Reife Lust | Erotischer Roman - Diane Red - E-Book

Reife Lust | Erotischer Roman E-Book

Diane Red

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 204 Taschenbuchseiten ... Die attraktive Klatschkolumnistin Marlene begegnet während einer Zugfahrt von Hamburg nach München dem charismatischen Nachtclubbesitzer Zoltan. Er bewundert die Journalistin und macht ihr ein Angebot: Sie soll als Ghostwriterin seine sexuellen Erlebnisse aufschreiben und durch ihre eigenen Erfahrungen ergänzen. Tabulos und voller Leidenschaft erzählen sie einander ihre erotischen Abenteuer. Als Marlene der Eröffnung von Zoltans neuem Nachtclub in München beiwohnt, erkennen die beiden, dass mehr zwischen ihnen ist als nur lustvoller Gesprächsstoff. Doch reicht die erwachte Begierde für mehr als einen One-Night-Stand? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 282

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Impressum:

Reife Lust | Erotischer Roman

von Diane Red

 

Diane Red stammt ursprünglich aus Süddeutschland, seit einigen Jahren lebt sie mit ihrer Tochter und ihrem Enkel in Bremen. Nachdem sie ihre erfolgreiche Karriere als Sängerin beendet hat, widmet sie sich ihrer neuen Leidenschaft, dem Schreiben. Dabei probiert sie verschiedene Genres aus und stellt fest, dass ihr das erotische Schreiben besonders liegt. Dabei inspirieren sie ihr eigenes aufregendes Leben und die Liebesgeschichten aus der Künstlerwelt.

 

Lektorat: Ulrike Maria Berlik

 

 

Originalausgabe

© 2023 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © putilich @ 123RF.com © wedninth @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783756112340

www.blue-panther-books.de

1.

»Irgendwann werden meine unersättlichen Lustgefühle nachlassen«, dachte Marlene, als sie über den Markt schlenderte und sich die Gemüseauslagen betrachtete.

Gurken, Zucchini, Bananen, alles, was eine nur annähernd phallische Form hatte, löste bei ihr Sexualfantasien aus. Aufgeschnittene Honigmelonen und Pflaumen erinnerten sie an feuchte Mösen. Runde, große Orangen mit ihrem ausgeprägten Nabel stellten für sie wollüstige Brüste dar.

»Wie gut, dass kein Mensch meine Gedanken lesen kann, sonst würden alle auf mich schauen.«

Marlene kaufte drei verschiedenfarbige Paprikas, einige Peperoni, Kartoffeln und Champignons. Heute wollte sie sich eine herzhafte Spaghetti-Soße zubereiten. Zumindest ihre Geschmacksnerven sollten feurig bedient werden.

Obwohl sie stark auf die sechzig zuging, hatte ihre ausgeprägte Libido noch nicht signalisiert, sich in Rente begeben zu wollen. Im Gegenteil. Erst in den letzten Jahren konnte sie ihre Lust noch besser steuern und souveräner mit ihrem Körper umgehen. Sie wusste, was sie erregte und was sie brauchte, um zu einem ekstatischen Höhepunkt zu gelangen. Sie konnte auf viele außergewöhnliche sexuelle Erfahrungen zurückblicken. Diese verdankte sie auch ihrem Beruf als Auslandsreporterin. Auf ihren Reisen lernte sie unterschiedliche Kulturkreise und deren Männer kennen, gelegentlich auch auf sexuelle Weise. Als ihr diese Tätigkeit zu anstrengend und zu gefährlich wurde, wechselte sie zum Klatsch-Journalismus und schrieb seither über die Skandälchen der Promis. Mit ihrer Klatschkolumne hatte sie einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Ihre auffällige Erscheinung trug dazu bei, dass sie selbst oft in der bunten Presse abgebildet war.

Sie verdankte es ihren guten Genen und dem regelmäßigen Sport, dass niemand ihr die Reife ihres Alters ansah. Wenn sie sich gut zurechtmachte, konnte sie mit vierzigjährigen Frauen konkurrieren. Groß, schlank, mit extrem langen, wohlgeformten Beinen ausgestattet und vollem rotblonden Haar, welches bis zu den Brüsten reichte, wenn sie es offen trug, fiel sie überall auf. In der Schule hatte man sie »Arielle« genannt, wie die Meerjungfrau, da ihre grünen, leuchtenden Augen der Märchenfigur nahekamen.

Bisher hatte sie keinen Grund, sich über ihr Alter Gedanken zu machen. Potenzielle Lover gab es immer noch auf dem Markt, die sie anturnten und gern mit ihr ins Bett stiegen. Nur waren die erotischen Ansprüche im Laufe ihrer vielen sexuellen Aktivitäten gestiegen. Lieber befriedigte sie sich selbst, als ihren Körper einem Stümper zu überlassen. Als junge Frau war sie nicht so wählerisch gewesen. Hauptsache, das Stehvermögen ihrer Liebhaber hielt durch, bis sie selbst nicht mehr konnte.

***

Sie erinnerte sich, wie sie schon als junges Mädchen an sich herumspielte und die Öffnungen ihres Körpers erforschte. Das erregte sie und verschaffte ihr ein angenehmes Gefühl beim Einschlafen. Marlene war damals stolz darauf, diese Entdeckung gemacht zu haben. Dieses Lustgefühl konnte sie sich jetzt immer verschaffen, besonders wenn sie dabei an gut aussehende, männliche Filmstars dachte. Sie testete oft ihre Wirkung auf Männer, ohne diese tatsächlich an sich heranzulassen.

