Reflektierbar - Jörg Friebe - E-Book

Reflektierbar E-Book

Jörg Friebe

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Beschreibung

Für alle Trainerinnen und Trainer, Lehrkräfte und Weiterbildner, die sich dem erfahrungs- und handlungsorientierten Lernen verschrieben haben, selbstgesteuerte Lernprozesse initiieren und an Verhalten und Einstellungen ihrer Teilnehmer arbeiten, ist diese Sammlung an Reflexionsmethoden entstanden. In dem reichhaltigen Fundus entdeckt jeder Leser seine bevorzugten Methoden der professionellen Reflexion und erweitert die eigenen Fähigkeiten, den Teilnehmenden reflektives Denken zu vermitteln. Neben der praxisnahen Tool-Beschreibung bieten Informationen zu Zeitpunkt und Tiefe, Handlungsebene, Dauer der Übung, eingesetztes Material und bevorzugte Gruppenkonstellation weitere Orientierung.

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Seitenzahl: 202

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Jörg Friebe

Reflektierbar

Reflexionsmethoden für den Einsatz in Seminar, Coaching und der agilen Arbeit

managerSeminare Verlags GmbH – Edition Training aktuell

Jörg Friebe

Reflektierbar

Reflexionsmethoden für den Einsatz in Seminar, Coaching und der agilen Arbeit

© 2016 managerSeminare Verlags GmbH

3. Aufl. 2023

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel: 0228-977910

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.

ISBN: 978-3-98856-175-6

Herausgeber der Edition Training aktuell:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat und Layout: Jürgen Graf

Coverabbildung: Fotolia/Stephanie Bandmann

Download-Ressourcen

Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.

