Rescue Heroes – Protect my Feelings - Lia Harding - E-Book

Rescue Heroes – Protect my Feelings E-Book

Lia Harding

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Beschreibung

Obwohl die Krankenschwester Malia von ihrem ewig nörgelnden Patienten Viktor maximal genervt ist, fühlt sie sich gleichzeitig magisch von ihm angezogen. Nie zuvor ist ihr ein attraktiverer Mann begegnet als dieser Elitesoldat. Leider scheint Viktor kein ernsthaftes Interesse an ihr zu haben. Sein Ziel ist es, möglichst schnell gesund zu werden, damit er die Bahamas verlassen und zur Delta Force zurückkehren kann.

Gefangen in ihrem Gefühlschaos ignoriert Malia die Annäherungsversuche eines anderen Mannes und erkennt erst viel zu spät, dass sie es mit einem gefährlichen Psychopathen zu tun hat.

Im Moment der größten Gefahr wird Viktor bewusst, wie viel Malia ihm bedeutet, und er setzt alles daran, um sie vor dem Stalker zu beschützen.

Band 3 der spannend romantischen Rescue-Heroes-Reihe von Lia Harding.

Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe. Der Roman ist zuvor bereits unter dem Titel "Glut im Paradies" erschienen.

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Über die AutorinWeitere Titel der AutorinImpressum

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Über dieses Buch

Obwohl die Krankenschwester Malia von ihrem ewig nörgelnden Patienten Viktor maximal genervt ist, fühlt sie sich gleichzeitig magisch von ihm angezogen. Nie zuvor ist ihr ein attraktiverer Mann begegnet als dieser Elitesoldat. Leider scheint Viktor kein ernsthaftes Interesse an ihr zu haben. Sein Ziel ist es, möglichst schnell gesund zu werden, damit er die Bahamas verlassen und zur Delta Force zurückkehren kann.

Gefangen in ihrem Gefühlschaos ignoriert Malia die Annäherungsversuche eines anderen Mannes und erkennt erst viel zu spät, dass sie es mit einem gefährlichen Psychopathen zu tun hat.

Im Moment der größten Gefahr wird Viktor bewusst, wie viel Malia ihm bedeutet, und er setzt alles daran, um sie vor dem Stalker zu beschützen.

Eine spannende Lovestory

Kapitel 1

Nassau, Bahamas

»Du bist der größte Dickschädel, den ich kenne, Viktor Diakos!« Mit in die Seiten gestemmten Fäusten stand Malia vor seinem Krankenbett und funkelte ihn an.

Viktor starrte verärgert zurück. Diese Frau trieb ihn noch in den Wahnsinn. Es war schon schlimm genug, dass er hier praktisch bewegungslos herumliegen musste, und sie hatte nichts Besseres zu tun, als ihm mit ihrer penetranten Anwesenheit, dem ewigen Geplapper und der sonnigen Laune gehörig auf die Nerven zu gehen. Normal war dieses Verhalten für eine Krankenschwester nicht.

»Lass mich einfach in Ruhe, Malia«, brummte er.

»Erst, wenn du gefrühstückt hast.«

»Ich bin fertig.«

»Du hast doch kaum was gegessen.« Sie deutete auf seinen fast unberührten Teller. »Du bist hier in der besten Privatklinik weit und breit, wirst rund um die Uhr verhätschelt, bekommst das tollste Essen, und trotzdem benimmst du dich wie ein verwöhnter Fatzke.«

»Wie bitte? Sag mal, sind die Beschimpfungen eigentlich im Preis mit drin?«

»Nein, die gibt es gratis und exklusiv für dich.«

»Dann spar sie dir zukünftig.«

Sie starrte ihn verblüfft an und hielt für ganze zehn Sekunden ihren Mund … die leider viel zu schnell vorbei waren. »Ich bin ja einiges gewohnt von meinen Patienten, aber jemand mit so einer frechen Klappe ist mir bisher nicht untergekommen. Hast du deine Manieren irgendwo in der Wildnis verloren?«

Die Zornesröte, die ihre goldbraunen Wangen färbte, stand ihr ausgezeichnet. Viktor verkniff sich ein Grinsen. Sie war so leicht in Rage zu bringen. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich halte mich üblicherweise nicht lange in unzivilisierten Gegenden auf.«

»Umso schlimmer! Du benimmst dich nämlich original wie ein Höhlenmensch.«

»Du kennst Leute …«

»Ach.« Mit einer unwirschen Handbewegung zeigte sie erneut auf seinen Teller. »Also, zum letzten Mal. Iss dein Frühstück auf.«

Er schnaubte. »Ich habe keinen Hunger, verdammt!«

Das Funkeln in Malias samtbraunen Augen steigerte sich zu einem Glühen. »Dann liegt ein medizinischer Notfall vor. Ich werde Kyra informieren, damit sie dir eine Magensonde legt.«

Für einen Moment verschlug es ihm die Sprache. »Ist das wieder einer deiner dämlichen Scherze?«

»Im Gegenteil. Ich meine es verflucht ernst.«

»Das traust du dich nicht«, knurrte er. »Und außerdem habe ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden.«

Ihr Gesichtsausdruck änderte sich auf subtile Weise. Das Blitzen in ihren Augen erlosch, sie reckte ihre süße Nase in die Luft, drehte sich langsam um und steuerte auf die Tür zu.

»Wohin gehst du?«, rief er ihr nach.

»Ich hole Kyra.«

»Das lässt du mal schön bleiben.«

Sie warf ihm über die Schulter einen Blick zu. »Das hast nicht du zu entscheiden.«

»Malia …«

»Du wirst gleich sehen, wie ernst es mir ist.« Sie rauschte aus dem Krankenzimmer.

Viktor starrte ihr hinterher und verfluchte einmal mehr sein gebrochenes Bein, das ihn zur Untätigkeit verdammte. Seit Tagen war er ans Bett gefesselt, und sie tanzte ihm auf der Nase herum. Am liebsten wäre er aufgesprungen und ihr hinterhergerannt, um sie mal ordentlich … ja, was denn? Durchzuschütteln? Zu küssen?