Besonders der Nachbarjunge Michael stalkte sie. Von seinem Zimmer im Dachgeschoss aus hatte er einen freien Blick in Marlenes Garten. Sie wusste, dass er sie toll fand und heimlich mit dem Fernglas beobachtete, besonders, wenn sie sich sonnte. Ganz ungezwungen rieb sie sich mit Sonnenmilch ein und legte dabei ihr Bikinioberteil ab. Dann bemerkte sie mit zwiespältigen Gefühlen das Reflektieren seines Fernglases.

Seit ihrer frühen Kindheit pflegten ihre Eltern ein freundschaftliches Verhältnis zu den Nachbarn und auch die Kinder spielten miteinander. Ihre Schulzeit verbrachten sie gemeinsam, auch wenn Michael zwei Jahre älter war. Er half ihr bis zum Abitur bei den Mathe-Hausaufgaben, doch seine Schüchternheit ließ es nicht zu, sie anzubaggern, wohl auch, weil diese geschwisterliche Sandkastenfreundschaft ihm das Gefühl gab, bei ihr keine Chancen zu haben. Im Verhältnis zu seinen Altersgenossen hatte er noch nicht viel Erfahrung mit Mädchen. Seine sexuellen Bedürfnisse befriedigte er anscheinend selbst, indem ihn die provozierende Zurschaustellung von Marlenes wachsenden Brüsten so erregte, dass er sich in seinem Zimmer einen runterholte.

Marlene plante, wegen ihres Studiums bald in eine andere Stadt zu ziehen. Es reizte sie, Michael eine Art Abschiedsgeschenk zu machen. Als ihre Eltern für ein paar Tage verreist waren, nutzte sie die Möglichkeit, ihn zu verführen. Sie mochte ihn und verstand es als fürsorglichen Akt, ihm den Sex näher zu bringen. Eine Art, Aufklärungsarbeit an ihm zu vollziehen. Telefonisch ließ sie durchblicken, was sie mit ihm vorhatte. Schwer atmend, mit gerötetem Gesicht und Schweißperlen auf der Stirn stand er mit weit aufgerissenen Augen vor der Tür, als sie sich ihm nackt präsentierte. Sie zog ihn rein und bugsierte ihn zum Sofa. Kurz darauf saß er nackt neben ihr, ungeniert, bereit …

Brav sitzen blieb er nicht lange. Seine Hände glitten ihren Körper entlang, bis er ihren Eingang erforschen wollte. Sie ließ es zu und streichelte sein erregtes Glied. Dann warf sie ihn rücklings aufs Sofa und setzte sich vorsichtig auf ihn, bis sein Ding ihre Möse erobert hatte. Bis zur totalen Erschöpfung tobten sie sich aus, doch ohne Orgasmus auf seiner Seite.

»Wieso kommst du nicht zum Höhepunkt? Wenn du mit anderen Mädchen schläfst … Ejakulierst du da auch nicht?«

»Du bist die erste Frau, mit der ich gerade Sex hatte. Irgendwie bin ich blockiert. Ich kann nicht abspritzen.«

»Und wenn du es dir selbst machst?«

»Ich höre immer vorher auf.«

Verwundert akzeptierte sie diese Eigenart, denn sie selbst hatte ihren Orgasmus gehabt. Trotzdem wollte sie diesem Phänomen auf den Grund gehen und sie nutzte die verbleibende Zeit bis zur Abreise. Die beiden trafen sich nun täglich. Es war mühelos, ihn zu entflammen. Der blasse, fragile Student entpuppte sich als kraftvolles, ungezähmtes junges Tier. Nur zur Ejakulation kam es nie. Wenn sie ruppiger zu ihm war und ihn an seinen kleinen Brustwarzen zog, stöhnte er besonders lustvoll. Das brachte sie auf die Idee, es auf eine etwas härtere Gangart mit ihm zu probieren.

Eines Tages fuhren beide mit den Rädern in die freie Natur, bis zu einer Lichtung im Wald. Sie waren völlig allein und so sagte sie in befehlendem Ton, dass er sich ausziehen solle. Auch sie entblößte sich und holte zwei lange Schals aus ihrer Tasche.

»Fass den Ast über dir an!«

Er gehorchte sofort, und sie schlang die Tücher um seine Handgelenke und band sie am Ast fest. Dann brach sie einen Zweig ab und streichelte damit seinen zitternden Körper. Sie testete ihn, zunächst zärtlich, dann mit heftigeren Schlägen. Es zeichneten sich Spuren ab auf seiner Haut. Sein Stöhnen trieb Marlene weiter. Aber er schrie kein einziges Mal. Sein Körper wich nicht aus, sondern verlangte nach mehr und gab sich preis, reckte sich ihren Schlägen entgegen. Sie sah seinen Orgasmus aufsteigen, alle seine Muskeln zuckten, er sah sie mit weit offenen Augen an, es war der tiefste Blick in seine Seele, es war der höchste Moment ihrer beider Erregung. Sein weißer Strahl spritzte bis zu ihrem nackten Bauch und sie fühlte gleichzeitig die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen herunterfließen. Dann machte sie ihn los und gemeinsam fielen sie auf den weichen Boden. Den Duft dieser Erde hatte sie noch heute in sich. Gemischt mit dem Schweiß seines Wahnsinns. Sie lagen eine Ewigkeit so. Sonne flimmerte durchs Laub. Sehr allmählich hörten sie wieder den Wald, war das reale Leben wieder zurück.

