Reicher Mann, armes Herz - Nancy Salchow - E-Book

Reicher Mann, armes Herz E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Wird er es zulassen, dass ich seinem Geheimnis auf die Spur komme und sein eiskaltes Herz wieder zum Leben erwecke? Anna Mit siebzehn waren wir vier in unserer Kleinstadt die allerbesten Freunde: Finn, Aaron, Denny und ich, das einzige Mädchen in der Runde. Bis ich mich irgendwann in Denny verliebte, der aber meine Annäherungen niemals erwiderte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, sich nach dem frühen Tod seines Vaters in das Familienunternehmen einzuarbeiten. Irgendwann war ich es leid geworden, ihm hoffnungslose Avancen zu machen und habe mein Glück in der Großstadt versucht. Jetzt sehen wir vier uns plötzlich nach zehn Jahren anlässlich unseres Klassentreffens wieder und all meine Gefühle für Denny sind wieder da, als wäre seit damals kein einziger Tag vergangen. Doch sein Herz scheint im Laufe der Jahre zum Eisblock mutiert zu sein. Bis auf flüchtige Affären hat er es zu keiner richtigen Beziehung gebracht. Und auch sonst interessiert er sich für nichts anderes als seinen Job, immerhin ist er inzwischen stinkreicher Unternehmer. Genauso wenig, wie er offensichtlich an mir interessiert ist, hat er Interesse daran, sein Geld für gute Zwecke einzusetzen, auch nicht für das Tierheim, in dem ich arbeite und das so dringend seine Hilfe für die armen Tiere gebrauchen könnte. Und für ausgerechnet diesen eiskalten Kerl schlägt mein Herz noch immer. Aber kann ich auch sein eingefrorenes Herz wieder zum Leben erwecken und ihm beibringen, was echtes Glück bedeutet? Und werden mir Finn und Aaron dabei helfen? Oder steckt vielleicht doch etwas ganz anderes hinter Dennys kühler Distanz? Denny Ich musste schon früh lernen, was es heißt zu kämpfen. Nach dem Tod meines Vaters lag eine zentnerschwere Last auf meinen Schultern, als ich dabei helfen musste, das Familienunternehmen zu retten. Aber ich habe es geschafft und bin heute einer der reichsten Unternehmer des Landes. Warum sollte ich mein hart erarbeitetes Geld also für wohltätige Zwecke verschwenden? Und warum zum Teufel sollte ich ausgerechnet Annas Tierheim unterstützen? Schließlich war sie diejenige, die mich damals einfach im Stich gelassen hat, als ich sie am dringendsten gebraucht hätte. Und überhaupt: Was will sie nach all den Jahren plötzlich von mir? Jetzt, wo ich endlich über sie hinweg bin? Dieser Roman wurde im weitesten Sinne von der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens und dem eiskalten Ebenezer Scrooge inspiriert. Allerdings ohne Weihnachten und ohne Geister.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Epilog

Auszug »Das Millionen-Geheimnis«

Danksagung

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Reicher Mann,

armes Herz

Roman

Über das Buch

Wird er es zulassen, dass ich seinem Geheimnis auf die Spur komme und sein eiskaltes Herz wieder zum Leben erwecke?

Anna

Mit siebzehn waren wir vier in unserer Kleinstadt die allerbesten Freunde: Finn, Aaron, Denny und ich, das einzige Mädchen in der Runde. Bis ich mich irgendwann in Denny verliebte, der aber meine Annäherungen niemals erwiderte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, sich nach dem frühen Tod seines Vaters in das Familienunternehmen einzuarbeiten. Irgendwann war ich es leid geworden, ihm hoffnungslose Avancen zu machen und habe mein Glück in der Großstadt versucht.

Jetzt sehen wir vier uns plötzlich nach zehn Jahren anlässlich unseres Klassentreffens wieder und all meine Gefühle für Denny sind wieder da, als wäre seit damals kein einziger Tag vergangen. Doch sein Herz scheint im Laufe der Jahre zum Eisblock mutiert zu sein. Bis auf flüchtige Affären hat er es zu keiner richtigen Beziehung gebracht. Und auch sonst interessiert er sich für nichts anderes als seinen Job, immerhin ist er inzwischen stinkreicher Unternehmer. Genauso wenig, wie er offensichtlich an mir interessiert ist, hat er Interesse daran, sein Geld für gute Zwecke einzusetzen, auch nicht für das Tierheim, in dem ich arbeite und das so dringend seine Hilfe für die armen Tiere gebrauchen könnte.

