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Lena Dieterle

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Beschreibung

Justines Zeit in Hamburg zieht farblos an ihr vorbei. Sie lebt in einer halbherzigen Beziehung mit Tom und arbeitet rund um die Uhr als Angestellte in einer Agentur. Sie liest und schreibt nicht mehr, wobei ihr das immer große Freude bereitet hat. Und sie kocht nicht mehr. Wo ist ihre ganze Leidenschaft hin? Alles fühlt sich gerade an wie ein fremdbestimmtes Korsett, an dem Tag für Tag die Schnüre ein wenig enger gezogen werden. Wie ein Käfig, in dem ein Paradiesvogel sein Dasein fristet. Dann erreicht sie ein überraschender Brief und sie reist kurzerhand einmal durch halb Deutschland. Ziel ist das beschauliche Weinstädtchen Klingenberg am Main. Justine bekommt als Vollwaise wieder Kontakt zu ihren Wurzeln, durchlebt die Erinnerungen an einen der schönsten Sommer in ihrer Kindheit und trifft eine Entscheidung. Vögel wollen fliegen.

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Seitenzahl: 245

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Lena Dieterle

Reduktion

Die Essenz des Lebens

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hamburg

Hamsterrad

Momentaufnahme

Unverhofft

Klingenberg am Main

Das Alte Gewürzamt

Valeries Brief

Zurück in Hamburg

Point of no return

Abschied

Das Landhaus

Erkundungen

Der erste Morgen

Seelenmedizin

Erinnerungen

Landhausleben

Störungen

Unter Leuten

Angst

Der fremde Gast

Gemeinsam

Valerie

Der Durchbruch

Au revoir

November

Dezember

Advent

Heiligabend

Impressum neobooks

Hamburg

Lena Dieterle

REDUKTION

Die Essenz des Lebens

Lena Dieterle

REDUKTION

Die Essenz des Lebens

Roman

Impressum

Texte: © 2021 Copyright by Lena Dieterle

Umschlag: © 2021 Copyright by Lena Dieterle

Verantwortlich

für den Inhalt: Lena Dieterle

Boschweg 7

63741 Aschaffenburg

[email protected]

Druck: neobooks – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Für mich.

Ich leide. Doch warum? Und wenn ja, woran denn? Ist es der Lärm der Großstadt? Mein Job? Unter der Beziehung zu Tom? Oder gar unter Weltschmerz?

Justine weiß es selbst nicht und im Grunde doch ganz genau. Von allem ein bisschen sicherlich und heute eben wieder ein bisschen mehr.

„Geschafft!“

Die Anspannung des Tages fällt von Justine ab. Ihre Hände umgreifen das kalte Metall des Geländers, sie schließt die Augen und atmet tief ein. Man denkt ja immer, so nah am Meer sei die Luft gut. Doch hier im Hafen stinkt es. Vor allem an den heißen Tagen … nach Motoröl, Abgasen und verdorbenem Fisch. Um sie herum ist alles voller Menschen, die an ihr vorbei hasten. Der Herr im Anzug trinkt am Imbiss einen Kaffee und pfeift fröhlich sein Lied und drüben, auf der anderen Straßenseite, da sitzt eine Bettlerin.

Justine sieht eine Mutter, die alle Mühe hat, ihr brüllendes Kind zu händeln, das unbedingt einen bunten Luftballon haben möchte. Die Ampelanlage ist ausgefallen und zwei Monteure fahren für eine Reparatur mit dem Hubsteiger nach oben. Diese Aktion führt dazu, dass eine Straßenseite gesperrt ist. Autos hupen, Menschen schimpfen, eine Gruppe Jugendlicher lacht, alle reden durcheinander. Die Geräusche und Eindrücke vermischen sich für Justine zu einem tauben Einheitsbrei. Es ist, als würde man viele Farben wild zusammenrühren und am Ende nur noch ein farbloses Grau erhalten. Früher hat Justine die Großstadt sehr angestrengt, es war das reinste Chaos der Sinne. Heute spürt sie eine gewisse Resignation. Sie fühlt sich unsichtbar, als könne man sich in der Masse auflösen und abtauchen. Unter Wasser klingt jeder Lärm bloß noch wie Gemurmel.

Ein verlebter Mann mit einer Schnapsfahne rempelt sie plötzlich an und holt Justine ruckartig aus ihren Gedanken. Er bleibt stehen und bekommt große Augen.

„Lecker!“

Justine mustert ihn flüchtig, dreht sich weg und schaut auf die Elbe. Bitte sprich mich jetzt nicht an.

„Hey, dat Peerd mutt zu de Futter kommen,nichde Futter nah datPeerd.“

„Lassen Sie mich bitte in Ruhe!“, raunt Justine, ohne sich nochmal zu dem Mann umzudrehen. Du bekommst meine Aufmerksamkeit nicht.