Dieses Spielchen hatte Marlene gezeigt, wie unterschiedlich Lustempfinden sein konnte. Im Laufe ihres Lebens war sie noch öfters Männern begegnet, die weibliche Dominanz genossen. Jetzt wusste sie, wie sie den zarten Michael beglücken konnte. Wenn ihre Körper sich vereinigten, musste sie nicht befürchten, dass er sie schwängerte. Bis auf einen eventuellen Lusttropfen entleerte er sich nie in ihr. Wenn sie auf ihre Kosten gekommen war, genoss sie es, ihn mit quälenden Variationen von Dominanz zum Orgasmus zu bringen. Er wäre ihr hörig geworden, hätte sie dieses Spiel nicht beenden müssen. Der Tag ihrer Abreise war gekommen.

***

Inzwischen konnte Marlene auf über vierzig Jahre gelebter Lust zurückblicken. Ihr Kopfkino bot ihr genug Anschauungsmaterial, wenn sie sich allein in ihr Schlafzimmer zurückzog, umgeben von vielerlei erotischen Spielzeugen. Inzwischen brauchte sie nicht mehr täglich ihre Portion Sex, aber wenn sie es sich machte, ließ sie sich Zeit und bereitete alles vor, was sie stimulierte, angefangen mit einem ausgiebigen Bad in weichem, ölgetränkten Wasser, sanfter Musik und einem Cocktail als entspannendes Getränk. Danach gönnte sie sich eine Portion Austern, die sie genussvoll schlürfte und mit Champagner hinunterspülte. Erst danach beschäftigte sie sich mit ihrem Körper.

Als junge Frau bedauerte sie manchmal, nur kleine Brüste zu haben, auch wenn kein Mann dies als Manko kommentiert hätte. Inzwischen hatte sie etwas zugenommen, was ihrer Weiblichkeit durchaus zuträglich war. Ihre runden Brüste standen aufrecht und hatten an Volumen zugelegt. Auch ihr kleiner Arsch formte sich inzwischen zu einem geilen, prallen Herz.

Es gefiel ihr, sich selbst im Spiegel zu betrachten, indem sie sich vorstellte, die Augen eines Mannes auf sich zu spüren. Sie öffnete ihre Beine und betrachtete das feste Fleisch ihrer Vulva, die sich unter ihrem rotblond-gelockten Schamhaar öffnete. Die oft erprobte Weiblichkeit ihrer Lustgrotte bot sich ihr in perfektem Zustand dar. Die Blume ihres Anus präsentierte sich ebenfalls einladend und signalisierte, für erotische Stimulation bereit zu sein. Liebevoll streichelte sie dann diese verführerischen Eingänge, netzte ihre Finger mit Öl, drang mit ihnen in die Öffnungen, bis sie mit dem Mittelfinger die raue Stelle ihres G-Punkts ertastete. Marlene massierte sie so lange, bis ihr Kitzler auch danach verlangte, berührt zu werden. Die Perle hatte sich aus ihrer Umhüllung geschält und ragte keck in die Luft. Mit leichten Schlägen der offenen Handfläche forderte Marlene ihren Glücksbringer heraus, bis dieser sich wie ein harter Muskel anfühlte. Dann legte sie eine Pause ein, denn den Orgasmus wollte sie vorläufig noch nicht zulassen.

Wenn sich ihre Erregung wieder gelegt hatte, bediente sie sich ihrer verschiedenen Dildos. Ein kleineres Modell schob sie in den Arsch und genoss die Vibration, die sich auf den ganzen Unterleib verteilte. Mit ihren Fingern ertastete sie das Gerät durch den Eingang ihrer Vagina. Sie hatte ihre Beckenbodenmuskeln immer trainiert und konnte selbst überprüfen, wie sie ihre beiden Finger mit der Muskulatur umklammern konnte, wenn sie wollte. Mit dieser Fähigkeit hatte sie so manchen Mann in besinnungslose Ekstase befördert. Es war sicher für einen Penis etwas Besonderes, nicht nur durch den Mund einer Frau diesen Druck zu genießen, sondern ihn auch beim Vögeln der massierenden Möse zu überlassen. So konnte Marlene selbst bestimmen, wie hart oder sanft ihre Liebhaber zustoßen mussten, um ihr optimale Befriedigung zu verschaffen.

Wenn sie bereit war für die große Welle des sich annähernden Höhepunkts, brauchte sie noch eine Prise Schmerz. Sie heftete jeweils eine Brustklemme an ihre Nippel und kniete sich in Doggy-Position. Mit der Lederpeitsche schlug sie auf ihr Hinterteil, bis sich der Schmerz lustvoll ausbreitete. Dann kam ihr Kugelband zum Einsatz. Sie entfernte zunächst den kleinen vibrierenden Dildo, steckte diese Schlange aus tischtennisgroßen Bällen mit einem Ende in ihren Arsch und das andere Ende in ihre Pussy. Danach bewegte sie diese hin und her. Wenn die Welle ansetzte, sie zu überrollen, zog sie das Band heraus, drehte sich um und präsentierte ihr pulsierendes Geschlecht dem Spiegel. Der geile Anblick potenzierte ihre Lust und sie spritze ihre milchige Flüssigkeit aus der Vagina wie ein Mann. Dann fiel sie nach hinten auf den Rücken und bebte minutenlang nach. In solchen Augenblicken bedauerte sie es, nicht Mann und Frau gleichzeitig sein zu können. Diesen Anblick hätte sie gern einem Mann gegönnt, doch so nah war ihr bisher keiner ihrer Liebhaber gekommen. Es blieb ihr Geheimnis.

Während sie weiter über den Markt schlenderte, stellte sie sich vor, wie sie sich heute Nacht auf diese Weise verwöhnte, wenn die Peperoni in ihrer scharfen Mahlzeit ihr Gelüste auf sexuelle Befriedigung machte.