►www.managerseminare.de/tmdl/b,244209

Cover

Titel

Impressum

I. Einführung

1.1 Vorab …

1.2 Begriffsbestimmungen und Ecksteine für Reflexionen

1.3 U-Prozess zur Vertiefung und Emporhebung in der Reflexion

1.4 Gewaltfreie Kommunikation

1.5 Riemann-Thomann-Kreuz

1.6 Die zehn Handlungsformen

1.6.1 Reden

1.6.2 Schreiben

1.6.3 Zeichnen

1.6.4 Gestalten

1.6.5 Auswählen

1.6.6 Quantifizieren

1.6.7 Aufstellen

1.6.8 Darstellen

1.6.9 Zuordnen

1.6.10 Besinnen

1.7 Aufbau der einzelnen Methodenbeschreibungen

II. Methodensammlung

2.1 Reden

2.1.1 5-Finger-„B“s

2.1.2 Die Geschichte einer Frau/eines Mannes

2.1.3 Nicht noch mal

2.1.4 Telefonlauscher

2.1.5 Der innere Schweinehund

2.1.6 Gut – Schlecht – Gut

2.1.7 Lupenblick

2.1.8 Experten-Interview

2.1.9 Momo-Gespräche

2.1.10 Fragen-Spaziergang

2.2 Schreiben

2.2.1 Reflexionstagebuch

2.2.2 Scrabble

2.2.3 Engagement-Karten

2.2.4 Eine gute Frage

2.2.5 Starten, Stoppen, Stärken

2.2.6 Schlüsselsatz

2.2.7 Wer soll mit wem worüber reden?

2.2.8 Das Buch

2.2.9 Fußabdruck

2.2.10 Drei Bitten

2.3 Zeichnen

2.3.1 Meine App

2.3.2 Wetterkarte

2.3.3 Betrachten der großen Kunstwerke

2.3.4 Ausgesprochen metaphern-reich

2.3.5 Lernlandschaft

2.3.6 Kaisers neue Kleider

2.3.7 Smiley

2.3.8 Streit Art

2.3.9 Miss-Geschicke

2.3.10 Das Team auf Flugreise

2.4 Gestalten

2.4.1 Ton in Ton

2.4.2 Mein Wappen

2.4.3 Fische im Teich

2.4.4 Schätze auf dem Meeresgrund

2.4.5 Den Rahmen ändern – Reframing

2.4.6 Land Art

2.4.7 Echte Schatzkiste

2.4.8 Flaschenpost

2.4.9 Fotos mit dem Smartphone

2.4.10 Denk-mal

2.5 Auswählen

2.5.1 Fußballmannschaft

2.5.2 Schiffsteile

2.5.3 Team-Geister

2.5.4 Computer-Tastatur

2.5.5 Bogenschützen

2.5.6 Spruchkarten

2.5.7 Dixit-Karten

2.5.8 Gefühlskarten

2.5.9 Beutel voller Gegenstände

2.5.10 Werte-Quartett

2.6 Quantifizieren

2.6.1 Schiedsrichter

2.6.2 Säulen

2.6.3 Erbsen in der Tasche

2.6.4 Zirkuläre Skala

2.6.5 Cockpit

2.6.6 Tier-Maskottchen

2.6.7 Die Kurven meines Lebens

2.6.8 Veränderungen sehen und erraten

2.6.9 Persönlicher Akkustand

2.6.10 Lebenswippe

2.7 Aufstellen

2.7.1 Profiteure rufen

2.7.2 Walking in your shoes

2.7.3 Unterforderung, Herausforderung, Überforderung

2.7.4 TZI-Aufstellung

2.7.5 Mein Claim

2.7.6 Dramadreieck

2.7.7 Standpunkt einnehmen

2.7.8 Räume der Veränderung

2.7.9 Kraftorte

2.7.10 Eine Frage in den Raum stellen

2.8 Darstellen

2.8.1 Zukunftsinterview

2.8.2 Flaschendrehen

2.8.3 An der Bushaltestelle

2.8.4 Elevator Pitch

2.8.5 Der Rat des besten Freundes

2.8.6 Tagesschau

2.8.7 Heiratsantrag an das Glück

2.8.8 Würfel-Verhalten

2.8.9 Der/die Weise

2.8.10 Hand-Karten

2.9 Zeichnen

2.9.1 Zug

2.9.2 Landkarte

2.9.3 Kneipe, Sportplatz, Insel, Uni

2.9.4 Strategie-Karten

2.9.5 Die zwei Seiten einer Medaille – Werte-Münzen

2.9.6 Schaufenster, Laden, Lager

2.9.7 Mit fünf Mündern sprechen – mit fünf Ohren hören

2.9.8 Selbstbild-Fremdbild im Riemann-Thomann-Kreuz

2.9.9 Hand, Herz & Hirn

2.9.10 Double-T

2.10 Besinnen

2.10.1 Haiku

2.10.2 Seerose

2.10.3 Ritualisierter Feierabend

2.10.4 Körperresonanz

2.10.5 Tagtraum

2.10.6 Altar der Glaubenssätze

2.10.7 Die Sprache der Natur

2.10.8 Naturgegenstand

2.10.9 Surreale Bilder

2.10.10 Feuerabend

III. Die besten Methoden für …

3.1 Die Besten – themenbezogen

3.1.1 Reflexionen zur Bestimmung der Trainingsziele

3.1.2 Beginn des Veränderungsprozesses/des Seminars etc

3.1.3 Teamentwicklung

3.1.4 Individuelle, persönliche Entwicklung

3.1.5 Mitarbeitergespräch

3.1.6 Führungskompetenz zur Führung von Mitarbeitern

3.1.7 Zwischenreflexion

3.1.8 Seminarende/Projektrückblick

3.1.9 Zukunftsplanung

3.1.10 Reflexionen zur Förderung der Nachhaltigkeit

3.2 Die Besten – prozessbezogen

3.2.1 Kurz und knackig

3.2.2 Tief Berührendes

3.2.3 Lebendiges/Energetisierendes

3.2.4 Für alle Phasen einer Reflexion geeignet

3.2.5 Parallel mitlaufend

3.2.6 Für sehr viele Themen und Anlässe geeignet

Dank und Nachwort an der Bar

Zum Autor

Leser-Service/Fotonachweise

I. Einführung

Vorab …

Der Anlass – Wozu dieses Buch geschrieben ist

Reflektieren wird immer mehr zur Schlüsseleigenschaft für den Alltag. Führungskräfte mit Mitarbeitern, Coach mit Coachee, Lehrer mit Schülern, Pfadfinder nach der Gruppenstunde, Teamleiter in der Teambesprechung und viele andere mehr suchen nach Antworten auf Fragen wie:

Wo stehen wir?Wo wollen wir hin?Sind wir noch auf dem richtigen Weg?