Zähneknirschend lehnte er sich in die Kissen zurück. Dieses winzige Persönchen besaß einen unglaublichen Starrsinn. Mit dem er direkt bei ihrer ersten Begegnung Bekanntschaft gemacht hatte. Die Erinnerung daran entlockte ihm trotz seiner Schmerzen ein Lächeln. Malias Eigenmächtigkeit war es zu verdanken gewesen, dass er, sein Bruder Leon und Dylan Bennett dessen Schwester Kyra aus den Fängen einer Drogendealerin befreien konnten. Und dass er um sein Leben gekämpft hatte. Malia war die ganze Zeit an seiner Seite geblieben, hatte seine Hand gehalten, ihn getröstet und ihm Mut zugesprochen. Zuerst auf ihrer halb zerstörten Jacht und dann in dem Helikopter, mit dem er nach Nassau ausgeflogen worden war. Am Zugang zum OP-Bereich hatte man sie fast gewaltsam von ihm trennen müssen. Was für eine Frau! Die sich, seit er sich in ihrer Obhut befand, als fürchterliche Nervensäge entpuppt hatte. Er wünschte, er könnte das Krankenhaus endlich verlassen.

***

Im Flur lehnte sich Malia an die Wand neben der Zimmertür und presste die Hand auf den Mund, um nicht laut herauszulachen. Viktors fassungsloses Gesicht war Gold wert gewesen.

»Was ist los?«, fragte Kyra, die gerade aus dem Nachbarraum kam.

Malia giggelte.

»Lass mich raten: Du hast mal wieder deinen Lieblingspatienten geärgert?«

»Ich ärgere ihn nicht, er regt sich grundsätzlich über jede Kleinigkeit tierisch auf.« Ein weiteres Kichern stieg in ihr hoch, doch sie riss sich zusammen. »Ich habe ihm nur gesagt, dass du ihm eine Magensonde legen wirst, wenn er sein Essen noch einmal stehen lässt.«

»Du mit deinen verrückten Ideen.«

»Spielst du mit?«

Kyra runzelte die Augenbrauen.

»Nur, falls er dich darauf ansprechen sollte. Dann sag einfach, er müsse zwangsernährt werden, und hau ihm ein paar Fachbegriffe um die Ohren. Dir glaubt er das eher als mir, immerhin bist du seine Ärztin.«

»Malia, ich kann nicht …«

»Ach, komm. Mach doch ausnahmsweise mal bei einem Spaß mit. Du bist immer total steif, sobald du deinen Arztkittel trägst.«

»Bin ich nicht!«

»Bist du. Wenn wir nicht seit einer Ewigkeit befreundet wären, würde ich mich kaum trauen, in deiner Gegenwart zu lachen.«

»Du und dich etwas nicht trauen. Das ist ja was ganz Neues.«

Malia knuffte Kyra in die Seite. »Habe ich dir schon gesagt, dass die meisten in Deckung gehen, sobald du deinen Frau-Doktor-Blick aufsetzt?«

»Jetzt übertreibst du aber gewaltig.«

»Nur ein wenig.«

Kyra verzog das Gesicht. »Mittlerweile kann ich verstehen, wie sich der arme Viktor in deiner Gegenwart fühlen muss.«

»Du brauchst ihn gar nicht zu bedauern. Er teilt auch ganz ordentlich aus. Eigentlich hätte er es schon verdient, dass du ihm ein bisschen Angst mit der Magensonde machst.«

»Auf keinen Fall.«

»Mann, Kyra, sei doch nicht so langweilig.« Malia stöhnte. »Gib’s zu, du hast Schiss, dass er sich bei Leon über deine Behandlungsmethoden beschwert.«

»Du redest Unsinn. Leon würde ihn nur auslachen, und Viktor weiß das.« Kyra warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ich schau besser mal nach ihm, bevor er an seinem Zorn erstickt.«

»Ja, mach das.« Schlagartig verdüsterte sich Malias Laune. Seit Viktor Hilfe benötigte, benahm er sich Tag für Tag unleidlicher. Sie konnte seine Unzufriedenheit ein Stück weit nachvollziehen. Er war es nicht gewohnt, auf jemanden angewiesen zu sein, und er hasste dieses Gefühl der Hilflosigkeit. Mit ihrer provokanten Art gelang es ihr wenigstens ab und zu, ihn aus seiner Lethargie zu reißen. »Er tut sich wirklich schwer mit der Situation«, murmelte sie.

Kyra sah auf sie herunter, Kummer lag in ihrem Blick. »Ich hoffe, dass er schnell auf die Beine kommt und wieder ganz gesund wird.«

»Ja, das wünsche ich mir auch.« Malia nickte ihr kurz zu, stieß sich von der Wand ab und eilte in Richtung Stationszimmer. Ihre Freundin brauchte nicht zu wissen, wie sehr sie Viktors Zustand belastete. Kyra machte sich schon genug Vorwürfe, weil sie Viktor, Leon und Dylan mit ihrem unüberlegten Verhalten in Gefahr gebracht hatte.

Als Malia die Tür öffnete, war der Raum zum Glück leer. Sie trat an den Wasserspender, füllte einen Becher und trank einige Schlucke. Das kühle Nass spülte den Kloß hinunter, der in ihrer Kehle festzustecken schien. Wo war ihre Professionalität geblieben? Sie durfte Viktors Schicksal nicht zu nahe an sich heranlassen. Seit Jahren kümmerte sie sich um schwerkranke Menschen, doch nie zuvor war ihr ein Patient so unter die Haut gegangen. Sie leerte den Becher und pfefferte ihn gereizt in den Mülleimer, dann suchte sie Viktors Krankenakte aus dem Hängeregisterschrank und verließ den Raum.

***

Kyra straffte die Schultern und setzte ihr professionelles Arztlächeln auf. Noch immer plagte sie ihr schlechtes Gewissen, denn sie traf die alleinige Schuld an Viktors Verletzung.

Als Soldat der Delta Force fiel es ihm besonders schwer, zu akzeptieren, dass sein Körper ihn im Stich ließ, doch der frisch operierte Oberschenkelbruch verdammte ihn zur Bettruhe und das machte ihn wütend. Ebenso wie die Tatsache, dass er sich von fremden Menschen versorgen lassen musste. Vor allem vor Malia hätte er gern stark und vital gewirkt. Stattdessen lag er wie ein angeschossener Bär im Bett und brauchte bei jedem Handgriff Unterstützung.

Kyra öffnete die Tür zu seinem Zimmer und trat ein.

Viktor funkelte sie an. »Ich will eine andere Krankenschwester«, polterte er los.

