Rein Gold - Elfriede Jelinek - E-Book

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Elfriede Jelinek

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Beschreibung

Ausgehend vom großen Dialog zwischen Göttervater Wotan und seiner Lieblingstochter Brünnhilde im 3. Akt der «Walküre», rollt Elfriede Jelinek die Geschehnisse in Richard Wagners monumentalem «Ring»-Zyklus noch einmal neu auf und verlängert sie in unsere Gegenwart. Dreh- und Angelpunkt ist die Bedeutung von Gold und Geld, nach denen alles drängt und die so gut wie alle Handlungen vorantreiben. Ihre umfassende Wirkungsmacht reicht vom Kampf um den Nibelungenschatz in mythologischer Vorzeit über Karl Marx' Thesen in «Das Kapital», das fast parallel zu Wagners «Ring» entstand, bis hin zur heutigen Bankenkrise. In einem weitverzweigten Gedankenstrom und zugleich stets nah an Wagners Originaltext streift Jelinek in «Rein Gold» auch tagespolitische Phänomene wie das fragwürdige Finanzgebaren von Bundespräsidenten oder die brutalen Morde der Zwickauer Nazi-Terrorzelle, knüpft überraschende Zusammenhänge und kehrt doch immer wieder zu ihrem Leitmotiv zurück: der Geburt des Kapitalismus aus dem Geist eines Erlösungswahns. «‹Rein Gold› ist so maßlos wie das gesamte ‹Ring›-Unternehmen ... aber eine Überforderung, die zum Wesen der Kunst gehört.» Wiener Zeitung

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Seitenzahl: 305

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Elfriede Jelinek

Rein Gold

Ein Bühnenessay

Rowohlt E-Book

Inhaltsübersicht

B: Brünnhilde ...W: (macht sich ...B: Soll ich ...Richard Wagner: Der ...
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B: Brünnhilde

W: Wotan, der Wanderer

 

 

 

 

