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Elfriede Jelinek

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Beschreibung

Der Landgendarm Kurt Janisch hat ein Auge auf den Grund und Boden allein stehender Frauen geworfen, und als Polizist weiß er, wo er sich seine Opfer holt: Auf den Landstraßen, wo er sich die Autonummern und Adressen der Frauen notiert, die er später aufsucht. Das erste Opfer ist eine Frau mittleren Alters. Um in den Besitz ihres Hauses zu gelangen, macht er sie sexuell hörig. Als das zweite Opfer, noch keine sechzehn Jahre alt, seine Pläne jedoch plötzlich gefährden könnte, schwimmt sie als Leiche in einem Plastiksack im See. Und ihr ehemaliger Geliebter schöpft Verdacht...

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Seitenzahl: 614

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Elfriede Jelinek

Gier

Ein Unterhaltungsroman

 

 

 

Über dieses Buch

Der Landgendarm Kurt Janisch hat ein Auge auf den Grund und Boden alleinstehender Frauen geworfen, und als Polizist weiß er, wo er sich seine Opfer holt: auf den Landstraßen, wo er sich die Autonummern und Adressen der Frauen notiert, die er später aufsucht. Das erste Opfer ist eine Frau mittleren Alters. Um in den Besitz ihres Hauses zu gelangen, macht er sie sexuell hörig. Als das zweite Opfer, noch keine sechzehn Jahre alt, seine Pläne jedoch plötzlich gefährden könnte, schwimmt sie als Leiche in einem Plastiksack im See. Und ihr ehemaliger Geliebter schöpft Verdacht …

Elfriede Jelineks tabuloser Roman ist Kriminalgeschichte, Porno und Trivialroman in einem: «Höllisch gut» (Cosmopolitan). Sie «liefert ein mitleidloses, von Assoziationen strotzendes Stück um Gier, Frauenfeindlichkeit und Spießertum» (Elle).

Vita

Elfriede Jelinek, 1946 geboren, hat für ihr literarisches Werk zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Georg-Büchner-Preis und den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2004 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Mai 2023

Copyright © 2000 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Lektorat Delf Schmidt

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung Klaus Detjen

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01527-2

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Dank an Andreas Marneros: «Sexualmörder», Elisabeth Pfister: «Unternehmen Romeo, die Liebeskommandos der Stasi», Ingo Wirth: «Tote geben zu Protokoll», «profil» (Paul Yvon). (E. J.)

1.

Der Gendarm Kurt Janisch schaut sich heut wieder einmal das Foto an, auf dem sein Vater, Oberst Janisch, dreißig Jahre zuvor vor dem König salutiert hat. Sieh an, da steht der Vater ja immer noch, offensichtlich gezwungen, vor seiner eigenen begeisterten Bewegung des Strammstehens eine Spur zurückzuweichen, doch wieso ist da nichts, das ihn aufhält? – er hat so etwas Weiches, Unentschiedenes in den Schultern, das ihn dann wieder nach vorn zu drücken scheint. Vielleicht wars nur eine zum oft geprobten Salutieren quasi als Zugabe gereichte unwillkürliche Verbeugung vor dem Monarchen. Der Sohn hat, wie er da im schlangenhaft gebänderten Jogger vor dem Kastl steht und seinen Körper bändigt, indem er ihn vor dem Laufen langsam aufwärmt, so gar nichts Dienendes mehr an sich. Der Vater hat das Dienen noch, mit hängenden Schultern, aber zupackenden Händen, über die staubigen Landstraßen und zu zerdepschten Autowracks hingetragen. Vielleicht ist der Sohn vielseitiger und kann auch befehlen, sein Äußeres macht mich neugierig: das ein wenig kantige Gesicht, durch das die Gedanken, die sich bei allen Menschen gern groß machen, bloß scheu hindurchzuschlüpfen scheinen. So. Aber der Wille wäre jetzt da, wozu wird er ihn benützen? Das Boot hat beigedreht, die Ampel ist angeworfen und steht dauerhaft auf Grün, der feine Unterschied zu andren Menschen vergrößert sich.

Der Gendarm wird von einer Art Gier, die unmerklich kam, doch schließlich, sogar für die Nachbarn merklich (Staunen über Pflanzenabkömmlinge im Vorgarten, von denen man nicht weiß, wo sie her sind, gekauft kann er die nicht haben!), blieb, inzwischen ganz beherrscht. Manchmal schaut einer im Grundbuch nach, was der Gendarm mit dem Buch des Lebens zu tarnen versuchte. Jetzt hat er angelegt, er hat seine Ziele ausgespäht. Die Ruder sind eingezogen, die Angel ist ausgelegt. Netze: ausgeworfen. Vielleicht war in dem Gendarmen ursprünglich Platz für andres, Schönes, Gescheites? Ein gutaussehender und scheinbar leichtherziger Mann, der Gendarm, wie er uns Frauen eben gefällt. Damit läßt sich arbeiten. Nicht nur zum Erhalt des Weltfriedens tischen Männer den Frauen Lügen auf, um sie von sich abhängig zu machen, während Frauen doch was Besseres anzubieten haben, ihr ganzes Denken und Fühlen und vieles aus bunten Wollen. Es ist ja verständlich, daß wir, vor allem die mit den älteren Geschlechtern, die nicht viel gesehen haben durch die kleinen Ausstiegsluken des Körpers, uns trotzdem Fremde bleiben müssen! wir liebeshungrigen Damen, wir kennen diesen Gendarmen (die Blüte der Landstraße verkehrt direkt vor seinem Einsatz-Wagen und wir sind nicht dabei) leider nicht persönlich. Keine Sorge, ich mach das schon: Um Ihr kleines Liebesglück, das, wie jedes andre auch, auf Täuschung beruht, nicht zu gefährden, übernehme ich jetzt lieber allein das Erzählen. Fallen Sie mir nicht ins Wort hinein! Ich sehe, um den Krieg zwischen den Körpern zu verhindern, im Moment noch nicht einmal genau deren Aufgabe. Nicht einmal diese Entschlossenheit in dem Mann, die ich bereits spüre, kennt derzeit noch recht ihr Ziel, aber ich weiß, sie sucht es seit langem und wird es im leichtest Verderblichen, dem menschl. Körper, finden. Wer sich selbst kennt, will danach sofort was vom andern, aber die anderen wollen es dann auch gleich.

 

Inzwischen sind sie übrigens beide tot, der König und sein Führer und Bewacher, der Vater des Gendarmen, der damals stolz die tänzelnden schwarzen Wagen vom Grazer Hauptbahnhof (der Staatsbesuch ist von Wien aus mit der Bahn über den Semmering gefahren) über die vorherbestimmte Murbrücke geleitet und dann formlos ins Zeughaus geschmissen hat, wo reiche Leute, vor Jahrhunderten schon, ihre Metallkleidung zur Aufbewahrung gegeben hatten. Wie kann man nur das Leben hassen, denkt soeben der Sohn, der vom Tisch des Vaters übrigblieb, und kehrt das Gesicht in den Bergwind. Hoch droben kann man durchs Mansardenfenster seines Hauses eine kleine Wildfütterung sehen, in die sich weiche Schnauzen graben, deren Besitzer und Besitzerinnen später erschossen werden, viele von ihnen, nur nicht die Muttertiere, die zu dieser Jahreszeit noch von ihrer Mutterschaft beschützt werden. Andre sind allein. Sogar Tiere suchen oft, zu Unrecht, die Nähe des andern, und auch der Gendarm freundschaftelt gern im Gasthaus herum und macht kleine zusätzliche Geschäfte (mit Uhren und Juwelen lieber in die Kreisstadt! Wo einen nicht so viele Leute kennen). Er wird von vielen deshalb für einen guten Kameraden gehalten, bei dem es gebrauchtes Bauwerkzeug mitsamt Baustoffen billiger gibt. Doch wenn er sich ehrlich innerlich bereist, muß er feststellen, dort ist es so dunkel, daß man gar nicht weiß, wo man grade ist. Kein Wunder, daß er sich immer wieder, etwa in Monatsabständen, durch kämpferisches, aber wenig zielgerichtetes Durcheinandertrinken etwas illuminieren muß. Die Kollegen sehen dieses Dunkle in ihrem Kumpel nicht, vielleicht ahnen sies manchmal, und ihren Frauen, die ein Gespür dafür haben und davon kräftig angezogen sind, bis sie zu einem hitzigen Haufen werden, wollen sie nicht glauben. Wer alles nur durch Lesen kennenlernt, soll das jetzt gefälligst tun.