Zentrale Fragen wie diese sind die zwangsläufige Reaktion auf eine immer komplexere Welt. Mit fixen Ablaufplänen, starren Dogmen oder betonierten Unternehmensleitbildern kommt man dieser Komplexität längst nicht mehr bei. Hilfe bietet indes eine regelmäßige, ritualisierte Reflexion, um den Anforderungen eines sich ständig verändernden Alltags gerecht zu werden. Dazu will dieses Buch ganz pragmatisch beitragen.

Die Zielgruppe – Für wen dieses Buch geschrieben ist

Unter anderen für Trainerinnen, Coachs, Beraterinnen, Team Coachs, Scrum Master, Agile Coachs, Lehrer, Leiterinnen, Chefs, Führungskräfte, Ausbilder … Kurz: für alle, die mit anderen Menschen reflektieren und damit erkennen wollen, wie ihr Handeln, Denken und Fühlen zueinander passen.

Der Nutzen – Was Sie von diesem Buch haben

Dieses Buch erscheint fünf Jahre nach dem Werk „Reflexion im Training“. In diesem sind die zentralen Hintergründe und Theorien zusammengetragen sowie einige Methoden dargestellt. In der „Reflektierbar“ hat dagegen die Praxis den Vorrang. Hier finden Sie eine große Anzahl von Methoden; ich nenne sie Aktivierungen. Die Theorie ist dementsprechend bewusst knapp gehalten.

Es ist ein Buch, welches zu verschiedenen Anlässen konkrete Anregungen geben will: Gehen Sie vor der Reflexion an die Bar und wählen Sie sich die passende Reflexionsform aus! Sie bekommen eine umfangreiche, gut strukturierte, in unterschiedlichsten Situationen anwendbare und in ihrem Tiefgang variierbare Auswahl, die zeigt, wie Sie Reflexionen anregend und effektiv durchführen können.

Je nach persönlicher Vorliebe können Sie die „Reflektierbar“ dabei entweder als Buch oder als Karteisystem nutzen. Wenn Sie die Seiten an der vorgegebenen Linie herausschneiden, haben Sie die einzelnen Methoden auch jederzeit als Moderationshilfe und „Spickzettel“ im Seminar oder Training zur Hand.

Der Aufbau – Wie dieses Buch aufgebaut ist

Teil 1 – Hintergrund und Einführung

Im ersten Teil finden Sie eine theoretische Einführung in den Reflexionsprozess. Viele Menschen brauchen eine konzeptionelle Hilfe, bevor sie zum eigentlichen Kern kommen können. Daher werden mithilfe der Theorie U sieben Schritte vorgestellt, wie eine Reflexion wirkungsvoll aufgebaut werden kann.

Ergänzt wird die Theorie U um zwei Konzepte bzw. Modelle, die sich nach meiner Erfahrung im Zusammenhang mit Reflexionsprozessen als äußerst nützlich und effektiv erweisen und die einem erfahrenen Weiterbildner bereits bekannt oder sogar gut vertraut sein dürften: die Gewaltfreie Kommunikation (GfK) sowie das Riemann-Thomann-Kreuz. Die GfK definiert klare Gesprächsprinzipien, die auch für konstruktive und zielführende Reflexionsgespräche unerlässlich sind. Das Riemann-Thomann-Kreuz ist ein prägnantes und eingängiges Modell, um eigene Grundbedürfnisse zu identifizieren, womit auch die Arbeit auf tief gehenden Reflexionsebenen möglich wird. Beide Modelle bilden folglich auch die Grundlage einer ganzen Reihe der hier vorgestellten Methoden.

Darüber hinaus finden Sie im Einführungsteil eine Gliederung in zehn Grundformen der Reflexionsaktivierung. Letztlich sagen Sie Ihren Teilnehmenden immer: „Bitte reden, schreiben, bewerten, zeichnen … Sie!“ – Sie geben also eine ganz konkrete Handlungsaufforderung. Insgesamt werden zehn verschiedene Formen beschrieben, die jede für sich ihre besondere Wirkung in der Reflexion entfaltet.

Teil 2 – Methodensammlung

Im zweiten Teil werden den zehn Handlungsformen jeweils zehn Aktivierungsmethoden zugeordnet, sodass insgesamt 100 unterschiedliche Möglichkeiten beschrieben werden, wie Reflexionen gestaltet werden können.

Teil 3 – „Best of“: besonders geeignet im Kontext …

Last but not least existieren ganz unterschiedliche Anlässe, zu denen Sie Reflexionen durchführen können: etwa zum Seminareinstieg, im Mitarbeitergespräch oder bei der persönlichen Zukunftsplanung.