Und für ausgerechnet diesen eiskalten Kerl schlägt mein Herz noch immer. Aber kann ich auch sein eingefrorenes Herz wieder zum Leben erwecken und ihm beibringen, was echtes Glück bedeutet? Und werden mir Finn und Aaron dabei helfen? Oder steckt vielleicht doch etwas ganz anderes hinter Dennys kühler Distanz?

Denny

Ich musste schon früh lernen, was es heißt zu kämpfen. Nach dem Tod meines Vaters lag eine zentnerschwere Last auf meinen Schultern, als ich dabei helfen musste, das Familienunternehmen zu retten. Aber ich habe es geschafft und bin heute einer der reichsten Unternehmer des Landes. Warum sollte ich mein hart erarbeitetes Geld also für wohltätige Zwecke verschwenden? Und warum zum Teufel sollte ich ausgerechnet Annas Tierheim unterstützen? Schließlich war sie diejenige, die mich damals einfach im Stich gelassen hat, als ich sie am dringendsten gebraucht hätte. Und überhaupt: Was will sie nach all den Jahren plötzlich von mir? Jetzt, wo ich endlich über sie hinweg bin?

Dieser Roman wurde im weitesten Sinne von der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens und dem eiskalten Ebenezer Scrooge inspiriert. Allerdings ohne Weihnachten, ohne Geister (deren Aufgaben werden hier von Finn, Aaron und Anna übernommen) – und mit vielen unerwarteten Wendungen, die nichts mit der Geschichte von Dickens gemeinsam haben. Lasst euch überraschen!

Dieses Buch enthält sehr leidenschaftliche und eindeutige Szenen.

In sich abgeschlossener Einzelroman. Keine Serie. Keine Cliffhanger.

Prolog

Sein Blick ist kalt und leer und doch glaube ich, eine Sehnsucht darin zu erkennen, die sich mit meiner verbündet. Eine Sehnsucht, die mir das Atmen auch an diesem Tag erschwert.

Ich hebe die Hand und lege sie so vorsichtig an seine Wange, als könnte sie jeden Augenblick wie Porzellan zerbrechen.

»Was hat dich nur so kalt werden lassen?«, frage ich ihn leise.

Er entzieht sich meiner Berührung nicht, und doch habe ich das Gefühl, dass es ihm nicht recht ist, mir so nah zu sein.

»Das Leben«, flüstert er.

»Ich lebe auch«, antworte ich, »und doch fühle ich nur Wärme, wenn ich an dich denke. So viel Wärme. Warum kann ich dir nicht helfen? Warum kann ich nicht …«

»Bitte, Anna.« Er wendet sich von mir ab und geht zum Seeufer. Mit dem Blick aufs Wasser gerichtet, vergräbt er die Hände tief in seinen Manteltaschen, während er sich in eisiger Stille verliert.

Ich zögere kurz, dann folge ich ihm und lege von hinten die Hand auf seine Schulter. Sanft drehe ich ihn zu mir um. Als sich unsere Blicke treffen, scheint er sich vor irgendetwas zu erschrecken.

Vor seinen eigenen Gefühlen vielleicht? Ist er überhaupt noch in der Lage, irgendetwas zu fühlen?

Einen unwirklichen Augenblick lang kommt es mir so vor, als würde jemand die Zeit anhalten – bis er schließlich mein Kinn mit seinen Fingerspitzen anhebt und mich küsst. Ein Kuss, der beinahe mechanisch wirkt und irgendwie ungeschickt, fast so, als hätte er dies seit Jahren nicht mehr getan.

Doch aus der Mechanik wird schon innerhalb von Sekunden eine Leidenschaft, die mich unweigerlich dazu bringt, meine Augen zu schließen.

Und plötzlich bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob wir wirklich hier sind. Ob dieser Moment real ist oder nur ein Traum, der meinem Verstand einen Streich spielt.

Kapitel 1

Anna

Noch immer zittern meine Finger, während ich die Einladung langsam auf den Gartentisch fallen lasse.

Mindy, die gerade mit einer Glaskanne Eistee die Hintertreppe herunterkommt, sieht mich mit großen Augen an. »Was ist? Hast du ein Gespenst gesehen?«

»So ähnlich.« Ich greife erneut nach dem Papier und starre fassungslos auf die Überschrift.