„Nuweetiknich,watikseggensall!“ Der Mann schüttelt den Kopf und torkelt weiter. Erschöpft trottet sie zur Bushaltestelle. Kann man denn hier nicht ein einziges Mal seine Ruhe haben?

Hinter ihr kreischen die Möwen auf einmal so laut, fast so, als wollten sie sie auslachen.

Da steht sie nun mit hängenden Schultern und blickt an sich hinunter. Die viel zu große Second-Hand-Jeans ist mit einer bunten Kordel zusammengebunden, eine weiße Leinenbluse steckt lässig in der Seite, darüber liegt eine lachsfarbene Windjacke. Sie liebt die Hose, die vermutlich mal einem jungen Mann gehörte. Am Knie ist sie aufgerissen, auf der linken Hosentasche prangt eine Flicke, auf der ein Doppeldecker Flugzeug abgebildet ist. An ihren Füßen trägt sie ein paar No-Name-Sneakers in Hellgrau. Da Justine groß und zugleich ganz schmal ist, wirkt ihr Outfit oversized. Sie mag das Gefühl, als könne sie sich darin verstecken. Gänsehaut überzieht ihre Knöchel, als ein kalter Wind über den Asphalt pfeift. Und während sie da so auf den Boden blickt, erregt seitlich von ihr am Gebüsch etwas ihre Aufmerksamkeit. Sie schaut genauer hin und erkennt eine abgegriffene Spielkarte. Eine einzelne Spielkarte?

Sie wendet neugierig das Blatt und starrt auf das Symbol. Justine hat mit allem gerechnet - vielleicht mit einer Dame oder einem Herz Ass, selbst mit einer düsteren Pik neun, doch dieses Zeichen machte sie stutzig. Zögerlich wendet sie sich ab und lässt die Karte zurück auf den Boden sinken, weil sie den feixenden Kasper nicht einzuschätzen weiß. Ist das ein Narr, der mich verhöhnt, wie es die Möwen gerade getan haben? Die nächsten zehn Minuten versucht sie, die Karte wieder aus ihren Gedanken zu streichen. Doch gerade als der Bus einfährt, springt sie nochmal zurück und greift nach dem bedruckten Stück Karton. Ein Joker auf der Hand muss ja nichts Schlechtes bedeuten.

Alle Plätze im Bus sind belegt, doch sie steht sowieso lieber direkt am Fenster. Normalerweise schaut sie hinaus in die fliegende Kulisse, nur dieses Mal hält sie den Blick gesenkt.

„Willkommen in meinem Leben, ich bin Justine“, spricht sie den Joker an und streicht mit dem Zeigefinger über seine Konturen, bevor sie die Karte wie einen Schatz in ihrem Geldbeutel platziert. Was für ein Zeichen! Nun habe ich wohl einen Verbündeten.

Justine ist vor ein paar Tagen 32 Jahre alt geworden und zieht eine ernüchternde Bilanz. Seit einigen Monaten schon wird sie das beklemmende Gefühl nicht mehr los, gar nicht das eigene Leben zu leben. Daheim angekommen, platzt es aus ihr heraus: „Tom, warum sind wir eigentlich zusammen?“ Justine blickt ihren Freund mit gerunzelter Stirnfalte an, während sie in der offenen Zimmertür steht und mit den Zehen die ungeöffneten Schuhe von den Fersen streift.

„Sag du es mir!“, ist seine beiläufige Antwort.

Eine geschickte Erwiderung, wenn man selbst keine rechte Erklärung hat. Sie atmet hörbar aus und ihre Brauen sinken wieder nach unten. Es gibt von beiden Seiten scheinbar keinen Bedarf, der Sache weiter nachzugehen. Das Leben hat jedenfalls noch mehr parat als das, was es im Moment für Justine zeigt. Davon ist sie fest überzeugt. Und diese Tatsache lodert wie eine kleine, unermüdliche Flamme in ihr.

Justine schmeißt sich aufs Bett und starrt an die Decke. Eigentlich wollte sie nur schnell raus aus den Klamotten und in den Jogginganzug schlüpfen, doch dann ist sie liegen geblieben. Der Tag in der Agentur fand wie so oft nicht sein Ziel, sie fühlt sich wie eine leere Hülle. Jetzt ist es schon gleich halb acht und ihr Magen knurrt. Ihre Lust auf Kochen hält sich in Grenzen, obwohl sie das früher so gerne gemacht hat. Tom schafft es gerade mal, sich etwas aufzuwärmen, alles andere lässt er anbrennen oder zu Brei verkochen. Für Justine fehlt ihm das Gespür und vor allem das richtige Timing dafür, kurz gesagt: ihm fehlt die Leidenschaft.