Im dritten Teil werden zehn typischen Situationen jeweils zehn besonders geeignete Aktivierungsmethoden aus Teil 2 zugewiesen: Sie finden sie im Buch unter dem Stichwort „Die Besten – themenbezogen“. Daran schließen sich „prozessbezogene Bestenlisten“ an, in denen die Aktivierungen nach bestimmten charakteristischen Eigenschaften – z.B. „kurz und knackig“, „tief berührend“ oder „fast immer geeignet“ – sortiert sind.

Sprache

Dieses Werk soll gleichermaßen Frauen und Männer ansprechen. Daher ist an den meisten Stellen eine neutrale Ausdrucksweise gewählt. Alternativ wird mal die männliche, mal die weibliche Schreibweise benutzt – gemeint sind selbstverständlich immer alle Menschen.

Für die Teilnehmenden verwende ich zuweilen das Wort „Kundige“; denn diese Personen sind die wahren Kundigen in ihrem eigenen Leben und bezüglich des passenden Lösungswegs.

Für die anleitende Seite benutze ich abwechselnd Begriffe wie Trainer, Beraterin, Coach, Moderatorin oder Führungskraft. Gerne verwende ich stellvertretend das Wort „Leitung“, da alle diese Berufsbilder tatsächlich auch den Auftrag haben, durch den Reflexionsprozess zu „leiten“.

U-Prozess zur Vertiefung und Emporhebung in der Reflexion

Vom Wunsch und Widerwillen zum Tiefgang

Vielen Trainerinnen, Coachs und Beratern geht es in den Reflexionen der Prozesse darum, „in die Tiefe“, „zum Kern“ oder „zu dem, was die Menschen wirklich bewegt“ zu gelangen. Oft genug misslingt aber genau das.

Typische Situationen, in denen vergeblich um Tiefgang gerungen wird, finden sich im Trainingskontext immer wieder: So bleibt ein Outdoor-Training bei den Highlights stehen, in einer Teamentwicklung traut sich keiner zu sagen, worum es wirklich geht, oder unerfahrene Trainer und Beraterinnen haben aus Fürsorglichkeit oder Angst, die Teilnehmenden zu verletzen, Sorge, dass die Emotionen hochkochen, Tränen fließen und sie das Ganze nicht mehr steuern können.

Damit eine Reflexion in diesen und anderen Situationen wirklich „in die Tiefe“ geht, sind drei Dinge hilfreich:

Eine Reflexionsfläche mithilfe von Gegenständen (zum Beispiel Bildkarten) oder Bewegungen (zum Beispiel einer Aufstellung) anbieten. Sowohl der Dialog des Einzelnen mit sich selbst als auch mit den anderen beteiligten Personen wird durch diese Aktivierung erleichtert.

Um den Fokus der Teilnehmenden zu lenken, ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen („Fragen können wie Küsse schmecken“1).

Phasen der Vertiefung und Emporhebung geben eine gute Struktur, um einerseits in die Tiefe zu gehen, andererseits aber auch einen guten Abschluss zu finden.

Auf den kommenden Seiten wird es vorrangig um den dritten Punkt gehen.

Die Theorie U von Claus Otto Scharmer

Bildlich gesprochen handelt der Trainer wie ein guter Arzt, der eine eiternde Wunde öffnet, diese säubert und anschließend sorgfältig verbindet sowie dafür sorgt, dass der Heilungsprozess erfolgreich „von unten“ geschieht und sich die Wunde nicht zu schnell (und nur vordergründig) schließt.

Übertragen auf das Feld der Reflexion helfen dabei viele Elementen der Theorie U des Wirtschaftswissenschaftlers Claus Otto Scharmer2. Die Theorie U ist eine Zusammenstellung und Erweiterung der „Phasen der Vertiefung und Emporhebung“ nach Friedemann Schulz von Thun3 sowie des Modells der logischen Ebenen von Robert Dilts4.

Das sehr weitreichende Modell umfassend zu erläutern, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Im Folgenden sollen daher ausschließlich die im Kontext der Reflexionsprozesse wesentlichen Teilaspekte der Theorie U betrachtet werden.