B: Ich versuche also zu präzisieren, das ist ein etwas delikates Gebiet, es fällt mir schwer. Also. Papa hat sich diese Burg bauen lassen, und jetzt kann er den Kredit nicht zurückzahlen. Eine Situation wie in jeder zweiten Familie. Die Leichen von Werkzeugen und Maschinen sind weggeräumt, die Riesen haben die Schaufelbagger ihrer Hände eingesetzt, was ihren ursprünglichen Träumereien sicher nicht entsprochen hat. Und was haben sie dafür gekriegt? Was war ihre Leistung? Was ihre Bezahlung? Das haben sie sich schon gedacht, daß dort andre Wanderer zugange sein werden, herumgehen, schamlose Wanderer, äh, Wandler des Rechts. Die Riesen werden ganz zuletzt kommen, wenn es ans Bezahlen geht. Beim Händeaufhalten werden sie die ersten gewesen sein. Es wird ihnen nichts nützen. Was ein andrer gestohlen hat, warum sollen sie es zurückgeben? Was zur Entnahme frei vorhanden ist, die schöne Frau, warum sollen sie die nicht haben, warum sollen nicht sie mit ihren Pfunden wuchern? Haben sie doch mehr davon als andere, sie sind schwerer, wuchern müssen sie gar nicht, entweder die Frau oder die Frau als Warenform oder die Frau in Warenform. Die Gärtnerin. Nein, die Äpfel bleiben erst mal hier, ohne die Gärtnerin wird aus ihnen kein Mehrwert sprossen, der Tauschwert dieser Äpfel, weiß den zufällig jemand? Er muß riesig sein, schon deshalb, weil es nichts gibt, mit dem sie sich messen, mit dem sie sich aufeinander beziehen könnten. Gebrauchswert null. Diese Äpfel kann man ja nicht essen. Gold. Wer es hat, gibt es nicht zurück. Eigentum ist Diebstahl. Dies die Kurzfassung. Dann wäre Ruhe. Die Dings, die Fricka, Gattin, das ist aber auch schon alles, was sie ist, macht Papa Vorwürfe wegen dem Kredit. Die Stimmung im Schloß unerträglich. Gezänk. Papa sagt: Du wolltest doch das neue Haus! Mama sagt: Ich habe dich vorher gefragt, du hast gesagt, du willst es auch. Irgendwo müssen wir ja wohnen. Ich muß zugeben, ich war auch froh, daß du dann nicht so oft aushäusig sein würdest. Fehler. Wir hatten die Opfer nicht bedacht, die uns das kosten würde. Das Eigenheim hat gelockt, und was ist gekommen? Tausende von seltsamen Kreaturen, die alle Ansprüche stellen. Jeder, der Ansprüche stellt, wird gleichzeitig deren Knecht. Auch ein Gott wird Knecht, und in dieser Kette hat schon der allererste gestohlen, doch einem Dieb etwas zu stehlen ist auch Diebstahl. Papa. Und hast du zurückgegeben, was du dem Dieb genommen? Du mußt ja Hunderte Schuldscheine unterschrieben haben, Papa! Weißt du überhaupt noch, wenigstens ungefähr, wem du was schuldest und wieviel? Kennst du dich noch aus? Was sagst du zu dem zeitlichen Mißstand, daß mit dem neuen Haus dein Schicksal schon ausgelaufen ist wie Milch aus einer lecken Flasche oder Leckeres aus dem Pappbecher einer eleganten Kaffeekette, deren Endglied man immer ist, als Endverbraucher, der sowieso immer alles zahlt? Auch wenn ihm der Becher runterfällt? Ein neues Haus zu günstigen Konditionen, man muß ja nur mit einem Menschen zahlen, der in Wirklichkeit gar keiner ist, sonst würde ja auch kein Hahn nach ihm krähen, wer würde da nicht zugreifen? Hast du dir so gedacht. Kein Wunder. Menschen gibts genug, diese aber nur einmal, diese Göttin, womit sonst hätte man die Riesen ruhigstellen können? Dem pauperisierten Arbeiter, den du natürlich nicht beschäftigt hast, und wenn, dann weit unter Kollektivvertrag, sonst wäre er ja kein Pauperl, dem wolltest du nichts versprechen, nein, dem hättest du nie was versprochen, du hast gleich Riesen engagiert, die alle anderen Arbeiter ersparen, einsparen, ersetzen, jeder Riese Tausende von Arbeitern (obwohl du sowieso, von Anfang an, ja, ich sehe es: obwohl du es eigens aufgeschrieben hast, wolltest du nichts davon halten, keine Verträge, keine Lohnabsprachen, keine Leihverträge, keinen Leasingvertrag, keinen Ehevertrag, da fängts schon mal an, nebenbei bemerkt!), und die zwei waren die Dummen, die Riesen, vorher dumm, dazwischen nichts gelernt, nachher auch dumm, den universellen Arbeiter, sagen wir: diesen dort, ein Arbeiter wie viele, bloß haben wir derzeit nur den hereinbekommen, einen, den niemand mehr sieht und seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat, den hast du zum Beispiel schon mal nicht beschäftigt, obwohl er seine Arbeitskraft schon so weit unter Wert abgesenkt hatte, daß er inzwischen bereits vollständig verschwunden ist. Seit Jahren hat keiner mehr einen richtigen Arbeiter gesehen! Wahrscheinlich hast du deshalb die Riesen genommen, den Riesen hast du auch irgendwas versprochen, da bin ich mir sicher, du versprichst ja dauernd irgendwas, das du nicht halten mußt. Andre hätten Maschinen eingesetzt, die hätten keine Forderungen gestellt, bitte, vielleicht ihre Herren, sie aber nicht! Doch wo die Maschine das Produktionsfeld ergreift, produziert sie chronisches Elend in der mit ihr konkurrierenden Arbeiterschaft, die verschwunden ist, um woanders ihre Kämpfe auszutragen, wo wäre sie denn sonst?, die müssen doch immer um Tarif- und Lohnabschlüsse kämpfen, zum Glück nicht hier, zum Glück dort, wo man sie nicht sieht, ihre Arbeit soll man sehen, sie aber nicht, auch Kinder soll man sehen, aber nicht hören, die sind selber wie Kinder, es hat keinen Sinn, sie zu beschäftigen, sie sind zu viele, gleichzeitig überall und fort, uns entzogen, die müssen sich zusätzlich auch noch an Gesetze halten, ich weiß, ich weiß, Papa. Wir oben müssen nur behaupten, das zu tun. Die dort unten, die Niegelungenen, die müssen es wirklich. Deswegen die Riesen? Ja? Weil die Zwerge so zerstritten sind, sagst du? Wann hätten die sich zerstreiten sollen, wo sie doch dauernd arbeiten müssen? Daß die sich nie einigen können und du deine Schulden nicht zu zahlen brauchst? Daß ihre Gewerkschaftsvertreter längst im Irrenhaus sind? Ihre Lieblingspartei haben sie gleich mitgenommen, stimmt! Du Wanderer, Wandler des Rechts? Na, wie ist es? Du wirst dich noch wundern, mit was die ankommen werden, Papa. Mit ihrer Schmiedekunst werden sie angeben, klar, schmieden, das kannst du nicht, das können nur die. Es gibt so viele Sorten Zwerge, und alle sind sich spinnefeind, und sogar kleine Verbesserungen in ihrem metallverarbeitenden Gewerbe, alles, wofür sie Spezialisten sind, alles, wofür sie Vorrichtungen haben, die ein besondres Geschick und eine sichere Hand beim Schmieden verlangen, laufen ins Leere, entzieht man sie dem leicht erregbaren und schwer zu bändigenden Handwerksmeister, um einen besondren Mechanismus damit zu betrauen, sagen wir: eine Maschine. So fein gebaut, diese Maschine, aber Feines bringt sie kaum zustande, außer vielleicht für die Frau, beim Nähen. Konkurrenz unter den Facharbeitern, ebenfalls Zwerge, aber etwas größere, logisch. Und so spezialisieren sie sich immer weiter und verdienen immer weniger. Müssen schon zu Tarnkappen, tonnenschweren Ringen, die ihnen die Finger brechen, und andren Sinnlosigkeiten greifen, müssen ihre leicht zu allerhand Unregelmäßigkeiten neigenden Hände durch absurde Verabredungen absichern, für den Fall, daß die Hände einmal nicht mehr funktionieren und durch Maschinen ersetzt werden müssen, die natürlich keine Fehler machen, aber ihrerseits leicht kaputtgehen. Was dann? Reparaturzwerge? Inzwischen sind diese Vorgänge so gut mechanisiert, daß ein Kind sie ausführen kann. Sogar der Siegfried, der nun wirklich ein technischer Idiot ist, kann es, braucht es aber gar nicht zu können. Der arbeitet mit spukhafter Fernwirkung, man sieht nur die Wirkung und ist entsetzt. Er ist ausgezogen, das Fürchten zu lernen, ist aber nie entsetzt. Kann nie eingesetzt werden. Während seine Maschine arbeitet, spricht er mit den Vögeln oder vögelt selbst, entschuldige. Aber wie nennst du einen, der nicht einmal weiß, wen er vögelt? Also ich weiß, wie ich den nenne. Und stehen dir die Schulden bis zum Hals, Papa. Du brauchst eine Riesensumme für die Riesen. Nach Adam Riese kannst du das nie abzahlen. Die Maschine ersetzt eine Anzahl von erwachsenen Beschäftigten durch eine noch größere Anzahl an Bedürftigen, die jetzt nichts