellschaft) zusammen mit der Wirtschaft alles daransetzen, dem Planeten keinen weiteren Schaden zuzufügen, sondern aktiv zu dessen Regenerierung beitragen. Wir müssen lernen, mit unserem Verhalten die planetaren Grenzen nicht zu überschreiten, unse[23]ren ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten und die Wirtschaftssysteme hin zu einem regenerativen System zu entwickeln. Denn es reicht inzwischen nicht mehr aus, die Natur nicht weiter zu schädigen. Dafür haben wir Menschen schon zu viel zerstört. Die Richtung ist also klar: Sie führt hin zu einem regenerativen enkelfähigen Wirtschaften mit systemischer Kompetenz, die uns dazu befähigt, unsere Ressourcen so zu nutzen, dass sie auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben.
Das methodische Vorgehensmodell des Impact Business Design – Details dazu erfährst du später im gleichnamigen Kapitel – basiert u. a. auf den Prinzipien des System Value und gilt daher als der modernste Standard für Organisationsentwicklung im 21. Jahrhundert.
Die bereits erwähnten planetaren Grenzen (Planetary Boundaries) sind wissenschaftliche Richtlinien, die das Modell des System Value prägen. Sie beschreiben, in welchem Ausmaß menschliche Aktivitäten die Stabilität und Funktion von Ökosystemen sowie die Fähigkeit der Erde, Leben zu unterstützen, beeinträchtigen können. Seit im Jahr 2009 internationale Wissenschaftler um Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre ihre Publikation über die planetaren Grenzen veröffentlicht haben, ist erstmals ersichtlich, welche systemischen Kopplungseffekte und Kipppunkte es gibt. Die planetaren Grenzen werden als Sicherheitsgrenzen verstanden, anhand derer geklärt werden kann, ob menschliche Aktivitäten die Erde in einen unsicheren oder gefährlichen Zustand bringen können. Es gibt insgesamt neun planetare Grenzen:
Atmosphärische Aerosolbelastung,Biogeochemische Kreisläufe,Einbringung neuer Substanzen,Klimawandel,Landnutzungsänderung,Stratosphärischer Ozonabbau,Süßwasserverbrauch,[24]Unversehrtheit der Biosphäre undVersauerung der Ozeane.In seiner aktuellen Veröffentlichung über die planetaren Belastungsgrenzen (Stand: September 2023)1 hat das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sechs Bereiche genannt, in denen die planetaren Grenzen überschritten sind, teilweise sogar deutlich:
Klimawandel,Landnutzung,Biodiversiẗat,Einbringen neuartiger Stoffe,Abb. 2: Planetare Grenzen: Neun Leitplanken für die Zukunft; in Anlehnung an Azote für das Stockholm Resilience Centre auf Basis der Analyse in Richardson et al. 2023
Im September 2022 veröffentlichte der Club of Rome das Buch »Earth for All«, die Nachfolgestudie des berühmten Berichts »Limits to Growth« von 1972. Schon damals warnte der Club of Rome in Verbindung mit seiner 130 Jahre Simulation von unbegrenztem Wachstum vor den ökologischen und sozialen Gefahren der aktuellen Wirtschaftsweise. Obwohl nicht alle Prognosen im Detail eingetroffen sind, hat sich die Grundrichtung der damaligen Vorhersagen als zutreffend erwiesen.
In »Earth for All« wurden 50 Jahre danach erneut umfassende empirische Daten analysiert und mithilfe modernster Rechenkapazitäten in Szenarien zusammengefasst. Zwei zentrale Szenarien werden dabei hervorgehoben:
Szenario 1: »Too Little, Too Late«
In diesem Szenario werden zwar Anstrengungen unternommen, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen, doch diese Maßnahmen sind weder ausreichend ambitioniert noch zeitnah genug. Die Folge ist das Überschreiten irreversibler ökologischer Kipppunkte. Die soziale Ungleichheit nimmt zu, was zu wachsender Instabilität in den globalen Gesellschaften führt. Die globalen Märkte werden zunehmend volatil und fragil, wodurch auch die Wirtschaft mittelfristig leidet, weil nicht rechtzeitig und entschlossen gegengesteuert wurde.