Das Modell …

gibt der Trainerin selbst eine wichtige Orientierung: Wo stehe ich im Reflexionsprozess? Wo will ich hin? Wie tief will ich in der aktuellen Situation arbeiten?hilft den Teilnehmenden, indem es ihnen die Sicherheit vermittelt, die benötigt wird, um sich fallen zu lassen und zu öffnen. Das Wissen, dass es nach einer Phase der Vertiefung auch wieder eine begleitete und geleitete Phase der Emporhebung gibt, erleichtert das tief gehende Arbeiten.bietet eine sehr gute Basis, um lösungs- und ressourcenorientierte Verfahren daran anzudocken und mit diesen weiterzuarbeiten.

Der U-Prozess eignet sich also sehr gut, um mehr und mehr in die Reflexion einzusteigen und diese anschließend in konkretes Handeln zu überführen. Er beschreibt wesentliche Schritte, die Individuen und Gruppen dabei unterstützen, Muster der Vergangenheit loszulassen, eine im Entstehen befindliche Zukunftsmöglichkeit wahrzunehmen und aus dieser Wahrnehmung heraus zu handeln.

Aufbau der Theorie U

Das Modell des U-Prozesses besteht aus vier Ebenen, drei Blickrichtungen und sieben Schritten:

Vier Ebenen:Handeln – Denken – Fühlen – Sein

1. Ebene: Handeln

Um schnell in die Tiefe zu gelangen, bietet es sich an, die Teilnehmenden bei ihren konkreten Handlungen abzuholen. Denn diese sind erstens bewusst, zweitens relativ unverfänglich darzustellen und drittens auf einer Ebene angesiedelt, über die sich Menschen häufig austauschen. Dazu gehört die Frage, was die Gruppe gemacht, aber auch, was jede einzelne Person ganz konkret beigetragen hat.

2. Ebene: Denken

Auf der nächsttieferen Ebene wird nach dem Denken gefragt: Welche Annahmen stecken hinter dem Handeln? Was wird als gegeben angesehen und gar nicht mehr infrage gestellt? Wie sortiert der Einzelne sein Handeln ein? Was waren die Motive jedes einzelnen? Ziel ist es, dass die Personen ihr Handeln verstehen.

3. Ebene: Fühlen

Die – für viele Menschen bereits sehr ungewohnte – Ebene darunter widmet sich dem bewussten Nachdenken über die eigenen Gefühle. Wie geht es der Person mit ihren Handlungen und Annahmen? Wovon würde sie sich gerne trennen? Was wird als beflügelnd erlebt?

4. Ebene: Sein

Schließlich geht es auf der 4. Ebene noch ein Stück tiefer – um die Reflexion des eigenen Seins, der eigenen Identität, des Lebenssinns oder auch der eigenen Spiritualität.

Drei Blickrichtungen:Rückblick – Tiefblick – Ausblick

Jede gut strukturierte Reflexion durchläuft einen chronologischen Dreiklang: Dabei geht der Blick zunächst zurück in die Vergangenheit (Rückblick), der zweite Blick richtet sich auf die Gegenwart (Tiefblick) und der dritte Blick geht in die Zukunft (Ausblick).

Dabei ist es beim Rückblick durchaus vertretbar, wenn sich die Teilnehmenden zunächst auf das „Du“, also auf andere beziehen: „Der hat dies und jenes gemacht …“ Nach und nach beschäftigt sich jedoch jede Person mit sich selbst: „Was ist mein Anteil?“ Im dritten Schritt kommt es dann zum „Wir“ verbunden mit dem Blick in die gemeinsame Zukunft: „Wie wollen wir in Zukunft miteinander umgehen?“

Sieben Schritte:Handlung – Situation – Hintergrund – Identität – Hoffnung – Konzeption – Handlungsplan

In sieben Schritten, die ich in Anlehnung an Scharmer Handlung, Situation, Hintergrund, Identität, Hoffnung, Konzeption und Handlungsplan benenne, durchlaufen die Teilnehmenden die vier Ebenen und drei Blickrichtungen. Im Folgenden werden diese Schritte kurz vorgestellt und um ein Praxisbeispiel ergänzt, in dem eine Person ihre persönliche (Un-)Zufriedenheit im Leben reflektieren möchte.

Das Setting ist eine Coaching-Wanderung. Das Besondere bei diesem Prozess ist die bewusste Gestaltung der sieben Schritte sowie die große Bedeutung der Aktivierung in jeder Phase, welche die Wirkung der Coaching-Fragen erheblich verstärkt.