»Guten Morgen, Viktor«, begrüßte sie ihn betont freundlich. »Wieso bist du so schlecht gelaunt? Fühlst du dich nicht gut versorgt?«

Er schnaubte. »Malia ist … ach, vergiss es.«

»Eine sehr engagierte Schwester und ein herzensguter Mensch«, beendete sie seinen Satz. »Oder hast du eine konkrete Beschwerde?«

Sein rebellischer Gesichtsausdruck verschwand, und der rauchgraue Schimmer in seinen grünen Augen erlosch. »Sie geht mir auf die Nerven mit ihrer übertriebenen Fürsorglichkeit.«

Kyra lächelte. »Du bist der erste Mann, der sich bei mir beschwert, weil ihn eine Frau umsorgt. Eine besonders hübsche noch dazu.«

Er brummelte etwas Unverständliches, aber Kyra hakte nicht nach. Sollte er doch knurrig sein, wenn er sich dadurch besser fühlte.

Sie betrachtete sein verletztes Bein und tastete den geschwollenen Unterschenkel ab. Viktor biss die Zähne zusammen, trotzdem entschlüpfte ihm ein schmerzhafter Zischlaut.

»Morgen beginnen wir mit der Physiotherapie«, informierte sie ihn. »Ich habe vorhin mit deinem Therapeuten gesprochen, er wird sich im Lauf des Tages bei dir vorstellen.«

»Gott sei Dank! Ich will endlich raus aus dem Bett.«

»Ich weiß.« Sie drückte seinen Arm. »Falls die Wundheilung weiterhin so gut voranschreitet und du mit den Krücken zurechtkommst, werden wir dich entlassen.«

Er wollte gerade etwas entgegnen, als die Tür aufging und Malia hereinkam. Kopfschüttelnd musterte sie das Tablett mit Viktors Frühstück, dabei legte sie demonstrativ die Stirn in Falten. »Dr. Bennett, was halten Sie von einer Magensonde?«, wandte sie sich mit professionellem Ton an Kyra.

»Ich denke, Schwester Malia, unser Patient ist vernünftig genug, um einzusehen, dass er besser seinen Teller leer isst.«

Viktor schnaubte.

»Nicht wahr, Mr. Diakos?«

Er warf Kyra einen vernichtenden Blick zu, sparte sich jedoch einen Kommentar. Sie lächelte ihn an und verzog sich eilig, bevor sie zwischen die Fronten geriet.

»Siehst du, ich hatte recht. Kyra ist meiner Meinung«, vernahm sie Malias Stimme beim Hinausgehen.

»Das hat sich für mich aber anders angehört.«

»Du hörst ja auch grundsätzlich nur das, was dir in den Kram passt.«

»Dir gehen wohl nie die Worte aus.«

»Richtig erkannt.«

»Kann man dein Geplapper irgendwie abstellen?«

»Nein, das gehört zum Entertainmentpaket. Andere zahlen Geld dafür.«

»Du bist so eine …«

Kyra schloss die Tür hinter sich und sperrte den Rest von Viktors Entgegnung im Zimmer ein. Auf dem Flur blieb sie schmunzelnd stehen. Die beiden waren ein eigenwilliges Gespann. Kurz kam ihr der Gedanke, dass nur jemand wie Malia es schaffen konnte, diesen unbändigen Mann zu zähmen. Vielleicht wurde aus ihnen ja ein Paar. Die gegenseitige Anziehungskraft war nicht zu übersehen, obwohl ihre Wortgeplänkel das Gegenteil vermuten ließen. Die nächste Zeit versprach interessant und kurzweilig zu werden.

***

»Wenn du weiterhin so wenig isst, werden sich deine entzückenden Muskeln allesamt in Luft auflösen«, flötete Malia, sobald Kyra gegangen war. »Und dann siehst du bald aus wie ein Klappergestell.«

»Was du alles weißt.«

Ihr Blick glitt über seine Arme, die das Krankenhaushemd nur unzureichend bedeckte, von dem ausgeprägten Bizeps hinunter zu seinen kräftigen Händen. Sie kannte auch den Rest seines sehnigen, durchtrainierten Körpers, und allein der Gedanke daran bescherte ihr ein wohliges Kribbeln. Dieser Mann erinnerte an eine gefährliche Raubkatze: geschmeidig, schnell, tödlich, mit faszinierenden Augen.

Um sich abzulenken, schaute sie sich im Zimmer um. Die beiden Zeitschriften, die sie ihm am Vortag gebracht hatte, erregten ihre Aufmerksamkeit. »Hast du die gelesen?«, fragte sie, griff nach den Magazinen und wedelte ihm damit vor der Nase herum.

»Nein.«

»Ich habe sie dir extra gegen deine Langeweile besorgt.«

»Welche Langeweile?«, fauchte er. »Ich amüsiere mich hier glänzend.«

Unbeeindruckt von seinem Gemecker blätterte sie durch die Seiten. »Nicht mal die Rätsel hast du gemacht.« Anklagend sah sie in sein markantes Gesicht.

Er starrte trotzig zurück. »Die habe ich im Kopf gelöst.«

»Klar, du Intelligenzbestie.« Dieser Superheld hatte doch grundsätzlich auf alles eine Antwort. Um ihre Erheiterung vor ihm zu verbergen, legte sie die Zeitschriften beiseite, schlug seine Krankenakte auf, die sie aus dem Stationszimmer mitgebracht hatte, und übertrug die Werte von ihrem Notizblock in die Liste.

Ihr Blick glitt über die bisherigen Eintragungen und blieb an seinem Geburtsjahr hängen. Mit seinen dreiunddreißig war er zwei Jahre älter als sie. Er maß einen Meter fünfundachtzig und wog neunzig Kilogramm. Perfekt durchtrainierte neunzig Kilogramm.

Kurz schloss sie die Augen und atmete tief ein. Das sehnsüchtige Seufzen, das in ihr aufstieg, konnte sie im letzten Moment unterdrücken. Bereits der erste Kontakt mit Viktor Diakos hatte eine Saite in ihr zum Klingen gebracht. Sie erinnerte sich an seinen Anruf in der Nacht von Kyras Entführung, an seine dunkle, raue Stimme. Als sie ihn am Tag darauf nur in einer Badeshorts zu Gesicht bekommen hatte, war es endgültig um sie geschehen gewesen. Gebräunte Haut über wohlgeformten Muskeln, schwarze Haare und dazu die markanten Züge, die seine griechische Herkunft verrieten. Die kleine Narbe oberhalb seiner linken Braue verlieh ihm einen Hauch Verwegenheit. Am liebsten hätte sie sofort einen Flirtversuch gestartet, doch sie befanden sich auf Kyras Rettungsmission, und die Sorge um ihre Freundin hatte für andere Gefühle keinen Raum gelassen.