mehr zu tun haben. Sie sind nicht einmal das Ersatzheer, das Entsatzheer, aber sie sind nur entsetzt, daß sie nichts mehr sind und nichts mehr gelten und kein Geld haben. Ausgebildete Handwerker, und wären sie nur in Zwergenform vorhanden oder vollkommen unhandlich, als Riesen, bei denen man das andre Ende im Nebel gar nicht mehr sieht, wenn man von unten nach oben zu ihnen hinaufschaut – das ist übrigens genau wie in unserem neuen Haus, es ist so groß, daß man von unten sein Dach im Nebel nicht mehr sieht, im Nebelheim, was nützt einem ein Haus, wenn man es nie ganz sehen kann?, wenn vor allem die anderen es nicht sehen und uns darum beneiden? –, na ja, Riesen, Zwerge, Maschinen, Wasser, Nebel, Regen, Wald, Tiere, all diese Wesen werden durch ungelernte Hilfskräfte an Maschinen ersetzt, die nicht einmal singen können wie ein Waldvögelein. Die können gar nichts, die Maschinen. Die Menschen werden trotzdem ersetzt, auch wenn gar nichts da ist, was sie ersetzen könnte, einer durch andre, viele durch alle, alle durch wenige, Ausgebildete durch Unausgebildete und wieder zurück, vom Unausgebildeten zum Ausgebildeten, Erwachsene durch Kinder, Gelernte durch Ungelernte und wieder zurück, von den Ungelernten zu den Gelernten, ganz wie man es braucht, die denken alle nicht, aber irgendwer lenkt sie. Sagt ihnen, was zu tun ist. Viele schaffen, einer schafft an. Ich weiß schon: du nicht, Papa! Du hast mehr Schulden als Haare am Kopf. Du willst das einsacken, was deine Menschheitsmaschine rausgeschmissen hat. Du willst deine Schuld nicht bezahlen und sagst auch noch, andre seien schuld. Du nicht. Immer andere, du machst Schulden, aber bestrafst die Schuld, die dann andere haben. Du machst, was du willst. Du willst von allem den Profit einstecken, nachdem die einen durch die anderen ersetzt worden sind, Männer durch Frauen, Frauen durch Männer, Kinder durch Geräte, aus denen ihre Stimmen dringen, egal, jedenfalls bis keiner mehr weiß, wohin er gehört, sich aber keine Sorgen macht, denn es wird ihm schon gesagt werden. Und du glaubst, dann weiß auch niemand mehr, wem du was schuldest! Den Riesenberg Geld, den Ring, die Schwägerin, den Ertrag der Apfelplantage, was weiß ich! Den Sturmmarsch, den du der Menschheit schuldest, damit sie den nicht machen muß! Donner macht dazu den Donner, Froh macht froh. Aber über deren Dummheit verliert keiner ein Wort. Aber sowas wie die Schuld, die Schuld, die Schuld, die man hat, das läßt sich nicht einfach in einen Koffer packen und forttragen wie das Geld, das man braucht, sie zu begleichen. Man kommt nie auf gleich, auch nicht mit sich selbst. Unsinnige Abmachungen, einander noch dazu widersprechend, wer soll sich da auskennen! Ich sehe Anwälte! Ich sehe die drei Weiber unter der Erde kommen, eine allein hätte mir schon genügt, ich hätte den Rohbau sofort so stehenlassen, daß es hereinregnet, die nicht auch noch!, ja, genau, die mit ihren Häkelarbeiten, und was wird draus? Nicht einmal ein Schal, nicht einmal ein Topflappen! Die raunen dumpf, natürlich angetrieben von ihrer Mama, der guten Erde, ich bin sie eh besuchen gegangen, weiß nicht, was sie hat, dauernd beleidigt, einfach so, und ich besuche die Erde noch immer, ihre Töchter im Hintergrund, sie führen ihre Teilwerkzeuge im Kehlkopf und machen von ihnen Gebrauch. Die können sich an ihren Stricken von mir aus gleich aufhängen. Was die sagen, geht mir am Arsch vorbei. Da hab ich doch irgendwo noch so ein Schwert gehabt, mit dem hau ich denen glatt ihr goldenes Seil durch und dann sie selber, ich hau sie alle durch, ist auch schon egal. Alles andre hab ich schon gemacht. Andere machen mehr, doch nützt es ihnen was? Der Arbeiter ist unverkäuflich, seine Ware aber kann jeder haben. Wieso dann die Verträge? Ich antworte für dich: Weil du sie nicht einhalten mußt. Das hättest du wirklich früher sagen können! Es ist so kompliziert. Die Arbeit ist da, doch der Arbeiter wird unverkäuflich wie außer Kurs gesetztes Papiergeld, und deine Verträge werden auch ungültig, Papa, allein