 

Täusche ich mich, oder hat man vor Jahren hier etwas gefunden, das sich nie aufklären ließ? Was muß ich sehen, wenn ich diese alte Zeitung aufschlage? Da schimmert ein helles Gesicht unter dem untersten Saum von Fichtenzweigen, wie ein kleiner Mond, das Gesicht erzählt von etwas, aber es kann es nicht mehr weitersagen, denn eine schwere Hand wurde auf die Kehle gelegt, Kleider wurden heruntergerissen, die Züge des Antlitzes erschüttert; Gleise, die vielleicht gutmütig freie Fahrt gewährt hätten, hätte man sie nur darum gebeten, wölbten sich auf, brachen, während an den Wurzeln des Körpers, den Beinen, gezogen und gerüttelt wurde, bis das Maß voll war, bis die bröcklige Erde abging. So, wo ist jetzt der Beutel mit dem Humor, den wir bei der polizeilichen Anzeige vorhin noch gehabt haben? Wo ist der Humus zum Eintopfen? Jeans, in die absolut nichts mehr hineinzugehen scheint, lösen sich an den Nähten auf, ein Rock fliegt empor, fällt vom Himmel wieder auf die Erde, macht wilderwillig, weil dafür nicht geschneidert, einen Sack, in den dann das Gesicht der Frau hineinkommt. So, und wo machen wir jetzt den Stempel hin, daß diese, eine ursprünglich vielseitig Interessierte, sich künftig nur noch nach Schlaf sehnen wird, weil sie das Gegenteil von Schlaf, äußerste Aktivität, bis in diese letzte Seins-Wurzelfaser kennen- und grundsätzlich abzulehnen gelernt hat?

 

Es macht den Gendarmen manchmal nervös, daß die Dörfler ihn so gar nicht kennen, obwohl seine ursprünglich angestrebte Tarnkleidung ja Güte und Freundlichkeit war, und dann trinkt er wieder zu lang weiter, notfalls allein. Es ist von Frauen, auf deren Grund und Boden er ein Auge geworfen hatte, bereits der Boden zwischen und unter seinen Füßen gekost worden, solang bis er ihm zu heiß wurde. So ein energischer, großer Mann, der beinahe jedes Geschehen auslösen kann. Eine Auserwählte, die vorher ein wenig zu lange im Schaufenster gelegen ist, bis zu viele sie gesehen und auch nicht mitgenommen hatten, kennt inzwischen nur mehr den einen Quadratmeter vor dem Telefon, und der ist auch längst durchgeschmort vom Hin- und Herrennen, und dann noch den Weg von der Tür und das schöne Bett, das, samt neuer Satinwäsche, in der Kreisstadt eigens für zwei gekauft worden ist. Wozu braucht man den Rest.

 

Zu hassen ist nicht gut, aber erst wenn Sie mir sagen wen, kann ich wirklich sagen, ob es gut oder schlecht ist. Es gibt manchen die Energie, die sie brauchen, wie ein Marsriegel, der vom Kriegsgott direkt kommt und in die Figur des Menschen abstürzt, bis diese zerflossen ist. Der Pilot kann sich auch mit dem Schleudersitz nicht mehr retten. Man kann mit dem Gehasse aber ganz schön alt werden. Es vertreibt die Zeit, die aber sowieso davonrennt, wenn sie uns nur sieht. Jeder glaubt ja, er wäre unter Freunden, falls er einmal an einen nach außen hin Friedlichen gerät, der ein Amt bekleidet und Frauen auszieht, die sind dann immer ganz hin danach. Weshalb also hassen, außer im Krieg, welcher derzeit wieder einmal veranstaltet wird und der alles in uns, und das ist viel, je nach Wut der Gegenseite, hervorschießen läßt und sich nur durch die äußerste Lebensliebe und einen selbstgenähten eisernen Vorhang wieder eindämmen ließe. Sowas haben wir aber auf unserem Lager nicht vorrätig, dort liegen nur zwei extrem weiche Daunendecken, falls mal zufällig wer vorbeikommt. Stattdessen haben wir gegenseitige Feldzüge im Angebot, bis das Feld zwischen uns zertrampelt ist. Von Regen und unsren Wünschen nach dem Eigentum des Nachbarn ist es jetzt auch noch aufgeweicht. Eignet sich nicht einmal mehr fürs Schlachten. Aber der Nachbar muß sowieso nachgeben, wir haben ihm mit der Polizei gedroht, wenn er die Mauer mit dem häßlichen Zaunaufbau nicht abnimmt, weil er damit unsre Aussichten stört. Durch Offenheit, Fleiß und Fröhlichkeit, welche der Gendarm gerne den anderen vorspiegelt, soll die Lebensliebe andrer ihm gegenüber erzeugt werden, doch von dieser Ware ist wenig vorrätig. Die Flammen schießen im Gameboy schon hoch, in dem unser eigenes Leben simuliert wird, doch was für ein schreckliches Gesicht schaut von uns aus da zurück? Kein Gesicht schaut dem Gendarmen, der süß im Traum von Machtund Größe schläft, von uns aus zurück, denn dieser Mann interessiert uns, zu Unrecht, noch nicht. Wenn er sich den Bauplan für unsere Schaltungen und unser Häuschen und unsre Eigentumswohnungen besorgt haben wird, könnte sich das rasch ändern. Ich hoffe, ich schaffe es, daß Sie auch noch einen glücklichen Moment von ihm erleben! Aber ich bezweifle es, ich mag ihn jetzt schon nicht. Das wirft man mir oft vor, daß ich dumm dastehe und meine Figuren fallenlasse, bevor ich sie überhaupt habe, weil sie mir offengestanden rasch fade werden. Vielleicht gerade jetzt, da der Staatsdiener sich über den fremden Bauplan beugt, den er gestohlen hat, vielleicht ist er jetzt glücklicher als wir? Und das soll uns interessieren?

 

Doch ich fürchte, erst wenn im Namen der Republik zu ihm gesprochen werden würde, hätte es unsre Gemeinschaft der Lebenden zu beschäftigen, und das kann lange dauern. Ich fülle die Zwischenzeit mit meinem unergiebigen Gesang. Alles was recht ist, aber manchen ist es nicht gegeben, Lustigwandler zu sein, obwohl die Schneeglöckchen, jawohl, wir haben derzeit Frühling und freuen uns darüber, ihre kleinen Baggerkrallen dem Boden entgegenstrecken, als wollten sie den Boden aufnehmen, statt daß es ihnen früher oder später unter einer Schuhsohle so ergeht. Kurt Janisch fragt sich ja manchmal selber, woher dieses Finstere wohl kommt (für das er durch seinen Beruf einen gewissen Freibrief hat, und das immer, wenn man glaubt, jetzt ist die Birne aber hin, zusätzlich noch mehr verdunkelt wird. Wer läßt schon in der Nacht die Rouleaus runter? Nur einer, der am Morgen das Licht des Tages scheuen wird!). Er kommt nicht drauf. Die Eltern haben ihn nicht eigentlich geringgeschätzt, sie haben ihn auch nicht ermuntert, zu nichts, auch nicht, in seinem früh schon recht feschen Aussehen nur immer weiter fortzufahren, es werde schon jemand kommen und ihn autostoppen, ein nettes Mädel vielleicht. Es wird sie gewiß jemand brauchen können, diese geisterhafte, helle, lockige und doch auch robuste Erscheinung, für die der Mensch nichts kann, der Gendarm aber schon, weil er sie laufend trainiert. Gott hat sie ihm mitsamt seinen Geboten gegeben, damit der Mensch über seiner Erscheinung das Folgsamsein wieder vergißt. Besonders die Frauen tun viel für ihr Äußeres und folgen damit einer zu allem entschlossenen Industrie, deren Produkte einander dauernd widersprechen, wieso wären es sonst so viele? Der Gendarm denkt über seine Taten, mit denen wir uns zu beschäftigen haben werden, nur selten nach, bleibt lieber an der Oberfläche, wo er mit dem Kamm durch sich fährt, Furchen in seinen kräftigen dunkelblonden Haarwuchs ziehend wie Hämmer in den Fels. Der Kamm ist vorher angefeuchtet worden, auf dem Kopf schauts dann aus wie Regen, vor dem man sich doch zu schützen gehabt hätte. Jetzt hat der Gendarm selbst schon einen recht hohen Rang erklommen, und sogar sein erwachsener Sohn hat bereits einen guten Posten, wenn auch nicht beim Postenkommando, wo er mit dem Amt des Vaters leider kollidieren würde. Ja, und was ich noch sagen wollte: Ein Häuschen hat der Sohn auch schon, super, wenn es ihm auch noch nicht richtig gehört, es ist auf Leibrente erworben. Aber der Leib, der derzeit noch Eigentümer des Hauses ist, hat danach leider und unerwartet, mit wechselndem Erfolg, aber im großen und ganzen doch recht tüchtig weitergelebt, obwohl er ursprünglich nichts als eine Ruine schien: eine alte Frau, die nur noch selten an die Luft hinauskommt, obwohl sie täglich Gassi zu führen eigentlich die Aufgabe der Schwiegertochter des Gendarmen wäre, man kann ja nicht alles alleine machen. Man kann sie auch noch nicht z.B. mit Maiglöckchenblättern umbringen, es wäre zu früh, es entstünde Gerede in dieser eng begrenzten Gemeinschaft, und die Menschenhaufen würden zu einem schwer durchdringlichen Spalier (allerdings ertragreich mit gutem Obst behangen!) zusammenwachsen, einer undurchdringlichen Hecke, die den Täter wie ein Fangnetz zuerst vor sich selber schützt und dann, wenn er sich nichts angetan hat, der Gerechtigkeit ausliefert. Der Gendarmensohn hat eine Frau, die Gott und der Jungfrau gehört und sich jeden Sonntag früh und jeden Tag abends in der Kirche vor dem Tabernakel unblutig opfert. So wurde sie erzogen, und sie hat mit ihrem Willen vereinbart, dies freiwillig weiter zu tun, auch ohne den Zwang der Nonnen, die sie feingeschliffen haben, damit sie dereinst durchs Himmelstor paßt. Sie hat vor zehn Jahren ein Kind geboren, einen Sohn, was alleiniger Sinn und Zweck der Ehe ist. Es hätte gern auch eine Tochter, es hätte gern auch ein bissel mehr sein können. Daß man einer alten Frau die Windeln wechseln muß, davon hat Gott nicht gesprochen. Deswegen hat die junge Frau einen so harten Schädel, die Meinungen der Kirche sind ja überhaupt das Festeste, was es gibt, da kann die Alte ruhig bis zum Abend in ihrer eigenen Scheiße liegenbleiben, oder gleich bis sie rostet, wir gehen jetzt in die Abendmesse, bis zum Bettgehn muß sie durchhalten, die Alte, nicht die Kirche, die hält schon viel länger stand und braucht auch keine Windeln. Denn sie nimmt und nimmt und gibt niemals her, was sie einmal hat. Von ihr haben wir es vielleicht gelernt, nein, das haben wir schon vorher gekonnt. Und der Sohn, sagen wir einmal wie er heißt, Ernst Janisch heißt er, hat seinerseits den Sohn Patrick, aber die Frau gehört zur Hälfte und die uralte Frau zu sieben Achterln Gott. Zwei Liter täglich schluckt die mühelos weg, die muß man ihr geben, sonst tobt sie; das ergibt eine Menge Ausscheidungen, wenn man nicht aufs Klo darf, weil es ein Stockwerk darunter in der derzeitigen Wohnung der Gendarmenkinder eingebaut ist, wo es viel öfter gebraucht wird. So hat die alte Frau sich das nicht vorgestellt, als sie ihr Schicksal indirekt in die Hand einer Amtsperson legte. Es soll aber keine Untersuchung sein, was ich hier schreibe. Die Diagnose ‹beginnende Leberzirrhose› steht sowieso fest, denke ich. Wenn Gott das letzte Achterl von der Alten noch schafft, wird er selber so weggetreten sein, daß er auf nichts mehr achten und viele Missetäter übersehen wird. Egal. Dieses Haus wird dann ganz dem Gendarmensohn gehören, endlich, der teilt dann niemals mehr, nichts, nicht einmal mit diesem Gott, kassieren können wir selber. Der Gott, der kriegt unsre Sünden, das muß ihm genügen.