Einladung zum Klassentreffen

Stöhnend falte ich den Brief wieder zusammen und schiebe ihn zur Seite, als könnte mir allein diese Geste dabei helfen, meine Entscheidung hinauszuzögern.

Mindy befüllt sowohl mein als auch ihr eigenes Glas mit dem Tee, stellt die Kanne ab und setzt sich neben mich.

Die Art, wie sie ihr langes, honigblondes Haar zu einem dicken Zopf geflochten hat und ungezwungen über der rechten Schulter trägt. Die Lässigkeit, mit der ihr schlichtes und doch hippes schwarz-kariertes Trägerkleid ihre Knie umspielt. All das macht sie auch an diesem späten Septembermorgen zu einer echten Naturschönheit, während meine rotblonden Locken wieder mal ein Wirrwarr aus Haaren ist, das ich genervt zu einem Dutt zusammengezwirbelt habe. Und statt eines hübschen Kleides, wie Mindy es trägt, sitze ich in verwaschener Jogginghose und weißem Träger-Top am Tisch.

»Alles okay?« Sie schlägt die schlanken Beine übereinander und sieht mich an. »Du siehst blass aus.«

»Das liegt vermutlich an dieser dämlichen Einladung.«

»Aber vorhin hast du dich doch noch drüber gefreut.« Sie greift nach dem Brief und faltet ihn auseinander, um selbst einen Blick hineinzuwerfen. »Wo liegt denn das Problem? Hast du keine Lust hinzugehen?«

»Das Problem liegt darin, dass ich dann ganz sicher auch Denny über den Weg laufen werde.«

»Denny?« Sie nimmt ihr Glas in die Hand und umschließt es mit beiden Händen. »Ist das der Kerl aus deiner Vierer-Clique? Der, in den du damals so verliebt warst?«

Wehmütig lasse ich meinen Blick durch den Garten wandern. Der weitläufige Blumengarten, der hier und da von großzügigen Rasenflächen und flach wachsenden Apfelbäumen unterbrochen wird und von einem rostbraun lackierten Holzzaun umgeben ist, ist ein wahrer Ort der Idylle. Schon, als ich ihn damals das erste Mal betreten habe, wusste ich, dass dies ein kleines Stück vom Paradies sein muss.

Heute jedoch fällt es mir irgendwie schwerer als sonst, hier meinen Frieden zu finden.

»Anna?«

Ich schüttele meinen Kopf, als müsste ich mich selbst aus einem Traum wecken. »Ähm, tut mir leid, ich war wohl gerade in Gedanken.«

»Also?«, hakt sie nach. »Ist er es nun?«

»Wer ist was?«

»Na, dieser Denny. Ist das der Typ aus deiner Clique von damals?«

»Er ist aus meiner damaligen Teenie-Clique, ja. Aber mehr gibt es im Grunde nicht über ihn zu sagen.«

Ich stehe auf und bücke mich nach der grünen Gießkanne, die direkt neben der Häuserwand steht. Gedankenverloren schlendere ich zu dem Beet mit den Astern und fange an, sie zu gießen.

»Was tust du da?«, ruft Mindy mir zu.

»Wonach sieht es denn aus?«, murmele ich.

»Erstens haben Max und ich dir schon tausendmal gesagt, dass du den Garten gern mitbenutzen kannst, aber dich deswegen nicht verpflichtet fühlen musst, ihn auch zu pflegen. Und zweitens habe ich vorhin schon selbst gegossen.«

»Echt?« Ich stelle die Kanne neben das Beet. »Tut mir leid. Ich wollte mich nur ein bisschen ablenken. Außerdem fühlt es sich selbst nach zehn Jahren noch immer merkwürdig an, eure Einliegerwohnung zu bewohnen, aber mich ansonsten in keiner Weise zu beteiligen.«

»Beteiligen? Woran denn beteiligen?« Sie lacht ihr altvertrautes Lachen. »Du zahlst Miete hier, schon vergessen? Das ist Beteiligung genug. Und nur weil wir Freundinnen sind, ändert das nichts am Mietvertrag, Baby.«

Nun muss ich selber lachen.