Als das Handy klingelt, fährt sie kurz zusammen.

„Jetzt ist aber mal Feierabend!“, ruft sie in zorniger Verzweiflung und drückt auf stumm.

„Hast du was gesagt, Schatz?“, fragt Tom aus dem Wohnzimmer.

Das Smartphone vibriert erneut, also nimmt sie ab.

„Justine, du musst unbedingt nochmal an den Rechner und den Beitrag für die Boutique aus Elmshorn fertig machen. Die haben gerade angerufen und gesagt, dass der Termin überraschend vorverlegt wurde … He, und hör auf, mit den Augen zu rollen, ich kann ja auch nichts dafür.“

Ihre Chefin legt auf, ohne die Antwort abzuwarten. Justine erhebt sich schwerfällig aus dem Bett und stapft Richtung Wohnzimmer.

„Tini, kannst du mir bitte mal die Fernbedienung geben?“, säuselt Tom. Sie greift nach der Fernbedienung und schleudert sie Tom auf den Schoß, der gemütlich auf der Couch lungert.

„Aua, das geht aber auch liebevoller. Oder willst du etwa, dass ich zeugungsunfähig werde?!“

Justine schweigt.

„Meine Eltern haben übrigens schon wieder gefragt, wann sie mit ihrem ersten Enkelkind rechnen können.“

Bitte nicht schon wieder diese Diskussion … Einfach überhören und das Thema wechseln. In letzter Zeit fängt Tom immer häufiger damit an, obwohl er selbst mit Kindern eigentlich nichts anfangen kann. Doch das Heiraten und Kinder haben gehört in seiner Welt wohl dazu, in meiner aber nicht.

„Hast du schon was gegessen, Tom?“, fragt sie stattdessen.

„Neee, keine Zeit…“, antwortet er, während er sich gelangweilt durch die Programme zappt. Justine nimmt zwei Fertigpizzen aus dem Tiefkühler in der Küche und macht den Backofen an.

„Pizza ist im Ofen, ich gehe ins Arbeitszimmer“. Im Vorbeigehen schnappt sie sich die Eieruhr und zieht sie auf. Sie wird Tom in fünfzehn Minuten dazu auffordern, die Pizzen aus dem Ofen zu holen. Wenig später ist Tom sogar so aufmerksam und bringt ihr die Pizza auf einem Teller nach oben an den Rechner. Ungeschnitten und ohne Besteck zwar, doch das ist ihr egal. Justine schnappt sich die etwas zu dunkel gewordene kreisrunde Scheibe und beißt hungrig hinein.

Zwei Stunden später ist der Auftrag erledigt. Und jetzt muss sie lachen, als sie das halbe Wagenrad an Hefegebäck da vor sich liegen sieht, überall ist der Abdruck ihrer Zähne sichtbar. Sie nimmt den Teller und geht wieder hinab in die Küche.

„Mensch Junge, mach! Lauf!“, hört sie Tom seinen Avatar anfeuern. Es scheint, als hat es nichts im Fernsehen gegeben, denn er hat die freie Wohnzimmerzeit genutzt, um zu zocken. Justine beobachtet Tom einen Moment. Ob er selbst überhaupt ein Kind und die ganze Verantwortung möchte, oder ob das nur der Wunsch seiner Eltern ist? Sie räumt die Teller in die Spülmaschine und schleppt sich mit letzter Anstrengung ins Bad. Es ist dringend Zeit fürs Bett. Morgen erwartet sie in der Agentur eine Präsentation, von der ein großes Umsatzvolumen abhängt. Also ist sie glücklich darüber, vor Tom im Bett zu sein. Er schnarcht gerne mal oder atmet laut, was sie dann wiederum nicht einschlafen lässt. Als sie ihn mal nach getrennten Schlafzimmern fragte, war er strikt dagegen: „Wo gibt’s denn sowas, dass wir in unserem Alter in getrennten Zimmern schlafen? Kommt nicht in die Tüte!“

Hamsterrad

Die Nacht war wie immer zu kurz, die Präsentation hingegen verlief erstklassig. Die Agentur hat den Auftrag direkt bekommen. Justine ist vor solchen Terminen immer schon zwei Tage vorher angespannt. Erst, wenn sie alle erdenklichen Szenarien gedanklich durchgespielt hat und die Vorbereitung sitzt, dann wird sie auf den letzten Metern souverän.

„Du warst klasse, Baby“, strahlte Ines. „Bist und bleibst halt einfach mein bestes Pferd im Stall. Wie oft habe ich dir gesagt, dass es diese ganze Aufregung vorher nicht wert ist! Aber nein, auf mich möchtest du ja nicht hören und musst dir jedes Mal so einen Stress machen.“

Das schrille Lachen dröhnt in Justines Kopf. Sie spart sich sämtliche Erwiderung darauf, da ihre Chefin sie ja doch nicht verstehen wird. Zu oft hat sie versucht, sich für ihre besonderen Empfindungen Gehör zu verschaffen, allerdings vergebens.