Allerdings sollte sie noch packen. Morgen musste sie mit dem Zug nach München fahren, wo sie die Schauspieler einer neuen Fernsehserie interviewen sollte. Diese Reise in die bayerische Metropole gab ihr auch die Gelegenheit, sich mit ihrer Patentochter Vanessa zu treffen, die dort Medizin studiert hatte und als junge Ärztin im Krankenhaus arbeitete.

Sie liebte das Mädchen wie eine eigene Tochter und unterstützte sie finanziell. Ihre Eltern waren bereits verstorben. Der Vater verunglückte tödlich bei einer Klettertour in den Alpen, als diese noch ein kleines Mädchen war, und die Mutter, Marlenes Schwester, erlag vor ein paar Jahren einem Krebsleiden. Marlene nahm ihre Aufgabe ernst, fortan noch mehr für Vanessa da zu sein. Ihre seelische Verbindung zueinander war vertrauensvoll tief, denn außer ihnen beiden lebte niemand mehr von der Familie.

Bei spannenden medizinischen Gesprächen über die Bedürfnisse des Körpers und wie diese vom Kopf abhängig waren, verbrachte Marlene viele Stunden mit ihrer Nichte, die ihr die körperlichen Zusammenhänge wunderbar erklären konnte. Kontrovers wurden die Gespräche, wenn es um die seelische Gefühlslage ging. Welcher Höhepunkt einer drogenartigen Anhäufung von Hormonen zu verdanken war und welches Gefühl man als echte Liebe bezeichnen konnte. Marlene berichtete ihr ohne Scham von ihren sexuellen Abenteuern und erfuhr von Vanessa, wie die Reaktionen zusammenhingen, welche unterschiedlichen Stufen der sexuellen Lust möglich waren. Auch ihre Nichte probierte so manches aus, experimentierte mit vielen sexuellen Spielarten, um die Erfahrungen dann mit ihrer Tante zu vergleichen und auszuwerten. Bisher hatte sie noch nicht den richtigen Partner gefunden, »The One«, wie sie es nannte. Zumindest hatte sie eine langjährige Affäre mit ihrem Chefarzt.

Obwohl sie fast durch ganz Deutschland reisen musste, um ihr Mündel zu sehen, nahm Marlene jede Gelegenheit wahr, von Hamburg nach München zu reisen. Den beruflichen Auftrag hatte sie auch aus dem Grund angenommen.

2.

Der Hamburger Himmel strahlte in frühsommerlichem Blau, durchzogen von ein paar dünnen Wolkenstreifen, als sich Marlene mit dem Taxi zum Bahnhof fahren ließ. Ihre große Maisonette-Wohnung, in einem der herrschaftlichen Gebäude der Altstadt, hatte sie vor fünfzehn Jahren gekauft, als sie beschlossen hatte, ihre Auslandstätigkeit aufzugeben. Dieses zentral gelegene Domizil verschaffte ihr die Möglichkeit, schnell mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Ziel zu kommen. In der Garage stand zwar ihr Cabrio, welches sie für gelegentliche Ausflüge in die Natur benutzte, aber es gab Wochen, in denen sie ihren Wagen nicht brauchte.

Sie hatte sich ein Ticket in der ersten Klasse mit reserviertem Sitzplatz gebucht. So konnte sie die lange Fahrt dafür nutzen, E-Mails zu schreiben und zu beantworten, die Schauspieler zu googeln, um sich auf Fragen vorzubereiten, mit denen sie ihre Interviewpartner konfrontieren wollte. Sie besaß das psychologische Geschick, die Angesprochenen in eine Atmosphäre des Vertrauens zu hüllen, sodass sie gern mehr erzählten, als ihnen lieb war. Das machte den Erfolg ihrer Kolumne aus. Niemand von ihren männlichen Kollegen konnte mit ähnlichen Erfolgen aufwarten.

In dem bequemen Großraumabteil der ersten Klasse angekommen, suchte sie ihre Sitznummer. Nur zwei weitere Fahrgäste stiegen zu, die sich weiter vorn niederließen. Marlene hob ihren kleinen Reisekoffer in die Ablage über sich, nachdem sie ihren Laptop herausgenommen hatte. Ihn und die Handtasche stellte sie neben sich. Unter ihrem leichten Mantel, den sie an den Haken hängte, trug sie ein grünes Kostüm mit weißer Bluse, das farblich wunderbar zu ihren rötlichen Haaren passte, die sie zu einer Banane hochgesteckt hatte. Sie entsprach der Vorstellung einer erfolgreichen Business-Frau und genau das beabsichtigte sie, als sie sich am Morgen für diese Kleidung entschieden hatte.

Jetzt war es kurz nach elf Uhr. Wenn keine Verspätung den Zug aufhielt, wäre sie am späten Nachmittag in München. Der ICE fuhr, ohne Umstiege, direkt nach München. Wenn Vanessa sich freinehmen konnte, würde sie ihre Tante vom Bahnhof abholen. Natürlich hätte Marlene bei der jungen Frau unterkommen können, aber sie wollte unabhängig sein und Vanessa nicht zur Last fallen. Die hätte sich bemüht, trotz ihres straffen Arbeitstags, eine perfekte Gastgeberin für ihre Tante zu sein. Das wollte sie ihrer Nichte nicht zumuten und zog es vor, sich nur abends, wenn sie beide Feierabend machten, zum Abendessen zu treffen.

Marlene freute sich auf die Fahrt, die alle Annehmlichkeiten bot. Vielleicht suchte sie später den Speisewagen auf und nahm eine Kleinigkeit zu sich.