***

Wieso starrte sie so lange in seine Krankenakte? Heckte sie etwas Neues aus, womit sie ihn nerven konnte? Ärgerlich wollte Viktor Malia wegschicken. »Schreibst du einen Roman über mich?«, hörte er sich stattdessen fragen.

»Wir dokumentieren den psychischen Zustand unserer Patienten«, antwortete sie im Plauderton. »Jedes von der Norm abweichende Verhalten wird notiert.« Sie blickte von dem Datenblatt auf, musterte ihn mit einem kritischen Blick und verzog das Gesicht. »In deinem Fall gibt es eine Menge, das sich aufzuschreiben lohnt.«

»Du nimmst mich auf den Arm?«

»Tu ich nicht. Soll ich es dir zeigen?« Sie hob die Akte an und wollte sie ihm geben, doch er winkte ab.

»Nein danke, ich will diesen Blödsinn gar nicht wissen.«

»Das ist kein Blödsinn«, brauste sie auf.

»Ach! Schwachsinn ist das.«

»Du bist ungezogen!«

»Ich nenne die Dinge nur beim Namen.«

»Dann arbeite gefälligst an deinem Vokabular.«

»Daran arbeite ich permanent, Prinzessin.« Er grinste schäbig.

»Und das mit der Prinzessin kannst du dir auch sparen.« Wie erwartet sprang sie sofort darauf an.

»Okay, Süße. Wäre dir Gewitterziege lieber? Oder Satansbraten?«

»Bei dir ist echt eine Schraube locker.« Sie tippte sich an die Stirn, schlug die Akte zu und klemmte sie unter den Arm, bevor sie ärgerlich das Tablett mit den Überresten seines Frühstücks ergriff und das Zimmer verließ. Schade, es hatte gerade angefangen, ihm Spaß zu machen.

Viktor sah ihr nach. Das schwarze Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten, der fast bis zu ihrem Hintern reichte. Einem sehr reizvollen Hintern, wie er einmal mehr feststellte.

Ein Hauch des Frangipaniduftes, der sie immer umgab, hing im Zimmer, stieg ihm in die Nase und entlockte ihm ein Seufzen. Viktor schloss die Augen. Er musste sich Malia Kamani aus dem Kopf schlagen. Und zwar schleunigst. Er taugte nicht für eine Partnerschaft, und er suchte auch keine. Frauen lenkten nur vom Wesentlichen ab. Sein Beruf zwang ihn, jederzeit einsatzbereit zu sein und, falls nötig, um den halben Globus zu fliegen. Die Missionen waren gefährlich, jede einzelne konnte ihn das Leben kosten. Außerdem unterlag er der Geheimhaltung. Er müsste seine Partnerin anlügen, sie tage- oder wochenlang im Ungewissen über sein Schicksal lassen. Eine Beziehung auf einer solchen Basis wäre zum Scheitern verurteilt. Bereits vor langer Zeit hatte er entschieden, allein zu bleiben. Dass er sich von dieser elfenhaften Hawaiianerin mit ihrem losen Mundwerk so dermaßen angezogen fühlte, lag nur an der aktuellen Situation.

Viktor öffnete die Augen wieder, sein Blick fiel auf das abstrakte Bild an der gegenüberliegenden Wand. Ein Kunstdruck von Wassily Kandinsky, wie ihm Malia erklärt hatte, nachdem er sich über die skurrilen Formen und wilden Farbkleckse beklagt hatte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er sich daran erinnerte, wie sie ihm mit einem süffisanten Grinsen unter die Nase gerieben hatte, dass der Druck den Titel »Komposition zwecklos« trug und wundervoll zu ihm passte.

Kapitel 2

Die Mittagssonne brannte von einem fast wolkenlosen Himmel herab. Leon parkte seinen BMW M6 im Schatten einiger Palmen und überquerte den Besucherparkplatz des Krankenhauses. Er hatte eigentlich schon vor einer Stunde hier sein wollen, doch die Reparatur an Kyras Powerboat hatte ihn aufgehalten. In der vergangenen Woche war er mit dem Formula 353 FasTec in einen Kugelhagel geraten, der den Bootsrumpf schwer beschädigt und einen der Motoren zerstört hatte.

Seine Gedanken schweiften zurück zu Kyras Entführung und der Verfolgungsjagd durch die Exuma Cays. Erneut lief ihm ein eiskalter Schauder über den Rücken, wie jedes Mal, wenn er sich an die Geschehnisse erinnerte. Um ein Haar hätte er sie verloren, und das Verlangen, sie in die Arme zu nehmen, wurde plötzlich übermächtig.

Leon betrat ihre Station, auf der auch sein Bruder lag. Er wusste, dass sich Viktor langweilte und auf seinen Besuch wartete, doch bevor er zu ihm ging, wollte er einen kurzen Abstecher zu Kyra machen. Er musste sie einfach sehen. In der Hoffnung, sie dort zu treffen, steuerte er auf ihr Arztzimmer zu. Er hatte Glück. Die Tür stand einen Spalt breit offen, sodass er ihren blonden Lockenkopf erkennen konnte. Kyra saß am Computer und tippte konzentriert.

Langsam schob er die Tür auf. »Dr. Bennett?«

Sie linste über ihren Bildschirm. Als sie ihn sah, leuchteten ihre Augen auf. »Leon! Du bist aber förmlich heute.« Lachend sprang sie auf und fiel ihm um den Hals.