 

Nichts von all den vielversprechenden Besitztümern, die in Aussicht stehen, es sind beträchtlich mehr, als ich hier aufzählen könnte, ist derzeit schon ganz ausbezahlt oder hat sich ausgezahlt oder steht auch nur wirklich in Aussicht, mit Ausnahme des Ausgedinges der alten Frau, die, wenn nicht Großes vorfällt und der Herr ein Wunder wirkt, der Ewigkeit und auch sonst verfallen scheint. Für diese ewige Seligkeit ist von der Schwiegertochter des Gendarmen immerhin eine schöne Anzahlung entrichtet worden, und zwar in Form eines Stücks Sohn, der noch ein Kind ist, Gott besonders wohlgefällig. Gott schrubbt seine Seele in der Beichte, der Priester durchforscht sie nach schmutzigen Gedanken und sagt ihm, nachdem er sich selber in der Dunkelheit der Seele, seinem liebsten Ort, einen runtergeholt hat, der Sohn solle sich bitte in die Schlange der Kindlein hinten einreihen, wo man leicht an ihn rankommt; eine zischende, boxende Schlange ist das, die der Pfarrer einmal wöchentlich in der Kindermesse empfängt und, mit der flachen Hand gebraucht, wieder heimschickt, wenn jemand schwätzt oder unliebsame Wahrheitenweitertratscht. Sind diese Habseligkeiten nicht vielleicht doch eher Hypotheken auf dem Weg eines noch jungen Mannes, der selber dringend etliche Hypotheken benötigen würde, um sich ein wenig zu entlasten? Für ihn sind ja sogar Vorhänge schon eine revolutionäre Entscheidung, er brauche nur das Nötigste, sagt er immer, und das sind der Haus- und der Grundbesitz. Ansonsten ist er geizig, der Monteur, der Ingenieur, und sein Vater ist es noch mehr. Dessen Frau muß den Vorgarten mit Ablegern zieren, die sie in der Baumschule, als würde sowas nicht dauernd in der Welt im großen Stil passieren und uns eine Warnung sein, heimlich aus den Töpfen rupft. Will dieser Menschensohn etwa das Häuschen behalten, Frau und Kind aber loswerden? Soll es so schnell mit seiner gesamten Treue aus sein? Er hat die Familie doch noch gar nicht so lang! Vielleicht kommen ja noch mehr Kinder! Wir werden es erfahren oder auch nicht, je nachdem, ob ich mich verständlich ausdrücken kann und die handelnden Personen nicht dauernd verwechsle, derzeit sieht es noch nicht danach aus.Weshalb habe ich bloß mit drei Generationen angefangen, eigentlich sind es sogar vier? Ach, sie sind doch nicht alle gleichzeitig anwesend, und sie sind außerdem alle dasselbe. Ob wir uns auch alle gemeinsam ins selbe Boot begeben, was meinen Sie? Wer hätte nicht gern wenigstens ein kleines Haus für sich allein? Er könnte unter den Brücken durchfahren oder über die Autobahnen drüberfahren, das Haus aber bliebe geduldig zu Hause und wartete auf ihn.

 

Der Sohn des derzeitigen Gendarmen ist bei der Post als Telefonmonteur und Beheber von Störungen beschäftigt, er hat eine technische Mittelschule besucht, deren Absolventen sich Ingenieure nennen und überall von der Industrie, vor allem den wild und heiß auf unsre Stimmen aus den Boden schießenden Telefonkonzernen, bald ist es nur mehr ein einziger, sehr gesucht sind. Um seine Lebensstellung auszubauen und abzuschirmen, geht der Sohn jede Woche wieder, mit einer Entschlossenheit, als würde ihm das etwas mehr einbringen als seine Sicherheiten reichen, auf seine Hausbank am Hauptplatz los, die Hörner in Erwartung von Widerspruch gesenkt, unbeweglich, unverrückbar, die Hände jedoch bittend, beinahe unentschlossen erhoben, so gehts dahin, zur Bank, die ihm Kredite gewährt, solange, bis er jede Sicherheit verloren haben wird und nur noch, als letztes, stumm die Hände, die bleiben wo sie sind, flehentlich wird aufhalten können. Reich zu sein beruht auf einer genauen Kenntnis dessen, was man hat und dessen, was man noch kriegen könnte. Warum tut die Kirche eigentlich nichts für die Ihren, die so fleißig ihre Gebäude mit Fleisch anfüllen? Der Kirche ist es egal, ob Leute kommen, sie ist ohnedies fast immer zugesperrt, außer während der Messe, wo die hl. Eucharistie in ihrem Kabuff lustlos ihren Dienst versieht. Es ginge doch zum Beispiel, daß fromme Pfarrdienerinnen wie die junge Gendarmenschwiegertochter bei der selbstlosen Tätigkeit im Dienst der Gemeinde freiwerdende Häuschen rascher als andre auskundschaften könnten, warum nicht, warum erben sie dann nicht? Warum erbt dann ein Neffe aus Linz, der noch nie eine Kirche und auch nicht das Häuschen der Tante die letzten Jahre von innen gesehen hat? Und warum sind wir nicht alle wohlhabende Filmschauspielerinnen, gehen nach Hause und schminken uns unsre Wünsche ab, um am nächsten Tag größere, schönere zu haben und besonders ausgeschlafen sein zu müssen, damit man uns unser Leben nicht ansieht und wir uns allen frei heraus in der Zeitschrift zeigen können? Zum Glück kommen Gewaltverbrechen bei uns eher selten vor. Sie glauben gar nicht, wie wenig Leute es gibt, die überhaupt keine Angehörigen mehr haben! Dann verkleiden sich wieder andre als dauergelockte Witwen und haben doch in der Ferne einen Sohn, der sich rechtzeitig geschlichen hat, der jedoch den Lauf der Dinge im entscheidenden Moment ändert, die die meiste Zeit selber nur so dahingeschlichen sind. Zu dumm! Da kommt dieser Sohn, eben aus Linz oder meinetwegen aus Recklinghausen, Deutschland, oder Kanada, wo man ihn in der Schmelze eines Stahlwerks oder unter einem gigantischen Holzstoß verschollen glaubte, wieder zurück, und das gebratene Kalb mitsamt Haus erwarten ihn schon, ohne daß er was dazu getan hätte. Das Testament wird nun mit schwerem Säbel angefochten, Moment, zack, gleich ist die Luft raus. Vielleicht besteht die Kirche nur, um den alten Leuten, die ohnedies bald sterben müssen, Vernunft einzubleuen, noch rechtzeitig in ihr Festzelt hineinzutreten und den dunklen Abgrund der Hölle hübsch auszumalen. Der Himmel sind immer die andren, wenn sie uns unseren Besitz gütig abnehmen. Die Hölle ist in uns. Lieber erbt die Kirche gleich, anstatt daß ihre blöden Angestellten es kriegen.