Nach einer Stunde Fahrt erreichte der Zug den Hauptbahnhof in Hannover. Viele Reisende warteten auf dem Bahnsteig, bis der Zug zum Halten kam. Marlene schaute aus dem Fenster und ihr Blick blieb an einem großen Mann hängen, der gut gekleidet war. Er telefonierte mit seinem Handy und schaute etwas genervt auf seine Armbanduhr. Als er den Kopf hob, schaute er direkt in Marlenes Augen. Die Längsfalte auf seiner Stirn glättete sich und seine Mundwinkel deuteten ein bewunderndes Lächeln an. Wie ertappt schaute Marlene wieder auf ihren Laptop und versuchte, sich zu konzentrieren.

Der Mann stieg ein, betrat den Waggon der ersten Klasse und schaute sich nach der Nummer seines Sitzplatzes um. Das angedeutete Lächeln auf dem Bahnsteig verwandelte sich in ein breites Grinsen, als er feststellte, dass sein Sitz sich schräg gegenüber von Marlenes Platz befand. Er trug nur einen geräumigen Aktenkoffer, den er auf dem Tisch ablegte. Seinen Burberry Trenchcoat zog er aus und warf ihn lässig auf den Sitz neben sich.

Möglichst unauffällig begutachtete Marlene die eindrucksvolle Erscheinung ihres Reisegenossen. Er dürfte so um die fünfzig sein, was zumindest die Silberfäden in seinem schwarzen, dichten Haar vermuten ließen. Es war perfekt geschnitten und mit etwas Gel in Form gebracht. Sein kantiges Gesicht und die schmale, leicht gebogene Nase standen im Widerspruch zu seinen vollen Lippen, die Zartheit und Männlichkeit ausstrahlten. Er trug ein kariertes graues Jackett, welches an einem anderen Mann unmöglich ausgesehen hätte. Aber zu ihm passte es. Aus den Ärmeln lugten die Manschetten eines rosafarbenen Hemdes heraus und Marlene erkannte wohlmanikürte Hände, schlank, feingliedrig und trotzdem stark. Ein goldener Siegelring schmückte den linken Ringfinger. Ehering konnte sie keinen entdecken. Zu dieser eleganten oberen Hälfte trug er Jeans und Sneakers. Eine Kombination, die Marlene für geschmacklos gehalten hätte, würde ein anderer sie tragen. Dieser Mann durfte gar nichts anderes anhaben. Er sah perfekt aus und Marlene lief buchstäblich das Wasser im Mund zusammen beim Anblick dieses Sahnestückchens.

Sie riss sich zusammen und versuchte, wenigstens nach außen, einen konzentriert beschäftigten Eindruck zu machen. Wenn sie es sich nicht verkneifen konnte, einen Blick in seine Richtung zu wagen, traf sie der amüsierte Blick aus braunen Augen, die an dunklen Bernstein erinnerten. Er öffnete seinen Aktenkoffer und holte ein iPad heraus. Mit flinken Fingern tippte er darauf rum, hielt inne, las kopfnickend die angeklickte Seite, scrollte mehrmals hoch und runter, um sich dann zu erheben. Zu einer unbeweglichen Puppe erstarrt, bemerkte Marlene, wie der Mann zu ihr rüberkam und sie ansprach.

»Bitte entschuldigen Sie, gnädige Frau, dass ich es wage, Sie bei Ihrer Arbeit zu stören. Mein Name ist Zoltan Szabo. Sind Sie die berühmte Reporterin Marlene Berger? Sie kamen mir gleich bekannt vor, als ich Sie hier sitzen sah.«

»Ja, die bin ich«, antwortete Marlene, nachdem sie das Blut wieder durch ihre Adern fließen spürte.

»Dann hat mir das Schicksal doppeltes Glück beschert. Erstens, dass ich meine Reise nach München mit einer so attraktiven Begleiterin verbringen darf. Und es gibt noch einen anderen Grund … Entschuldigung! Unterbreche ich Sie gerade bei einer wichtigen Tätigkeit? Das täte mir leid. In dem Fall würde ich mich sofort wieder auf meinen Platz zurückziehen.«

»Nein, ganz und gar nicht, Herr Szabo. Ich vertreibe mir nur etwas die Fahrtzeit. Sie stören mich nicht.«

»Wenn dem so ist, möchte ich Sie fragen, ob ich mich zu Ihnen setzen darf? Dann kann ich Ihnen auch den zweiten Grund nennen, warum es eine glückliche Fügung ist, Sie in diesem Zug zu treffen.«

»Bitte, nehmen Sie Platz. Ich verstaue schnell mein Gerät. Dann können Sie mir sagen, was das für ein Grund sein kann.«

»Vielen Dank, gnädige Frau.«

Marlene fühlte sich durch die etwas altmodischen Manieren und die antiquierte Sprache ihres Reisegefährten in eine andere Zeit versetzt, genoss aber diese vorzügliche Hochachtung. Alles passte zu diesem Mann, vom Aussehen bis zu seinen Umgangsformen. So ein Mann war ihr noch nie untergekommen. Für sie kam er aus einem anderen Universum und ihre Warnsignale leuchteten auf. Vielleicht war das ein Heiratsschwindler oder etwas Ähnliches, der sich an betuchte ältere Frauen heranpirschte, um sie zuerst gefügig zu machen und dann auszunehmen. Also war erst einmal Vorsicht angesagt. Mit diesem vornehmen Getue konnte er bei ihr nicht landen. Er hatte sich als Zoltan Szabo vorgestellt. Ob das sein richtiger Name war? Das klang ungarisch. Auch sein Äußeres entsprach einem feurigen Ungarn, nur sprach er akzentfrei Deutsch.

»Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen«, sprach der aufregende Mann weiter und setzte sich ihr gegenüber in den bequemen Sitz des Zuges. Die weiter entfernten Mitreisenden bekamen von dieser Konversation nichts mit und so konnten sie in normaler Lautstärke miteinander sprechen. Jetzt war Marlene froh, sich businessmäßig angezogen zu haben. Nichts an ihrem Äußeren gab Anlass, sie unseriös anzumachen.

»Nun, gnädige Frau, ich möchte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, wie man so schön sagt. Darum schlage ich vor, wir unterhalten uns erst einmal wie zwei Personen, die zufällig den gleichen Weg haben. Vermute ich richtig, dass Ihr Ziel München ist?«

»Ja, Sie vermuten richtig. Ich werde aus beruflichen Gründen in München erwartet. Allerdings verbinde ich diese Reise auch mit einem privaten Anliegen.«

Instinktiv passte Marlene ihre Ausdrucksweise der ihres Gesprächspartners an. Innerlich bebte sie und musste ihre ganze Disziplin aufbieten, dieser Konversation eine entspannte Haltung zu verleihen. Er sollte auf keinen Fall merken, dass er ihre Libido geweckt hatte und sie ihn auf der Stelle vernaschen könnte. So einen Leckerbissen hatte sie selten vor sich.

»Dann haben wir ja den gleichen Grund, in die schöne bayerische Stadt zu reisen. Ich komme aus Berlin, wo sich mein Hauptwohnsitz befindet. Dort betreibe ich ein besonderes Etablissement. Ich beabsichtige, in München eine Zweigstelle zu eröffnen. Aber davon erzähle ich Ihnen später. Wie gesagt, ich habe Sie sofort erkannt und freue mich über dieses schicksalhafte Zusammentreffen. Sie sollten wissen, dass ich ein großer Fan Ihrer Kolumne bin. Auch sonst lese ich alle Ihre Artikel. Die Art, wie Sie schreiben und wie Sie formulieren, fasziniert mich. Ich beneide Sie um diese Gabe. Wie ich gerade auf Ihrer Webseite lesen konnte, waren Sie früher als politische Reporterin viel im Ausland. Da haben Sie sicher einige interessante Erfahrungen gesammelt?«

Zoltan Szabo schaute ihr mit einem vielsagenden Blick tief in die Augen. Marlene hielt den Atem an, da dieses feurige Funkeln direkt in ihren Unterleib fuhr. Errötete sie etwa? Oh, wie peinlich! Er sollte auf keinen Fall merken, welche Reaktionen seine erotische Stimme in ihr auslöste. Sie räusperte sich und schaute interessiert aus dem Fenster, obwohl es da nicht viel zu sehen gab.

»Dann wissen Sie schon eine ganze Menge über mich. Ich mache kein Geheimnis daraus. Es geht bei meiner Webseite nur um meine berufliche Laufbahn. Die darf jeder wissen. Doch ich vermute etwas anderes hinter Ihrer Bemerkung. Worauf wollen Sie hinaus?«

Marlene hatte sich wieder gefasst und erwiderte seinen Blick herausfordernd.

»Ich sehe schon, Ihnen kann man nichts vormachen, verehrte Frau Berger. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen meine Hintergedanken jetzt schon offenbaren kann. Möglicherweise würde ich Sie damit verprellen und mein schöner Plan wäre zum Scheitern verurteilt. Ein Vorschlag: Darf ich Sie zu einem kleinen Mittagessen in den Speisewagen einladen? Dort könnten wir unbefangen beim Essen plaudern. Ich kenne zwar Ihren Schreibstil, kann aber noch nicht abschätzen, wie tolerant und offen Sie sich verhalten werden, wenn ich Ihnen mein Anliegen offenbare. Dazu brauche ich noch ein paar Informationen.«

»Das ist eine wunderbare Idee. Ich habe Appetit und könnte eine Kleinigkeit vertragen. Es war sowieso meine Absicht, unterwegs in den Speisewagen zu gehen, auch ohne Ihre Einladung. Es ist immer eine schöne Abwechslung auf so einer langen Reise das Abteil zu wechseln. Unsere Wertsachen nehmen wir mit.«

Marlene hatte sich wieder völlig unter Kontrolle und war erleichtert, dieses unbeobachtete Beisammensein in eine unverfänglichere Öffentlichkeit zu verlagern. Als sie sich erhoben hatte und er ihr galant den Vortritt ließ, konnte sie seine Körpergröße erst richtig einschätzen. Für eine Frau war sie mit ihren ein Meter achtundsiebzig sehr groß, doch dieser Mann war mindestens einen halben Kopf größer als sie. Bei allen Männern, die in ihrem Leben bisher eine Rolle gespielt hatten, handelte es sich meistens um Exemplare ähnlicher Größe. Es störte sie auch nicht, wenn einer ihrer Liebhaber nicht ganz ihr Gardemaß erreichte. Denn sie war meistens die Tonangebende, bis zur Dominanz, wie damals bei ihrem jungen Freund aus dem Nachbarhaus. Jetzt genoss sie die beschützende Wirkung ihres großen Begleiters.

Der Speisewagen war bereits von vielen anderen Reisenden besetzt, doch sie fanden noch einen freien Zweiertisch am Ende des Waggons. Zwar konnte Zoltan Szabo ihr keinen Stuhl zurechtrücken, aber mit einer Geste deutete er ihr an, wo sie Platz nehmen sollte. Eilfertig kam der Kellner des Zugpersonals zu ihnen und fragte, ob es schon etwas zu trinken sein dürfte. Sie bestellten eine Flasche Weißwein und Mineralwasser. Tagsüber unterließ Marlene es normalerweise, Alkohol zu sich zu nehmen, aber im Moment hoffte sie, der Wein würde sie lockerer machen. Ihr Kopf und ihr Körper befanden sich in Aufregung, die nur durch ein entspannendes Getränk besänftigt werden konnte. Wie üblich hatte die Speisekarte nur eine begrenzte Auswahl an Speisen im Angebot. Beide entschieden sich für das Hauptgericht, welches im Zweifel immer besser war und schneller serviert werden konnte.