Er küsste sie. »Ich wollte dich kurz sehen, bevor ich Viktor besuche.«

»Das freut mich.« Sie stahl sich einen weiteren Kuss von ihm. »Wie war dein Vormittag?«

»Erzähle ich dir gleich. Wie geht es dem alten Miesepeter?«

»Der Heilungsprozess verläuft überraschend gut. Es hilft sehr, dass Viktor vor dem Unfall in Topform war. Morgen fangen wir mit der Physiotherapie an, dann kommt er endlich mal aus dem Bett.« Sie seufzte. »Das größte Problem ist seine Laune.«

»Hat er Malia wieder geärgert?«

»Ach, die beiden ärgern sich gegenseitig. Wobei das noch das Einzige zu sein scheint, was ihn aufmuntert.« Ein trauriger Zug legte sich auf Kyras Gesicht. »Ich mache mir ernsthafte Sorgen um ihn, Leon. Viktor wirkt bedrückt, ja fast schon depressiv, und das seit Tagen. So was ist nie gut. Ich bin wirklich froh, dass Malia ihn ab und zu auf die Palme bringt, das reißt ihn wenigstens ein bisschen aus seiner Lethargie.«

»Er ist es nicht gewohnt, von jemandem abhängig zu sein, und es ist ihm unangenehm, für jeden Handgriff um Hilfe bitten zu müssen.«

»Ich weiß. Vielleicht bessert sich seine Stimmung ja, wenn er aus dem Bett darf.«

»Viktor hatte noch nie viel Geduld. Schon als Kind hat er immer versucht, mir nachzueifern, und obwohl er drei Jahre jünger ist, hat er es meistens geschafft, mich zu übertrumpfen.«

»Ein nerviger Bruder, damit bin ich ja auch gesegnet.« Sie grinste und er nickte. Dylan war manchmal etwas chaotisch, und er besaß wenig Geduld. Genau wie Viktor. Vermutlich verstanden die beiden sich deshalb so gut.

»Wir kommen super voran mit der Ocean Spirit«, wechselte Leon das Thema. »Morgen wird der Motor geliefert.«

»Dann können wir ja bald eine Tour machen. Der neue Motor muss schließlich eingefahren werden. Ich wüsste da auch schon ein interessantes Ziel.« Sie zwinkerte ihm zu.

Ihm war klar, woran sie dachte. »Du willst nach Cat Island?« Ihrer Familie gehörte ein Strandhaus, das in einer Bucht mit perlweißem Strand und kristallklarem Wasser lag, und sich hervorragend als Liebesnest eignete.

»Ein Wochenende nur für uns. Ruhe, das Meer und vor allem du.« Mit dem Zeigefinger fuhr Kyra über seine Brust bis hinunter zum Bund seiner Jeans.

Er nahm sie in die Arme. »Mir gefallen deine Ideen«, raunte er und schmiegte kurz seine Wange an ihre. »Und jetzt wage ich mich mal in die Höhle des Löwen.«

»Dann bis heute Abend.«

Wenig später betrat Leon das Krankenzimmer seines Bruders. »Hey, Viktor.«

»Hey, Leon.«

»Wie gehts dir?«

»Wie solls mir gehen? Ich liege auf dem Rücken und starre an die Decke. Nutzlos. Wie ein scheiß Käfer!«

Leon unterdrückte ein Seufzen. »Ich habe gerade mit Kyra gesprochen, sie sagt, morgen beginnen sie mit der Krankengymnastik.«

»Wird auch Zeit«, knurrte Viktor.

»Sei doch nicht ständig so gereizt, Kyra macht sich schon genug Vorwürfe. Sie gibt sich die Schuld an allem.«

»Ich weiß. Zu ihr bin ich ja freundlich. Und schuldig braucht sie sich auch nicht zu fühlen, immerhin war es meine Entscheidung, dieses Risiko einzugehen.« Er schnaubte. »Mich nerven die Schwestern.«

»Eine spezielle, nehme ich an.«

»Die ganz besonders.«

Leon zog sich einen Stuhl neben das Bett und setzte sich. »Dann erzähl mir doch mal, warum sie dich so nervt.«

Viktors Augen sprühten grüne Blitze. »Lass mich endlich mit diesem Thema in Ruhe.«

»Ach, so schlimm ist es?«

»Leon!«

Grinsend lehnte er sich zurück und streckte die Beine von sich. »Die Reparaturen an der Ocean Spirit machen Fortschritte«, sagte er und berichtete dann im Detail von den Arbeiten.

Interessiert hörte Viktor zu, seine Anspannung löste sich ein wenig. »Ich hätte für das Boot keine fünf Cent mehr gegeben«, äußerte er, als Leon geendet hatte.

»Ich auch nicht, aber ich bin froh, dass man es reparieren kann.«

»Kyra hätte dir sonst die Hölle heißgemacht.«

»Nun, ein Stück weit hätte ich es verdient.«

»Du hast getan, was nötig war.«

Leon zuckte mit den Schultern. Er sah die Sache inzwischen anders. Als er mit seiner Undercovertätigkeit begonnen hatte, war es ihm richtig vorgekommen, Kyra nichts davon zu sagen und sich stattdessen Ausreden für seine nächtlichen Abwesenheiten auszudenken. Doch damit hatte er nur ihr Misstrauen geweckt und alles noch schlimmer gemacht.

»Ich weiß, dass dich das Thema nervt«, fuhr Viktor fort, »aber es war vernünftig, Kyra aus der Geschichte rauszuhalten.«

»Du hast recht, ich will tatsächlich nichts mehr davon hören. Erzähl mir lieber, was du nach deiner Entlassung vorhast.«

»Ich habe gestern mit meinem Vorgesetzten telefoniert. Er hat mir angeboten, dass ich zu meiner Einheit zurückkehren und dort an einer Rehamaßnahme teilnehmen kann. Die bringen mich schnell wieder auf die Beine.«

»Hast du es so eilig, von uns wegzukommen? Wieso bleibst du nicht noch eine Weile? Du könntest deine Reha doch auch hier machen. Die Klinik arbeitet mit einem Rehazentrum zusammen. Frag mal Kyra deswegen, sie kann dir mehr dazu sagen.«

»Wir haben bereits darüber gesprochen. Sie hat mir ohnehin davon abgeraten, in nächster Zeit zu fliegen.«

»Dann hör auf sie. Du kannst in meinem Apartment wohnen, ich bin ja meistens bei ihr.«

»Und was soll ich den ganzen Tag treiben? Dämliche Talkshows gucken? Nein, ich will zurück in den Dienst. Selbst wenn ich nur in der Schreibstube sitze oder den theoretischen Teil der Ausbildung übernehme.«

Ernst sah Leon ihn an. »Dir ist klar, dass es lange dauern wird, bis du wieder voll einsatzfähig bist?« Er behielt seine Bedenken, dass Viktor seine alte Form vielleicht niemals mehr erreichen würde, für sich.