»Ist außerdem ja auch nicht so, als hätte ich dir das noch nie erklärt«, fährt sie fort. »Bisschen neben der Spur heute, was?«

»Ist ja schon gut.« Ich hebe die Hände. »Ich wollte nur helfen.«

»Nun setz dich endlich wieder.« Sie legt die Hand auf meinen Stuhl. »Und erzähl mir endlich von diesem Denny.«

Widerwillig nehme ich wieder Platz, lege die Hände in den Schoß und seufze auf. »Also schön«, sage ich schließlich, »wo fange ich an?«

»Also, alles, was ich noch in Erinnerung habe, ist, dass du das einzige Mädchen in der Vierer-Clique warst. Ihr habt alle in derselben Kleinstadt gewohnt und gingt auf dieselbe Schule.«

»So ist es.« Ich schaue sie an. »In meiner Kindheit habe ich am liebsten mit Jungs gespielt. Und auch, als ich älter wurde, konnte ich mehr mit ihnen anfangen als mit Mädchen. Na ja, und so bin ich irgendwie bei Aaron, Finn und Denny kleben geblieben.« Ich zucke mit den Schultern. »Keine Ahnung, warum. Es war nie anders. Wir waren eben das magische Vierer-Team. Gingen in dieselbe Klasse, haben zusammen Baumhäuser gebaut und auch sonst eine Menge Blödsinn angestellt.«

»Bis irgendwann die Liebe dazwischenfunkte.« Mindy zwinkert mir zu.

Ich nicke betrübt. »Das war nicht geplant, weißt du. All die Jahre waren die Jungs wie Brüder für mich. Aber irgendwann …« Ich versuche, mich zu erinnern. »Wir hatten an dem Abend zusammen eine DVD geschaut. Finn und Aaron fanden den Film scheiße und waren schon eher nach Hause gegangen, aber ich bin noch bei Denny geblieben, um ihn zu Ende zu schauen.«

Mindy beugt sich über den Tisch und sieht mich aufmerksam an. »Und dann?«

»Na ja, passiert ist nichts, falls du das meinst.« Mein Blick wandert in die Ferne. »Aber an diesem Abend habe ich das erste Mal etwas in Dennys Gegenwart gespürt. Vorher waren wir einfach nur Freunde gewesen, die Hälfte einer Vierer-Clique. Aber an diesem Abend lag plötzlich etwas zwischen uns, eine ganz besondere Atmosphäre. Ich habe ihn auf einmal mit ganz anderen Augen gesehen.«

»Und? Hast du es ihm gesagt?«

»Nein.« Ich denke nach. »Ich konnte das alles damals noch gar nicht einordnen und habe auch lange Zeit geglaubt, dass ich mir das nur einrede. Ich habe das mit mir selbst ausgemacht, weißt du?« Ich werde wehmütig. »Aber irgendwann konnte ich es nicht mehr verdrängen und habe immer öfter seine Nähe gesucht oder Gelegenheiten geschaffen, bei denen wir nur zu zweit waren.«

»Aber er hat nichts geschnallt«, erinnert sie sich an eines unserer früheren Gespräche.

Ich nicke. »Zuerst fand ich es noch irgendwie süß, dass er so verpeilt war und auch meine Nachrichten mit den Herzchen darin nicht als das gesehen hat, was sie waren, sondern sie einfach als freundschaftliche Kommentare betrachtet hat. Aber mit der Zeit fing es an zu nerven, dass er jede meiner Gesten ignoriert hat.«

»Meinst du, er hat es wirklich nicht gepeilt?«

»Am Anfang dachte ich das noch, aber irgendwann war ich mir sicher, dass er mich einfach nicht auf dieselbe Weise mochte wie ich ihn. Na ja, und dann …« Ich halte die Luft an.

»Was und dann?«

»Dann ist sein Vater gestorben …«

»Das tut mir leid.« Sie zögert kurz. »War er krank?«

Ich falte die Hände ineinander. Selbst nach all den Jahren macht mich das Thema noch immer traurig.

»Er ist durch einen unglücklichen Unfall vom Dach gestürzt«, antworte ich schließlich. »Denny musste damals alles mitansehen. Das Schlimme daran war allerdings, dass die Leute sich das Maul darüber zerrissen haben und das Gerücht in Umlauf brachten, dass es Selbstmord war. Das hat die Familie besonders tief getroffen.«

Mindy sieht mich mitfühlend an, schweigt jedoch.