„Basti hat sich krankgemeldet, kannst du bitte morgen seinen Termin übernehmen?“, kam nach einem Moment des Schweigens erneut von Ines. Der Intonation nach handelt es sich um eine rein rhetorische Frage.

„Morgen?! Das geht nicht, das weißt du doch. Was hat er denn?“

„Einen Infekt wohl. Ach, komm schon, Baby, stell dich nicht so an. Wie ich dich kenne, hast doch eh noch nichts geplant und in ein, zwei Stunden bist du damit durch. Hier hast du deinen Bonus für heute, ich habe aufgerundet. Den hast du dir mehr als verdient.“

„Mensch Ines, ich bin nicht käuflich und brauche mal ’ne Pause. Warum fragst du nicht Bea?“, raunt Justine harsch.

„Bea hat keinen Babysitter und mein Flieger geht schon heute Abend. Danke Süße, du bist wirklich die Allerallerbeste!“, klopft Ines ihr auf die Schulter, macht auf dem Absatz kehrt und streckt die Hände in den Himmel.

„Ibiza, ich kooommmeeee!“

„Wie sieht‘s denn hier aus!“, wettert Justine lautstark, doch es ist niemand in der Nähe, der sie hören kann. In der Teeküche entdeckt sie einen Aschenbecher, der fast überquillt. Alles drum herum liegt voller Asche, leere Joghurtbecher stapeln sich und das Waschbecken ist voller Krümel von aufgeschnittenen Brötchen. Es gab wie jeden Dienstag Rindswürste vom Imbiss, da ist die ganze Belegschaft scharf drauf. Justine isst keine Wurst, nur eine kleine Pommes. Als hätten die Kollegen allesamt nur ein recht begrenztes Kurzzeitgedächtnis, erntet sie jede Woche aufs Neue einen dummen Spruch dafür. Redet ihr nur, denkt sie sich und lässt den Rest das Karma erledigen.

Manchmal räumt Justine den anderen hinterher, doch heute hat sie dafür keine Energie mehr. Nachdem die Pflanzen versorgt sind, sortiert sie ihren verwuschelten, dunkelblonden Pagenkopf vor dem Spiegel. Unter ihren Augen prangen dunkle Augenringe, doch die buschigen Brauen lenken ein wenig davon ab.

An Justines Schreibtisch im Großraumbüro hängt eine Ansichtskarte. Darauf zu sehen ist ein Haus im Grünen, drum herum ein schöner Bauerngarten und eine Bank. Immer, wenn in der Agentur die Hölle los ist, findet sie in diesem Motiv tiefe Ruhe. Die Karte ist schon älter, sie hatte sie bei den Bildern ihrer Mutter gefunden und aufbewahrt. Um welchen Ort es sich dabei handelt, ist leider nicht mehr ersichtlich.

„Pling!“, ertönt ein Signal am Rechner. Eine E-Mail von den Kollegen, die heute Abend gemeinsam ins Kino gehen wollen. Justine ist immer hin und hergerissen, auf der einen Seite liebt sie die ganze Bande, auf der anderen Seite möchte sie mit keinem von ihnen wirklich enger befreundet sein. Meist nimmt sie an solchen Events teil, um kein Spielverderber zu sein, und hin und wieder macht es ihr tatsächlich ein wenig Spaß, dabei zu sein. Sie klickt auf „antworten“ und fängt an zu tippen: „Hey Fans *zwinker*, heute Abend bin ich leider bereits verabredet, wünsche euch aber natürlich beste Unterhaltung und leckere Nachos!“

Bin ich eben mit mir selbst verabredet.Mir ist heute nicht mehr nach Smalltalk und Grenzüberschreitungen zumute.

Im Bussind um diese Zeit meist freie Sitzplätze verfügbar und Justine freut sich darüber, ein Zweierabteil ganz für sich zu haben. Sie legt die Schläfe an die angenehm kühle Fensterscheibe und sinniert. Was macht mich eigentlich glücklich, wenn es gar nicht das ist, was den anderen so wichtig ist? Und darf ich denn überhaupt nach Glück fragen, wo es doch so vielen schlechter geht als mir? Ehemann, Kinder, Karriere, Konsum? Doch wozu das alles, wenn man sich selbst genug ist? Wozu immer mehr Hornhaut auf der Seele, wo die Haut darunter doch eine Hochsensible bleibt.