 

Der Sohn des Gendarmen bleibt unbewegt im Besuchersessel des Filialleiters sitzen, aus Angst, unwillkürlich in der nicht einmal ihm selbst ganz verständlichen Sprache seines Körpers über seine wahren und präsumptiven Besitztümer etwas, und wärs nur eine Winzigkeit, zu verraten, was die Bank nicht unbedingt wissen muß. Was wollen Sie mit diesem Schmierzettel? Was auf diesem Wisch steht, interessiert mich überhaupt nicht. Nur die Unterschrift zählt und das, was drüber steht. Nur dann hat die Wahrheit auch Rechtsgültigkeit.Diese Bank soll heute von der in Aussicht stehenden Gehaltserhöhung erfahren, welche auf einem formlosen Brief angekündigt wurde. Das alles ist freilich nur ein provisorischer Zustand dieses Beamten, denn bald werden seine Besitztümer reichhaltiger sein als die Sandkörner im frisch aus dem Garten bezogenen Gemüse, mit dem man beim Einkauf sparen kann. Die Frau zieht es sich direkt aus dem Herzen, in dem keiner mehr wohnt, denn der Mann ist vor Jahren dort schon ausgezogen. Ja, dies Haus ist ein Lehen, spricht Gott und meint des Menschen Körper, mehrere Häuser zusätzlich würden auch keinen Ritter aus mir machen, meint der Gendarm, der ein solches Blechwesen aus dem diese Gegend betreffenden Sagen- und Märchenbuch kennt. Sein Sohn ist jetzt schon so eifrig am Raffen wie der Vater, und er ginge über Leichen, wenn die Leute nicht vorher freiwillig sterben würden, manchmal allerdings recht spät. Wenn der liebe Herrgott das wüßte, dem sie Häuser errichteten, anstatt daß Er sie stehlen mußte, wie seine Gotteskinder es tun, die das auch noch selber erledigen sollen.

 

Die Wut, die sich manchmal hinter vergnügtem Lächeln verbirgt, kann dann ganz plötzlich, doch umso wirkungsvoller hervorschießen, wenn der alte Leib, der zu jeder Rente dazugehört, sich unaufgefordert im Hausflur bei der Klotür zeigt, wo er nicht hingehört, er gehört ein für allemal rauf in die Dachkammer. Diese alte Frau hat einen ziemlich harten Schädel, aber ein Schraubenziehergriff aus Plastik, welcher viele kleinere auswechselbare Köpfe, sozusagen seine Wechselbälger, enthält, ist schließlich nicht aus Watte. Er ist ordentlich hart, wenn auch nicht tödlich. Heilige geben manchmal nach und gewähren etwas, doch dieser Kopf nicht. Bittesehr, hier haben wir allerdings einen der Form nach dazugehörigen Bluterguß an der Schläfe. Daß die Alte auch immer hinfallen muß! Komm noch einmal näher, du alter Scheißhaufen, dann zeigen wir dir, wie erbärmlich du bluten kannst hinter den frohbunten Geranien auf der Fensterbank, die nach außen zeigen, damit man nicht nach innen sehen kann. Die Zuschauer gestern in der Bank haben diesen Mann unzulässig mit ihren Blicken gereizt, und er ist sehr jähzornig, aha, der sitzt schon wieder beim Filialleiter, da wirds diesen Monat wieder knapp werden! Der hat sich wohl zuviel aufgehalst mit den Hypotheken und Wechseln und Fremdwährungskrediten! Dem Janisch jun. ist, als würden sie mit kleinen Zweigerln nach dem Raubtier in ihm stierln. Wenn es dann aber wirklich rauskäme, wären sie die ersten, die schreiend wegrennen. Er sagt zum Filialleiter: Meiner Frau wird das Herz zerreißen, wenn sie sich unten im Kellergeschoß nicht eine Strickboutique wird einrichten dürfen. Zu diesem Zweck bedarf der Keller größerer Umbauten, Trockenlegungen und In- und Ausstallierungen, je nach dem vorhandenen Baren, das Sie und Ihre Bank mir heute ausfolgen werden, sonst bin ich beim Rückzahlen noch erfolgloser als bisher, und dann können Sie sich mit der Gesamtsumme brausen gehn, denn dann kriegen Sie gar nichts. Ja, die Frau Eichholzer lebt immer noch und hoffentlich recht lang, meine Frau schaut ja auf sie, und bei meiner Frau wird die Kirche nicht wegen einer inkontinenten Greisin nachschauen kommen. Meine Frau sieht die Kirche eh jeden Tag von innen. Lächel lächel, meine Frau wäre für den lieben Gott wie ein offenes Buch, wenn der es nötig hätte zu lesen, aber er hat das Buch der Bücher geschrieben, deshalb braucht er von Ewigkeit zu Ewigkeit keines mehr. Aber er weiß doch auch ohnedies alles. Grins! Und: Nur keine Sorge, wir haben bei alldem schon das übernächste Haus im Auge, obwohl wir uns mit dem letzten und dessen Umbau schon übernommen haben werden. Der Grund dafür wird genügend Besicherung für die Hypotheken des ersten liefern. Wir können eine ganze Kette von Eigenheimen erwerben, eins sichert immer das andre (es werden richtige Schlösser sein, wenn wir mit ihnen fertig sind), wenn auch nicht rechtmäßig und wenn wir nur wüßten welche. Womit wir die Sicherungskopie machen, das wissen wir bereits, mit dem Geld der Bank, mit Ihrem Geld, liebe aus mehreren Hypo-, Wechsel- und sonstigen Verkehrsbanken gemischte Gemeinschaft, jawohl, Häuser und Heime werden wir bekommen, und Geschäfte darin werden wir vermieten oder verpachten, Fenster werden wir streichen, Böden werden wir versiegeln, Einbauschränke werden wir vereinbaren, Kacheln werden wir verlegen herumliegen lassen oder vor Wut auf ihnen herumtrampeln, weil sie nicht das erwünschte Muster ergeben, so oder so. Der Sinn dieser von Organismen bevölkerten Häuschen wird sein, daß das jeweilige Vorgängermodell als Sicherheit für das nachfolgende wird genommen werden können, na, ist das nicht eine gute Idee zur Belebung unsrer Wirtschaft und zur Abschaffung von überzähligen Lebewesen? Man kann bei schwachen Herzen sogar Blumenzwiebel, z.B. die vom lieben Maiglöckchen, nehmen, wir sagten es bereits, das kennt nun wirklich jeder, und die Patientin wird noch ein entzücktes Gesicht machen, wenn wir den Bärlauchtopfen damit spicken und ihr aufs Brot schmieren. Kicher. Kicher. Vielen Dank, jetzt gehe ich wieder, um die Bauarbeiten weiter voranzutreiben. Sie werden sehen, wie schön es wird, wenn es fertig ist, es wird schließlich noch eine Weile Ihnen gehören, liebe Hausbank, Vertrauen ist gut, Kontrolle kann unmöglich besser sein, Sie werden es schon noch verstehen, wenn ich erst die Grundsteine für die Vergrößerung dieses Eigenheims bis hinauf in die Mansarde gelegt haben werde! Es wirken sich Dinge oft fern aus, die ganz in der Nähe geschehen. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann legen Sie nur eine kleine Münze in die Lampenfassung, und drehen Sie dann das Licht an!

 