»Na ja«, ich schaue wieder auf, »in dieser Zeit habe ich meine eigenen Bedürfnisse natürlich zurückgestellt. Finn, Aaron und mir war es einfach nur wichtig, für Denny da zu sein und ihm die Freunde zu sein, die er so bitter nötig hatte. Aber irgendwie … ich weiß auch nicht … hat der Tod seines Vaters einen anderen Menschen aus ihm gemacht.«

»Was sicher nicht ungewöhnlich ist.«

»Unter normalen Umständen sicherlich. Aber bei Denny war das etwas anderes. Es war nicht nur die Trauer, die ihn so verändert hat. Gleichzeitig half er seiner Mutter auch dabei, das Ferienhaus, das die Familie damals betrieb, weiterhin am Leben zu halten. Seine Mutter arbeitete nach dem Tod des Vaters noch mehr als vorher, hatte am Ende zwei Jobs. So blieb das Ferienhaus vor allem an Denny hängen. Das ließ ihn praktisch über Nacht erwachsen werden.« Ich suche nach den passenden Worten. »Aber es war nicht nur so, dass er plötzlich wie ein Erwachsener war, sondern dass es schien, als wäre er zum Eisblock mutiert.«

»Eisblock«, wiederholt Mindy skeptisch.

»Ja. Du kannst dir nicht vorstellen, wie belastend das war. Ich meine, wir hatten anfangs natürlich viel Verständnis für ihn. Und die Jungs noch mehr als ich. Aber für mich wurde es zunehmend schwerer, einerseits so viel für ihn zu empfinden und andererseits mitanzusehen, wie ekelhaft er teilweise zu uns war.«

»Ekelhaft? Wie meinst du das?«

»Na ja, er war richtig arrogant zu uns. Wenn wir ihm etwas vorschlugen, um ihn ein bisschen von den trüben Gedanken abzulenken, watschte er das nur ab mit Kommentaren wie ‚Kinderkram‘ und so, selbst wenn wir nur ins Kino gehen wollten. Er versuchte ständig, uns zu erklären, dass er jetzt Wichtigeres zu tun habe, als sinnlos rumzuhängen. Dabei waren wir zu dem Zeitpunkt gerade mal siebzehn. Aber er hatte nur noch sein BWL-Studium im Kopf, obwohl er noch nicht mal mit der Schule fertig war. Und nebenbei ging es immer nur darum, was er aus dem Ferienhaus machen möchte, was er tun kann, um mehr Touristen anzulocken und so weiter, und so fort.«

»Klingt, als wäre er sehr ehrgeizig.«

»Ja, das war er schon damals. Und das ist ja auch toll. Aber unsere Freundschaft hat er total in den Sand gesetzt. Er hatte keine Zeit mehr für uns und ständig etwas Wichtigeres zu tun. Das Schlimme daran war«, ich schlucke, »dass ich mit jedem neuen Arroganz-Anflug von ihm noch verrückter nach ihm war. Wie das halt so ist mit den Kerlen: Wenn er sich nicht für dich interessiert, macht ihn das umso aufregender. Aber für mich wurde das Ganze irgendwann unerträglich. Ich habe seine kühle Distanz einfach nicht mehr ausgehalten und als ich dann die Möglichkeit hatte, nach der zehnten Klasse abzugehen und eine Lehre als Kauffrau für Bürokommunikation anzufangen, habe ich die Chance genutzt.«

»Hier in Rostock.« Sie lächelt.

»Ja.« Ich lächele ebenfalls, wenn auch nur kurz. »Das war damals vermutlich ein Wink des Schicksals, dass ich auch eine Bewerbung an ein paar Unternehmen hier verschickt hatte. Eigentlich wollte ich ja in Neukloster und Umgebung bleiben, aber dann dachte ich: Warum nicht die Chance nutzen und einfach hier verschwinden? Weg von all dem Gefühlschaos und diesem Typen, der nichts mehr mit dem Denny gemeinsam hatte, in den ich mich verliebt hatte.«

»Und so bist du dann bei mir gelandet.« Sie stupst mit dem Zeigefinger gegen meine Nasenspitze. »Stell dir vor, ich hätte damals nicht die Anzeige ins Netz gestellt. Du wärst nie auf unsere Einliegerwohnung aufmerksam geworden und wir hätten uns niemals kennengelernt.«