»Da wir jetzt so vertraut zusammen essen, darf ich Ihnen dabei auch persönliche Fragen stellen?«

»Sie können es versuchen. Wenn mir Ihre Fragen nicht passen, lasse ich Sie es wissen«, entgegnete Marlene. »Wenn Sie mir im Gegenzug erlauben, auch Fragen stellen zu dürfen, was Ihr Leben betrifft.«

»Das versteht sich von selbst. Es würde mich freuen, zu erfahren, was Sie über mich wissen wollen. Doch, wenn Sie gestatten, möchte ich beginnen. Wie steht es mit Ihrem Familienstand? Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder?«

»Nun, das sind wirklich sehr persönliche Fragen. Die Antwort ist auf beide Fragen: Nein! Ich bin nicht verheiratet und bin es auch nie gewesen. Mein Beruf ließ mir keine Zeit, es mit einer Familie zu versuchen. Zudem traf ich bisher keinen Mann, der mein unruhiges Leben mit mir teilen wollte. Demzufolge habe ich auch keine eigenen Kinder. Allerdings fühle ich mich trotzdem als Mutter für mein Patenkind, welches ich in München besuchen möchte. Sie ist die Tochter meiner verstorbenen Schwester. Auch ihr Vater lebt nicht mehr. Wir beiden Frauen sind nicht nur durch unseren Verwandtschaftsgrad verbunden. Ich liebe sie wie eine eigene Tochter und gleichzeitig sind wir Freundinnen, die jedes Geheimnis teilen.«

Herausfordernd schaute Marlene ihr Gegenüber an und versuchte, den gleichen Blick aufzusetzen, mit dem dieser Mann sie aus der Ruhe gebracht hatte. Sollte er doch denken, was er wollte.

»Das ist höchst interessant. Wenn ich persönlich auch finde, dass es eine Verschwendung für die Männerwelt ist, Sie allein durchs Leben gehen zu lassen, so kann ich auch den Vorteil erkennen. Ihre Ausstrahlung und Ihre Schönheit nur einem Mann zu überlassen, wäre egoistisch. Von Ihnen zu kosten, sei es auch nur einmal, bliebe jedem der Glücklichen unauslöschlich als kostbarer Schatz in Erinnerung. Es freut mich, dass es doch einen Menschen in Ihrem Leben gibt, der Ihnen etwas bedeutet und der Ihre Liebe verdient. Hatte jemals ein Mann das Privileg Ihre Liebe zu genießen?«

»Worauf wollen Sie hinaus, Herr Szabo? Ich kann doch einem wildfremden Mann keine persönlichen Liebesgeschichten erzählen.«

»Natürlich verstehe ich Ihren Protest. Wenn Sie mir nichts erzählen wollen, akzeptiere ich das. Ich möchte Ihnen nur versichern, dass alles, was Sie mir hier im Zug anvertrauen, unter dem Siegel der Verschwiegenheit passiert. Es ist für mich ein Experiment und eine Probe, ob meine Menschenkenntnis zutrifft. Bitte vertrauen Sie mir. Ich will nichts von Ihnen, was Sie später bereuen könnten. Ich habe ein bestimmtes Ziel im Kopf, welches ich Ihnen gleich offenbaren werde, wenn Sie sich auf meine Frage einlassen. Gab es in Ihrem Leben die wahre Liebe?«

»Gut, dann nehmen wir mal an, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich habe nichts zu verlieren, wenn ich Ihnen von meiner Liebe erzähle. Zumindest ist es ein unterhaltsamer Zeitvertreib, sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Wir können nicht beweisen, ob sie wahr sind. Vielleicht entspringt diese Story nur meiner Fantasie. Also hören Sie! Da gab es einige Affären in meinem Leben, die der viel zitierten Liebe sehr nahekamen. Die Letzte habe ich vor zwei Jahren beendet. Immerhin hielt diese Beziehung fast acht Jahre lang. Ich musste sie beenden, weil dieser Mann so viel jünger war als ich und sein Leben noch vor sich hatte. Er war sogar bereit, mich zu heiraten, auch wenn er dann auf Kinder hätte verzichten müssen. Um ihm diese Möglichkeit nicht zu verbauen, habe ich dieses Ende provoziert. Ich denke, meine Gefühle für ihn kamen so etwas wie Liebe schon sehr nahe.«

»Wie aufregend. Wie alt war denn der Mann und wie haben Sie sich kennengelernt?«

»Wollen Sie das wirklich wissen? Außer meiner Nichte kennt niemand die Geschichte dieser ›amour fou‹, dieser wilden Liebe. Ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Er war einundzwanzig Jahre jünger als ich und erst fünfundzwanzig, als ich ihn kennenlernte.«

»Würden Sie mir die Geschichte erzählen? Ich versichere Ihnen, sie wirklich vertrauensvoll zu behandeln. Niemand wird jemals davon erfahren, wenn Sie es nicht möchten.«

»Herr Szabo, Sie meinen, ich soll Ihnen ALLES über diese Beziehung erzählen? Auch die pikanten Details?«