Zu lang schauen die Banken manchmal zu, ehe sie sich auf ihrem holprigen Weg zurückziehen. Bis der Filialleiter seine Stellung verliert und sich der Schuldner, der den vorletzten Weg gehn muß, in ein winselndes Wrack verwandelt hat, weil er jetzt auch noch das Auto verkaufen mußte, das noch ganz war, seinen einzigen Freund, der immer brav neben ihm hergelaufen ist, weil das Geld für Benzin nicht mehr gereicht hat. Jetzt muß der Schuldner selber in seiner Dunkelheit zu leuchten versuchen, um ein gutes Bild vor dem Bankbeamten zu bieten. Dies alles mit seinen spärlichen Fähigkeiten, damit die Frist, die schon in allen Gelenken ächzt, noch einmal auf dieser Folterbank gestreckt wird. Und alle schauen zu, wie man verzweifelt verhandelt, wie man alltägliche Umstände macht, die zu Katastrophen werden und in die Zeitung kommen, wenn man sich nicht still verhält. Während ein ganzes Haus davonschwimmt. Der Filialleiter wird ihm wieder Geld nachschmeißen müssen, sonst ist alles weg; sonst geht die Revision jeder Erdnuß nach, die gute Kinder ausgelegt haben, und die einen immer breiteren abschüssigen Weg markieren, wo an dessen Ende das schönste aller Häuser, das Pfefferkuchenhaus der Hexe wartet. Wo fette Fingerchen sich hilflos in die Luft bohren, im Grunde längst bratfertig, warum hat die Hexe also noch nicht den Tisch gedeckt? Weil sie noch eine Beilage mehr wollte! Besichtigung der Märchenwelt der Steiermark, Pol. Bezirk Mürzzuschlag: Mo. bis Fr. 8-12 Uhr. So schauen sie doch aus, die Wirklichkeit und ihre Träume, oder? Wieso zerreißen die Menschen nicht, außer vor Zorn? Sie müßten doch längst vorher kaputtgegangen sein. Die Frist erstreckt sich deshalb erst recht nicht bis zum St. Nimmerleistungstag, da können Sie sicher sein, Herr Janisch, auch wenn Ihr Vater ein angesehenes Mitglied von was auch immer für einem Verein ist, ach ja, vom Verein der Gendarmerie und des Gendarmerie-Sports und des GendarmerieHundesports, die allesamt, nach einem Schlauchtraining, im Wirtshaus am Zapfhahn verendet sind, ich meine die Übung ordnungsgemäß beendet haben. Anläßlich eines Katastropheneinsatzes haben wir neulich auch den Ernstfall erlebt, als dieser Großbrand wütete, bei dem im Stadtzentrum von K. eine ganze Reihe von Dachstühlen und Hausinventar mit einer Gesamtschadenssumme von über 30 Millionen Schilling den leider wasserarmen Bach (o je, sogar Bäche können arm sein?) runtergegangen sind, da hatten diese Männer also ihren gefahrvollen Einsatz, neben der Gendarmerie 29 Feuerwehren der Region, na, ist das etwa nichts? Und all die von Kindern und halben Kindern angezündeten Bauernhöfe, na, ist das vielleicht weniger als nichts? Kinder sind ja die Uneinsichtigkeit in Person. Nur Ihrem Vater zuliebe verlängern wir noch ein letztes Mal, Herr Janisch jr., wer weiß, ob nicht einmal auch bei uns der Hut brennt, wir haben gelesen, der Brandermittlungsbeamte des Postens, wo Ihr Papa stationiert ist, konnte schließlich als Brandursache ein verrostetes Kamintürl feststellen. Der Mensch wandert, wer zählt seine Schritte? Keiner, es hätte keinen Sinn, wem Gott will rechte Gunst erweisen, dem schickt er ein Einfamilienhaus vom Himmel und paßt auf, daß der neue Besitzer auch wirklich genau daruntersteht. Die Schulden werden uns noch alle auffressen, wenn wir nicht selber vorher zu Tieren werden.

 

Über die Aufräumungsarbeiten nach dem Murenabgang im letzten Herbst wollen wir gar nicht erst zu reden anfangen, dieses Kapitel müssen wir endlich abschließen, obwohl wir doch so dran hängen. Da haben doch sogar die Gendarmenschüler fünf Tage lang bei den Aufräumungsarbeiten mitgeholfen, von den Tonnen an Haar in der Erde, die sich bis heute keiner erklären kann, ganz zu schweigen. Dafür mußten wir damals doch auf Bundesheereinheiten zurückgreifen, oder? Die Grundstücke sind nach dem Brand vom vorigen Jahr inzwischen alle wieder fest in unserem Bankbesitz. Das ist kein Grund, gegen die Banken oder die Juden zu sein, obwohl das hier eine schöne Tradition ist, da ist einfach nur kein Grund, der einem noch gehörte, und aus. Keine Ursachen, große Wirkung, wie die NATO beim Kosovokrieg schon immer gesagt hat. Stellen Sie sich vor, da gibt es sogar Menschen, die in der finstersten und unzugänglichsten Buckligen Welt einen Baumarkt aufmachen wollen, man glaubt es kaum, während gigantische Massen mit pfeifendem Fahrtwind an ihnen vorbeisausen, und geradewegs über die Ost- oder Südgrenze hinweg, wo Menschen leben, die man verachtet, deren Sprache man nicht spricht, deren Gesetze man nicht kennt, bei denen aber alles genau die Hälfte kostet, welche man praktischerweise bereits angespart hatte. Als Nachspeise kann man auch noch ordentlich fressen und saufen und zum Friseur gehen fürs gleiche Geld, das man hier braucht, um ein paar Semmeln zu kaufen. Die Menschen hinter der Grenze, die zu lang in einem dunklen Gemeinwesen lebendig verwest sind, wissen noch nicht, wie man Geschäfte machen muß, und unser Licht wird noch ein paar Lichtjahre brauchen, bis es bei ihnen angelangt ist. Sie machen daher ihre eigenen Geschäfte, die aber auch schon recht wirksam sind und sogar Autotanks anfüllen, bis sie platzen. Unsere Bank allerdings weiß bereits alles im vorhinein besser, sie inspiziert das neue Haus, das sie an jedes andere gemahnt, das es bereits gibt, nur daß es schon zu Lebzeiten zerfällt, und nimmt den Unsrigen auch noch die Möbel vom Boden. Sie muß ja selber sehen, wie sie auf dem Teppich bleibt, den der Schuldner auch noch verpfänden muß. Schade, daß sie diesen letzten Kredit, diese vorletzte Förderung gewährt hat, aber da kann man nichts machen. Jetzt ist all das schöne Geld ausgegeben und für was? Nicht für uns! Wir werden schon verwöhnt! Hier geschieht nichts, wofür ich einem Menschen auch nur über den Kopf streicheln würde, um es zu bekommen.

 

Kurz und schlecht: Der Sohn Janisch, selber ein Vater, den sogar ein eigener Sohn bereits vergnügt umkleidet, wenns fahnenschwingend zur Schlacht auf dem Fußballplatz geht, hat die Bank schon eines kleinen, aber wichtigen Teils ihrer Reichtümer entkernt, indem er ihr ein paar Kisten Wein und ein paar fette Lügen für den Filialchef vorbeigebracht hat, die mit noch mehrAlkohol weggespült werden müssen, am Stammtisch treffen wir uns wieder. Gemeinsam mit unsren Stammhaltern, nein, unser Stamm stirbt nie aus, wir haben eine Partei für ihn gegründet und wünschen allen andren alles Böse, während wir es, hechelnd, mit unsren eigenen Scherzen treiben. Dies alles ist mein letztes Argument, das zu ungeduldig ist, um sich jetzt hier auch noch niederzusetzen. Überall sticheln sie gegen diese jetzt auch schon altgediente Partei, aber wählen tun sie sie alle. Jetzt machen wirs auch uns einmal gemütlich. Kurt Janisch (der derzeitige Seniorchef der Firma Häuserklau und Sohn) rackert sich eh schon zu Tode und hat noch zwei Nebenjobs zur Werksbewachung in der Kleinstadt angenommen. Die hat ihm seinerzeit noch der Vater verschafft. Hier, wo die Generationen noch brav folgen, zählt Tradition halt etwas. Und auch Sohn Ernst, der Kronprinz, hat der Bank, die körperlich ohnehin zu Üppigkeit neigt, weil sie so gern die Verzugszinsen von fremden Christbäumen, die, trügerisch, nur eine Woche brannten, abräumt und sie dann frißt, etwas zum Nachtrinken dazu gebracht: Die Bank kann es schlucken oder auch nicht. Ihm ist es egal. Auch dieses Geld war schließlich ausgetrunken, nach Hause gehn wir nicht, erst müssen wir dazu ja das Haus haben – und nun ist es fort, das Geld. Und das Haus ist noch nicht recht da, das heißt, da wäre es schon, aber es wirkt so abwesend, als wollte es gleich verschwinden und eine Kaffeepause einlegen, bevor die Zinsen noch richtig zu arbeiten begonnen haben. Eine schreiende Alte in einem Loch unterm Dach bewirkt, daß man von der öffentlichen Meinung auch nicht gerade bejubelt wird, das muß sich ändern. Es soll sich nichts herumsprechen. Sonst wäre einmal doch Zahltag, der Abstellplatz beleuchtet, wo das alles stattfinden soll und wo schon die andren Wracks darauf warten, abgeholt zu werden. Die soll nicht ins Altersheim, die soll hierbleiben und Ertrag abwerfen, bis sie nur noch eine durchsichtige knisternde Mumie ist, die in der Nacht auf der heißen Herdplatte tanzende Ratten mit Schwüngen von Mehl zu erschlagen versucht, weil die auf sie losgehen wollen und sie nichts andres als dieses weiße Pulver, aus dem sie sich heimlich Teig rührt, zur Hand hat, jaja, der Wein ist gut.