Szenario 2: »Giant Leap«
Dieses Szenario beschreibt weitreichende kollektive Veränderungen zur Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft. Fünf entscheidende Wendepunkte werden identifiziert, begleitet von jeweils drei konkreten Maßnahmenbündeln. Nur einer dieser Wendepunkte bezieht sich direkt auf ökologische Aspekte (Energie), während die anderen vier Hebel soziale Themen adressieren (Armut, Ungleichheit, Ermächtigung, Ernährung). Dies unterstreicht die enge Verknüpfung ökologischer und sozialer Herausforderungen.
Im Ergebnis werden im »Giant Leap«-Szenario die planetaren Ökosysteme als stabil dargestellt und die wirtschaftlichen und sozialen Systeme sind regenerativer und gerechter. Der globale Wohlstand steigt. Die Umsetzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen würde 2 bis 4 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts kosten, was 2023 bei rund 105 Billionen USD lag – eine hohe, aber durchaus machbare Investition.
[26]Trotz der Machbarkeit sieht der Club of Rome zahlreiche Hindernisse für die Umsetzung:
Kurzfristige Eigeninteressen und Überforderung: Viele Menschen und Entscheidungsträger verschließen die Augen vor der Realität oder setzen ausschließlich auf technologische Lösungen.Geopolitische und wirtschaftliche Interessen: Diese verhindern oft eine einheitliche globale Ausrichtung und Zusammenarbeit.Individuelle psychologische Barrieren: Diese erschweren es, notwendige Veränderungen auf persönlicher Ebene zu akzeptieren und umzusetzen.Systemische Kräfte: Diese dynamischen Kräfte machen es schwer, nachhaltige Veränderungen im großen Maßstab zu erreichen.Um die Transformation zu einer regenerativen Wirtschaft und Gesellschaft erfolgreich zu gestalten, ist es entscheidend, diese dynamischen Kräfte zu verstehen, zu adressieren und daran zu arbeiten. Mit diesem Buch und den vielen Beispielen von Unternehmen stellen wir Akteure vor, die sich dazu auf den Weg gemacht haben.
1 Potsdam Institut für Klimafolgenforschung: https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/schwindende-widerstandskraft-unseres-planeten-planetare-belastungsgrenzen-erstmals-vollstaendig-beschrieben-sechs-von-neun-bereits-ueberschritten-1
Warum sprechen wir in diesem Buch meist von Regeneration – und was bedeutet denn nachhaltig? Meinen die beiden Begriffe dasselbe? Nein. Wir arbeiten in unserem Umfeld und im Rahmen unserer Beratungen ganz bewusst mit dem Konzept der regenerativen Wirtschaft als das Zukunftsbild, das am Ende einer Transformation stehen soll.
»Nachhaltig« heißt seit vielen Jahrhunderten vereinfacht »keinen Schaden anzurichten«2
[27]Nachhaltiges Wirtschaften hat zum Ziel, negative soziale und ökologische Effekte der Wirtschaft abzuschwächen, den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und damit Klimaneutralität im Sinne von Net Zero (nach SBTi) zu erreichen.Regeneratives Handeln bemüht sich um systemische Lösungen3
Der Begriff regenerativ beschreibt Wirtschaft, Gesellschaft und Planet als lebende, aufeinander bezogene Systeme und hat zum Ziel, dass die Wirtschaft im Einklang mit den unverhandelbaren Prinzipien des Lebens steht und positiv zu den Lebensprozessen beiträgt. Wir geben durch unser Handeln und Wirtschaften mehr zurück als wir nehmen. Oder anders ausgedrückt: Wir entnehmen mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre als wir produzieren (Net Positive).Abb. 3: Regenerative Development and Design Framework – RDD Framework; in Anlehnung an Contrast of Technical and Living System Design, von Mang and Reed 2012
Regeneratives Wirtschaften ist ein Prinzip, das besagt: Man gibt mehr zurück als man nimmt. Das gilt für alle Systeme, ob ökologisch oder sozial. Es reicht nicht, den Status quo zu erhalten und keinen Schaden mehr anzurichten.