»Ja! Genau das wäre mein Wunsch. Er hängt mit meinem Anliegen zusammen, auf welches ich danach zu sprechen kommen möchte. Wir sind momentan zwei Fremde im Zug, die diese gemeinsame Fahrt nutzen, Geheimnisse auszutauschen, ohne Gefahr zu laufen, ihre Offenheit hinterher zu bereuen. Es wäre mir eine große Freude, wenn Sie sich mir anvertrauen würden.«

»Das klingt überzeugend. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, mit Ihnen über meine intimsten Gedanken und Gefühle sprechen zu können.«

Jetzt, wo das Gespräch eine eindeutige Richtung einschlagen sollte, purzelten Marlenes animierten Gedanken durch ihren Kopf und das Bild von Asmed, ihrem jungen Liebhaber, stieg in einer Vehemenz in ihr auf, wie sie es schon lange nicht mehr empfunden hatte. Die knisternde Gegenwart des anziehenden Mannes ihr gegenüber hatte ihre Sinne bereits davor auf dieses eine ihr Leben bestimmendes Thema gelenkt.

»Gut, ich bin bereit, Ihnen meine Liebesgeschichte zu erzählen, unter einer Voraussetzung. Wir sollten uns duzen. Nur dann vermag ich es, von diesen privaten Abenteuern zu sprechen.«

»Vielen Dank für das großzügige Angebot, Marlene. Ich heiße Zoltan.« Er nahm ihre Hand und küsste sie, den Regeln entsprechend. »Ich kann es kaum erwarten, die private Marlene kennenzulernen.«

»Am besten, ich beginne die Geschichte damit, wie mein junger Freund und ich uns das erste Mal trafen.« Marlene begann zu erzählen.

***

Damals war ich noch als politische Journalistin tätig. Allerdings überlegte ich bereits, wie ich mein Betätigungsfeld ändern könnte, ohne den eigentlichen Beruf aufzugeben. Ich hatte den Auftrag, Migranten aus dem Kosovo zu interviewen, die in den Neunzigerjahren aus ihrer Heimat geflohen waren. Wir trafen uns in einem Hamburger Lokal in einem Nebenzimmer. Vier Männer unterschiedlichsten Alters und zwei jüngere Frauen nahmen an dem Treffen teil. Sie schilderten ihre Flucht und wie sie schließlich in Norddeutschland Asyl bekommen hatten. Ein schüchterner, junger Kosovo-Albaner fiel mir gleich auf, weil er mich anstrahlte, als sei ich eine Erscheinung. Neben ihm saß ein hübsches Mädchen, welches ich für seine Freundin hielt und darum immer beide ansprach, wenn ich etwas wissen wollte. Sie passten optisch sehr gut zusammen. Erst als meine Arbeit getan war und alle Anwesenden aufbrachen, blieb Asmed sitzen. Seine »Freundin« verließ ohne ihn das Lokal. Etwas verwirrt fragte ich ihn, ob sie beide nicht zusammengehörten. Er lachte und meinte, es sei reiner Zufall, dass sie sich hier begegnet seien. Davor kannten sie sich nicht. Ich nahm die Gelegenheit wahr, mehr von ihm zu erfahren.

Als neunzehnjähriger Mann war er vom herrschenden Krieg zwischen Serbien und dem Kosovo geflohen, an dem er aktiv teilnehmen sollte. Die Flucht gelang ihm mit der finanziellen Unterstützung seiner Eltern. Seine beiden Schwestern und sein Bruder mussten in der Heimat bleiben. Gerade hatte er sein Chemie-Studium begonnen, als er die Einberufung bekam. Er erzählte mir abenteuerliche Details von seiner Flucht und beeindruckte mich sehr mit seiner Geschichte. In Deutschland hielt er sich seit fünf Jahren mit den unterschiedlichsten Jobs über Wasser, vom Zugbegleiter, der mit dem Servierwagen durch die Abteile wandern musste, bis zu seiner Arbeit als Dachdecker, bei der er fast zu Tode gestürzt war. Um künftig eine ungefährlichere Arbeit finden zu können, setzte er seinen ganzen Ehrgeiz daran, die deutsche Sprache zu lernen. Dazu hatte er sich ein Wörterbuch erstanden und jede Gelegenheit genutzt, Vokabeln zu büffeln. Er nahm auch den Sprachunterricht für Migranten wahr. In den sechs Jahren in Hamburg hatte er ein fast fehlerfreies Deutsch gelernt. Er übersetzte auch die Aussagen seiner Landsleute bei dem Interview, wenn diesen der Wortschatz fehlte. Darin sah er seine berufliche Zukunft und in der Betreuung von Flüchtlingskindern.

Als es immer später wurde, machte ich ihn darauf aufmerksam, selbst nach Hause zu müssen. Ich bot ihm an, ihn mit meinem Auto in seine Unterkunft zu fahren, was er gern annahm. Natürlich gefiel mir der schöne Knabe, doch niemals hätte ich erwartet, bei ihm erotische Bedürfnisse auszulösen. Die Strecke bis zu seiner Haustür war ein Witz. Er wäre zu Fuß wahrscheinlich schneller da gewesen. Ich amüsierte mich, als ich das feststellte und wollte ihn aussteigen lassen. Niemals hätte ich vermutet, was er stattdessen tat. Er beugte sich zu mir hinüber und küsste mich. Ich erwiderte seinen Kuss und es begann eine wilde Knutscherei. Sein Drei-Tage-Bart raute meine Haut auf und ich befürchtete, hinterher ziemlich aufgeschürft zu sein. Als er meine Brüste anfassen wollte, stoppte ich ihn.

»Nicht so schnell, junger Freund. Bist du sicher, dass du mich haben willst?«