 

Raiffeisen hält also auch die Hand auf, nein, beide Hände, und dazwischen unser Hals. Kein Wunder, wenn diesem geduldigen Institut stets und immer wieder aufs neue, unter Vorspiegelung immer neuer Reichtümer, die niemals da waren, immer neue düstere Geschichten, zum Glück alle erfunden, erzählt werden. Da hat einer bei uns Schulden, aber er stellt sich für die Bezahlung nicht zur Verfügung, was machen wir da? Wir sitzen in den bequemen bunten Fauteuils gerne in der uns entsprechenden Filiale herum, haben unsren Spaß und schauen fröhlich auf die kandierten Kirschen auf der schaumigen Fülle (durch Hineinschlagen von ganz normaler Luft erreicht!) unsrer Ansprüche. Und dann schauen wir zum Fenster raus und sehen genau in die Fenster der Konditorei hinein, und dort sind sie dann, die echten Torten. Danach, voller Cholesterin, im Grabe, wird uns wohler sein. Optimismus müssen wir aber jetzt schon verbreiten, während die Bank noch lernen muß, mit Jugendlichen umzugehen, wenn sie bei vier verschiedenen Telefongesellschaften Schulden in der Höhe zukünftiger Jahresgehälter haben. Wir halten uns da an festere Werte, sagt Kurt Janisch und sagt sein Sohn Ernstl. So ein Bronzetürmchen auf dem Einfamilienhaus, on tiptop!, das wär doch wirklich fesch, das Haus würde nach mehr aussehen, wieso hauen wir nicht gleich den Hut drauf? Genau: Den Turm setzen wir uns auch noch auf. Den passenden Spanischen Stiefel dazu ziehen wir uns nicht an. Kurze Rede, langer Sinn: Jeden Monat will die Bank was. Die Gelder sind immer nur in Aussicht, und nie ist ein Fernrohr da, damit sie endlich näher kommen und größer ausschauen als sie sind. Aber das wird sich wieder ändern! Es kommen noch ganz andre Zeiten für diese Fleißigen, Anständigen und Tüchtigen, die auch einmal die Macht übernehmen wollen, lang genug haben sie drauf gewartet und sich in einer Bewegung gesammelt, die, wie als Spiegelei an der Luft erstarrt, sich endlich uns, jawohl, ausgerechnet UNS! als Spielzeug, als fette Beilage zu einem noch fetteren Braten zulegen möchte. Uns würde ich nicht wählen, wir wären für alles zu faul, uns würde immer nur Krieg folgen, weil wir keine Einsichten besäßen. Irgendwann wird sie sich vielleicht auch noch Manieren aneignen, diese Partei, aber das ist eigentlich nicht nötig, denn das große Geld, das auf sowas Wert legt, steigt irgendwann sowieso, wenn auch noch zögernd, in diesen Zug ein, egal wer ihn und wohin er fährt, aber es behält immer einen Fuß am Boden, das Kapital, damit es noch rechtzeitig abspringen und sich einen andren Lokführer suchen kann. Da kennt das Kapital aber unsere Janischs nicht! Mit denen wäre es schon beim ersten Mal gut gegangen. Auch Marx hätte andres, Besseres verfaßt, wären sie ihm bekannt gewesen. Lang genug haben Janisch & Co. zwar nicht, ihnen ähnliche Menschen in dieser Partei aber schon, Wohnbaugesellschaften gegründet und sind damit allesamt auf die Schnauze gefallen. Die Gesellschaften mußten wieder eingezogen werden, eigentlich schade. Jetzt probieren die Herren Janisch einmal etwas anderes aus! Sie wollen endlich ihre eigenen Fehler machen, aber immer solche, die andere auch machen würden, hätten sie die Gelegenheit dazu. Überhaupt werden alle menschl. Eigenschaften in dieser Gesinnungsgemeinschaft eingeschnürt, und dieses Bündel wird dann uns allen furchtbar auf den Kopf fallen, das sehe ich jetzt schon. Nun, so werden sie bald Menschen sammeln, die Häuser haben sie bereits, Sie werden schon sehn!

 

Die Gelder also: Aber die wollen erst mal gierigen Armen entrissen und andren gierigen Armen weitergegeben werden. Der Sohn des Gendarmen benötigt sie jetzt aber unbedingt und sofort, um im Verein mit seinem Vater (es ist der Verein der Bausparer Österreichs, der Bilder von britischen Adelssitzen oder zumindest von österreichischen Provinzärztehäusern, umgebauten Bauernkaten aus schönem altem, ohne Anstrich in Ehren ergrautem Holz, recht farbig in seiner Hauszeitschrift abgebildet hat. Dieses nette Heftl wollen wir unseren Bausparern doch zukommen lassen, nachdem wir ihre Milliarden genommen haben werden! Sie werden dann noch viel mehr sparen, die ÖsterreicherInnen. Zinsen unter ein Prozent! Wir verlagern uns auf Aktien und können trotzdem nicht mehr schlafen. Wenn Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat, warum sollte der Mensch dann nicht sein Häuschen nach dem Ebenbild von Buckingham Palace gestalten dürfen?) dem Hobby des Haus- und Grundstückesammelns nachzugehen. Der Filialleiter hat seinerseits wiederum das Hobby: Spekulation. Kommende schlechte Zeiten haben ihn dazu gemahnt. Er ist ein tapferer und kluger Mensch. Das ist aber ein schönes Hobby, das Sie da geschenkt bekommen haben! Andre müssen Tennisspielen gehen oder sterben gehen oder joggen gehen, und zwar müssen versterben die rechtmäßigen Besitzer der benachbarten Anliegenschaften, Besitzer, denen ihr Eigentum ursprünglich ebenfalls ein inniges Anliegen gewesen ist, und die wie zwei friedliche Ortschaften beieinander lagen, um endlich zusammengezogen zu werden zu einer kuscheligen Wohnlandschaft, groß genug, um betreten zu werden von einem Gendarmen und dessen Sohn, aber nicht für deren Familien, die ihnen inzwischen auch schon wieder zum Hals heraushängen. Zuerst wären sie gestorben, wenn sie sie nicht bekommen hätten, die Familien, Frauen und Kinder. Und jetzt passen sie ihnen nicht mehr, weil ihre Ansprüche größer geworden sind, die Kinder aber leider auch. Die brauchen jetzt plötzlich viel mehr! Menschen wachsen aus ihren Ansprüchen heraus und sind so dumm, zu Gewaltsamkeit zu neigen, wenn sie neue haben. Wir sind leider auch noch da, eine Art Elite, die sich Gartenstühle auf die Balkone stellt. Bitte einen Moment Geduld. Eins nach dem andern, ein Haus nach dem andern, eine Frau nach der andern, ein Rückschlag nach dem anderen, um schließlich Gelegenheiten doch noch beim inzwischen schütter gewordenen Schopf zu ergreifen, daß sie brüllen. Die Haut geht mit. Das nenne ich Kriegskunst! Die Menschen sterben schließlich so und so, keine Angst, ihre Häuser bleiben ja da, außer wir wären in Kosovo, da wäre es umgekehrt, aber nein, dort bleibt ja gar nichts. Von keinem etwas. Wer kann will weg. Ja, irgendwas muß mit den Menschen getan werden, damit sie nicht rasten und rosten. Soviel Zeit muß sein, daß sie ihre Besitztümer vorher in Sicherheit bringen können, bevor der Krieg kommt, den träumerische Menschen schon lange vorher herbeigesehnt haben. Sie haben es doch geahnt! Wo ist das Lastauto, der Traktor, das Pferdchen, jetzt gehts übers Gebirg. Bevor die Besitztümer zerbröseln, bitte, nehmen wir sie uns halt, wenn es kein andrer tut. Herrenloser Besitz verträgt die Leere in sich nicht, er möchte wieder jemandem gehören. Dort droben liegt ein Roß unter dem Traktor, weil sie nicht brav hintereinander über die Paßstraße gehen wollten. Manche Besitztümer sind zu groß für jedes Transportmittel. Wenn man sich nicht selbst ans Steuer begibt und alles bis ins Kleinste hinein lenkt, und wärs in den Straßengraben, nimmt sich noch ein andrer, was einem gehört. Manchmal die Steuer selbst, manchmal ein ferner Verwandter, mit dem man nicht rechnen konnte, weil man noch nie von ihm gehört hat. Diese beiden Männer, Vater und Sohn Janisch, insgesamt eigentlich den besten Eindruck machend, da kann ich nichts sagen, einer als Gendarm, der andre als Dompteur von Telefonleitungen, zu denen man an die Spitze hoher Maste emporspechten muß, haben eine schöne Lebensmethode gefunden, damit sich ihnen das Eigentum seufzend zu Füßen legt wie ein müder Hund. Es darf nur niemand zu Besuch kommen, sonst springt es auf und beißt, zum Zeichen, daß es nur uns gehört:

 

Sie machen Frauen den Hof. Eigentlich beide. Aber vor allem Vater Janisch, der Gendarm. Das sagt sich so leicht, hat aber schon viele Menschen in dieser Stadt und auf diesem Land unglücklich gemacht. Na, wären Sie darauf gekommen? Am liebsten Frauen, welche Häuser oder Eigentumswohnungen in der benachbarten Kleinstadt besitzen. Diese weiblichen Vorgänge sollen geführt und intim betreut werden, auch wenn es nicht so genannt wird, was die Janischs da tun. Sie verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen. So.