1. Schritt: Handlung

Die Teilnehmenden beschreiben ihre Handlungen und sehen, was um sie herum geschieht. Dabei sollen die Handlungen möglichst präzise beschrieben werden.

Im Praxisbeispiel stellt die Trainerin folgende Frage: „Angenommen, Sie feiern heute Ihren 80. Geburtstag und ich komme als Reporterin zu Ihnen, um Sie zu interviewen (–> Aktivierung). Herr Meier, wenn Sie auf die 80 Jahre Ihres Lebens zurückblicken: Was haben Sie gemacht? Was sticht heraus?“ (–> Frage)

2. Schritt: Situation

Als nächstes überdenken die Teilnehmenden ihre Handlungen und begreifen die Situation. Sie sollen ihre persönlichen Handlungen verstehen und diese einordnen.

Im Praxisbeispiel wird als Aktivierung mit einem Seil ein Koordinatensystem gelegt. Dabei steht die x-Achse für alles, was tatsächlich gemacht wurde, während die y-Achse den Grad der Zufriedenheit symbolisiert.

Mögliche Fragen: „Was ist alles gut gelaufen? Was bereuen Sie? Wie war Ihr Zufriedenheitslevel zum jeweiligen Zeitpunkt?“

3. Schritt: Hintergrund

Die Auseinandersetzung geht nun noch weiter in die Tiefe: Wie ist das Gefühl zu einer bestimmten Situation, einem konkreten Verhalten? Was soll bewahrt werden, was will die Person eher loslassen? „Welche Gefühle existieren im Hintergrund? Wie fühlen Sie sich, wenn Sie das Ganze hier anschauen?“

Als Form der Aktivierung erfolgt nun eine Aufstellung: Nachdem das Koordinatensystem mit etwas Abstand betrachtet wurde, begibt sich die Person an eine konkrete Stelle/Position, um sich intensiv in die dort symbolisierte Situation einzufühlen.

Mögliche Fragen: „Was führt bei Ihnen grundsätzlich zu einer besonders hohen Zufriedenheit? Was steht einer hohen Zufriedenheit im Allgemeinen eher entgegen? Was hat Ihre Zufriedenheit gefördert? Wer oder was hat die Situation von außen beeinflusst? Worauf konnten Sie selbst Einfluss nehmen? Was hat Sie glücklich gemacht? Wovon möchten Sie sich trennen?“

4. Schritt: Identität

Als nächstes steht die Beschäftigung mit der eigenen Identität im Vordergrund. Es geht um das elementare Sein des Menschen. Was sind die eigenen (Handlungs-)Muster? Worum geht es im großen Ganzen, was ist der Sinn? Je nach Person und Gegebenheit kann hier auch eine spirituelle Ebene erreicht werden.

Zur Aktivierung werden während der Wanderung mehrere Bildkarten auf einer ca. einen Kilometer langen Wegstrecke ausgelegt, die der Teilnehmende anschließend abläuft. Die Bildkarten, die ihn in seiner Auseinandersetzung unterstützen sollen, stellen surreale Situationen dar und stammen aus dem Gesellschaftsspiel Dixit (siehe S. 121). Der Teilnehmende wählt sich eine oder mehrere Karten, die ihn zu einer Frage ansprechen: „Was glauben Sie über sich?“ „Was denken Sie über Ihr Selbstwertgefühl?“

5. Schritt: Hoffnung

Diese Auseinandersetzung führt zu neuen, tiefer gehenden und kreativen Ideen, Hoffnungen und Absichten, in welche Richtung sich das Leben entwickeln soll. Es ist die Phase des Hereinlassens des Neuen. Es geht darum, der Zukunft eine „Landebahn“ zu bauen.

Gut ist es, wenn der Aktivierungsspaziergang auf einem erhöhten Punkt (einem Hügel, einer höher gelegenen Terrasse, einem Fenster eines oberen Stockwerks etc.) endet. Der Blick wandelt sich von der Vergangenheit über die Ist-Situation hin zur Zukunft.

Mögliche Fragen: „Wovon hätten Sie gerne mehr? Zufriedenheit kann auch heißen, zum Frieden zu kommen. Welche Wege zum persönlichen Frieden haben Sie schon geschafft? Was möchten Sie gerne an Neuem ausprobieren? Wie sieht Ihr eigenes Ideal aus? Wie fühlt es sich an, sich eine neue Zukunft vorzustellen?“

6. Schritt: Konzeption

Hier werden neue Konzepte und konkret geplante Ziele „ergriffen“ und die strategischen Schritte zum Erreichen dieser Ziele erarbeitet.