»Ach, bist du plötzlich unter die Mediziner gegangen? Oder unter die Hellseher?« Viktor reagierte wie erwartet.

»Ich habe mit Kyra über deine Heilungsaussichten gesprochen. Wir machen uns beide Gedanken um dich.«

»Tut mir leid«, brummelte Viktor. »Ich wollte dich nicht anschnauzen, ich habe das alles nur so satt!«

Leon nickte knapp. »Überlege es dir noch mal wegen der Reha. Wir hätten dich wirklich gern bei uns. Mein Apartment ist ebenerdig, Dylan und Selina wohnen direkt daneben und Kyra und ich sind nur ein paar Fahrminuten entfernt. Ich besorge dir jemanden, der dir in der ersten Zeit mit dem Haushalt zur Hand geht, und zum Dank beglückst du uns mit deiner Anwesenheit.«

Viktor zog eine Braue hoch. »Deinen Zynismus habe ich wohl verdient.«

Leon grinste.

»Na gut, ich denke darüber nach.«

Die Tür öffnete sich und Malia kam herein. Auf einer Handfläche balancierte sie ein kleines Tablett.

»Hallo, Leon.« Sie strahlte ihn an. »Wie gehts dir?«

»Danke, gut. Und selbst?«

Malia stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. »Ich bin heute etwas genervt von gewissen Patienten, die meinen, mir unnötig Arbeit machen zu müssen.«

»Ach, dann gibt es außer mir noch andere Nervensägen?«, mischte sich Viktor ein.

»Allerdings, aber du bist mit Abstand die größte. Wenn du entlassen wirst, bekommst du einen Pokal. Im Stationszimmer basteln wir bereits daran.«

Leons Blick flog von Malia zu Viktor. Als er das grimmige Gesicht seines Bruders sah, brach er in Gelächter aus. Viktor war schon immer leicht reizbar gewesen, und Malia wusste genau, auf welchen wunden Punkt sie bei ihm den Finger legen musste.

»Na warte, Prinzessin, sobald ich aus diesem Bett raus bin, kannst du dich auf was gefasst machen.«

»Alles nur leere Drohungen«, winkte sie ab, bevor sie Leon anlächelte. »Wie hast du es nur jahrelang mit ihm ausgehalten?«

»Er benimmt sich erst so, seit er dich kennt.« Leon zwinkerte Viktor zu.

»Was soll das heißen?« Malia stemmte die Hände in die Taille und schaute ihn herausfordernd an.

Leon zog es vor, sich nicht näher zu äußern, und auch Viktor schwieg.

»Ihr seid tatsächlich Brüder. Zwei sture Muskelprotze mit Machoallüren!« Resolut wandte sie sich dem Tablett zu und griff nach einem kleinen Plastikbecher, der Viktors Medikamente enthielt. Sie reichte ihm ein Glas Wasser, wartete, bis er die Kapseln geschluckt hatte, dann verließ sie wortlos das Zimmer.

»Du hast sie vertrieben«, beklagte sich Viktor gespielt traurig.

Leon lachte. »Sie ist aber auch leicht zu ärgern.«

Viktor zuckte mit den Schultern. »Das wird nicht lange anhalten. Sie denkt sich jetzt eine neue Quälerei aus und steht bald wieder auf der Matte.« Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht wirklich etwas dagegen hatte.

Leon sah auf seine Uhr. »Ich muss gleich los. Dylan hat eine passende Immobilie für seine Kampfsportschule gefunden und ich will mir die Räumlichkeiten mit ihm zusammen ansehen.«

»Dann wirst du also tatsächlich als Teilhaber bei ihm einsteigen?«

»Ja. Ich war lange genug Bodyguard und habe keine Lust mehr, meinen Kopf für andere hinzuhalten.« Den wahren Beweggrund behielt er für sich. Er wollte so viel Zeit wie möglich mit Kyra verbringen. Seine Arbeitszeiten ihrem Dienstplan anpassen können. Da war ihm Dylans Angebot, als Trainer in dessen Kampfsportschule zu arbeiten, gerade recht gekommen.

Leon stand auf und legte Viktor eine Hand auf die Schulter. »Ich komme morgen wieder vorbei.«

»Okay. Grüß Dylan von mir. Und Selina, falls du sie siehst.«

Kapitel 3

Malia verließ das Krankenhaus durch den Personaleingang. Nach den Stunden in den klimatisierten Räumen strich die warme Brise, die vom Meer hereinwehte, wohltuend über ihre Haut. Für einen Moment blieb sie stehen, legte den Kopf in den Nacken und genoss die Nachmittagssonne auf ihrem Gesicht. Gern hätte sie den Rest des Tages auf dem Sonnendeck der Fortune verbracht, der Jacht, die ihrer Familie gehörte. Entspannt in einem Liegestuhl den Schäfchenwolken bei ihrer Wanderung über den azurblauen Himmel zugesehen und später der Sonne, wie sie als glühender Ball am Horizont versank. Doch heute war sie zur Bandprobe verabredet. Sie freute sich auf die gemeinsamen Stunden mit ihren Freundinnen.

Im Laufschritt eilte sie auf ihren feuerroten Jeep Renegade zu, warf ihre Tasche auf den Beifahrersitz und fuhr los. Rasant schoss sie aus der Parklücke und bog knapp vor einem anderen Auto in die Hauptverkehrsstraße ein. Der Fahrer hupte. Entschuldigend hob sie die Hand. Sie war wie üblich spät dran und deshalb zu schnell unterwegs. Nun ja, solange sie sich nicht erwischen ließ …

In sich hineingrinsend wählte Malia am Autoradio die Bluetooth-Verbindung und spielte die Aufnahme der letzten Probe ab. Melodische Rockmusik füllte ihren Wagen. Die Songs klangen gut, fast schon perfekt. Bei dem Gedanken an ihre drei Bandkolleginnen stieg Vorfreude in ihr auf. Mit Jenna hatte sie vor zwei Jahren Black Roses gegründet, kurz darauf stießen Patty und Amber zu der Band. Auf der Bühne waren sie ein eingeschworenes Team, und privat verstanden sie sich glänzend. Vergnügt sang Malia den Refrain mit und beschleunigte noch etwas mehr.