 

Ein Glück, wenn man beruflich herumkommt und in seiner Arbeitszeit ein wenig flexibel ist, sodaß man zwischendurch ein bisserl spazierenfahren kann. Die Männer dieser Frauen sollten möglichst verstorben oder nie vorhanden gewesen sein. Eigene Kinder sollen auch nie dagewesen sein. Wer weiß so etwas (daß eine Dame im gegebenen Moment abzutreten hat, sonst ist eine zuviel da für ihren Besitz), wenn nicht ein Gendarm, Polizist, Priester, Nachbar, Monteur oder der zuständige Greißler, der aber selber ein Auge in diese Leere geworfen hat, die sich in seinem Gemüt mit immer mehr Ziegelsteinen bevölkert, bis einem das Herz schwer ist? Jedoch die Margen im Einzelhandel sind nur der Rede wert, nicht der Taten. Diese Kiste Südfrüchte darf nicht gestürzt werden, die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der die giftige rote Springspinne, ach nein, Kammspinne heißt sie ja, dann daraus hervorhüpfen wird, könnte Gesichtszüge erzeugen, die zur Sehenswürdigkeit würden. Der Greißler wird das Auge, das er riskiert hat, nie wieder zurückbekommen. So sind sie, die Frauen, immer derselbe Typfür das Liebeskommando und das globalste Projekt überhaupt, gegen das die Umweltverschmutzung und der Weltfriede ein Schmutz sind: die Heirat. Das wollen sie alle. Frauen und Heirat, das ist die perfekte Mischung, vor allem auf dem Land, wo es wenig Zerstreuungsmöglichkeiten gibt undman von ihnen rasch genug bekommt. Es folgt die Ehe. Da kann keine Frau «danke, ohne mich», sagen. Der Greißler wird seine Bananen woanders kaufen und seine Kisten woandershin liefern müssen, für ihn ist die Tür verschlossen. Er hat nicht den Hauch einer Ahnung, für wen diese Tür geöffnet ist, aber für einen muß es ja sein. Er hat die Frau dahinter schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Die Nichte aus Krems wird letzten Endes etwas erhalten, womit sie nicht gerechnet haben wird, und zwar nach dem Ende der Tante wird sie es bekommen. Es wird sich nie ausgezahlt haben, daß der Greißler so brav der Greisin mit dem Auto Nahrung zugestellt haben wird. Andre waren schneller und schon vorher da. Auch die Nachbarnnaschen gern mit, gern auch Abfälle. Sie stieren im Müll. Was die alles wegschmeißt, das kann man doch noch gebrauchen! Die Menschen bestehlen einander zuerst aus Überzeugung, dann aus Liebe. Sie stellen sich zuerst als Nachbarn vor und verwandeln sich sofort in Freunde, also gierige Bestien, ähnlich wie auf unsrem lieben Balkan, den wir inzwischen besser kennen als unser Wohnzimmer, wo er auf dem Bildschirm erscheint, täglich mindestens viermal, wo die Nachbarn noch Nachbarn waren, es aber nicht blieben. Unsre eigenen Anrainer geben ihren apokalyptischen Rössern also die Sporen, damit diese drängende, spritzende, tropfende Flut alter Männer und Frauen in ihr Bett eingeleitet wird, das im Schlafzimmer steht, wo der Fernseher oft nicht hineinkommt. Wenn man nicht geschickt vorgeht, kann es sein, daß man dabei badengeht und, durch Anafranil wohlig betäubt, in der eigenen Scheiße erstickt. Stehlen ist nicht so leicht, es ist oft harte Arbeit, sonst täten wir es ja alle.

 

Die beiden Janischs, da sind wir uns doch einig, wollen entweder gleich oder etwas später ein ganzes Haus oder mehrere Häuser für nichts bekommen, sie haben ja nichts andres als: nichts. Und zwar sollen die erwünschten Liegenschaften zu denen dazukommen, die die Janischs bereits besitzen. Da müssen sie den Gang von etlichen Frauen vorher ändern, fürchte ich. Mit dem ersten fährt man an, mit dem letzten hört man auf. Ein schwerer Auffahrunfall wird das wieder gewesen sein, Moment, die Gendarmerie kommt gleich! Und wir sind es dann immer selbst, die schuld gewesen sein werden. Der Herr Gendarm schreibt das alles auf seinen Block Papier auf und fotografiert dazu im Takt. Die ländlichen Postenkommandos sind ja aus Einsparungsgründen recht schütter besetzt. Oft muß man sich Leute ausleihen, die man leicht ablenken kann. Wie schnell es geht, eine solche oder eine andre Frau zu erobern, fragen Sie? Man muß sie schon beschlafen, und dann muß man ihr den Rahm abschöpfen. Auf dem Land haben manche noch Schuldgefühle wegen eines außerehelichen Verkehrs, so verspricht man ihnen halt den ehelichen, es sind nur noch ein paar Hindernisse aus Fleisch, Blut und Knochen aus dem Weg zu räumen. Pudeln Sie sich nur nicht so auf, vor Ihnen sind noch ein paar andre dran! Auch ihnen soll ein Schwanz eingeführt werden, was glauben Sie, wie oft man das pro Tag schafft, der Jüngste sind wir auch nicht mehr. Die Dame muß mindestens ein Jahr auf Bewährung und kriegt ihn dazwischen höchstens zum Halten und Anschauen, den Inhalt brauchen wir schließlich noch, damit nicht eine andre Verdacht schöpft. Dazwischen eine flotte Beichte, und es ist wieder gut.

 

Das alles richtet sich auch ein wenig nach der Fülle des Haars, dem Charakter und dem, was man sonst noch unter der Haube oder im Portemonnaie hat, nicht nur nach den Anliegenschaften. Bis die Pferdestärken, die das Spatzi hat, das arme Dings, eben erschöpft sind. Die Frauen sind manchmal schon dankbar, daß sie ihr Getriebe überhaupt noch haben, wenn des Lebens Treiben, Lachen, Rufen langsam zu verebben beginnt. Da muß man bloß, zumindest für eine Weile, ihre Anlagen pflegen, man muß während der Dienstzeit mit seinem PKW immer wieder kurz, wie zufällig, vorbeikommen, auf eigens erdachten Routen und Umwegen, auch alles in Ordnung die Dame? Ich hatte vorhin ein ganz schlechtes Gefühl, aber immerhin war es eins. Ich hatte schon lang keins mehr. Soso, es war jemand an der Klingel. Den werden wir ausforschen, lassen Sie mich nur herein, ich komme von einer Behörde und kann daher jederzeit ganz unbesorgt benützt werden wie eine Papierserviette! Genieren Sie sich nicht, Sie dürfen sogar mit den Fingern essen, Vorsicht, mein Schwanz entspringt mir sonst noch bei Ihrem Anblick, schauen Sie, wie er tropft, Moment, ich ginge vielleicht vom Teppich weg, aber Ihr Melanboden ist verdammt hart, doch ich kenne Härteres, sehen Sie es hier und jetzt? Es ginge natürlich besser, wenn wir uns gleich ins Schlafzimmer begeben würden. Im Vorzimmer trete ich nur flott auf, im Schlafzimmer aber ziehe ich ihn ganz heraus, keine Sorge, der wird nicht verdutzt dastehen oder im falschen Moment einen Kolbenreiber kriegen, nur weil Sie innerlich zu trocken sind, mit dem wird es immer gehen, egal wohin, ich kenne ihn doch. Wenn der Sie nur sieht, kommt er auf Touren, der wird gleichsam wie ein Uniformierter im Zimmer stehen und alles niederreißen, was wollte ich vorhin noch sagen? Das Hoserl ziehen wir jetzt einmal runter (oh bitte, gern, kommen Sie nur weiter!). Was, Sie wollen auf mich raufkommen? Die Allgemeinheit hat Ansprüche an uns, aber nicht so hohe wie Sie! Na, machen Sie nur wie Sie wollen, ich bleibe kühl, aber auf die Matratze möchte ich schon gern, macht nichts, wenn du nicht aufgeräumt hast, ich mach schon Ordnungin dir! Auf jeden Fall bekommst du jetzt das Absolute, nach dem du dich die ganze Zeit gesehnt hast, es ist ziemlich lang, ginge aber notfalls in deine Handtasche hinein, könnte es überhaupt gehen. Ja, Frauen sind oft bescheiden, weil sie ein hartes Leben hatten. Aber sowas Fesches wie mich haben Sie noch nie gesehen, gelt? Und lustig ist es auch mit mir, ich bin kein Kind von Traurigkeit, ich bin ein Kind des Lachens und Scherzens. Sie können sich von mir aus schon im Vorzimmer ausziehen, sagen wir für die Öffentlichkeit wieder Sie, ich sperre nur die Tür ab und bereite mich auf Ihren nächsten Anblick ohne Unterwäsche vor, das kann dauern, was, die werden Sie dann eigens für mich gekauft haben? Na, habe die Ehre! Dann lassen Sie sie meinetwegen an, ist auch egal, ich begreife dich ohnedies so gut, wie ich bei mir Hunger und Durst begreife oder mein Verlangen nach Häusern, vor allem deinem, an dem ich jetzt noch anklopfen muß, wenn ich hinein will. Haben Sie uns nicht gestern einen genäschigen Marder in Ihrem Vorhaus gemeldet, liebe Dame, oh, Sie waren das nicht, dann muß es ein Irrtum oder der Dachs von nebenan sein, der in Ihre Ribiseln gegangen ist. So ein großes stinkendes Tier! Schau dir meinen Kerli an, der wartet schon die ganze Zeit auf dich, ich halte ihn jetzt ganz fest, damit du ihn streicheln kannst, sonst rennt er dir gleich wieder weg. Du kannst dir vorher noch diese schöne Zeitschrift anschauen, die ich dir mitgebracht habe, da kannst du dir eine Stellung aussuchen, die du willst. Nein, ein Gartenkatalog ist das nicht. Was du auch möchtest, er macht es dir. Ich werde ihn nicht aufhalten, den kleinen Burschen. Da kannst du Gift drauf nehmen, ich habe es gleich mitgebracht. Eigentlich würde mir eine ordentliche Rente gebühren für das, was ich in eine Frau so alles hineinstecke. Da sägt und hobelt man, und was dann herauskommt, ist immer wieder das gleiche. Es sieht nur anders aus, irgendwie kleiner, kommt mir vor.