»Stimmt.« Ich werde sentimental. »Auch wenn ich mich oft frage, ob sich Dennys Zustand vielleicht doch noch verändert hätte. Vielleicht war seine Arroganz ja doch nur eine Phase, und wenn ich geblieben wäre, dann …« Ich unterbreche mich selbst. »Aber es spielt heute keine Rolle mehr. Vermutlich war es damals für uns das Beste. Dass ich etwas für ihn empfand, schien ihn ja nicht sonderlich zu interessieren. Und ihm ständig über den Weg zu laufen, wollte ich mir einfach nicht länger antun.«

»Und du bist dir sicher, dass er von deinen Gefühlen etwas wusste und es ihm egal war?«

»Wie hätte er es nicht wissen können? Ich habe so oft Andeutungen gemacht, ihn immer wieder berührt, seine Hand genommen. Ihm gesagt, wie wichtig er mir ist.«

»Und wenn er das alles nur als typisch weiblich betrachtet hat, aber eben nicht gecheckt hat, dass mehr dahintersteckte?«

Ich überlege kurz. Allein die Vorstellung, dass er wirklich nicht gemerkt haben soll, was ich für ihm empfinde, ist einfach absurd.

»Selbst, wenn es so gewesen wäre«, antworte ich schließlich, »ändert das nichts daran, dass er damals ein absolut kaltes Herz hatte. Ich konnte es einfach nicht ertragen, in seiner Nähe zu sein, wenn er so war. Vielleicht ist er heute anders. Vielleicht hat er den Tod seines Vaters inzwischen überwunden und ist wieder derselbe tolle Typ wie vorher. Obwohl ich einiges gehört habe, das eher auf das Gegenteil hindeutet. Aber …« Ich verfalle in Schweigen.

»Aber?« Mindys Augen werden größer.

»Ach, was weiß ich.« Ich lehne mich zurück. »Ich werde es sowieso nicht erfahren, weil ich auf keinen Fall zu diesem Klassentreffen fahren werde.«

»Du willst nicht dorthin?« Sie schaut mich mit offenem Mund an. »Aber ich dachte, du stehst immer noch mit Finn und Aaron in Kontakt. Die werden doch sicher auch da sein. Und deine Eltern …«

»Meine Eltern leben ein paar Dörfer von dort entfernt. Wenn ich sie besuche, achte ich jedes Mal sehr genau darauf, nicht nach Neukloster zu kommen, nur für den Fall, dass mir dort zufällig Denny über den Weg laufen könnte.« Ich grinse verzweifelt. »Albern, ich weiß. Dabei sitzt er vermutlich den ganzen Tag in seinem Büro und schwitzt über den Büchern. Krampfhaft darüber nachdenkend, wie er noch mehr Geld verdienen kann.«

»Na ja, irgendetwas scheint seine Verbissenheit ja gebracht zu haben: Du hast doch erzählt, dass er mittlerweile ein regelrechtes Ferienhaus-Imperium aufgebaut hat und stinkreich damit geworden ist.«

»Das ist halt der Vorteil, wenn man alles um sich herum ausblendet. Er hat es echt zu was gebracht.«

»Und das weißt du alles von Finn und Aaron?«

»Hauptsächlich von Finn. Er ist noch heute mit Denny befreundet. Finn war schon immer die treuste Seele von uns allen. Egal, wie mies gelaunt oder arrogant Denny auch ist, Finn lässt sich nie von ihm abwimmeln. Ab und zu bekommt er ihn sogar dazu, ein Bier mit ihm trinken zu gehen.« Ich versuche, mir die beiden gemeinsam in einer Bar vorzustellen. »Ich bewundere ja Finns Geduld. Ich hätte es niemals so lang an Dennys Seite ausgehalten.«

»Und was ist mit Aaron?«

»Na ja, der lässt sich ab und zu mal von Finn zu einem Dreier-Männerabend überreden, hat aber nicht mehr viel Kontakt zu Denny. Er findet ihn glaube ich genauso scheiße wie ich.«

»Scheiße«, wiederholt Mindy nachdenklich. »Ziemlich harte Worte.«

»Ich weiß.« Ich verziehe die Mundwinkel. »Aber das trifft es einfach am besten. Der Denny, mit dem wir damals befreundet waren, existiert eben nicht mehr.«

»Ich finde es allerdings sehr interessant, dass er trotz seines Erfolgs immer noch in derselben Kleinstadt wohnt wie damals.«

»Ich glaube, das liegt an seiner Mutter, die immer noch in dem Ort wohnt. Aber sicher bin ich mir nicht.«

»Und du willst wirklich nicht zu dem Treffen?«, fragt sie mich neugierig. »Wäre doch mal interessant zu sehen, ob er immer noch derselbe wie damals ist. Was auch immer dir Finn so über ihn erzählt, das sagt ja noch lange nichts darüber aus, wie dieser Denny in deiner Gegenwart wäre.«

Etwas in mir sträubt sich dagegen zuzugeben, dass ich mir diese Frage selbst schon tausendmal gestellt habe. Aber vermutlich ahnt sie es sowieso längst. Dafür hat sie mich im Laufe der letzten Jahre einfach zu gut kennengelernt.