In Rekordzeit schaffte sie es zum Proberaum, der sich in einem Anbau neben Jennas Haus befand. Patty saß bereits hinter ihrer Schießbude und ließ die Trommelstöcke als Lockerungsübung um die Finger rotieren.

»Aloha!«, rief Malia und warf die Tür zu.

Anstelle einer Antwort wurde sie mit einem Trommelwirbel begrüßt. Malia verbeugte sich lachend.

»Wie gehts deinem flügellahmen Helden?«, fragte Patty.

Sie rollte mit den Augen. »Er platzt bald vor Zorn und Ungeduld. Morgen beginnt seine Physio. Ich hoffe, dass sich seine Laune dadurch etwas bessert.«

Patty grinste vielsagend.

Die Tür zum Proberaum flog auf, und Amber und Jenna stürmten vergnügt herein.

»Hallo, Malia, da bist du ja endlich.« Jenna gab ihr einen Knuff.

»Hey, Süße.« Amber umarmte sie.

»Alles okay bei euch?«, erkundigte sich Malia.

»Yep.« Jenna nickte. »Legen wir direkt los?«, fragte sie, wobei sie sich ihre Gitarre umhängte und den Verstärker einschaltete. Wie immer sprühte sie vor Energie. Amber, die Bassistin, tat es ihr gleich.

»Ich habe mir unsere letzte Aufnahme auf der Fahrt hierher noch mal angehört«, sagte Malia. »Das ist schon fast bühnenreif.«

»Ja, die neuen Songs sind echt gut«, stimmte Jenna ihr zu. »Wie wär’s mit Someone Like You zum Aufwärmen?«

»Einverstanden.«

»Danach proben wir Steal Your Fire.«

Alle stöhnten.

»Ruhe«, sagte Jenna. »Wir haben am Samstag einen Gig, und bis dahin muss jeder Takt sitzen.«

»Kommenden Samstag?«, fragte Patty. »Das ist aber kurzfristig.«

»Gerade eben klargemacht.«

»Und wo?«, wollte Malia wissen.

»In Jimmys Club.«

Bei Jimmy traten sie regelmäßig auf. Inzwischen hatten sie eine treue Fangemeinde, die größtenteils aus Männern bestand. Malia hegte den Verdacht, dass die meisten Typen hauptsächlich wegen der vier sexy gekleideten Musikerinnen zu den Auftritten kamen und weniger wegen der Musik. Aber das gehörte nun mal dazu, wenn man sich auf der Bühne präsentierte.

Patty schlug die ersten Takte an, Amber und Jenna setzten gleichzeitig ein und Malia begann gleich darauf zu singen. Zuerst spielten sie eine Ballade, an der Malia ihre Stimme aufwärmen konnte, direkt gefolgt von Steal Your Fire, einem Coversong der Band Gun. Dieses Lied war rockiger, mit treibenden Beats und einem wilden Gitarrensolo. Malia sah Jenna dabei zu, wie sie virtuos die Finger über ihre rote Fender Stratocaster gleiten ließ und dem Instrument einige schrille Akkorde entlockte. Nach dem Solo röhrte Malia den Refrain in bester Rockstarmanier herunter.

»Wow!« Amber riss die Hand hoch, und Malia klatschte mit ihr ab.

»Perfekt. Das war fehlerfrei. Habt ihr heimlich ohne mich geübt?«

»Nun, du warst ja mit deinem neuen Lieblingspatienten beschäftigt«, zog Jenna sie auf.

Malia spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen.

»So schlimm ist es, dass du heiße Bäckchen bekommst?« Jennas Augen blitzten amüsiert.

»Er nervt mich, das ist alles.«

»Und deswegen läufst du rot an?«

»Ja! Weil ich wütend auf ihn bin.«

Patty spielte einen Trommelwirbel. »Ladys, unsere Malia ist verliebt«, trällerte sie.

»Bin ich nicht!«

»Wann können wir deinen Süßen denn mal kennenlernen?«, warf Amber ein.

»Gar nicht. Wenn er aus dem Krankenhaus raus ist, war’s das. Im Übrigen ist er nicht mein Süßer.«

»Du willst uns deinen Kalenderboy ja nur vorenthalten.« Amber verdrehte schwärmerisch die Augen. »Gibs zu, für dich ist er Mr. Januar bis Dezember.«

»Amber«, zischte Malia.

»Wir sollten ihn besuchen, solange er noch wehrlos im Bett liegt.« Patty giggelte, und die beiden anderen fielen mit ein.

»Ihr seid so was von doof!«

Jenna trat zu Malia und schlang ihr einen Arm um den Hals. »Lass uns doch den Spaß. Wir freuen uns, dass du endlich jemanden gefunden hast, der dir unter die Haut geht. Also schnapp ihn dir. Du warst lange genug allein.«

»Das werde ich auch bleiben.«

»Wieso? Ich dachte, er ist an dir interessiert?« Jenna ließ sie los und sah sie ernst an. »Zumindest hat sich das für mich so angehört.«

Malia verzog das Gesicht. »Es ist kompliziert.« Seufzend sank sie auf die Gartenbank aus Holz, die an einer Schmalseite des Raums stand. Während eines kreativen Anfalls hatten sie die alte Sitzgelegenheit grasgrün angemalt und mit bunten Blumenstickern beklebt.

»Wo liegt das Problem?«, fragte Amber und setzte sich neben sie.

»Probleme. Mehrzahl. Erstens: Er lebt nicht hier, sondern in North Carolina auf dem Militärstützpunkt Fort Bragg. Zweitens: Er ist bei einer Spezialeinheit. Alles ultrastreng geheim. Nie weiß er, wohin er beim nächsten Einsatz geschickt und wie lange er weg sein wird. Dies schiebt er als Begründung vor, warum er keine Beziehung eingehen kann. Und drittens: Er ist der totale Macho. Hält sich für toll, weil er mit Waffen herumballern darf und irgendwelchen Nahkampfschnickschnack beherrscht.« Und weil er aussieht wie ein griechischer Gott.