 

Und all die dummen Vorwände, damit der Partner auf Streife nicht merkt, was da läuft. Beiden, ihm und Kurt Janisch, klopft das Herz. Sie rollen langsam oder schnell dahin. Von dem Jüngeren wird Notiz genommen, für kurze Zeit sind sie ein Paar. Ein Arm streift den anderen, während die Leute fröhlich davonfahren, weil ihre Übertretungen dies eine Mal unbeachtet geblieben sind. Dem Partner richten sich die Härchen auf dem Unterarm für kurze Zeit auf, dann glätten sie sich wieder, bitte nicht noch einmal darüber streifen, Kurt, oder wenn, dann unabsichtlich. Doch die Streife fährt jetzt schon woandershin. Der Partner, ein junger Familienvater, denkt sich nichts und denkt sich natürlich doch was und muß durch festes Einschnüren in den Sport- und Kegelverein der Gendarmerie erst mal mühsam mundtot gemacht werden, aber nicht, indem man den Mund auf seinen legt. Dann würde der Mund erst so richtig aufwachen. Ja, das alles auf Erd, lieb ich dich und vielmehr oder so ähnlich, wenn dein Mund mich dann küßt, ists nicht schwer …

 

So. Ich sage Ihnen. Man muß mit Frauen leider sehr viel, aber ganz anders sprechen, damit sie einen erotischen Rausch kriegen. Wünsche dürfen natürlich nicht geheim bleiben (überhaupt nichts wird je geheim bleiben!), sonst können sie später als geheime Wünsche dann nicht erfüllt werden. Das Sprechen macht den Menschen erst selbständig, er kann auf diese Weise andre nach dem Weg fragen und dann doch woandershin gehen. Das Sprechen ist auch das Hobby vieler Frauen. Seltsam, wenn sie Platz nehmen, sie tun es gewiß nicht, um leise zu sein. Geben wir ihnen also Grund zu schreien! Wunderbar, wie es ihnen die Worte aus dem Mund reißt! Aber besser ist es, wenn man dazukommt, ihn schon vorher reinzutun, in diesen Mund, der sonst immer spricht. Dem muß keiner aufhelfen, der hat einen Berechtigungsschein, der kann fordern, und das tut er auch ausgiebig. Also gut, gehen auch wir einfach drauflos und geben wir ihr jetzt den Schwanz dorthin, wo sie die Zunge hat. Wie ein Zuckerl, zum Lutschen, dann sind sie wenigstens ruhig, die Frauen, weil sie einem nicht wehtun wollen mit ihrem ganzen Sozialhilfeniveau, auf dem sie drauf sind. Moment, nein, ein Stöhnen höre ich noch, es zieht über ein verzerrtes Gesicht wie Wolken über eine sturmgepeitschte Landschaft. Ein Gendarm verdient leider nicht viel und hat immer noch eine Frau daheim, mit der er sich mühsam auseinandergelebt hat. Auf jeden Fall haben sie das Sprechen immer noch vor sich, während sie einem Hosentürl die Hand reichen. Da können Frauen Sehenswürdigkeiten darstellen, sich wochenlang plagen für einen Augenblick, jahrelang warten auf den nächsten, vertröstet und hingehalten werden; wenn dann schließlich ein kesser Steifer zu der gewünschten, wie achtlosen, absichtslosen Leistung bereitsteht, ist alles Warten, das vergeblich war, weil der Mensch wie eine Pappel blüht und wie ein Zigarettenstummel verglüht: vergessen. Man muß sich mit den Frauen halt auskennen, daran hängt alles, davon hängt alles ab. Politiker müssen das schließlich auch, wenn auch nur mit Worten, als Männer werden wir es vielleicht eher mit Taten schaffen, mal was Neues, und all unsre Taten sind nun wirklich das letzte. Ein wahrer Liebesakt, wenn man derweil mehr und Besseres zu tun hätte. Manchmal muß sogar das Joggen entfallen. Der Gendarm nimmt dann seinen privaten PKW, es ist ja für einen guten Zweck, diese Dame in der Seitenstraße neben dem Gemeindekindergarten juckt es heute schon wieder, das hab ich im Urin, was, die hat es erst vor drei Wochen zum letzten Mal gekriegt? Hätte ich gar nicht gedacht, daß das schon so lang her ist, Zeit, sie wieder mal in die Pfanne zu hauen. Was die wünscht, ist, mit dem Bauch voran in die Matratze gedrückt und rasch geöffnet zu werden, für den sofortigen Verbrauch bestimmt, denn sie ist für alles längst aufgeschlossen, hat aber nur selten Gelegenheit, zum Aufsperren auch noch gut geölt zu werden. Damit man das Quietschen der Scharniere (das Geheimfach wird nicht oft ausgezogen!) nicht so laut hört. Nebenan sind kleine Kinder, ein ganzer Haufen davon!

 

Es kann grundsätzlich alles mit Frauen gemacht werden, als hätten sie was angestellt und wollten bestraft werden. Und was mit ihnen noch nie gemacht worden ist, das machen sie dafür umso lieber. Das geht den Männern ungefähr so gegen den Strich, wie sich an ein Klavier zu setzen und nicht spielen zu können. Aber es muß sein, das Angenehme kommt mit dem Nützlichen, die Frechheit kommt mit dem Auftreten, die Zurechtweisung kommt nie, weil man erst gar nicht auf sie wartet. Man macht es eben vorher. Später ist es Vergangenheit, und man ist nicht bereit, mit der nächsten Frau darüber zu diskutieren, obwohl die es ebenfalls genau wird wissen wollen, was auch immer. Bei Frauen kommt ja nicht einmal das Selbstverständliche von selbst, es muß ihnen erst erklärt und gezeigt werden, nachdem sie mit einem harten Griff an Brüste und Geschlecht überrumpelt worden sein werden. Oh, das wäre aber nicht nötig gewesen! Ich bin gehorsam, auch ohne daß Sie mir diese Pralinees mitgebracht haben, die gibts bei mir im Merkurmarkt, zu dem die Leute von weither mit geflügelten Füßen herbeieilen, gewiß billiger als dort, wo Sie sie gekauft haben. Aber nach einiger Zeit wissen sie, was sie erwartet, schon im vorhinein, und öffnen bereits im durchsichtigen Morgenrock, den sie im Versandhandel erworben haben, oder ohne ihn. Mit etwas Training ist sogar das Alter egal, wenn man auch lieber etwas Jüngeres trainieren würde. Doch die Gewöhnlichen sind wenigstens bescheiden.

 

Das alles kostet Männer wie Kurt Janisch Zeit und Geld, dafür können sie an vielen Orten ihren Sperrmüll ablegen und gegen eine Couchgarnitur eintauschen, wenn sie Glück haben; bitte, hier drinnen in mir ist noch viel Platz, die Kinder sind draußen oder schon ganz aus dem Haus, ich halte Ihnen das Hinterstübchen gerne auf, damit Sie nicht zuviel Arbeit damit haben. Ich bilde auch selbst ein Zimmerchen aus mir, wenn gewünscht, ganz allein für Sie, na, was sagen Sie nun? Ich bin begeistert, denn gerade Ihr Extrazimmer, eigentlich die ganze Wohnung, ist genau das, was ich schon lang gerne hätte! Jetzt putzen wirs einmal ordentlich durch, einverstanden?

 

Diese Taten, auf die man ausweicht, wenn man sprachlos ist und eine Frau nicht voreilig etwas unterschreiben will, ohne es gelesen zu haben, bringen aber noch mehr Zeit (wenn die Frau dann endlich tot ist) und Geld zurück, eine gute Investition. Das geht nicht ohne Anstrengungen ab von seiten des Beamten und seines Sohnes, des Angestellten, der ja noch jung, aber bereits unendlich vielseitig ist. Ein Vielgesicht, ein Multi-Januskopf, aufgepumpt von künstlich hergestellten Vitaminen, damit man die Züge nicht mehr allzu genau sieht, ja, so einen Kopf trägt der junge Mann da auf den Schultern. Schauen Sie nur hin, wenn einer zum Gefallenerwecken befähigt ist, dann der. Der Sohn ist auch handwerklich sehr geschickt und kann jede Menge mehr Arbeit machen, als bloß Leitungen durchziehen. Sein Vater jedoch geht ihm über alles, und der Vater geht über Leichen, die zu ihren Lebzeiten eine Beilage für sein Fleisch gewesen sind. Wieso haben der Gendarm und sein Sohn dann nichts als Schulden? Wieso haben sie alles, was sie hatten, wieder verloren? Ich weiß es nicht. Der Vater kann uns raten, der Vater kann es uns richten und uns retten, daß wir das Unsre immer im Blick behalten sollen. Ich glaube eigentlich nicht, daß es das erste Mal in der Geschichte der Gendarmerie ist, daß einer ihrer Vertreter so ein gutes Geschäft mit dem gutherzigen Tod gemacht haben wird, der ja immer nur die