Der Briefkasten quillt über. Obwohl inzwischen ein zweiter Aufkleber mit dem Hinweis gegen den Einwurf von Werbeprospekten angebracht ist, wird er immer wieder vollgestopft, bis er überläuft. Justine greift den ganzen Stapel und wirft ihn sofort in den Müll. Sie stutzt, als sie gerade noch die Ecke eines weißen Umschlags heraus blitzen sieht. Mist. Mit hochrotem Kopf hängt sie auf dem Rand des Müllcontainers und angelt mit zwei Fingern nach dem Briefumschlag. Hoffentlich lohnt sich dieser Körpereinsatz hier überhaupt, flucht sie innerlich. Als sie ihn endlich erwischt, blickt sie neugierig auf den Absender. Es sieht nach einem höchst offiziellen Brief aus. Tom wird doch nicht irgendeinen Unsinn gemacht haben?

Hinter ihr räuspert sich ein anderer Bewohner. Justine fährt erschrocken zurück und schlägt sich den Kopf am Deckel an. Der junge Mann mustert sie misstrauisch, weil sie mit dem halben Oberkörper im Container steckte. Sie macht ihm Platz und klopft sich kurz die Hose ab. Dann stopft sie eilig den Brief in die Handtasche, greift sich die Einkaufstaschen und flüchtet in den Hauseingang. Dort drückt sie die Ruftaste des Aufzugs und wartet, drückt nochmal und nochmal. Der Schweiß läuft ihr unangenehm in Perlen den Rücken hinab. Es ist heute unerträglich warm für Anfang Mai, doch das Hoch „Arabella“ gibt alles.

„Mensch, nun komm endlich!“, ruft sie und hämmert auf die Taste.

„Pah, da können Sie warten, bis sie schwarz werden“, plärrt die Alte aus dem dritten Stock hinunter. „Der Aufzug ist wieder mal kaputt. Und die Hausverwaltung, die kümmert sich auch wieder nicht. Vor zwei Stunden habe ich da schon angerufen … und Sie sehen es ja selbst: Geht immer noch nicht. Faules Pack.“

Na, die hat mir grad noch gefehlt. Justine lässt das Geschwätz unkommentiert und stapft vollbepackt Stufe für Stufe nach oben. Die Alte in der dritten Etage steht ihr wetternd im Weg, doch Justine blickt sie gar nicht richtig an.

„Guten Tag, Frau Johann“, murmelt sie aufgrund anerzogener Höflichkeit und erklimmt weiter Höhenmeter für Höhenmeter. Endlich oben, sperrt sie die Tür hinter sich ab.

„Hallo Tom, bist du zu Hause?“, doch die Frage bleibt unbeantwortet. Gott sei Dank, atmet Justine laut auf, endlich mal Stille.

Sie geht in die Küche, stellt alles ab und legt sich für gleich eine Dose Bier ins Gefrierfach. Als die Einkäufe verstaut sind, streift sie alle Klamotten ab und steigt unter den eiskalten Wasserstrahl der bodentiefen Dusche. Justine duscht immer eiskalt, schon seit Jahren. Tom kann das gar nicht verstehen und schimpft jedes Mal, wenn sie die Dusche nicht umstellt und er ein paar von den kalten Tropfen abbekommt. Die Wohnung war kurz vor ihrem Einzug kernsaniert worden, innen alles vom Feinsten, fast edel. Justine war das nicht wichtig, doch für Tom, oder eher für seine Eltern, konnte es nicht schick genug sein. Die Miete der Wohnung kostet ein kleines Vermögen, das sie alleine niemals dafür ausgeben würde.

Du siehst ganz schön fertig aus, hört sie ihr Spiegelbild sagen, obwohl sie gar nicht richtig hineingesehen hat. Halt den Mund! Sie streckt sich selbst die Zunge raus. Ihre Haut ist blass und etwas unrein, die Schminke vom Schweiß verschmiert. Nur die grünen Augen leuchten hell im Licht, das durchs Fenster hereinfällt.

Der kalte Wasserstrahl der Dusche wäscht die ganze Anspannung des Tages fort und als sie sich abtrocknet, fühlt sie sich deutlich frischer. Zum ersten Mal an diesem Tag verspürt sie Leichtigkeit und lächelt der Frau im Spiegel sogar kurz aufmunternd zu. In der Küche angelt sie sich das Bier aus dem Eisfach und fährt den Laptop hoch, denn sie möchte endlich weiter an ihrem Roman schreiben. Dieses Projekt liegt ihr so sehr am Herzen und muss doch immer wieder zurückgestellt werden. Warum bin ich eigentlich immer so schnell dabei, meine eigenen Projekte für die anderer „zu verschieben“?Man kann fast sagen, das innere Ich und das äußere Ich begegnen sich nur sehr selten. Wenn sie sich überhaupt erkennen, winken sie sich aus der Ferne zu.