»Da findet sich doch bestimmt eine Lösung.« Jenna schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Einer von euch müsste umziehen, oder ihr führt eine Fernbeziehung. Und das Machogetue wirst du ihm schon abgewöhnen, du bist ja nicht auf den Mund gefallen. Wenn er ernsthaft in dich verliebt ist, wird er auch bereit sein, Kompromisse einzugehen.«

Malia zuckte mit den Schultern. »Kyra sagt, er wäre in mich verliebt. Während meiner dienstfreien Zeit ist er angeblich noch grantiger als sonst.«

»Noch grantiger? Geht das überhaupt?« Amber zwinkerte belustigt.

»Egal, ich mag nicht weiter über ihn reden.« Malia winkte ab. »Hast du die Playlist für Samstag zusammengestellt? Die sollten wir durchspielen.« Sie sah Jenna an.

»Na gut, zurück zum Geschäft.« Amber stand auf.

»Aber zuerst etwas für unsere Malia zum Runterkommen.« Grinsend schlug Jenna die Akkorde von Lenny Kravitz’ Stillness Of Heart an.

»Eine Schnulze. Das hat mir gerade noch gefehlt.« Malia rollte mit den Augen, ließ sich jedoch auf die sanften Klänge ein.

Gegen Mitternacht bog sie in die Einfahrt ihres Elternhauses. Vor einigen Monaten waren ihre Eltern nach Hawaii zurückgekehrt, woher die Familie ursprünglich stammte, und seitdem lebte Malia allein hier.

Als sie ihren Jeep parkte, flammte die Außenbeleuchtung auf. Einen Moment starrte sie auf das hübsche Haus im Kolonialstil mit dem flamingofarbenen Anstrich, den weißen Gauben sowie dem weißen Verandageländer, bevor sie den Motor abstellte. In Gedanken versunken blieb sie hinter dem Steuer sitzen. Zwar hatten ihre Bandkolleginnen das Thema Viktor den restlichen Abend über vermieden, trotzdem bekam sie ihn nicht aus dem Kopf. Obwohl sie es bisher vor sich selbst geleugnet hatte, gestand sie sich nun ein, dass sie tatsächlich in diesen miesepetrigen, grünäugigen Teufel verliebt war. Verdammt! Gereizt schlug sie mit dem Handballen aufs Lenkrad. Wieso pickte sie sich immer die kompliziertesten Typen heraus? Was sollte sie mit einem Soldaten, der regelmäßig seinen Hintern für sein Vaterland riskierte? Sie wollte zwar keinen langweiligen, popcornfressenden Fernsehjunkie, aber Rambo musste es auch nicht gerade sein.

Eine fast schmerzhafte Sehnsucht nach Viktors Nähe packte sie. Frustriert zog sie den Zündschlüssel ab, stieß die Autotür auf und sprang aus dem Wagen. Zu gern hätte sie irgendwo dagegen getreten. Sie zerrte ihre Handtasche vom Beifahrersitz, knallte die Tür zu und stürmte die Verandatreppe hinauf. Eine kalte Dusche würde sie hoffentlich wieder runterbringen. In diesem Moment war sie froh, dass sie allein lebte und keine Fragen zu ihrer miserablen Laune über sich ergehen lassen musste.

Nach einer unruhigen Nacht betrat sie am nächsten Morgen viel zu früh die Klinik. Die Nachtschwester erwiderte ihren Gruß mit einem neugierigen Blick, und Malia verzog sich eilig in den Aufenthaltsraum. Das fehlte ihr gerade noch, dass die Kolleginnen der anderen Schicht zu tratschen anfingen. Wahrscheinlich pfiffen es bereits die Vögel von den Dächern, was mit ihr los war. Sie wollte sich einen Kaffee eingießen, entschied sich dann aber für einen Kräutertee. Sie war schon flatterig genug, da musste sie nicht zusätzlich Koffein draufkippen.

Bis zum offiziellen Dienstbeginn hatte sich Malia wieder gefangen. Sie straffte die Schultern, setzte ihre professionelle Miene auf und betrat Viktors Zimmer. Zu ihrem Erstaunen schlief er. Üblicherweise starrte er ihr um diese Uhrzeit finster entgegen. Vermutlich hatte er die Nachtschwester dermaßen genervt, dass sie ihm ein Schlafmittel untergejubelt hatte.

Malia drückte auf einen Knopf, und die Jalousien öffneten sich langsam. Als sie sich dem Bett zuwandte, blickte sie direkt in seine Augen. Eben hatte er noch geschlafen, und eine Sekunde später war er hellwach. Wie ein Raubtier … oder ein Krieger.

»Guten Morgen, Viktor«, kiekste sie.

»Hallo, Malia«, erwiderte er träge, mit einer Stimme, die rau war vom Schlaf. Dunkel und sexy. Der sonore Klang brachte jeden ihrer Sinne in Schwingungen. »Was ist los? Hast du Halsweh?«

»Ich habe mich bei der Probe überanstrengt«, schwindelte sie spontan, weil sie unter keinen Umständen zugeben würde, dass sein Anblick ihr den Atem geraubt hatte.

»Dann musst du deine Stimmbänder schonen?«

Sie nickte.

Auf seinem Gesicht erschien ein Strahlen. »Yeah! Himmlische Ruhe. Endlich!«

»Du bist ein hinterlistiger Stinkstiefel, Diakos«, fuhr sie ihn an und vergaß ganz, dass sie Heiserkeit vorgeschoben hatte.

Er grinste schurkisch. »Oh, eine Wunderheilung. Bringst du das auch bei mir fertig?«

Drohend hielt sie ihm den Zeigefinger unter die Nase. »Noch einen Ton und ich verpasse dir einen …«

Seine Finger schlossen sich um ihr Handgelenk, und ihr blieb das Ende des Satzes im Hals stecken. Die Hitze, die von ihm ausströmte, jagte wie ein Stromstoß ihren Arm hinauf.

»Was verpasst du mir, Malia?« Sein seidenweiches Timbre gab ihr den Rest. Sie schwankte und stützte sich Halt suchend auf dem Bett ab. Seine andere Hand schoss vor und packte sie bei der Taille. »Gehts dir nicht gut?« Er klang besorgt.

Sie riss sich zusammen, befreite sich mit einer unwilligen Geste aus seinem Griff und wich einen Schritt zurück. »Kreislauf«, murmelte sie, wirbelte herum und floh aus dem Zimmer. Wie am Vortag lehnte sie sich gegen die Wand neben der Tür, nur dieses Mal, weil sie unbedingt etwas Stabiles im Rücken spüren musste. Verflucht noch mal!