»Erstens weiß ich gar nicht, ob er überhaupt da sein wird. Und zweitens glaube ich nicht, dass ich es ertragen würde, ihm wieder gegenüberzutreten. All die Wut wäre wieder da.« Ich nehme einen Schluck aus meinem Glas. »Und auch all die anderen Gefühle.«

»Komisch.« Mindy füllt mir etwas Eistee nach. »Und ich hätte schwören können, dass er wie ein Schatten über all deinen Beziehungen gelegen hat, die du in den letzten Jahren hattest.«

Ihre Worte treffen mich unerwartet.

»Was soll das denn heißen?« Ich schiebe mein Glas zur Seite.

»Ach, nun tu doch nicht so, als wüsstest du nicht, was ich meine, Süße. Du hattest in den letzten zehn Jahren nur zwei Beziehungen und eine … na ja, nennen wir es mal Affäre. Und nichts davon war von langer Dauer, weil du sie ständig mit Denny verglichen hast.«

»Ich habe sie doch nicht mit ihm verglichen. Ich habe mich einfach nur gefragt, warum es nicht mit ihnen funktioniert hat.«

»Offiziell vielleicht.« Sie sieht mich mitfühlend an. »Aber ganz ehrlich, Schätzchen, du hast ihn jedes Mal erwähnt, wenn mit einem der Typen Schluss war.«

»Echt?« Ich versuche, mich zu erinnern. »Und du bist dir sicher, dass …«

»Schon gut.« Sie lächelt aufmunternd. »Ich wollte keine alten Wunden aufreißen. Und erst recht wollte ich mich nicht einmischen.« Sie holt tief Luft. »Manchmal vergesse ich, dass du nicht mehr die Siebzehnjährige von damals bist, sondern inzwischen selbst eine erwachsene Frau. Und wer bin ich mit meinen gerade mal acht Jahren mehr auf dem Buckel, dir kluge Ratschläge zu geben?« Sie seufzt. »Tut mir leid.«

»Schon okay.« Ich lächele. »Du hast ja in deiner Funktion als Freundin gesprochen und nicht als die Erfahrenere von uns beiden, richtig?«

»Richtig.« Sie lacht. »Außerdem bin ich in Liebesdingen nicht wirklich die Erfahrenere von uns zweien. Als du und ich uns kennengelernt haben, war ich bereits seit vier Jahren mit Max verheiratet. Und das ist bis heute so. Er war mein erster richtiger Freund, den auch direkt vor den Altar gezerrt habe. Wenn hier irgendwer irgendwem Ratschläge in Liebesdingen geben könnte, dann du mir.«

»Sei nicht albern. Jeder beneidet euch um eure fantastische Ehe. Mich eingeschlossen.«

»Fantastische Ehe? Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass du es noch nie mitbekommen hast, wenn wir streiten.«

»Oh, du meinst die lautstarken Diskussionen, wenn mal wieder seine Mutter zu Besuch war?«

Wir fangen im selben Moment an zu lachen.

»Genau die meine ich.« Sie hält sich kichernd die Hand vor den Mund.

»Das ändert trotzdem nichts daran, dass ihr euch noch immer heiß und innig liebt«, stelle ich aufrichtig fest. »Und genau das will ich auch. Ich meine, jeder will das.« Ich lege die Hand auf meine Brust. »Nur hat dieser Wunsch eben rein gar nichts«, ich seufze, »und ich meine, absolut gar nichts mit Denny zu tun, okay?«

»Schon gut.« Sie ballt die Hand zur Faust und streckt sie theatralisch in die Luft. »Ich hätte nicht davon anfangen sollen. Tut mir leid.«

Doch in ihren Augen kann ich sehen, dass sie mir nicht glaubt.

---ENDE DER LESEPROBE---