Mit einem lauten „Rumms“ landet sie mit dem Laptop auf dem Schoß auf dem Bett, wählt eine chillige Musik auf dem Handy aus und öffnet die Dose. „Zisch!“ Das Bier schäumt und läuft ihr über die Hand. Sie versucht, es schnell abzutrinken, doch es gelingt ihr nicht ganz.

Egal, lacht sie und lässt sich rücklings in die hohen Kissen fallen.

„Cheers, Justine. Das war richtig gut heute!“ Die Dose in die Höhe gereckt, prostet sie sich selbst zu. Sie trinkt in durstigen Schlucken und genießt das Alleinsein. Als das Bier leer ist, rollt sie sich auf die Seite und schläft mit ihrem Rechner im Arm ein. Sie hat kein einziges Wort geschrieben.

Momentaufnahme

Justine erwacht nach einer traumlosen Nacht. Tom liegt neben ihr und schläft noch tief und fest. Wann er nach Hause gekommen war, kann sie nicht sagen. Sie beobachtet ihn kurz und deckt seinen freien Rücken ein wenig zu. Fast neun Stunden geschlafen, Chapeau!

Heute wäre ihr freier Tag, doch nun muss sie für ihren Kollegen Bastian einspringen. Sie kann ihn ja durchaus leiden, doch es nervt sie, dass er sich vor wichtigen Terminen gerne mal eine „bezahlte Auszeit“ nimmt. Und Ines greift immer erst dann durch, wenn es gar nicht mehr anders geht.

Justine schleicht sich auf Zehenspitzen durch die Schlafzimmertür hinaus in den Flur. Die Sonne blendet ihr bereits grell ins Gesicht, als sie die Küche betritt. Sie öffnet die Balkontür sperrangelweit.

„Guten Morgen ihr Lieben!“ Die Vögel zwitschern mit dem Surren der Kaffeemaschine um die Wette. Sie staunt immer, woher die ganzen Vögel kommen, hier mitten in der Großstadt.

„Warum sucht ihr euch nicht eine andere Gegend, draußen in der Natur? Was hält euch hier? Könnte ich so fliegen wie ihr, ich wäre längst ganz woanders.“

Justine zupft ein paar welke Blätter aus den Blumenkästen und prüft mit dem Finger die Feuchtigkeit der Erde im Topf des kleinen Kirschbaums.

„Oh, du brauchst dringend Wasser“, stellt sie fest.

Die Entstehung der Kirsche war purer Zufall, weil sie einmal einen Kern durchs Küchenfenster herausgespuckt hatte. Als sie den Keimling sah, konnte sie ihren Augen kaum trauen. Tom war dagegen, den Baum weiter auf dem Balkon groß zu ziehen, doch Justine setzte sich durch. Die Kirsche erinnert sie so sehr an ihre bereits verstorbenen Eltern. Als Kind hatte sie ihrem Vater beim Anbau von Obst und Gemüse geholfen und verarbeitete im Spätsommer gemeinsam mit ihrer Mutter die Ernte.

„Pflanzen sind der Spiegel unserer Seele“, hatte ihre Mama immer wieder gesagt. Diesen Satz hat Justine nie vergessen. Und deshalb darf die Kirsche auch auf dem Balkon im sechsten Stock mitten in Hamburg gedeihen.

Sie hört die Toilettenspülung im Bad, kurz darauf steht Tom in der Tür. Er ist noch ganz verschlafen und total verstrubbelt. Als sie sein „Guten Morgen, Schönheit“ vernimmt, erwidert sie lächelnd den Gruß.

„Du, ich muss gleich nochmal los auf die Arbeit. Basti ist krank, ich springe ein.“

„Ah, alles klar … dann viel Erfolg. Du, ist was zum Frühstücken da?“

Justine hält kurz inne, denn sie hatte ein wenig mehr Zuspruch erwartet. Schnell schüttelt sie den Gedanken ab und antwortet: „Na klar, Schatz. Im Kühlschrank ist alles, was dir gut schmeckt.“

„Ha, wusst‘ ich‘s doch. Du bist halt meine Traumfrau“, flachst er etwas gekünstelt. Wirklich ernst gemeint war dieses Geturtel nicht.

Justine hält nur wenig von der einen großen Liebe, zu viele Nieten hatte sie schon gezogen. Was sie immer wieder gerne mochte, war das herzüberlaufende Glücksgefühl des Verliebtseins. Doch Tom ist mehr wie ein Bruder für sie.

Einmal, es war vor ein paar Wochen, da hat Tom so heimlich getan, dass Justine schon Sorge hatte, er bereite einen Heiratsantrag vor. Sie hätte, ohne zu zögern „Nein“ gesagt, und Tom weiß das auch. Der Gedanke an eine Ehe schnürt sich wie ein Korsett um ihren Körper und Enge kann sie nicht gut ertragen. Justine ist seit gut zehn Jahren Vollwaise und hat keine Geschwister, somit sind Tom und die Kollegen so etwas wie ihre Ersatzfamilie.