weil du es so willst. Es ist keiner mehr über dir, auf dein Gebot entbrennen Feuer, schuften Riesen, hauen Zwerge einander in die Fresse. Aber das wird nicht gut ausgehen, Papa! Wir wissen alle, daß du das Darlehen, das nebenbei nie ausgezahlt, nur versprochen wurde, nie zurückzahlen kannst. Du wirst dir von deinen reichen Freunden helfen lassen müssen. Niedrigere Zinsen. Aber daß du eine solche Linke machst, so eine dicke Lippe riskierst, Papa, das hätte ich nicht gedacht. Daß du in die Kreditklemme kommst, nur weil du dich mit den Falschen eingelassen hast und inzwischen gar nicht mehr weißt, wer die Falschen überhaupt sind. Egal, du hast ohnedies nicht vor, etwas zu zahlen, und als Schuldner trifft man dich nicht an, weil du immer wandern mußt, auf Reisen bist, zuerst hast du das Haus gebaut, und jetzt bist du nie da. Die Richtigen interessieren dich außerdem nicht. Red keinen Blödsinn! Wer was verdient, bekommt es nicht. Wer die Braut freit, bekommt sie auch nicht, obwohl sie ihm zusteht. Lichtalben, Schwarzalben, Schattenalben, Blaualgen, diese Zwerge haben ja mehr Rassen als Hunde! Und allen schuldest du Geld oder was andres oder die Schuld an sich! Da kann ich nur gratulieren, Papa. Das hast du geschafft, daß du allen was schuldest, sogar dir selbst, und dennoch kein Schuldgefühl hast. Du hast einfach kein Gefühl für deine Schulden! Du wirst noch herabgestuft werden, aber ich wüßte nicht, von wem! Die Stufe wäre viel zu hoch für jeden, na ja, für dich vielleicht nicht, grade so eben kämst du davon. Wo du nicht bist, da ist nur noch der Tod. Wo du bist, auch. Tod satt, am Ende für uns alle, sonst hieße es ja nicht das Ende. Du bist der Traum, der Trost, die Hoffnung der Leidenden, aber wenn ich einmal schlafe, hinter deinem Feuer, durch das nicht einmal du dich mir nähern können wirst, wird mir das auch egal sein. Wärst du nicht Präsident, könntest du dir das alles nicht erlauben. Wärst du nicht Gott, könntest du wenigstens durch ein Feuer gehen, das du selber angezündet hast. Jetzt ein Meer erbitterter Hilflosigkeit, erlernter Sorglosigkeit. Du hast immer geglaubt, schon als du den Bau für dein überdimensioniertes Einfamilienhaus in diesem Kaff, dessen Namen ich vergessen habe, ein Name, von dem man denkt, es könne ihn gar nicht geben, in Auftrag gegeben hast, Herr Präsident, erst wenn das alles untergeht, werde ich mich wieder erinnern, also du hast immer geglaubt, du kannst dir alles erlauben, Papa, nur weil du Gott bist, ein Zerstörender, der das Gesetz einreißt, das er selber aufgestellt hat! Ich hatte nicht bedacht, daß du die Leute alle umbringen würdest, denen du was schuldest, zumindest dafür sorgen, daß das erledigt wird, der Tod ist ja das einzige, für das du Sorge trägst. Ist aber keine schlechte Methode, nur irgendwann endet sie halt, wenn keiner mehr übrig ist. Der Vorrat an Arbeitern ist unerschöpflich, zumindest scheint es so, weil wir keine mehr sehen, die Ungelernten sterben nicht aus, bloß von den Riesen gibt es nur zwei Stück. Die sind selten. Bald nur noch einen, der aber auch zerbrochen werden wird, vom Helden, nein, von sich selbst, vom andern Riesen, das Geschlecht ist somit ausgestorben, erklären wir, zerbrochen ausnahmsweise nicht vom Gesetz. Mit denen wirst du schon fertig, die sind ja bereits geschwächt! Sind angezählt. Du hast nicht ausgezahlt. Das wird sich für uns nicht auszahlen. Schau nur, wie sie rumkriechen wie Würmer, schleppen, auftürmen, mörteln, wasserwagen, wasserwiegen! Auch für die letzten Verschönerungsarbeiten am Haus wirst du noch einen Dummen finden! Ist ja immer so. Der Präsident in seiner Kanzlei: eine einzige Mafia! Der Gott an seinem Wanderstab: eine einzige Absurdität! Wo er doch das neue Haus hat, und wofür, wozu? Der eigene Wille als Herr des Menschen, seine Lust als sein einziges Gesetz? Lächerlich! Die eigene Kraft als einziges Eigentum? Na, wir haben ja gesehen, wohin das führt. Völker, hört, hört wenigstens einmal zu!, so, und sie haben es bereits gehört, na und? Ich kann