Ausgehend von dem erhöhten Punkt werden auf dem weiteren Weg Strategiekarten platziert (–> Aktivierung). Der Teilnehmende wählt sich eine zu ihm passende Karte aus, die er gerne weiter durchdenken und umsetzen will. Strategiekarten enthalten z.B. Aussagen wie „Mach ein Pilotprojekt“, „Suche Dir Machtsponsoren“, „Erstelle einen Zeitplan“.

In diesem Schritt sind alle Fragen sinnvoll, bei denen sich die Person mit der gewählten Strategie auseinandersetzt und über mögliche Umsetzungen fantasiert: „Wie sieht ein konkretes Pilotprojekt aus?“ „Was muss Schritt für Schritt erfolgen?“

7. Schritt: Handlungsplan

Abschließend wird fixiert, wie genau die konkrete Umsetzung aussehen wird. Es wird also ein Handlungsplan erstellt.

Das Wandercoaching zur eigenen Zufriedenheit endet mit dem Aufschreiben der konkreten nächsten Schritte auf Zetteln mit vorgefertigten Fußspuren (–> Aktivierung).

Vorsicht: Gefahr droht, wenn eine „Abkürzung“ von Schritt 1 zu Schritt 7 bzw. von Schritt 2 zu Schritt 6 genommen wird!

Wenn Handlungen (Schritt 1) im Alltag nicht weiterführen und ohne Ergebnis bleiben, werden oft voreilig neue Handlungspläne (Schritt 7) entworfen. Der so abgekürzte Prozess ist wortwörtlich nicht tief greifend genug. Die Bedürfnisse der Menschen werden erst in tieferen Schichten deutlich und führen dadurch erst zu wirklich tragfähigen Handlungen. Genauso kann es sein, dass Menschen beim Überdenken einer Situation (Schritt 2) bemerken, dass etwas nicht passt, und direkt neue Konzepte (Schritt 6) entwerfen. Auch hier sollte der Trainer schauen, dass mit mehr Zeit ein größerer Tiefgang möglich wird.

Schlussfolgerung

Das Modell ermöglicht es, Rationales und Emotionales in einem Prozess zu vereinen. Es geht nicht um ein „Entweder-oder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“. Die Theorie U ist weit mehr als ein Handwerkzeug für Trainer und Coachs. Sie ist eine Antwort auf dringende Probleme der Zeit, da sie hilft, nicht nur den sachlichen Austausch zu gestalten, sondern mit spiritueller Intelligenz auch sinnvolle und erfüllende Prozesse zu kreieren, welche die Menschen wirklich zufriedenstellen. (Zur Verdeutlichung: Die vier Ebenen „Handeln – Denken – Fühlen – Sein“ können auch als „praktische Intelligenz“, „rationale Intelligenz“, „emotionale Intelligenz“ und „spirituelle Intelligenz“ bezeichnet werden.)

Gerade wegen der Berücksichtigung der spirituellen Ebene kann die Theorie U Kräfte zur Verbesserung der Lebensumstände freisetzen, die rein rationalen Managementtechniken fehlen.

Zur Anwendung

Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Erfahrungen. Dem muss sich ein Trainer anpassen, indem er erst nach und nach die Reflexionen umfangreicher und tief greifender gestaltet. Das Modell kommt dem entgegen, weil man es dem aktuellen Bedarf entsprechend frei zusammenstellen und damit die Tiefe selbst wählen kann. Auch fünf oder nur drei Schritte sind bereits äußerst hilfreich.

Zwar ist es durchaus möglich, gleich alle sieben Schritte zu gehen. Genauso gut kann sich die Gruppe aber auch im Laufe eines Trainings in ihrer Reflexionskompetenz kontinuierlich steigern: Zu Trainingsbeginn genügt es dem Trainer vielleicht, Handlungen klar beschreiben (Schritt 1) und anschließend Ideen äußern zu lassen (Schritt 7), wie es besser klappen könnte – wohl wissend, dass dies noch nicht tief greifend genug ist.