Ein Hund wäre toll, doch das geht so mitten in der Großstadt nicht.

Ihre „Schwiegereltern in spe“, wie sie sich selbst immer nennen, sind wohlhabend und übernehmen einen Teil der laufenden Kosten für ihren Sohn. Justine kann neben Tom leben, doch sie liebt ihn nicht. Sie hat ihn gewählt, weil er sie als einer der wenigen Menschen mal nicht bedrängt hat. Wenn es ihr nach Geselligkeit ist, gehen sie gemeinsam aus oder er nimmt sie mal in den Arm. Das genügt. Man kann ihre Beziehung in etwa mit der von Kathleen Kelly und Frank Navasky aus dem Film „E-Mail für Dich“ vergleichen. Justine fragte sich schon öfter: Warum bin ich eigentlich noch mit Tom zusammen? Die Antwort lautet jedes Mal: Warum auch nicht? Zugegeben, es gäbe sicher romantischere Motive.

Am Abend sind sie bei einem Paar eingeladen, mit dem sie laut Tom seit einem Jahr so etwas wie befreundet sind. Er hat im Baumarkt eine weiße, in Bogenform gezwängte Orchidee mitgenommen, die heute Abend als Mitbringsel überreicht werden soll.

„Passt was mit der Blume nicht?“, fragt Tom irritiert, als Justine nachdenklich auf den Plastikübertopf blickt.

„Doch, doch, ein wenig langweilig, aber eine Orchidee passt ja fast immer.“

„Ich weiß, du magst Orchideen nicht besonders, aber ich dachte als Aufmerksamkeit …“

Justine erinnert sich daran, als sie früher mit ihrem Vater wunderschöne, wilde Orchideen gefunden hatte. Das gefleckte Knabenkraut wuchs auf der Wiese hinter ihrem Elternhaus und der Stendelwurz blühte unscheinbar am großen Hang neben dem Steinbruch. Sie liebt alle Blumen, so auch die Orchideen.

Mit einem „Passt schon“ beendet Justine das Gespräch. Tom trollt sich zufrieden ins Bad.

Und sind es nicht eben diese Treffen mit Bekannten, an denen man nicht zuhört, um etwas vom anderen zu erfahren, sondern nur so lange am Gespräch teilnimmt, bis man ungeduldig zuckend selbst etwas dazu beitragen kann? Schweigsam wartet Justine darauf, dass Tom sich später nach dem Essen zu ihr beugt und fragt: „Du bist so ruhig heute, Tini. Geht es dir nicht gut?“

Auch bei Ausflügen mit ihren Kollegen oder beim Abendessen mit Toms Eltern geht es ihr so. Da geht es um den nagelneuen Mercedes, um künstliche Fingernägel, Handtaschen, die spannendste Serie auf Netflix und das beste „All you can eat“-Buffet, um Heirat und Enkelkinder. Nicht meine Welt, nicht meine Themen.

An diesem Abend jedoch geschieht es tatsächlich, dass Justine ins echte Zuhören kommt. Mehr denn je wird ihr dabei bewusst, dass der äußere Schein oft trügt. Eine bis dahin eher flüchtige Bekannte berichtet ihr:

„Ich bin unglücklich, obwohl in meinem Leben scheinbar alles glatt läuft. Ich habe einen aufmerksamen Mann, zwei tolle Kinder und einen guten Job. Ein Haus, einen Garten, regelmäßige Urlaube… und eine innere Leere.“ Sie redet fast eine Stunde lang und Justine hört zu.

„Danke, Justine. Es hat mir sehr gutgetan, das mal jemandem so direkt und ungeschminkt zu erzählen.“

„He, und ich danke dir. Das gibt ja auch mir einen Anstoß zum Nachdenken. Bei mir läuft es auch nicht rund.“

„Möglicherweise liegt es daran, dass wir verlernt haben, unsere Bedürfnisse klar zu artikulieren.“

„Aus Bequemlichkeit oder Resignation nehmen wir Dinge hin und ertragen sie, anstatt uns aktiv Lösungen zu erarbeiten.“

„Vielleicht fehlt es uns an Authentizität? Es ist schließlich unsere Aufgabe, uns zu zeigen und nicht nur irgendwas zu zeigen.“

Lange noch hat Justine über diese Begegnung nachgedacht. Und auch wenn es am Tag des Gesprächs noch keine Lösung gab, so waren sich doch beide einig, dass die eigene Klarheit ein Schlüssel sein kann.

Was will ich denn eigentlich wirklich? Wo soll meine Reise hingehen, wenn der momentane Zustand für mich unbefriedigend ist? Wenn ich mir das nicht beantworten kann, ja wer denn bitte sonst?