endlich schlafengehen. Kein Wunder, daß du nicht nach Hause gehen willst, Papa, in dein frisch errichtetes Eigenheim! In dein Eigentum, keine Frage. Wenn der Mensch schon vernichtet wird, mitsamt seiner schaffenden Kraft, mein Gott, ich schreibe das hier wirklich hin!, aber wenn ich es nur sage, hörst du mir ja nicht zu, Papa, wenn der Mensch also mitsamt seiner Kraft vernichtet wird, dann muß er schon die Gewalt seiner Eigentümer zerbrechen. Das muß er zuvor noch unbedingt tun, nicht vergessen! Das können aber nur Riesen. Und von denen ist auch nur einer übrig. Du aber, ein Gott, wen solltest denn du zerbrechen? Was würde das bringen? Na ja, mit mir wirst du es machen, das seh ich schon. Und ein Mensch, natürlich ein Held, darunter tun wirs ja nicht, dieser Mensch soll mich da wieder rausholen, ein freier Mensch, ein Heiliger, der soll deine Scheiße dann zum Bahnhof bringen oder gleich an Abort und Stelle entsorgen, Papa, ein Erlöser! Her zu mir, wirds bald!, wir sind mit dem Erlösungswerk bereits in Verzug, aber des Menschen Werk ist und bleibt leblos. Zerstören kann man seine Ordnung, wegnehmen kann man ihm alles, anspornen kann man ihn zu allem, aber es kommt der Tod, er kommt für den Sklaven wie für den Herrn ganz gleich, aber nicht gleich, wer wer ist, grundsätzlich ungleich sind sie, er kommt für mich und den Herrn, den Erlöser, der keine Furcht kennt, obwohl er sie gerne kennenlernen würde, er ist ja sehr gesellig, je mehr, desto lieber: der, der kommen wird, ach, ich weiß auch nicht, und dann kommt für uns alle der Tod. Wozu also das alles? Ich weiß ja nicht einmal, was wozu. Ich weiß auch nicht, was kein Wunder ist. Der Erlöser wird es schon wissen, wo er was erlösen wird können. Kein Wunder! Nichts ein Wunder. Außerdem: Der Coup, Riesen zu beschäftigen, weil die keine Maschinen brauchen, ich weiß nicht, ob der so klug war. Im Moment schon, aber dann? Maschinen geben irgendwann Ruh, die Menschen nie. Natürlich waren die Zwerge sauer, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllt haben, du weißt schon, welche, und weil man ihnen dauernd alles weggenommen hat, was sie da geschmiedet hatten. Wie gern hätten sie das alles behalten, aber das ist nicht der Zweck von Arbeit, daß man das nur für sich selbst tut. Da ginge ja gar nichts mehr weiter! Die armen Zwergerln! Man hätte ja hundert von ihnen aufeinanderstellen müssen, um einen einzigen Stein aufzumörteln. Nein, das wäre nicht gegangen, obwohl man davor gut hätte in Leitern oder Feuerwehrwagen investieren können, die notieren ja an der Börse und nicht einmal schlecht. Goldschmieden im großen Stil vernünftiger. Gold braucht man immer. Moment, wo steht es grade, na ja, hat etwas nachgelassen, steht aber noch gut im Futter. Ist Futter gar. Gar nicht. Gold ist das meiste. Weißt du was, wir entführen es einfach! Aber einfach ist es nicht, also sollen es wieder mal andre machen. Rein und schuldlos waren sie alle, das behaupten sie zumindest, bevor das Gold geschmiedet wurde. Was jeder gebraucht hat, hat er bekommen, was dem anderen schadet, das tun sie jetzt. Erschlagen sich gegenseitig, die Riesen sind da nicht die ersten, die stehen schon auf einem Haufen Erschlagener, dabei müßten die sich nicht größer machen, als sie sind. Sollen sie doch gleich Gold machen, wenn stehlen dermaßen gefährlich ist, sowas belastet das Gewissen, mit dem du dein Einfamilienhaus allerdings auch nicht bezahlen kannst, Papa! Wer kauft sich was für dein Gewissen, Papa! Und vom Speer, wo du dummerweise alles aufgeschrieben hast – ich sag dir immer wieder: nur nichts Schriftliches! –, kann sich keiner was abschauen, der einen anständigen Betrug plant. Jedem sein eigenes Verbrechen! Die Erbtante Freia, die ja keine Erbtante ist, weil sie nie sterben wird, darauf kann man sich verlassen, die wird vielleicht zahlen. Wäre unklug, sie umzubringen, wenn sie gar nicht sterben kann, aber es wäre auch allgemein unklug, sie gehen zu lassen, weil ihr euch dadurch eures wichtigsten Kapitals begebt und Schönheits-OP