Nach weiteren Übungen sind die Teilnehmer dann schon in der Lage, die Hintergründe, Gefühle, Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen. Es kann auch ein langer Prozess über sieben Wochen sein – und jede Woche geht das (Führungs-)Team einen Schritt weiter.

Es ist immer eine Frage der zur Verfügung stehenden Zeit, der Bereitschaft und der Fähigkeit der Teilnehmenden, sich auf den jeweiligen Schritt einzulassen, sowie natürlich der Kompetenz des Trainers, in und mit der Tiefe zu arbeiten.

Fazit

Die aktive Reflexion im U-Prozess ermöglicht es auch Trainern ohne Erfahrung oder mit „kopflastigen“ Teilnehmenden, zum Wesentlichen zu kommen. Eine bewusste Planung der Reflexionsschritte mit ihren jeweiligen Fragen und Aktivierungen gibt dabei immer mehr Sicherheit. Tiefgang, Ernsthaftigkeit und Spaß sowie konkrete Umsetzungsschritte sind Vorteil und Nutzen der bewussten aktiven Reflexion.

1 Kindl-Beilfuß, Carmen: Fragen können wie Küsse schmecken. Systemische Fragetechniken für Anfänger und Fortgeschrittene. 3. Aufl. Heidelberg 2011.

2 Scharmer, Claus Otto: Theorie U – Von der Zukunft her führen. Heidelberg 2007.

3 Schulz von Thun, Friedemann: Praxisberatung in Gruppen. Weinheim, Basel 1999.

4 Dilts, Robert: Die Veränderung von Glaubenssystemen. NLP-Glaubensarbeit. Paderborn 1993.

Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation (GfK), in Wirtschaftskreisen auch als Wertschätzende Kommunikation bezeichnet, verbindet in vier Schritten eine innere Haltung mit einer klaren Kommunikationsstruktur, die auch für Reflexionsgespräche äußerst hilfreich ist. Diese vier Schritte führen dazu, dass Konflikte nicht eskalieren, sondern ein gemeinsames Verständnis gefördert wird. Die Kommunikation wird klarer, überzeugender, effektiver, angenehmer.

Nach den Prinzipien der GfK hat es sich bewährt, ein Gespräch in folgenden vier Schritten aufzubauen:

Die genaue Beobachtung beschreiben (statt zu bewerten).

Das eigene Gefühl/Befinden mitteilen (statt Schuld zuzuweisen).

Das eigene Bedürfnis benennen (statt moralische Verurteilung zu betreiben oder vorschnelle Strategien zu benennen).

Und schließlich mit einer konkreten Bitte abschließen (statt unkonkrete Ansagen zu machen wie „Man müsste mal …“ oder Befehle/Anordnungen zu erteilen).

Dies ist selbstverständlich nur ein extrem knapper Einblick in die GfK. In der GfK bewanderte Personen finden in diesem Buch verschiedene Reflexionsmethoden, die die vier Schritte aufgreifen:

5 Finger-„B“s (siehe S. 29)

Experten-Interview (siehe S. 43)

Engagement-Karten (siehe S. 53)

Drei Bitten (siehe S. 67)

Streit Art (siehe S. 83)

Gefühlskarten (siehe S. 123)

Schiedsrichter (siehe S. 129)

Mein Claim (siehe S. 157)

Standpunkt einnehmen (siehe S. 161)

Tagesschau (siehe S. 179)

Würfel-Verhalten (siehe S. 183)

Hand, Herz & Hirn (siehe S. 205)

Tagtraum (siehe S. 219)

Riemann-Thomann-Kreuz

Ebenfalls im Kontext von Reflexionen vielfältig nutzbar ist das Riemann-Thomann-Kreuz. Es verbindet vier Grunddimensionen, die auch als jeweils zwei sich ergänzende Grundbedürfnisse bezeichnet werden:

Nähe <–> DistanzDauer <–> Wechsel

Zu jeder dieser vier Grundausrichtungen gibt es eine Sammlung von ergänzenden Begrifflichkeiten, je nachdem in welchem Kontext man das Riemann-Thomann-Kreuz nutzt (siehe Tab. unten).

Grunddimension

Kontext

Nähe

Distanz

Dauer

Wechsel

Wirtschaft

Menschen, Service

Ergebnisse

Struktur

Innovation, Lebendigkeit

Bedürfnisse, Werte

Harmonie, Solidarität

Autonomie, Rationalität

Sicherheit, Beständigkeit

Lust, Kreativität