[28]Es geht nicht darum, schlechte Dinge nur weniger schlecht zu machen. Für ein Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das heute Schaden am Planeten verursacht, reicht es nicht aus, das schadensschöpfende Business ein bisschen weniger schlecht zu machen, manche Dinge zu reduzieren oder zu kompensieren, sondern es geht darum, Dinge zu reparieren. Es geht um ein komplettes Re:Design der Wertschöpfung. Regeneratives Wirtschaften bedeutet in einem ersten Schritt, ein System wiederherzustellen, das uns ein erfolgreiches Leben ermöglicht und sich selbst erhält. Es geht um ein Erhaltungssystem, das die Überlebenschancen zukünftiger Generationen sichert.
Nachhaltig und regenerativ sind kein Entweder-oder. Nachhaltiges Wirtschaften ist ein mögliches Etappenziel auf dem Weg zu einer regenerativen Wirtschaft. Es darf jedoch nie der endgültige Anspruch sein, das wäre eindeutig zu wenig. Wir haben die Aufgabe, durch unser Handeln immer wieder regenerative Phasen für unseren Planeten zu erwirken. Deswegen müssen wir Nachhaltigkeit neu denken. Also: Auf zu einem Re:thinking von Sustainability.
2 Ursprüngliche Definition von Nachhaltigkeit aus Sylvicultura Oeconomica (1713), S. 105–106, Hans Carl von Carlowitz
3 Contrast of Technical and Living System Design. (Mang and Reed 2012)
Ein wesentliches Merkmal für regeneratives Wirtschaften ist die Kreislauffähigkeit, sowohl einzelner Unternehmen mit ihren Wertschöpfungsprozessen als auch unseres globalen Wirtschaftssystems mit all seinen Unternehmen. Wirtschaften im Kreislauf funktioniert nicht individuell, deshalb sind alle Spieler im Wirtschaftssystem ein Teil davon oder müssen es werden.
Die Kreislaufwirtschaft umfasst mehr als nur das richtige Recyceln von Abfällen. Sie erstreckt sich über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts – vom Design über die Nutzung bis hin zur Wiederaufbereitung. Die 10 Prinzipien der Kreislaufwirtschaft beginnen alle mit dem Buchstaben »R« wie z. B. das Rethink, Reuse oder Refurbish. Die vollständige »Liste« mit allen 10 Prinzipien zeigen wir euch gleich – doch vorher noch ein paar wichtige Gedanken.
Unsere heutige Wegwerfgesellschaft basiert auf einem linearen Modell: Wir gewinnen täglich neue Ressourcen, verarbeiten sie, nutzen sie kurzzeitig und entsorgen sie schließlich. Es ist daher essenziell, unser lineares Wirtschaftssystem und unseren Lebensstil vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Eine effiziente Kreislaufwirtschaft, die auf die kontinuierliche Wiederverwendung bestehender Ressourcen in einem geschlossenen System setzt, soll uns helfen, den Verbrauch von Primärressourcen zu reduzieren. Dies führt zu einem generell geringeren Verbrauch von Ressourcen wie Energie, Abfall, Wasser und damit auch zu einem deutlichen Rückgang der Emissionen.
Der größte Energieverbrauch und die stärksten Umweltbelastungen entstehen bei der Gewinnung von Rohstoffen, der Produktion von Gütern und bei ihrem Transport. Darüber hinaus verursachen diese Produkte nach oft nur kurzer Nutzung erhebliche Umweltprobleme bei der Entsorgung. Ziel ist es daher, die eingesetzten Ressourcen möglichst lange im Kreislauf zu halten, sodass nur ein minimaler Teil als Abfall endet.
In den 12 Geschichten unserer Kopföffner findest du einige tolle Beispiele dafür, wie die Kreislauffähigkeit in das Geschäftsmodell integriert wurde.
Bereits vor der Produktion eines Produkts sollte hinterfragt werden, ob die Produktion bzw. das Produkt überhaupt notwendig ist. Kann auf einen Neukauf verzichtet werden, weil das Produkt bereits existiert und ausgeliehen werden kann? Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Wiederverwendbarkeit und Aufbereitungsmöglichkeiten sind ebenfalls entscheidende Faktoren. Ein Produkt oder Material sollte erst dann aus dem Nutzungskreislauf ausscheiden, wenn es keiner weiteren Verwendung zugeführt werden kann. In diesem Fall muss es recycelbar sein, um daraus neue Sekundärrohstoffe zu gewinnen. Ist auch dies nicht mehr möglich, werden die Materialien letztlich durch thermische Verwertung aus dem Kreislauf entfernt.
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