Unverhofft

Justine steht vor dem Briefkasten und dieser ist mal wieder vollgestopft mit unnützer Werbung.

„Mensch, da war doch was?!“ Justine fährt ruckartig zusammen. Wo ist bloß dieser Brief, den ich vorgestern aus dem Altpapier gerettet habe? Sie rennt die Treppe wieder nach oben in die Wohnung, denn der Aufzug dauert ihr jetzt zu lange. Ganz außer Atem kramt sie in ihrer Einkaufstasche nach dem Schlüssel und stürmt in die Küche. Hier gibt es auf der Anrichte eine Magnetwand für Wichtiges und auch eine Ablage für die Post. Mist, nur zwei Rechnungen für Tom und ein Hinweis auf die Änderung der Linien im Nahverkehr. Sie wühlt alles durcheinander, doch keine Spur von diesem Brief.

Justine sinkt auf einen der Hocker und grübelt, wo sie bloß dieses Schreiben hingelegt haben könnte.

In der Handtasche!, fällt es ihr schlagartig wieder ein.

Gott sei Dank! Da in der Seitentasche steckt verkrumpelt der Umschlag. Wie immer ohne Brieföffner, bohrt sie ungeduldig einen Finger unter die Brieflasche und reißt die Papierhülle auf. Dann hält sie den Atem an und liest. Dort steht in großen Buchstaben neben einem Stadtwappen das Wort „Nachlassgericht“ und darunter: „Verfügung von Todes wegen …“ Justine staunt nicht schlecht. Wer soll mich denn jetzt noch beerben? Meine Eltern sind doch bereits verstorben und von weiterer Verwandtschaft ist mir nichts bekannt.

Sie muss kurz schlucken, weil sie der Tod ihrer Eltern wieder einholt, doch noch bevor sich das Gefühl von Trauer breitmachen kann, schüttelt sie die alten Gefühle gekonnt wieder ab. Das muss für Tom sein. Sie dreht das Blatt und prüft den Absender. Sie liest laut vor: „Frau Justine Argon, Planckstraße, 22765 Hamburg-Ottensen. Sehr geehrte Frau Argon, …“

Das ist wirklich kurios. Dort steht geschrieben, dass sie sich mit dem Nachlassgericht in Verbindung setzen soll, um Informationen zum Testament von einer Frau Valerie Dupont zu erhalten.

Valerie, Valerie…? Die einzige Valerie, die sie je kannte, war „Tante Vally“, die aber gar nicht ihre richtige Tante war, sie hatte sie nur so genannt. Bei Tante Vally verbrachte sie als Kind mal die Sommerferien. Damals mussten ihre Eltern beruflich verreisen und hatten keine andere Lösung als eine Unterkunft bei dieser Tante Vally. Justine protestierte damals lautstark, weil sie nicht dorthin wollte, zu einer fremden Frau, die sie gar nicht kannte. Doch der Protest half ihr nicht.

„Du wirst es dort mögen, mein Schatz“, war sich ihre Mutter sicher. Und so kam es auch. Justine verbrachte sechs lange Wochen bei Tante Vally, die am Ende doch viel zu schnell vorüber waren.

Ein Jahr später war Justine mit ihrer Familie bereits wieder umgezogen und so gab es irgendwann keinen Kontakt mehr zu Valerie. Justine war zu jung, um das alles zu verstehen, die häufigen Umzüge war sie auf Grund des Berufs ihres Vaters von klein auf gewohnt. Sie malte noch oft Bilder für Valerie, die ihre Mutter dann bei der Poststelle aufgab.

Justines Handy klingelt. Ines ist am Apparat und plappert aufgeregt etwas von einem geplatzten Termin. Sie selbst muss zum Friseur, denn auf diesen Termin habe sie ewig gewartet.

„Ines …“, sagt Justine ruhig, doch ihre Chefin spricht ungebremst weiter.

„Ines, hör mir mal bitte zu.“ Es wird still am anderen Ende der Leitung. Friseurtermin, ja? Jetzt reicht´s.

„Ich bin krank und kann heute nicht einspringen.“

„Oh, was hast du denn? Das ist ja furchtbar, Süße. Du warst doch noch nie krank?“

„Wohl einen Infekt. In ein paar Tagen bin ich bestimmt wieder fit.“

Justine legt auf, als Ines unverblümt weiter quasselt. Ein Schütteln geht durch ihren Körper. Habe ich das gerade wirklich gemacht? Bevor das schlechte Gewissen sich ausbreiten kann, nimmt sie ihr Handy und wählt die Nummer vom Briefkopf. Zu groß ist die Neugierde, was sich hinter diesem Schreiben verbirgt.

„Nachlassgericht Obernburg, Maier, guten Tag“.

„Hier spricht Justine Argon.“